Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 28.06.2011, Az.: VgK-21/2011
Zulässigkeit der Verwendung einer Bewertungsmatrix zur Dokumentation gem. § 20 VOL/A; Zulässigkeit einer stichpunktartigen Begründung der Punktevergabe an einzelnde Bieter; Preis als wichtigstes Kriterium im deutschen Vergaberecht
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 28.06.2011
- Aktenzeichen
- VgK-21/2011
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 21525
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 16 Abs. 8 VOL/A
- § 18 Abs. 1 VOL/A
- § 20 VOL/A
- § 9 Abs. 2 VOL/A-EG
- § 19 Abs. 8 VOL/A-EG
- § 97 Abs. 5 GWB
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren "XXXXX - Vergabe der Durchführung der Leistungen des Rettungsdienstes" -
hier: Los 2
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn RA Hintz,
auf die mündliche Verhandlung vom 10.06.2011
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Konzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren und dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten. Ebenso ist sie verpflichtet, die Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Angebotspreises auf der Grundlage des Vermerks über das Aufklärungsgespräch vom 20.04.2011 zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene je zur 1/2 zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf XXXX EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind verpflichtet, der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen je zur Hälfte zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Die Antragsgegnerin hat mit Bekanntmachung vom XXXX.2011, veröffentlicht am XXXX.2011, die Rettungsdienstleistungen für 6 Jahre europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Die zu vergebende Leistung ist in 2 Lose aufgeteilt. Der Bekanntmachung ist zu entnehmen, dass sich die Bieter jedoch nur auf ein Los bewerben konnten. Bietergemeinschaften waren zugelassen. Varianten/Alternativvorschläge waren nicht zugelassen. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der in den Vergabeunterlagen genannten Kriterien erfolgen. Dort war unter Ziffer 12 der Aufforderung zur Angebotsabgabe ausgeführt, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen soll, wobei der Leistungspreis und das Konzept für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports mit jeweils 50% gewichtet werden soll. Die Antragsgegnerin erläuterte in der Aufforderung, wie sich der Leistungspreis zusammensetzt und an Hand welcher Formel die Punktzahl dafür ermittelt wird. Hinsichtlich des anderen Zuschlagskriteriums teilte die Antragsgegnerin 8 Unterkriterien mit und erläuterte, dass sie diese mit jeweils 12,5% gewichten will. Ferner erläuterte sie diese Wertungskriterien. Aufgrund zahlreicher Bieteranfragen, u.a. auch von der Antragstellerin, versandte der mit dem Verfahren beauftragte Berater insgesamt 9 Bieterinformationen an die Bieter. In der Bieterinformation 4, Frage 3, führte die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Konzeptbewertung und dem Begriff "mangelhaft" u.a. aus:
Je besser die Ausführungen erkennen lassen, dass die Umsetzung der gesetzlichen Mindeststandards erfolgt oder je weiter ein Bieter hierüber hinaus geht oder innovative und taugliche Konzepte zur Leistungserbringung einreicht, desto mehr Punkte erhält der Bieter.
In der Vergabeakte befindet sich ein Vermerk der Antragsgegnerin vom 25.02.2011 zur Wahl des Vergabeverfahrens, in dem sie ausführt, dass es sich ihrer Auffassung nach um eine Dienstleistung nach Anhang I, Teil B, Kategorie 25, handelt.
Der Niederschrift über die Verdingungsverhandlung am 08.04.2011 ist zu entnehmen, dass u.a. die Antragstellerin und Beigeladene ein Angebot für das hier streitige Los 2 eingereicht hatten. Im Rahmen der Angebotswertung bat die Antragsgegnerin die Beigeladene um Vorlage bestimmter Nachweise und lud sie zu einem Aufklärungsgespräch am 20.04.2011 ein, um u. a auch bestimmte Preise zu hinterfragen. Die Antragsgegnerin sah beim Angebotspreis die Möglichkeit eines Unterkostenangebotes, da der Angebotspreis der Beigeladenen ca. 15% unter dem des zweitplazierten Bieters liege. Die Antragsgegnerin bat auch die Antragstellerin mit Schreiben vom 26.04.2011 ebenfalls um Aufklärung zu einem bestimmten Preis.
Dem gemeinsamen Vergabevermerk für beide Lose vom 29.04.2011 sind dazu eine Musterkalkulation mit Ausdruckdatum vom 26.04.2011 (als Anlage 10 zur Angebotsauswertung) sowie ein Preisvergleich des Angebotes der Beigeladenen zu der Musterkalkulation der Antragsgegnerin beigefügt. Der Gegenüberstellung ist zu entnehmen, dass die prozentuale Abweichung von der Normalkalkulation der Antragsgegnerin 2,89% beträgt.
In dem o. g gemeinsamen Vergabevermerk hielt die Antragsgegnerin als Ergebnis der formalen Angebotsprüfung u.a. für das Los 2 fest, dass das Angebot der Antragstellerin nicht wegen einer fehlerhaften Preisangabe auszuschließen ist. Ferner ist der Vergabeakte zu entnehmen, dass an der materiellen Eignung der Beigeladenen nach den vorgelegten Unterlagen keine Zweifel bestehen (Anlage 7 zur Angebotsauswertung).
Hinsichtlich der Bewertung der vorzulegenden Konzepte hat die Antragsgegnerin stichwortartig Angaben der Bieter in eine Matrix übertragen und die angebotene Leistung anschließend bewertet. Insgesamt kam die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin X Punkte erlangte, die Beigeladene XX Punkte (Anlage 11 zur Angebotsauswertung).
Dem Vergabevermerk ist eine weitere Anlage beigefügt, aus der sich als Gesamtwertung die Bewertung der Angebotspreise und des Konzepts ergibt. Dabei erzielte die Beigeladene als erstplazierte Bieterin insgesamt X Punkte. Die Antragstellerin lag mit insgesamt X Punkten an letzter Stelle. Die Verwaltung schlug vor, der Beigeladenen den Zuschlag für das Los 2 zu erteilen. Dem Vergabevorschlag stimmte das zuständige Rechnungsprüfungsamt am 05.05.2011 zu.
Mit Bieterinformation nach § 101 a GWB vom 16.05.2011 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen frühestens am 27.05.2011 erteilt werden soll. Mit Schreiben vom 19.5.2011 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene. Sie geht sie davon aus, dass das Angebot der Beigeladenen unauskömmlich ist, da 95% des Angebotspreises Personalkosten seien. Sie geht ferner davon aus, dass eine Fehlkalkulation durch die Neuanbieter erfolgte. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass ihr Angebot bei der Konzeptbewertung lediglich X von 100 Punkten erzielte.
Die Antragsgegnerin nahm mit Schreiben vom 23.05.2011 zu den Ausführungen der Antragstellerin Stellung und schlüsselte die von ihr erzielte Punktzahl bei der Konzeptbewertung auf.
