Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 09.06.2011, Az.: VgK-17/2011

Einstufung der Verpflichtung eines Auftraggebers aus § 16 Abs. 2 VOB/A zur ordnungsgemäßen Prüfung der Eignung von Bietern als drittschützend; Anforderungen an die hinreichende Darlegung der Leistungsfähigkeit und Fachkunde eines Bieters für die Lieferung samt Einbau von Holzfenstern; Rechtsverletzung bei einer wettbewerbsbeschränkenden Überschreitung des Ermessensspielraums mit unzumutbaren oder sachlich nicht gerechtfertigten Forderungen durch einen Auftraggeber

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
09.06.2011
Aktenzeichen
VgK-17/2011
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 23931
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

VOB-Vergabeverfahren Holzfenstererneuerung in der xxxxxx

In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden RD Gaus,
den hauptamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Peter und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Dipl. Ing. Roloff,
auf die mündliche Verhandlung vom 09.06.2011
beschlossen:

Tenor:

  1. 1

    Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx,-- EUR festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

  4. 4.

    Die Antragstellerin hat der Auftraggeberin und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Beigeladene notwenig.

Begründung

1

I.

Im Rahmen des Umbaus der ehemaligen xxxxxx für die zukünftige Nutzung durch die xxxxxx schrieb der Auftraggeber mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2010 u.a. die Lieferung und den Einbau von Holzfenstern europaweit im offenen Verfahren gemäß VOB/A aus. Gemäß Vergabebekanntmachung waren Varianten/Alternativangebote nicht zulässig. Alleiniges Zuschlagskriterium sollte der Preis sein. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der xxxxxx.2011, 11.30 Uhr.

2

Die grundsätzlichen technischen Anforderungen an die Fenster waren in der Leistungsbeschreibung im Abschnitt Pos. 01.03 "Systembeschreibung Holzfenster" niedergelegt. Es waren einbruchhemmende Fenster verschiedener Widerstandsklassen (WK 1, WK 2, WK 3) mit einer Verglasung gemäß DIN 52619 aus Sicherheitsglas mit verschiedenen Sicherheitsstufen ausgeschrieben. Die jeweilige Widerstandsklasse und Sicherheitsstufe sollten der jeweiligen speziellen Positionsbeschreibung entnommen werden. So war z.B. in der Pos. 01.03.0020 eine einbruchhemmende Holzfensterkonstruktion in der Widerstandsklasse 3 nach DIN EN V 1627-1630 in Verbindung mit einem durchschusshemmenden Wärmeschutz-Sicherheitsglas in der Widerstandsklasse BR 4 NS nach DIN EN 1063 gefordert. Nachweise über die geforderten Widerstandsklassen in Bezug auf die Einbruchhemmung bzw. in Bezug auf die geforderten Glasqualitäten hinsichtlich der Durchschusshemmung hatte der Auftraggeber nicht gefordert. Nach der Vergabebekanntmachung sollten die Bieter jedoch bis zu drei Referenzobjekte benennen.

3

Ingesamt beteiligten sich 4 Bieter an der Ausschreibung. Gemäß Vergabevorschlag des die Ausschreibung durchführenden Ingenieurbüros xxxxxx belegte die Beigeladene nach Prüfung und Wertung der Angebote mit xxxxxx EUR (brutto) Rang 1 und die Antragstellerin Rang 2 mit einer Angebotssumme von xxxxxx EUR (brutto).

4

Sowohl die Antragstellerin, als auch die Beigeladene stellen die Fenster im eigenen Betrieb her, bauen keine fertig gekauften Fenster ein. Telefonische Abfragen der Referenzobjekte ergaben weder bei der Antragstellerin, noch bei der Beigeladenen Zweifel an deren Eignung. Auch die Beigeladene hatte in ihren Referenzobjekten bereits Fenster mit der Klassifikation nach WK 3 eingebaut.

5

Aufgrund eines Nachprüfungsantrags der Antragstellerin und eines verfahrensbegleitenden Schreibens der Vergabekammer Lüneburg trat der Auftraggeber im Wege der Selbstabhilfe erneut in die Wertung der Angebote ein.

6

Am 18.04.2011 führte der Auftraggeber unter Einbeziehung des ausschreibenden Ingenieurbüros zwei technische Bietergespräche mit der Antragstellerin und der Beigeladenen. Darin sollten die Angebotsinhalte aufgeklärt werden. Die Bieter sollten auch ihre Fachkunde und technische Leistungsfähig darlegen, die Fenster in den geforderten Sicherheitsanforderungen zu erstellen.

7

Die Antragstellerin legte laut den Protokollen über die Bietergespräche für die geforderten Verglasungen alle erforderlichen Prüfzeugnisse und gutachterlichen Stellungnahmen zu den geforderten Widerstandsklassen vor. Die Antragstellerin erläuterte, dass sie in Bezug auf die LV-Positionen 01.03.0020, 01.03.0030 und 01.03.0210 eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion nach DIN EN 1522/1523 angeboten hatte. Ein entsprechendes Prüfzeugnis nebst gutachtlicher Stellungnahme legte sie vor. Hierzu erklärte sie, dass ihr diesbezügliches Angebot ihrer Lesart des Kurz-LV und ihren Erfahrungen mit der Errichtung derartiger Objekte für xxxxxx etc. entspräche. Eine durchschusshemmende Verglasung mit einem nur einbruchhemmenden aber nicht zugleich durchschusshemmenden Rahmen böte keinen ausreichenden Schutz für Leib und Leben. Dementsprechend habe sie eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion angeboten. Dem trat das Ingenieurbüro des Auftraggebers im Bietergespräch entgegen. Das Ingenieurbüro wies darauf hin, dass in den Vergabeunterlagen an keiner Stelle ein Hinweis auf die DIN EN 1522/1523 gegeben wurde, aus der diese Forderung abgeleitet werden könne. Gemäß LV-Positionstext dieser Positionen sei eine einbruchhemmende Holzfensterkonstruktion in der Widerstandsklasse 3 nach DIN EN V 1627-1630 und ein durchschusshemmendes Wärmeschutzglas in der Widerstandsklasse BR 4 NS nach DIN EN 1063 beschrieben und anzubieten gewesen.

8

Die Beigeladene erklärte auf Nachfrage des Auftraggebers in ihrem Bietergespräch, dass eine Ausführung der Fenster als durchschusshemmende Gesamtkonstruktion nach DIN EN 1522-1523 aus ihrer Sicht nicht gefordert und von daher auch nicht von ihr angeboten wurde.

