Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.02.2018, Az.: 13 LB 43/17

anderweitige Rechtshängigkeit; Aufenthaltserlaubnis an gut integrierte geduldete ausländische Jugendliche und Heranwachsende; Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen; Aufenthaltserlaubnis bei nachhaltiger Integration; Ausnahmefall; besondere Integrationsleistung; erfolgreicher Schulbesuch; faktischer Inländer; familienbezogene Gesamtbetrachtung; Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung; Integration; Passpflicht; Regelvermutung; rückwirkende Erteilung; Schutz des Privatlebens; tatsächlicher Schulbesuch; Verschulden

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.02.2018
Aktenzeichen
13 LB 43/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74436
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 03.02.2015 - AZ: 5 A 196/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 AufenthG kann nur volljährigen Ausländern erteilt werden.

2. Ein tatsächlicher Schulbesuch im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AufenthG kann nur dann angenommen werden, wenn das schulpflichtige Kind während eines Schuljahres allenfalls an einzelnen, wenigen Tagen unentschuldigt dem Schulunterricht ferngeblieben ist.

3. Besteht mangels Vorliegens der vom Gesetzgeber in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG geforderten Integrationsleistungen die Regelvermutung der nachhaltigen Integration des § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht, kann der Ausländer in Ausnahmefällen gleichwohl nachweisen, dass er sich im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Hierzu muss der Ausländer besondere Integrationsleistungen erbracht haben, die von vergleichbarem Gewicht wie die in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG genannten Integrationsleistungen sind. Erforderlich ist eine Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalls.

4. Ein erfolgreicher Schulbesuch im Sinne des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Schüler die Schule mindestens mit einem Hauptschulabschluss beenden wird.

5. Die nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erforderliche Erwartung, dass der Ausländer sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann, erfordert eine positive Integrationsprognose.

6. Es ist grundsätzlich ausgeschlossen, einem Ausländer, der dem Anwendungsbereich der §§ 25a, 25b AufenthG unterfällt, der aber die in diesen Bestimmungen formulierten Voraussetzungen für eine aufenthaltsrechtsbegründende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht erfüllt, unter Rückgriff auf das in Art. 8 EMRK ganz allgemein verbürgte Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl ein Aufenthaltsrecht nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu gewähren.

Tenor:

Soweit der Kläger zu 3. und der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt und das Urteil des Verwaltungsgerichts Osna-brück - 5. Kammer - vom 3. Februar 2015 für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Osna-brück - 5. Kammer - vom 3. Februar 2015 auf die Berufung des Beklagten teilweise geändert.

Die Klage wird vollständig abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu je einem Sechstel.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren noch die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

Die Klägerin zu 1. ist nach eigenen Angaben serbische Staatsangehörige und Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma. Sie wurde 1982 im Bundesgebiet in M. geboren. Nachdem Asylanträge ihrer Eltern, N. und O. B., erfolglos geblieben waren, reiste sie gemeinsam mit ihnen 1984 freiwillig nach Jugoslawien aus. 1988 reiste sie mit ihren Eltern wieder in das Bundesgebiet ein und lebt seitdem hier. Einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 27. Dezember 1990 ab. Auch Asylfolgeanträge blieben ohne Erfolg.

Die Kläger zu 2. bis 6. sind die minderjährigen Kinder der Klägerin zu 1. Sie sind ebenfalls serbische Staatsangehörige. Der Kläger zu 2., C. B., wurde 2000 im Bundesgebiet in P. geboren. Einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 19. August 2002 als offensichtlich unbegründet ab. Der Kläger zu 3., D. B., wurde am 2002 im Bundesgebiet in P. geboren. Einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 5. Juni 2002 als offensichtlich unbegründet ab. Die Klägerin zu 4., E. B., wurde 2003 in Q. im Bundesgebiet geboren. Einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 15. Oktober 2003 als offensichtlich unbegründet ab. Der Kläger zu 5., F. B., wurde 2005 im Bundesgebiet in P. geboren. Einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 12. Januar 2006 als gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylVfG offensichtlich unbegründet ab. Die Klägerin zu 6., G. B., wurde 2008 in R. im Bundesgebiet geboren. Einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 1. Juli 2009 als offensichtlich unbegründet ab.

Vater der Kläger zu 2. bis 6. ist der serbische Staatsangehörige S. T.. Dieser verfügte zuletzt bis zum 25. Februar 2013 über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zum Zusammenleben mit seiner Ehefrau, der deutschen Staatsangehörigen U.. Einen Antrag auf weitere Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis lehnte die Stadt V. mit Bescheid vom 26. Juli 2013 wegen Vorliegens von Ausweisungsgründen ab.

Einen Antrag der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen vom 3. März 2005 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2005 bestandskräftig ab. Einen weiteren Antrag der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der gesetzlichen Altfallregelung des § 104a AufenthG vom 1. Oktober 2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 17. August 2009 bestandskräftig ab.

Unter dem 9. März 2011 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen mit Blick auf die dem Vater der Kläger zu 2. bis 6. am 4. November 2010 von der Stadt V. erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zum Zusammenleben mit dessen Ehefrau, der deutschen Staatsangehörigen U.. Nach Vorlage von Pässen erteilte hierauf der Beklagte den Klägern am 9. Januar 2013 bis zum 9. Juni 2013 gültige Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 AufenthG.

Am 17. Juni 2013 beantragten die Kläger beim Beklagten die Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnisse. Ergänzend beantragten sie unter dem 21. Januar 2014 die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen auf einer anderen Rechtsgrundlage und unter dem 22. Januar 2014 die Aufhebung der wohnsitzbeschränkenden Auflagen zu den ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnissen.

Mit Bescheid vom 10. April 2014, dem Bevollmächtigten der Kläger zugestellt am 16. April 2014, lehnte der Beklagte den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse und die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen auf einer anderen Rechtsgrundlage sowie die Aufhebung der wohnsitzbeschränkenden Auflagen ab. Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass die Aufenthaltserlaubnis des stammberechtigten Vaters der Kläger zu 2. bis 6. von der Stadt V. nicht verlängert worden sei und ihnen deshalb ein hiervon abhängiges Aufenthaltsrecht nicht zustünde. Sie könnten auch hiervon unabhängige Aufenthaltserlaubnisse unter anderem nach § 25 Abs. 3 AufenthG oder § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK nicht erlangen, weil sie mangels rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet und mangels Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse kein schutzwürdiges Privatleben im Bundesgebiet führten.

Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 15. Mai 2014 vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück Klage - 5 A 196/14 bis 5 A 199/14, 5 A 206/14 und 5 A 207/14 - erhoben, die mit Beschluss vom 17. Juli 2014 verbunden und unter dem gerichtlichen Aktenzeichen 5 A 196/14 weitergeführt wurden.

Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger geltend gemacht, ihr Privatleben im Bundesgebiet sei nach Art. 8 EMRK schutzwürdig. Dem stehe nicht entgegen, dass ihr Aufenthalt bisher nur geduldet gewesen sei, zumal der Beklagte mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 AufenthG einen gewissen Vertrauenstatbestand gesetzt habe. Denn ein schutzwürdiges Privatleben könne nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch bei einem nicht rechtmäßigen Aufenthalt entstehen. Ein Privatleben umfasse gerade die nicht rechtlich begründeten Bindungen. Sie seien auch tatsächlich hinreichend in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert. Sie seien alle im Bundesgebiet geboren, hätten ausschließlich, jedenfalls aber weit überwiegend hier gelebt und beherrschten die deutsche Sprache. Eine mangelnde wirtschaftliche Integration könne der Klägerin zu 1. aufgrund der allein bewältigten Betreuung und Erziehung ihrer fünf Kinder nicht vorgehalten werden. Seit November 2014 sei sie mit 30 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt bei der W. und sichere seitdem einen erheblichen Teil des Lebensunterhalts selbst. Den minderjährigen Klägern dürfe die mangelnde Lebensunterhaltssicherung von vorneherein nicht entgegengehalten werden. Das Gebot des Kindeswohlvorrangs nach Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention und nach Art. 24 Abs. 3 GR-Charta stehe einer Aufenthaltsbeendigung entgegen. Ihre Heimat sei Deutschland. Die schulpflichtigen Kläger besuchten die Schule. Der Kläger zu 5.  F. B., sei aktiver Spieler des SV X. und nehme seit 2014 an zahlreichen Pflichtspielen des Niedersächsischen Landesfußballverbandes teil. Die Klägerin zu 6., G. B., sei Mitglied der Minikickermannschaft des SV X.. Zudem hätten sie keinerlei Bindungen an das Land ihrer Staatsangehörigkeit. Die Klägerin zu 1. habe sich dort zuletzt 1988 im Alter von sechs Jahren aufgehalten; seinerzeit habe es den heutigen Staat noch gar nicht gegeben. Die Kläger zu 2. bis 6. hätten dort nie gelebt. Sie beherrschten alle die serbische Sprache nicht und seien auch mit den dortigen Lebensverhältnissen nicht ansatzweise vertraut. Die zu ihren Aufenthaltserlaubnissen erteilten Wohnsitzauflagen seien rechtswidrig. Sie verstießen gegen den Internationalen Pakt über die bürgerlichen und politischen Rechte und das Protokoll Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie seien auch unverhältnismäßig, weil sie ausschließlich aus fiskalischen Interessen verfügt worden seien.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 10. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihre Aufenthaltserlaubnisse zu verlängern und die Wohnsitzauflagen aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seinen Bescheid verteidigt. Das Privatleben der Kläger im Bundesgebiet sei nicht schutzwürdig. Sie hätten zu keiner Zeit auf den Fortbestand des Aufenthalts im Bundesgebiet vertrauen dürfen, da sie nur geduldet gewesen seien. Die kurzzeitige Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 AufenthG ändere hieran nichts. Diese seien ausschließlich mit Blick auf die Schutzwirkungen des Art. 6 GG zum Zusammenleben mit dem seinerzeit aufenthaltsberechtigten Kindesvater erteilt worden. Er erkenne die Integrationsleistungen der Kläger an. Diese seien aber nicht ausreichend. Obwohl die Klägerin zu 1. erwerbstätig sei, müsse zur Sicherung des Lebensunterhalts überwiegend auf öffentliche Leistungen zurückgegriffen werden. Eine signifikante Änderung sei insoweit mangels Schulabschlusses und Berufsausbildung der Klägerin zu 1. nicht zu erwarten. Die schulpflichtigen Kläger wiesen erhebliche Zeiten unentschuldigten Fehlens in der Schule auf, und die Kopfnoten bewegten sich häufig im negativen Bereich.

