Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 15.05.2024, Az.: 12 B 5089/23

Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen; Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen; faktischer Inländer; Passlosigkeit; Steuerhinterziehung; Vorstrafen

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.05.2024
Aktenzeichen
12 B 5089/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 15589
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2024:0515.12B5089.23.00

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Verlängerung einer ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Er ist am 09.06.1974 in Serbien geboren und serbischer Staatsangehörigkeit. Er reiste erstmals am 15.09.1991 in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 31.01.1992 abgelehnt wurde. Nachfolgend drohte ihm das Landeseinwohneramt D. mit Bescheid vom 12.07.1994 für den Fall seiner nicht freiwilligen Ausreise die Abschiebung in sein Heimatland an. Der Antragsteller war anschließend unbekannten Aufenthalts.

Am 13.03.1996 wurde der Antragsteller in E. wegen unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet vorläufig festgenommen.

Am 21.06.1996 heiratete der Antragsteller in der serbischen Botschaft in D. die serbischen Staatsangehörige F., die seinerzeit im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war. Am 20.09.1996 und am 22.01.1998 wurden die Töchter G. und H. geboren.

Mit Bescheid vom 15.01.1998 lehnte die Ausländerbehörde in E. einen Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen wegen fehlender Lebensunterhaltssicherung ab. Außerdem war der Antragsteller mehrfach wegen Betrugs, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Körperverletzung im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Der Antragsteller wurde anschließend geduldet, da es an einer Rücknahmezusage des Heimatlandes fehlte.

Am 09.06.2001 wurde seine Tochter I. und am 19.09.2002 wurde sein Sohn J. geboren; diese beiden Kinder haben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Am 01.04.2003 wurde der Antragsteller nach unbekannt abgemeldet, am 15.07.2003 reiste er aus.

Am 16.02.2011 reiste der Antragsteller erneut in das Bundesgebiet ein und beantragte am 20.04.2011 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Vom 13.05.2011 bis zum 30.03.2012 befand sich der Antragsteller in Haft.

Nach seinem Zuzug in ihren Zuständigkeitsbereich erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 02.04.2012 erstmals eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der Personensorge in Bezug auf seine Kinder, die zuletzt bis zum 17.05.2020 galt.

Sodann meldete der Antragsteller bei der Stadt K. zum 01.07.2013 und nach Verlegung der Betriebsstätte bei der Stadt L. zum 01.01.2014 das Gewerbe "Allgemeine Gebäudereinigung" an.

Am 14.08.2018 verurteilte das Amtsgericht M. den Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen.

Am 18.09.2018 verurteilte das Amtsgericht M. den Antragsteller wegen Beleidigung und Bedrohung und unter Einbeziehung der Strafe vom 14.08.2018 zu einer Gesamtgeldstrafe von 140 Tagessätzen.

Am 26.11.2019 belegte das Amtsgericht M. den Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit einer Geldstrafe von 65 Tagessätzen.

Mit Schreiben vom 02.07.2020 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und legte die Kopie eines Reisepasses vor.

Am 24.08.2022 belegte das Amtsgericht N. den Antragsteller wiederum wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen.

Mit Schreiben vom 02.09.2022 und 11.07.2023 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, eine Schulbescheinigung oder einen Ausbildungsnachweis für seinen Sohn J. vorzulegen, und mit Schreiben vom 22.08.2023 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu der von ihr beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis an. Der Antragsteller legte keinerlei Ausbildungsnachweise vor und äußerte sich nicht.

Mit Schreiben vom 26.09.2023 zeigte die Antragsgegnerin den Antragsteller bei der Staatsanwaltschaft an, nachdem ihr von der Bundespolizeidirektion bestätigt worden war, dass der Antragsteller für seinen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis das Foto eines gefälschten Reisepasses bei ihr vorgelegt hatte.

