Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.05.2023, Az.: 13 LA 43/23
Antrag auf Zulassung der Berufung; Aufenthaltserlaubnis; Ausweisungsinteresse; Bleiberechtsregelung 2009; ernstliche Zweifel; verneint; faktischer Inländer; Verlängerung; Zur Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit der Bleiberechtsreglung 2009 über den 31. Dezember 2013 hinaus
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.05.2023
- Aktenzeichen
- 13 LA 43/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 18146
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0511.13LA43.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 17.01.2023 - AZ: 7 A 16/19
Rechtsgrundlagen
- AufenthG § 104a
- AufenthG § 23 Abs. 1
- AufenthG § 25 Abs. 5
- AufenthG § 25b Abs. 2 Nr. 2
- AufenthG § 25b
- AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2
- EMRK Art. 8
- VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 7. Kammer - vom 17. Januar 2023 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 7. Kammer - vom 17. Januar 2023, mit dem dieses seine Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und auf Aufhebung des dies ablehnenden und die Abschiebung androhenden Bescheids der Beklagten vom 14. Januar 2019 (Blatt 8 ff. der Gerichtsakte) in der Fassung der Änderung vom 17. Januar 2023 (vgl. zur teilweisen Aufhebung der Abschiebungsandrohung durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht das Sitzungsprotokoll, dort S. 2 f. = Blatt 216R f. der Gerichtsakte) abgewiesen hat, bleibt ohne Erfolg.
1. Der vom Kläger zur Begründung seines Zulassungsantrags zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der genannten Bestimmung sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140 - juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543 - juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 8; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 124a Rn. 80 jeweils m.w.N.).
Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ein, das Verwaltungsgericht habe das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung/Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Unrecht verneint. Es liege kein überwiegendes Ausweisungsinteresse vor. Es bestehe bereits keine Wiederholungsgefahr mehr. Ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG sei nicht gegeben, da er lediglich wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt worden sei. Demgegenüber habe zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG bestanden. Zudem bestehe ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, da er in familiärer Lebensgemeinschaft mit seiner älteren Schwester und seinem jüngeren Bruder lebe, die beide deutsche Staatsangehörige seien. Zudem sei er "faktischer Inländer". Die anzustellende Gesamtabwägung müsse zu seinen Gunsten ausfallen.
Diese Einwände begründen nach dem dargestellten Maßstab keine die Zulassung der Berufung gebietende ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis (vgl. zum Maßstab der Ergebnisrichtigkeit: Senatsbeschl. v. 5.9.2017 - 13 LA 129/17 -, juris Rn. 18 m.w.N.) zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Verlängerung/Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verneint.
a) Eine Verlängerung der dem Kläger zuletzt am 12. Juli 2016 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG mit einer Gültigkeit bis zum 11. Juli 2018 erteilten Aufenthaltserlaubnis (Blatt 143 der Beiakte 1) nach § 8 AufenthG kommt nicht in Betracht.
Durch Änderungsgesetz vom 19. August 2007 wurde mit der Einfügung des § 104a AufenthG eine Altfallregelung für langjährig geduldete Ausländerinnen und Ausländer geschaffen, die es ihnen ermöglichte, bei Nachweis bestimmter Integrationsleistungen eine bis zum 31. Dezember 2009 befristete Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Nach dieser Regelung konnten zwei Gruppen ausreisepflichtiger geduldeter ausländischer Staatsangehöriger begünstigt werden:
- Geduldete, die ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit bereits sicherstellten, erhielten Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 Abs. 1 i.V.m. § 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG und
- Geduldete, denen eine wirtschaftliche Integration trotz nachgewiesener Bemühungen zwar noch nicht gelungen war, denen aber dennoch für die Zukunft eine gute Prognose gegeben werden konnte, erhielten zunächst Aufenthaltserlaubnisse auf Probe nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG.
Diese Aufenthaltserlaubnisse wurden nach § 23 Abs. 1 AufenthG bis zum 31. Dezember 2011 verlängert, wenn bis zum 31. Dezember 2009 die in § 104a Abs. 5 und 6 AufenthG im Einzelnen genannten Voraussetzungen - insbesondere in Bezug auf die wirtschaftliche Integration - erfüllt waren.
