Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 05.07.2011, Az.: VgK-22/2011
Nachprüfungsantrag im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen im Bereich der Rettungsdienstleistungen durch die öffentliche Hand
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 05.07.2011
- Aktenzeichen
- VgK-22/2011
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 26634
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 16 VgV
- § 20 VOL/A
Verfahrensgegenstand
VOL-Vergabeverfahren "Vergabe des Rettungsdienstes in der Stadt xxxxxx -
hier: Los 1
In dem Nachprüfungsverfahren ... hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin BOR'in Schulte und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn RA Hintz, auf die mündliche Verhandlung vom 20.06.2011 beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Konzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports zu wiederholen, Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren und dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin, die Beigeladene zu 1 und die Antragsstellerin je zu 1/3 zu tragen. Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 sind verpflichtet, der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu je 1/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
- 5.
Die Antragstellerin ist verpflichtet, der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu 1/3 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war auch für die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 notwendig.
Begründung
I.
Die Auftraggeberin hat mit Bekanntmachung vom xxxxxx.2011, veröffentlicht am xxxxxx.2011, die Rettungsdienstleistungen für 6 Jahre europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Die zu vergebende Leistung war in 2 Lose aufgeteilt. Der Bekanntmachung ist zu entnehmen, dass sich die Bieter jedoch nur auf ein Los bewerben konnten. Bietergemeinschaften waren zugelassen. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der in den Vergabeunterlagen genannten Kriterien erfolgen. Dort war unter Ziffer 12 der Aufforderung zur Angebotsabgabe ausgeführt, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt, wobei der Leistungspreis und das Konzept für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports mit jeweils 50% gewichtet werden soll. Die Auftraggeberin erläuterte in der Aufforderung, wie sich der Leistungspreis zusammensetzt und an Hand welcher Formel die Punktzahl dafür ermittelt wird. Hinsichtlich des anderen Zuschlagskriteriums, der Konzeptbewertung, legte die Auftraggeberin die 8 Unterkriterien fest und teilte mit, dass sie diese mit jeweils 12,5% gewichten wollte. Ferner erläuterte diese Wertungskriterien. Die Auftraggeberin beauftragte die Niederlassung der xxxxxx mit der Vorbereitung und Begleitung des Vergabeverfahrens. Aufgrund zahlreicher Bieteranfragen, u.a. auch von der Antragstellerin, versandte der mit dem Verfahren beauftragte Berater insgesamt 9 Bieterinformationen an die Bieter. In der Bieterinformation 4, Frage 3, führte die Auftraggeberin im Zusammenhang mit der Konzeptbewertung und dem Begriff "mangelhaft" u .a. aus:
Je besser die Ausführungen erkennen lassen, dass die Umsetzung der gesetzlichen Mindeststandards erfolgt oder je weiter ein Bieter hierüber hinaus geht oder innovative und taugliche Konzepte zur Leistungserbringung einreicht, desto mehr Punkte erhält der Bieter.
In der Vergabeakte befindet sich ein Vermerk der Auftraggeberin vom 25.02.2011 zur Wahl des Vergabeverfahrens, in dem sie ausführt, warum sie der Auffassung ist, dass es sich um eine Dienstleistung nach Anhang I, Teil B, Kategorie 25, handelt.
Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes mit den Ausschreibungsunterlagen forderte u.a. die Muttergesellschaft der Antragstellerin in xxxxxx an.
Während der Angebotsphase rügte die deutsche Niederlassung der Antragstellerin mit Schreiben vom 17.03.2011 und 23.03.2011 einzelne Punkte der Ausschreibung, die der beauftragte Berater der Auftraggeberin mit Schreiben vom 23.03.2011 bzw. 25.03.2011 gegenüber der Muttergesellschaft in xxxxxx beantwortete. Die Rügen wurden zurückgewiesen.
Der Niederschrift über die Verdingungsverhandlung am 08.04.2011 ist zu entnehmen, dass u.a. die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1 ein Angebot für das hier streitige Los 1 eingereicht hatten. Das Angebot der Antragstellerin war von der Muttergesellschaft in xxxxxx aufgegeben worden. Sie hatte als Bieter ihre xxxxxx Anschrift angegeben, als Geschäftsanschrift die der deutschen Niederlassung.
