Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.08.2023, Az.: 14 ME 61/23

Elektronische Einweg-Zigarette; Inhalieren; Kindersicher; "Kindersicherheit" von elektronischen Einweg-Zigaretten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.08.2023
Aktenzeichen
14 ME 61/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 31395
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0821.14ME61.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 28.04.2023 - AZ: 4 A 97/23

Fundstelle

  • NordÖR 2023, 676

Amtlicher Leitsatz

"Kindersicher" i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG bezieht sich nicht auf die Verwendungung der elektronischen Einweg-Zigarette durch Inhalieren, sondern lediglich auf die Risiken durch Verschlucken der nikotinhaltigen Flüssigkeit und auf Risiken durch Hautkontakt.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer - vom 28. April 2023 geändert und der Tenor insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Anordnungen zu Ziffer I.7 und Ziffer I.6, soweit dort das erneute Inverkehrbringen der streitbefangenen E-Zigaretten von der Vorlage eines Nachweises darüber abhängig gemacht wird, dass die Antragstellerin die "irreführenden werblichen Informationen" auf ihren E-Zigaretten beseitigt hat, wird aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. April 2023 gegen die Anordnungen zu Ziffer I.1-5 der Untersagungsverfügung vom 4. April 2023 wird wiederhergestellt. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. April 2023 gegen die Anordnung zu Ziffer I.6, soweit dort das erneute Inverkehrbringen der streitbefangenen E-Zigaretten von der Vorlage eines Nachweises über einen Kindersicherungsmechanismus abhängig gemacht wird, wird wiederhergestellt.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. April 2023 gegen die Zwangsgeldandrohungen zu Ziffer III.1 und 2 der Untersagungsverfügung vom 4. April 2023 wird insgesamt angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung des Antragsgegners, mit der ihr insbesondere das Inverkehrbringen elektronischer Einweg-Zigaretten verboten worden ist.

Der Antragsgegner hat in seinem Bescheid vom 4. April 2023 zu Ziffer I. folgende Anordnungen gegenüber der Antragstellerin getroffen:

1. Das weitere Inverkehrbringen der elektronischen Einweg-Zigaretten mit der Markenbezeichnung "E." der Geschmacksrichtung "F." wird ab sofort untersagt,

2. das Verbot des Inverkehrbringens gilt ab sofort auch für die übrigen Geschmacksrichtungen der von der Antragstellerin in den Verkehr gebrachten elektronischen Einweg-Zigaretten mit der Markenbezeichnung "E." (derzeit bekannte Sorten: "G.", "H." und "I."),

3. die bereits in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse zu Ziffer I.1. und I.2. sind unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids, vollständig zurückzunehmen,

4. die Antragstellerin hat dem Antragsgegner unverzüglich, innerhalb von drei Tagen ab Zustellung des Bescheids, eine vollständige Kundenliste (Betriebe des Einzel- oder Großhandels), welche die Erzeugnisse zu I.1. und I.2. von der Antragstellerin erhalten haben, auf elektronischem Wege und in einem gängigen maschinenlesbaren Format (z.B. Excel-Tabelle) zu übermitteln,

5. der getätigte Schriftwechsel (z.B. Rücknahmeschreiben) für die einzelnen Kunden (Betriebe des Einzel- oder Großhandels) ist auf elektronischem Wege und in einem gängigen, maschinenlesbaren Format (z.B. PDF-Format) unverzüglich, innerhalb von drei Tagen ab Zustellung des Bescheids, an den Antragsgegner zu übermitteln,

6. die elektronischen Einweg-Zigaretten dürfen erst dann wieder in den Verkehr gebracht werden, wenn die Erzeugnisse nachweislich über einen nach § 14 Abs. 3 TabakerzG geforderten Kindersicherungsmechanismus verfügen sowie der festgestellte Mangel bzgl. der irreführenden werblichen Information auf jeder elektronischen Einweg-Zigarette beseitigt wurde. Vor dem erneuten Inverkehrbringen ist ein Nachweis über die Verkehrsfähigkeit durch einen öffentlich bestellten Sachverständigen oder ein entsprechend akkreditiertes Labor zu erbringen. Das Ergebnis ist dem Antragsgegner vor dem ersten Inverkehrbringen vorzulegen.

7. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner unverzüglich, innerhalb von drei Tagen ab Zustellung des Bescheids, einen Liefer- oder Herkunftsnachweis über ihren Lieferanten bzw. den Hersteller der von ihr vertriebenen nikotinhaltigen Einweg-Zigaretten (alle Geschmacksrichtungen) zu übermitteln.

Zu Ziffer II. hat der Antragsgegner die sofortige Vollziehung von Ziffer I. angeordnet. Zu Ziffer III.1. hat er für den Fall, dass die Antragstellerin den Anordnungen zu Ziffern I. Nrn. 1-3 und 6 nicht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 5.000,00 Euro angedroht. Zu Ziffer III.2 hat der Antragsgegner für den Fall, dass die Antragstellerin den Anordnungen zu Ziffern I. Nrn. 4-5 und Nr. 7 nicht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 2.500,00 Euro angedroht.

Zur Begründung hat der Antragsgegner darauf verwiesen, dass gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG sowie Art. 20 Abs. 3 lit. g der Richtlinie 2014/40/EU E-Zigaretten "kinder- und manipulationssicher sowie bruch- und auslaufsicher" sein müssten. Die Einweg-E-Zigaretten der Antragstellerin seien so ausgestaltet, dass der Verwender durch bloßes Ziehen am Mundstück bereits an den Dampf gelange. Ein Mechanismus, der diese einfache und ungesicherte Aktivierung des Gerätes verhindere, sei nicht erkennbar. Damit seien die E-Zigaretten nicht kindersicher im Sinne der genannten Vorschriften. Die E-Zigaretten entsprächen darüber hinaus nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 4 TabakerzG und seien daher auch wegen der Verwendung irreführender werblicher Informationen nicht verkehrsfähig.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 5. April 2023 beim Verwaltungsgericht Göttingen um Eilrechtsschutz ersucht und unter dem 12. April 2023 zudem Klage erhoben (Az.: 4 A 97/23), über die noch nicht entschieden ist.

Mit Beschluss vom 28. April 2023 hat das Verwaltungsgericht die Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Anordnungen zu Ziffer I.7 und zu Ziffer I.6, soweit in dieser Ziffer das erneute Inverkehrbringen der streitbefangenen E-Zigaretten von der Vorlage eines Nachweises darüber abhängig gemacht wird, dass die Antragstellerin die "irreführenden werblichen Informationen" auf ihren E-Zigaretten beseitigt hat, aufgehoben. Zudem hat es die aufschiebende Wirkung einer ggf. erhobenen Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen zu Ziffer III. insoweit angeordnet, als der Antragsgegner zu Ziffer III.1 für den Fall, dass die Antragstellerin seinen Anordnungen zu Ziffern I.2 und I.6 nicht nachkomme, jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro angedroht habe. Im Übrigen hat es den Eilantrag der Antragstellerin abgelehnt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag, mit dem die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer ggfs. erhobenen Klage beantragt werde, sei nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft. Im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO sei zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben seien und ob das Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorläufig verschont zu bleiben, das Interesse an der sofortigen Durchsetzung überwiege. Bei der in diesem Rahmen zu treffenden Ermessensentscheidung des Gerichts komme es maßgeblich darauf an, ob der Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden solle, voraussichtlich Erfolg haben werde. Der Antragsgegner habe das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung seiner Anordnungen zu Ziffer I.1 bis einschließlich I.5 und zu I.6, soweit dort das erneute Inverkehrbringen der streitbefangenen elektronischen Einweg-Zigaretten davon abhängig gemacht werde, dass die Antragstellerin einen Nachweis darüber vorlege, dass die E-Zigaretten über einen nach § 14 Abs. 3 TabakerzG geforderten Kindersicherungsmechanismus verfügten, in einer den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch genügenden Weise begründet. Dies gelte allerdings nicht für Ziffer I.6, soweit es dort um die Beseitigung der "irreführenden werblichen Informationen" gehe und auch nicht für Ziffer I.7., wo die Antragstellerin aufgefordert werde, dem Antragsgegner einen Nachweis über ihren Lieferanten oder den Hersteller der von ihr vertriebenen E-Zigaretten vorzulegen.

