Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 15.05.2024, Az.: 12 B 5087/23

Aufenthaltserlaubnis auf familiären Gründen; Aufenthaltserlaubnis auf humanitären Gründen; faktische Inländeriin; Vorstrafen

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.05.2024
Aktenzeichen
12 B 5087/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 15588
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2024:0515.12B5087.23.00

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Verlängerung einer ihr erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Sie ist am 01.05.1967 in Serbien geboren und serbischer Staatsangehörigkeit und reiste erstmals am 01.03.1979 in das Bundesgebiet ein. Vom 20.05.1983 bis zum 09.02.1984 hielt sie sich nicht in Deutschland auf.

Am 01.11.1985 heiratete die Antragstellerin in Berlin den deutschen Staatsangehörigen D.. Anschließend wurde der Antragstellerin vom Landeseinwohneramt E. zunächst eine befristete und am 09.08.1994 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Am 20.04.1989 verurteilte das Amtsgericht F. die Antragstellerin wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen.

Am 12.08.1993 verurteilte das Amtsgericht F. die Antragstellerin wegen gemeinschaftlichem Diebstahl zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen.

Die Ehe der Antragstellerin mit D. wurde am 17.01.1996 geschieden.

Am 21.06.1996 heiratete die Antragstellerin in der serbischen Botschaft in E. den serbischen Staatsangehörigen G.. Am 20.09.1996 und am 22.01.1998 wurden ihre Töchter H. und I. geboren.

Am 02.07.1997 verurteilte das Amtsgericht J. die Antragstellerin wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen.

Am 21.01.1998 verurteilte das Amtsgericht J. die Antragstellerin wegen vorsätzlichem Anordnen oder Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen.

Am 02.05.2000 verurteilte das Amtsgericht J. die Antragstellerin wegen fahrlässigem Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen.

Am 29.05.2001 verurteilte das Amtsgericht J. die Antragstellerin wegen Verstoßes gegen ein Verbot der Erwerbstätigkeit in der Aufenthaltsgenehmigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen.

Am 09.06.2001 wurde die Tochter K. und am 19.09.2002 wurde der Sohn L. der Antragstellerin geboren; diese beiden Kinder haben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Am 03.12.2002 verurteilte das Amtsgericht J. die Antragstellerin wegen Betruges in 10 sachlich zusammentreffenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung.

Am 25.02.2004 verurteilte das Amtsgericht M. die Antragstellerin wegen 2 Fällen des vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlichem Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung.

Am 29.11.2004 verurteilte das Amtsgericht J. die Antragstellerin wegen Steuerhinterziehung in 39 Fällen in Tatmehrheit mit 36 Fällen der Beitragsvorenthaltung in Tatmehrheit mit 2 Fällen versuchter Steuerhinterziehung, diese jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung. Die Antragstellerin hatte in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001 einen Reinigungsservice betrieben und dabei sowohl Sozialabgaben als auch Steuern nicht ordnungsgemäß abgeführt.

Am 17.05.2005 reiste die Antragstellerin mit ihren Kindern nach Serbien aus. Ihre Töchter H. und I. reisten am 05.12.2010 wieder in das Bundesgebiet ein. Die Antragstellerin folgte ihnen mit ihren Kindern K. und L. am 13.03.2011 und meldete sich in N. an.

Am 02.08.2011 erteilte das Landratsamt N. der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge in Bezug auf ihre Kinder; die Aufenthaltserlaubnis wurde nach dem Umzug der Familie im Jahr 2012 von der Antragsgegnerin zuletzt am 04.11.2019 bis zum 18.09.2020 verlängert.

Zum 01.07.2013 meldete der Ehemann der Antragstellerin bei der Stadt O. und nach Verlegung der Betriebsstätte zum 01.01.2014 bei der Stadt P. das Gewerbe "Allgemeine Gebäudereinigung" an.

Am 29.05.2019 verurteilte das Amtsgericht Q. die Antragstellerin wegen vorsätzlichem Zulassen oder Anordnen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen.