Mit Urteil vom 3. Februar 2015 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der Ziffern 1, 3 und 4 des Bescheides vom 10. April 2014 verpflichtet, die den Klägern erteilten Aufenthaltserlaubnisse vom 9. Januar 2013 gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu verlängern. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kläger könnten die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse auf der Grundlage des § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK beanspruchen. Die Kläger seien inzwischen so in die Verhältnisse im Bundesgebiet integriert, dass sie den Schutz des Art. 8 EMRK genössen. Die Klägerin zu 1. lebe seit 27 Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet. Ihre Kinder, die weiteren Kläger, seien sämtlich im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen. Die immer noch nur eingeschränkte eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes spreche zwar zunächst gegen eine Integration in die hiesigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Die Klägerin zu 1. habe allerdings solche Integrationsbemühungen unternommen, dass ihr der fehlende Schulabschluss nach fast 14 Jahren weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet nicht mehr entgegengehalten werden dürfe. Sie habe bereits im Jahre 2010 aus eigener Initiative begonnen, Sorge für einen ordnungsgemäßen Schulbesuch ihrer Kinder zu tragen und als alleinerziehende Mutter eine angemessene Betreuung ihrer Kinder zu gewährleisten. Auf ihren eigenen Wunsch werde sie dabei durch die professionelle sozialpädagogische Familienhilfe des Y. P. betreut. Sie pflege einen sehr liebevollen Umgang mit den Kindern und sei bemüht, mit Hilfe der Familienhelferin den vielen medizinischen klärungs- und behandlungsbedürftigen Problemen der Kinder nachzugehen. Sie schaffe es auch zunehmend, einen geregelten Schulbesuch der Kinder sicherzustellen. Diese Einschätzung werde durch die vorgelegten Schulzeugnisse der Kinder bestätigt. Die Klägerin zu 1. bemühe sich zudem um eine weitere wirtschaftliche Integration. Seit November 2014 sei sie erwerbstätig und zwar für eine alleinerziehende Mutter von fünf Kindern in beachtlichem Umfang. Die fortschreitende Integration der Kläger in die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im Bundesgebiet und die deshalb zu treffende positive Prognose für die weitere Integration rechtfertige angesichts der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet die Annahme, dass eine Rückkehr der Kläger nach Serbien oder in den Kosovo einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Führung ihres Privatlebens darstellen würde und deshalb die grundsätzlich stets mit zu berücksichtigenden einwanderungspolitischen Belage der Bundesrepublik Deutschland zurückstehen müssten. Das Ermessen des Beklagten sei auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse reduziert. Gleiches gelte für das nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen, vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen. Aufgrund der Verpflichtung zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse seien auch die Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Bescheides (Ausreisefrist, Abschiebungsandrohung und Befristung der Sperrwirkung der Abschiebung) gegenstandslos und damit aufzuheben. Die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides erfolgte Ablehnung des Antrags auf Aufhebung der als Nebenbestimmung in ihren Aufenthaltserlaubnissen verfügten Wohnsitzauflagen sei hingegen rechtmäßig. Die Kläger könnten die Aufhebung der Wohnsitzauflagen nicht beanspruchen.

Auf den Antrag des Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. August 2015 - 8 LA 55/15 - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, soweit damit der Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1, 3 und 4 seines Bescheides vom 10. April 2014 verpflichtet worden ist, die den Klägern erteilten Aufenthaltserlaubnisse vom 9. Januar 2013 gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu verlängern. Den Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit damit ihre Klage auf Aufhebung der wohnsitzbeschränkenden Auflagen abgewiesen worden ist, hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt.

Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte geltend, die Kläger könnten sich auf den Schutz des Art. 8 EMRK nicht berufen. Ihr Aufenthalt sei weitgehend nur geduldet gewesen. Der nur kurzzeitig erteilte Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 6 GG zum Zusammenleben mit dem aufenthaltsberechtigten Vater der Kläger zu 2. bis 6. habe ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand des Aufenthalts im Bundesgebiet nicht begründen können. Der Bestand dieses Aufenthaltstitels sei von vorneherein vom Aufenthaltsrecht des Stammberechtigten abhängig gewesen und könne daher nicht Grundlage eines selbständigen Aufenthaltsrechts der Kläger sein. Unabhängig von der mangelnden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts seien die Kläger auch nicht derart in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert, dass ihnen ein Verlassen des Bundesgebiets unmöglich wäre. Das Verwaltungsgericht selbst habe festgestellt, dass die wirtschaftliche Integration der Klägerin zu 1. nicht abgeschlossen sei und diese erst seit November 2014 eine Teilzeitbeschäftigung ausübe. Die bloße Chance einer Integration werde durch Art. 8 EMRK aber nicht geschützt. Zudem sei diese Chance hier nur vage. Das Arbeitsverhältnis sei nur durch das Bemühen eines Mitglieds der Niedersächsischen Härtefallkommission zustande gekommen. Es bestehe erst seit kurzem. Die Klägerin zu 1. sei zur Sicherung des Lebensunterhalts unverändert auf öffentliche Leistungen angewiesen, obwohl sie bereits 30 Wochenstunden arbeite. Auch mangels Schulabschlusses und Berufsausbildung könne eine selbständige Lebensunterhaltssicherung daher nicht prognostiziert werden. Die Kläger zu 2. bis 6. teilten als Kinder der Klägerin zu 1. aufenthaltsrechtlich grundsätzlich deren Schicksal. Besondere eigene Integrationsleistungen, die eine abweichende Betrachtung erforderten, seien nicht zu erkennen. Sie erfüllten zwar die Schulpflicht. Die nur lückenhaft vorliegenden Schulzeugnisse dokumentierten aber teilweise erhebliche Fehlzeiten. Aus dem Halbjahreszeugnis 2013/2014 der Klägerin zu 4. ergebe sich, dass sie an dem Förderprogramm "Deutsch als Zweitsprache" teilgenommen habe. Dies lege nahe, dass im Haushalt der Kläger nicht deutsch gesprochen werde. Auch sei sein Ermessen, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen, nicht auf Null reduziert. Die Klägerin zu 1. erfülle auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG nicht. Sie habe den mangels Schulabschlusses erforderlichen Test "Leben in Deutschland" wiederholt, zuletzt am 17. August 2017 mit 10 von 33 Punkten nicht bestanden. Der Kläger zu 2. erfülle die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG nicht. Er habe die Hauptschule ohne Abschluss in der 8. Klasse verlassen und eine Berufsausbildung nicht begonnen. Die Kläger erfüllten auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG, nicht. Sie seien durchweg zur Lebensunterhaltssicherung auf öffentliche Leistungen angewiesen. Ihre serbischen Pässe seien am 2. November 2017 abgelaufen. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, sich um die Beschaffung neuer Pässe bemüht zu haben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 5. Kammer - vom 3. Februar 2015 zu ändern, soweit er damit unter Aufhebung der Ziffern 1, 3 und 4 seines Bescheides vom 10. April 2014 verpflichtet worden ist, die den Klägern erteilten Aufenthaltserlaubnisse vom 9. Januar 2013 gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu verlängern, und die Klage vollständig abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

und beziehen sich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Während des laufenden zweitinstanzlichen Verfahrens lehnte der Beklagte einen Antrag der Klägerin zu 1., A. B., auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG vom 17. September 2015 mit Bescheid vom 22. Dezember 2016 ab. Zur Begründung machte der Beklagte geltend, die Klägerin zu 1. habe die erforderlichen Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nicht nachgewiesen; sie habe den Test "Leben in Deutschland" nicht bestanden. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin zu 1. am 24. Januar 2017 vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück - zunächst: 5 A 65/17, jetzt: 7 A 133/17 - Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 10. Juli 2017 zum Ruhen gebracht.