9

Die Beigeladene legte ein für ihren Betrieb erstelltes Prüfzeugnis für ein einflügeliges Fenster der Widerstandsklasse 3 mit den Abmessungen 1150/1335 mm und ein Prüfzeugnis für die durchschusshemmende Verglasung BR 4 NS vor. Zusätzlich legte die Beigeladene eine schriftliche Bestätigung des Prüfinstitutes xxxxxx vor, in der dieses die Bereitschaft erklärte, in Ergänzung zum vorliegenden Basisprüfzeugnis innerhalb von etwa 5 Werktagen eine gutachtliche Stellungnahme für die ausgeschriebenen mehrflügeligen und ein rundes Fenster in der Widerstandsklasse 3 erstellen zu können. Für eine Position (einflügelige Dreh /Kippfenster mit den maximalen Abmessungen 1090 mm X 850 mm) sei eine orientierende Prüfung nach DIN V ENV1627-1630 erforderlich. In Bezug auf diese ausstehenden gutachtlichen Stellungnahmen erläuterte die Beigeladene, dass die gutachtlichen Stellungnahmen für die Fenster in der Widerstandsklasse WK 3 in mehrflügeliger Ausführung und in vom vorgelegten "Basisprüfzeugnis" für ein einflügeliges Fenster abweichenden Abmessungen entweder auf Basis der Größenangaben gemäß Leistungsverzeichnis oder auf Basis der Werk- und Montageplanung und damit gemäß den beim örtlichen Aufmaß ermittelten Abmessungen erstellt werden könnten. Hieraufhin entschied der Auftraggeber in Abstimmung mit dem Ingenieurbüro, dass die gutachtlichen Stellungnahmen auf Basis des örtlichen Aufmaßes / der Werk- und Montageplanung erstellt werden sollte.

10

Mit Bieterinformation gemäß § 101a GWB teilte der Auftraggeber der Antragstellerin am 20.04.2011 mit, dass er beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Die Antragstellerin habe nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. In einer Erläuterung teilte der Auftraggeber der Antragstellerin Folgendes mit:

"In den Pos. 01.03.0020, 01.03.0030 und 01.03.0210 der o.g. Ausschreibung wurden vom Auftraggeber einbruchhemmende Holzfensterkonstruktionen in der Widerstandsklasse WK 3 nach DIN EN V 1627-1630 mit einer durchschusshemmenden Verglasung gefordert. Diese Konstruktionen sollen auch eingebaut werden. Nicht gefordert war eine durchschusshemmende Konstruktion nach DIN EN 1522/1523. Ein Bietergespräch, am 18.04.2011, mit den Firmen xxxxxx und xxxxxx hat ergeben, dass sowohl die Firma xxxxxx als auch die Firma xxxxxx autorisiert und technisch in der Lage sind, die vom Bauherrn geforderten Fensterkonstruktionen herzustellen und zu montieren. Da die Gleichwertigkeit der beiden Bieter gegeben ist, ist der Preis für die Vergabe ausschlaggebend. Es ist festzustellen, dass in den Bietergesprächen die entscheidenden technischen Voraussetzungen angesprochen wurden und eindeutig und abschließend geklärt sind."

11

Auf die Bieterinformation gemäß § 101a GWB hin rügte die Antragstellerin das Vergabeverfahren mit Schriftsatz vom 21.04.2011 (Gründonnerstag). Der Zuschlag solle auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden, obwohl die Beigeladene nachweislich den vorgegebenen Leistungsumfang der Verdingungsordnung nicht erfüllen werde und die Beigeladene gegen zwingend einzuhaltende Frist- und Formvorschriften verstoßen habe. Die Antragstellerin forderte unter Fristsetzung bis zum 26.04.2011, 12.00 Uhr, den Auftraggeber auf, die Vergabeentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu korrigieren. Möglicherweise wegen der in diesem Zeitraum liegenden Osterfeiertage reagierte der Auftraggeber auf die Rüge nicht mehr.

12

Am 26.04.2011 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Der Auftraggeber habe in der Leistungsbeschreibung mit Hinweis auf die Systembeschreibung hinreichend genau festgelegt, was den Umfang der im Einzelfall geforderten Leistungen in allen ihren Einzelheiten ausmache. Die Bieter hätten im Hinblick auf ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren nach VOB/A vor Abgabe eines Angebotes prüfen müssen, ob sie die Leistung erbringen können oder von der Abgabe eines Angebots Abstand nehmen müssen, weil sie den vorgegebenen Leistungsumfang wegen fehlender technischer Bauteilprüfungsunterlagen nicht erfüllen können. Die Beigeladene könne die geforderte Bauleistung nach Art und Umfang mit den ihr zur Verfügung stehenden Bauteilzulassungen nicht vertragsgerecht erfüllen und habe dies gegenüber dem Auftraggeber in der Angebotsphase verschwiegen. Für die Beigeladene sei es vor Abgabe des Angebotes erkennbar gewesen, dass sie den Leistungsumfang wegen fehlender Bauteilzulassungen nicht erfüllen könne. Die Beigeladene habe vor Angebotsabgabe gewusst, dass sie bei der Abgabe eines Angebotes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Auch deswegen sei sie schon in der Wertungsphase auszuschließen gewesen.

13

Die Antragstellerin sei auch nach wie vor überzeugt, dass der Auftraggeber eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion gefordert habe. Die Systembeschreibung für die Holzfenster sehe als Rahmenmaterial Hartholz (Eichenholz) mit einem schichtverleimten Aufbau vor, teilweise mit Aluminium- bzw. Edelstahleinlagen armiert. Zwingend notwendig sei eine Stahlarmierung bei einem hohen Flügel- und Rahmenanteil, denn sonst würde eine durchschusshemmende Verglasung in BR 4 NS keinen Sinn machen. Der zu Schützende könne durch den Rahmenanteil erschossen werden. Dementsprechend habe sie eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion angeboten und - ausweislich des Protokolls über das Bietergespräch vom 18.04.2011 - alle geforderten technischen Erklärungen und Nachweise zur Durchführung der geforderten Leistung vorlegen können. Dies sei bei der Beigeladenen vorliegend nicht der Fall.