Am 01.10.2019 verurteilte das Amtsgericht R. die Antragstellerin wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 3 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten auf Bewährung und ordnete die Einziehung des Wertes des Taterlangten in Höhe von 50.179,87 Euro an. Die Antragstellerin hatte pflichtwidrig Anträge auf die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Jobcenter gestellt, obwohl ihr bewusst war, dass bei Anrechnung des Einkommens ihres Ehemanns keine Leistungen zu beanspruchen waren. Aufgrund der Anträge wurden Leistungen an die Antragstellerin zu Unrecht ausgezahlt.

Am 27.08.2022 bildete das Amtsgericht R. aus den Entscheidungen vom 29.05.2019 und vom 01.10.2019 eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 3 Monaten auf Bewährung.

Mit Schreiben vom 02.07.2020 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.

Unter dem 11.07.2023 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, eine Schulbescheinigung oder einen Ausbildungsnachweis für ihren Sohn L. vorzulegen, und mit Schreiben vom 22.08.2023 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu der von ihr beabsichtigten Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis an. Die Antragstellerin legte keinerlei Ausbildungsnachweise vor und äußerte sich nicht.

Mit Bescheid vom 27.09.2023 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug ab (Ziffer 1). Sie forderte die Antragstellerin zur Ausreise auf und drohte ihr für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise die Abschiebung nach Serbien an (Ziffer 2). Die Wirkungen einer Abschiebung befristete sie auf 30 Monate nach erfolgter Ausreise (Ziffer 3). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, der Sohn der Antragstellerin sei am 19.09.2020 volljährig geworden. Die Voraussetzung der Ausübung der Personensorge für einen minderjährigen ledigen Deutschen sei deshalb nicht mehr erfüllt. Die Antragstellerin habe auch keine Nachweise dafür erbracht, dass sich ihr Sohn in einer Ausbildung befinde, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führe. Auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG lägen nicht vor, denn die Antragstellerin sei unter anderem am 01.10.2019 durch das Amtsgericht R. rechtskräftig wegen gewerbsmäßigem Betrug in 3 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten verurteilt worden. Auch die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG seien nicht gegeben, da ein Ausreisehindernis nicht ersichtlich sei und die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt nicht sichere. Außerdem bestehe ein Ausweisungsinteresse, denn die Antragstellerin sei schon häufiger zu Freiheitsstrafen verurteilt worden. Von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen könne im Falle der Antragstellerin nicht im Ermessenswege abgesehen werden, denn sie sei nicht nur einmalig strafrechtlich in Erscheinung getreten. Ihr aktueller Bundeszentralregisterauszug weise 12 Eintragungen auf. Außerdem sei sie wiederholt aufgrund der gleichen Delikte verurteilt worden. Auch von der Lebensunterhaltssicherung könne nicht im Wege des Ermessens abgesehen werden, da keine Gründe ersichtlich seien, die eine Sicherung des Lebensunterhalts unmöglich erscheinen ließen. Aus denselben Gründen fehle es auch an den Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG. Die Befristung auf 24 Monate sei ein geeignetes, jedoch auch erforderliches und angemessenes Mittel, um der Antragstellerin zu verdeutlichen, dass ein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nur unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften möglich sei.

Die Antragstellerin hat am 14.10.2023 Klage erhoben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

Sie trägt vor, es komme für sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG in Betracht, denn sie beziehe aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit seit dem 27.07.2022 Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Das Krankengeld erhalte sie, weil sie zuvor gearbeitet habe. Ein Ausweisungsinteresse bestehe nicht, denn ihre letzte Verurteilung liege bereits über 4 Jahre zurück und könne deshalb nicht mehr herangezogen werden. Weiterhin komme eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, denn es liege eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise vor. Bei ihr handele es sich um eine faktische Inländerin, da sie seit über 25 Jahren in Deutschland lebe. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG komme in Betracht. Sie, die Antragstellerin, befinde sich in einer Sondersituation und eine Ausreise aus dem Bundesgebiet würde für sie eine außergewöhnliche Härte bedeuten. Alle ihre Kinder hielten sich im Bundesgebiet auf und besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine Ausreise würde sie ungleich härter treffen als andere Ausländer, die ausreisepflichtig seien. Eine Enkeltochter lebe bei ihr und werde von ihr und ihrem Mann betreut. Sie und ihr Mann seien eine Art Vormund für das Kind und das Kind habe die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag in Bezug auf die Ziffern 1 und 2 der Verfügung abzulehnen.