Einen Antrag des Klägers zu 2., C. B., auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG vom 26. Februar 2016 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2017 ab. Zur Begründung machte der Beklagte geltend, der Kläger zu 2. habe die Schule nicht erfolgreich besucht. Sein bisheriger Schulbesuch habe erhebliche Zeiten unentschuldigten Fehlens aufgewiesen. Er habe die Hauptschule nach der 8. Klasse ohne Abschluss verlassen. Es sei auch nicht zu erwarten, dass er sich in die hiesigen Lebensverhältnisse erfolgreich einfügen werde. Gegen den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2017 hat der Kläger zu 2. am 13. März 2017 vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück - zunächst: 5 A 1263/17, jetzt: 7 A 158/17 - Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Auf den Antrag des Klägers zu 3., D. B., vom 26. Februar 2016 erteilte ihm der Beklagte am 23. Juni 2016 eine bis zum 2. November 2017 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG. Hierauf hat der Kläger zu 3. das Verfahren mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2016 insoweit für erledigt erklärt, als der Beklagte ihm am 23. Juni 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erteilt hat. Für den zurückliegenden Zeitraum beginnend mit dem Auslaufen der früheren Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG hält der Kläger zu 3. an seinem Klagebegehren fest. Der Beklagte hat sich dieser teilweisen Erledigungserklärung im Schriftsatz vom 1. November 2016 angeschlossen. Am 1. November 2017 beantragte der Kläger zu 3. bei dem Beklagten die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG. Eine Entscheidung des Beklagten steht noch aus.

Die Klägerin zu 4., E. B., stellte am 16. November 2017 beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG, über den noch nicht entschieden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Soweit der Kläger zu 3. und der Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Begehrens auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG für den Zeitraum vom 23. Juni 2016 bis zum 2. November 2017 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und die Unwirksamkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO festzustellen.

Im Übrigen ist die zulässige Berufung des Beklagten begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht verpflichtet, die den Klägern erteilten Aufenthaltserlaubnisse vom 9. Januar 2013 zu verlängern. Die Kläger können die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse nicht beanspruchen. Der dies ablehnende Bescheid des Beklagten vom 10. April 2014 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

A. Nach der beschränkten Zulassung der Berufung ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch das Begehren der Kläger auf Verlängerung der ihnen am 9. Januar 2013 bis zum 9. Juni 2013 erteilten Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Bei sachdienlicher Auslegung erfasste der am 17. Juni 2013 gestellte und unter dem 21. Januar 2014 näher begründete Antrag alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen). Damit erstreckt er sich unter den hier gegebenen Umständen nicht nur auf § 25 Abs. 5 AufenthG, sondern ausnahmsweise auch auf § 25a Abs. 1 AufenthG (vgl. zur grundsätzlichen Anspruchskonkurrenz der Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 AufenthG und § 25a AufenthG: BVerwG, Urt. v. 14.5.2013 - BVerwG 1 C 17.12 -, BVerwGE 146, 281, 283 f.) und die während des gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretene Regelung in § 25b AufenthG, ohne dass es insoweit einer erneuten Antragstellung bedurfte.

Mit dem Begehren auf Verlängerung der am 9. Juni 2013 abgelaufenen Aufenthaltserlaubnisse erstreben die Kläger zugleich die rückwirkende Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG für den am 10. Juni 2013 beginnenden Zeitraum.

B. Die Klage ist zulässig.

I. Der Klage steht auch, soweit sie auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtet ist, der Klägerin zu 1. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG und dem Kläger zu 2. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG zu erteilen, der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG nicht entgegen.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann die Sache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Die Vorschrift begründet ein von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis. Die entgegen dieser Vorschrift anhängig gemachte zweite Sache ist unzulässig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.2014 - BVerwG 3 B 72.13 -, Buchholz 300 § 17 GVG Nr. 6; Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 41 VwGO/§§ 17-17b GVG Rn. 11).

Ausgehend davon, dass der von den Klägern gestellte Verlängerungsantrag von vorneherein alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes erfasste und sich damit auch auf die Aufenthaltserlaubnisse nach §§ 25a, 25b AufenthG erstreckte, steht der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit jedenfalls der Zulässigkeit des im Berufungsverfahren verfolgten Anspruchs nicht entgegen, weil dieser zeitlich vor Erhebung der Klagen beim Verwaltungsgericht Osnabrück am 24. Januar 2017 - zunächst: 5 A 65/17, jetzt: 7 A 133/17 - betreffend die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG an die Klägerin zu 1. und am 13. März 2017 - zunächst: 5 A 1263/17, jetzt: 7 A 158/17 - betreffend die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG an den Kläger zu 2. anhängig gemacht worden ist.

II. Den Klägern fehlt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte rückwirkende Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für den am 10. Juni 2013 beginnenden Zeitraum nicht.

Ein Ausländer kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nach der Antragstellung beanspruchen, wenn er hieran ein schutzwürdiges Interesse hat. Das ist insbesondere der Fall, wenn die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die weitere aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers erheblich sein kann, und gilt unabhängig davon, ob der Aufenthaltstitel für einen späteren Zeitpunkt bereits erteilt worden ist oder nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2010 - BVerwG 1 C 19.09 -, Buchholz 402.242 § 104a AufenthG Nr. 6; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 -, juris Rn. 25 und 28 jeweils m.w.N.). Selbst wenn man hier davon ausgeht, dass die begehrte rückwirkende Erteilung nicht notwendig für eine bereits konkret anstehende weitere aufenthaltsrechtliche Entscheidung von Bedeutung sein muss (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 22.5.2012 - 2 BvR 820/11 -, NVwZ 2012, 1390, 1391), kann ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 5, 25a und 25b AufenthG schon darin gesehen werden, dass diese Aufenthaltserlaubnis Voraufenthaltszeiten im Sinne des § 26 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bzw. des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG vermittelt und damit für die Erlangung einer Niederlassungserlaubnis oder für die Einbürgerung erheblich sein kann.

C. Die Klage ist aber unbegründet. Die Kläger können die Verlängerung ihrer am 9. Januar 2013 erteilten und bis zum 9. Juni 2013 gültigen Aufenthaltserlaubnisse nach den Bestimmungen des Kapitels 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes, von denen hier nur die §§ 25b, 25a und 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht zu ziehen sind, nicht beanspruchen.

I. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 2.12.2014 - BVerwG 1 B 21.14 -, juris Rn. 6; Urt. v. 1.12.2009 - BVerwG 1 C 32.08 -, Buchholz 402.242 § 32 AufenthG Nr. 5; Urt. v. 7.4.2009 - BVerwG 1 C 17.08 -, BVerwGE 133, 329, 332 und 346) ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen.

II. Die Kläger erfüllen die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25b AufenthG, der durch Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) mit Wirkung vom 1. August 2015 in das Aufenthaltsgesetz eingefügt worden ist, nicht.

Nach § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG, soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt nach § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG regelmäßig voraus, dass der Ausländer 1. sich seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat, 2. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt, 3. seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist, 4. über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und 5. bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist. Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist nach § 25b Abs. 1 Satz 3 AufenthG für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei 1. Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen, 2. Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind, 3. Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder 4. Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

Mit Blick auf die Erteilungsvoraussetzungen des § 25b Abs. 1 AufenthG, die Möglichkeit eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts für Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder nach § 25b Abs. 4 AufenthG und den Anwendungsbereich der Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden nach § 25a Abs. 1 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 AufenthG nur volljährigen Ausländern erteilt werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 17.8.2016 - 18 B 696/16 -, juris Rn. 4; Hailbronner, Ausländerrecht, AufenthG, § 25b Rn. 4 (Stand: Oktober 2015)).