14

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.05.2011 ergänzte die Antragstellerin ihren Vortrag. Die Vergabe des Auftrages an die Beigeladene verletze die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 GWB. In Bezug auf die vorzulegenden Zertifikate für die angebotenen Fenster hätten die Bieter gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 VOB/A die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachweisen müssen. Wie sich jedoch aus der Aktennotiz über das Aufklärungsgespräch ergebe, habe selbst zum Zeitpunkt der Bietergespräche kein Nachweis vorgelegen, dass die von der Beigeladenen angebotenen Fenster den Anforderungen entsprechen würden. So sei hinsichtlich der Pos. 01.03.0020, 01.03.0030 und 01.03.0210 lediglich festgehalten worden, dass die Beigeladene eine schriftliche Bestätigung des Institutes xxxxxx vorlegte, in der die Ausführung einer gutachterlichen Stellungnahme für die mehrflügeligen und das runde Fenster in der Widerstandsklasse WK 3 als Ergänzung zum vorliegenden Prüfzeug bestätigt werde. Obwohl der Beigeladenen bewusst gewesen sei, dass das Gespräch dazu diene, die Erfüllung der technischen Vorgaben durch die von ihr angebotenen Fenster zu überprüfen, habe sie keine entsprechenden Nachweise vorgelegt, sondern lediglich auf ein noch zu erstellendes Gutachten verwiesen. Gemäß § 16 VOB/A (§ 24 VOB/A alt) hätte der Nachweis jedoch spätestens zu diesem Zeitpunkt erbracht werden müssen. Insofern hätte das Angebot der Beigeladenen unberücksichtigt bleiben müssen. Ergänzend sei ausweislich Punkt 4 der Aktennotiz sogar festgehalten worden, dass die in Aussicht gestellte gutachterliche Stellungnahme erst auf Basis des örtlichen Aufmaßes der Werk- und Montageplanung erstellt werden solle und damit erst zu einem bereits in der Bauphase liegenden Zeitpunkt. Die Gewährung einer solchen Frist verstoße jedoch auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, denn die zur Bewertung der Gleichwertigkeit erforderlichen Unterlagen hätten bereits spätestens mit dem Aufklärungsgespräch vorgelegt werden müssen. Die Gleichwertigkeitsprüfung sei innerhalb der zeitlichen Grenzen der Zuschlagsfrist zu prüfen und nicht etwa erst nach Vergabe des jeweiligen Auftrages. Daraus folge, dass der Auftraggeber mit der Vergabe des Auftrages an die Beigeladene entgegen den Grundsätzen der Prüfung im Vergabeverfahren die Prüfung der Angebote beendet habe, bevor der erforderliche Sachverhalt überhaupt vollständig ermittelt gewesen sei. Eine sorgfältige Prüfung der Gleichwertigkeit entsprechend dem§ 7 Abs. 6 und dem § 13 Abs. 2 VOB/A sei mithin nicht durchgeführt worden. Aus diesem Grunde sei die streitgegenständliche Vergabeentscheidung als rechtswidrig zu erachten.

15

Die Antragstellerin beantragt,

  1. 1.

    den Auftraggeber zu verpflichten, den Zuschlag nur unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin zu erteilen;

  2. 2.

    der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten nach § 111 GWB zu gewähren;

  3. 3.

    festzustellen, dass, sollte das Angebot der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden, diese in ihren Rechten benachteiligt wird;

  4. 4.

    festzustellen, dass die von der Beigeladenen eingereichten Nachweise lückenhaft und für eine Wertung nicht zulässig sind;

  5. 5.

    festzustellen, dass die von der Antragstellerin eingereichten Nachweise vollständig sind und lückenlos den Positionen zugeordnet werden konnten (§ 20 VOB/A).

16

Der Auftraggeber beantragt,

den Antrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

17

Er tritt dem Vorbringen der Antragstellerin unter Verweis auf die fachliche Stellungnahme seines Ingenieurbüros xxxxxx vom 03.05.2011 entgegen. Die Antragstellerin vertrete weiterhin den Standpunkt, dass es sich bei den strittigen LV-Positionen, die als Fenster mit der Widerstandsklasse WK 3 (einbruchhemmend) mit einer BR 4 NS-Verglasung (durchschusshemmend) beschrieben seien, um eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion handele. Als neues Argument werde von der Antragstellerin nun auf den Textteil der Systembeschreibung der Holzfenster (S. 9 ff. des Leistungsverzeichnisses) verwiesen, in dem es heiße:

"Holzart Hartholz (Eichenholz) als schichtverleimter Aufbau, teilweise mit Aluminium- bzw. Edelstahleinlagen gemäß den erforderlichen Widerstandsklassen."

18

In Kombination mit den Anforderungen der spezifischen strittigen Einzelpositionen ergebe das, dass aus Sicht der Antragstellerin eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion gefordert worden sei. Von der Antragstellerin werde jedoch verschwiegen, dass an keiner Stelle der Systembeschreibung noch in den LV-Positionstexten auf die DIN EN 1522/1523 (durchschusshemmende Fenster, Türen und Abschlüsse) verwiesen wurde, und auch an keiner Stelle textlich "durchschusshemmende Fenster" gefordert wurden. Es sei richtig, dass die Beigeladene keine Prüfzeugnisse für eine durchschusshemmende Gesamtkonstruktion vorgelegt habe. Da derartige Elemente jedoch nicht Gegenstand der Vergabeeinheit VE 06 Holzfenster gewesen seien, sei dies nicht relevant. Für die im Leistungsverzeichnis beschriebenen Holzfensterelemente mit WK 2- und WK 3-Anforderungen sowie die Verglasungen in den Widerstandklassen P 6 B und BR 4 NS lägen die erforderlichen Prüfzeugnisse oder gutachtlichen Stellungnahmen der Beigeladenen vor.