Mit Bescheid vom 27.09.2023 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug ab (Ziffer 1). Sie forderte den Antragsteller zur Ausreise auf und drohte ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise die Abschiebung nach Serbien an (Ziffer 2). Die Wirkungen einer Abschiebung befristete sie auf 30 Monate nach erfolgter Ausreise (Ziffer 3). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, der Sohn des Antragstellers sei am 19.09.2020 volljährig geworden. Die Voraussetzung der Ausübung der Personensorge für einen minderjährigen ledigen Deutschen sei deshalb nicht mehr erfüllt. Der Antragsteller habe auch keine Nachweise dafür erbracht, dass sich sein Sohn in einer Ausbildung befinde, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führe. Auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG lägen nicht vor, denn der Antragsteller sei unter anderem am 18.09.2018 durch das Amtsgericht M. rechtskräftig wegen Beleidigung und Bedrohung zu 140 Tagessätzen verurteilt worden. Auch die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG seien nicht gegeben, da ein Ausreisehindernis nicht ersichtlich sei und der Antragsteller seinen Lebensunterhalt nicht sichere. Außerdem bestehe ein Ausweisungsinteresse und erfülle der Antragsteller seine Passpflicht nicht. Zwar habe er einen Nationalpass vorgelegt, dieser sei aber gefälscht. Von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen könne im Falle des Antragstellers nicht im Ermessenswege abgesehen werden. Aus denselben Gründen fehle es auch an den Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG. Die Befristung auf 24 Monate sei ein geeignetes, jedoch auch erforderliches und angemessenes Mittel, um dem Antragsteller zu verdeutlichen, dass ein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nur unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften möglich sei.

Der Antragsteller hat am 14.10.2023 Klage erhoben und einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

Das Landgericht O. hat den Antragsteller am 14.12.2023 wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 52 Fällen, der Steuerhinterziehung in 8 Fällen sowie der versuchten Steuerhinterziehung in 2 Fällen und unter Einbeziehung der Geldstrafe des Amtsgerichts N. vom 24.08.2022 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten auf Bewährung verurteilt und die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 458.602,26 Euro angeordnet. Der Antragsteller hatte in dem Zeitraum von 2013 bis 2017 mit seiner Gebäudereinigungsfirma eine Vielzahl von Angestellten, wobei er lediglich bei einem Bruchteil von ihnen die tatsächlich anfallenden Steuern und Abgaben (Sozialversicherungsbeiträge) ordnungsgemäß abführt hatte. Eine ausreichende Kalkulation unter Berücksichtigung von Preisaufschlägen für die unternehmerischen Abführungspflichten war, obwohl dem Antragsteller diese Pflichten bekannt waren, nicht erfolgt. Durch die nicht oder nicht richtig erfolgte Anmeldung seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Zeitraum Juli 2013 bis Oktober 2017 war ein Sozialversicherungsschaden in Höhe von 336.011,09 Euro entstanden. Darüber hinaus hatte es der Antragsteller wiederholt und in Kenntnis über seine Erklärungspflichten unterlassen, Steuererklärungen fristgerecht beim Finanzamt einzureichen. In anderen Fällen hatte der Antragsteller die Lohnsteuer unzutreffend an das Finanzamt gemeldet. Insgesamt war dadurch in dem genannten Zeitraum ein Steuerschaden in Höhe von 458.749,07 Euro entstanden, auf den der Antragsteller im Nachhinein einen Betrag von 146,81 Euro auf seine Steuerschuld bezahlt hatte.

