Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 22.11.2011, Az.: VgK-51/2011
Voraussetzungen für den Ausschluss eines Angebots aufgrund eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A; Verpflichtung zur erneuten Durchführung einer Angebotswertung unter Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots; Notwendigkeit einer Berücksichtigung des Gesamtpreises bei der Bewertung eines Angebots
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 22.11.2011
- Aktenzeichen
- VgK-51/2011
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 31530
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A
In dem Nachprüfungsverfahren der ..., Verfahrensbevollmächtigte: ..., - Antragstellerin - gegen die ..., - Antragsgegnerin und Auftraggeberin - beigeladen Fa. ... - Beigeladene - wegen Vergabeverfahren "Neubau eines Parkhauses am ..." - Landschaftsbauarbeiten hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Sameluck, auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.2011 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin erneut durchzuführen und dabei die aus der Begründung ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat grundsätzlich die Antragsgegnerin zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf ... EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Mit europaweiter Bekanntmachung vom ... 2011 hat die Stadt ... als Auftraggeberin die Landschaftsbauarbeiten im Rahmen des Neubaus eines Parkhauses am ... mit der Vergabe-Nr. ... als Bauleistung als Offenes Verfahren ausgeschrieben. Bei den Landschaftsbauarbeiten handelt es sich um die Herstellung einer Grünfläche als Außenanlage des Parkhauses. Die Arbeiten umfassen den Bau von Sickermulden, die Herstellung von Vegetationsflächen, die Pflanzung von 103 hochstämmigen Bäumen, 215 m Heckenpflanzung, die Pflanzung von 1.450 Stück Solitärstauden, die Raseneinsaat auf 920 m2, Ausstattungsgegenstände und die Fertigstellungs- und Entwicklungspflege bis 2014. Einziges Zuschlagskriterium ist der Preis. Nebenangebote sind zugelassen.
Der Auftragswert wird geschätzt auf ... EUR netto.
Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote wurde der ... 2011, 10.00 Uhr, angegeben.
Mit den Positionen des Kapitels 7 des Leistungsverzeichnisses werden Pflanzarbeiten ausgeschrieben. Hierzu werden die Pflanzen vom Auftraggeber bauseitig gestellt. Die Positionen der Kapitel 8 und 9 betreffen die Fertigstellungspflege im ersten Jahr und die Entwicklungspflege im 2. Jahr.
Zur Fertigstellungspflege in Kapitel 8 hat die Antragsgegnerin allgemein vorgegeben:
"Fertigstellungspflege an Pflanzungen gemäß DIN 18916-6
Die Fertigstellungspflege umfasst alle Leistungen nach der Pflanzung, die zur Erzielung eines abnahmefähigen Zustandes erforderlich sind. DIN 18919
Sie beginnt im direkten Anschluss an die Pflanzung und endet am 30.10.2013.
Für Leistungen der Fertigstellungspflege kann Wasser zu Lasten des AN den vorhandenen Zapfstellen entnommen werden. Schläuche (bis 100 m) und Anschlüsse sind vom AN zu stellen.
Zusätzlich zu den in DIN 18916 und 18917 formulierten Leistungen der Fertigstellungspflege ist bei der Wässerung der Gehölze auf ein durchdringendes Wässern der Vegetationssubstrate zu achten.
Gegebenenfalls hat dabei ein Wässerungsvorgang auch in mehreren Etappen zu erfolgen, bis der Boden die gesamte Wassermenge aufgenommen hat. Die angegebenen Wassermengen pro Arbeitsgang sind normalerweise ausreichend für diese Anforderung.
Bei Zweifeln an den ausgebrachten Wassermengen wird ggf. ein Nachweis verlangt. Die Eindringtiefe des Wassers wird erforderlichenfalls durch Beprobung festgestellt."
Unter Pos. 8.10 wird die Wässerung der Hochstämme mit 15 x 200 l wie folgt ausgeschrieben:
"Bäume gleichmäßig wässern; Wasserkosten gehen zu Lasten des Auftragnehmers.
Eine Wassergabe besteht aus 2 x 100 l Wasser pro Baum für eine Bewässerung. Die Gießränder sind nach jedem Wässerungsgang wieder herzustellen.
Bewässerungsmaßnahmen sind nach Absprache mit der Bauleitung durchzuführen. Der Einheitspreis ist für zunächst 15 Wassergaben je 200 l Wasser pro Baum zu ermitteln. Die Abrechnung erfolgt nach Anzahl der tatsächlich erbrachten Wassergaben pro Baum. Danach wird der Einheitspreis der Endabrechnung ermittelt."
In den folgenden Pos. 8.11 bis 8.13 werden gleiche Anforderungen mit jeweils unterschiedlichen Vorgaben zum Volumen der Wassergabe für die Wässerung der Heckenblöcke, der Hecken und der Gräserpflanzung ausgeschrieben.
Zur Entwicklungspflege im 2. Jahr in Kapitel 9 hat die Antragsgegnerin vorgegeben:
"Entwicklungspflege an Pflanzungen gemäß DIN 18919-7
Die Entwicklungspflege umfasst alle Leistungen nach der Pflanzung, die zur Erzielung
Eines funktionsfähigen Zustandes erforderlich sind. DIN 18919
Sie beginnt mit dem Ende der Fertigstellungspflege und endet am 30.10.2014.
Für Leistungen der Entwicklungspflege kann Wasser zu Lasten des AN den vorhandenen Zapfstellen entnommen werden. Schläuche (bis 100 m) und Anschlüsse sind vom AN zu stellen.
Zusätzlich zu den in DIN 18916 und 18917 formulierten Leistungen der Entwicklungspflege ist bei der Wässerung der Gehölze auf ein durchdringendes Wässern der Vegetationssubstrate zu achten.
Gegebenenfalls hat dabei ein Wässerungsvorgang auch in mehreren Etappen zu erfolgen, bis der Boden die gesamte Wassermenge aufgenommen hat. Die angegebenen Wassermengen pro Arbeitsgang sind normalerweise ausreichend für diese Anforderung.
Bei Zweifeln an den ausgebrachten Wassermengen wird ggf. ein Nachweis verlangt. Die Eindringtiefe des Wassers wird erforderlichenfalls durch Beprobung festgestellt."
Hiernach folgt in den Pos. 9.10 bis 9.13 die Ausschreibung der Wässerung der Pflanzen vergleichbar den Pos. 8.10 bis 8.13.
Von den Bietern abgefragt werden jeweils ein Einzelpreis und der jeweilige Gesamtpreis.
Nach der Niederschrift über die Öffnung der Angebote am ....2011 sind insgesamt 7 Angebote fristgerecht eingegangen. Die Antragstellerin hatte mit einer ungeprüften Angebotsendsumme von ... EUR das preislich günstigste Angebot abgegeben. Auf Rang 2 folgt das Angebot der Beigeladenen mit einer ungeprüften Angebotsendsumme von ... EUR.
Mit der Angebotsprüfung betraut wurde das Landschaftsplanungsbüro .... Diese fertigte im Rahmen ihrer Prüfung einen Preisspiegel und stellte im Angebot der Antragstellerin bei mehreren Angebotspositionen Auffälligkeiten fest.
Mit Schreiben vom 19.08.2011 wurde die Antragstellerin um Aufklärung gebeten, da Zweifel zur Auskömmlichkeit der überwiegend die Leistungsbereiche Pflanzung und Wässerung betreffenden Angebotspositionen bestanden.