19

Im Weiteren trägt der Auftraggeber vor, dass die Ausschreibungsunterlagen eine ausführliche Systembeschreibung der Fenster enthalten hätten. Die von den Bietern im Vergabeverfahren eingereichten Unterlagen seien dementsprechend gewürdigt und bewertet worden. Ob die eingereichten Angebote in allen ausgeschriebenen Fenster-Varianten den technischen Vorgaben entsprächen, sei jedoch nicht Gegenstand der in derVOB/A verlangten technischen Prüfung des § 16 Abs. 3 VOB/A. Es sei gängige und vor allem zulässige Praxis, dass die Vorlage von Zulassungen im Einzelfall für nicht geprüfte Konstruktionen bzw. Bauteile erst nach Auftragserteilung und vor Einbau der jeweiligen Konstruktionen/Bauteile von den Auftragnehmern erfolge. Prüfungen im Einzelfall durch gutachterliche Stellungnahmen nach Abschluss der Werk- und Montageplanung seien gerade für kleinere Unternehmen die Regel und für die Einhaltung des Wettbewerbes im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A am Markt auch unerlässlich. Auch die DIN 1627 enthalte keine zeitliche Aussage zu den beschriebenen Prüfungsabläufen. Die Beigeladene habe ein Prüfungszeugnis der xxxxxx zu WK 2-Holzfenstern 1- und 2-flügelig und Sonderformen und einen Kurzbericht eines Prüfungszeugnisses WK 3 der xxxxxx für 1-flügelige Fenster mit dem Hinweis auf weitere nach gutachterlicher Stellungnahme zulassende Ausführungsvarianten vorgelegt. Diese Möglichkeit der gutachterlichen Prüfung von WK 3-Fenstern, die vom Basisgutachten abweichen, habe die Beigeladene auf Nachfrage telefonisch bestätigt. Eine schriftliche Bestätigung der xxxxxx hierzu sei nachgereicht worden. Auch die Überprüfung der eingereichten Referenzen habe die Bestätigung ergeben, dass bei der Beigeladenen die technischen Voraussetzungen für die vertragsgerechte Ausführung WK 2 und 3 vorhanden seien.

20

Die Beigeladene trat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 03.06.2011 dem Auftraggeber inhaltlich bei und beantragt,

den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

21

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 09.06.2011 Bezug genommen.

22

II.

Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7§ 114 Abs. 1 GWB verletzt.

23

Der Auftraggeber hat bei der Festlegung der Eignungskriterien abzuwägen, in welchem Umfang Fachkundenachweise im Einzelfall sachlich geboten sind. Er darf Nachweise der Fachkunde nur in dem für den jeweiligen Auftrag notwendigen Umfang fordern, um nicht den Wettbewerb mehr als notwendig einzuschränken. Je genauer der Fachkundenachweis desto kleiner ist das Feld der fachkundigen Bieter und desto größer ist der Eingriff des Auftraggebers in den Wettbewerb. Dem Auftraggeber steht bei der Bestimmung notwendiger Nachweise ein eigener Ermessensspielraum zu, in den die Vergabekammer nicht mit eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen eingreifen darf, solange sich der Auftraggeber auf die Bestimmung sachlich gerechtfertigter Nachweise beschränkt (vgl. 2. a).

24

Der Auftraggeber ist berechtigt, im Nachprüfungsverfahren Mängel der Dokumentation nachzuholen, sofern sie nicht den Katalog des§ 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 VOB/A betreffen. Zum Wiedereintritt in die Wertung ist er nur dann verpflichtet, wenn eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung bei alleiniger Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation im Nachprüfungsverfahren zweifelhaft ist (vgl. 2. c).

25

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

26

Bei dem Auftraggeber handelt es sich um eine Landesbehörde, somit um einen öffentlichen Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Ebenso handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag gemäß § 99 Abs. 1, Abs. 3 GWB, da der Auftraggeberin in seiner Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber einen entgeltlichen Vertrag über Bauleistungen zu schließen beabsichtigt. Bei den ausgeschriebenen Leistungen Umbau und Herrichtung der ehemaligen xxxxxx für die xxxxxx, Umbau des bestehenden Gebäudes und Errichtung von vier Neubauten auf dem Freigelände handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A.

27

Der hier streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, welche die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach§ 127 GWB festgelegt sind. Gemäß § 2 Nr. 4 VgV in der zur Zeit der Bekanntmachung dieses Auftrages (xxxxxx.2010) geltenden Fassung, gilt ein Schwellenwert von 4.845.000 EUR (§ 2 Nr. 3, 6 VgV). Zwar hat der Auftraggeber ausweislich des Vergabevorschlages vom 28.02.2011, Ziffer 3, den Auftragswert nur auf xxxxxx EUR brutto geschätzt, jedoch bezog sich diese Schätzung nur auf die Herstellung der Holzfenster, nicht jedoch auf die Gesamtbaumaßnahme. Werden Gesamtbaumaßnahmen wie hier in Losen ausgeschrieben, gilt gemäß § 2 Nr. 6 VgV ein Schwellenwert von 1 Mio. EUR, oder bei Losen unterhalb 1 Mio. EUR deren addierter Wert ab 20% des Gesamtwertes aller Lose. Der Auftraggeber hat weder dokumentiert, noch sich im Verfahren darauf berufen, dass diese Grenze von 20% des Gesamtwertes aller Lose unterschritten sei. Die Anwendung des 4. Teils des GWB ist auch nicht gemäß § 100 Abs. 2 GWB für den hier vorliegenden Fall ausgeschlossen.

28

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Sie trägt vor, die Beigeladene habe ein Angebot vorgelegt, welches den verbindlichen Anforderungen der Vergabeunterlagen nicht genüge. Die Beigeladene sei auch nicht hinreichend qualifiziert. Der Zuschlag habe daher nicht gegenüber der Beigeladenen ausgesprochen werden dürfen.

29

Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rz. 52). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin auch schlüssig darlegt, dass sie bei vergabekonformem Verhalten der Auftraggeberin den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: 1/99, S. 24). Gleichwohl liegt dies hier nahe, da die Antragstellerin das zweitniedrigste Angebot abgegeben hat.

30

Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Antrags (vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 27.07.2006 VII - Verg 23/06 Ziffer 1a), zit. nach VERIS).

31

Die Antragstellerin hat die von ihr im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Vergaberechtsverstöße rechtzeitig im Sinne des§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gerügt. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber dennoch nicht unverzüglich gerügt hat. Als unverzüglich gilt grundsätzlich ein Zeitraum innerhalb von 1 bis 3 Tagen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az: 1 Verg 4/03); Bechtold, GWB, § 107, Rz. 2). Hier hat die Antragstellerin nach Erhalt der Bieterinformation gemäß § 101a GWB am 20.04.2011 unverzüglich am 21.04.2011 eine Rüge erhoben und daher ihre Rügeobliegenheit innerhalb von 24 Stunden erfüllt.