Der Antragsteller trägt vor, es komme für ihn eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG in Betracht, denn er arbeite. Vom 06.04.2022 bis zum 30.09.2023 habe er bei der Firma P. in Q. in Teilzeit gearbeitet, seit dem 01.10.2023 arbeite er bei derselben Firma in Vollzeit. Ein Ausweisungsinteresse bestehe nicht, denn seine - vorletzte - Verurteilung liege bereits über 5 Jahre zurück und könne deshalb nicht mehr herangezogen werden. Auch sei die abgeurteilte Tat als Bagatelle anzusehen. Seine nunmehr letzte Verurteilung sei ebenfalls nicht geeignet, ein Ausweisungsinteresse zu begründen. Es habe sich um ein altes Verfahren gehandelt, welches erst jetzt entschieden worden sei. Die Tatvorwürfe lägen in einem Zeitraum von 2013 bis 2017 und damit sehr lange Zeit zurück. Weiterhin komme eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, denn es liege eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise vor. Bei ihm handele es sich um einen faktischen Inländer, da er seit über 25 Jahren in Deutschland lebe. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG komme in Betracht. Er, der Antragsteller, befinde sich in einer Sondersituation und eine Ausreise aus dem Bundesgebiet würde für ihn eine außergewöhnliche Härte bedeuten. Alle seine Kinder hielten sich im Bundesgebiet auf und besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine Ausreise würde ihn ungleich härter treffen als andere Ausländer, die ausreisepflichtig seien. Eine Enkeltochter lebe bei ihm und werde von ihm und seiner Frau betreut. Er und seine Frau seien eine Art Vormund für das Kind und das Kind habe die deutsche Staatsangehörigkeit.

Der Antragsteller legt einen Arbeitsvertrag mit der Firma R. vor, nach dem seine zum 01.06.2022 begonnene Tätigkeit als Reinigungshilfe seit dem 01.10.2023 als Vollzeit weitergeführt wird.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag in Bezug auf die Ziffern 1 und 2 der Verfügung abzulehnen.

Sie trägt vor, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen dürften unstreitig nicht vorliegen. Der Antragsteller habe sich insoweit nicht geäußert. In Bezug auf die humanitären Aufenthaltstitel sei festzustellen, dass der Antragsteller über vier Eintragungen im Bundeszentralregister verfüge, wobei jede Straftat für sich einen Versagungsgrund darstelle. Darüber hinaus sei der Antragsteller vom Landgericht O. am 14.12.2023 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt worden. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG komme nicht in Betracht, da es nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mit der Systematik des Aufenthaltsgesetzes nicht vereinbar sei, wenn ein Ausländer, der die abgesenkten Integrationsvoraussetzungen des § 25b AufenthG nicht erfülle, unter Rückgriff auf Art. 8 EMRK ein Aufenthaltsrecht nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhielte. Auch im Übrigen rechtfertige es die aufenthaltsrechtliche Historie des Antragstellers nicht, ihn als faktischen Inländer zu betrachten. Eine Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland sei dem Antragsteller nicht gelungen. Wie aus dem Urteil des Landgerichts O. ersichtlich, habe er seine Selbständigkeit nicht dazu genutzt, seinen und den Lebensunterhalt seiner Familie auf legalem Wege sicherzustellen, sondern vielmehr dazu, im großen Stil Lohn- und Gewerbesteuern zu hinterziehen und Sozialversicherungsträgern Arbeitsentgelte vorzuenthalten. Dabei habe er einen wirtschaftlichen Schaden von insgesamt 458.000 Euro verursacht. Solange der Antragsteller nicht mit seiner Reinigungsfirma selbständig gewesen sei, habe er seinen Lebensunterhalt in Deutschland überwiegend aus öffentlichen Mitteln bestritten. Auch das Verhältnis zu seinen Familienangehörigen lasse nicht den Schluss zu, dass ihm eine Ausreise unmöglich sei. Zwar fielen in den Schutzbereich des Art. 6 GG auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienangehörigen. Diesen komme in der Regel aber nur dann Gewicht zu, wenn ein erwachsenes Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen sei, was im Falle des Antragstellers nicht der Fall sei. Aus denselben Gründen ließe sich auch nicht erkennen, dass sich der Antragsteller in einer individuellen Sondersituation befinde. Schließlich lasse es das vorliegende Ausweisungsinteresse auch unter Ausübung von Ermessen nicht zu, dem Antragsteller einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Selbst wenn der Lebensunterhalt der Familie gesichert sein sollte, wäre keine andere Entscheidung in der Sache möglich. Die Ziffer 3 des Bescheides ändere sie, die Antragsgegnerin insoweit ab, als die Wirkungen einer Abschiebung auf 24 Monate befristet würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und dem parallelen Verfahren der Ehefrau des Antragstellers sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin zum Antragsteller und zu dessen Ehefrau Bezug genommen. Sämtlicher Akteninhalt war Gegenstand der Entscheidung.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nicht begründet.