Mit Schreiben vom 25.05.2011, eingegangen in der Vergabekammer per Telefax am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber der Antragstellerin monierte beabsichtigte Beauftragung der Beigeladenen. Sie führt ferner aus, dass keine bzw. nur unzureichende Ermittlungen über die Angemessenheit der von der vorgesehenen Zuschlagsbieterin und der anderen vor ihr platzierten Bieter angebotenen Preise angestellt wurden, obwohl die Preise unangemessen niedrig erscheinen mussten. Sie geht unter Hinweis darauf, dass sie derzeit aufgrund der noch laufenden Beauftragung die Rettungsdienstleistungen zum Los 2 ausführt, davon aus, dass sich die Unauskömmlichkeit der billigeren Angebote auch daraus ergibt, dass nach den Ausschreibungsbedingungen ein Betriebsübergang erfolgen wird und damit auch ihr derzeit eingesetztes Personal zu übernehmen ist. In diesem Fall sei zu berücksichtigen, dass ihre angewandeten Arbeitsvertragsrichtlinien als unmittelbare individuelle arbeitsvertragliche Bedingungen weiter gelten und nicht automatisch durch einen anderen Tarifvertrag abgelöst werden können.
Die Antragsgegnerin hätte ihrer Auffassung nach im Rahmen der Überprüfung der Angebote ihre Musterkalkulation nicht zu Grunde legen dürfen, da diese unzureichend sei und das Maß der tatsächlichen Unterdeckung verschleiere. Sie hält die aufgrund der Musterkalkulation überprüfte Auskömmlichkeit des Angebotes der Beigeladenen für ermessensfehlerhaft, da die Antragsgegnerin den Umfang der zu erwartenden Unterdeckung verkannt und dementsprechend die anderen Bieter nicht über die tatsächlich zu erwartende Unterdeckung aufgeklärt hat. Sie vermutet, dass die Antragsgegnerin auch bei ihrer Musterkalkulation nicht alle Umstände berücksichtigt hat, so dass die Auskömmlichkeitsprüfung auf Grundlage der Musterkalkulation ermessensfehlerhaft sein muss.
Auch bei der Bewertung des Konzeptes ist aus Sicht der Antragstellerin nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin ihr nicht die Höchstpunktzahl bei den einzelnen Unterkriterien ihres Konzeptangebotes gegeben hat, obwohl sie ein optimales Konzept angeboten habe.
Nach Durchführung der eingeschränkten Akteneinsicht moniert die Antragstellerin ferner die aus ihrer Sicht unzureichende Dokumentation des Vergabeverfahrens. Der Vergabeakte sei nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin gewissenhaft die Auskömmlichkeit der vor ihr platzierten Angebote geprüft hat. Die Antragsgegnerin habe sich nicht mit dem Einwand, dass die Musterkalkulation nur unzureichend sein kann, auseinander gesetzt. Die Antragsgegnerin habe nicht nachvollziehbar dokumentiert, dass sie der Überprüfung der Kalkulation nicht irgendeine Musterkalkulation zu Grunde gelegt hat, sondern eine auf das Verfahren zugeschnittene Musterkalkulation, um die Angemessenheit der Preise zu kontrollieren.
Ferner ergäbe sich aus dem Vergabevermerk nicht, wie die konkrete Bewertung durch die Antragsgegnerin erfolgte und welche Punkte des Bieters als innovativ und tauglich angesehen wurden. Insoweit sei auch nicht ersichtlich, was zu den Punktabzügen geführt hat. Aus ihrer Sicht werde an vielen Stellen deutlich, dass ihr Konzept unzureichend gesichtet und bewerdet wurde. Sie führt dazu die Bewertung zu den Unterkriterien
Effizienz des Personaleinsatzes,
Ausfallsicherheit Sachmittel,
Effizienz der Hygieneschutzmaßnahmen,
Medizinprodukteverwaltung,
Melde- und Berichtswesen und
psycho-soziale Betreuung der Mitarbeiter an.
Außerdem führe die durchgeführte Wertung der Konzepte nicht zu einer gleichwertigen Gewichtung zwischen Leistungspreis und Konzeptbewertung. Im Los 2 erzielte die Beigeladene als Bestbieterin X von X möglichen Punkten, also XX% von 100%. Es entstehe so eine ungewollte Höhergewichtung des Leistungspreises, was gerade zu einer Bevorzugung von Dumpingangeboten führe.
Die Antragsgegnerin habe auch nicht fortlaufend die einzelnen Schritte des Vergabeverfahrens dokumentiert. Der Dokumentation könne nicht einmal ansatzweise entnommen werden, welche Anforderungen an die einzelnen Konzepte gestellt wurden und warum die Konzepte jeweils welche Punktzahl erhalten haben. Auch die Musterkalkulation sei nicht nachvollziehbar und offenbar nicht im Vergabevermerk dokumentiert. Sie vermutet, dass die Antragsgegnerin die für sie vermeintlich "teuren" Bieter aussteuere.
Die Antragstellerin beantragt,
- 1.
die Antragsgegnerin anzuweisen, die Angebotspreise der preislich vor der Antragstellerin platzierten Bieter zu überprüfen und die Angebotswertung unter Einbeziehung des Angebotes der Antragstellerin sowie unter ermessensfehlerfreier Berücksichtigung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut zu treffen;
- 2.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
- 3.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;
- 2.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
- 3.
der Antragstellerin in die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin tritt den Behauptungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt sei. Sie belege nicht, warum die Angebote der besser platzierten Bieter nicht auskömmlich sind. Soweit die Antragstellerin eine fehlerhafte Konzeptbewertung unterstelle, habe sie rein hypothetisch für die Antragstellerin die volle Punktzahl bei der Konzeptbewertung unterstellt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst in diesem Fall die Antragstellerin den Zuschlag nicht erhalten könne.
Soweit der Nachprüfungsantrag nicht unzulässig ist, sei er aber unbegründet. Die Angebote der vor der Antragstellerin platzierten Bieter seien nicht wegen Unauskömmlichkeit auszuschließen. Sie habe bei der von ihr zu Grunde gelegten Musterkalkulation selbstverständlich alle in den Vergabeunterlagen gemachten Vorgaben, insbesondere auch die Regelung zum Betriebsübergang berücksichtigt. Beim Vergleich mit dem Angebot der Beigeladenen habe sich gezeigt, dass deren Angebot sogar etwas über dem Preis der Musterkalkulation liegt. Eine Unauskömmlichkeit sei daher nicht ersichtlich. Sie sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angebotskalkulation der Beigeladenen oder der anderen vor der Antragstellerin platzierten Bieter nicht an Hand der Vorgaben und Daten der Ausschreibungsunterlagen vorgenommen wurden. Die Antragstellerin habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass einer der vor ihr platzierten Bieter aus Marktverdrängungsabsicht ein Angebot abgegeben hat oder warum aus anderen Gründen die vor ihr liegenden Angebote wettbewerbswidrig sein sollen. Insbesondere habe sie auch nicht dargelegt, dass und warum bei einer Zuschlagserteilung die begründete Besorgnis bestehe, dass eine vertragsgemäße Ausführung nicht gewährleistet ist.