Mit E-Mail vom 23.08.2011 übersandte die Antragstellerin die erbetenen Kalkulationsunterlagen. Zum Thema Wässern teilte sie mit:
"Wie sich in den zurückliegenden Jahren, vor allem Frühjahr und Frühsommer gezeigt hat, ist in diesen Zeiträumen häufiges Wässern in kurzen Zeitabständen erforderlich. Aus diesem Grund werden wir die Organisation der Pflanzenbewässerung wo immer möglich, an diese Gegebenheiten anpassen. Die Vorstellung, dass für jeden Bewässerungsgang Schläuche gelegt werden, ein Wasserwagen losfährt etc. ist schlicht nicht bezahlbar. Bei diesem Projekt ist es möglich, schon bei der Pflanzung (vor allem der Hecken und der Gräser) einfache Bewässerungsschläuche, Regner zu verlegen, die Verbindung derselben kann mit Hilfe von Leerrohren, die in der Bauphase unter den Tragschichten verlegt werden, hergestellt werden. Der Mitarbeiter braucht also nur die Verbindung zu den Hydranten herstellen, den Wasserdurchfluss einstellen und während des Wässerns andere Dinge erledigen. Selbst dieses kann man auch mit einfachen Bewässerungsautomaten erreichen, deren Qualität für die Dauer der ausgeschriebenen Pflege ausreichend ist. Insofern ergeben sich für diese Positionen relativ geringe Zeitansätze."
Das Landschaftsplanungsbüro übergab die Unterlagen zur Aufklärung der Antragsgegnerin mit folgenden Hinweisen:
"Wertung des Angebotes auf der Grundlage der Kalkulationen:
Auch nach kalkulatorischer Aufschlüsselung scheinen uns bei den Pflanzarbeiten einige Positionen nicht auskömmlich kalkuliert zu sein. So halten wir den Zeitansatz für das Pflanzen von 3-l-Containerpflanzen in 15 sec. für nicht durchführbar, da in der Leistung auch der Transport auf der Baustelle, das Ausstellen, das Pflanzen und Anwässern enthalten ist.
Bei der Bewässerung (Pos. 8.10 bis 8.13 und 9.10 bis 9.13) erläutert der Bieter, dass die Bewässerung bei der Art der ausgeschriebenen Leistung wörtlich "schlicht nicht bezahlbar" sei. Er erklärt die Angebotspreise mit einer statischen Bewässerung mit Schläuchen, Fahrbahnquerungen und Anschlüsse an die Feuerwehr-Hydranten (siehe Anlage 4).
Das könnte als Nebenangebot so angeboten werden, es entspricht aber nicht der ausgeschriebenen Leistung. Auch als Nebenangebot würden wir das Angebot nicht werten wollen, da ein Bewässerungsanschluss an die Feuerwehr-Hydrantenleitung unseres Erachtens nicht statthaft wäre und zudem ein hohes Vandalismusrisiko bergen würde.
Unseres Erachtens kann das Angebot nicht gewertet werden, da der Bieter selbst die Nicht-Auskömmlichkeit wesentlicher Teile seines Angebotes zu den ausgeschriebenen Leistungen bestätigt."
Nach Maßgabe eines in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks nahm die Antragsgegnerin dieses Ergebnis der Aufklärung zur Kenntnis. Zu den Preisen für die Entwicklungspflege stellt sie fest, dass die übrigen Bieter für diese Leistungen das drei- bis vierfache kalkuliert haben. Sie vermutet eine Mischkalkulation, die in der Bauausführung eine mangelnde Qualität der Entwicklungspflege erwarten lässt. Dies erscheint ihr besonders deshalb bedenklich, weil die Pflanzen nicht von der Antragstellerin geliefert, sondern bauseits vom Auftraggeber gestellt werden. Es handelt sich hierbei um Pflanzen aus der städtischen Baumschule, die z.T. eine besonders gute Qualität in der Entwicklungspflege benötigen. Bei unzureichender Wässerung sei mit Totalausfällen zu rechnen. Bezüglich der Zahlungsmodalitäten stellt sie fest, dass es nach Abschluss der Bauarbeiten und entsprechender Teilabnahme zu einer relativ hohen Auszahlung kommen wird. Die hiernach verbleibende Summe und die Sicherheitsleistungen würden die Kosten der Entwicklungspflege nicht decken, wobei Schäden an den bauseits gestellten Pflanzen hierbei noch nicht berücksichtigt sind.
Sie stellt als Ergebnis für das Angebot der Antragstellerin fest
- Firma ... ist zum Zeitpunkt der Tiefbauarbeiten nicht auf der Baustelle, Abstimmung, Gewährleistung
- Baukosten und Rückbaukosten sind nicht kalkuliert (Mischkalkulation), nachträglicher Rückbau ist nicht möglich (Leerrohre)
- stationäre Anlage - schlechtere Qualität, Wassermenge pro Gehölzart (Baum, Strauch, Staude) nicht prüfbar
- hohes Risiko wegen unerlaubter Nutzung, Schäden, Vandalismus
- die Optik (Schläuche etc.) ist dauerhaft bei einem wichtigen Bauherren, wie dem ... nicht gewünscht.
Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Angebot der Antragstellerin nicht wertbar und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen ist.
Mit Schreiben vom 20.09.2011 wurde die Antragstellerin darüber informiert, dass ihr Angebot nicht in die engere Wahl kommt, weil Zweifel bezüglich eines unangemessen niedrigen Preises nicht ausgeräumt worden seien. Hierzu wurde erläutert:
"Die Bewässerungsleistungen der Titel Fertigstellungspflege erstes und zweites Jahr sind nicht auskömmlich. Eine andere Ausführung der Bewässerungsleistungen mit stationären Anlagen kann von uns nicht akzeptiert werden (Vandalismus, Unfallgefahr usw.)."
Die Antragstellerin wurde außerdem darüber informiert, dass der Zuschlag am 07.10.2011 auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll.
Mit Schreiben vom 22.09.2011 meldete sich die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ein Telefonat vom gleichen Tage bei der Antragsgegnerin. Sie trug vor, es gebe keinen Grund, von einem Zuschlag auf ihr Angebot abzusehen. Sie sei sowohl fachlich wie technisch und wirtschaftlich in der Lage, die ausgeschriebenen Leistungen vollumfänglich durchzuführen. Da nach dem Submissionsergebnis der Angebotspreis des nächst günstigen Bieters lediglich 8% höher liege als ihr eigener Angebotspreis, könne von einer Unauskömmlichkeit im Sinne des§ 16 Abs. 6 VOB/A keine Rede sein.
Mit Schreiben vom 23.09.2011 ergänzte sie ihren Vortrag durch die Erklärung, sie werde die Teilleistung des Wässerns sowohl im Rahmen der geforderten Pflegeleistungen als auch als Einzelleistung zu jeder Zeit und im geforderten Rahmen erbringen, ohne dass ihr hierdurch ein wirtschaftlicher oder sonstiger Schaden entstehe.
Mit Schreiben vom 28.09.2011 wandte sie sich nochmals an die Antragsgegnerin und widersprach dem beabsichtigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen.
Mit Schreiben vom 06.10.2011 wandte sie sich mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Unter Verweis auf die Ergebnisse der Submission stellte sie fest, dass die Differenz zwischen den Angeboten auf den Rängen 1 und 2 lediglich ... EUR beträgt. Die Mutmaßungen der Antragsgegnerin seien unzutreffend, sie sei in der Lage, den Auftrag wirtschaftlich abwickeln zu können bzw. die Erfüllung des Vertrages in seiner Gesamtheit sicherzustellen.
Unter Hinweis auf § 16 Abs. 6 VOB/A beanstandete sie die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes wegen eines unangemessen niedrigen Preises. Bei der Prüfung der Angemessenheit sei der Preis des Gesamtangebotes zu prüfen und zu würdigen, was offenbar nicht geschehen sei.