32

Die Rüge beschränkt sich inhaltlich auf zwei Sätze, mit denen ein nicht näher bezeichneter Verstoß gegen Frist- und Formvorschriften und die Nichterfüllung des Leitungsumfanges nach der Verdingungsordnung gerügt wird. Damit ist sie inhaltlich bedenklich allgemein gehalten. In der Rüge muss grundsätzlich zum Ausdruck kommen, welchen Sachverhalt der Rügende für vergaberechtswidrig hält und zu dem er dem öffentlichen Auftraggeber vor Anrufung der Vergabekammer die Gelegenheit zur Selbstkorrektur geben möchte (Reidt in Reidt Stickler Glahs § 107 Rz. 74 m.w.N.). Allerdings hat die Antragstellerin die Rüge ohne anwaltliche Beratung formuliert. Außerdem hat die Antragstellerin zuvor im selben Vergabeverfahren ausführlich auch unter Erhebung eines Nachprüfungsantrags dargestellt, auf welchen konkreten Lebenssachverhalt und welchen Vergabeverstoß sie ihre Rüge stützt. Der Bezug auf diese bereits zuvor geführte konkrete Korrespondenz zur Leistungsfähigkeit der Beigeladenen und die ausführliche, zudem dokumentierte Erörterung dieser Punkte im Bietergespräch waren so offensichtlich, eine etwaige Erweiterung des Rügeinhaltes so deutlich ausgeschlossen, dass eine Wiederholung dieser Darstellung in der Rüge jedenfalls aus einer laienhaften Perspektive der Antragstellerin als entbehrlich erschienen sein mag. Daher geht die Vergabekammer in dieser besonderen Situation davon aus, dass die Rüge noch den inhaltlichen Mindestanforderungen genügt, weil die Antragstellerin auch mit dieser allgemeinen Darstellung deutlich gemacht hat, dass sie ihre bisherige konkrete Darstellung eines vergaberechtlichen Mangels weiter aufrecht erhält.

33

2.

Der Antrag ist unbegründet. Der Auftraggeber hat mit der Entscheidung, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus § 97 Abs. 2 GWB verstoßen. Daher liegt keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin gemäß §§ 97 Abs. 7, 114 GWB vor.

34

a)

Der Auftraggeber hat ermessensfehlerfrei festgestellt, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene die in der Vergabebekanntmachung genannten Eignungsanforderungen und die im zweiten Teil der Eignungsprüfung geprüften Eignungskriterien erfüllen.

35

Gemäß § 16 Abs. 2 VOB/A ist die Eignung der Bieter zu prüfen. Dabei sind anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bietet. Die ausgewählten Bieter müssen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen. Die Verpflichtung des Auftraggebers aus § 16 Abs. 2 VOB/A, die Eignung der Bieter ordnungsgemäß zu prüfen ist drittschützend (Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieߧ 16 VOB/A Rz. 205). Bei einer unsachgemäßen Eignungsprüfung ist daher die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt

36

Welche Nachweise im Einzelfall von den Bietern vorzulegen sind, richtet sich nach dem Inhalt der Bekanntmachung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2u VOB/A und der Vergabeunterlagen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und § 6 Abs. 3 Nr. 5 VOB/A.

37

aa)

Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2u VOB/A soll bereits die Bekanntmachung Angaben darüber enthalten, welche Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers oder Bieters verlangt werden. Hier hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung unter Ziff. III.2.3. auf das Formblatt 124 des VHB Bund verwiesen. Darin hat der jeweilige Bieter die Möglichkeit, bis zu drei Referenzobjekte zu benennen. Diese Anforderung haben sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene erfüllt. Der Auftraggeber hat sowohl einzelne Referenzobjekte der Antragstellerin als auch alle Referenzobjekte der Beigeladenen überprüft und die Überprüfung anhand von vorformatierten Telefonnotizen dokumentiert. Er hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, warum er in den Notizen der Beigeladenen unter Fachkunde und "Leistungsfähigkeit" teilweise sowohl "ja", als auch "nein" angekreuzt hat. Bei allen Referenzobjekten der Beigeladenen ist dokumentiert, dass die jeweiligen Kunden sehr zufrieden waren. Es ergaben sich keine Beanstandungen. Die in den Referenzobjekten ausgeführten Leistungen bestanden laut der Telefonnotiz auch darin, Holzfenster nach DIN EN V 1627-1630 also WK 3 einzubauen. Damit haben sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene die in der Vergabebekanntmachung geforderten Eignungsnachweise gemäß Formblatt 124 des VHB Bund erfüllt.

38

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/A müssen in der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle Angaben nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 enthalten sein, die außer den Vertragsunterlagen für den Entschluss zur Abgabe eines Angebotes notwendig sind, sofern sie nicht bereits veröffentlicht wurden. Das bedeutet, dass der Auftraggeber in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die in der Bekanntmachung genannten Eignungsnachweise näher konkretisieren kann. Er darf allerdings nicht von den in der Bekanntgabe aufgeführten Kriterien grundsätzlich abweichen. Auch § 6 Abs. 3 Nr. 5 VOB/A erlaubt es dem Auftraggeber noch in der Aufforderung zur Angebotsabgabe Nachweise zu bezeichnen, deren Vorlage mit dem Angebot verlangt oder deren spätere Anforderung vorbehalten wird. Hier hat der Auftraggeber unter Ziff. 4.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe lediglich darauf verwiesen, dass nicht präqualifizierte Unternehmen zum Nachweis der Eignung mit dem Angebot das ausgefüllte Formblatt 124 "Eigenerklärung zur Eignung" vorzulegen haben. Damit ist der Auftraggeber in der Aufforderung zur Angebotsabgabe inhaltlich nicht über die Anforderungen der Bekanntmachung hinausgegangen, sondern hat die dort geforderten Eignungsnachweise wiederholt.