Prozesskostenhilfe erhält gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung des Antragstellers bietet aus den nachstehenden Gründen nicht die notwendigen Erfolgsaussichten für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Der Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz hat keinen Erfolg.

Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Soweit sich der Antragsteller mit seiner Klage gegen die Ablehnung seines Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids) wendet, ist der Antrag statthaft, da die Ablehnung für ihn belastende Wirkung entfaltet, der gegenüber das Gericht vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu gewähren hat (§ 123 Abs. 5 VwGO). Dies ergibt sich daraus, dass die dem Antragsteller gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zugutekommende Fiktion des Fortbestehens seines bisherigen Aufenthaltstitels mit dem angefochtenen Bescheid entfallen ist und seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Klage gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung zukommt, sodass die Ausreisepflicht nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ist. Durch die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage lebt zwar die Erlaubnisfiktion nicht wieder auf (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), sie lässt jedoch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfallen.

Die Einzelrichterin kommt im Rahmen ihrer nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Abwägungsentscheidung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids das private Interesse des Antragstellers, sich bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiterhin im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, überwiegt. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antrag des Antragstellers auf eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis sowie die Erteilung einer anderen Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, als offensichtlich rechtmäßig.

1. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine Verlängerung der ihm nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Nach der genannten Vorschrift ist einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Die Kinder des Antragstellers sind allerdings nicht mehr minderjährig, das jüngste Kind des Antragstellers, J., wird im September diesen Jahres 22 Jahre alt.

Die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers ist auch nicht nach § 28 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu verlängern. Danach ist die einem Elternteil nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt. Eine Ausbildung seines Sohnes J. hat der Antragsteller nicht nachgewiesen. Trotz zweimaliger Aufforderung durch die Antragsgegnerin (Schreiben vom 02.09.2022 und 11.07.2023) hat der Antragsteller keinerlei Unterlagen dazu vorgelegt. Es ist im Übrigen auch nicht davon auszugehen, dass sich J. in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befindet, da der Antragsteller als Nachweis für seine Lebensunterhaltssicherung einen Arbeitsvertrag vorgelegt hat, auf dem die Unterschrift des Arbeitgebers mit einem Stempelaufdruck der Firma "R. S." versehen ist.

2. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c Abs. 1 AufenthG.

Gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1, 1a und 4 sowie § 5 Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 31.10.2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat und er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt (Nr. 1) und nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, oder Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht, die nicht auf Jugendstrafe lauten, grundsätzlich außer Betracht bleiben (Nr. 2).

Diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt der Antragsteller nicht, weil er mit Urteil des Landgerichts O. vom 14.12.2023 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist. Abgeurteilt wurden auch vorsätzlich begangene Straftaten, denn der Antragsteller ist wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 52 Fällen, der Steuerhinterziehung in 8 Fällen sowie der versuchten Steuerhinterziehung in 2 Fällen bestraft worden.

Die Verurteilung stellt einen zwingenden Versagungsgrund dar, da Straftaten im Rahmen des § 104c Abs. 1 Nr. 2 AufenthG relevant bleiben, solange sie im Bundeszentralregister nicht getilgt sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 21.07.2023 - 11 S 1153/23 -, jurist Rn. 11). Für den Lauf der Tilgungsfristen ist gemäß § 36 BZRG der Tag der Verurteilung und nicht derjenige der Tatbegehung maßgeblich.

3. Auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG - die der Antragsteller vorrangig für sich reklamiert - liegen nicht vor.

Gemäß § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Nach § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis jedoch - zwingend - zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 und 2 besteht.

Der Antragsteller erfüllt ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG und ein weiteres nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG.

Gemäß 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG liegt ein Ausweisungsinteresse vor, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist. Der Tatbestand ist unabhängig davon erfüllt, ob die Vollstreckung der Strafe nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt ist (Bauer in Bergmann/Dienelt, 14. Aufl. 2022, § 54 Rn. 67).

Mit der Verurteilung des Antragstellers zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten auf Bewährung durch das Landgericht O. vom 14.12.2023 ist der Tatbestand des Ausweisungsinteresses und zugleich ein zwingender Versagungsgrund für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG gegeben. Auf die Ausführungen des Antragstellers, dass der Verurteilung Straftaten aus den Jahren 2013 bis 2017 zugrunde lägen, die ihm heute nicht mehr zum Nachteil gereichen dürften, kommt es nicht an, denn das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses knüpft schon nach dem Wortlaut des Gesetzes an die Verurteilung und nicht an den Zeitpunkt der Tatbegehung an.

Darüber hinaus liegt ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG vor, wenn der Ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen hat. Dieses Ausweisungsinteresse erfüllt der Antragsteller, da er mit Strafbefehl des Amtsgerichts N. vom 24.08.2022 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit einer Geldstrafe belegt worden ist. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist grundsätzlich kein geringfügiger Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift (nur Nds. OVG, Beschl. vom 24.01.2022 - 13 ME 15/22 - und Urt. vom 14.11.2018 - 13 LB 160/17 -, juris Rn. 40f.), auch wenn der Antragsteller sie als Bagatelle bezeichnet. Ob auch die weiteren Vorstrafen des Antragstellers ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 10 AufenthG begründen oder möglicherweise insoweit verbraucht sind, weil die Antragsgegnerin in Kenntnis der Verurteilungen in der Vergangenheit die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers verlängert hat, muss dahinstehen, da sich den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin nicht entnehmen lässt, zu welchem Zeitpunkt die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers das letzte Mal verlängert worden ist.

Im Übrigen fehlt es für einen Anspruch nach § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch an der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung aus § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG, weil der Antragsteller aktuell seiner Passpflicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht genügt. Die zuletzt bei der Antragsgegnerin von ihm vorgelegte Kopie eines Reisepasses hat nach Überprüfung durch die Bundespolizei eine Totalfälschung gezeigt, weshalb zumindest nach summarischer Prüfung davon auszugehen ist, dass der Antragsteller derzeit nicht über einen Nationalpass im Original verfügt.

4. Weiterhin hat der Antragsteller keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG.

Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Dabei ist unter "Ausreise" im Sinne der Vorschrift sowohl die freiwillige Ausreise als auch die zwangsweise Rückführung (Abschiebung) zu verstehen (nur Nds. OVG, Beschl. vom 13.02.2020 - 13 ME 387/19 -, juris Rn. 13).

Soweit nach summarischer Prüfung davon auszugehen ist, dass der Antragsteller derzeit nicht über einen gültigen Nationalpass verfügt, stellt dies schon deshalb kein rechtliches Ausreisehindernis im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG dar, weil es nicht - wie gesetzlich gefordert - dauerhaft vorliegt (vgl. zur Passlosigkeit als Hindernis Nds. OVG, Beschl. vom 13.07.20218 - 13 ME 373/17 -, juris Rn. 28). Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller nicht in der Lage wäre, sich einen neuen Nationalpass im Original zu beschaffen; immerhin war er für die Jahre 2010 bis 2020 im Besitz eines Passes der Republik Serbien. Weshalb er bei der Antragsgegnerin mit seinem Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis die Kopie einer Fälschung vorgelegt hat, hat er nicht begründet.