Nach Akteneinsicht trug sie ergänzend vor, die Dokumentation in der Vergabeakte gebe die Sachverhalte unzutreffend wieder. Zwar habe sie im Rahmen der Aufklärung gesagt, dass zur Kalkulation verschiedene Möglichkeiten der Bewässerung ins Auge gefasst worden seien. Sie habe aber ausdrücklich versichert, die Leistungen, wie sie im Leistungsverzeichnis beschrieben sind, erbringen zu wollen. Zu keiner Zeit habe sie erklärt, diese Leistungen für den angebotenen Preis nicht erbringen zu können. Die Überprüfung der Antragsgegnerin erscheine selektiv. Nicht unbeachtet bleiben dürfe die Tatsache, dass bei den in Rede stehenden Positionen eine Preisdifferenz von 400% einen Gesamtbetrag ausmacht, der lediglich im 3stelligen Bereich liege und - bezogen auf die Angebotssumme - kaum Bedeutung habe. Ein Anlass zur Vermutung einer Nichtauskömmlichkeit bestehe im Hinblick auf die Preisdifferenz der Gesamtangebotssummen der auf Rang 1 und 2 liegenden Angebote nicht.
Zu Unrecht unterstelle die Antragsgegnerin, dass ihr Angebot mit Risiken und funktionalen und ästhetischen Nachteilen behaftet sei, denn sie habe definitiv keine stationäre Beregnung angeboten. Der Vorwurf einer unzulässigen Abänderung der Vergabeunterlagen gehe ins Leere, da die Antragsgegnerin weder im Leistungsverzeichnis noch in den Planunterlagen konkrete Vorgaben oder Verbote an die notwendigen Bewässerungsmaßnahmen gestellt, sondern diese gemäß den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen in das freie Ermessen der fachkundigen Bieter gestellt habe. Vorgegeben sei, dass der Auftragnehmer die Bewässerungsmaßnahmen im Rahmen der Leistungserbringung mit dem Auftraggeber abstimmt.
Auch der Vorwurf, sie habe das Urleistungsverzeichnis nicht anerkannt, sei unberechtigt, denn das von ihr bepreiste Leistungsverzeichnis sei inhaltlich identisch mit dem Urleistungsverzeichnis. Schließlich bleibe die Antragsgegnerin auch den Beweis für eine Mischkalkulation, das Aufpreisen anderer angebotener Positionen, schuldig.
Der Ausschluss des Angebotes aus der Wertung sei nach alledem vergaberechtswidrig.
Die Antragstellerin beantragt
- 1.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Wertung der Angebote unter Einbeziehung des Angebotes der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;
hilfsweise:
die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen;
- 2.
die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Antragstellerin der Antragsgegnerin aufzuerlegen;
- 3.
die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält den Antrag für zulässig, aber für unbegründet, denn das Angebot sei zwingend von der Wertung auszuschließen. Mit den Vorgaben auf den Seiten 31 bis 36 des Leistungsverzeichnisses habe sie eine differenzierte Bewässerungsleistung gefordert. So sei das Wasser aus bereits vorhandenen Zapfstellen zu entnehmen und die Bewässerung sei mit mobilen Einrichtungen durchzuführen. Durch persönliche Kontrolle sei sicherzustellen, dass die Vegetationssubstrate durchdringend bewässert sind. Ergebe die Kontrolle, dass dies nicht der Fall ist, sei die Bewässerung notfalls in mehreren Etappen durchzuführen.
Das Angebot der Antragstellerin sei unklar und damit nicht zuschlagsfähig. Bei seiner Prüfung sei aufgefallen, dass die Preise der übrigen Bieter für Bewässerungsleistungen im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege bis zu 400% über den von der Antragstellerin kalkulierten Preisen liegen. Da die angebotenen Preise für Bewässerung nicht einmal den Abgabepreis für Wasser der ... deckten, könne die geforderte mobile Bewässerung mit Kontrolle zu den kalkulierten Preisen nicht erbracht werden. Es sei nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin die Kosten für die Bewässerung in Positionen verschoben habe, die zu einem früheren Zeitpunkt abgerechnet werden. Möglicherweise habe die Antragstellerin andere Leistungen kalkuliert als im Leistungsverzeichnis gefordert.
In der E-Mail vom 23.08.2011 habe die Antragstellerin klar gestellt, dass sie die Leistungen nicht mit mobilen Einrichtungen und damit anders erbringen wird als ausgeschrieben.
Das Angebot der Antragstellerin berge erhebliche Risiken für den Auftraggeber. So sei zu erwarten, dass die Antragstellerin versuchen wird, ihre Verluste durch das Einsparen von Wasser zu begrenzen. Da die Pflanzen aus der Baumschule der Auftraggeberin stammen, sei im Falle ihres Ausfalls ein Streit über die Ursachen des Absterbens zu erwarten. Die zu erwartenden Schäden würden die vertraglichen Sicherheitsleistungen bei weitem übersteigen.
Dass die Antragstellerin die Leistungen ausschreibungskonform erbringen wird, sei auch aus einem anderen Grunde nicht sicher anzunehmen. Die Antragstellerin habe ein Kurz-LV vorgelegt, sie habe aber die in diesem Fall auf dem Formblatt 213 EG vorgesehene Unterschrift nicht geleistet und damit das Urleistungsverzeichnis nicht anerkannt. Von einer Nachforderung wurde abgesehen, da sich herausgestellt habe, dass die Nichtabgabe der Unterschrift nicht versehentlich geschah.
Die in der Aufklärung erläuterten Leistungen wären allenfalls als Nebenangebot denkbar. Ein solches wäre aus funktionellen und gestalterischen Gründen aber nicht annehmbar.
Die Beigeladene hat keine Anträge gestellt.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 09.11.2011 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist hinaus bis zum 28.11.2011 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 10.11.2011 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A von der Angebotswertung auszuschließen. Soweit sie sich trotz des vergleichsweise geringen Abstands des Angebotes der Antragstellerin zum preislich nächst höheren Angebot der Beigeladenen in Höhe von 8,5% veranlasst gesehen hat, den Angebotspreis auf seine Angemessenheit zu überprüfen, hätte sie die Überprüfung nach § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A nicht auf die von ihr bezweifelten Positionen zur Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege der anzulegenden Bepflanzungen beschränken dürfen. Die Entscheidung über einen Ausschluss wegen eines vermeintlich unangemessen niedrigen Preises darf nur unter Berücksichtigung des Gesamtpreises erfolgen. Aber auch, soweit die Antragsgegnerin den Angebotsausschluss auf eine vermeintliche Abweichung von den Festlegungen der Vergabeunterlagen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A stützt, ist ein solcher Ausschluss weder aufgrund des vorliegenden Angebotes der Antragstellerin selbst noch aufgrund des übrigen in der Vergabeakte dokumentierten Sachverhalts gerechtfertigt. Die Antragstellerin hat ihre Leistungen hinsichtlich sämtlicher Positionen vollständig und so angeboten, wie die Antragsgegnerin sie in den Vergabeunterlagen abgefordert hat. Insbesondere enthalten weder die Vergabeunterlagen selbst noch die dort in Bezug genommenen DIN-Normen 18916, 18917 und 18919-7 Festlegungen dazu, ob die notwendige Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege mobil oder unter Verwendung stationärer Bewässerungseinrichtungen vorzunehmen ist. Im Übrigen hat die Antragstellerin keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die Bewässerung, wie von der Antragsgegnerin offenbar gewünscht, mobil durchführen wird, wenn die Antragsgegnerin dies fordert. Eine entsprechende Verpflichtung zur Abstimmung der Bewässerung mit der Bauleitung hat die Antragsgegnerin unter Position 8.10 des Leistungsverzeichnisses ausdrücklich festgelegt. Auch diese Vorgabe hat die Antragstellerin durch ihr rechtsverbindliches Angebot ausdrücklich anerkannt. Schließlich rechtfertigt der vorliegende Sachverhalt auch nicht einen Angebotsausschluss aufgrund fehlender Preisangaben gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A. Die vom BGH aufgestellten Voraussetzungen für eine regelmäßig zum Angebotsausschluss führende Mischkalkulation liegen vorliegend schon deshalb nicht vor, weil die Antragsgegnerin weder dokumentiert noch dargelegt hat, dass den auffallend niedrigen Kalkulationsansätzen der Antragstellerin für die Bewässerungsarbeiten ebenso auffällig besonders hohe Einzelpreise bei anderen Positionen entgegenstehen.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A, für den gemäß § 2 Nr. 3 VgV in der geltenden Fassung der VOB/A 2009 ein Schwellenwert von zurzeit 4.845.000 EUR gilt. Werden Gesamtbaumaßnahmen, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, gilt gemäß § 2 Nr. 6 VgV ein Schwellenwert von 1.000.000 EUR oder bei Losen unterhalb 1.000.000 EUR deren addierter Wert ab 20% des Gesamtwertes aller Lose. Der hier verfahrensgegenständliche Auftrag ist Teil der Gesamtbaumaßnahme "Neubau eines Parkhauses am ..." in .... Der Wert der hier streitgegenständlichen Landschaftsbauarbeiten erreicht ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Submissionsprotokolls vom ....2011 und des Preisspiegels vom 16.08.2011 zwar nicht den Teilschwellenwert von 1.000.000 EUR. Die Antragsgegnerin hat jedoch das streitbefangene Los EU-weit im offenen Verfahren gemäß § 3a Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen als zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren in der europaweiten Bekanntmachung angegeben. Dadurch hat die Antragsgegnerin den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung der Auftraggeberin, dass sie das streitgegenständliche Los nicht dem 20-%-Kontingent nach § 2 Abs. 6 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20.08.2011, Az.: Verg 9/01; BGH NJW, S. 3636 ff., 3638). Der Wert der hier streitbefangenen Teilleistung steht daher einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nicht entgegen.
Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin im Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin ihr Angebot zu Unrecht von der Angebotswertung ausgeschlossen hat. Sie hat dargelegt, warum ein derartiger Angebotsausschluss ihrer Auffassung nach weder durch einen vermeintlich unangemessen niedrigen Angebotspreis, noch aufgrund von Abweichungen von den Festlegungen der Vergabeunterlagen oder aufgrund einer unzulässigen Mischkalkulation gerechtfertigt ist. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom29.07.2004 - 2 BvR 2248/03, Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2006 - X ZB 14/06). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, dass sie bei aus ihrer Sicht gebotener Berücksichtigung ihres Angebotes eine Chance auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, zumal sie ausweislich der Vergabeakte das preislich niedrigste Angebot abgegeben hatte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999 - Az.: Verg 1/99).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin wurde durch die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20.09.2011 darüber informiert, dass ihr Angebot nicht in die engere Wahl komme, weil Zweifel bezüglich eines unangemessen niedrigen Preises nicht ausgeräumt worden seien. Ferner wurde ihr mitgeteilt, dass der Zuschlag mit 07.10.2011 auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll. Bereits mit Schreiben vom 22.09.2011 rügte die Antragstellerin diese Entscheidung unter Bezugnahme auf ein Telefonat vom gleichen Tage bei der Antragsgegnerin. Unter Hinweis auf den geringen Abstand ihres Angebotspreises vom nächst höheren Angebotspreis erklärte sie, dass ihrer Auffassung nach eine Unauskömmlichkeit im Sinne des§ 16 Abs. 6 VOB/A nicht vorliege. Diese nur innerhalb von zwei Tagen nach Erhalt der ablehnenden Information der Antragsgegnerin gemäß § 101a GWB abgesetzte Rüge erfolgte unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Als unverzüglich in diesem Sinne gilt grundsätzlich ein Zeitraum innerhalb von ein bis drei Tagen nach positiver Kenntnisnahme (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 4/03; Bechtold, GWB, § 107, Rz. 2). Es kann daher vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den RS C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (bejahend OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/010, und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; offen gelassen noch OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10).
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Angebot der Antragstellerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nicht zu berücksichtigen, verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten im Sinne der§§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB. Die Antragsgegnerin war nicht berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen eines vermeintlich unangemessen niedrigen Preises im Sinne des § 16 Abs. 6 VOB/A von der Wertung auszuschließen. Weder das vorliegende Angebot der Antragstellerin selbst, noch der im Übrigen in der Vergabeakte diesbezüglich dokumentierte Sachverhalt rechtfertigen eine derartige Entscheidung, da die Antragsgegnerin die Prüfung der Angemessenheit gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A auf die auffällig niedrigen Positionen zur Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege beschränkt hat. Sie hat aber nicht berücksichtigt, dass der von der Antragstellerin geforderte Gesamtpreis nur 8,5% unter dem nächst höheren Angebot der Beigeladenen liegt (im Folgenden a). Die Antragsgegnerin kann den Angebotsausschluss auch nicht auf eine vermeintliche Abweichung von den Festlegungen der Vergabeunterlagen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A stützen. Die Antragstellerin hat ihre Leistungen hinsichtlich sämtlicher Positionen vollständig und so angeboten, wie die Antragsgegnerin sie in den Vergabeunterlagen festgelegt und gefordert hat. Weder die Vergabeunterlagen selbst noch die dort in Bezug genommenen DIN-Normen 18916, 18917 und 18919-7 enthalten Festlegungen dazu, ob die notwendige Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege mobil oder unter Verwendung stationärer Bewässerungseinrichtungen vorzunehmen ist. Unabhängig davon hat die Antragsgegnerin sich zumindest unter der Pos. 8.10 zur Wässerung der Hochstämme ausdrücklich vorbehalten, dass die Bewässerungsmaßnahmen nur nach Absprache mit der Bauleitung durchgeführt werden dürfen, woran auch die Antragstellerin gebunden ist (im Folgenden b). Schließlich kommt auch ein Angebotsausschluss wegen fehlender Preise gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nicht in Betracht. Die vom BGH aufgestellten Voraussetzung für ein regelmäßig zum Angebotsausschluss führende Mischkalkulation sind vorliegend nicht erfüllt, weil die Antragsgegnerin weder dokumentiert noch dargelegt hat, dass den auffallend niedrigen Kalkulationsansätzen der Antragstellerin für die Bewässerungsarbeiten ebenso auffällig besonders hohe Einzelpreise bei anderen Positionen gegenüberstehen (im Folgenden c).
a) Weder das Angebot der Antragstellerin selbst noch der von der Antragsgegnerin aufgeklärte und dokumentierte Sachverhalt im Übrigen rechtfertigen einen Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin wegen eines vermeintlich unangemessen niedrigen Preises. Gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A darf auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat er gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A vom Bieter Aufklärung über die Ermittlung Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu verlangen. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise auf der dritten Wertungsstufe verfolgt den Zweck, auf der vierten und letzten Wertungsstufe, die die abschließende Angebotswertung zum Gegenstand hat, nur ernsthaft kalkulierte Angebote zuzulassen (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 172 zu insoweit inhaltlich gleichen Regelung in § 16 Abs. 6 VOL/A und § 19 Abs. 6 VOL/A-EG). Normzweck ist in erster Linie der Schutz des Auftraggebers. Beim Zuschlag auf ein unverhältnismäßig niedriges Preisangebot besteht die Gefahr, dass der Auftragnehmer, zumal dann, wenn der Vertrag einen größeren Umfang aufweist, infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten leistungsunfähig wird, dass schlecht geleistet wird oder Nachforderungen gestellt werden, die zu ungerechtfertigten Verteuerungen führen (vgl. Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 16, Rdnr. 233). Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber vom Bieter die Erläuterung der Kalkulation des Angebotes verlangen und bei der Entscheidung über die Berücksichtigungsfähigkeit des Angebotes das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen. Der Eindruck eines unangemessen niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleichs mit Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung - z.B. anhand früherer vergleichbarer Ausschreibungen - gewonnen werden (vgl. Dicks, a.a.O., § 16 VOB/A, Rdnr. 235). Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Bezugspunkt für die prozentuale Abweichung ist das nächst höhere Angebot (= 100%). Eine Vereinheitlichung dieser Werte ist allerdings nicht geboten. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an (vgl. Müller-Wrede/Horn, VOL/A, 3. Auflage, § 19 EG, Rdnr. 178; Dicks, a.a.O., § 16 VOB/A, Rdnr. 236). Gemäߧ 5 Abs. 1 des Nds. Landesvergabegesetzes (LVergabeG) in der Fassung vom 15.12.2008 (Nds. GVBl., S. 411) kann die Vergabestelle die Kalkulation eines unangemessen niedrigen Angebotes, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, überprüfen; bei einer Abweichung von mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot ist sie dazu verpflichtet. Das Landesvergabegesetz gilt ausweislich seiner Präambel und seiner Regelung in § 2 Abs. 1 Landesvergabegesetz ausdrücklich nur für öffentliche Bauaufträge und damit auch für den vorliegenden Auftrag. Für Lieferaufträge und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine derart verbindliche Aufgreifschwelle nicht. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20-%-Schwelle (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 17.11.2011, 13 Verg 6/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2005, VII-Verg 77/07; OLG Frankfurt/M.,Beschluss vom 30.03.2004, Az.: 11 Verg 4/04; BayObLG, VergabeR 2004, S. 842 ff.; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 215).