39

bb)

Aufgrund des verfahrensbegleitenden Schreibens im Nachprüfungsverfahren VgK-08/2011 ist der Auftraggeber wieder in die Eignungsprüfung eingetreten. Er hat die Antragstellerin und die Beigeladene schriftlich zu einem Bietergespräch geladen. Er hat in der Ladung von den Bietern keinen Katalog bestimmter Prüfzeugnisse angefordert. Gleichwohl war aufgrund des Schreibens der Vergabekammer deutlich, dass in der Besprechung Eignungsnachweise erörtert werden sollten. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene legten Prüfzeugnisse für die Fähigkeit ihres jeweiligen Betriebes, Fenster nach DIN 1063 und DIN 1627-1630 einbauen zu können, vor. Ob die Erweiterung der vorzulegenden Eignungsnachweise z.B. aufgrund § 6 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A zulässig ist (vgl. Byok NJW 2011, S. 975ff; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.11.201 Verg 29/10 zit. nach ibr-online), oder ob alle von den Bietern vorzulegenden Eignungsnachweise spätestens mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe hätten benannt werden müssen (vgl. OLG München, Beschluss vom 21.08.2008 Verg 13/08 zit. nach ibr-online), kann hier dahinstehen, da sich sowohl die Beigeladene als auch die Antragstellerin rügelos auf die erwartete Vorlage der Prüfzeugnisse eingelassen haben.

40

Auch aufgrund dieses zweiten Teils der Eignungsprüfung hat der Auftraggeber ermessensfehlerfrei sowohl die persönliche Eignung der Antragstellerin, als auch der Beigeladenen festgestellt.

41

Die Antragstellerin hat ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit durch die dokumentierte Vorlage der ihrem Betrieb ausgestellten Prüfzeugnisse xxxxxx und xxxxxx, sowie der gutachterlichen Stellungnahme xxxxxx für eine durchschusshemmende Konstruktion nach DIN EN 1522/1523, sowie für andere Positionen des LV durch das Prüfzeugnis xxxxxx und die gutachterliche Stellungnahme xxxxxx für unterschiedliche Abmessungen, sowie Ein- und Mehrflügeligkeit nachgewiesen. Auch wenn in der mündlichen Verhandlung Einigkeit darüber hergestellt werden konnte, dass eine insgesamt durchschusshemmende Konstruktion nach DIN EN 1522 nicht von dem Auftraggeber gefordert war, hat die Antragstellerin mit diesem Nachweis ihre Leistungsfähigkeit vollständig dargestellt, da die Konstruktion nach DIN EN 1522 als sicherheitstechnisch anspruchsvollere Lösung inhaltlich die Anforderungen einer Rahmenkonstruktion nach DIN EN V 1627-1630 und einer Verglasung nach DIN EN V 1063 mit umfasst.

42

Die Beigeladene hat ein ihrem Betrieb ausgestelltes Prüfzeugnis für ein einflügeliges Fenster mit einer Standard Größe nach DIN EN V 1627-1630 mit einer Verglasung nach DIN EN V 1063 (Prüfzeugnis xxxxxx) vorgelegt, sowie die schriftliche Bestätigung der Fa. xxxxxx. Darin stellt die xxxxxx der Beigeladenen die Ausführung einer gutachterlichen Stellungnahme laut Auftrag vom 13.04.2011 in Aussicht. Sie nimmt Bezug auf eine bestandene Prüfung nach DIN EN V 1627-1630. Für eine der Positionen bedürfe es noch einer orientierender Prüfung.

43

Dieser Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit ist deutlich lückenhafter als die von der Antragstellerin vorgelegten Nachweise. Gleichwohl hat die Beigeladene damit ihre Leistungsfähigkeit und Fachkunde hinreichend dargelegt. Da es vergaberechtlich ein "Mehr" an Eignung nicht gibt (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieߧ 16 VOB/A Rz. 202), ein unmittelbarer Leistungsvergleich zur Ermittlung des besten Angebots vielmehr ausschließlich auf der Ebene der Zuschlagskriterien stattfindet, ist die Entscheidung der Auftraggebers, die Eignung der Beigeladenen zu bejahen, vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

44

Gemäß § 16 Abs. 2 VOB/A ist die Eignung gegeben, wenn der Bieter die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung notwendigen Sicherheiten bietet. Welche Anforderungen an die Bieter gestellt werden, ergibt sich aus dem insoweit inhaltsgleichen § 2 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A. Darin werden wiederum die Kriterien Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit genannt.

45

Fachkundig ist ein Unternehmen, dass nicht nur notwendige, sondern umfassende betriebsbezogene Kenntnisse nach den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik auf dem jeweiligen Spezialgebiet, hier Holzfenster der Widerstandsklassen bis DIN EN V 1627-1630 WK 3 herzustellen, hat. (Schranner in Ingenstau Korbion § 2 Rz. 28). Derartige Fachkenntnisse hat auch die Beigeladene mit ihren Referenzen und mit dem Prüfzeugnis grundsätzlich nachgewiesen, allerdings nicht für alle hier einzubauenden Fenstervarianten. In der mündlichen Verhandlung wurde aufgeklärt, dass Prüfzeugnisse sich immer nur für eine bestimmte Größe mit geringer Variabilität ausgestellt werden. Jede Abweichung um mehr als 10% nach oben oder 20% nach unten erfordert ein neues Prüfzeugnis. Dieses wird in der Regel ohne erneute Prüfung an einem Probefenster anhand eingesandter Zeichnungen durch eine gutachterliche Ableitung vom bereits geprüften Probefenster vorgenommen. Nur bei größeren Abweichungen erfolgt eine eingeschränkte Prüfung mit einem neuem Probefenster. Erst ein Wechsel von einflügeligem zu mehrflügeligen Fenstern erfordert die vollständige neue Prüfung der Fenster. Als mehrflügelig gelten ausschließlich Stulpfenster. Bei diesem Fenstertyp befindet sich in der Mitte der geöffneten Fensterflügel kein Setzpfosten. In diesem Sinne erstreckte sich die hier beabsichtigte Vergabe neu herzustellender Fenster nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ausschließlich auf einflügelige Fenster. Die Maueröffnungen werden zwar mit bis zu vier Flügeln besetzt, allerdings immer getrennt durch Setzpfosten, so dass es sich technisch um einflügelige Fenster handelt. Damit erstreckt sich das Prüfzeugnis der Beigeladenen auf den hier zu vergebenden Fenstertyp, erfasst aber nicht alle hier zu vergebenden Fenstergrößen.

46

Wegen der zumindest eingeschränkten Übertragbarkeit der Prüfergebnisse des Standard-Fensters auf andere Fenstergrößen verfügt die Beigeladene daher grundsätzlich über die Fachkunde für die Errichtung der hier zu vergebenden Fenster der Klassifizierung nach DIN EN V 1627-1630, WK 3.