Die Auftraggeberin bat die Beigeladene zu 1 um Nachreichung bestimmter Unterlagen, da der Nachweis zur Haftpflichtversicherung nicht vollständig war. Nachdem diese die Nachweise vorgelegt hatte, bestanden lt. Vergabevermerk an der materiellen Eignung der Beigeladenen zu 1 nach den vorgelegten Unterlagen keine Zweifel.
Die Auftraggeberin prüfte sodann lt. Vergabevermerk, ob ev. Unterkostenangebote von der Antragstellerin und einer weiteren Bieterin für das Los 1 vorgelegt wurden. Aufgrund des Aufklärungsgesprächs kam die Auftraggeberin zu folgendem Ergebnis:
"Ein vermutetes Unterkostenangebot hat sich nicht bestätigt. Daher ist eine ordnungsgemäße Leistungserbringung mit dem Angebotspreis zu erwarten. Das Angebot der Firma xxxxxx ist daher auskömmlich und nicht auszuschließen."
Hinsichtlich der Bewertung der vorzulegenden Konzepte hat die Auftraggeberin stichwortartig Angaben der Bieter in eine Matrix übertragen und die angebotene Leistung anschließend bewertet. Warum welcher Bieter wie viele Punkte erzielte, ist der Matrix nicht zu entnehmen. Festgehalten wurde, dass die Antragstellerin keine Angaben zur Effizienz der Medizinproduktverwaltung gemacht habe. Sie erhielt für dieses Unterkriterium xxxxxx Punkte. Insgesamt kam die Auftraggeberin zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene zu 2 die meisten Punkte für ihr Konzept erlangte, die Beigeladene zu 1 xxxxxx Punkte weniger und die Antragstellerin xxxxxx Punkte weniger.
Einer Tabelle zur Gesamtwertung ist zu entnehmen, dass die Auftraggeberin zu Los 1 nur die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1 gewertet hat. Die Antragstellerin erzielte für den Preis xxxxxx Punkte, die Beigeladene zu 1 xxxxxx Punkte weniger.
Insgesamt erreichte die Antragstellerin unter Hinzuziehung der Punkte aus der Konzeptbewertung xxxxxx Punkte weniger als die Beigeladene zu 1. Das Angebot der Beigeladenen zu 2 wurde ausgeschlossen. Die Verwaltung der Auftraggeberin empfahl, der Beigeladenen zu 1 den Zuschlag für das Los 1 zu erteilen. Diesem Vorschlag stimmte das Rechnungsprüfungsamt der Auftraggeberin zu.
Mit Bieterinformation nach § 101 a GWB vom 16.05.2011 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 frühestens am 27.05.2011 erteilt werden soll. Mit Schreiben vom 17.5.2011 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene zu 1. Sie geht davon aus, dass die Wertung des Konzeptes willkürlich erfolgte und erklärt, dass die von ihr lediglich erzielten xxxxxx von 100 möglichen Punkten nicht nachvollziehbar sind.
Die Antragstellerin geht ferner davon aus, dass die beauftragten Berater befangen sind und das Verfahren einseitig zu Gunsten der Beigeladenen zu 1 geführt haben. Die beauftragten Berater hätten nach den ihr vorliegenden Informationen anscheinend ständige Mandatsbeziehungen zum Dachverband der Beigeladenen zu 1. Sie verweist beispielhaft auf die Ausarbeitung unter dem Titel "Aspekte einer Musterausschreibung" rettungsdienstlicher Leistungen zugunsten eines qualitativ hochwertigen Rettungsdienstes. Mit dieser Musterausschreibung solle der Beigeladenen zu 1 bereits bei der Vorbereitung und dem Zuschnitt der Ausschreibung ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Anbietern gesichert werden.
Die Antragstellerin unterstellt, dass die Beigeladene zu 1 nicht über die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit verfügt, da sich ihr Einsatzgebiet auf die Städte und Gemeinden in der xxxxxx bezieht, zu der xxxxxx nicht gehört. Aufgrund ihrer Orts- und Marktkenntnisse habe sie, die Antragstellerin, konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlen der Eignung und Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1 für den Bereich der Stadt xxxxxx, so dass die Ausschreibung aufzuheben sei.
