Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 15.03.2011, Az.: VgK-04/2011

Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit für einen zu vergebenden Auftrag handelt es sich um eine Prognoseentscheidung; Bei dem Vorliegen eines rechtskräftigen Bußgeldbescheides des Bundeskartellamts gegen das Mutterunternehmen kommt ein zwingender Ausschluss vom Vergabeverfahren nicht in Betracht

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
15.03.2011
Aktenzeichen
VgK-04/2011
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 16016
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgegenstand

Vergabeverfahren "xxxxxx" Los 2, 3 Aufbauten für Tragkraftspritzenfahrzeuge Wasser

In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
die Vorsitzende RD' in Dr. Raab,
die hauptamtliche Beisitzerin BOR' in Schulte und
den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Dipl.-Ökonom Brinkmann
auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2011
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut in die Wertung einzutreten.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.

Begründung

1

I.

Die xxxxxx, die Antragsgegnerin, ein Serviceunternehmen eines kommunalen Spitzenverbandes, hat für eine Samtgemeinde, mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2010 Tragkraftspritzenfahrzeuge europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Die zu vergebende Leistung war in 2 Lose aufgeteilt. Nebenangebote/Alternativvorschläge waren zugelassen. Hinsichtlich der Teilnahmebedingungen waren zur Beurteilung der persönlichen Lage des Wirtschaftsteilnehmers und dessen Leistungsfähigkeit keine Angaben und Formalitäten gefordert. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der in den Vergabeunterlagen genannten Kriterien erfolgen. Dort war für das Los 2, Aufbau, Folgendes ausgeführt:

  1. 1.

    Eigenschaften, die beim Anbieter abgefragt werden und als Bewertungskriterien der ersten Auswertung dienen:

    Preis 60%

    Garantie 5%

    Liefertermin 5%

  2. 2.

    Eigenschaften, die während der technischen Bewertung durch die Bestellergemeinde bewertet werden:

    Technische Bewertung 30%

    Bewertungspunkte:

    • Raumverhältnisse

    • Unterbringung der Geräte

    • Entnahmemöglichkeit der Geräte

    • Ausführung Innenaufbau

    • Ausführung Rollläden

    • Innere und äußere Sicherheit (UVV)

    • Qualität Aufbau allgemein

2

Wie diese Bewertungspunkte gewichtet werden sollten, wurde den Bietern nicht mitgeteilt.

3

Hinsichtlich der Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Leistungen hatte die Antragsgegnerin unter Ziffer 3Wettbewerbsbeschränkende Absprachen festgelegt:

"Angebote von Bietern, die sich im Zusammenhang mit diesem Vergabeverfahren oder vergleichbaren früheren Verfahren an einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache beteiligt haben, werden ausgeschlossen."

4

Dem kurzen Vergabevermerk der Antragsgegnerin vom 15.12.2010 ist zu entnehmen, dass hinsichtlich des hier streitigen Loses 2 sechs Bieter die Ausschreibungsunterlagen angefordert haben, unter ihnen die Antragstellerin und die Beigeladene. Die Angebote von drei Bietern wurden ausgeschlossen, da sie die maximale Fahrzeughöhe nicht einhielten. Von den drei verbliebenen Bietern hatte die Antragstellerin mit einer Angebotssumme in Höhe von xxxxxx EUR den niedrigsten Preis angeboten, die Beigeladene mit einer Angebotssumme xxxxxx EUR den zweitniedrigsten Preis.

5

Bei der Auswertung von Preis- und Datenteil Aufbau kam die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin xxxxxx Punkte für ihren Preis und für die technische Bewertung xxxxxx Punkte erhielt. Die Beigeladene erzielte xxxxxx Punkte bzw. xxxxxx. Insgesamt erhielt die Antragstellerin xxxxxx Punkte und die Beigeladene xxxxxx. Dabei wurden die Unterkriterien für den technischen Wert unterschiedlich gewichtet. Während die ersten sechs Unterkriterien mit jeweils 4% gewichtet wurden, wurde die Qualität Aufbau allgemein mit 6% gewichtet. Insgesamt ergaben die Bewertungspunkte für die Unterkriterien zum technischen Wert 30%.

6

Die Antragsgegnerin empfahl, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Diesem Vorschlag stimmte das zuständige Rechnungsprüfungsamt zu. Ob sich die vertretene Samtgemeinde der Auffassung anschloss, ist der Vergabeakte nicht zu entnehmen. Lediglich im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens teilte die Samtgemeinde in einem Schreiben vom 23.02.2011 an die Antragsgegnerin mit, dass sie nicht möchte, dass die Antragstellerin den Zuschlag erhalte.