Soweit die Antragstellerin unterstellt, dass die Konzeptbewertung nicht vergaberechtskonform erfolgt sei, weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass sie ausschließlich die bekannt gemachten Kriterien berücksichtigt und den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten habe.
Die Beigeladene beantragt,
den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 25.05.2011 zurückzuweisen.
Sie unterstützt die Ausführungen der Antragsgegnerin zur Unbegründetheit des Nachprüfungsantrages.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 10.06.2011 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragsgegnerin hat gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, da die in der Vergabeakte enthaltene Dokumentation der Auswertung und Bewertung der Angebote in wesentlichen Punkten nicht den Anforderungen des § 20 VOL/A genügt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Bewertung der Konzepte der Bieter für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes, die mit 50% bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt werden sollte, auf der Grundlage der bekannt gemachten 8 Unterkriterien und der bekannt gemachten Gewichtung unter Verwendung einer Bewertungsmatrix durchgeführt hat, wobei sie, ebenfalls wie in den Vergabeunterlagen bekannt gegeben, Punkte anhand eines Schulnotensystems vergeben hat. Sie hat es jedoch versäumt, die Punktevergabe und damit die Bewertung der Angebote in einer transparenten und angemessenen Weise nachvollziehbar zu begründen. Darüber hinaus genügt auch die von der Antragsgegnerin durchgeführte Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Preises gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A im Vergabevermerk vom 29.04.2011 für das hier verfahrensgegenständliche Los 2 nicht den Anforderungen des § 20 VOL/A. Während sie für das preislich niedrigste Angebot zum Los 1 eine ausführliche Auswertung und rechtliche Bewertung der Angemessenheitsprüfung aufgenommen hat, fehlt in der Vergabeakte eine entsprechende Auswertung und rechtliche Bewertung, obwohl der Antragsgegnerin die gebotene Plausibilitätsprüfung auf der Grundlage des Protokolls zum Aufklärungsgespräch vom 25.02.2011 ohne weiteres möglich war. Der von der Antragsgegnerin erstmals in der mündlichen Verhandlung erwähnte und mit Schriftsatz vom 14.06.2011 nachgereichte, undatierte und nicht unterschriebene diesbezügliche Vermerk vermag diesen Mangel nicht zu heilen, da er in der Vergabeakte nicht enthalten ist und das Vergabeverfahren gemäß § 20 VOL/A ausdrücklich von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren ist.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um eine öffentliche Antragsgegnerin im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um die Durchführung der Leistungen des Rettungsdienstes in der Stadt XXXXX und damit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 2 der Vergabeverordnung (VgV) ein Schwellenwert von 193.000 EUR gilt. Werden Dienstleistungsaufträge, wie vorliegend, losweise ausgeschrieben, so beträgt der Schwellenwert 80.000 EUR oder bei Losen unterhalb von 80.000 EUR deren addierter Wert ab 20 v. H. des Gesamtwertes aller Lose. Ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks vom 25.02.2011 (Vergabeunterlagen, Ordner I, Bl. 178 ff.) beträgt der geschätzte Wert des für den Zeitraum 01.01.2012 bis 31.12.2017 ausgeschriebenen Gesamtauftrags ca. XX Mio. EUR. Allein der Wert des hier verfahrensgegenständlichen Loses 2 liegt ausweislich der in der Vergabeakte dokumentierten Gesamtwertung der eingegangenen Angebote (Anlage 11, Bl. 1492) über X Mio. EUR über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterunternehmen ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin das Angebot der Beigeladenen zu Unrecht als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03; Möllenkamp in: Kulartz/ Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06).
Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, dass sie auf der Grundlage der eigenen Kalkulation davon ausgehen müsse, dass die Antragsgegner unter Verstoß gegen § 16 Abs. 6 VOL/A offenbar keine bzw. nur unzureichende Ermittlungen über die Angemessenheit der von der Beigeladenen und der anderen vor ihr platzierten Bieter angebotenen Preise durchgeführt habe, obwohl ihr diese Preise unangemessen niedrig erscheinen mussten. Angesichts ihres Ansatzes, dass 95% des Angebotspreises durch Personalkosten bestimmt würden und nach den Ausschreibungsbedingungen ein Betriebsübergang für die zurzeit noch bei ihr im verfahrensgegenständlichen Bereich beschäftigten Mitarbeiter erfolgen soll, könne der von der Beigeladenen angebotene Preis nur unauskömmlich sein. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht dieser Vortrag der Antragstellerin einer Antragsbefugnis nicht entgegen. Zwar dient § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der davor bewahrt werden soll, Verträge mit Auftragnehmern einzugehen, die wegen einer unauskömmlichen Preiskalkulation in Gefahr geraten, ihren Leistungsverpflichtungen nicht auftragsgemäß nachkommen zu können. Einen Bieterschutz entfaltet diese Vorschrift daher grundsätzlich nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Preisangebots fordert (vgl. Dicks, in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 224). Diese Voraussetzungen sind zum einen gegeben, wenn Angebote mit einem unverhältnismäßig niedrigen Preis in der zielgerichteten Absicht einer Marktverdrängung abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2006 - Verg 49/06, zitiert nach VERIS). Für eine derartige, zielgerichtete Marktverdrängungsabsicht der Beigeladenen bietet der vorliegende Sachverhalt allerdings keinen Anhaltspunkt. Der Bieterrechtschutz des § 16 Abs. 6 VOL/A beschränkt sich jedoch entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht nur auf die Fallgruppe des marktverdrängenden Dumpingpreises. Die Vorschriften schützen auch den Mitbewerber, der sich gleichfalls an der Ausschreibung beteiligt hat und zu Recht erwartet, dass seinem Angebot nicht ein unseriös kalkuliertes Angebot vorgezogen wird, bei dem die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung möglicherweise nicht sichergestellt ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 18.12.2003, Az.: 13 Verg 22/03 = VergabeR 3/2004, S. 397 ff., S. 405). Die Bieter im Vergabeverfahren haben deshalb einen Anspruch darauf, dass der Zuschlag nicht auf ein Angebot erteilt wird, bei dem die Preisgestaltung den Auftragnehmer voraussichtlich in so große wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, dass er die Vertragsausführung abbrechen muss. Die wettbewerbsbeschränkende Wirkung ist in jenen Fällen in der begründeten Besorgnis zu sehen, dass die am Vergabeverfahren beteiligten Wettbewerber, welche die Leistung zu einem angemessenen Preis angeboten haben, aus welchen Gründen auch immer nicht mehr in die Ausführung des Auftrags eintreten können, weil eine Übernahme wegen der weiteren Entwicklung ihrer geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere einer anderweitigen Bindung der Leistungskapazitäten, ausgeschlossen ist (vgl. Dicks, a.a.O., § 16 VOL/A, Rdnr. 224, m.w.N.). Einen derartigen Sachverhalt macht die Antragstellerin geltend, indem sie als derzeit im verfahrensgegenständlichen Bereich eingesetztes Unternehmen darauf hinweist, dass die Beigeladene erhebliche niedrigere Preise als sie selbst gefordert habe, obwohl sie nach der Ausschreibung im Wege des Betriebsüberganges das derzeit eingesetzte Personal übernehmen müsse und ca. 95% des Angebotspreises durch Personalkosten bestimmt werden. Die Frage, ob der von der Beigeladenen angebotene Preis tatsächlich im Sinne des § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht und ob die Antragsgegnerin die Angemessenheit des Angebotspreises in einer den Anforderungen des § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A genügenden Weise geprüft hat, ist vielmehr im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu entscheiden.