1. Die danach allein anspruchsberechtigte Klägerin zu 1. erfüllt zwar die Erteilungsvoraus-setzungen nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1, 3, 4 und 5 AufenthG, nicht aber die Voraussetzung nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG.

a. Sie lebt mit mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft und hält sich seit mehr als sechs Jahren ununterbrochen geduldet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet auf im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG.

b. Derzeit ist der Lebensunterhalt der Klägerin zu 1. und der mit ihr in einer häuslichen Gemeinschaft lebenden Kläger zu 2. bis 6. überwiegend durch die Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 1. gesichert im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG (vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen: BVerwG, Urt. v. 16.8.2011 - BVerwG 1 C 4.10 -, Buchholz 402.242 § 9 AufenthG Nr. 3; Urt. v. 16.11.2010 - BVerwG 1 C 20.09 -, BVerwGE 138, 135, 141; Urt. v. 26.8.2008 - BVerwG 1 C 32.07 -, BVerwGE 131, 370, 375; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 13.3.2012 - 8 ME 41/12 -, Umdruck S. 5; Beschl. v. 20.3.2012 - 8 LC 277/10 -, NVwZ-RR 2012, 725 f.).

c. Der Senat ist nach dem Auftreten der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung auch davon überzeugt, dass sie über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AufenthG verfügt.

d. Die Klägerin zu 1. hat auch den nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AufenthG erforderlichen tatsächlichen Schulbesuch ihrer Kinder im schulpflichtigen Alter nachgewiesen. Der geforderte Nachweis des tatsächlichen Schulbesuchs schulpflichtiger Kinder stellt ein bildungsbezogenes Integrationskriterium dar. Gerade die nachhaltige Erfüllung der Schulpflicht ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgversprechende sprachliche und soziale Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse. Dementsprechend muss der Schulbesuch für den gesamten Zeitraum zwischen Beginn und Ende des schulpflichtigen Alters durch Zeugnisvorlage oder Bescheinigungen der Schulen nachgewiesen werden. Ein tatsächlicher Schulbesuch kann danach nur dann angenommen werden, wenn das schulpflichtige Kind während eines Schuljahres allenfalls an einzelnen, wenigen Tagen unentschuldigt dem Schulunterricht ferngeblieben ist (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.2.2106 - 8 ME 218/15 -, V.n.b., und zur inhaltsgleichen Tatbestandsvoraussetzung in der Vorgängerregelung des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.2.2010 - 8 PA 17/10 -, juris Rn. 4 f. m.w.N.).

Kinder der Klägerin zu 1. im schulpflichtigen Alter sind hier nur die Kläger zu 3. bis 6., nicht aber der Kläger zu 2. Die grundsätzlich zwölf Jahre währende Schulpflicht nach §§ 64, 65 NSchG endete für den Kläger zu 2., C. B., gemäß §§ 70 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 67 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NSchG mit dem einjährigen Besuch des Berufsvorbereitungsjahrs an der BBS P. (vgl. die Bescheinigung v. 8.11.2016, Blatt 542 der Gerichtsakte).

Für die Kinder zu 3. bis 6. ist der tatsächliche Schulbesuch durch die vorgelegten Zeugnisse (Blatt 152 ff. (Abschnitt AE-Antrag v. 17.9.2015) der Beiakte K) nachgewiesen. Dem steht nicht entgegen, dass das zuletzt vorgelegte Zeugnis des Klägers zu 3., D. B., für das 1. Halbjahr 2017/2018 vom 31. Januar 2018 (Blatt 622 der Gerichtsakte) 20 Tage unentschuldigten Fehlens aufweist. Aufgrund der glaubhaften Erläuterungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass auch diese Fehlzeiten jedenfalls weit überwiegend auf eine Erkrankung des Klägers zu 3. zurückzuführen sind. Diese Fehlzeiten können daher - auch nach der Auffassung des Beklagten (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat v. 8.2.2018, Umdruck S. 3) - der Klägerin zu 1. bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzung nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AufenthG nicht entgegengehalten werden.

e. Die Klägerin zu 1. erfüllt derzeit aber die Voraussetzung nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG nicht.

Nach dieser Bestimmung muss der Ausländer über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügen. Diese Grundkenntnisse können durch den erfolgreich bestandenen bundeseinheitlichen Test "Leben in Deutschland" zum Orientierungskurs nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 der Integrationskursverordnung erbracht werden. Der Nachweis der erforderlichen Grundkenntnisse gilt als erbracht, wenn der Ausländer über einen Abschluss einer deutschen Hauptschule oder einen vergleichbaren oder höheren Schulabschluss einer deutschen allgemeinbildenden Schule, eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung oder ein Studium verfügt (vgl. Allgemeine Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zur Einfügung des § 25b Aufenthaltsgesetz, Teil II, Abschnitt D).

Den Nachweis der erforderlichen Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet hat die Klägerin zu 1. bisher nicht geführt. Sie hat den Test "Leben in Deutschland" wiederholt, zuletzt am 17. August 2017 mit 10 von 33 Punkten, nicht bestanden. Sie verfügt auch nicht über einen Schulabschluss. Sie hat auch nicht auf andere geeignete Weise nachgewiesen, über die erforderlichen Grundkenntnisse zu verfügen.

2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch kein Ausnahmefall gegeben, in dem trotz Nichtvorliegens der Voraussetzung nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG eine nachhaltige Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG angenommen werden könnte.

Erfüllt ein Ausländer die in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG genannten Voraussetzungen - oder ist die vorübergehende Nichterfüllung der Voraussetzung nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG gemäß § 25b Abs. 1 Satz 3 AufenthG unschädlich oder ist vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AufenthG gemäß § 25b Abs. 3 AufenthG abzusehen -, ist "regelmäßig" davon auszugehen, dass sich der Ausländer im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat.

Tritt dieser Regelvermutung nicht ein, können die Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 AufenthG in Ausnahmefällen gleichwohl erfüllt sein, wenn der Ausländer nachweist, dass er sich trotz Nichterfüllung der vom Gesetzgeber in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG geforderten Integrationsleistungen im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Hierzu muss der Ausländer besondere Integrationsleistungen erbracht haben, die von vergleichbarem Gewicht wie die in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG genannten Integrationsleistungen sind. Dies kann etwa ein herausgehobenes soziales Engagement sein. Erforderlich ist eine Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 42; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7.12.2016 - 2 L 18/15 -, juris Rn. 32; Hamburgisches OVG, Urt. v. 25.8.2016 - 3 Bf 153/13 -, juris Rn. 50 und 62; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.7.2015 - 18 B 486/14 -, juris Rn. 8 ff.; Hailbronner, a.a.O., § 25b Rn. 6 ff. (Stand: Oktober 2015)).

Hieran gemessen vermag der Senat einen Ausnahmefall, in dem trotz Nichterfüllung der Voraussetzung nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG eine nachhaltige Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nachgewiesen ist, nicht festzustellen.

Es fehlt bereits an besonderen Integrationsleistungen der Klägerin zu 1., die von vergleichbarem Gewicht wie die in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG genannten Integrationsleistungen sind. Dabei zieht der Senat nicht in Zweifel, dass die Klägerin zu 1. als alleinerziehende Mutter von fünf Kindern seit 2014 kontinuierlich erhebliche und sie sicher herausfordernde Anstrengungen unternommen hat, um ihre wirtschaftliche Integration zu verbessern. Diese Anstrengungen zeigen auch einen, angesichts des fehlenden Schul- und Berufsabschlusses der Klägerin zu 1. nicht selbstverständlichen Erfolg: sie ist nunmehr in der Lage, ihren eigenen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt ihrer minderjährigen Kinder überwiegend durch die Erwerbstätigkeit selbst zu sichern. Die von der Klägerin zu 1. unternommenen und fraglos anzuerkennenden Anstrengungen beziehen sich indes nur auf eine Integrationsleistung, die der Gesetzgeber nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG im Allgemeinen von jedem Ausländer verlangt, nicht aber auf eine besondere Integrationsleistung.

Selbst wenn man vom Erfordernis einer besonderen Integrationsleistung absehen und im Rahmen der Gesamtschau auch sonstige atypische Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigen wollte, die es dem Ausländer - auch über die in § 25b Abs. 3 AufenthG genannten Fälle hinaus - unmöglich oder unzumutbar machen, einzelne Integrationsleistungen nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 AufenthG zu erbringen, wäre hier ein Ausnahmefall nicht gegeben. Denn es ist der Klägerin zu 1. weder unmöglich noch unzumutbar nachzuweisen, dass sie über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt. Ihre persönliche Anhörung in der mündlichen Verhandlung hat keine Anhaltspunkte dafür zutage gefördert, dass sie den Test "Leben in Deutschland" etwa aufgrund nur eingeschränkter geistiger Fähigkeiten von vorneherein nicht bestehen könnte. Sie hat vielmehr gut nachvollziehbar erläutert, dass sie den Test zweimal mangels hinreichender Vorbereitung nicht bestanden hat und ihr diese Vorbereitung bisher aufgrund der Erziehung ihrer Kinder und der Ausübung der Erwerbstätigkeit weitgehend nicht möglich gewesen ist, sie sich nun aber mit Hilfe des Y. P. auf den Test ordentlich vorbereiten wird und entschlossen ist, den Test erneut zu absolvieren und auch zu bestehen. Der Senat verkennt nicht, dass diese Vorbereitung und das Absolvieren des Tests für die bereits mit der Erziehung ihrer Kinder und der Ausübung der Erwerbstätigkeit geforderte Klägerin zu 1. weiterer erheblicher Anstrengungen bedarf. Er erachtet diese Anstrengungen - auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten akzeptierten Erleichterungen beim Absolvieren des Tests (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat v. 8.2.2018, Umdruck S. 3) - aber nicht für unzumutbar.