7

Mit Bieterinformation nach § 101 a GWB vom 08.02.2011 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen am 21.02.2011 erteilt werden solle. Mit Schreiben vom 11.02.2011 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene. Sie weist unter Bezugnahme auf eine Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 10. 02.2011 darauf hin, dass gegen die Beigeladene und zwei weitere Unternehmen ein Bußgeld in Millionenhöhe verhängt worden ist. Ihrer Ansicht nach sei die Beigeladene gemäß den Bewerbungsbedingungen auszuschließen, da sie sich an einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung beteiligt habe.

8

Die Antragsgegnerin erklärte mit Schreiben vom 15.02.2011 gegenüber der Antragstellerin, dass sie der Beigeladenen den Auftrag unter der Voraussetzung erteilen werde, dass diese im Vorfeld und während des Vergabeverfahrens nicht an Preisabsprachen beteiligt gewesen sei.

9

Mit Schreiben vom 16.02.2011, eingegangen in der Vergabekammer per Telefax am 18.02.2011, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber der Antragsgegnerin monierte beabsichtigte Beauftragung der Beigeladenen. Sie fügt als Beleg die Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 10.02.2011 bei.

10

Die Antragstellerin beantragt

den Wiedereintritt in die Wertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer

11

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. 1.

    den Antrag/die Anträge des Beschwerdeführers abzulehnen;

  2. 2.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die xxxxxx zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war;

  3. 3.

    hilfsweise wird beantragt, den Bieter xxxxxx im vorliegenden Verfahren beizuladen, da die Interessen des Bieters xxxxxx durch eine stattgebende Entscheidung der Vergabekammer schwerwiegend berücksichtigt werden.

12

Die Antragsgegnerin tritt den Behauptungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie hält den gesamten Vortrag der Antragstellerin zum technischen Wert als solches für unerheblich und mangels vorheriger Rüge für verfristet.

13

Die Antragsgegnerin weist zunächst darauf hin, dass für sie als ausschreibende Stelle bei Versendung der Information nach§ 101a GWB am 08.02.2011 keinerlei Anzeichen erkennbar gewesen seien, dass eine Verfehlung von Bietern im Sinne des § 6 Abs. 4 ff. VOL/A EG vorliegen könne. Aus ihrer Sicht geht es lediglich um die Frage, ob die Beigeladene nach Bekanntwerden des Kartellverfahrens ausgeschlossen werden musste und ob sie ihr Ermessen bei der Frage, ob die Beigeladene ausgeschlossen werden sollte, pflichtgemäß ausgeübt hat.

14

Sie sieht keine stichhaltigen Gründe, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen. Sie habe sich nach Abwägung des gesamten bekannten Sachverhalts und Wertung des Vorbringens der Antragstellerin und der Eigenerklärung der Beigeladenen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 14.02.2011 im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens dazu entschlossen, die Vergabeentscheidung nicht zu ändern.

15

Sie vermag auch keine zwingenden Ausschlussgründe der Beigeladenen zu erkennen, da die Beigeladene noch nicht rechtskräftig verurteilt sei. Ferner sieht sie auch keine Gründe für einen zwingenden Ausschluss aufgrund ihrer Bewerbungsbedingungen. Sie habe bisher keine Erkenntnisse, dass Bieter im vorliegenden Vergabeverfahren wettbewerbsbeschränkende Absprachen vorgenommen hätten. Dies habe die Antragstellerin im Übrigen auch nicht vorgetragen. Der Pressemitteilung des Bundeskartellamtes sei ledig zu entnehmen, dass es in dem dort anhängigen Verfahren um Sachverhalte aus der Zeit von 2001 bis Ende 2009 gehe.

16

Sie sieht auch keine Anzeichen, dass die Beigeladene sich in vergleichbaren früheren Verfahren an einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache beteiligt habe. Die Beigeladene habe in ihrer Stellungnahme vom 14.02.2011 erklärt, dass zwar über einen gewissen Zeitraum Absprachen für Normfahrzeuge über 7,5 t erfolgt seien, nicht jedoch für Normfahrzeugeunter 7,5 t. Diese Erklärung sei aus Sicht der Antragsgegnerin nachvollziehbar und insoweit plausibel, als sich Absprachen der Kartellanten lediglich auf Segmente "beschränkt" hätten, die viel Geld bringen würden und bei "relativ preiswerten" Fahrzeugen keine Absprachen getroffen worden seien. Ferner spreche für diese Annahme, dass die Beigeladene nur an ihrem Hauptstandort in xxxxxx die Normfahrzeuge über 7,5 t produziere, während sie die Normfahrzeuge unter 7,5 t nur in xxxxxx herstelle.