Antragsbefugt ist die Antragstellerin im Übrigen auch hinsichtlich der nach Durchführung der Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren gerügten unzureichenden Dokumentation des Vergabeverfahrens und des Vortrags, dass die Bewertung des von ihr mit dem Angebot unterbreiteten Konzeptes nicht nachvollziehbar sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, was konkret zu den Punkteabzügen geführt habe.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht aus § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.05.2011 gemäß § 101a GWB darüber informiert, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll. Bereits mit Schreiben vom 19.05.2011 rügte die Antragstellerin daraufhin die beabsichtigte Vergabe unter Darlegung ihrer Auffassung, das und warum der von der Beigeladenen angebotene Preis als unangemessen niedrig bewertet werden müsse. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass ihr Angebot bei der Konzeptbewertung lediglich 80 von 100 Punkten erhalten habe. Diese nur innerhalb von 3 Tagen nach Erhalt der Information abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB.
Präkludiert ist die Antragsgegnerin dagegen mit ihrem Vortrag, soweit sie erstmals im Zuge des Nachprüfungsverfahrens moniert hat, dass die durchgeführte Wertung der Konzepte nicht zu einer gleichwertigen Gewichtung zwischen Leistungspreis und Konzeptbewertung führt, weil auch die von der Antragsgegnerin hinsichtlich des Konzeptes ermittelte Bestbieterin lediglich X von XX möglichen Punkten erzielt hat. Die Antragstellerin hat darauf hingewiesen, dass dies im Ergebnis zu einer nachrangigen Gewichtung des Konzeptes gegenüber dem Preis führt, was gerade eine Bevorzugung von Dumpingangeboten begünstige. Die Antragsgegnerin hat sich jedoch ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte bei der Bewertung exakt an ihre bekannt gemachte Gewichtung der Zuschlagskriterien und ihrer Unterkriterien gehalten. An diese bekannt gemachten Vorgaben, die weder von der Antragstellerin noch von anderen Bietern gerügt wurden, war und ist die Antragsgegnerin in der Wertung gemäß § 16 Abs. 7 VOL/A und zur Wahrung des Transparenzgrundsatzes gemäß § 97 Abs. 1 GWB gebunden. Da die Antragsgegnerin die Wertungskriterien, die Unterkriterien, ihre Gewichtung und die Bewertungsmaßstäbe den Bietern auf S. 9 ff. der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gegeben und erläutert hat, war diese Verfahrensweise auch für die Antragstellerin spätestens bei der Legung ihres Angebotes erkennbar. Die Antragstellerin ist daher diesbezüglich mit ihrem Vortrag gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Antragsgegnerin wesentliche Schritte ihrer Angebotswertung nicht in einer den Anforderungen des §§ 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert hat. Sie hat zum einen versäumt, die Punktevergabe und damit die Bewertung der Konzepte der Bieter für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes nachvollziehbar zu begründen (im Folgenden a). Außerdem hat sie die rechtliche Bewertung und das Ergebnis der Prüfung der Angemessenheit des für das verfahrensgegenständliche Los 2 angebotenen, niedrigsten Angebotspreis nicht hinreichend dokumentiert, obwohl ihr die gebotene Plausibilitätsprüfung auf der Grundlage des Protokolls zum Aufklärungsgespräch vom 25.02.2011 ohne weiteres möglich war (im Folgenden b). Dadurch hat die Antragsgegnerin gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB verstoßen.
a)
Die Antragsgegnerin hat vorliegend die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ausweislich der Vergabeakte zwar ausschließlich unter Zugrundelegung der den Bietern bekannt gemachten Zuschlagskriterien nebst Unterkriterien und der ebenfalls festgelegten und bekannt gemachten Gewichtung durchgeführt. Sie hat es jedoch hinsichtlich der Bewertung der Bieterkonzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports, die unter Festlegung der Antragsgegnerin mit 50% bei der Gesamtbewertung der Angebote berücksichtigt werden sollte, in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.
Gemäß § 97 Abs. 5 GWB und § 18 Abs. 1 VOL/A ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 VOL/A ist der niedrigste Angebotspreis - grundsätzlich - nicht allein entscheidend. Die Vergaberichtlinien der EU legen übereinstimmend fest, dass für die Auftragsvergabe grundsätzlich zwei Kriterien maßgebend sein dürfen. Der öffentliche Auftraggeber darf entweder den Bieter auswählen, der den niedrigsten Preis anbietet, oder denjenigen Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat (vgl. Art. 53 und 54 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (VKR)). Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 97 Abs. 5 GWB jedoch zulässigerweise ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" zu geben. Das deutsche Recht schließt damit nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebotes im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr regelmäßig das wichtigste, aber eben nicht das allein entscheidende Kriterium (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 97, Rdnr. 144).
Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Angebotswertung an die von ihm festzulegenden und bekannt zu machenden Zuschlagskriterien im Sinne des § 16 Abs. 8 VOL/A gebunden. Dies gilt auch für die vom Auftraggeber festgelegte und bekannt gemachte Gewichtung der Zuschlagskriterien und Unterkriterien. Dies folgt im vorliegenden Fall zwar nicht aus § 9 Abs. 2 VOL/A-EG und § 19 Abs. 8 VOL/A-EG, die diese Bindung an die bekannt gemachte Gewichtung auch ausdrücklich regeln. Denn die Antragsgegnerin hat die verfahrensgegenständlichen Rettungsdienstleistungen zu Recht als Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A eingestuft. Es handelt sich dabei um Dienstleistungen der Kategorie 25 - Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen - des Anhangs I Teil B. Für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Dienstleistungen im Sinne des Anhangs I Teil B sind, findet gemäß § 1 Abs. 3 VOL/A-EG, § 4 Abs. 4 VgV Anwendung. Nach § 4 Abs. 4 VgV gelten für die Vergabe von Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A aus dem zweiten Abschnitt der VOL/A nur die §§ 8, 15 Abs. 10 und 23 VOL/A-EG. Im Übrigen sind dagegen die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A anzuwenden. Eine Bindung an die festgelegte und bekannt gemachte Gewichtung der Zuschlagskriterien und ihrer Unterkriterien folgt jedoch für die Vergabe von privilegierten Dienstleistungen im Sinne des Anhangs I Teil B zur VOL/A bereits aus dem vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Mit dieser Verpflichtung soll erreicht werden, dass die Bieter vorhersehen können, auf was es dem Auftraggeber bei den Angeboten ankommt. Nur so können die Bieter Zielstellung und Wünsche des Auftraggebers bei der Angebotserstellung berücksichtigen. Für den Auftraggeber hat die Angabe der Zuschlagskriterien den Vorteil, dass er auf seine konkreten Bedürfnisse zugeschnittene Angebote erhält. Zugleich werden dadurch Manipulationen des Verfahrens ausgeschlossen und die Zuschlagsentscheidung wird transparent sowie nachprüfbar. Eine Festlegung der Zuschlagskriterien kann den Auftraggeber durch die damit eintretende Selbstbindung auch vor der Einflussnahme Dritter schützen (vgl. Gnittke/Hattig in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 9 VOL/A-EG, Rdnr. 13, m.w.N.). Dabei ist zudem zu beachten, dass es nicht immer ausreicht, lediglich die Hauptzuschlagskriterien und ihre Gewichtung bekannt zu geben. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe von Unterkriterien und deren Gewichtung besteht jedenfalls auch dann, wenn sich für die Bieter die Kenntnis davon auf den Inhalt ihrer Angebote auswirken kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.01.2008 - Verg 15/07).