47

Der Auftraggeber hat ermessensfehlerfrei auf einen Nachweis für jede der einzelnen Fenstergrößen zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung verzichtet, diesen Qualitätsnachweis vielmehr für die Leistungsphase vorgesehen. Das sachliche Bedürfnis des Auftraggebers, den Auftrag nur an solche Bieter zu vergeben, die über die notwendige Fachkunde verfügen, steht in einem Spannungsverhältnis zum Wettbewerbsgebot aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A. Je genauer ein geforderter Fachkundenachweis formuliert ist, desto kleiner ist das Feld der Bieter, die diesen Anforderungen genügen und desto größer ist der Eingriff des Auftraggebers in den Wettbewerb. Deshalb hat der Auftraggeber jeweils abzuwägen, in welchem Umfang Fachkundenachweise im Einzelfall sachlich geboten sind, und ab welcher Schwelle der zu hohe Nachweis an die Fachkunde den Wettbewerb unzulässig beschränkt. Dem Auftraggeber steht hierbei ein Ermessensspielraum zu, in den die Vergabekammer nicht mit eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen eingreifen darf (Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieߧ 16 VOB/A Rz. 195). Erst wenn der Auftraggeber mit unzumutbaren oder sachlich nicht gerechtfertigten Forderungen seinen Ermessensspielraum wettbewerbsbeschränkend überschreitet, kann die Vergabekammer eine Rechtsverletzung feststellen (OLG Koblenz, Beschluss vom 04.10.2010 1 Verg 8/10, zit. nach ibr-online). In der Literatur wird bereits diskutiert, ob die Vorlage von Referenzen nicht den Marktzugang für Unternehmen, die ihr Geschäftsfeld erweitern wollen, unzulässig erschwere (Vavra in Kulartz/Marx/Portz Prieߧ 2 VOB/A Rz. 17; Schranner in Ingenstau Korbion § 2 Rz. 29) die Forderung nach einer bestimmten Erfahrung dürfe den Wettbewerb für neu in den Markt drängende Unternehmen nicht völlig absperren. Im Ergebnis werden Referenzen jedenfalls dann als zulässig angesehen, wenn die Baumaßnahme spezielle und besondere Erfahrungen voraussetzt (OLG Celle, Beschluss vom 08.05.2002, 13 Verg 5/02 zit. nach VERIS). Dies ist angesichts der hohen Sicherheitsanforderungen für die einzubauenden Fenster in diesem xxxxxxgebäude der Fall. Daher hat der Auftraggeber hier in nicht zu beanstandender Weise in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen Referenzen eingefordert, mit denen die Bieter nachweisen mussten, dass sie die vom Auftraggeber geforderten und umfassend beschriebenen technischen Spezifikationen gemäß § 7 Abs. 4 VOB/A erfüllt haben und daher erfüllen können. Auch die Anforderung von Prüfzeugnissen für den einzubauenden Fenstertyp mag wegen des besonderen Objektes in diesem Sonderfall noch unbedenklich sein.

48

Zeugnisse für eine bestimmte Fenstergröße wird ein Bieter aber nur bereits zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung vorlegen können, wenn er bereits in einem früheren Auftrag zufällig eine recht ähnliche Fenstergröße dergleichen Sicherheitsstufe einbebaut haben sollte. Das Bevorraten mit Prüfzeugnissen, nur um ein Angebot abgeben zu können, ist angesichts der erheblichen Kosten im fünfstelligen Bereich und der Vielzahl möglicher Abweichungen wirtschaftlich für keinen Bieter, erst recht nicht für neu in den Markt strebende Unternehmen sinnvoll. Die Antragstellerin, die gleichwohl in der Lage ist, aus einem Fundus von Prüfzeugnissen ad hoc das Prüfzeugnis für die hier geforderte Fenstergröße zu präsentieren, profitiert zum einen von ihrer nach eigener Darstellung jahrzehntelangen Erfahrung, zum anderen aber auch davon, dass die privaten Zertifizierungsstellen jedenfalls bisher die Gültigkeit von Prüfzeugnisse für Fenstertypen nicht zeitlich beschränkt haben. Lediglich das Beschussamt xxxxxx hat eine solche zeitliche Beschränkung in den letzten Jahren eingeführt. Dies hat hier konkret zur Folge, dass die Antragstellerin noch über eine zeitlich unbefristete Beschussprüfung aus dem Jahr 2003 verfügt, während das gleichartige Zeugnis der Beigeladenen aus dem Jahr 2008 nach einigen Jahren verfällt. Der Auftraggeber hat die persönliche Fachkunde der Antragstellerin jedoch nicht bezweifelt.

49

Wollte man Prüfzeugnisse für alle Fenstergrößen als Eignungsnachweis fordern, würde man für Unternehmen eine faktisch unüberwindliche Zugangssperre errichten. Das widerspricht dem Wettbewerbsprinzip des § 2 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A, wonach der Wettbewerb die Regel sein soll (Vavra in Kulartz/Marx/Portz/Prieߧ 2 VOB/A Rz. 12).

50

Zweifel an der nachgewiesenen Fachkunde der Beigeladenen ergeben sich jedenfalls nicht aus dem Fehlen von Prüfzeugnisderivaten. Die Entscheidung des Auftraggebers, die auftragsspezifischen Varianten der Prüfzeugnisse erst nach Zuschlag aufgrund eines Aufmaßes vor Ort zu verlangen, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Er verhindert damit nur, dass etwaige Divergenzen zwischen den Angaben in den Bestandsplänen des Gebäudes und dem in der Leistungsphase zu nehmenden tatsächlichen Aufmaß die Verwendbarkeit der erstellten Zeugnisse beeinträchtigen.