17

Die Antragsgegnerin sieht zurzeit keine wettbewerbswidrigen Absprachen der Beigeladenen im Vergabeverfahren für Normfahrzeuge unter 7,5 t und damit für vergleichbare frühere Verfahren i. S. ihrer Bewerbungsbedingungen. Aus ihrer Sicht durfte sie die Beigeladene damit nicht zwingend wegen mangelnder Zuverlässigkeit aus dem Vergabeverfahren ausschließen.

18

Ferner habe die Beigeladene eine Eigenerklärung für die "Selbstreinigung" abgegeben, so dass sie, die Antragsgegnerin, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des § 6 Abs. 6 VOL/A EG entschieden habe, dass der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen sei. Maßstab sei dabei, ob trotz der Merkmale eines Ausschlusstatbestandes für den vorliegenden Auftrag noch von der notwendigen Zuverlässigkeit ausgegangen werden könne.

19

Bei der Entscheidung, ob ein Bieter wegen mangelnder Zuverlässigkeit für eine bestimmte Zeit von der Vergabe auszuschließen ist, habe sie die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei dieser Abwägung habe sie einerseits die gerügte schwere Verfehlung der Beigeladenen und andererseits den Willen der vertretenen Kommune zu berücksichtigen. Bei einer sog. Vergleichsvorführung werde Fertigungsqualität und Funktionalität der angebotenen Aufbauten aller Anbieter verglichen und in einem mit dem zuständigen Rechnungsprüfungsamt abgestimmten Bewertungssystem bewertet. Die auftraggebende Kommune habe ihr gegenüber erklärt, dass sie keine Auftragsvergabe an die Antragstellerin wünsche, da die Vergleichsvorführung gezeigt habe, dass hinsichtlich der Qualitätsanmutung der Aufbauten ein klarer Unterschied erkennbar sei.

20

Die Beigeladene hat sich bisher nicht schriftlich zum Verfahren geäußert und auch keine Anträge gestellt.

21

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 15.03.2011 Bezug genommen.

22

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB i.V.m. § 97 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 GWB verletzt. Angesichts des rechtskräftigen Bußgeldbescheides des Bundeskartellamts gegen das Mutterunternehmen der Beigeladenen wegen wettbewerbswidriger Quoten- und Preisabsprachen hat die Antragstellerin Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin gemäß § 6 Abs. 6 c VOL/A EG über einen möglichen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen und eine sorgfältige Ermittlung der Grundlagen für die Ermessensentscheidung. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind fehlerhaft. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut in die Wertung einzutreten, ihr Ermessen auszuüben und Prüfung und Entscheidung in einer den Anforderungen des § 24 VOL/A EG genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

23

1.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin handelt im Namen und auf Rechnung der Samtgemeinde xxxxxx, einer öffentlichen Auftraggeberin gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftragswert übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach§ 127 GWB festgelegt sind. Der für die vorliegende Ausschreibung geltende Schwellenwert liegt bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gemäß § 2 Nr. 2 VgV bei 193.000 EUR netto. Ausweislich der Wertungsmatrix der Antragsgegnerin vom 08.12.2010 beträgt der Auftragswert für Los 1 mindestens xxxxxx EUR brutto und für Los 2 mindestens xxxxxx EUR brutto. Somit übersteigt der Gesamtauftragswert den maßgeblichen Schwellenwert.

24

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, die Antragsgegnerin habe unter Verstoß gegen das vergaberechtliche Gebot aus§ 97 Abs. 4 S. 1 GWB, Aufträge an gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen zu vergeben, zu Unrecht das Angebot der Beigeladenen als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt, da die Beigeladene wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht vom Verfahren auszuschließen gewesen sei. Auch wendet sie sich gegen die technische Bewertung ihrer Aufbauten im Vergleich zur Beigeladenen, macht damit einen Verstoß gegen § 97 Abs. 2 GWB geltend. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist weiterhin, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt. Sie hat zumindest schlüssig vorgetragen, dass sie bei aus ihrer Sicht konformer Durchführung des Vergabeverfahrens eine Chance auf den Zuschlag hätte. Wäre die Beigeladene von der Teilnahme auszuschließen, belegte die Antragstellerin Rang 1 in der Wertung. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99).