Da viele der zunächst Begünstigten diese Verlängerungsvoraussetzungen nicht erfüllten, beschlossen die Innenminister und -senatoren der Länder am 4. Dezember 2009 eine Verlängerungsregelung für Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, die in Niedersachsen mit Erlass vom 11. Dezember 2009 - Az.: 42.12-12230.1-8 (§23) - (Bleiberechtsregelung 2009) umgesetzt wurde. Von dieser Regelung wurden diejenigen begünstigt, bei denen zu erwarten war, dass sie bis zum 31. Dezember 2011 ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit sicherstellen würden.
Eine letztmalige Möglichkeit der Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnisse für weitere zwei Jahre wurde durch Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 19. Dezember 2011 - Az.: 42.12-12230.1-8 (§23) - (Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsreglung 2009) eingeräumt. Über den 31. Dezember 2013 hinaus war und ist eine Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Rechtsgrundlage daher nicht mehr möglich.
b) Eine Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers nach § 25b Abs. 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob eine nachhaltige Integration des Klägers in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 25b Abs. 1 AufenthG gegeben ist, denn es liegt jedenfalls der Versagungsgrund des § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Danach ist eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 AufenthG auch dann zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG besteht.
Ein solches Ausweisungsinteresse ist mit der Verurteilung des Klägers zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten durch das Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 28. August 2018 - 5 Ls ... (29/18) - (Blatt 282 ff. der Beiakte 2) und auch mit der weiteren Verurteilung des Klägers zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten durch Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 13. November 2018 - 5 Ls ... (43/18) - (Blatt 300 ff. der Beiakte 2) entstanden.
Dieses Ausweisungsinteresse besteht auch derzeit noch. Denn die Wiederholungsgefahr ist auch nach der Verbüßung der Strafen nicht entfallen. Wie der Kläger selbst vorträgt, sind die abgeurteilten Straftaten der Beschaffungskriminalität zuzuordnen. Eine erfolgreiche Drogentherapie hat der Kläger bislang aber nicht durchlaufen, wenn er sich auch offensichtlich um eine solche bemüht. Die Vorlage eines einmaligen negativen Drogentests reicht zur Annahme einer dauerhaften Drogenabstinenz nicht aus. Ein Rückfall des Klägers in frühere kriminelle Verhaltensmuster steht daher jederzeit im Raum. Für eine abschließend positive Prognose ist der vom Kläger nach seiner Haftentlassung am 7. Juni 2022 in Freiheit strafrechtlich unauffällig verbrachte Zeitraum noch zu kurz, zumal auch sein Verhalten während seiner Inhaftierung nicht beanstandungsfrei war (vgl. hierzu den Erziehungs- und Förderplan v. 10.9.2018, S. 4 ff. = Blatt 309 ff. der Beiakte 2).
Das auf die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG bezogene Zulassungsvorbringen des Klägers ist demgegenüber nicht entscheidungserheblich. § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG greift einige dem Gesetzgeber als besonders gewichtig erscheinende Ausweisungsinteressen heraus, bei denen die Ausländerbehörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25b AufenthG zwingend zu versagen hat. In der Rechtsfolge begründet § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG für die dort bezeichneten Ausweisungsinteressen daher eine Verschärfung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, da die Ausländerbehörde auch in atypischen Fällen nicht von diesem Erfordernis absehen kann. Im Übrigen gelten im Rahmen des § 25b AufenthG auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG, so dass gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die Titelerteilung nach § 25b AufenthG in der Regel voraussetzt, dass kein Ausweisungsinteresse besteht (vgl. Senatsbeschl. v. 4.9.2019 - 13 LA 146/19 -, juris Rn. 13 m.w.N.). Da im vorliegenden Fall aber bereits die Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vorliegen, der die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zwingend vorschreibt, bedarf es für den Ausgang des Verfahrens keiner weiteren Prüfung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG mehr.
c) Der Kläger kann auch nicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25 Abs. 5 AufenthG beanspruchen.