Soweit die Anordnung des Sofortvollzugs hinreichend begründet worden sei, überwiege auch das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung sei voraussichtlich rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Anordnungen sei § 29 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 des Gesetzes über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse - Tabakerzeugnisgesetz - (TabakerzG) in der aktuell gültigen Fassung vom 4. April 2016 (BGBl. I 2016, S. 569). Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 TabakerzG träfen die Marktüberwachungsbehörden die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht hätten, dass ein Erzeugnis nicht die Anforderungen dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes erfülle. Satz 2 regele, welche Befugnisse die Marktüberwachungsbehörden insbesondere hätten, u.a. nach Nr. 4 die Befugnis, zu verbieten, dass ein Erzeugnis in den Verkehr gebracht werde.

Der Antragsgegner sei dabei zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Antragstellerin vertriebenen elektronischen Einweg-Zigaretten nicht den Anforderungen nach § 14 Abs. 3 TabakerzG entsprächen. Sie seien nicht kindersicher im Sinne dieser Vorschrift, weil sie - was von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt werde - sofort für den Konsum bereit seien und lediglich an dem Mundstück der Zigaretten gezogen werden müsse, um diese zu aktivieren und Emissionen zu erzeugen. Der Begriff "kindersicher" beziehe sich nicht lediglich auf Risiken durch Hautkontakt oder Verschlucken der nikotinhaltigen Flüssigkeit, sondern auch auf die Verwendung durch Inhalieren. Weder aus § 14 Abs. 3 TabakerzG selbst noch aus der Vorschrift des Art. 20 Abs. 3 lit. g der Richtlinie 2014/40/EU lasse sich eine Beschränkung der geforderten Kindersicherheit auf eine orale und dermale Aufnahme von Nikotin entnehmen. Die Vorschriften seien vielmehr bereits nach ihrem Wortsinn so auszulegen, dass durch sie Kinder generell vor dem Konsum von E-Zigaretten geschützt werden sollen. Auch der Erwägungsgrund 40 der Richtlinie lasse sich nicht für eine einschränkende Auslegung heranziehen. Dieser spreche vielmehr von einem allgemeinen Sicherheitsrisiko für Kinder und weise explizit auf Öffnungsmechanismen hin. Ebenso ergäben sich auch aus anderen Vorschriften bzw. Erwägungsgründen keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung. Die angeordneten Maßnahmen seien auch ermessensfehlerfrei. Insbesondere seien keine milderen Mittel ersichtlich.

Im Hinblick auf das anstehende Hauptsacheverfahren werde zudem darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner das Wiederinverkehrbringen der E-Zigaretten auch davon abhängig machen durfte, dass die Antragstellerin einen Nachweis darüber vorlege, dass sie die "irreführenden werblichen Informationen" auf ihren Zigaretten beseitigt habe. Denn die streitgegenständlichen Angaben "F.", "G.", "H." und "I." auf den E-Zigaretten der Antragstellerin verstießen gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 TabakerzG. Auch die zu I.7 getroffene Anordnung sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage sei § 31 Abs. 2 Satz 1 TabakerzG, nach dem u.a. die Marktüberwachungsbehörden die für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Unterlagen und Informationen anfordern könnten.