Die Antragsgegnerin hatte ihre Zuschlagskriterien, die Unterkriterien und ihre Gewichtung, wie unter der lfd. Nr. 12 (S. 9 ff.) ihrer Aufforderung zur Angebotsabgabe festgelegt, bekannt gemacht. Danach wurden zwei Wertungskriterien (Kriteriengruppen) festgelegt, die jeweils zu 50% bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt werden sollten. Festlegt wurden zum einen der Leistungspreis und zum anderen das Konzept für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes. Die Kriteriengruppe 2 - Bewertung des Konzeptes - sollte gemäß Nr. 12.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe anhand von 8 Unterkriterien bewertet werden, die jeweils mit 12,5% bei der Bewertung des Konzepts und 6,25% bei der Gesamtwertung Berücksichtigung finden sollten. Es handelt sich dabei um die Unterkriterien Effizienz des Personaleinsatzes, Ausfallsicherheit Personal, Ausfallsicherheit Sachmittel, Effizienz der Hygieneschutzmaßnahmen, Effizienz der Materialverwaltung, Effizienz der Medizinprodukteverwaltung, Effizienz des Melde- und Berichtswesens und psycho-soziale Betreuung der Mitarbeiter. Es wurde festgelegt, dass die Bewertung anhand des Schulnotensystems (sehr gut bis ungenügend) erfolgt, wobei für die Note sehr gut jeweils 5 Punkte und für die Note ungenügend 0 Punkte vergeben werden sollten.
Die Kriterien selbst wurden in der Aufforderung zur Angebotsabgabe jeweils kurz erläutert. Weitere Erläuterungen erfolgten aufgrund mehrerer Bieteranfragen. Der von der Antragsgegnerin mit der Durchführung des Verfahrens beauftragte Berater versandte insgesamt 9 Bieterinformationen. Unter anderem bat eine Bieterin um Erläuterung des Begriffs "mangelhaft" im Rahmen der Bewertung des Konzeptes für die Durchführung des Rettungsdienstes und des qualifzierten Krankentransportes (Frage 3). Mit der am 14.03.2011 versandten Bieterinformation Nr. 4 beantwortete die Antragsgegnerin die Frage wie folgt:
"Mindestvoraussetzung für die Erfüllung der ausgeschriebenen Leistungen ist die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Ein Konzept, welches daher erkennen lässt, dass es die im jeweiligen Bereich gesetzlichen Mindeststandards nicht einhält, entspricht daher nicht der geforderten Leistung. Insofern ist der Begriff "mangelhaft" bei der Konzeptbewertung unmissverständlich. Keinesfalls erhält ein Konzept in dem jeweiligen Wertungsbereich einen Punkt, wenn es die gesetzlichen Mindeststandards nicht einhält, sofern ein Konzept in diesem Punkt nur den absoluten Mindeststandard einhält, bekommt der Bieter für diesen Bereich einen Punkt.
Je besser die Ausführungen erkennen lassen, dass die Umsetzung der gesetzlichen Mindeststandards erfolgt oder je weiter ein Bieter hierüber hinausgeht oder innovative und taugliche Konzepte zur Leistungserbringung einreicht, desto mehr Punkte erhält der Bieter. Der Begriff "mangelhaft" in der Konzeptbewertung aus Ziff. 12.2 der Angebotsaufforderung wird daher in "gerade noch ausreichend" verändert."
Die Antragsgegnerin hat die Wertung der Bieterkonzepte ausweislich einer in der Vergabeakte (Ordner IV) als Anlage 11 beigefügten Bewertungsmatrix zunächst in nicht zu beanstandender Weise ausschließlich auf der Grundlage der bekannt gemachten Wertungskriterien und Unterkriterien durchgeführt und die Bieterkonzepte für jedes Unterkriterium mit 0 bis 5 Punkten bewertet. Zur Erläuterung der Punktebewertung hat die Antragsgegnerin stichwortartig für jedes Konzept und für jedes Unterkriterium Angaben und/oder Feststellungen auf der Grundlage der in den Angeboten dargelegten Konzepte in der Bewertungsmatrix festgehalten. So findet sich etwa in der Angebotswertung Los 2 zum Unterkriterium "Effizienz des Personaleinsatzes" (Blatt 1496 der Vergabeakte) der Vermerk "Keine opt-out-Regelung" oder aber "opt-out-Regelung gewollt und angewendet". Ob diese Angaben und Feststellungen sich positiv auf das Bewertungsergebnis und damit punkteerhöhend oder nicht ausgewirkt haben, ist aus der Bewertungsmatrix allerdings nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens dargelegt, dass mit der opt-out-Regelung eine arbeitsvertragliche Regelung gemeint ist, die es ermöglicht, einen Rettungsdienstmitarbeiter kurzfristig bei Bedarf auch über die regelmäßig vereinbarte tägliche Arbeitszeit einzusetzen. Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass sie das Fehlen einer opt-out-Regelung positiv bewertet hat, weil zumindest langfristig nicht gesichert sei, dass die EU-Kommission derartige Regelungen weiterhin akzeptieren wird. Die übrigen Erläuterungen zur Punktevergabe beschränken sich auf stichwortartige Feststellungen aufgrund der Angaben der Bieter in ihren Konzepten. Es wird nicht ersichtlich, welche Faktoren punkteerhöhend oder punktevermindernd berücksichtigt wurden. Die Punktevergabe und damit die Bewertung der Bieterkonzepte ist daher allein anhand der Bewertungsmatrix auch aufgrund der Vergabeakte im Übrigen weder für die Vergabekammer noch für die Bieter nachvollziehbar. Eine derartig gestaltete Bewertungsmatrix genügt daher nicht den Anforderungen an eine transparente Dokumentation gemäß § 20 VOL/A.