Die Antragstellerin moniert, dass die ihr erteilte Auskunft zur Nichtberücksichtigung ihres Angebotes nichtssagend ist. Sie bezweifelt ferner, dass das Vergabeverfahren ordnungsgemäß dokumentiert und die Schriftform nicht durchgängig gewahrt wurde.
Die Auftraggeberin nahm mit Schreiben vom 19.05.2011 zu den Ausführungen der Antragstellerin Stellung und erklärte, warum sie, die Antragstellerin, nicht dass wirtschaftlichste Angebot eingereicht hat, die Beigeladene zu 1 nicht auszuschließen ist, die beauftragten Berater nicht gemäß § 16 VgV befangen sind und keine Verfahrensfehler vorliegen.
Mit Schreiben vom 25.05.2011, eingegangen in der Vergabekammer per Telefax am selben Tage, beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag in Bezug auf die bereits in dem Rügeschreiben gegenüber der Antragsgegnerin monierte beabsichtigte Beauftragung der Beigeladenen.
Sie führt ferner aus, dass ihr jetzt Dokumente, insbesondere auch Veröffentlichungen in der örtlichen Presse, vorliegen, die eine Befangenheit der von der Auftraggeberin beauftragten Berater belegen. Sie fügt dazu Kopien von mehreren Veranstaltungen von Verbänden und Einrichtungen des xxxxxx bei, an denen die beauftragten Berater mitgewirkt haben, u.a. auch von einer Tagung des Landesverbandes Niedersachsen vom 07.01.2011.
Die Antragstellerin erklärt, dass sie ihre während der Angebotsphase gerügten Punkte
hinsichtlich der Verfahrenswahl und Zuordnung der Leistungen zu Notfallrettung und qualifizierten Krankentransport zu Anhang I, Teil B, Kategorie 25. Ihrer Auffassung nach hätte die Leistung nach dem 2. Abschnitt der VOL/A ausgeschrieben werden müssen. Zumindest gelte dies für die ausgeschriebenen Krankentransportdienstleistungen. Eine entsprechend gebotene Losaufteilung sei aber unterblieben;
die Auftraggeberin habe unzulässigerweise Eignungskriterien mit Zuschlagskriterien vermischt, indem sie die Kriterien wie "Mitarbeit bei Großschadenslagen und Massenanfall von Verletzten, Erfahrung im Rettungsdienst, Qualifikation des Personals und Arbeitszeit des Personals" als Zuschlagskriterien herangezogen habe;
die Forderung von anderen Nachweisen als Eigenerklärungen sind in der Dokumentation zu begründen;
Definition des Begriffs erweiterter Rettungsdienst
sowie
die Berücksichtigung der "Leitlinien für den Rettungsdienst" der Arbeitsgemeinschaft Fortbildung im Rettungsdienst sei nicht durch § 7 Abs. 2 Nr. 1 a EG VOL/A gedeckt, weil die Leitlinien keine zulässigen Normen im Sinne dieser Vorschrift seien.
aufrecht erhält. Zur Begründung führt sie aus, dass die Zurückweisung dieser Rügen durch die beauftragten Berater gegenüber der xxxxxx (Muttergesellschaft) und nicht an die Antragstellerin (Niederlassung xxxxxx) erfolgte.
Nach Durchführung der eingeschränkten Akteneinsicht führt die Antragstellerin ferner aus, dass die Auftraggeberin bei der Wertung der Angebote keine Trennung der einzelnen Wertungsstufen vorgenommen habe. Erneut macht sie geltend, die Antragsgegnerin habe rechtswidrig Eignungskriterien zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes herangezogen. Augenfällig werden aus ihrer Sicht Fehler bei der Prüfung und Wertung insbesondere im Bereich der Effizienz der Medizinproduktverwaltung, des Melde- und Berichtswesens, der Ausfallsicherheit Sachmittel und der psychosozialen Betreuung der Mitarbeiter.