Soweit sich die Antragstellerin gegen die sofortige Vollziehung der Zwangsgeldandrohung wende, sei der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Denn einer Klage gegen eine Zwangsgeldandrohung komme gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO bereits aufgrund der Regelungen der § 70 NVwVG i.V.m. § 64 Abs. 4 NPOG keine aufschiebende Wirkung zu. Die Zwangsgeldandrohungen zu Ziffer III. seien bis auf die Zwangsgeldandrohungen zu den Anordnungen in Ziffern I.2 und I.6 rechtlich nicht zu beanstanden. Bei den Anordnungen in Ziffern I.2 und I.6 werde jedoch ein einheitliches Zwangsgeld für mehrere Maßnahmen angedroht. Dies genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot, weil nicht zu erkennen sei, ob das Zwangsgeld erst dann eingreife, wenn gegen sämtliche einheitlich erlassenen Regelungen verstoße oder ob der Verstoß gegen eine Regelung ausreiche.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, soweit ihr Antrag abgelehnt worden ist. Sie macht insbesondere geltend, die Annahme des Verwaltungsgerichts, die streitgegenständlichen Einweg-E-Zigaretten seien deshalb nicht "kindersicher" im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG, weil die Nikotinfreisetzung bei diesen barrierefrei, nämlich allein durch das Saugen am Mundstück aktiviert werde, sei unzutreffend. Der Begriff "kindersicher" nach dem Tabakerzeugnisgesetz beziehe sich nur auf Risiken durch Hautkontakt oder Verschlucken der nikotinhaltigen Flüssigkeit. Wann ein Produkt kindersicher sei, könne nur im Zusammenhang mit den potentiellen Gefahren bewertet werden. Vor nicht bestehenden Risiken müsse nicht geschützt werden. Die Verwendung in Form der Inhalation des Dampfes durch Kinder werde allgemein nicht als Risiko für Kinder bewertet. So benenne die Kommission in einem offiziellen Bericht zu E-Zigaretten (Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die potenziellen Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Gebrauch von nachfüllbaren elektronischen Zigaretten, COM(2016)269 final, S. 3 ff., abrufbar unter eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:XXX) vier Hauptrisiken der E-Zigaretten, insbesondere die orale Einnahme nikotinhaltiger Liquids gerade bei Kleinkindern sowie die Hautreaktionen bei Hautkontakt mit Liquids. Das Risiko der bestimmungsgemäßen Verwendung von E-Zigaretten durch Kinder, sprich die Inhalation, werde nicht thematisiert. Auch in der "PRECISE"-Studie des "European Regulatory Science on Tobacco Consortium" für die Europäische Kommission zu Risiken für E-Zigaretten würden keine technischen Vorrichtungen gefordert, die die Verwendung einer E-Zigarette durch Kinder verhindern sollten (vgl. EUREST Consortium, Study on the identification of potential risks to public health associated with the use of refillable electronic cigarettes and development of technical specifications for refill mechanisms, abrufbar unter https://health.ec.europa.eu/system/files/2016-11/potentialrisks_specs_refillableecigarettes_0.pdf). Ebenso benenne die "Opinion on electronic cigarettes" der Europäischen Kommission und ihres "Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks" ("SCHEER") zur Untersuchung der Risiken von E-Zigaretten Kindersicherheit nur zusammen mit der oralen Einnahme und kindersicheren Verschluss- und Öffnungsmechanismen (Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks SCHEER, Opinion on electronic cigarettes, abrufbar unter: https://health.ec.europa.eu/system/files/2022-08/scheer_o_017.pdf). Eine im Trilog-Verfahren zur Richtlinie 2014/40/EU in Rede stehende Regelung mit Bezug auf die Verwendung durch Kinder ("Member States shall require manufacturers and importers to ensure that only electronic cigarettes are placed on the market that cannot be operated or opened by children", vgl. Anlage Ast 13, S. 34) sei gerade nicht in die Richtlinie übernommen worden.

Die Antragstellerin beantragt wörtlich,

unter Abänderung des Beschlusses des VG Göttingen vom 28. April 2023, Az.: 4 A 97/23, bekannt gegeben am 02. Mai 2023, die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 4. April 2023 vollständig aufzuheben.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Beschwerde ist sachdienlich im Sinne einer statthaften Antragstellung dahin auszulegen (vgl. § 122 Abs. 1, § 88 VwGO), dass die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 28. April 2023 - - zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Untersagungsbescheid vom 4. April 2023 hinsichtlich der Anordnungen zu Ziffer I. wiederherzustellen und hinsichtlich der Anordnungen zu Ziffer III. anzuordnen, soweit das Verwaltungsgericht nicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben bzw. die aufschiebende Wirkung der Klage bereits angeordnet hat. Eine Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs - wie von der Antragstellerin wörtlich beantragt - kann nur erfolgen, wenn diese formell rechtswidrig ist. Es geht der Antragstellerin aber erkennbar nicht (lediglich) um die Aufhebung einer formfehlerhaften Vollziehbarkeitsanordnung, sondern um die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung wegen eines überwiegenden Aussetzungsinteresses. Sie macht mit der Beschwerdebegründung nicht geltend, dass die Vollziehbarkeitsanordnung über die Feststellung des Verwaltungsgerichts hinaus an einem Begründungsmangel leide, sondern dass die Untersagungsverfügung vom 4. April 2023 rechtswidrig sei, soweit sie die in Rede stehenden E-Zigaretten als nicht kindersicher im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG eingestuft habe. Soweit das Verwaltungsgericht bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich Ziffer I.6 und teilweise auch Ziffer I.7 der Untersagungsverfügung aufgehoben hat, werden die dort insoweit getroffenen Anordnungen mit dem Beschwerdevorbringen bereits nicht angegriffen. Es kann daher offen bleiben, ob die Antragstellerin insoweit überhaupt beschwert ist, weil die vom Verwaltungsgericht ebenfalls vorgenommene Interessenabwägung in der Sache nicht zu ihren Gunsten ausgegangen ist (vgl. z.B. Buchheister, in: Wysk, VwGO, § 80 Rn. 62 m.w.N.).