Steht damit derzeit der Klägerin zu 1. ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 AufenthG nicht zu, können auch die Kläger zu 2. bis 6., ihre minderjährigen Kinder, die Erteilung einer hiervon abgeleiteten Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 4 AufenthG nicht beanspruchen.

III. Die Kläger können auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG in der durch Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I S. 1386) mit Wirkung vom 1. August 2015 geänderten Fassung nicht beanspruchen.

Nach § 25a Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn 1. er sich seit vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält, 2. er im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat, 3. der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird, 4. es gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann und 5. keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt. Solange sich der Jugendliche oder der Heranwachsende in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung oder einem Hochschulstudium befindet, schließt gemäß § 25a Abs. 1 Satz 2 AufenthG die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht aus. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist nach § 25a Abs. 1 Satz 3 AufenthG zu versagen, wenn die Abschiebung aufgrund eigener falscher Angaben des Ausländers oder aufgrund seiner Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit ausgesetzt ist.

Aufgrund der Anknüpfung an jugendliche und heranwachsende Ausländer kann die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG mittlerweile schon nach Vollendung des 14. Lebensjahres erteilt werden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.3.2017 - 8 LA 178/16 -, V.n.b., Umdruck S. 5; Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 42). Nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG in der durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften (BGBl. I 2011, 1266) mit Wirkung vom 1. Juli 2011 neu eingefügten Fassung konnte die Aufenthaltserlaubnis hingegen nur erteilt werden, wenn der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt worden war. Nach dieser seinerzeit geltenden Fassung kam die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG mithin erst ab einem Mindestalter von fünfzehn Jahren in Betracht (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 6.10.2015 - 2 B 166/15 -, juris Rn. 8; GK-AufenthG, § 25a Rn. 18 (Stand: August 2012)).

Ein erfolgreicher Schulbesuch im Sinne des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Schüler die Schule mindestens mit einem Hauptschulabschluss beenden wird (vgl. Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Vorläufige Niedersächsische Verwaltungsvorschrift zur Anwendung des § 25a des Aufenthaltsgesetzes; Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an gut integrierte geduldete ausländische Jugendliche und Heranwachsende v. 27.6.2011, dort Nr. 2.4).

Die nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erforderliche Erwartung, dass der Ausländer sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann, erfordert eine positive Integrationsprognose. Diese kann gestellt werden, wenn die begründete Erwartung besteht, dass der ausländische Jugendliche oder Heranwachsende sich in sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Geboten ist eine die konkreten individuellen Lebensumstände des ausländischen Jugendlichen oder Heranwachsenden berücksichtigende Gesamtbetrachtung, etwa der Kenntnisse der deutschen Sprache, des Vorhandenseins eines festen Wohnsitzes und enger persönlicher Beziehungen zu dritten Personen außerhalb der eigenen Familie, des Schulbesuchs und des Bemühens um eine Berufsausbildung und Erwerbstätigkeiten, des sozialen und bürgerschaftlichen Engagements sowie der Akzeptanz der hiesigen Rechts- und Gesellschaftsordnung (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012, a.a.O., Rn. 74; Hailbronner, a.a.O., § 25a Rn. 11 (Stand: Oktober 2015); Welte, Neues humanitäres Aufenthaltsrecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende, SächsVBl. 2011, 249, 252).

1. Der Kläger zu 2., der 2000 geborene C. B., kann die am 26. Februar 2016 wiederholt beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage nicht beanspruchen.

Er hat die Z. schule - Förderschule Schwerpunkt Lernen - in P. bis zum 16. Juni 2016 besucht und diese nach dem 8. Schuljahrgang ohne Abschluss verlassen (vgl. das Abgangszeugnis v. 16.6.2016, Blatt 543 der Gerichtsakte). Anschließend hat er an der BBS P. ein Berufsvorbereitungsjahr Bautechnik absolviert; seine Leistungen dort waren überwiegend mangelhaft, und er fehlte an 25 Tagen unentschuldigt (vgl. Zeugnis der BBS P. v. 21.6.2017, Blatt 160 (Abschnitt AE-Antrag v. 17.9.2015) der Beiakte K). Ein Erreichen des Hauptschulabschlusses war in diesem Berufsvorbereitungsjahr nicht vorgesehen (vgl. Bescheinigung der BBS P. v. 8.11.2016, Blatt 542 der Gerichtsakte). Im Sommer 2017 hat er eine berufliche Integrationsmaßnahme des beruflichen Bildungswerkes der Niedersächsischen Wirtschaft besucht, diese aber am 15. September 2017 abgebrochen. In der Folge war er vom 18. September 2017 bis zum 2. Oktober 2017 bei der Firma W. beschäftigt. Seitdem bemüht er sich mit der Arbeitsagentur um einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsstelle.

Danach kann der Kläger zu 2. einen erfolgreichen Schulbesuch oder einen Schul- oder Berufsabschluss im Sinne des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht vorweisen. Auch die nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG erforderliche positive Integrationsprognose kann ihm derzeit angesichts des mangelnden Schulabschlusses, der erheblichen Schulpflichtverletzungen (vgl. Blatt 2 ff. (Abschnitt B., C. - Schulpflichtverletzungen) der Beiakte F) in der Vergangenheit und der bisher erfolglosen Bemühungen um eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz nicht gestellt werden.

Zudem erfüllt der Kläger zu 2. derzeit die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, die auch bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG gilt (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.5.2013, a.a.O., S. 286 ff.), nicht. Sein serbischer Pass ist am 2. November 2017 abgelaufen.

Ein Ausnahmefall, der bereits auf Tatbestandsseite ein Absehen von dieser allgemeinen Erteilungsvoraussetzung fordert, oder eine Reduzierung des nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffneten Ermessens dahin, dass der Beklagte verpflichtet wäre, vom Erfordernis dieser allgemeinen Erteilungsvoraussetzung abzusehen, ist nicht gegeben. Dem Kläger war zuletzt am 2. November 2012 ein bis zum 2. November 2017 gültiger serbischer Pass ausgestellt worden. Dass er oder die Klägerin zu 1., seine Mutter, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, sich rechtzeitig um die Ausstellung eines neuen Passes bemüht hätten und dieses nicht möglich ist, hat er nicht aufgezeigt. Die Klägerin zu 1. hat gegenüber dem Beklagten am 10. Januar 2018 geltend gemacht, der Kindesvater habe sich geweigert, mit ihr gemeinsam bei dem Serbischen Generalkonsulat in AA. vorzusprechen, um die Erteilung eines neuen Passes zu beantragen. Zugleich hat sie allerdings darauf hingewiesen, dass der Kindesvater nun bereit sei, eine in serbischer Sprache verfasste Einverständniserklärung notariell beglaubigen zu lassen, um ihr so die Beantragung eines Passes zu ermöglichen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin zu 1. ausgeführt, dass sich der Kindesvater mittlerweile sogar bereit erklärt hat, mit ihr gemeinsam das serbische Generalkonsulat in AA. aufzusuchen, um die Verlängerung der Pässe der Kinder zu beantragen. Dies sei bisher nur noch nicht erfolgt, weil sie bei ihrem Arbeitgeber nur schwer Urlaub erhalte. Im März 2018 werde es aber möglich sein, gemeinsam den Antrag zu stellen. Aufgrund dieser Entwicklung ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger zu 2. bei rechtzeitigem Bemühen der Klägerin zu 1. bereits einen serbischen Pass hätte erlangen können und die derzeitige Passlosigkeit daher allein aus Gründen besteht, die in seinem Pflichtenkreis wurzeln oder ihm zuzurechnen sind. Eine andere Betrachtung ist - entgegen der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung - auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin zu 1. mittlerweile für die Kläger zu 2. bis 6. allein sorgeberechtigt sein soll und die Forderung des serbischen Generalkonsulats nach einer Antragstellung durch beide Elternteile daher unberechtigt sei und nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden dürfe. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Klägerin das serbische Generalkonsulat über ihre alleinige Sorgeberechtigung informiert und dieses trotz dieser Information eine Antragstellung beider Elternteile verlangt hat. Unabhängig davon ist die Antragstellung beider im Bundesgebiet lebender Elternteile, gleich ob diese von dem serbischen Generalkonsulat gefordert werden darf oder nicht, weder objektiv unzumutbar noch wird sie von der Klägerin zu 1. und dem Kindesvater als subjektiv unzumutbar empfunden.