25

Der Nachprüfungsantrag ist auch nicht mangels rechtzeitiger Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unzulässig. Danach ist der Antragsteller verpflichtet, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Die Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin per E-Mail am 08.02.2011 darüber informiert, dass sie den Zuschlag nicht erhalten werde, der Zuschlag für Los 2 auf das wirtschaftlichste Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle. Die am 11.02.2011 (unmittelbar nach der Presseinformation des Bundeskartellamts) innerhalb von 3 Tagen auf das Informationsschreiben der Antragsgegnerin abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Es kann daher vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtsachen C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010, Az.: 13 Verg 4/10, und Beschluss vom 04.03.2010, Az.: 13 Verg 1/10; a. A. OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10, zitiert nach ibr-online).

26

2.

Der Nachprüfungsantrag ist begründet.

27

Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB i.V.m. § 97 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 GWB verletzt. Angesichts des rechtskräftigen Bußgeldbescheides des Bundeskartellamts gegen das Mutterunternehmen der Beigeladenen wegen wettbewerbswidriger Quoten- und Preisabsprachen hat die Antragstellerin Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin gemäß § 6 Abs. 6 c VOL/A EG über einen möglichen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen und eine sorgfältige Ermittlung der Grundlagen für die Ermessensentscheidung. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind fehlerhaft, denn es liegen einerseits sachfremde Erwägungen zugrunde, andererseits ist die Grundlage für die Prognose über die Zuverlässigkeit der Beigeladenen nicht vollständig ermittelt. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut in die Wertung einzutreten, ihr Ermessen auszuüben und Prüfung und Entscheidung in einer den Anforderungen des § 24 VOL/A EG genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.

28

Sie hat ihre nachträglich für eine Entscheidung angestellten Ermessenserwägungen auf eine breitere Grundlage zu stellen. Insbesondere hat sie konkrete Informationen über getroffene Maßnahmen zur sog. "Selbstreinigung" in dem Unternehmen der Beigeladenen bzw. in ihrem Mutterunternehmen einzuholen sowie Erkundigungen anzustellen, ob es Pläne für eine Schadenswiedergutmachung - ggf. im Mutterunternehmen der Beigeladenen - gibt. Zudem hat sie vor einer Entscheidung Einsicht in die Urkalkulation des Angebots der Beigeladenen zu nehmen. Gründe für einen zwingenden Ausschluss des Angebots der Beigeladenen nach den Bewerbungsbedingungen der Antragsgegnerin vermag die Vergabekammer - nach derzeitigem Kenntnisstand - nicht zu erkennen.

29

Gemäß § 97 Abs. 7, Abs. 4 GWB hat die Antragstellerin Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin den streitbefangenen Auftrag nur an gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergibt.

30

Ein zwingender Ausschluss der Beigeladenen wegen § 6 Abs. 4 c VOL/A EG kommt nicht in Betracht. Nach § 6 Abs. 4 c VOL/A EG ist ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn der Auftraggeber Kenntnis davon hat, dass eine Person, deren Verhalten dem Unternehmen zuzurechnen ist, rechtskräftig verurteilt worden ist wegen § 263 des Strafgesetzbuches (Betrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Gemeinschaften oder gegen Haushalte richtet, die von den Europäischen Gemeinschaften oder in deren Auftrag verwaltet werden. Eine strafrechtliche Verurteilung der Beigeladenen oder ihres Mutterunternehmens oder ein an sie gerichteter Strafbefehl gemäß § 298 StGB ("Ausschreibungsbetrug") liegt nicht vor, so dass § 6 Abs. 4 c VOL EG analog nicht einschlägig ist.

31

Es war vergaberechtlich jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin von einem zwingenden Ausschluss der Antragstellerin gemäß Ziffer 3 ihrer Bewerbungsbedingungen abgesehen hat. Ziffer 3 der Bewerbungsbedingungen der Antragsgegnerin lautet: "Angebote von Bietern, die sich im Zusammenhang mit diesem Vergabeverfahren oder vergleichbaren früheren Verfahren an einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache beteiligt haben, werden ausgeschlossen."