2. Der so verstandene, statthafte Antrag ist auch begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, ergeben, dass das Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 4. April 2023 getroffenen Anordnungen zu Ziffer I.1-5 und zu Ziffer I.6, soweit dort das erneute Inverkehrbringen der streitbefangenen E-Zigaretten von der Vorlage eines Nachweises über einen Kindersicherungsmechanismus abhängig gemacht wird, hätte wiederherzustellen und hinsichtlich der Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen zu Ziffer III. insgesamt hätte anzuordnen müssen.

Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus, weil ihre Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolgreich sein wird. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Antragsgegners wird sich, jedenfalls soweit es für das vorliegende Beschwerdeverfahren maßgeblich ist, aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen.

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 4 TabakerzG für den Erlass der streitgegenständlichen Anordnungen zu Ziffer I. liegen bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht vor. Ein begründeter Verdacht, dass die elektronischen Einweg-Zigaretten nicht den Anforderungen dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes genügen, lässt sich nicht annehmen. Der Antragsgegner ist voraussichtlich zu Unrecht davon ausgegangen, dass die von der Antragstellerin vertriebenen elektronischen Einweg-Zigaretten nicht den Anforderungen nach § 14 Abs. 3 TabakerzG entsprechen. Die Annahme, eine E-Zigarette sei nur "kindersicher" im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG, wenn durch ihre bauliche Beschaffenheit in Form von kindergesicherten Verschlüssen und Öffnungsmechanismen sichergestellt sei, dass das in den E-Zigaretten enthaltene giftige Nikotin und andere Schadstoffe von Kindern nicht im Wege der bestimmungsgemäßen Verwendung inhaliert werden könnten, ist nach vorläufiger Würdigung unzutreffend.

aa) Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG, der auf dem vom Wortlaut her deckungsgleichen Art. 20 Abs. 3 lit. g) der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 1) beruht, dürfen elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie kinder- und manipulationssicher sowie bruch- und auslaufsicher sind und über einen Mechanismus für eine auslauffreie Nachfüllung verfügen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Antragsgegners erfüllen die streitgegenständlichen elektronischen Einweg-Zigaretten voraussichtlich diese Voraussetzungen. Insbesondere sind sie kindersicher im Sinne der Norm. Der Annahme, Einweg-E-Zigaretten seien nur kindersicher, wenn durch kindergesicherte Verschlüsse und Öffnungsmechanismen sichergestellt sei, dass insbesondere Kleinkinder mit dem nikotinhaltigen Inhalt auch durch Inhalation nicht in Berührung kommen könnten, kann nicht gefolgt werden. Denn eine Auslegung der Norm ergibt, dass sich die geforderte Kindersicherheit nicht auf das Vorhandensein von Sicherheitsmechanismen zur Verhinderung der Inhalation nikotinhaltigen Dampfes erstreckt.

Diese Auslegung lässt sich zwar unmittelbar weder dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG noch Art. 20 Abs. 3 lit. g) der Richtlinie 2014/40/EU entnehmen. Der Begriff der Kindersicherheit wird hier nicht näher bestimmt. Auch der Erwägungsgrund 40 der Richtlinie 2014/40/EU ("Elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter könnten in den Händen von Kindern ein Gesundheitsrisiko darstellen. Deshalb ist es erforderlich, dafür Sorge zu tragen, dass diese Produkte kindergesichert und manipulationssicher sind, einschließlich durch der Sicherheit des Kindes dienende Kennzeichnungen sowie kindergesicherte Verschlüsse und Öffnungsmechanismen.") ist insoweit nicht eindeutig.