Sie trägt vor, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen dürften unstreitig nicht vorliegen. Die Antragstellerin habe sich insoweit nicht geäußert. In Bezug auf die humanitären Aufenthaltstitel sei festzustellen, dass der Bundeszentralregisterauszug vom 22.09.2023 für die Antragstellerin 12 Eintragungen aufweise, wobei allein die letzten 6 eingetragenen Straftaten für sich genommen bereits einen Versagungsgrund gemäß § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG darstellten. Die Verurteilung der Antragstellerin zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten ergebe zudem einen zwingenden Versagungsgrund nach § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG komme nicht in Betracht, da es nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mit der Systematik des Aufenthaltsgesetzes nicht vereinbar sei, wenn ein Ausländer, der die abgesenkten Integrationsvoraussetzungen des § 25b AufenthG nicht erfülle, unter Rückgriff auf Art. 8 EMRK ein Aufenthaltsrecht nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhielte. Auch im Übrigen rechtfertige es die aufenthaltsrechtliche Historie der Antragstellerin nicht, sie als faktische Inländerin zu betrachten. Seit 1989 sei die gesamte Aufenthaltsdauer der Antragstellerin ein kontinuierlicher strafrechtlicher Werdegang, die Antragstellerin sei unbeeindruckt von ihren vielen Verurteilungen geblieben. Integrationsleistungen in wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht habe sie nicht ansatzweise erbracht. In der Zeit, in der ihr Ehemann selbständig gewesen sei, habe sie wahrheitswidrige Angaben gegenüber dem Jobcenter gemacht, wodurch diesem durch unberechtigt ausgezahlter Leistungen an die Familie ein Schaden von über 50.000 Euro entstanden sei. Auch das Verhältnis zu ihren Kindern lasse nicht den Schluss zu, dass ihr eine Ausreise unmöglich sei. Zwar fielen in den Schutzbereich des Art. 6 GG auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienangehörigen. Diesen komme in der Regel aber nur dann Gewicht zu, wenn ein erwachsenes Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen sei, wofür im Falle der Antragstellerin keine Anhaltspunkte bestünden. Aus denselben Gründen ließe sich auch nicht erkennen, dass sich die Antragstellerin in einer individuellen Sondersituation befinde. Schließlich lasse es das vorliegende Ausweisungsinteresse auch unter Ausübung von Ermessen nicht zu, der Antragstellerin einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Selbst wenn der Lebensunterhalt der Familie gesichert sein sollte, wäre keine andere Entscheidung in der Sache möglich. Die Ziffer 3 des Bescheides ändere sie, die Antragsgegnerin insoweit ab, als die Wirkungen einer Abschiebung auf 24 Monate befristet würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu diesem sowie dem parallelen Verfahren des Ehemannes sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin zur Antragstellerin und zu ihrem Ehemann Bezug genommen. Sämtlicher Akteninhalt war Gegenstand der Entscheidung.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet.

Prozesskostenhilfe erhält gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet aus den nachstehenden Gründen nicht die notwendigen Erfolgsaussichten für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Der Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz hat keinen Erfolg.

Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Soweit sich die Antragstellerin mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis (Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids) wendet, ist der Antrag statthaft, da die Ablehnung für sie belastende Wirkung entfaltet, der gegenüber das Gericht vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu gewähren hat (§ 123 Abs. 5 VwGO). Dies ergibt sich daraus, dass die der Antragstellerin gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zugutekommende Fiktion des Fortbestehens ihres bisherigen Aufenthaltstitels mit dem angefochtenen Bescheid entfallen ist und ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung zukommt, sodass die Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ist. Durch die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage lebt zwar die Erlaubnisfiktion nicht wieder auf (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), sie lässt jedoch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfallen.

Die Einzelrichterin kommt im Rahmen ihrer nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Abwägungsentscheidung allerdings zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids das private Interesse der Antragstellerin, sich bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, überwiegt. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antrag der Antragstellerin auf eine Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis sowie die Erteilung einer anderen Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, als offensichtlich rechtmäßig.

1. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine Verlängerung der ihr nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Nach der genannten Vorschrift ist einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Die Kinder der Antragstellerin sind allerdings nicht mehr minderjährig, das jüngste Kind der Antragstellerin, L., wird im September diesen Jahres 22 Jahre alt.

Die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin ist auch nicht nach § 28 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu verlängern. Danach ist die einem Elternteil nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt. Eine Ausbildung ihres Sohnes hat die Antragstellerin nicht nachgewiesen. Auch nach Aufforderung durch die Antragsgegnerin (Schreiben vom 11.07.2023) hat die Antragstellerin keinerlei Unterlagen dazu vorgelegt. Es ist im Übrigen auch nicht davon auszugehen, dass sich L. in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befindet, da der Ehemann der Antragstellerin im parallelen gerichtlichen Verfahren als Nachweis für seine Lebensunterhaltssicherung einen Arbeitsvertrag vorgelegt hat, auf dem die Unterschrift des Arbeitgebers mit einem Stempelaufdruck der Firma "S. T." versehen ist.

2. Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c Abs. 1 AufenthG.

Gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1, 1a und 4 sowie § 5 Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 31.10.2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat und er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt (Nr. 1) und nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, oder Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht, die nicht auf Jugendstrafe lauten, grundsätzlich außer Betracht bleiben (Nr. 2).

Diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt die Antragstellerin nicht, weil sie mit Urteil des Amtsgerichts R. vom 01.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist. Abgeurteilt wurden auch vorsätzlich begangene Straftaten, denn die Antragstellerin wurde wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 3 Fällen bestraft. Die Antragstellerin hatte pflichtwidrig Anträge auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Jobcenter gestellt, obwohl ihr bewusst war, dass bei Anrechnung des Einkommens ihres Ehemanns keine Leistungen zu beanspruchen waren. Aufgrund der Anträge wurden Leistungen an die Antragstellerin zu Unrecht ausgezahlt.

Die Verurteilung stellt auch einen zwingenden Versagungsgrund dar, da Straftaten im Rahmen des § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG relevant bleiben, solange sie im Bundeszentralregister nicht getilgt sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 21.07.2023 - 11 S 1153/23 -, juris Rn. 11). Die Verurteilung vom 01.10.2019 ist noch nicht getilgt und auch noch nicht tilgungsreif. Die Tilgungsfrist beträgt für Freiheitsstrafen gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG 15 Jahre, die noch nicht verstrichen sind.

3. Auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG liegen nicht vor.

Gemäß § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Nach § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis jedoch - zwingend - zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 und 2 besteht.

Die Antragstellerin erfüllt ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG.

Gemäß 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG liegt ein Ausweisungsinteresse vor, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist. Der Tatbestand ist unabhängig davon erfüllt, ob die Vollstreckung der Strafe nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt ist (Bauer in Bergmann/Dienelt, 14. Aufl. 2022, § 54 Rn. 67).

Mit der Verurteilung der Antragstellerin zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten auf Bewährung durch das Amtsgericht R. am 01.10.2019 ist der Tatbestand des Ausweisungsinteresses und damit zugleich ein zwingender Versagungsgrund für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG gegeben.

Entgegen der Ausführungen der Antragstellerin, dass die Verurteilung 4 Jahre zurückliege und heute nicht mehr berücksichtigt werden könne, ist die Verurteilung auch noch berücksichtigungsfähig. Ein Ausweisungsinteresse "besteht" im Sinne des Gesetzes, solange es unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes noch nicht verbraucht ist und verbraucht ist ein Ausweisungsinteresse nur dann, wenn die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen der Betroffene annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten zukünftig nicht entgegengehalten. Voraussetzung hierfür ist, dass der Ausländerbehörde bei der vorherigen Titelerteilung der maßgebliche Sachverhalt tatsächlich und vollständig bekannt war bzw. der Ausländer davon ausgehen durfte, dass dieses der Fall sein würde (VG Freiburg, Urt. vom 12.03.2024 - 8 K 2785/23 -, juris Rn. 38; VG Schleswig, Beschl. vom 16.02.2022 - 11 B 8/22 -, BeckRS 2022, 2258 Rn. 9).