Ein rechtliches Hindernis ergibt sich auch weder im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG noch in Bezug auf das nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben des Antragstellers.

Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Familie zunächst als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft der Kinder und ihrer Eltern. Der Schutz des Familiengrundrechts zielt darüber hinaus aber auch generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen, wie sie auch zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen Enkeln und Großeltern oder zwischen nahen Verwandten in der Seitenlinie bestehen können (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 ME 43/23 - unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. vom 24.06.2014 - 1 BvR 2926/13 -, BVerfGE 136, 382, 388 f.). Der Schutz knüpft aber nicht an bloße formalrechtliche familiäre Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft. In den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen allerdings in der Regel nur ein geringeres Gewicht zu. Allenfalls dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 ME 43/23 - unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschl. vom 25.10.1995 - 2 BvR 901/95 -, NVwZ 1996, 1099).

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für den Antragsteller aus Art. 6 Abs.1 GG kein Ausreisehindernis. Zwar halten sich offenbar alle seine Kinder im Bundesgebiet auf und besitzen die Tochter I. und der Sohn J. zudem die deutsche Staatsangehörigkeit. Sein jüngster Sohn J. wohnt ausweislich einer Meldebescheinigung zudem noch mit in der elterlichen Wohnung. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller auf die Lebenshilfe eines seiner Kinder angewiesen ist oder eines seiner Kinder auf die Lebenshilfe des Antragstellers.

Soweit der Antragsteller angegeben hat, dass eine Enkeltochter bei ihm lebe und von ihm und seiner Frau betreut werde, fehlt es diesem Vortrag an jeder Substanz. Es ist nicht erkennbar, dass eine Enkelin, von der der Einzelrichterin weder Name noch Alter bekannt ist, tatsächlich in einer familiären Lebensgemeinschaft mit dem Antragsteller und seiner Frau und nicht in einer solchen mit ihren leiblichen Eltern lebt.

Der Annahme eines sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebenden rechtlichen Hindernisses steht nach der Rechtsprechung des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts grundsätzlich schon die Systematik des Aufenthaltsgesetzes entgegen (Beschl. vom 11.05.2023 - 13 LA 43/23 -, juris Rn. 19 - 23; Urt. vom 08.02.2018 - 13 LB 43/17 -, juris Rn. 83 m.w.N.), wenn - wie hier - der Anspruch auf einen Titel nach § 25b AufenthG nicht besteht.

§ 25b AufenthG gewährt nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integrierten Ausländern stichtagsunabhängig ein Aufenthaltsrecht. Ziel des Gesetzgebers war es, nachhaltige Integrationsleistungen, die trotz eines fehlenden rechtmäßigen Aufenthaltes erbracht wurden, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren (Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 LA 43/23 -, juris Rn. 22 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, BT-Drs. 18/4097, S. 23). Die erforderlichen Integrationsleistungen hat der Gesetzgeber in § 25b Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 und 3 AufenthG konkret definiert. Mit diesen gesetzlich normierten Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen wegen der Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse ist es grundsätzlich unvereinbar, einem Ausländer, der dem Anwendungsbereich der § 25b AufenthG unterfällt, aber die in diesen Bestimmungen formulierten Voraussetzungen für eine aufenthaltsrechtsbegründende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nicht erfüllt, unter Rückgriff auf das in Art. 8 EMRK ganz allgemein verbürgte Recht auf Achtung des Privatlebens gleichwohl ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Unabhängig davon erscheint es auch praktisch ausgeschlossen, einen Ausländer, der die abgesenkten Anforderungen an eine berufliche und wirtschaftliche Integration des § 25b Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt, als derart in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert anzusehen, dass ihm als sogenanntem faktischen Inländer ein Verlassen des Bundesgebiets nach § 25 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich sein soll (Nds. OVG, Beschl. vom 11.05.2023 - 13 LA 43/23 -, juris Rn. 23 und Urt. vom 08.02.2018 - 13 LB 43/17 -, juris Rn. 81 ff.).