Doch legt insbesondere eine historische Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 1 TabakerzG und des Art. 20 Abs. 3 lit. g) der Richtlinie 2014/40/EU den europäischen und nationalen gesetzgeberischen Willen nahe, die grundsätzlich geforderte Kindersicherheit nicht auf die gezielte Verhinderung der Inhalation nikotinhaltigen Dampfes zu erstrecken. Die Initiative zur Schaffung der Richtlinie 2014/40/EU ging von der Europäischen Kommission aus, der gemäß Art. 17 Abs. 2 Satz 1 EUV, von wenigen Ausnahmen abgesehen, das alleinige Initiativrecht für Gesetzgebungsakte der Europäischen Union zusteht. Aus dem Protokoll des zugrunde liegenden europäischen Gesetzgebungsverfahrens vom 28.11.2013 (vgl. Anlage Ast. 13) lässt sich auf Seite 34 entnehmen, dass zwischenzeitlich von der Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union eine ausdrückliche Formulierung des Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2014/40/EU gefordert wurde, wonach sichergestellt werden müsse, dass elektronische Zigaretten von Kindern nicht bedient werden können:

"Member States shall require manufacturers and importers to ensure that only electronic cigarettes are placed on the market that cannot be operated or opened by children."

Wie sich aus dem Protokoll vom 10.12.2013 auf Seite 4 (vgl. Anlage Ast. 14) und der heutigen Formulierung des Art. 20 Abs. 3 lit. g) der Richtlinie 2014/40/EU entnehmen lässt, hatte der Formulierungsvorschlag der Präsidentschaft des Rates keinen Bestand. Es wurde stattdessen eine pauschalere Formulierung gewählt, wonach Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten sicherzustellen haben, dass diese kindersicher sind:

"Member States shall require manufacturers and importers to ensure that electronic cigarettes are child- (...)proof (...)."

Zwar lässt die Streichung dieser ausdrücklichen Formulierung und die Wahl einer pauschaleren Formulierung nicht den gesicherten Schluss zu, dass die europäischen Gesetzgebungsorgane einen Schutz von Kindern vor dem Konsum durch Bedienung von E-Zigaretten gerade nicht von der gesetzlichen Regelung umfasst wissen wollten. Denn die Wahl einer pauschaleren Formulierung kann ebenso interpretiert werden, dass ein möglichst weiter Schutz von Kindern bezweckt war, wobei eine möglichst weite Formulierung die Verhinderung des Konsums möglicherweise mit einschließen sollte. Berücksichtigt werden muss in diesem Zusammenhang aber auch der Bericht "COM(2016) 269 final" der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 20. Mai 2016 über die potenziellen Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Gebrauch von - nachfüllbaren - elektronischen Zigaretten (vgl. eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:XXX). Die Europäische Kommission war zur Erstattung eines Berichts über die potenziellen Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dem Gebrauch von nachfüllbaren elektronischen Zigaretten auf Grund des Artikels 20 Absatz 10 der Richtlinie 2014/40/EU bis spätestens zum 20. Mai 2016 verpflichtet. Auf Seite 2 dieses Berichts benennt die Europäische Kommission vier "Hauptrisiken", die im Zusammenhang mit der Verwendung nachfüllbarer elektronischer Zigaretten bestünden. Angeführt werden 1) die Vergiftung durch Einnahme nikotinhaltiger E-Liquids insbesondere bei Kleinkindern, 2) Hautreaktionen bei Hautkontakten mit E-Liquids, die Nikotin oder andere Hautreizstoffe enthalten, 3) Risiken im Zusammenhang mit individuellen Verschnitten und Risiken bei der Verwendung von nicht geprüften E-Liquid-Kombinationen und 4) Geräte- oder Hardware-Anpassungen. Die Inhalation nikotinhaltiger Dämpfe (durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch) wird hingegen nicht aufgeführt. Zwar ist insoweit zu beachten, dass die Kommission ausweislich der Seite 2 des Berichts ein Hauptaugenmerk auf die speziellen Risiken legte, die mit nachfüllbaren elektronischen Zigaretten und deren Nachfüllbehältern in Zusammenhang gebracht werden, doch belegen die von der Kommission als "Hauptrisiken" ausgewiesenen Gefahren gleichwohl, dass sie der Inhalation nikotinhaltigen Dampfes, die sowohl bei nachfüllbaren als auch bei Einweg-E-Zigaretten erfolgt, jedenfalls eine unter Gefahrgesichtspunkten deutlich untergeordnete Bedeutung beimisst.