Gemäß § 20 VOL/A ist das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden. Die Dokumentation der einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens sowie der Maßnahmen und der Begründung der einzelnen Entscheidungen ist ein Ausfluss des in § 97 Abs. 1 GWB normierten sowie EU-rechtlich verankerten Transparenzgrundsatzes (vgl. Diehl in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 24 EG, Rdnr. 2, m.w.N.). Zwar betrifft § 20 VOL/A den Unterschwellenbereich und dient damit nicht der Umsetzung von EG-Richtlinienvorgaben. Dennoch kann Unionsrecht auch in diesem von den Vergaberichtlinien grundsätzlich nicht erfassten Bereich Wirkung entfalten. So hat die EU-Kommission für solche Aufträge in ihrer Mitteilung aus dem Jahre 2006 (EG-ABl. 2006, C 179, 2 (unter 1.1) festgehalten, dass u.a. auch der unionsrechtliche Transparenzgrundsatz gilt (vgl. Diehl, a.a.O., § 20 VOL/A, Rdnr. 2). Sinn dieser Bestimmung ist es, die Überprüfbarkeit der im Rahmen des Vergabeverfahrens getroffenen Feststellungen und Entscheidungen herbeizuführen (vgl. Franke/Grünhagen, VOB/A, § 30, Rdnr. 1, m.w.N.; Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 8, Rdnr. 33).
Der Anwendungsbereich des § 20 VOL/A erstreckt sich dabei ebenso wie der Anwendungsbereich des § 24 VOL/A-EG sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Im Gegensatz zu § 24 Abs. 2 VOL/A-EG, der einen Katalog über den Mindestgehalt der Dokumentation enthält, fehlen bei § 20 VOL/A entsprechende Anforderungen. Dennoch kann sich der öffentliche Auftraggeber an diesen Vorgaben orientieren (vgl. Zeise, VOL/A, 2. Auflage, § 20, Rdnr. 19). Insbesondere auf die Dokumentation der Angebotswertung und der Zuschlagsentscheidung als der Kernaufgabe des Auftraggebers im Vergabeverfahren muss die größte Sorgfalt verwandt werden. Es muss nachvollziehbar sein, warum gerade auf das betreffende Angebot der Zuschlag erteilt werden soll (vgl. Zeise, a.a.O., § 2, Rdnr. 25). Hierzu müssen die Tatsachen, Umstände und Überlegungen, welche die in Aussicht genommene Zuschlagsentscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden. Aus der Dokumentation sollen alle Erwägungen hervorgehen, die bei der Entscheidung über den Zuschlag eine Rolle gespielt haben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2003, Az.: 46/03). Um den Anforderungen der Transparenz zu genügen, muss das Ergebnis sachlich nachvollziehbar sein. Dies gilt in besonderem Maße für die Wertung, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. VK Bund, Beschluss vom 06.04.2004 - VK2-148/03). Hier müssen nicht nur die Tatsachenumstände, sondern auch die Überlegungen, die die geplante Zuschlagsentscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden.
Der Wertungsvorgang ist dabei ausreichend dokumentiert, wenn er für nicht am Verfahren beteiligte, aber gleichwohl sachkundige Dritte nachvollziehbar ist (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 10.01.2008 - 1/SVK 051-08; Diehl, a.a.O., § 24 EG, Rdnr. 29, m.w.N.). Dabei muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei die Dokumentation aus mehreren Teilen bestehen kann (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2008, Az.: 1 Verg 3/08). Dies galt bereits nach alter Rechtslage, wo der Wortlaut der Norm noch den Begriff des Vergabevermerks verwandte. Die Dokumentation muss gemäß § 20 VOL/A jedoch ausdrücklich laufend fortgeschrieben werden. Die einzelnen Entscheidungen und deren Gründe sind daher jeweils zeitnah zu dokumentieren (vgl. Diehl, a.a.O., § 24 EG, Rdnr. 43; BayObLG, Beschluss vom 01.10.2001, Az.: Verg 6/01 = VergabeR 2001, S. 63 ff., 69). Es ist nicht ausreichend, dass der Vermerk etwa erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar erst anlässlich einer (drohenden) rechtlichen Überprüfung angefertigt wird (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07).
Eine den Anforderungen des § 20 VOL/A genügende Dokumentation muss dabei nicht ausschließlich in Textform verfasst sein. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber zur Dokumentation seiner Angebotswertung eine Bewertungsmatrix verwendet. Eine derartige Bewertungsmatrix ist gerade bei Angebotswertungen, die, wie im vorliegenden Fall, anhand von mehreren Unterkriterien erfolgen, durchaus sinnvoll und kann einen ausführlichen Wertungs- und Entscheidungsvermerk in der Vergabeakte ergänzen und präzisieren. Sie kann eine textliche Dokumentation jedoch nicht völlig ersetzen. Vielmehr muss in der Vergabeakte im Interesse einer ex-post-Transparenz wenigstens kurz erläutert werden, warum welcher Bieter für welches Kriterium welche Punkte erzielt hat, damit die Bewertung nicht nur rechnerisch, sondern auch inhaltlich nachvollziehbar ist (vgl. Diehl, a.a.O., § 24 EG, Rdnr. 30). Andernfalls kann die zugrunde liegende Wertung nicht nachvollzogen und damit die Rechtmäßigkeit dieses bedeutenden Verfahrensschrittes nicht überprüft werden. Dabei genügt eine stichpunktartige Begründung. Hängt die Punktevergabe, wie im vorliegenden Fall, davon ab, ob und in welchem Maße ein Angebot den Anforderungen der Verdingungsunterlagen nach den jeweiligen Zuschlagskriterien und Unterkriterien entspricht, so ist eine aussagekräftige verbale Begründung zumindest hinsichtlich jener Punktevergaben erforderlich, hinsichtlich derer der Auftraggeber bei den Angeboten Unterschiede festgestellt und dies auch in der unterschiedlichen Punktezumessung zum Ausdruck gebracht hat (vgl. VK Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2008 - VK 35/08, zitiert nach VERIS). Andernfalls ist es den Bieterunternehmen und den Nachprüfungsinstanzen nicht möglich zu erkennen, aus welchen Gründen ein Angebot gut oder schlecht bzw. besser oder schlechter bewertet wurde.