(1) Dem Kläger ist eine Ausreise aus dem Bundesgebiet mit Blick auf sein nach Art. 8 EMRK geschütztes Privatleben nicht rechtlich unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG.
(a) Dem steht nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich schon die Systematik des Aufenthaltsgesetzes entgegen (Senatsurt. v. 8.2.2018 - 13 LB 43/17 -, juris Rn. 83 m.w.N.; a.A. OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011 - 1 A 141/11 -, juris Rn. 44; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 -, juris Rn. 25).
Der Gesetzgeber hat sich der Situation der im Bundesgebiet gut integrierten jugendlichen und heranwachsenden Ausländer und der nachhaltig integrierten volljährigen Ausländer ohne gesicherten Aufenthaltsstatus ausdrücklich angenommen und zunächst in den §§ 104a, 104b AufenthG und nachfolgend in §§ 25a, 25b AufenthG Bedingungen für die Gewährung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen formuliert. Mit der gesetzlichen Altfallregelung des § 104a AufenthG sollte dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung getragen und diejenigen begünstigt werden, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union, BT-Drs. 16/5065, S. 201 f.). Geduldete, die ihren Lebensunterhalt noch nicht eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichern, jedoch die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen, konnten eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten. Diese gilt nach § 104a Abs. 1 Satz 3 AufenthG als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes und schließt eine Aufenthaltsverfestigung aus. Da eines der Ziele dieser Altfallregelung darin bestand, eine dauerhafte Zuwanderung in die Sozialsysteme zu vermeiden, setzte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. die Erteilung über den 31. Dezember 2009 hinaus voraus, dass im zurückliegenden Zeitraum des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis der Lebensunterhalt überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert gewesen ist. Die so eröffneten Möglichkeiten der Bewährung sind durch die Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration vom 11. Dezember 2009 (Bleiberechtsregelung 2009) und vom 19. Dezember 2011 (Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsreglung 2009) nochmals erweitert worden. Darüber hinaus konnten nach § 104b AufenthG in die hiesigen Lebensverhältnisse integrierte Kinder geduldeter Ausländer ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erlangen.
Der nachfolgende stichtagsunabhängige § 25a AufenthG gewährt Jugendlichen und Heranwachsenden ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn diese aufgrund ihrer bisherigen Integrationsleistungen die Gewähr dafür bieten, dass sie sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen werden. Ziel dieser gesetzlichen Regelungen ist es, die humanitären Probleme insbesondere in Deutschland aufgewachsener ausländischer Kinder zu lösen und diesen eigenständige Perspektiven für ein integrationsabhängiges Aufenthaltsrecht zu schaffen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union, BT-Drs. 16/5065, S. 204; Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/4401, S. 16). Die vom Gesetzgeber formulierten konkreten Anforderungen an eine hinreichende Integration der jugendlichen und heranwachsenden Ausländer in die hiesigen Lebensverhältnisse ergeben sich aus § 25a Abs. 1 AufenthG.
§ 25b AufenthG gewährt nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integrierten Ausländern stichtagsunabhängig ein Aufenthaltsrecht. Ziel des Gesetzgebers war es, nachhaltige Integrationsleistungen, die trotz eines fehlenden rechtmäßigen Aufenthaltes erbracht wurden, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren (so ausdrücklich Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 23 und Bundesminister de Maizière im Bundestagsplenum am 6.3.2015, PlProt. 18/92, S. 8778). Die erforderlichen Integrationsleistungen hat der Gesetzgeber in § 25b Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 und 3 AufenthG konkret definiert.
Mit diesen ausdrücklich gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wegen der Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse ist es grundsätzlich unvereinbar, einem Ausländer, der dem Anwendungsbereich der §§ 25a, 25b AufenthG unterfällt, aber die in diesen Bestimmungen formulierten Voraussetzungen für eine aufenthaltsrechtsbegründende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht erfüllt, unter Rückgriff auf das in Art. 8 EMRK ganz allgemein verbürgte Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Unabhängig davon erscheint es auch praktisch ausgeschlossen, dass ein Ausländer, dem eine bloße positive Integrationsprognose im Sinne des § 25a Abs. 1 AufenthG nicht gestellt werden kann oder der die abgesenkten Anforderungen an eine berufliche und wirtschaftliche Integration des § 25b Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt, als derart in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert anzusehen ist, dass ihm als sogenanntem faktischem Inländer ein Verlassen des Bundesgebiets nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich sein soll (vgl. Senatsurt. v. 8.2.2018 - 13 LB 43/17 -, juris Rn. 81 ff.).