Schließlich kann nicht jeder denkbaren Gefahr für Kinder im Zusammenhang mit der Existenz von Einweg-E-Zigaretten durch den Einsatz bestimmter Schutzvorrichtungen begegnet werden. So ist etwa auch der Konsum normaler Zigaretten gesundheitsschädlich. Gleichwohl werden kindergesicherte Verschlüsse für Zigarettenschachteln zur Verhinderung des Konsums durch Kinder nicht ernsthaft diskutiert (vgl. bereits LG Düsseldorf, Urt. v. 12.1.2023 - 14c O 95/22 -, juris Rn. 81 f., 86 ff. m.w.N.; vgl auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.1.2023 - 20 W 114/22 -, juris Rn. 30).

Die Antragstellerin führt auch zutreffend aus, dass weder in der "PRECISE"-Studie des "European Regulatory Science on Tobacco Consortium" für die Europäische Kommission zu Risiken für E-Zigaretten (https://health.ec.europa.eu/system/files/2016-11/potentialrisks_specs_refillableecigarettes_0.pdf) noch in der "Opinion on electronic cigarettes" der Europäischen Kommission und ihres "Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks" ("SCHEER"; https://health.ec.europa.eu/system/files/2022-08/scheer_o_017.pdf) technische Vorrichtungen gefordert werden, die die Verwendung einer E-Zigarette durch Kinder verhindern sollten.

Dafür, dass sich der Begriff "kindersicher" nach dem Tabakerzeugnisgesetz nur auf Risiken durch das Verschlucken des Liquids oder durch Hautkontakt bezieht, spricht schließlich auch, dass der Verordnungsgeber - das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft - in § 14 Abs. 3 Satz 2 TabakerzG ermächtigt worden ist, mit Zustimmung des Bundesrates aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Union technische Anforderungen für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter - unabhängig davon, ob es sich um nikotinhaltige oder nicht nikotinhaltige Varianten handelt - an die Kinder-, Manipulations-, Bruch- und Auslaufsicherheit sowie an eine auslauffreie Nachfüllung festzulegen. Von dieser Ermächtigung ist mit § 28a TabakerzV Gebrauch gemacht worden, allerdings nur betreffend den Mechanismus für eine auslauffreie Nachfüllung mit der Bezugnahme auf die Vorgaben des Durchführungsbeschlusses (EU) 2016/586 der Kommission vom 14. April 2016 zu den technischen Normen für den Nachfüllmechanismus elektronischer Zigaretten (ABl. L 101/15). Im Übrigen sah der Verordnungsgeber keinen Handlungsbedarf. Daraus lässt sich folgern, dass der Verordnungsgeber es bislang nicht für erforderlich hielt, die Kindersicherheit durch Einführung einer Verpflichtung zur Schaffung technischer Schutzmaßnahmen gegen den ungewollten Konsum elektronischer Zigaretten durch Kinder zu gewährleisten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.1.2023 - 20 W 114/22 -, juris Rn. 25; LG Düsseldorf, Urt. v. 12.1.2023 - 14c O 95/22 -, juris Rn. 85 m.w.N.).

bb) Auch ein sonstiger Verstoß gegen die Anforderungen des Tabakerzeugnisgesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist auch nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlamentes und Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (CLP-Verordnung) nicht ersichtlich, dass die streitgegenständlichen elektronischen Einweg-Zigaretten nicht hinreichend kindersicher wären.

Zwar dürften die Normen der CLP-Verordnung neben denen des TabakerzG anwendbar sein (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 12.1.2023 - 14c O 95/22 -, juris Rn. 93) . Aus § 1 Abs. 2 TabakerzG folgt, dass Bestimmungen über den Schutz der menschlichen Gesundheit aufgrund anderer Gesetze und der aufgrund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen unberührt bleiben. Die Normen der CLP-Verordnung dienen dem Schutz der menschlichen Gesundheit, so dass sie neben denen des TabakerzG anwendbar sind.