Die Forderung nach Angaben zu den bereits zur Verfügung stehenden Personal- und Sachmitteln diskriminiere Bieter, die diese erst bei Auftragserteilung beschaffen wollen. Verlangt werden dürfe nur, dass Bieter darlegen, sich für den Fall der Beauftragung die nötigen Mittel verschaffen zu könne.
Die Antragstellerin sieht ferner einen Verstoß gegen den Grundsatz der Losaufteilung, da die Auftraggeberin keine Lostrennung zwischen Krankentransport und Rettungsdienst vorgenommen habe. Die Auftraggeberin hätte dokumentieren müssen, warum sie davon Abstand genommen hat. Insgesamt hält die Antragstellerin die Dokumentation im Bereich der Wertung, der Losaufteilung und der Auseinandersetzung mit der möglichen Befangenheit der beauftragten Berater für ungenügend.
Die Antragstellerin beantragt:
- 1.
dem Antragsgegner wird es untersagt, den o. g. Auftrag im Hinblick auf Los 1 an die xxxxxx zu vergeben;
- 2.
hilfsweise:
dem Antragsgegner wird bei Fortbestehen der Vergabeabsicht wegen der streitgegenständlichen Dienstleistungen aufgegeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren nach der Maßgabe der VOL/A (1. und 2. Abschnitt) nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen;
- 3.
hilfsweise:
die Vergabekammer wirkt unabhängig auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hin (vgl. § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB);
- 4.
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt;
- 5.
der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen;
- 6.
hilfsweise:
Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragsgegnerin ist nicht notwendig.
Die Auftraggeberin beantragt,
- 1.
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;
- 2.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;
- 3.
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin tritt den Behauptungen und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen. Sie hält den Nachprüfungsantrag teilweise für unzulässig, soweit sich die Antragstellerin auf ihre Rügeschreiben vom 17. und 23.03.2011 bezieht. Bezüglich dieser Punkte sei die Antragstellerin präkludiert. Auch wenn die Antwortschreiben an die Muttergesellschaft in xxxxxx gerichtet waren, so hätte sowohl die Niederlassung xxxxxx als auch die Muttergesellschaft eine identische Faxnummer in xxxxxx angegeben. Im Übrigen habe die Muttergesellschaft die Ausschreibungsunterlagen angefordert und nicht die deutsche Niederlassung in xxxxxx. Ferner sei auch das Angebot in xxxxxx zur Post aufgegeben worden. Die Auftraggeberin geht davon aus, dass die Antragstellerin die Nichtbeantwortung ihrer Fragen hinterfragt hätte, wenn sie keine Kenntnis von dem Antwortschreiben erhalten hätte.
Soweit der Nachprüfungsantrag nicht unzulässig ist, sei er aber unbegründet. Sie habe der Antragstellerin rechtmäßig und umfassend die Gründe der Nichtberücksichtigung mitgeteilt. Insbesondere seien ihr auch die Bewertungspunkte für ihren Preis und ihr Konzept sowie die damit erreichte Gesamtpunktzahl mitgeteilt worden.
Die Antragsgegnerin sieht auch keine Gründe für einen Ausschluss der Beigeladenen zu 1. Die von diesen vorgelegten Unterlagen belegten die Eignung für die Durchführung des Auftrages bei Los 1.
Soweit die Antragstellerin unterstelle, dass die Wertung nicht durch die Auftraggeberin erfolgte, weist diese darauf hin, dass sie diese in eigener Verantwortung durchgeführt und auch den Entscheidungsvorschlag erarbeitet habe. Die Antragsgegnerin wehrt sich ferner gegen die Behauptung, dass die Konzeptbewertung nicht vergaberechtskonform erfolgt sei. Sie weist darauf hin, dass sie ausschließlich die bekannt gemachten Kriterien berücksichtigt und den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten habe.
Die Antragsgegnerin sieht auch keine Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit der beauftragten Berater. Der Wortlaut des§ 16 VgV lasse sich nur dahingehend auslegen, dass nur solche Personen als voreingenommen gelten können, die in ein und demselben Vergabeverfahren sowohl auf Seiten des Auftraggebers als auch auf Seiten eines an dem Verfahren beteiligten Bieters tätig werden. Eine solche Doppelmandatierung liege jedoch bei den beauftragten Beratern nicht vor.