Durch die unzureichende Dokumentation einer nachzuvollziehenden Begründung der Punktevergabe ist die Antragstellerin im Sinne von §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Antragstellerin möglicherweise im Ergebnis auch dann nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, wenn sie, wie von ihr eingefordert, für alle 8 Unterkriterien zur Konzeptbewertung die Höchstpunktzahl 5 erhält. Die Antragsgegnerin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens darauf hingewiesen, dass sie im Wege einer Kontrollüberprüfung rein hypothetisch für die Antragstellerin die volle Punktzahl bei der Konzeptbewertung unterstellt habe. Dabei sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst in diesem Fall die Antragstellerin den Zuschlag - wegen des hohen Preises - nicht erhalten könne. Demgegenüber hat die Antragstellerin jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin bei der hypothetischen Überprüfung die Punktebewertung der übrigen Bieter unverändert gelassen hat. Es ist daher in Ermangelung einer aussagefähigen Dokumentation der Bewertung nicht auszuschließen, dass die Konzepte anderer Bieter in einzelnen Kriterien auch gegenüber dem Konzept der Antragstellerin zu hoch bewertet wurden. In diesem Fall könnte die Bewertung der Angebotskonzepte daher trotz der festgestellten Preisabstände und der hohen Gewichtung des Kriteriums Preis durchaus auch rangverändernde Wirkung entfalten.
Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Bieterkonzepte zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Dabei ist insbesondere zu begründen, welche Angaben und Feststellungen auf der Grundlage der Bieterkonzepte sich für die einzelnen Unterkriterien punkteerhöhend und punktevermindernd ausgewirkt haben.
b)
Die Antragsgegnerin hat es darüber hinaus versäumt, die Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Preises gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A für das hier verfahrensgegenständliche Los 2 in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise zu dokumentieren.
Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat er gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise auf der dritten Wertungsstufe verfolgt den Zweck, auf der vierten und letzten Wertungsstufe, die die abschließende Angebotswertung zum Gegenstand hat, nur ernsthaft kalkulierte Angebote zuzulassen (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 172). Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber vom Bieter die Erläuterung der Kalkulation des Angebotspreises verlangen und bei der Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Angebotes das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen. Der Eindruck eines unangemessen niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleichs mit den Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung - z.B. anhand früherer vergleichbarer Ausschreibungen - gewonnen werden (vgl. Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 213, und § 19 EG, Rdnr. 225). Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Bezugspunkt für die prozentuale Abweichung ist das nächst höhere Angebot (= 100%). Eine Vereinheitlichung dieser Werte ist nicht geboten. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 178). Gemäß § 5 Abs. 1 des Nds. Landesvergabegesetzes (LVergabeG) in der Fassung vom 15.12.2008 (Nds. GVBl., S. 411) kann die Vergabestelle die Kalkulation eines unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen; bei einer Abweichung von mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot ist sie hierzu verpflichtet. Das Landesvergabegesetz gilt jedoch ausweislich seiner Präambel und seiner Regelung in § 2 Abs. 1 Landesvergabegesetz ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine derart verbindliche Aufgreifschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20%-Schwelle (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, VII-Verg 77/04, OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 842 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 215, m.w.N.; Müller-Wrede/Horn, a.a.O., § 19 EG, Rdnr. 178). Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23.01.2008, Az.: VII-Verg 36/07) hat ebenfalls entschieden, dass in einem Fall, in dem der Abstand des Angebotes der dort erstplatzierten Beigeladenen zu 1 zu dem nächst höheren Angebot der Beigeladenen zu 2 sowie der Abstand zwischen diesem und dem nächst platzierten Angebot eines dritten Bieters weniger als 20% betrug, die Aufgreifschwelle, die ein im Verhältnis zur angebotenen Leistung ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis indiziert, nicht erreicht ist.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs war eine Überprüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen angebotenen Preises zumindest nicht zwingend. Denn der Abstand zwischen dem preislich niedrigsten Angebot der Beigeladenen zum nächst höheren, zweitplatzierten Angebot beträgt lediglich knapp unter 14%.
Da die Antragsgegnerin diesen Preisabstand jedoch ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte zum Anlass genommen hat, die Angemessenheit des Angebotspreises der Beigeladenen zu überprüfen, ist sie gehalten, nicht nur die Tatsache der Prüfung selbst, sondern auch die Ergebnisse und ihre Bewertung in angemessener transparenter Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Ordnungsgemäß dokumentiert ist ein Aufklärungsgespräch, das die Antragsgegnerin am 20.04.2011 (Bl. 1516 - 1518 der Vergabeakte) mit der Beigeladenen über die Angemessenheit des Angebotspreises geführt hat. Dort sind sämtliche Fragen, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung der Personalkosten des im Wege des Betriebsübergangs zu berücksichtigenden, bisher beschäftigten Personals und die entsprechenden Antworten der Beigeladenen, dokumentiert. Die Antragsgegnerin hat in der Folge auch im Vergabevermerk vom 29.04.2011 auf S. 18 ff. (Bl. 1441 ff. der Vergabeakte) unter 4.4.2 das Ergebnis der Prüfung der Unterkostenangebote festgehalten. Sie hat dabei die Prüfung des Angebotspreises der Beigeladenen zum verfahrensgegenständlichen Los 2 gemeinsam mit der Prüfung der mit der Beigeladenen verbundenen XXXXXX zu Los 1 vorgenommen. Während allerdings hinsichtlich des Loses zum hier nicht verfahrensgegenständlichen Angebot zu Los 1 ausdrücklich auch eine "Auswertung und rechtliche Bewertung" unter der lfd. Nr. 3, S. 24 f., aufgenommen wurde, enthält der Vergabevermerk eine diesbezügliche Feststellung und Bewertung des Angebotspreises der Beigeladenen zu Los 2 nicht. Gleichwohl endet der Vergabevermerk vom 29.04.2011 aber mit der Feststellung, dass die Beigeladene zu Los 2 das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Der Entscheidungsvorschlag geht für das Los 2 entsprechend dahin, der Beigeladenen für das Los 2 den Zuschlag zu erteilen.
Die Antragsgegnerin hat die unterschiedliche Prüfungstiefe und Dokumentation hinsichtlich des Loses 1 und des Loses 2 in der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2011 damit erklärt, dass aus ihrer Sicht für das Los 2 nicht nur kein Unterkostenangebot vorgelegen habe, sondern dass die Beigeladene mit ihrem Angebot sogar über dem Preis der von der Antragsgegnerin seinerzeit ex ante aufgestellten Musterkalkulation liege. Insofern habe sie nicht den Bedarf gesehen, die Ausführungen und Bewertungen in der gleichen Tiefe wie hinsichtlich Los 1 zu dokumentieren. Sie hat dort insbesondere auf die in der Vergabeakte in Anlage 10 auf Seite 6 und 7 gegebenen Erläuterungen zur Musterkalkulation verwiesen. Im Vergabevermerk selbst oder in der Vergabeakte im Übrigen sind diese Bewertungen und Erwägungen jedoch nicht dokumentiert.