(b) Im Übrigen greifen die vom Kläger erhobenen Einwände aber auch in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass dem Kläger eine Ausreise aus dem Bundesgebiet mit Blick auf sein nach Art. 8 EMRK geschütztes Privatleben nicht rechtlich unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist. Denn jedenfalls ist ein mit der Beendigung des Aufenthalts verbundener Eingriff in das nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben des Klägers nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
Ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens und die davon umfassten persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt, ist nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, wenn er eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellt, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011 - 2 BvR 1392/10 -, NVwZ-RR 2011, 420, 421). Dies schließt es nicht aus, zur Herleitung eines Aufenthaltsrechts aus Art. 8 EMRK ein durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiertes Privatleben zu fordern, das nur noch im Bundesgebiet geführt werden kann, und hierbei einerseits auf die Integration des Ausländers in Deutschland, andererseits die Möglichkeit zur Reintegration im Staat der Staatsangehörigkeit abzustellen (vgl. hierzu Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 -, juris Rn. 43 mit weiteren Nachweisen). Die bei dieser Prüfung ermittelten konkreten individuellen Lebensverhältnisse und auch Lebensperspektiven des Ausländers sind schließlich im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung nach den Maßgaben des Art. 8 Abs. 2 EMRK in eine gewichtende Gesamtbewertung einzustellen und mit den Gründen, die für eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, abzuwägen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011 - 2 BvR 1392/10 -, NVwZ-RR 2011, 420, 421; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.3.2012 - 7 A 11417/11 -, juris Rn. 29 und 34 f.; OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011 - 1 A 141/11 -, NordÖR 2011, 440, 441).
Diese Abwägung fällt zu Lasten des Klägers aus.
Das öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, an der Einhaltung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen und an der Vermeidung von Lasten für die öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungssysteme spricht grundsätzlich für eine Beendigung des Aufenthalts des Klägers, der derzeit nicht über einen Aufenthaltstitel verfügt. Nach der Diktion des EGMR kann ein Ausländer, der, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden des Aufnahmestaats mit seiner Anwesenheit in diesem Staat konfrontiert, im Allgemeinen nicht erwarten, dass ihm konventionsrechtlich ein Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht erwächst (vgl. EGMR 2. Sektion, Urt. v. 31.1.2006 - 50435/99 -, EuGRZ 2006, 562, 564 (da Silva und Hoogkamer ./. Niederlande).
Dieses öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung wird von dem privaten Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung seiner privaten, familiären und wirtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht überwogen. Das private Bleibeinteresse ist vielmehr im vorliegenden Fall als gering zu gewichten.
Dem Kläger ist eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse bisher nicht gelungen. Zwar ist der im 1997 geborene Kläger bereits im Juni 1998 mit seinen Eltern ins Bundesgebiet eingereist. Nach der erfolglosen Durchführung von Asyl- und Asylfolgeverfahren hielt er sich geduldet im Bundesgebiet auf. Ihm wurde erstmals im Jahr 2009 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (Blatt 40 der Beiakte 1). Diese wurde letztmalig am 12. Juli 2016 bis zum 11. Juli 2018 verlängert (Blatt 143 der Beiakte 1). Es ist ihm auch nicht gelungen, sich wirtschaftlich und sozial in die hiesigen Lebens- und Gesellschaftsverhältnisse zu integrieren. Er erlangte den Hauptschulabschluss, aber keinen Berufsabschluss. Eine gefestigte berufliche Perspektive hat der Kläger bis zum heutigen Tage nicht. Die Deutschkenntnisse und der derzeitige feste Wohnsitz des Klägers reichen zur Annahme seiner Verwurzelung im Bundesgebiet nicht aus. Strafrechtlich ist er massiv in Erscheinung getreten. Neben den im angefochtenen Bescheid vom 14. Januar 2019 aufgeführten Verurteilungen vom 29. August 2013, 28. Juni 2017, 13. Dezember 2017, 28. August 2018 und 13. November 2018 wurden zahlreiche weitere polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger geführt, deren Ausgang der Ausländerbehörde des Beklagten nicht bekannt ist. Auch im Jugendvollzug setzte sich das Scheitern der sozialen und beruflichen Integration des Klägers fort. Insoweit kann auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf den Seiten 7 bis 9 des angefochtenen Urteils und die dort zitierten Erziehungs- und Förderpläne sowie Vollzugsberichte verwiesen werden. Ein Strafverfahren wegen einer in der Haft gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung ist offenbar noch anhängig.