Neben der Systematik des Gesetzes ist danach beim Antragsteller ein Ausreisehindernis auch deshalb zu verneinen, weil er - entgegen seiner eigenen Rechtsauffassung - nicht als faktischer Inländer anzusehen ist.

Im Hinblick auf den Schutz des Privatlebens kommt einer aufenthaltsrechtlichen Entscheidung eine Eingriffsqualität in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 EMRK nur dann zu, wenn der Ausländer ein Privatleben, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiert ist, faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat als Vertragsstaat der EMRK führen kann, er mithin ein "faktischer Inländer" ist. Ob der Ausländer ein Privatleben faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat führen kann, hängt zum einen von seiner Integration in dem betreffenden Staat und zum anderen von der Möglichkeit zur (Re-)Integration in seinem Heimatland ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine zumindest mehrjährige Dauer des Aufenthalts, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in dem Innehaben eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln, um den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, und fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt (Nds. OVG, Beschl. vom 25.02.2018 - 8 ME 1/18 -, juris Rn. 17 m.w.N.). Eine nach Art. 8 EMRK schutzwürdige Verwurzelung im Bundesgebiet kann dabei aber grundsätzlich nur während Zeiten entstehen, in denen der Ausländer sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 17.08.2020 - 8 ME 60/20 -, juris Rn. 65, und Beschl. vom 10.11.2017 - 13 ME 190/17 -, juris Rn. 27).

Soweit der Antragsteller seine Integration in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet mit Hinweis auf seine insgesamt lange Aufenthaltsdauer in Deutschland begründen will, ist ihm entgegenzuhalten, dass lediglich die Zeit seit dem 02.04.2012 - Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug - in den Blick zu nehmen ist. Die früheren Aufenthaltszeiten können eine Integration schon deshalb nicht begründen, weil der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet in der Zeit nach dem Abschluss seines Asylverfahrens bis zu seiner Ausreise am 15.07.2003 und auch nach seiner Wiedereinreise am 16.02.2011 nicht rechtmäßig war. Dem Antragsteller ist allerdings zu keiner Zeit seines Aufenthalts eine Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland gelungen. Solange der Antragsteller nicht mit seiner Reinigungsfirma selbständig gewesen ist, hat er für seinen und den Lebensunterhalt seiner Familie in Deutschland überwiegend öffentliche Mittel in Anspruch genommen. Während seiner Selbständigkeit hat er seinen und den Lebensunterhalt seiner Familie auf betrügerische Weise bestritten. Wie aus dem Urteil des Landgerichts O. vom 14.12.2023 ersichtlich ist, hat er über mehrere Jahre Lohn- und Gewerbesteuern hinterzogen und Sozialversicherungsträgern Arbeitsentgelte vorenthalten. Darüber hinaus ist er in dem relevanten Zeitraum auch anderweitig mehrfach - und teils als Wiederholungstäter - straffällig geworden. Insoweit sind auch an dieser Stelle die Verurteilungen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Urteil des Amtsgerichts M. vom 14.08.2018 und Strafbefehl desselben Amtsgerichts vom 26.11.2019 sowie Strafbefehl des Amtsgerichts N. vom 24.08.2022) und Beleidigung und Bedrohung (Urteil des Amtsgerichts M. vom 18.09.2018) relevant. Seine letzte Verurteilung wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 52 Fällen, der Steuerhinterziehung in 8 Fällen sowie der versuchten Steuerhinterziehung in 2 Fällen ist über das Strafmaß von einem Jahr und 8 Monaten hinaus Anhalt für eine fehlende Integration, da er mit der Verwirklichung der Straftatbestände öffentliche Kassen geschädigt hat. Der wirtschaftliche Schaden betrug insgesamt 458.000 Euro.