Danach besteht das Ausweisungsinteresse fort. Der Antragsgegnerin war zum Zeitpunkt der letzten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin am 04.11.2019 das Urteil des Amtsgerichts R. vom 01.10.2019 noch nicht bekannt. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin ist die Mitteilung in Strafsachen zu diesem Urteil tatsächlich erst am 17.05.2022 bei der Antragsgegnerin eingegangen. Zwar war der Zeitraum zwischen Verurteilung und Mitteilung damit ungewöhnlich lang, bei der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis am 04.11.2019 konnte die Antragstellerin jedoch noch nicht davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin bereits eine Mitteilung über die einen Monat zuvor erfolgte Verurteilung erhalten haben würde.

Dahinstehen kann damit, ob mit der Verurteilung der Antragstellerin wegen vorsätzlichem Zulassen oder Anordnen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Urteil des Amtsgerichts Q. vom 29.05.2019) ein weiteres Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG vorliegt oder bereits verbraucht ist.

4. Weiterhin hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG.

Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Dabei ist unter "Ausreise" im Sinne der Vorschrift sowohl die freiwillige Ausreise als auch die zwangsweise Rückführung (Abschiebung) zu verstehen (nur Nds. OVG, Beschl. vom 13.02.2020 - 13 ME 387/19 -, juris Rn. 13).

Ein rechtliches Hindernis ergibt sich weder im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG noch in Bezug auf das nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben der Antragstellerin.

Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Familie zunächst als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft der Kinder und ihrer Eltern. Der Schutz des Familiengrundrechts zielt darüber hinaus aber auch generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen, wie sie ebenso zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen Enkeln und Großeltern oder zwischen nahen Verwandten in der Seitenlinie bestehen können (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 ME 43/23 - unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. vom 24.06.2014 - 1 BvR 2926/13 -, BVerfGE 136, 382, 388 f.). Der Schutz knüpft aber nicht an bloße formalrechtliche familiäre Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft. In den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen allerdings in der Regel nur ein geringeres Gewicht zu. Allenfalls dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 ME 43/23 - unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. vom 25.10.1995 - 2 BvR 901/95 -, NVwZ 1996, 1099).

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für die Antragstellerin aus Art. 6 Abs.1 GG kein Ausreisehindernis. Zwar halten sich offenbar alle ihre Kinder im Bundesgebiet auf und besitzen die Tochter K. und der Sohn L. zudem die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihr Sohn L. wohnt ausweislich einer Meldebescheinigung zudem noch mit in der elterlichen Wohnung. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Antragstellerin auf die Lebenshilfe eines ihrer Kinder angewiesen ist oder eines ihrer Kinder auf die Lebenshilfe der Antragstellerin.

Soweit die Antragstellerin angegeben hat, dass eine Enkeltochter bei ihr lebe und von ihr und ihrem Mann betreut werde, fehlt es diesem Vortrag an jeder Substanz. Es ist nicht erkennbar, dass eine Enkelin, von der der Einzelrichterin weder Name noch Alter bekannt ist, tatsächlich in einer familiären Lebensgemeinschaft mit der Antragstellerin und ihrem Ehemann und nicht in einer solchen mit ihren leiblichen Eltern lebt.

Der Annahme eines sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebenden rechtlichen Hindernisses steht nach der Rechtsprechung des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts grundsätzlich schon die Systematik des Aufenthaltsgesetzes entgegen (Beschl. vom 11.05.2023 - 13 LA 43/23 -, juris Rn. 19 - 23; Urt. vom 08.02.2018 - 13 LB 43/17 -, juris Rn. 83 m.w.N.), wenn - wie hier - der Anspruch auf einen Titel nach § 25b AufenthG nicht besteht.