32

Die Antragsgegnerin hat glaubhaft ausgeführt, trotz intensiver Beobachtung des Marktes erst mit der Presseinformation des Bundeskartellamts vom 10.02.2011 von dem Preis- und Quotenkartell für die Feuerwehrbeschaffung erfahren zu haben. Nähere Informationen hat das Bundeskartellamt ihr trotz Nachfrage nicht zur Verfügung gestellt.

33

Bezüglich eines zwingenden Ausschlusses nach ihren Bewerbungsbedingungen hat die Antragsgegnerin nachträglich zutreffend erkannt, dass das Bundeskartellamt über Sachverhalte bis Mitte/Ende 2009 entschieden hat, so dass sie davon ausgehen durfte, das im vorliegenden Vergabeverfahren keine wettbewerbsbeschränkenden Absprachen von Bietern erfolgt sind. Angesichts ihres eingeschränkten Informationsstandes war es ebenfalls vergaberechtskonform, von einem zwingenden Ausschluss der Beigeladenen wegen wettbeschränkender Absprachen in vergleichbaren früheren Verfahren abzusehen. Die Antragsgegnerin hat ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, dass nach ihrem derzeitigen Kenntnisstand Preisabsprachen lediglich über Normfahrzeuge über 7,5 t getroffen wurden, nicht aber für das Marktsegment der streitbefangenen Ausschreibung, und dass die Beigeladene in xxxxxx Normfahrzeuge über 7,5 t nicht produziere und anbiete, sondern lediglich ihr Mutterunternehmen in xxxxxx.

34

Die Antragsgegnerin hat aber auch die Möglichkeit eines Ausschlusses nach § 6 Abs. 6 c VOL/A EG zu prüfen. § 6 Abs. 6 c VOL/A EG beinhaltet einen fakultativen Ausschlusstatbestand für Bewerber, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, welche ihre Zuverlässigkeit in Frage stellt (Kulartz, Marx, Portz, Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage, § 6 EG Rdnr. 102).

35

Die Antragsgegnerin hat - hier nachträglich - nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob die Beigeladene aufgrund von kartellrechtlichen Verstößen gemäß § 6 Abs. 6c EG VOL wegen "schwerer Verfehlungen", die ihre Zuverlässigkeit als Bewerberin in Frage stellt, vom Verfahren auszuschließen ist.

36

Bei dem Begriff "schwere Verfehlung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Auslegung der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zukommt. Unter "schwerer Verfehlung" werden erhebliche Rechtsverstöße verstanden, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Unternehmens grundlegend in Frage zu stellen. Hierzu zählen u.a. Verstöße gegen das GWB, z.B. unzulässige Preisabsprachen (Kulartz, Marx, Portz, Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage, § 6 EG Rdnr. 103 f). "Schwer" ist eine Verfehlung dann, wenn sie schuldhaft begangen wurde und erhebliche Auswirkungen hat. Erhebliche Auswirkungen können dann angenommen werden, wenn besonders schützenswerte Rechtsgüter verletzt wurden und ein erheblicher Schaden entstanden ist oder zu entstehen drohte. Denkbar ist dies u.a. bei Betrug, speziell Submissionsbetrug (Kulartz, Marx, Portz, Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage, § 6 EG Rdnr. 106).

37

Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit für den zu vergebenden Auftrag handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei der die ausschreibende Stelle zu berücksichtigen hat, ob der Bieter selbst glaubwürdige und Erfolg versprechende Maßnahmen ergriffen hat, um die in der Vergangenheit vorgekommenen Rechtsverletzungen für die Zukunft auszuschließen (zum inhaltlich vergleichbaren alten § 8 VOB Motzke, Pietzcker, Prieß, VOB Teil A, § 8 Rdnr. 103).

38

Analog zu den zur Auftragssperre, einem über die einzelne Vergabe hinausgehenden Ausschluss vom Wettbewerb für eine längere Zeit, entwickelten Grundsätzen, ist für die von der Antragsgegnerin zu treffende Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, ob die Zuverlässigkeit des betroffenen Auftragnehmers wieder hergestellt wird. Dies kann ein Unternehmen insbesondere durch innerbetriebliche, personelle Maßnahmen und Sicherstellung, dass sich entsprechende Verfehlungen nicht wiederholen, erreichen. Ebenso wichtige Aspekte sind die Wiedergutmachung des durch die Verfehlung entstandenen Schadens und die aktive Unterstützung der Ermittlungsbehörden (zur "Selbstreinigung" bei der Auftragssperre: Werner in Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 2. Auflage, § 6 VOL/A Rdnr. 20).