51

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin muss die Fachkunde auch nicht bereits vollständig zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung nachgewiesen sein. Der jeweilige Auftragnehmer kann alle Leistungsnachweise einschließlich der Fachkundenachweise auch erbringen, indem er vor der Vergabeentscheidung nachweist, bis zum Vertragsbeginn die Leistungsfähigkeit herstellen zu können (Kratzenberg in Ingenstau Korbion § 16 Rz. 78). Der Auftraggeber darf lediglich nicht von jeglicher Prüfung der Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers absehen (EUGH Urteil vom 04.12.2003, C-448/01, NZBau 2004, S. 105 Rz. 44, Rz50 ff), oder den erforderlichen Nachweis insgesamt in die Leistungsphase verlagern (VK Niedersachsen, Beschluss vom 16.03.2009 VgK 04/09). In beiden Fällen würde er den Zuschlag ohne die Eignungsprüfung erteilen. Der Auftraggeber muss vielmehr vor Erteilung des Zuschlags eine effektive Kontrolle der Angaben des Bieters gewährleisten. Hier ist der Nachweis zunächst durch die drei positiv bewerteten Referenzen und des Prüfzeugnisses für das Standard-Fenster erbracht worden. Den ergänzenden Nachweis der Fachkunde für die genauen Fenstergrößen hat die Beigeladene in hinreichendem Umfang durch die Zusicherung der xxxxxx vom 13.04.2011 erbracht, dem Betrieb der Beigeladenen einen wesentlichen Anteil der Prüfzeugnisse innerhalb von fünf Werktagen erstellen zu können.

52

Leistungsfähig ist ein Unternehmen, dessen Kapazität ausreicht, den konkret zu vergebenden Auftrag hinsichtlich des Umfanges und der Ausstattung zu erfüllen (Schranner in Ingenstau Korbion VOB/A § 2 Rz. 36). Daran besteht auch für die Beigeladene angesichts der vorgelegten drei Referenzen über größere Projekte mit ähnlichen Anforderungen und dem Nachweis, Fenster nach DIN EN V 1627-30 herstellen zu können, kein Zweifel.

53

Gleiches gilt für die Zuverlässigkeit von Beigeladener und Antragstellerin.

54

Da die Beigeladene nicht abweichend von den in den Vergabeunterlagen benannten technischen Spezifikationen der DIN gemäß § 7 Abs. 3, Abs. 4 VOB/A angeboten, sondern die Erfüllung dieser Spezifikationen vollständig im ausgefüllten Leistungsverzeichnis bestätigt hatte, oblag ihr auch nicht gemäß § 13 Abs. 2 VOB/A der Nachweis der Gleichwertigkeit.

55

b)

Die Beigeladene hat das preislich niedrigere Angebot abgegeben. Nach Ziffer IV 2.1 der Vergabebekanntmachung sollte bei der Vergabeentscheidung das wirtschaftlichste Angebot mit 100% gewichtet werden. Das Angebot der Beigeladenen ist auch nicht gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A unangemessen niedrig. Wenn man aus dem Angebot der Antragstellerin die Positionen herausnimmt, welche die Anforderungen gemäß den Vergabeunterlagen übersteigen, liegt die Abweichung zum zweitniedrigsten Angebot der Antragstellerin deutlich unter 10%. Sie ist damit auch im Sinne des § 5 Niedersächsisches Landesvergabegesetz nur geringfügig.

56

c)

Die Dokumentationsmängel in der vorgelegten Vergabeakte betreffen nicht den Katalog des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 VOB/A. Sie sind nicht so erheblich, dass eine Wiederholung der Wertung erforderlich wäre. Der Auftraggeber hat die Vergabeakte sowohl in dem Verfahren VgK 08/2011, als auch in diesem Verfahren vorgelegt. Aus dem Retent der Vergabekammer zum ersten Verfahren ist erkennbar, dass in jenem Verfahren Unterlagen wie die Bekanntmachung vorgelegt worden sind, die im zweiten Verfahren in der Vergabeakte fehlten. Zum Teil hat der Auftraggeber die notwendigen Unterlagen auf Anforderung der Vergabekammer mit Schreiben vom 17.05.2011 vorgelegt, zum Teil war er in der mündlichen Verhandlung in der Lage, z.B. die Ladung zum Eignungsgespräch am 18.04.2011 vorzulegen. Nach der neueren Rechtsprechung (BGH Beschluss vom 08.02.2011 XZB 4/10 Rz. 71 bis 73; OLG Düsseldorf Beschluss vom 23.03.2011 Verg 63/10) ist eine etwaige Wiederholung einer Wertung aufgrund von Dokumentationsmängeln nur geboten, wenn eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung bei alleiniger Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation im Nachprüfungsverfahren zweifelhaft ist. Das OLG Düsseldorf räumt dem Auftraggeber sogar die Möglichkeit ein, im Nachprüfungsverfahren maßgebliche Erwägungen nachzuholen, dann allerdings mit Auswirkungen in der Kostenentscheidung. Da hier nicht die vollständige Dokumentation, sondern eher deren vollständige Übermittlung im zweiten Nachprüfungsverfahren problematisch war, sieht die Vergabekammer keine Veranlassung, das Vergabeverfahren wegen Dokumentationsmängeln in ein bestimmtes Stadium zurückzuversetzen.

57

Die Vergabekammer vermag daher keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin gemäß § 114 GWB zu erkennen.

58

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 EUR, die Höchstgebühr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.

59

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt nach dem Angebot der Antragstellerin xxxxxx EUR brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

60

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

61

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR brutto ergibt sich eine gemäßZiffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr in Höhe von xxxxxx,-- EUR. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

62

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Für die Ermittlung des Unterliegens ist nicht auf den Antrag abzustellen, der sich auf die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens, ein Zuschlagsverbot für die Beigeladene und eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer beschränkt. Gemäß § 114 GWB ist die Vergabekammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Da die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten zu tragen.

63

GemäßZiffer 4 des Tenors hat die Antragstellerin dem Auftraggeber als Antragsgegner und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen gemäß § 128 Abs. 4 GWB zu erstatten.

64

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Dies sieht die Vergabekammer als gegeben an. Die Beigeladene hat das Nachprüfungsverfahren aktiv durch Aufklärung gefördert. Die Beigeladene hat darüber hinaus eigene Anträge gestellt, sowie anwaltlich schriftsätzlich vorgetragen.

65

In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist von Amts wegen auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren erster Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist gleichwohl wegen der erheblichen Komplexität des Vergaberechts(Hardraht in Willenbruch Widdekind, 14. Los § 128 GWB Rz. 74), des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung erforderlich

66

Die Hinzuziehung des Rechtsanwalts ist auch ohne ausdrücklichen Antrag von Amts wegen für notwendig zu erklären, da § 128 Abs. 4 GWB nicht auf § 80 Abs. 3 Satz 1 VwVfG verweist, nur dort aber ein Antragserfordernis normiert ist.

67

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx EUR unter Angabe des Kassenzeichens

68

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

69

xxxxxx.

IV. Rechtsbehelf

70

Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.

71

...

Gaus
Peter
Roloff