§ 25b AufenthG gewährt nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integrierten Ausländern stichtagsunabhängig ein Aufenthaltsrecht. Ziel des Gesetzgebers war es, nachhaltige Integrationsleistungen, die trotz eines fehlenden rechtmäßigen Aufenthaltes erbracht wurden, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren (Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 LA 43/23 -, juris Rn. 22 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 23). Die erforderlichen Integrationsleistungen hat der Gesetzgeber in § 25b Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 und 3 AufenthG konkret definiert. Mit diesen gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wegen der Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse ist es grundsätzlich unvereinbar, einem Ausländer, der dem Anwendungsbereich der § 25b AufenthG unterfällt, aber die in diesen Bestimmungen formulierten Voraussetzungen für eine aufenthaltsrechtsbegründende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht erfüllt, unter Rückgriff auf das in Art. 8 EMRK ganz allgemein verbürgte Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Unabhängig davon erscheint es auch praktisch ausgeschlossen, einen Ausländer, der die abgesenkten Anforderungen an eine berufliche und wirtschaftliche Integration des § 25b Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt, als derart in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert anzusehen, dass ihm als sogenanntem faktischen Inländer ein Verlassen des Bundesgebiets nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich sein soll (Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 LA 43/23 -, juris Rn. 23 und Urt. vom 08.02.2018 - 13 LB 43/17 -, juris Rn. 81 ff.).

Neben der Systematik des Gesetzes ist bei der Antragstellerin ein Ausreisehindernis auch deshalb zu verneinen, weil sie - entgegen ihrer eigenen Rechtsauffassung - nicht als faktische Inländerin anzusehen ist.

Im Hinblick auf den Schutz des Privatlebens kommt einer aufenthaltsrechtlichen Entscheidung eine Eingriffsqualität in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 EMRK nur dann zu, wenn der Ausländer ein Privatleben, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiert ist, faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat als Vertragsstaat der EMRK führen kann, er mithin ein "faktischer Inländer" ist. Ob der Ausländer ein Privatleben faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat führen kann, hängt zum einen von seiner Integration in dem betreffenden Staat und zum anderen von der Möglichkeit zur (Re-)Integration in seinem Heimatland ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine zumindest mehrjährige Dauer des Aufenthalts, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in dem Innehaben eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln, um den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, und fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt (Nds. OVG, Beschl. vom 25.02.2018 - 8 ME 1/18 -, juris Rn. 17 m.w.N.).

Die Einzelrichterin verkennt nicht, dass die Antragstellerin von ihren 57 Lebensjahren insgesamt knapp 39 Jahre in Deutschland gelebt hat. Ihr langer und ganz überwiegend auch rechtmäßiger Aufenthalt ist allerdings für sich genommen keine Integrationsleistung; der Antragstellerin ist in der Zeit auch keine Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland gelungen. So hat sie für ihren und den Lebensunterhalt ihrer Familie in Deutschland über die Jahre ganz überwiegend öffentliche Mittel in Anspruch genommen. In dem Zeitraum vom 01.04.2015 bis zum 31.03.2018 hat sie darüber hinaus die öffentliche Hilfe in betrügerischer Weise erschlichen, indem sie sie beim Jobcenter beantragt hatte, obwohl ihr Ehemann in der Zeit über Einkommen aus seiner Selbständigkeit verfügte. Dafür ist die Antragstellerin mit Urteil des Amtsgerichts R. vom 01.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Auch in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2001 hatte die Antragstellerin bereits einmal ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt ihrer Familie auf betrügerische Weise bestritten. Wie aus dem Urteil des Amtsgerichts J. vom 29.11.2004 ersichtlich ist, hatte sie über drei Jahre Lohn- und Gewerbesteuern hinterzogen und Sozialversicherungsträgern Arbeitsentgelte vorenthalten. Verurteilt worden war sie wegen Steuerhinterziehung in 39 Fällen in Tatmehrheit mit 36 Fällen der Beitragsvorenthaltung in Tatmehrheit mit 2 Fällen versuchter Steuerhinterziehung, diese jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung. Die Antragstellerin ist über diese Straftaten hinaus mehrfach straffällig geworden, die Antragsgegnerin formuliert es als "kontinuierlichen strafrechtlichen Werdegang" und stellt treffend fest, dass die Antragstellerin unbeeindruckt von ihren vielen Verurteilungen geblieben ist. Neben den angeführten Verurteilungen vom 01.10.2019 und 29.11.2004 enthält der Bundeszentralregisterauszug 9 weitere Verurteilungen aus den Jahren 1989 (gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung), 1993 (gemeinschaftlicher Diebstahl), 1997 (Beleidigung), 1998 (vorsätzliches Anordnen oder Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis), 2000 (fahrlässiges Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis), 2001 (Verstoß gegen ein Verbot der Erwerbstätigkeit in der Aufenthaltsgenehmigung), 2002 (Betrug in 10 sachlich zusammentreffenden Fällen), 2004 (2 Fälle des vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlichem Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis) und 2019 (vorsätzliches Zulassen oder Anordnen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis). Gesichtspunkte für eine Integration finden sich hingegen keine.