Eine Reintegration des Antragstellers in Serbien erscheint überdies möglich. Der Antragsteller ist mit 17 Jahren erstmals ins Bundesgebiet eingereist und hat darüber hinaus vom Juli 2003 bis zum Februar 2011 nochmals in Serbien gelebt. Er hat damit in etwa die Hälfte seines Lebens in Serbien - bzw. in ehemals Jugoslawien - verbracht. Zu keiner Zeit hat er im Übrigen vorgetragen, während seines letzten Aufenthalts von fast 8 Jahren in Serbien Schwierigkeiten der Reintegration in die dortigen Lebensverhältnisse gehabt zu haben.

5. Schließlich besteht auch kein Anspruch des Antragstellers auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG.

Nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, der eine von Satz 1 des § 25 Abs. 4 AufenthG unabhängige Rechtsgrundlage darstellt, kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG - also unabhängig vom Wegfall der Erteilungsvoraussetzungen - verlängert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außerordentliche Härte bedeuten würde. Eine außergewöhnliche Härte in diesem Sinne liegt allerdings nur vor, wenn die Aufenthaltsbeendigung den Ausländer deutlich härter trifft als andere Ausländer in einer vergleichbaren Situation. Die Beendigung des Aufenthalts muss für den Ausländer bei dieser Vergleichsbetrachtung unzumutbar sein (Nds. OVG, Beschl. vom 04.09.2019 - 13 ME 282/19 -, juris Rn. 8 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. vom 27.01.2009 - 1 C 40.07 -, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 19). Bedeutung kommt dabei auch an dieser Stelle dem Umstand zu, inwieweit der Ausländer im Bundesgebiet familiär, beruflich und sozial integriert und deshalb verwurzelt ist (BVerwG, Urt. vom 27.01.2009 - 1 C 40.07 -, BVerwGE 133, 72, juris Rn. 20).

Danach kann ein Verlassen des Bundesgebiets für den Antragsteller schon deshalb keine außergewöhnliche Härte bedeuten, weil er - wie aus den vorstehenden Ausführungen zu § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ersichtlich - nicht im Bundesgebiet verwurzelt ist. Zusätzlich spricht gegen die Annahme einer Unzumutbarkeit der Aufenthaltsbeendigung die Tatsache, dass der Antragsteller bereits einmal aus eigenem Entschluss für immerhin fast 8 Jahre nach Serbien zurückgegangen war.

Soweit sich der Antragsteller gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids wendet, ist sein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, weil die Abschiebungsandrohung als besonderes ausländerrechtliches Zwangsmittel gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 4 NPOG sofort vollziehbar ist. Der Antrag ist jedoch auch insoweit unbegründet, da die Abschiebungsandrohung offensichtlich rechtmäßig ist. Die Voraussetzungen der §§ 58, 59 AufenthG sind erfüllt. Der Antragsteller ist nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, da er die erforderliche Aufenthaltserlaubnis nicht (mehr) besitzt. Die gesetzte - datumsmäßig bestimmte - Ausreisefrist von etwa einem Monat ist nicht zu beanstanden.

Auch soweit die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16.01.2024 das in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot nachträglich auf 24 Monate befristet - und damit die ursprünglich im Bescheid tenorierte Frist von 30 Monaten verkürzt - hat, ist über den Eilantrag des Antragstellers noch zu entscheiden. Der Antragsteller hat seinen Antrag aufrechterhalten und wendet sich dementsprechend nun gegen die Ziffer 3 des Bescheids in ihrer aktuellen Fassung. Auch dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von Amts wegen zu befristen; über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen entschieden. Die Frist von 24 Monaten lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Auch der Antragsteller macht keine Fehler geltend. In der Begründung des Bescheids der Antragsgegnerin ist - bzw. war bereits bei Erlass - ausgeführt, aus welchen Gründen diese Frist erforderlich und angemessen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 1.5 und Nr. 8.1 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.