Es spricht nicht für eine Integration des Klägers, wenn er zur Erklärung seiner Straftaten - obwohl in der Sache weitgehend zutreffend - auf seine Drogenabhängigkeit verweist. Ob die von ihm angeführten rassistischen Beleidigungen während der Schulzeit seine fehlende Integration erklären können, kann auch dahinstehen. Denn dies ändert nichts an der hier allein entscheidenden Tatsache einer fehlenden Integration, die sich auch daran festmacht, dass der Kläger außerhalb seiner Familie keine sozialen Kontakte anführt. Zudem zeigt der Lebensweg der Geschwister des Klägers, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, dass trotz aller negativen Erfahrungen ein anderer Lebensweg und die Integration auch des Klägers in die hiesige Gesellschaft durchaus möglich gewesen wäre.
(2) Auch unter Berücksichtigung der Wertungen des Art. 6 Abs. 1 GG führt die behauptete enge familiäre Verbundenheit mit seinen Geschwistern nicht zur rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise des Klägers.
Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Familie zunächst als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft der Kinder und ihrer Eltern. Der Schutz des Familiengrundrechts zielt darüber hinaus aber auch generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen, wie sie auch zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen Enkeln und Großeltern oder zwischen nahen Verwandten in der Seitenlinie bestehen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.6.2014 - 1 BvR 2926/13 -, BVerfGE 136, 382, 388 f., unter Aufgabe des früheren Verständnisses der Familie als Gemeinschaft von Eltern mit ihren Kindern, vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81, 90; BVerfG, Beschl. v. 31.5.1978 - 1 BvR 683/77 -, BVerfGE 48, 327, 339; Uhle, Abschied vom engen Familienbegriff - Zur Rejustierung des bundesverfassungsgerichtlichen Familienverständnisses, in: NVwZ 2015, 272 ff.). Der Schutz knüpft aber nicht an bloße formal-rechtliche familiäre Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.6.2014 - 1 BvR 2926/13 -, BVerfGE 136, 382, 389; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 2.2.2011 - 8 ME 305/10 -, InfAuslR 2011, 151; v. 27.7.2009 - 8 PA 106/09 -). In den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen aber in der Regel nur ein geringeres Gewicht zu. Allenfalls dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.10.1995 - 2 BvR 901/95 -, NVwZ 1996, 1099; v. 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81; v. 12.12.1989 - 2 BvR 377/88 -, NJW 1990, 895, 986; Senatsbeschl. v. 9.8.2017 - 13 ME 167/17 -, juris Rn. 18; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 -, juris Rn. 48; GK-AufenthG, § 60a Rn. 199 f. (Stand: März 2015)).
Eine derart enge Beziehung besteht zwischen dem volljährigen Kläger und seinen volljährigen deutschen Geschwistern nicht. Der Kläger führt insoweit aus, dass seine ältere Schwester und sein jüngerer Bruder bei den gemeinsamen Eltern lebten. Er sei im elterlichen Haushalt nahezu täglich zu Besuch, trinke dort Kaffee und esse mit der Familie. Man unterhalte sich oft stundenlang. Die drei Geschwister hätten - mit Ausnahme der Zeit der Inhaftierung des Klägers - das gesamte Leben miteinander verbracht. Selbst in der Haft hätten seine Geschwister ihn besucht und die familiäre Beziehung nicht abreißen oder abkühlen lassen. Auch habe regelmäßiger telefonischer und postalischer Kontakt bestanden. Seine Geschwister hätten trotz fehlenden Verständnisses für seine Handlungen zu ihm gehalten.