Vorliegend erreicht der Abstand des von der Antragstellerin geforderten Gesamtpreises zum nächst höheren Angebotspreis der Beigeladenen weder die in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannte Aufgreifschwelle von 20% noch die vom Nds. Landesvergabegesetz in § 5 aufgestellte, strengere und niedrigere Aufgreifschwelle für Bauvergaben in Höhe von 10%. Der Preisabstand beträgt lediglich 8,5%. Ein derartig geringer Preisabstand indiziert jedenfalls nicht ohne weiteres die Feststellung, dass der Angebotsendpreis im Verhältnis zur angebotenen Leistungen (vgl. Art. 55 Abs. 1 UA1 derRichtlinie 2004/18/EG) unangemessen niedrig ist. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass eine Differenz von z.B. nicht mehr als 10% dafür effektiv zu niedrig ist (vgl. Franke/Grünhagen in: Franke/Kemper/Zanner/
Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 25 VOB/A, Rdnr. 525; Dicks, a.a.O., § 16 VOB/A, Rdnr. 237).
Gleichwohl ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die aus ihrer Sicht auffallend niedrigen Einzelpositionen bezüglich der Bewässerung zum Anlass genommen hat, die Angemessenheit des Angebotspreises gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A zu überprüfen.
Der Antragsgegnerin war ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte bei der Überprüfung der insgesamt sieben eingegangenen Angebote aufgefallen, dass die Antragstellerin für einige Einzelpositionen, insbesondere die Einzelpositionen zur Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege im ersten Jahr (Titel 8, Pos. 8.10 - 8.13) und für die Entwicklungspflege im zweiten Jahr (Titel 9, Pos. 9.10 - 9.13 des Leistungsverzeichnisses), erheblich niedrigere Einheitspreise gefordert hat als das übrige Bieterfeld. So hat die Antragstellerin z.B. für die Pos. 8.10 (Hochstämme wässern, 15 x 200 l, 102 Stück) einen Einheitspreis von lediglich ... EUR und einen Gesamtpreis von ... EUR gefordert. Ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Preisspiegels vom 16.08.2011 (S. 15 ff.) forderte der diesbezüglich zweitgünstigste Bieter immerhin einen Einheitspreis von ... EUR. Die Beigeladene, die das insgesamt zweitgünstigste Angebot abgegeben hat, forderte für diese Position einen Einheitspreis von ... EUR. Mit Ausnahme der Pos. 8.17 hat die Antragstellerin für die Positionen der Fertigstellungspflege im ersten Jahr deutlich geringere Einheitspreise gefordert als die übrigen Bieter. Ebenso auffällig sind die Preisabstände bei der Bewässerung im Rahmen der Entwicklungspflege im zweiten Jahr gemäß Titel 9. So hat die Antragstellerin für die Pos. 9.12 (Hecken wässern, 15 x 20 l, 100 lfdm) einen Einheitspreis von lediglich ... EUR eingetragen, während die Beigeladene hierfür einen Einheitspreis von ... EUR kalkuliert hat. Es ist daher nachvollziehbar, dass der Antragsgegnerin die Kalkulation der Antragstellerin bezüglich dieser Einzelpositionen als nicht auskömmlich erschienen ist und dass sie die Antragstellerin mit Schreiben ihrer beauftragten Landschaftsarchitekten vom 19.08.2011 um Offenlegung der Kalkulation für die aus ihrer Sicht auffallend niedrig kalkulierten Positionen, insbesondere bezüglich der Bewässerung im Rahmen des Titels 8 (Fertigstellungspflege erstes Jahr) und Titel 9 (Entwicklungspflege zweites Jahr), aufgefordert hat. Gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 2 VOB/A hat ein öffentlicher Auftraggeber, sofern ihm ein Angebotspreis unangemessen niedrig erscheint und er anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht beurteilen kann, in Textform vom Bieter Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu verlangen, ggf. unter Festlegung einer zumutbaren Antwortfrist. Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind dabei die Wirtschaftlichkeit des Bauverfahrens, die gewählten technischen Lösungen oder sonstige günstige Ausführungsbedingungen zu berücksichtigen (§ 16 Abs. 6 Nr. 2 Satz 2 VOB/A). Auf dieses Aufklärungsersuchen übersandte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 23.08.2011 die Kalkulationsunterlagen für die angesprochenen Positionen. Zum Thema Bewässerung führte die Antragstellerin darüber hinaus Folgendes aus:
"Wie sich in den zurückliegenden Jahren vor allem im Frühjahr und Frühsommer gezeigt hat, ist in diesen Zeiträumen häufiges Wässern in kurzen Zeitabständen erforderlich. Aus diesem Grund werden wir die Organisation der Pflanzenbewässerung wo immer möglich an diese Gegebenheiten anpassen. Die Vorstellung, dass für jeden Bewässerungsgang Schläuche gelegt werden, ein Wasserwagen losfährt etc. ist schlicht nicht bezahlbar. Bei diesem Projekt ist es möglich, schon bei der Pflanzung (vor allem der Hecken und der Gräser) einfache Bewässerungsschläuche, Regner zu verlegen, die Verbindung derselben kann mithilfe von Leerrohren, die in der Bauphase unter den Tragschichten verlegt werden, hergestellt werden. Der Mitarbeiter braucht also nur die Verbindung zu den Hydranten herstellen, den Wasserdurchfluss einstellen und während des Wässerns andere Dinge erledigen. Selbst dieses kann man auch mit einfachen Bewässerungsautomaten erreichen, deren Qualität für die Dauer der ausgeschriebenen Pflege ausreichend ist. Insofern ergeben sich für diese Positionen relativ geringe Zeitansätze."
Die Antragstellerin hat die auffallend niedrigen Einheitspreise für die Bewässerungspositionen also damit erläutert, dass sie dort, wo es ihr sinnvoll und zweckmäßig erscheint (insbesondere bei Hecken und Gräsern) auf stationäre Bewässerungseinrichtungen zurückgreifen möchte, was ihr wiederum in der Kalkulation bei den Ansätzen für den Personaleinsatz zugute kommt. In einem undatierten Vergabevermerk des bei der Antragsgegnerin zuständigen Fachbereichs ... hat die Antragsgegnerin das Ergebnis der Aufklärung wie folgt bewertet:
"Nach Durchsicht der Kalkulationsunterlagen bestehen nach wie vor Zweifel an der Auskömmlichkeit sowie an der technischen Durchführbarkeit der genannten Positionen. Ein Pflanzlohn von ... EUR pro Containerpflanze ist nicht realistisch. Fa. ... hat eine stationäre Bewässerungsanlage kalkuliert. Diese Art der Ausführung halten wir für nicht machbar. Es ist nicht nachzuvollziehen, wie sichergestellt werden kann, dass Bäume 200 l Wasser in die Gießmulde bekommen, gleichzeitig Gräserbepflanzungen 20 l. Gerade die Bewässerung der Bäume erfordert eine umsichtige Arbeitsweise, die technisch nicht für den Preis lösbar ist. Eine Verlegung von Rohrleitungen unter unseren Flächen lehnen wir ab. Die Art der Bewässerung ist so nicht durchführbar, da sie ein hohes Vandalismusrisiko mit sich bringt (Schläuche als Stolperfallen, aufgestellte Hydranten in Fahrbahnen auch während der Veranstaltungen, offen liegende Schläuche in Beeten, verstellbare Regner etc.). Fa. ... hat die Leistungen der Wässerung nicht wie im Leistungsverzeichnis gefordert kalkuliert und angeboten. Sie haben mit einer stationären Bewässerungsanlage kalkuliert, die nicht in der Position beschrieben war. Fa. ... teilt auf Nachfrage mit, die Leistung, wie sie im LV beschrieben ist, nicht für den angebotenen Preis erbringen zu können. Somit ist das Angebot der Fa. ... auszuschließen."