2. Dem Kläger zu 3., dem 2002 geborenen D. B., ist auf seinen Antrag vom 26. Februar 2016 am 23. Juni 2016 eine bis zum 2. November 2017 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erteilt worden. Das Verfahren ist insoweit von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt und eingestellt worden.

Die rechtzeitig am 1. November 2017 beantragte Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis kann der Kläger zu 3. indes nicht beanspruchen. Das zuletzt vorgelegte Zeugnis für das 1. Halbjahr 2017/2018 vom 31. Januar 2018 (Blatt 622 der Gerichtsakte) gestattet derzeit die erforderliche positive Integrationsprognose nicht. Abweichend vom vorausgegangenen Zeugnis für das 1. und 2. Halbjahr des Schuljahres 2016/2017 vom 21. Juni 2017 ist eher fraglich, ob der Kläger zu 3. einen Hauptschulabschluss erlangen wird. Nach dem aktuellen Zeugnis entspricht sein Arbeitsverhalten den Erwartungen nur mit Einschränkungen. Er muss seine Leistungsbereitschaft, Mitarbeit, Ziel- und Ergebnisorientierung, Kooperationsfähigkeit und Verlässlichkeit verbessern. Seine Versetzung ist gefährdet.

Unabhängig davon erfüllt auch der Kläger zu 3. derzeit die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht. Auch sein serbischer Pass ist am 2. November 2017 abgelaufen. Ein tatbestandlicher Ausnahmefall, der ein Absehen von dieser allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gebieten würde, ist ebensowenig ersichtlich wie eine Reduzierung des dem Beklagten zukommenden Ermessens nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (siehe im Einzelnen oben 1.).

3. Die Klägerin zu 4., die 2003 geborene E. B., kann die am 16. November 2017 wiederholt beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG nicht beanspruchen.

Die von ihr zuletzt vorgelegten Zeugnisse für das 1. und 2. Halbjahr des Schuljahres 2016/2017 vom 21. Juni 2017 und für das 1. Halbjahr des Schuljahres 2017/2018 vom 31. Januar 2018 (Blatt 620 der Gerichtsakte) deuten zwar auf einen erfolgreichen Schulbesuch hin und lassen einen Hauptschulabschluss durchaus erwarten. Die bisherige schulische Entwicklung auch der Klägerin zu 4. kann eine positive Integrationsprognose rechtfertigen.

Die Klägerin zu 4. erfüllt derzeit aber die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht. Auch ihr serbischer Pass ist am 2. November 2017 abgelaufen. Ein tatbestandlicher Ausnahmefall, der ein Absehen von dieser allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gebieten würde, ist ebensowenig ersichtlich, wie eine Reduzierung des dem Beklagten zukommenden Ermessens nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (siehe im Einzelnen oben 1.).

4. Die Kläger zu 5., der 2005 geborene F. B., und die Klägerin zu 6., die 2008 geborene G. B., haben das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Sie können deshalb die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG nicht beanspruchen.

5. Haben die Kläger zu 2. bis 6., die minderjährigen Kinder der Klägerin zu 1., keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG, kann auch ihre Mutter, die Klägerin zu 1., kein hiervon abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 25a Abs. 2 AufenthG erlangen.

IV. Die Kläger können auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht beanspruchen.

1. Nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (Satz 1). Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit achtzehn Monaten ausgesetzt ist (Satz 2). Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist (Satz 3). Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt (Satz 4).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung ist den Klägern eine Ausreise aus dem Bundesgebiet mit Blick auf ihr nach Art. 8 EMRK geschütztes Privatleben nicht rechtlich unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG.

a. Dem steht nach der Rechtsprechung des 8. und des 11. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl.12.3.2013 - 8 LA 13/13 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 31.10.2012 - 11 ME 275/12 -, juris Rn. 6), der sich der erkennende Senat anschließt, grundsätzlich schon die Systematik des Aufenthaltsgesetzes entgegen (a.A. OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011 - 1 A 141/11 -, juris Rn. 44; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 -, juris Rn. 25).

Der Gesetzgeber hat sich der Situation der im Bundesgebiet gut integrierten jugendlichen und heranwachsenden Ausländer und der nachhaltig integrierten volljährigen Ausländer ohne gesicherten Aufenthaltsstatus ausdrücklich angenommen und zunächst in den §§ 104a, 104b AufenthG und nachfolgend in §§ 25a, 25b AufenthG Bedingungen für die Gewährung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen formuliert. Mit der gesetzlichen Altfallregelung des § 104a AufenthG sollte dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung getragen und diejenigen begünstigt werden, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union, BT-Drs. 16/5065, S. 201 f.). Geduldete, die ihren Lebensunterhalt noch nicht eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichern, jedoch die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen, konnten eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten. Diese gilt nach § 104a Abs. 1 Satz 3 AufenthG als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes und schließt eine Aufenthaltsverfestigung aus. Da eines der Ziele dieser Altfallregelung darin bestand, eine dauerhafte Zuwanderung in die Sozialsysteme zu vermeiden, setzte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. die Erteilung über den 31. Dezember 2009 hinaus voraus, dass im zurückliegenden Zeitraum des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis der Lebensunterhalt überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert gewesen ist. Die so eröffneten Möglichkeiten der Bewährung sind durch die Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration vom 11. Dezember 2009 (Bleiberechtsregelung 2009) und vom 19. Dezember 2011 (Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsreglung 2009) nochmals erweitert worden. Darüber hinaus konnten nach § 104b AufenthG in die hiesigen Lebensverhältnisse integrierte Kinder geduldeter Ausländer ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erlangen.

Der nachfolgende stichtagsunabhängige § 25a AufenthG gewährt Jugendlichen und Heranwachsenden ein eigenständiges Aufenthaltsrecht, wenn diese aufgrund ihrer bisherigen Integrationsleistungen die Gewähr dafür bieten, dass sie sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen werden. Ziel dieser gesetzlichen Regelungen ist es, die humanitären Probleme insbesondere in Deutschland aufgewachsener ausländischer Kinder zu lösen und diesen eigenständige Perspektiven für ein integrationsabhängiges Aufenthaltsrecht zu schaffen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, a.a.O., S. 204; Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 17/4401, S. 16). Die vom Gesetzgeber formulierten konkreten Anforderungen an eine hinreichende Integration der jugendlichen und heranwachsenden Ausländer in die hiesigen Lebensverhältnisse ergeben sich aus § 25a Abs. 1 AufenthG.

§ 25b AufenthG gewährt nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integrierten Ausländern stichtagsunabhängig ein Aufenthaltsrecht. Ziel des Gesetzgebers war es, nachhaltige Integrationsleistungen, die trotz eines fehlenden rechtmäßigen Aufenthaltes erbracht wurden, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren (so ausdrücklich Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 23 und Bundesminister de Maizère im Bundestagsplenum am 6.3.2015, PlProt. 18/92, S. 8778). Die erforderlichen Integrationsleistungen hat der Gesetzgeber in § 25b Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 und 3 AufenthG konkret definiert.

Mit diesen ausdrücklich gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wegen der Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse ist es grundsätzlich unvereinbar, einem Ausländer, der dem Anwendungsbereich der §§ 25a, 25b AufenthG unterfällt, aber die in diesen Bestimmungen formulierten Voraussetzungen für eine aufenthaltsrechtsbegründende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht erfüllt, unter Rückgriff auf das in Art. 8 EMRK ganz allgemein verbürgte Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Unabhängig davon erscheint es auch praktisch ausgeschlossen, dass ein Ausländer, dem eine bloße positive Integrationsprognose im Sinne des § 25a Abs. 1 AufenthG nicht gestellt werden kann oder der die abgesenkten Anforderungen an eine berufliche und wirtschaftliche Integration des § 25b Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt, als derart in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert anzusehen ist, dass ihm als sogenanntem faktischem Inländer ein Verlassen des Bundesgebiets nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich sein soll.

b. Im Übrigen ist den Klägern eine Ausreise aus dem Bundesgebiet aber auch unter Berücksichtigung des Schutzes ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Denn jedenfalls ist ein mit der Beendigung des Aufenthalts verbundener Eingriff in das nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben des Klägers nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.

Ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens und die davon umfassten persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt, ist nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, wenn er eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellt, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011 - 2 BvR 1392/10 -, NVwZ-RR 2011, 420, 421). Dies schließt es nicht aus, zur Herleitung eines Aufenthaltsrechts aus Art. 8 EMRK ein durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiertes Privatleben zu fordern, das nur noch im Bundesgebiet geführt werden kann, und hierbei einerseits auf die Integration des Ausländers in Deutschland, andererseits die Möglichkeit zur Reintegration im Staat der Staatsangehörigkeit abzustellen (vgl. hierzu Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012, a.a.O., Rn. 43 m.w.N.). Die bei dieser Prüfung ermittelten konkreten individuellen Lebensverhältnisse und auch Lebensperspektiven des Ausländers sind schließlich im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung nach den Maßgaben des Art. 8 Abs. 2 EMRK in eine gewichtende Gesamtbewertung einzustellen und mit den Gründen, die für eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, abzuwägen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.2.2011, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.3.2012 - 7 A 11417/11 -, juris Rn. 29 und 34 f.; OVG Bremen, Urt. v. 28.6.2011, a.a.O., Rn. 47 ff.).

Diese Abwägung fällt zu Lasten der Kläger aus.

Das öffentliche Interesse an der Einhaltung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen und an der Vermeidung von Lasten für die öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungssysteme spricht grundsätzlich für eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger. Sie waren für die gesamte Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet zur Lebensunterhaltssicherung jedenfalls ergänzend auf öffentliche Leistungen angewiesen. Die Klägerin zu 1. übt erst seit 2014 eine Erwerbstätigkeit aus und erzielt daraus ein Einkommen, das zur Sicherung des Lebensunterhalts durchaus signifikant beiträgt, diesen aber nicht vollständig abdeckt. Zudem verfügten die Kläger für die weit überwiegende Dauer ihres Aufenthalts über kein Aufenthaltsrecht. Nach der Diktion des EGMR kann ein Ausländer, der, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden des Aufnahmestaats mit seiner Anwesenheit in diesem Staat konfrontiert, im Allgemeinen nicht erwarten, dass ihm konventionsrechtlich ein Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht erwächst (vgl. EGMR 2. Sektion, Urt. v. 31.1.2006 - 50435/99 -, EuGRZ 2006, 562, 564 (da Silva und Hoogkamer ./. Niederlande).

Dieses öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung wird von dem privaten Interesse der Kläger an der Aufrechterhaltung ihrer privaten, familiären und wirtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht überwogen.

(1) Die Klägerin zu 1. wurde 1982 in M. geboren. 1984 verließ sie mit ihren Eltern das Bundesgebiet und reiste freiwillig nach Jugoslawien aus. 1988 reise sie mit ihren Eltern wieder in das Bundesgebiet ein und lebt seitdem hier. Die Klägerin hält sich danach zwar mittlerweile fast 30 Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Dieser Aufenthalt war aber weit überwiegend nur geduldet und daher unrechtmäßig. Nur in der Zeit vom 9. Januar 2013 bis zum 9. Juni 2013 war sie im Besitz einer humanitären Aufenthaltserlaubnis. Nach Ablauf dieser wurde ihr eine Fiktionsbescheinigung erteilt; die Fiktionswirkungen des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG sind gleichwohl nicht eingetreten, weil die Klägerin zu 1. den Verlängerungsantrag erst nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis am 17. Juni 2013 gestellt hat. Allein aus der Erteilung einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG kann indes nicht darauf geschlossen werden, dass die diese Bescheinigung erteilende Ausländerbehörde die Fortgeltungswirkung tatsächlich nach § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG angeordnet hat (vgl. im Einzelnen: Senatsbeschl. v. 16.8.2017 - 13 ME 244/17 -, juris Rn. 6 f. m.w.N.). Nach Art. 8 EMRK schutzwürdig können aber nur solche Bindungen sein, die während Zeiten einer den Aufenthalt des Ausländers im Aufenthaltsstaat gestattenden behördlichen Entscheidung entstanden sind, die zugleich ein berechtigtes Vertrauen des Ausländers in den Fortbestand seines Aufenthalts begründet hat (vgl. EGMR 4. Sektion, Urt. v. 8.4.2008 - 21878/06 -, zitiert nach Human Rights Documentation - HUDOC - (Nnyanzi ./. Vereinigtes Königreich); EGMR 3. Sektion, Urt. v. 11.4.2006 - 61292/00 -, zitiert nach HUDOC (Useinov ./. Niederlande); EGMR 3. Sektion, Urt. v. 7.10.2004 - 33743/03 -, NVwZ 2005, 1043, 1045 (Dragan u.a. ./. Deutschland); EGMR 1. Sektion, Urt. v. 5.9.2000 - 44328/98 -, zitiert nach HUDOC (Solomon ./. Niederlande); BVerwG, Urt. v. 26.10.2010 - BVerwG 1 C 18.09 -, juris Rn. 14; Urt. v. 30.4.2009 - BVerwG 1 C 3.08 -, InfAuslR 2009, 333, 335; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 29.3.2011 - 8 LB 121/08 -, juris Rn. 52 f.; Hessischer VGH, Urt. v. 7. 7. 2006 - 7 UE 509/06 -, juris Rn. 58; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.1.2006 - 13 S 2220/05 -, ZAR 2006, 142, 144; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, NordÖR 2000, 124, 126; BMI, Bericht zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes, Juli 2006, S. 80; Fritzsch, Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, in: ZAR 2010, 14, 16 f.; Hailbronner, a.a.O., § 25 Rn. 184 f. (Stand: November 2015); Storr u.a., Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl., AufenthG, § 25 Rn. 31). Im danach maßgeblichen, nur kurzen Zeitraum sind ersichtlich nicht solche Bindungen an das Bundesgebiet entstanden, die eine gewichtige Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse begründet haben und einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen.

Nichts Anderes ergibt sich, wenn man den gesamten etwa 30 Jahre umfassenden Zeitraum in den Blick nimmt, in dem sich die Klägerin zu 1. im Bundesgebiet aufgehalten hat. Sie spricht die deutsche Sprache, ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten und ist mit den hiesigen Lebensverhältnissen, soweit diese ihren eigenen privaten Alltag betreffen, durchaus vertraut. Das wiederholte Nichtbestehen des Tests "Leben in Deutschland" zeigt allerdings, dass es ihr an grundlegenden Kenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung mangelt. Trotz Vorbereitung auf den Test hat sie zuletzt am 17. August 2017 nur 10 von dessen einfach gehaltenen 33 Fragen (vgl. zum Inhalt der Fragen: www.bamf.de/DE/Willkommen/DeutschLernen/Integrationskurse/Abschlusspruefung/LebenInDeutschland/lebenindeutschland.html, Stand: 25.1.2018) richtig beantwortet. Dies lässt nicht darauf schließen, dass die Klägerin zu 1. sich bisher näher mit der hiesigen Rechts- und Gesellschaftsordnung befasst oder gar auseinandergesetzt hat und sich bewusst und gewollt in diese einfügen will. Auch ein soziales oder bürgerschaftliches Engagement der Klägerin zu 1. ist nicht erkennbar.

Auch hinsichtlich des tatsächlichen Schulbesuchs der schulpflichtigen Kinder der Klägerin zu 1., einem wichtigen Merkmal für die Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse (vgl. § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AufenthG), bestanden jedenfalls zeitweise erhebliche Defizite. Bei dem Kläger zu 2., C. B., kam es über mehrere Jahre zu ganz erheblichen Zeiten unentschuldigten Fehlens (1. Klasse: 22 Tage; Wiederholung der 1. Klasse: 15 Tage; 4. Klasse: 28 Tage; 5. Klasse: 12 Tage). Gegenüber der Klägerin zu 1. wurde mit Bescheid vom 28. März 2008 ein Bußgeld verhängt. Auch der Kläger zu 3., D. B., fehlte in der 1. Klasse im Schuljahr 2009/2010 21 Tage unentschuldigt. Seit 2010 wird die Klägerin zu 1. durch die professionelle sozialpädagogische Familienhilfe des Y. P. betreut. Erst seitdem ist insoweit eine Besserung eingetreten.

Eine abgeschlossene soziale Integration ist gleichwohl nicht auszumachen. Den Beziehungen zu anderen im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen, etwa den Eltern der Klägerin zu 1. (siehe 13 LB 45/17), kommt nur ein geringes Gewicht zu, da die Klägerin zu 1. ersichtlich nicht auf deren Lebenshilfe angewiesen ist (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 25.10.1995 - 2 BvR 901/95 -, NVwZ 1996, 1099; v. 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81; v. 12.12.1989 - 2 BvR 377/88 -, NJW 1990, 895, 986; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 19.3.2012, a.a.O., Rn. 48; GK-AufenthG, § 60a Rn. 199 f. (Stand: März 2015)). Anhaltspunkte für eine über den Kreis ihrer Familie und Freunde hinausgehende soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse oder gar ein soziales Engagement ergeben sich aus dem Vorbringen nicht.