39

Schwere Verfehlungen des Mutterunternehmens der Beigeladenen stehen nach den Verlautbarungen des Bundeskartellamts fest. In den Jahren 2001 bis 2009 bestand ein Preis- und Quotenkartell für Normfahrzeuge über 7,5 t der vier in Deutschland für Feuerwehrfahrzeuge marktbeherrschenden Unternehmen, darunter das Mutterunternehmen der Beigeladenen mit Sitz in xxxxxx. Es handelte sich um bewusste, langjährige, sorgfältig organisierte Verstöße, die zweifellos Schäden in den Haushalten der beschaffenden Kommunen herbeigeführt haben.

40

Die Beigeladene als 100%ige Tochter des Mutterunternehmens in xxxxxx kann sich nicht unter Berufung auf die Eigenständigkeit ihres Unternehmen und ein anderes Marktsegment von jeglicher Verantwortung frei zeichnen. Es ist durch die Absprachen der Markt für Feuerwehrfahrzeuge insgesamt betroffen (z.B. wurden Marktübersichten über alles erstellt). Auch ist davon auszugehen, dass die inhabergeführte Mutterfirma als Gesellschafterin der Beigeladenen nicht nur einmal jährlich einen Geschäftsbericht erhält, sondern durchaus Einfluss auf das Geschäft nimmt, jedenfalls jederzeit nehmen kann. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Mutterfirma 100% der Gesellschaftsanteile hält. Zum anderen bestand zumindest im Jahr 2009, in dem das Preis- und Quotenkartell noch bestand, gemäß den veröffentlichen Jahresabschlüssen Geschäftsführeridentität. xxxxxx, der sich im Bußgeldverfahren vor dem Bundeskartellamt geständig eingelassen hat, war im Geschäftsjahr 2009 Geschäftsführer sowohl bei der Beigeladenen, bei ihrem Mutterunternehmen sowie bei deren Komplementär (Quelle: Elektronischer Bundesanzeiger). Die Möglichkeit der Einflussnahme des Mutterunternehmens ist also sowohl auf Gesellschafterebene gegeben als auch über die Personengleichheit auf Geschäftsführerebene. Schließlich sind die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht auch nicht durch Zeitablauf "getilgt". Bis zur streitbefangenen Vergabe sind maximal 1,5 Jahre vergangen, so dass sie ohne jeden Zweifel für die Frage der Zuverlässigkeit zu berücksichtigen sind. Entsprechend hat das OLG Celle entschieden, dass ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen kann, wenn gegen dessen Organ (Geschäftsführer) ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen ergangen ist und die Taten einen "überschaubaren" Zeitraum zurückliegen. Bei der Ermessensentscheidung über den Ausschluss können auch solche Taten berücksichtigt werden, die die Geschäftsführer für andere Firmen der Firmengruppe begangen haben (OLG Celle, Urteil v. 26.11.1998, Az. 14 U 283/97).

41

Waren demnach der Beigeladenen die schweren Verfehlungen zuzurechnen, hatte die Antragsgegnerin die Prognose über die Zuverlässigkeit zu erstellen sowie ihr Ermessen über den Ausschluss auszuüben.

42

Bei ihren nachträglich in ihrer Stellungnahme an die Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren angestellten Ermessenserwägungen hat die Antragsgegnerin maßgeblich zum einen darauf abgestellt, dass die Beigeladene als von ihrer Mutterfirma getrenntes Unternehmen lediglich Fahrzeuge im Marktsegment der Normfahrzeuge bis 7,5 t fertige, das nach Kenntnisstand der Antragsgegnerin nicht vom Preiskartell erfasst sei, und dass die letzte wettbewerbswidrige Tat aus dem Jahr 2009 schon geraume Zeit her sei. Zudem hat sie die Tatsache berücksichtigt, dass das Mutterunternehmen der Beigeladenen laut einer Eigenerklärung vom 14.02.2011 das Bundeskartellamt bei der Aufklärung unterstützt habe und Ansatzpunkte für die "Selbstreinigung" aufgeführt habe. Zum anderen hat die Antragsgegnerin mit hoher Priorität in ihre Abwägung eingestellt, dass die vertretene Kommune eine Beauftragung der Antragstellerin ablehne, weil die Qualität der technischen Aufbauten nach den Ergebnissen der Vergleichsvorführung nicht an die der Produkte der Beigeladenen heranreiche. Die Kommune nutze Feuerwehrfahrzeuge über einen längeren Zeitraum, für sie sei Qualität und Funktionalität sehr wichtig.