Nach Art. 35 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 1 der CLP-Verordnung sind Verpackungen, die einen Stoff oder ein Gemisch gemäß den Kriterien in Anhang II Abschnitt 3.1.1. der CLP-Verordnung enthalten, mit kindergesicherten Verschlüssen gemäß Anhang II Abschnitte 3.1.2. und 3.1.3. zu versehen. Gemäß Anhang II Abschnitt 3.1.1.1. der CLP-Verordnung sind Verpackungen, die einen Stoff oder ein Gemisch enthalten, der/das an die breite Öffentlichkeit abgegeben wird und als akut toxisch der Kategorien 1 bis 3, (...) oder hautätzend der Kategorie 1 eingestuft wird, (...) mit kindergesicherten Verschlüssen auszustatten. Nach dem Sinn und Zweck des Art. 35 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 1 der CLP-Verordnung ist jeweils zu berücksichtigen, aus welchem Grund ein Gemisch als akut toxisch eingestuft wurde, vor welchen Gefahren also geschützt werden muss. Nach Anhang I Abschnitt 3.1.1.2. der CLP-Verordnung wird die Gefahrenklasse akute Toxität differenziert nach akuter oraler Toxizität, akuter dermaler Toxizität und akuter inhalativer Toxizität. Das nikotinhaltige Gemisch der streitgegenständlichen Einweg-E-Zigarette ist ausweislich der Anlage Ast. 1 als "Giftig bei Verschlucken. Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt." eingestuft. Wenn ein Gemisch aber im Sinne der CLP-Verordnung nur für den Fall des Verschluckens bzw. des Hautkontakts als akut toxisch eingestuft ist, muss die Verpackung auch nur vor diesen Risiken schützen. In diesem Sinne ist dann ist auch der Ausnahmetatbestand in Anhang II Abschnitt 3.1.4.2 auszulegen, nach der eine Prüfung der Kindersicherheit dann entbehrlich ist, wenn der Inhalt der Verpackung Kindern ohne Werkzeug nicht zugänglich ist, sodass die streitgegenständlichen Einweg-E-Zigaretten im vorliegenden Fall jedenfalls - unabhängig von der Frage, ob diese mangels Nachfüllbarkeit überhaupt über einen Verschluss verfügen - in ausreichendem Maße kindergesichert im Sinne des Anhang II Abschnitt 3.1.4.2 i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 1 der CLP-Verordnung sind (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 12.1.2023 - 14c O 95/22 -, juris Rn. 95). Offen bleiben kann daher, ob eine Einweg-E-Zigarette i.S. ihres Korpus überhaupt eine "Verpackung" nach der CLP-Verordnung ist.

b) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen zu Ziffer III. des Bescheides vom 4. April 2023 war über die Anordnungen des Verwaltungsgerichts hinaus (für den Fall, dass die Antragstellerin ihren Anordnungen zu Ziffern I.2 und I.6 nicht nachkommt) insgesamt anzuordnen, da die aufschiebende Wirkung der Klage u.a. gegen die Ziffern I.1, 3-5 wiederherzustellen war und somit die Vollstreckungsvoraussetzung des § 64 Abs. 1 NPOG weggefallen ist. Danach können Verwaltungsakte nur vollstreckt werden, wenn ein Rechtsbehelf (hier die Klage) keine aufschiebende Wirkung hat. Dies gilt ebenfalls für die Zwangsgeldandrohung in Ziff. III.2 für den Fall, dass die Antragstellerin der Anordnung zu Ziffer I.7 nicht nachkommt. Für diese Anordnung hat das Verwaltungsgericht rechtskräftig die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben. Auch diesbezüglich entfaltet die Klage wieder aufschiebende Wirkung.

3. Der Ausspruch im Tenor, "Die Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Anordnungen zu Ziffer I.7 und Ziffer I.6, soweit dort das erneute Inverkehrbringen der streitbefangenen E-Zigaretten von der Vorlage eines Nachweises darüber abhängig gemacht wird, dass die Antragstellerin die "irreführenden werblichen Informationen" auf ihren E-Zigaretten beseitigt hat, wird aufgehoben", ist aus dem Tenor der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung übernommen. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden. Auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen zu Ziffer III.1 für den Fall, dass die Antragstellerin den Anordnungen zu Ziffern I.2 und I.6 nicht nachkommt, wurde aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zur Klarstellung übernommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Entscheidung auf deren Begründung Bezug genommen wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).