Dem folgt ein weiterer, ebenfalls undatierter Vermerk des Fachbereichs ..., wo sich die Antragsgegnerin noch einmal mit den im Angebot der Antragstellerin genannten Preisen für die Bewässerung im Rahmen der Entwicklungspflege auseinandersetzt. In einem Schreiben der beauftragten Landschaftsarchitekten an die Antragsgegnerin vom 18.08.2011 weisen diese darauf hin, dass die von der Antragstellerin angebotene Art der Bewässerung zu den Pos. 8.10 - 8.13 und 9.10 - 9.13 als Nebenangebot so angeboten werden könnte. Die angebotene Bewässerung entspreche aber nicht der ausgeschriebenen Leistung. Weiter heißt es:
"Auch als Nebenangebot würden wir das Angebot nicht werten wollen, da ein Bewässerungsanschluss an die Feuerwehrhydrantenleitung unseres Erachtens nicht statthaft wäre und zudem ein hohes Vandalismusrisiko bergen würde."
Das Schreiben schließt mit dem Hinweis, dass das Angebot nach Auffassung der Landschaftsarchitekten nicht gewertet werden kann, da der Bieter selbst die Nichtauskömmlichkeit wesentlicher Teile seines Angebotes zu den ausgeschriebenen Leistungen bestätigt habe.
Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Angemessenheitsprüfung jedoch nicht berücksichtigt, dass sich die Prüfung und Bewertung nicht auf die auffallend niedrigen Einzelpreise beschränken darf. Der Begriff des "unangemessen niedrigen Preises", der gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A zum Ausschluss des betreffenden Angebotes führt, bezieht sich nicht auf einzelne Preispositionen, sondern auf den Gesamtpreis des Angebotes. Die Angemessenheit des Angebotspreises ist anhand feststehender, gesicherter Tatsachen Grundlage, durch eine Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses innerhalb des vom Ausschluss bedrohten Angebots zu ermitteln (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2006 - VII-Verg 54/06 = NZBau 2007, S. 402 ff.). Der Gesamtpreis (Endpreis) des Angebots ist in Relation zum Wert der angebotenen Leistung zu setzen. Nur wenn sich ergibt, dass der Wert der Leistung zum Gesamtbetrag der Gegenleistung in einem beachtlichen Missverhältnis steht, kann von einer Unangemessenheit des Preises gesprochen werden (vgl. Dicks, a.a.O., § 16, Rdnr. 242; Kratzenberg in: Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Auflage, § 16 VOB/A, Rdnr. 104). Der Abstand des von der Antragstellerin geforderten Gesamtpreises zum zweitgünstigsten Angebot der Beigeladenen beträgt jedoch nur 8,5%. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die von der Antragsgegnerin beanstandeten Positionen zur Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege nur einen äußerst geringen Anteil am Volumen der ausgeschriebenen Gesamtleistungen ausmachen. Zu Recht hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27.10.2011 und beigefügter Anlage 1 darauf hingewiesen, dass die von der Antragsgegnerin beanstandeten Preispositionen im Vergleich zum Angebot der Beigeladenen insgesamt nur eine Differenz von ... EUR ausweisen. In Relation zu dem von der Antragstellerin geforderten Gesamtpreis von ... EUR brutto handelt es sich bei den betroffenen Positionen nur um einen geringen Anteil an der ausgeschriebenen Gesamtleistung. Zudem hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sie ausweislich ihrer vorgelegten Gesamtkalkulation einen Gewinn von ... EUR kalkuliert habe, so dass sie in der Lage ist, alle geforderten Leistungen zu erbringen, ohne einen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden.
Unabhängig davon ist der Auftraggeber ohnehin nicht per se gehindert, den Zuschlag sogar auf ein Unterkostenangebot (unauskömmliches Angebot) zu erteilen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2011, Az.: 13 Verg 12/01; Dicks in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 217 m.w.N.). Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen. Da die Antragsgegnerin den Angebotsausschluss ausweislich ihres Informationsschreibens gemäß § 101a GWB vom 20.09.2011 ausdrücklich lediglich darauf gestützt hat, dass die Bewässerungsleistungen der Titel Fertigstellungspflege erstes und zweites Jahr nicht auskömmlich sind, hat sie es versäumt, die Angemessenheit des Gesamtpreises und den geringen Abstand zum preislich nächst günstigeren Angebot der Beigeladenen von lediglich 8,5% bei ihrer Prüfung zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss wegen eines unangemessen niedrigen Preises gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A liegen daher nicht vor.
b) Aber auch soweit die Antragsgegnerin den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin ausweislich der in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerke und ihres Vortrags im Nachprüfungsverfahren ergänzend darauf stützt, dass die Antragstellerin mit dem von ihr bei der Kalkulation offenbar beabsichtigten partiellen Einsatz von stationären Bewässerungseinrichtungen von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen abgewichen ist, liegen die Voraussetzungen für einen Angebotsausschluss nicht vor. Weder den Ausschreibungsunterlagen noch den dort in Bezug genommenen DIN-Normen lässt sich eine Festlegung der Antragsgegnerin hinsichtlich der konkreten Ausführung der Bewässerungsleistungen dahin gehend entnehmen, ob die Bewässerung ausschließlich mobil oder eben ggf. auch unter Zuhilfenahme stationärer Bewässerungseinrichtungen durchgeführt werden darf.
Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A sind Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen wurden, nach wie vor zwingend von der Angebotswertung auszuschließen. Das Verbot der Änderung der Vorgaben in den Vergabeunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt. Der Regelungszweck des besteht daher zunächst darin, dass Zustandekommen eines wirksamen Vertrags mit übereinstimmenden Willenserklärungen zu gewährleisten. Zudem soll durch diese Bestimmung die Transparenz des Vergabeverfahrens und die Gleichbehandlung aller Bieter sichergestellt werden: Jeder Bieter darf nur anbieten, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat und sich nicht durch eine Abweichung von den Vergabeunterlagen einen Vorteil verschaffen (vgl. Frister in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Auflage, § 16 VOB/A, Rdnr. 9; Rusam in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 11. Auflage, A § 21, Rdnr. 11, m.w.N.). Der durch eine Ausschreibung eröffnete Wettbewerb kann nur dann gewährleistet werden, wenn Änderungen an den Verdingungsunterlagen unterbunden werden, weil andernfalls die Vergleichbarkeit der Angebote leidet. Angebote, die gegen § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A verstoßen, müssen deshalb von der Wertung ausgeschlossen werden (vgl. zur insoweit identischen Vorgängerregelung § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A bereits BGH, Urteil vom 08.09.1998, Az.: X ZR 109/96 = NJW 1998, S. 3644 ff., 3645). Nur wenn Änderungen an den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wird der transparente und diskriminierungsfreie Wettbewerb der Bieter gewährleistet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.10.2003, Az.: Verg 49/02, zitiert nach ibr-online). Die Bieter müssen daher grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung auch so angeboten haben will, wie er sie in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat (vgl. Franke/Grünhagen, VOB, 2. Auflage, § 21 VOB/A, Rdnr. 140). Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Verdingungsunterlagen anbieten, so steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie nicht vom Auftraggeber ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen im Rahmen seines Angebots von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A. Diesem Regelungs- und Schutzzweck entspricht dabei ein weites Verständnis des Begriffs der "Änderung". Eine solche liegt immer vor, wenn das Angebot von den Vergabeunterlagen abweicht, also immer dann, wenn Angebot und Nachfrage sich nicht decken (vgl. BGH, VergabeR 2007, S. 73 [BGH 01.08.2006 - X ZR 115/04] ff., 74; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2006, VII-Verg 77/05; Frister, a.a.O., § 16 VOB/A, Rdnr. 9).