43

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei den Bedürfnissen der Kommune um eine im Abwägungsprozess über schwere Verfehlungen sowie die zukünftige Zuverlässigkeit der Beigeladenen eindeutig sachfremde Erwägung handelt. Die Kommune ihrerseits bzw. die von ihr mit der Ausschreibung betraute Antragsgegnerin hätten z.B. Mindeststandards in die Leistungsbeschreibung aufnehmen können, um die gewünschte Qualität zu gewährleisten. Mit der Einbeziehung einer sachfremden Erwägung, der von der Antragsgegnerin - wie auch aus ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ersichtlich - ein hohes Gewicht beigemessen wurde, ist die Ermessensausübung fehlerhaft.

44

Die weiteren Erwägungen der Antragsgegnerin sind weitgehend zutreffend, jedoch nicht vollständig. Für die Prognose der Zuverlässigkeit war es, wie oben bereits ausgeführt, richtig, auf personelle Vorsorgemaßnahmen (sog. "Selbstreinigung") abzustellen. Allerdings durfte sich die Antragsgegnerin nicht mit einem knappen Satz in der Eigenerklärung des Mutterunternehmens der Beigeladenen zufrieden geben. Die Aussage: "Darüber hinaus haben wir in unserem Unternehmen Maßnahmen getroffen, um auch in Zukunft wettbewerbskonformes Verhalten sicherzustellen." ist völlig unzureichend. Die Antragsgegnerin muss konkrete Informationen zur "Selbstreinigung" (z.B. Austausch von Geschäftsführern) haben, um diesen Aspekt als für die Beigeladene positiv in ihre Erwägungen einzustellen. Zudem sind Informationen zu Plänen des Mutterunternehmens für eine Schadenswiedergutmachung einzuholen sowie - da Preiskartelle im Raum stehen - Einsicht in die Urkalkulation der Beigeladenen zu nehmen. Die Antragsgegnerin beschafft langjährig Feuerwehrfahrzeuge für Kommunen, es ist durchaus denkbar, dass sie aus der Urkalkulation Erkenntnisse gewinnen kann.

45

Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Abwägung, ob die Zuverlässigkeit in Frage gestellt wird, im Hinblick auf die mit dem Ausschluss verbundenen schwer wiegenden Folgen für das Unternehmen das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten.

46

Mit ihrer Rüge, die technische Bewertung der Aufbauten sei im Verhältnis zur Beigeladenen ungerecht, kann die Antragstellerin nicht durchdringen. Das Verfahren der Antragsgegnerin zur Bewertung ist langjährig bekannt und bewährt. Mehrere Vertreter der Kommune, für die die Antragsgegnerin die Beschaffung durchführt, haben ihre Bewertung zu den einzelnen technischen Kriterien nach den individuellen Bedürfnissen der Kommune abgegeben. Dagegen ist nichts einzuwenden.

47

Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut in die Wertung einzutreten und ihren Vergabevermerk entsprechend zu ergänzen.

48

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die Antragsgegnerin es versäumt hat, die Gewichtung ihrer Unterkriterien sowie die Umrechnungsformel Preis/technischer Wert den Bietern rechtzeitig bekannt zu geben. Da entsprechende Rügen nicht erfolgt sind, konnten diese Verstöße dahin stehen.

49

III.

Kosten

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.

51

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

52

Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt xxxxxx EUR brutto. Dieser Betrag entspricht ausweislich der Vergabeakte der Angebotssumme der Antragstellerin für ihr Angebot für das Los 2 und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

53

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

54

Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxx EUR.

55

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

56

Die in Ziffer 3 des Tenors geregelte der Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Beigeladene weder schriftsätzlich vorgetragen hat noch eigene Anträge gestellt hat.

57

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).

58

IV.

Rechtsbehelf

59

Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.

60

..

61

Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.

62

Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

63

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 117 Abs. 2 GWB mit ihrer Einlegung zu begründen.

64

Die Beschwerdebegründung muss enthalten:

  1. 1.

    die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine

    abweichende Entscheidung beantragt wird,

  2. 2.

    die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.

65

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.

66

Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

Dr. Raab
Schulte
Brinkmann