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht ergibt sich aus dem erreichten Grad der tatsächlichen Integration nicht, dass die Klägerin zu 1. ein Privatleben zumutbar nur noch im Bundesgebiet führen kann. Obwohl sie ihre gesamte schulische Ausbildung in Deutschland genossen hat, ist es ihr nicht gelungen, einen Schulabschluss zu erwerben. Auch eine Berufsausbildung hat sie nicht aufgenommen. Zwei für eine erfolgreiche wirtschaftliche Integration wesentliche Grundpfeiler fehlen ihr mithin. So war sie dann auch die gesamte Dauer ihres Aufenthalts zur Sicherung des Lebensunterhalts jedenfalls ergänzend auf öffentliche Leistungen angewiesen. Der Klägerin zu 1. ist fraglos zugute zu halten, dass sie die durch das Bemühen eines Mitglieds der Niedersächsischen Härtefallkommission eröffnete Chance der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im November 2014 genutzt hat und seitdem bei der Firma {W. teilzeitbeschäftigt ist. Mit dem erzielten Erwerbseinkommen kann sie den Lebensunterhalt - unter Berücksichtigung von Kindergeld- und Unterhaltsvorschussleistungen - überwiegend selbst sichern. Es ist derzeit aber offen, ob sie zukünftig in der Lage sein wird, den Lebensunterhalt von sich und ihren Kindern auch vollständig selbst zu sichern. Unter Berücksichtigung des derzeit erzielten Erwerbseinkommens und der mangelnden Schul- und Berufsausbildung erscheint dies fraglich. Eine abgeschlossene wirtschaftliche Integration vermag der Senat jedenfalls nicht festzustellen. Für den Schutz nach Art. 8 EMRK unerheblich ist, ob die Klägerin zu 1. insoweit ein Verschulden trifft und sie deshalb eine nur unzureichende Integration - aus welchen Gründen auch immer - zu vertreten hat (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2015 - 8 ME 136/14 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 31.10.2012, a.a.O., Rn. 8; v. 24.3.2009 -10 LA 377/08 -, juris Rn. 19).

Die damit maßgeblich verbleibende und hier fraglos lange Dauer des Aufenthalts in Deutschland verleiht dem privaten Bleibeinteresse der Klägerin zu 1. kein solches Gewicht, dass es das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung überwiegen könnte (vgl. EGMR, Urt. v. 7.10.2004, a.a.O., S. 1043, das eine Familie betraf, die seit vierzehn Jahren ihren Aufenthalt im Bundesgebiet hatte).

Das private Bleibeinteresse der Klägerin zu 1. überwiegt das widerstreitende öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung auch nicht deshalb, weil es ihr unmöglich oder auch nur unzumutbar ist, im Land ihrer Staatsangehörigkeit, Serbien, ein Privatleben zu führen (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser beiden Aspekte: EGMR, Urt. v. 5.7. 2005 - 46410/99 -, InfAuslR 2005, 450 f. (Üner ./. Niederlande); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.6.2011 - 8 ME 325/10 -, juris Rn. 35). Die Klägerin zu 1. ist sprachkundig, jedenfalls rudimentär mit den Lebensverhältnissen dort vertraut, erwerbsfähig und keiner politischen Verfolgung ausgesetzt. Zudem befindet sie sich mit 36 Lebensjahren in einem Alter, indem das Einfügen in neue soziale Strukturen und der Aufbau eines neuen Privatlebens regelmäßig zumutbar und möglich sind.

(2) Die Kläger zu 2. bis 6., die minderjährigen Kinder der Klägerin zu 1., teilen aufenthaltsrechtlich grundsätzlich das Schicksal ihrer Eltern (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union, BT-Drs. 16/5065, S. 202: "Grundsatz, dass das minderjährige Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilt"; BVerwG, Urt. v. 26.10.2010, a.a.O., Rn. 15; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 9.11.2010 - 8 PA 265/10 -, juris Rn. 6; v. 12.7.2010 - 8 LA 154/10 -, juris Rn. 16; v. 18.5.2010 - 8 PA 86/10 -, juris Rn. 10; Urt. v. 29.1.2009 - 11 LB 136/07 -, juris Rn. 75; Bayerischer VGH, Beschl. v. 13.7.2010 - 19 ZB 10.1129 -, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.7.2009 - 11 S 1622/07 -, juris Rn. 81 jeweils m.w.N.). Steht den Eltern ein Aufenthaltsrecht nicht zu, so ist davon auszugehen, dass ein Minderjähriger, selbst wenn er im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hat, grundsätzlich auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Diese Rechtsprechung ist - entgegen der Auffassung der Kläger - mit den Vorgaben des Art. 24 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union - Europäische Grundrechtecharta - GR-Charta - (ABl. EU 2007 Nr. C 303, S. 1) und der Art. 2 und 3 Abs. 1 Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 - UN-Kinderrechtskonvention - (BGBl. II 1992, S. 121) vereinbar (vgl. mit eingehender Begründung: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 9.11.2010, a.a.O., Rn. 7 f.; v. 18.01.2011 - 8 PA 317/10 -, juris Rn. 17; v. 12.7.2010, a.a.O., Rn. 14 ff.).

Da weder die Mutter, die Klägerin zu 1., noch der Vater der Kläger zu 2. bis 6. über ein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügen und ein solches auch nicht beanspruchen können, steht auch diesen ein Aufenthaltsrecht nicht zu. Anlass, von diesem Grundsatz der familienbezogenen Gesamtbetrachtung hier ausnahmsweise abzuweichen, besteht für den Senat nicht.

Die Kläger zu 2. bis 6. sind fraglos in die hiesigen Lebensverhältnisse eingebunden. Sie wurden im Bundesgebiet geboren, leben seitdem hier, haben hier ihre Sozialisation erfahren, besuchen hier die Schule und haben hier ihre Freunde und ihr soziales Umfeld. Besondere Integrationsleistungen, die es ihnen entgegen dem dargestellten Grundsatz, unzumutbar oder unmöglich machen würden, gemeinsam mit ihrer Mutter oder auch mit ihrem Vater nach Serbien auszureisen und dort ein Privatleben zu führen, sind indes nicht erkennbar. Zudem geht der Senat davon aus, dass auch die Kläger zu 2. bis 6. aufgrund der Sprachverwendung im Haushalt mit ihren Eltern und Großeltern durchaus sprachkundig sind. Sämtliche Kläger zu 2. bis 6. haben jedenfalls in der Schule am Förderunterricht "Deutsch als Zweitsprache" teilgenommen.

2. Im Übrigen erfüllen die Kläger zu 2. bis 6. auch die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG nicht. Ihre serbischen Pässe sind am 2. November 2017 abgelaufen. Ein tatbestandlicher Ausnahmefall, der ein Absehen von dieser allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gebieten würde, ist ebensowenig ersichtlich, wie eine Reduzierung des dem Beklagten zukommenden Ermessens nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG (siehe im Einzelnen oben III.1.).

V. Als Rechtsgrundlage für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse hier von vorneherein - entgegen der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung - nicht in Betracht zu ziehen ist § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 60 Abs. 5 AufenthG und Art. 8 EMRK. Denn § 60 Abs. 5 AufenthG verweist nur insoweit auf die Europäische Menschenrechtskonvention, als sich aus ihr Abschiebungsverbote ergeben, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen ("zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote"; vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 - BVerwG 10 C 15.12 -, BVerwGE 146, 12, 27; Urt. v. 11.11.1997 - BVerwG 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322, 324 ff. (zu § 53 Abs. 4 AuslG a.F.); Hailbronner, a.a.O., § 60 Rn. 54 (Stand: August 2016)). Hindernisse, die einer Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegenstehen, weil andernfalls ein geschütztes Rechtsgut im Bundesgebiet verletzt würde ("inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse"), wie hier das nach Art. 8 EMRK geschützte Privatleben der Kläger in Deutschland, fallen hingegen nicht unter § 60 Abs. 5 AufenthG.

VI. Schließlich sind auch die Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des Bescheides vom 10.4.2014) gemäß §§ 59, 58 Abs. 2 Satz 2, 50 Abs. 1 AufenthG und die Befristung der Wirkungen einer Abschiebung auf die Dauer von zwei Jahren (Ziffer 4 des Bescheides v. 10.4.2014) gemäß § 11 Abs. 1, 2 und 3 AufenthG nach dem Vorbringen der Kläger keinen Rechtmäßigkeitszweifeln ausgesetzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 156 VwGO billigem Ermessen, den Klägern auch die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens aufzuerlegen. Der Beklagte hat dem Kläger zu 3. auf dessen Antrag vom 26. Februar 2016 nach Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 AufenthG ohne Weiteres am 23. Juni 2016 eine bis zum 2. November 2017 gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG erteilt und insoweit keinen Anlass zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durch die Kläger gegeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.