Der so beschriebene enge familiäre Zusammenhalt erreicht indes nicht die Schwelle eines "Aufeinanderangewiesenseins", das allein eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise des Klägers im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG begründen könnte.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.
Solche Schwierigkeiten sind nur dann anzunehmen, wenn die Klärung einer entscheidungserheblichen Tatsachen- oder Rechtsfrage in qualitativer Hinsicht mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Daher erfordert die ordnungsgemäße Darlegung dieses Zulassungsgrundes eine konkrete Bezeichnung der Tatsachenfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und Erläuterungen dazu, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 50; Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 124a Rn. 53).
Solche besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache ergeben sich aus der Zulassungsbegründung nicht. Eine Auslegung des BtMG ist entgegen der Annahme des Klägers im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Die Berücksichtigung einer Altfallregelung reicht für sich genommen zur Annahme besonderer Schwierigkeiten nicht aus. Die nach Auffassung des Klägers fehlerhafte Abwägung durch das Verwaltungsgericht begründet schon vom Ansatz her keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten, denn nicht jede fehlerhafte Entscheidung beruht auf derartigen Schwierigkeiten.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.
Dieser Zulassungsgrund ist nur dann gegeben, wenn die erstinstanzliche Entscheidung von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung ist dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht seinem Urteil einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem in einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden und die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt. Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied deutlich werden, weil die bloße unrichtige oder unterbliebene Anwendung eines obergerichtlich oder höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatzes den Zulassungsgrund der Divergenz nicht erfüllt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.2006 - BVerwG 10 B 55.06 -; juris Rn. 7; Beschl. v. 19.8.1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 - juris Rn. 7; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124 Rn. 36 ff. (Stand: Oktober 2015) m.w.N.). Dementsprechend erfordert die Darlegung einer Abweichung vor allem, dass in dem Zulassungsantrag die beiden einander widerstreitenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensätze des Divergenzgerichts einerseits und des Verwaltungsgerichts andererseits zitiert oder - sofern sie im Urteil nicht bereits ausdrücklich genannt sind - herausgearbeitet und bezeichnet werden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 16; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a Rn. 107 (Stand: Oktober 2015)).
Den hiernach bestehenden Darlegungsanforderungen genügt das klägerische Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar herausgearbeitet, von welchen abstrakten Rechts- oder Tatsachensätzen des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichts als von ihm bezeichneten divergenzfähigen Gerichten das erstinstanzlich entscheidende Verwaltungsgericht Osnabrück bewusst widerstreitend abgewichen sein soll. Dies ist für den Senat auch nicht offensichtlich. Eine lediglich falsche Rechtsanwendung reicht für eine Zulassung wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht aus.
4. Die schließlich mit Schriftsatz vom 27. März 2023 erstmals vom Kläger erhobenen Bedenken gegen die nach Streichung des Zielstaats Syrien durch den Beklagten verbleibende Abschiebungsandrohung können in diesem Zulassungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Dies Einwände sind außerhalb der am 20. März 2023 abgelaufenen Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erhoben worden. Es handelt sich auch nicht um Gesichtspunkte, die in der Zulassungsbegründung vom 20. März 2023 bereits angelegt waren und daher lediglich als ergänzendes Vorbringen anzusehen sind. Vielmehr werden völlig neue Gesichtspunkte zur Begründung ernstlicher Zweifel bzw. einer Divergenz erstmals angeführt. Obgleich der Berichterstatter des Senats den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die Fristversäumung mit Verfügung vom 28. März 2023 hingewiesen hat, sind keine Gründe vorgetragen worden, die eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO rechtfertigen könnten. Derartige Gründe sind auch sonst nicht ersichtlich.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).