Soweit die Antragsgegnerin diesbezüglich auf einen nicht in der Vergabeakte enthaltenen, nicht datierten und nicht unterschriebenen 9-seitigen Vermerk verwiesen hat, der ihr in der mündlichen Verhandlung lediglich in digitaler Form auf dem "iPad" zur Verfügung gestanden hat und den sie im Nachgang zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 14.06.2011 vorgelegt hat, vermag dieser nachgeholte Vermerk den Verstoß gegen die Dokumentationspflicht nicht zu heilen. Dies folgt aus § 20 VOL/A, wonach das Vergabeverfahren von Anbeginn ausdrücklich fortlaufend zu dokumentieren ist. Die Rechtsprechung hat den Begriff der Zeitnähe nicht genau definiert. Nach Sinn und Zweck der Norm muss es jedoch entscheidend sein, dass die Dokumentation zu einem Zeitpunkt erfolgt, zudem davon ausgegangen werden kann, dass die Dokumentation noch den Verlauf des Entscheidungsprozesses widerspiegelt (vgl. Zeise in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 20, Rdnr. 14). Nach der Rechtsprechung der OLG Düsseldorf (vgl. Beschluss vom 14.08.2003 - Verg 46/03 - und vom 17.03.2004 - Verg 1/04, zitiert nach VERIS) kann eine fehlende Dokumentation nicht während des Nachprüfungsverfahrens durch schriftsätzlichen Vortrag oder ergänzendes mündliches Vorbringen in der Verhandlung geheilt werden. Eine Ausnahme soll danach nur in den Fällen bestehen, in denen entscheidungserhebliche Fakten erst zu einem späteren Zeitpunkt zutage getreten waren bzw. bei denen sich der zu beurteilende Sachverhalt nachträglich verändert hat, so dass eine frühzeitigere Dokumentation nicht möglich war. Nur in solchen Fällen, in denen ein mangelhaft dokumentierter Sachverhalt in keiner Weise die Zuschlagsentscheidung, insbesondere die Reihenfolge der Angebote beeinflussen konnte, wurde auf ein Festhalten an einer zeitnahen Dokumentation als unnötige Förmelei bewertet und eine teilweise Nachholung der Dokumentation zugelassen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2003, Verg 34/03; VK Bund, Beschluss vom 10.12.2003, Az.: VK2-116/03; VK Bremen, Beschluss vom 10.09.2004, VK 3/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.11.2008 - Verg 54/08 - und vom 21.07.2010 - Verg 19/10, zitiert nach ibr-online).
Zwar können im Einzelfall nach der Rechtsprechung Dokumentationen und sogar unterlassene Ermessensentscheidungen im Wege von anwaltlichen Schriftsätzen im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.11.2011 - 13 Verg 15/10, zitiert nach ibr-online). Voraussetzung ist jedoch, dass dies so zeitnah geschieht (im vom OLG Celle entschiedenen Fall z.B. nur 4 Tage später), dass die maßgeblichen Feststellungen hinreichend detailliert und zutreffend erfasst und Manipulationen ausgeschlossen sind (OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010 - 13 Verg 16/09 - zitiert nach VERIS). Vorliegend liegt zwischen dem Abschluss der Angebotswertung mit Vergabevermerk vom 29.04.2011 und dem mit Anwaltsschriftsatz vom 14.06.2011 im Zuge des Nachprüfungsverfahrens übersandten Vermerk ein Zeitraum von 6 Wochen. Hinzu kommt, dass der übersandte Vermerk weder unterschrieben noch datiert ist. Ein derartiger Vermerk ist daher nicht geeignet, die Dokumentationsmängel im Nachhinein zu heilen. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB war daher festzustellen, dass die Antragstellerin auch durch die mangelhafte Dokumentation der Angemessenheitsprüfung des Angebotes der Beigeladenen in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin war daher auch diesbezüglich zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Angemessenheitsprüfung auf Basis des Protokolls über das Aufklärungsgespräch vom 20.04.2011 zu wiederholen und Bewertung und Ergebnis in einem den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Vermerk zu dokumentieren.
Dabei ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin allerdings nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin bei der Angemessenheitsprüfung - auch - die von ihr in der Vergabeakte als Anlage 10 beigefügte Musterkalkulation (Bl. 1463 ff. der Vergabeakte) berücksichtigt, die sie selbst aufgestellt hat. Eine derartige Musterkalkulation kann für die Angemessenheitsprüfung - ebenso wie Ergebnisse vergleichbarer Ausschreibungen - unterstützend herangezogen werden. Dies gilt selbst dann, wenn - wovon die Antragstellerin ausgeht - die einzelnen Kalkulationsansätze nicht mit den Ansätzen der Antragstellerin, die die Leistungen im Bereich des verfahrensgegenständlichen Loses 2 aufgrund des aktuell noch laufenden Vertrages erbringt und daher über das Leistungsverzeichnis hinaus auch über eigene, genaue Kalkulationsgrundlagen verfügt, übereinstimmt. Bei der Angemessenheitsprüfung des § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A und § 19 Abs. 6 Satz 1 VOL/A-EG handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung, die sich auf die Frage Angemessenheit des Gesamtpreises des niedrigsten Angebotes richtet. Zwar ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, eine derartige Überprüfung im Wege der Aufklärung vorzunehmen, wenn ihm - wie im vorliegenden Fall - das preislich günstigste Angebot ungewöhnlich niedrig erscheint. Insoweit handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung. Auch kann sich der Auftraggeber nicht allein auf eigene Kalkulationen stützen, sondern er muss darauf hinwirken, die erforderlichen Informationen über die konkrete Preisbildung vom betreffenden Bieter zu erlangen (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Aufl., § 19 EG, Rdnr. 180). Das hat die Antragsgegnerin vorliegend durch das in der Vergabeakte dokumentierte Aufklärungsgespräch vom 20.04.2011 aber auch in nicht zu beanstandender Weise getan. Es fehlt lediglich an einer nachvollziehbaren Dokumentation der Bewertung der Antworten der Beigeladen im Aufklärungsgespräch. Trägt der Bieter durch nachvollziehbare Angaben zur Aufklärung bei, ist der Auftraggeber nicht per se gehindert, den Zuschlag sogar auf ein Unter-Kosten-Angebot (unauskömmliches Angebot) zu erteilen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001, Az.: 13 Verg 12/01, Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 217 m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der unter II.2. festgestellten Tatsache, dass die Antragsgegnerin durch die mangelnde Dokumentation der Bietergespräche gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und ihre Dokumentationspflichten aus § 20 VOL/A verstoßen hat, war die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Konzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren und dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten. Ebenso ist sie verpflichtet, die Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen geforderten Angebotspreises auf der Grundlage des Vermerks über das Aufklärungsgespräch vom 20.04.2011 zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von XXXX EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt für das verfahrensgegenständliche Los 2 für eine Vertragslaufzeit von 6 Jahren XXXXXXXX EUR brutto. Dieser Betrag entspricht dem von der Antragsgegnerin geprüften und dokumentierten Angebotspreis der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der z. Zt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von XXXXXXX EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von XXXX EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Aufteilung der Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene, die in der mündlichen Verhandlung eigene Anträge gestellt hat, unterlegen ist.
Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu je 1/2 zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren unterlegen sind, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
Die Beigeladene wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den auf sie entfallenden Betrag von XXXX EUR unter Angabe des Kassenzeichens
XXXXXXXXXXXXX
auf folgendes Konto zu überweisen:
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
...
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.
Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Schulte
Hintz