Zur Entscheidung der Frage, ob ein Bieter im Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abgewichen ist, sind die Vergabeunterlagen ggf. aus der objektiven Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, auszulegen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2004, VII-Verg 20/04).
Die Antragsgegnerin hatte in Kapitel 8 und 9 ihres Leistungsverzeichnisses detaillierte Anforderungen an die Bewässerung der Pflanzen formuliert und dabei auf die jeweils einschlägigen DIN-Normen Bezug genommen. So heißt es etwa zur Fertigstellungspflege in Kapitel 8:
"Fertigstellungspflege an Pflanzungen gemäß DIN 18916-6
Die Fertigstellungspflege umfasst alle Leistungen nach der Pflanzung, die zur Erzielung eines abnahmefähigen Zustandes erforderlich sind. DIN 18919. Sie beginnt im direkten Anschluss an die Pflanzung und endet am 30.10.2013. Für Leistungen der Fertigstellungspflege kann Wasser zulasten des AN den vorhandenen Zapfstellen entnommen werden. Schläuche (bis 100 m) und Anschlüsse sind vom AN zu stellen. Zusätzlich zu den in DIN 18916 und 18917 formulierten Leistungen der Fertigstellungspflege ist bei der Wässerung der Gehölze auf ein Durchdringen des Wässerns der Vegetationssubstrate zu achten. Gegebenfalls hat dabei ein Wässerungsvorgang auch in mehreren Etappen zu erfolgen, bis der Boden die gesamte Wassermenge aufgenommen hat. Die angegebenen Wassermengen pro Arbeitsgang sind normalerweise ausreichend für diese Anforderung. Bei Zweifeln an den ausgebrachten Wassermengen wird ggf. ein Nachweis verlangt. Die Eindringtiefe des Wassers wird erforderlichenfalls durch Beprobung festgestellt."
Zur Wässerung der Hochstämme mit 15 x 200 l heißt es unter Pos. 8.1.0:
"Bäume gleichmäßig wässern; Wasserkosten gehen zulasten des Auftragnehmers. Eine Wassergabe besteht aus 2 x 100 l Wasser pro Baum für eine Bewässerung. Die Gießränder sind nach jedem Wässerungsgang wieder herzustellen.Bewässerungsmaßnahmen sind nach Absprache mit der Bauleitung durchzuführen...."
Ebenso ausführlich wird die Bewässerung im Rahmen der Entwicklungspflege im zweiten Jahr in Kapitel 9 des Leistungsverzeichnisses beschrieben. Die Antragsgegnerin hat somit für alle Pflanzen ein Mindestvolumen und eine Mindestfrequenz sowie darüber hinaus vorgeschrieben, dass bei Bedarf auch eine darüber hinaus gehende Bewässerung durchzuführen ist. Weder die Vergabeunterlagen selbst noch die in Bezug genommenen DIN-Normen enthalten jedoch einen Hinweis darauf, dass der Auftragnehmer die Bewässerung ausschließlich mobil - also unter Verwendung von jeweils eigens zu legenden und jeweils anschließend wieder zu entfernenden Schläuchen und unter Verwendung von Bewässerungswagen - durchzuführen hat und - auch nicht partiell - auf die Einrichtung und Nutzung von stationären Bewässerungseinrichtungen wie etwa Regnern zurückgreifen darf. Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Bieter ihrer Auffassung nach aus den beigefügten Plänen erkennen konnten, dass die Antragsgegnerin von vornherein jede stationäre Bewässerung ausschließen wollte, überzeugt diese Auffassung nicht. Da es sich bei den Plänen um solche für die gesamte Baumaßnahme handelt, lässt sich aus der Tatsache, dass in den Plänen keinerlei Regner oder sonstige Bewässerungseinrichtungen eingezeichnet sind, nicht schließen, dass die Antragsgegnerin jegliche stationäre Bewässerung ausschließen wollte und den Bietern untersagen wollte, im Rahmen der Ausführung ggf. auf eigene Kosten stationäre Bewässerungseinrichtungen zu installieren und zu nutzen.
Da die Antragstellerin in ihrem Angebot das gesamte Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin vorbehaltlos und in allen Positionen vollständig akzeptiert und berücksichtigt hat, liegt eine Abweichung und damit eine zum Ausschluss führende Änderung an den Vergabeunterlagen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A nicht vor. Darüber hinaus hat die Antragstellerin unabhängig davon im Zuge des Nachprüfungsverfahrens mehrfach erklärt, dass sie die Bewässerung so durchführen wird, wie die Antragsgegnerin dies wünscht. Sie hat dabei auf die ausdrückliche Bedingung in Pos. 8.10 des Leistungsverzeichnisses Bezug genommen. Dort hat die Antragsgegnerin ausdrücklich festgelegt:
"Bewässerungsmaßnahmen sind nach Absprache mit der Bauleitung durchzuführen."
Über diese Klausel, die die Antragstellerin vorbehaltlos akzeptiert hat, kann die Antragsgegnerin im Zuschlagsfall Einfluss auf die konkrete Art der Bewässerung nehmen und so auch eine mobile Bewässerung durchsetzen. Im Übrigen weist die Vergabekammer darauf hin, dass die Antragsgegnerin ihren nachvollziehbaren Bedenken gegen die Einrichtung von stationären Bewässerungseinrichtungen - insbesondere während des Betriebs der zu errichtenden Anlage - ohne weiteres dadurch hätte Rechnung tragen können, dass sie eine mobile Bewässerung ausdrücklich vorschreibt und die Einrichtung jeglicher stationärer Beregnungsanlagen untersagt. Dies folgt auch aus dem vergaberechtlichen Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung. Gemäߧ 7 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preises sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Gemäߧ 7 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A sind, um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, alle sie beeinflussenden Umstände festzustellen und in den Vergabeunterlagen anzugeben. Wenn es der Antragsgegnerin wichtig war, zu gewährleisten, dass die Bewässerungsmaßnahmen ausschließlich mit mobilen Bewässerungseinrichtungen durchgeführt werden, so hätte sie dies ohne weiteres in der Leistungsbeschreibung ausdrücklich festlegen können und müssen. Da sie dies unterlassen hat, kann sie den Angebotsausschluss auch nicht auf § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A stützen.