Eine Reintegration der Antragstellerin in Serbien erscheint überdies möglich. Die Antragstellerin ist mit knapp 12 Jahren nach Deutschland gekommen und hat somit ihre prägenden Jahre der Kindheit in seinerzeit noch Jugoslawien verbracht. Sie hat darüber hinaus ihren Aufenthalt im Bundesgebiet im Mai 2005 freiwillig unterbrochen und mit ihren Kindern zusammen für fast 6 Jahre in Serbien gelebt. Zu keiner Zeit hat sie vorgetragen, während ihres Aufenthalts in Serbien Schwierigkeiten der Reintegration in die dortigen Lebensverhältnisse gehabt zu haben.

5. Schließlich besteht auch kein Anspruch der Antragstellerin auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG.

Nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, der eine von Satz 1 des § 25 Abs. 4 AufenthG unabhängige Rechtsgrundlage darstellt, kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG - also unabhängig vom Wegfall der Erteilungsvoraussetzungen - verlängert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außerordentliche Härte bedeuten würde. Eine außergewöhnliche Härte in diesem Sinne liegt allerdings nur vor, wenn die Aufenthaltsbeendigung den Ausländer deutlich härter trifft als andere Ausländer in einer vergleichbaren Situation. Die Beendigung des Aufenthalts muss für den Ausländer bei dieser Vergleichsbetrachtung unzumutbar sein (Nds. OVG, Beschl. vom 04.09.2019 - 13 ME 282/19 -, juris Rn. 8 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. vom 27.01.2009 - 1 C 40.07 -, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 19). Bedeutung kommt dabei auch an dieser Stelle dem Umstand zu, inwieweit der Ausländer im Bundesgebiet familiär, beruflich und sozial integriert und deshalb verwurzelt ist (BVerwG, Urt. vom 27.01.2009 - 1 C 40.07 -, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 20).

Danach kann ein Verlassen des Bundesgebiets für die Antragstellerin schon deshalb keine außergewöhnliche Härte bedeuten, weil sie - wie aus den vorstehenden Ausführungen zu § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ersichtlich - nicht im Bundesgebiet verwurzelt ist. Zusätzlich spricht gegen die Annahme einer Unzumutbarkeit der Aufenthaltsbeendigung die Tatsache, dass die Antragstellerin bereits einmal aus eigenem Entschluss für immerhin fast 6 Jahre nach Serbien zurückgegangen war.

Soweit sich die Antragstellerin gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids wendet, ist ihr Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, weil die Abschiebungsandrohung als besonderes ausländerrechtliches Zwangsmittel gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 4 NPOG sofort vollziehbar ist. Der Antrag ist jedoch auch insoweit unbegründet, da die Abschiebungsandrohung offensichtlich rechtmäßig ist. Die Voraussetzungen der §§ 58, 59 AufenthG sind erfüllt. Die Antragstellerin ist nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, da sie die erforderliche Aufenthaltserlaubnis nicht (mehr) besitzt. Die gesetzte - datumsmäßig bestimmte - Ausreisefrist von etwa einem Monat ist nicht zu beanstanden.

Auch soweit die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16.01.2024 das in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot nachträglich auf 24 Monate befristet - und damit die ursprünglich im Bescheid tenorierte Frist von 30 Monaten verkürzt - hat, ist über den Eilantrag der Antragstellerin noch zu entscheiden. Die Antragstellerin hat ihren Antrag aufrechterhalten und wendet sich dementsprechend nun gegen die Ziffer 3 des Bescheids in ihrer aktuellen Fassung. Auch dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von Amts wegen zu befristen; über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen entschieden. Die Frist von 24 Monaten lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Auch die Antragstellerin macht keine Fehler geltend. In der Begründung des Bescheids der Antragsgegnerin ist - bzw. war bereits bei Erlass - ausgeführt, aus welchen Gründen diese Frist erforderlich und angemessen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 1.5 und Nr. 8.1 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.