Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.08.2023, Az.: 4 OA 63/23
Androhung eines weiteren Zwangsgelds Streitwert; Wiederherstellungsanordnung Streitwert; Zwangsgeld Streitwert; Zur Streitwertfestsetzung bei einer naturschutzrechtlichen Wiederherstellungsanordnung und Zwangsgeldfestsetzung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.08.2023
- Aktenzeichen
- 4 OA 63/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 31391
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0818.4OA63.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 05.07.2023 - AZ: 2 B 29/23
Rechtsgrundlagen
- Streitwertkatalog Nr. 1.5
- Streitwertkatalog Nr. 1.7.1
- Streitwertkatalog Nr. 1.7.2
Fundstelle
- NuR 2023, 622-623
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Sofern für die mit einer naturschutzrechtlichen Wiederherstellungsanordnung verfügten Maßnahmen keine für die Bestimmung des Streitwerts genügenden Anhaltspunkte bestehen, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG von dem Regelstreitwert in Höhe von 5.000,-EUR auszugehen. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Regelstreitwert zu halbieren, wenn die verfügten Maßnahmen nach Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache rückgängig gemacht werden könnten, mithin keine vollendeten Tatsachen durch die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geschaffen werden.
- 2.
Der Streitwert beträgt in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Zwangsgeldfestsetzung mit gleichzeitiger Androhung eines weiteren Zwangsgeldes ein Viertel des festgesetzten zuzüglich einem Achtel des angedrohten Betrags.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 5. Juli 2023 geändert.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (2 B 29/23) wird auf 4.207,82 EUR festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Streitwertbeschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (2 B 29/23) mit 8.000,- EUR zu hoch festgesetzt. Der Streitwert ist allerdings nicht - wie die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde beantragt hat - auf 5.000,- EUR, sondern in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe festzusetzen.
Der für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzende Streitwert ergibt sich wie folgt:
Hinsichtlich der von der Antragstellerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Var. VwGO beantragten Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die mit Bescheid vom 8. Februar 2023 verfügte Wiederherstellung des bisherigen Zustands (Ziffer I. des Bescheids), die von dem Antragsgegner für sofort vollziehbar erklärt worden ist (Ziffer II. des Bescheids), ist gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar unter https://www.bverwg.de/rechtsprechung/streitwertkatalog; im Folgenden Streitwertkatalog) ein Streitwert von 2.500,- EUR zu berücksichtigen. Da für die verfügte Wiederherstellung des bisherigen Zustands durch das Entfernen der eingebauten Drainagestränge, das Verfüllen der hierdurch entstehenden Gräben mit Bodenmaterial sowie die natürliche Sukzession auf dieser Fläche keine für die Bestimmung des Streitwerts genügenden Anhaltspunkte bestehen, ist insoweit gemäß § 52 Abs. 2 GKG von dem Regelstreitwert in Höhe von 5.000,- EUR auszugehen. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Auffangwert in Anlehnung an Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs zu halbieren (Senatsbeschl. v. 2.2.2022 - 4 ME 231/21 -, juris Rn. 52). Da die hier verfügten Maßnahmen nach Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache rückgängig gemacht werden könnten, mithin keine vollendeten Tatsachen durch die Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geschaffen werden, ist hier nicht in Anlehnung an Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs von einer Halbierung des Regelstreitwerts abzusehen.
Da die Antragstellerin mit ihrem Eilantrag darüber hinaus gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Var. VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die in dem Bescheid vom 8. Februar 2023 erfolgte Festsetzung von Kosten (Ziffer IV. des Bescheids) beantragt hat, ist dem halben Regelstreitwert in Höhe von 2.500,- EUR gemäß §§ 39 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs ein weiterer Betrag von 86,16 EUR (344,63 EUR x 1/4) zuzurechnen. Bei den mit dem Bescheid vom 8. Februar 2023 festgesetzten Kosten in Höhe von 344,63 EUR handelt es sich um Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (vgl. Senatsbeschl. v. 24.5.2023 - 4 ME 23/23 -, juris Rn. 21 f.).
Die mit dem Bescheid vom 8. Februar 2023 ebenfalls erfolgte Androhung der Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von 3.000,- EUR (Ziffer III.) bleibt bei der Festsetzung des Streitwerts hingegen außer Betracht (Nr. 1.7.2 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
Bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen ist allerdings die durch weiteren Bescheid vom 6. März 2023 erfolgte Festsetzung des zuvor angedrohten Zwangsgelds in Höhe von 3.000,- EUR (Ziffer 1. des Bescheids) und Androhung der Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 6.000,- EUR (Ziffer 2. des Bescheids) sowie der Festsetzung der Kosten für dieses Verfahren in Höhe von 486,63 EUR (Ziffer 3. des Bescheids). Auch hiergegen hat sich die Antragstellerin mit ihrem Eilantrag gewandt und insoweit gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 1.Var. VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 6. März 2023 beantragt. Daher ist hinsichtlich der erfolgten Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von 3.000,- EUR in Anlehnung an Nr. 1.7.1 Satz 1 i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs ein weiterer Betrag von 750,- EUR (3.000,- EUR x 1/4) sowie hinsichtlich der erfolgten Androhung der Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 6.000,- EUR in Anlehnung an Nr. 1.7.1 Satz 2 i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs ein weiterer Betrag in Höhe von 750,- EUR (6.000,- EUR x 1/2 x 1/4) zu berücksichtigen (zur Streitwertbemessung in selbständigen Vollstreckungsverfahren vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 8.10.2018 - 4 B 1181/18, 4 E 739/18 -, juris Rn. 10 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 6.12.2022 - 2 M 89/22 -, juris Rn. 16). Hinzu kommt gemäß §§ 39 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs wegen der erfolgten Kostenfestsetzung ein weiterer Betrag von 121,66 EUR (486,63 EUR x 1/4).
Der Einwand der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe in einem vergleichbaren Verfahren (2 B 133/22) die Festsetzung eines zuvor angedrohten Zwangsgelds bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt, verfängt nicht. Die in einem anderen Verfahren erfolgte Festsetzung des Streitwerts durch das Verwaltungsgericht ist für die Streitwertbemessung in diesem Verfahren nicht bindend. Daher kann die Bemessung des Streitwerts wie oben ausgeführt in Anlehnung an den Streitwertkatalog erfolgen, ohne dass hierdurch gegen das von der Antragstellerin geltend gemachte Gleichbehandlungsgebot verstoßen wird.
Der Senat ist wegen des in § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der Streitwertwahrheit auch nicht an den mit der Beschwerde gestellten Antrag der Antragstellerin, den Streitwert von 8.000,- EUR auf 5.000,- EUR herabzusetzen, gebunden und kann den Streitwert niedriger als beantragt festsetzen (vgl. Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, GKG § 68 Rn. 83).
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).