c) Die Antragsgegnerin war auch weder gehalten noch berechtigt, das Angebot der Antragstellerin wegen mangelhafter Preisangaben gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A auszuschließen. Das Angebot der Antragstellerin weist keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür auf, dass ihm eine Mischkalkulation zugrunde liegt, die nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig zum zwingenden Ausschluss gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A
(= § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A a.F.) führt. Zwar weist das Angebot der Antragstellerin, wie bereits erörtert, hinsichtlich einzelner Positionen im Vergleich zum übrigen Bieterfeld auffallend niedrige Einheitspreise auf. Die Antragsgegnerin hat aber weder vorgetragen, geschweige denn dokumentiert, dass diesen besonders niedrigen Einzelpreisen auffallend erhöhte Preise in anderen Positionen gegenüberstehen. Das Angebot der Antragstellerin ist vielmehr in jeder Hinsicht vollständig und weist für sämtliche im Leistungsverzeichnis abgefragten Positionen die Einheitspreise und Gesamtpreise aus. Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass sie bei der Prüfung des Angebotes der Antragstellerin zum Teil extrem niedrige Preise insbesondere für die Bewässerung im Rahmen der Fertigstellungspflege und der Entwicklungspflege festgestellt hat. Nach Prüfung der auf Anforderung von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Kalkulation unter der Berücksichtigung ihres erläuternden Textes in ihrer E-Mail sei sie zu dem Schluss gekommen, dass die von der Antragstellerin in mehreren Positionen, insbesondere hinsichtlich der Bewässerung angesetzten Preise völlig unrealistisch seien und die geforderte Ausführung entsprechend der Ausschreibung für die angebotenen Preise nicht erbracht werden könne. Die Antragsgegnerin geht daher davon aus, dass die Antragstellerin eine Mischkalkulation vorgenommen hat, die nach der Rechtsprechung des BGH zum Ausschluss des Angebotes führen müsse. Die Tatsache indessen, dass einzelne Positionen sehr niedrig angeboten werden, lässt nicht automatisch auf eine vergaberechtswidrige Mischkalkulation schließen. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. c VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A müssen u.a. Angebote ausgeschlossen werden, die die geforderten Preise nicht enthalten. Der Bundesgerichtshof hat in drei Entscheidungen den zwingenden Charakter dieser Regelung, die vormals in der insoweit identischen Vorschrift des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A enthalten war, betont und die damit verbundene Beschränkung des Beurteilungs- und Entscheidungsspielraums des Auftraggebers herausgestellt. Mit Urteil vom 07.01.2003 (Az.: X ZR 50/01 = VergabeR 5/2003, S. 558 ff.) hat er betont, dass ein Angebot, dass nicht alle geforderten Preisangaben enthält und deshalb nicht § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A a.F. entspricht, zwingend auszuschließen ist. Ein Ausschluss komme nicht etwa nur dann in Betracht, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A gewährleisten solle, sei nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden. Mit Beschluss vom 18.02.2003 (Az.: X ZB 43/02 = VergabeR 3/2003, S. 313 ff., 317, 318) hat der BGH noch einmal auf die vorgenannte Entscheidung Bezug genommen und das vorlegende Oberlandesgericht angewiesen zu prüfen, ob die fehlende Angabe von Fabrikaten und Herstellern in mehr als 120 Positionen im dortigen konkreten Fall dazu führt, dass das Angebot der Antragstellerin nicht dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A a.F. entspricht und deshalb gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A a.F. auszuschließen ist. Der BGH betont, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A a.F. bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe hat, sondern gezwungen ist, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. In Konsequenz dieser Entscheidungen hat der BGH mit Beschluss vom 18.05.2004 (Az.: X ZB 7/04) entschieden, dass ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für die einzelnen Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A a.F. (= § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A) benennt. Deshalb seien Angebote, bei denen die Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegen, letztlich von der Wertung auszuschließen.
Den Entscheidungen des BGH lagen jedoch im Gegensatz zum hier vorliegenden Fall Angebote zugrunde, bei denen der Bieter bei zahlreichen Positionen des Leistungsverzeichnisses Einheitspreise von 0,01 EUR angeboten hatte. Da bei derartigen "1-Cent-Positionen" häufig der tatsächlich geforderte Preis für die Leistungspositionen nicht im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A benannt, sondern in anderen Positionen oder in der Gesamtheit des Angebotes "versteckt" wird, hat dies regelmäßig den zwingenden Ausschluss nach § 16 Abs. 1 lit. c VOB/A zur Folge. Insbesondere bei einer Häufung von 1-Cent-Positionen wird eine vergaberechtswidrige Mischkalkulation regelmäßig vermutet. Der Bieter trägt in diesen Fällen die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Mischkalkulation (vgl. VK Thüringen, Beschluss vom 28.04.2005, Az.: 360-4002.20-005/05-MGN = IBR 7/2005, S. 393). Lediglich in den Fällen, in denen die Aufklärung nach § 15 VOB/A ergibt, dass dem Bieter für die entsprechenden Einzelpositionen - etwa aufgrund der Verwertung von Nebenprodukten oder der Leistungserbringung durch einen Dritten - tatsächlich keine Kosten entstehen, erfolgt auch dann kein zwingender Ausschluss (vgl. 2. VK des Bundes, Beschluss vom 11.01.2005, Az.: VK2-220/04).
Im vorliegenden Fall enthält das Angebot der Antragstellerin aber keine "1-Cent-Positionen" oder in sonstiger Hinsicht offensichtlich völlig irrealistische Einzelpreise. Die Tatsache allein, dass Einzelpositionen mit sehr niedrigen Preisen angeboten werden, reicht nicht aus, um einen Angebotsausschluss unter Hinweis auf eine unzulässige Mischkalkulation zu rechtfertigen (vgl. 3. VK des Bundes, Beschluss vom 22.03.2005, Az.: VK3-13/05). Eine "Mischkalkulation" (oder auch genauer: "Kosten- oder Preisverlagerung" - vgl. Dicks, a.a.O., § 16 VOB/A, Rdnr. 53). liegt erst dann vor, wenn der Bieter im Angebot bei bestimmten Leistungspositionen nicht die auf der Grundlage seiner Kalkulation für diese Leistung zu berechnende (wahre, zutreffende) Vergütung, sondern einen geringeren Preis ausweist. Die nicht berücksichtigten Kosten- oder Preisfaktoren, die bei dieser Leistung tatsächlich anfallen, legt er auf andere Leistungspositionen um und "versteckt" sie dort (durch "Aufpreisung"). Infolge dessen ist die eine Position untersetzt ("abgepreist"), während andere übersetzt ("aufgepreist") sind. Dergleichen kann auch bei mehreren Positionen vorkommen. Eine derartige, unzulässige Kostenverlagerung liegt vor, wenn ein Unternehmer z.B. bei mehreren Leistungspositionen, die dem Abfräsen einer Fahrbahn gelten, nur in die erste Position die alle Leistungspositionen betreffende AfA, den Maschinenverschleiß und die Personalkosten einrechnet.
Das Angebot der Antragstellerin weist indessen keine auffallend hohen Einheitspreise auf, in die ggf. die auffallend niedrig eingepreisten Leistungen zur Bewässerung hätten verlagert werden können. Auch die in der Vergabeakte diesbezüglich dokumentierte Aufklärung der Antragsgegnerin gemäß § 15 VOB/A weist für eine derartige Kosten- oder Preisverlagerung keine Anhaltspunkte auf. Die Antragstellerin hat vielmehr sowohl im Rahmen der Angebotsaufklärung wie auch mehrfach im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens betont, dass sie angesichts des von ihr kalkulierten Gesamtgewinns und des kostenmäßig geringen Anteils der von der Antragsgegnerin beanstandeten Positionen am Gesamtvolumen des Auftrags keinen Zweifel hat, auch die Bewässerungsleistungen so zu erbringen, wie die Antragsgegnerin dies von ihr verlangt. Selbst wenn bei der Antragsgegnerin Zweifel an der Begründung ungewöhnlich niedriger Einheitspreise bleiben sollten, ist gleichwohl von einem Ausschluss auf der ersten Wertungsstufe abzusehen, wenn sich eine entsprechende Aufpreisung bei anderen Positionen nicht sicher nachweisen lässt (vgl. Stolz in: Willenbruch / Wieddekind, Kompaktkommentar Vergaberecht, 2. Auflage, § 16 VOB/A, Rdnr. 42). Auch ein Angebotsausschluss aufgrund einer vermeintlichen "Mischkalkulation" scheidet daher vorliegend aus.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Wegen der festgestellten vergaberechtswidrigen Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin ist es erforderlich, die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes unter Berücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin erneut durchzuführen und dabei die aus der Begründung ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von ... EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt ... EUR (brutto). Dieser Betrag entspricht ausweislich der Vergabeakte (Preisspiegel vom 16.08.2011, S. 22)) dem von der Antragsgegnerin geprüften Gesamtpreis nach dem Angebot der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR
(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von ... EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von ... EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden
Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. ...
Rohn
Sameluck