Die Antragsgegnerin wehrt sich ferner gegen den Vorwurf, die Ausschreibung sei einseitig auf die Beigeladene zu 1 zugeschnitten. Sie habe die Ausschreibungsunterlagen und die dort gestellten Anforderungen ausschließlich so erstellt, wie es für eine ordnungsgemäße Durchführung des Rettungsdienstes in ihrem Stadtbereich erforderlich sei.
Die Beigeladene zu 1 beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und
die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Beigeladene zu 1 für notwendig zu erklären.
Sie unterstützt die Auffassung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Wertung der Angebote. Sie hebt hervor, dass die beauftragten Berater der Antragsgegnerin nicht befangen sind. Nach ihrer Kenntnis seien die namentlich genannten Berater für den Landesverband des xxxxxx tätig gewesen, der jedoch sowohl rechtlich als auch praktisch deutlich verschieden von der Beigeladenen zu 1 sei. Im Übrigen sei der von der Auftraggeberin beauftragte Berater nicht "Strategischer Berater" des Landesverbandes der Beigeladenen zu 1.
Die Beigeladene zu 2 hat keine Anträge gestellt.
Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 27.06.2011 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 11.07.2011 verlängert.
Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 20.06.2011 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig und begründet. Die Antragsgegnerin hat gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, da die in der Vergabeakte enthaltene Dokumentation der Auswertung und Bewertung der Angebote in wesentlichen Punkten nicht den Anforderungen des § 20 VOL/A genügt. Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Bewertung der Konzepte der Bieter für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes, die mit 50% bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt werden sollte, auf der Grundlage der bekannt gemachten 8 Unterkriterien und der bekannt gemachten Gewichtung unter Verwendung einer Bewertungsmatrix durchgeführt hat. Nicht zu beanstanden ist auch, dass sie, ebenfalls wie in den Vergabeunterlagen bekannt gegeben, Punkte anhand eines Schulnotensystems vergeben hat. Sie hat es jedoch versäumt, die Punktevergabe und damit die Bewertung der Angebote in einer transparenten und angemessenen Weise nachvollziehbar zu begründen.
Unbegründet ist der Nachprüfungsantrag dagegen, soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass die Beigeladene zu 1 nicht die erforderliche Eignung für die ausgeschriebenen Leistungen besitzt. Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen des ihr durch § 16 Abs. 5 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie die Beigeladene zu 1 für geeignet bewertet hat. Der Nachprüfungsantrag ist ferner unbegründet, soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass die von der Antragsgegnerin zur Vorbereitung und Begleitung des Vergabeverfahrens hinzugezogenen Berater von einer Mitwirkung an Entscheidungen im Vergabeverfahren gemäß § 16 VgV ausgeschlossen werden müssen. Die Voraussetzungen des § 16 Nr. 2 VgV liegen nicht vor.
Unzulässig ist der Nachprüfungsantrag, soweit die Antragstellerin ihre mit Schreiben vom 17.03.2011 und 23.03.2011 zur aus ihrer Sicht fehlerhaften Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Leistung zum Abschnitt 1 der VOL/A (Dienstleistung nach Anhang I, Teil B, Kategorie 25), einer Vermischung von Zuschlagskriterien und Eignungskriterien, vergleichbare Eigenerklärungen und Einbeziehung des Notkompetenzsystems zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gemacht hat. Mit diesen Rügen ist die Antragstellerin gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB präkludiert, weil die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 23.03.2011 und 25.03.2011 ausdrücklich erklärt hat, dass und warum sie diesen Rügen nicht abhelfen will. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin diese Nichtabhilfeschreiben nicht an die deutsche Niederlassung der Antragstellerin, sondern an die Zentrale in xxxxxx gesandt hat. Die Antragsgegnerin durfte und musste davon ausgehen, dass die Schreiben der Antragstellerin als Adressatin zugehen, da auf dem Briefkopf der Rügeschreiben der Antragstellerin ausschließlich eine Fax-Nummer, Telefonnummer und E-Mail-Verbindung der Zentrale in xxxxxx angegeben waren. Zudem ist auch das Angebot der Antragstellerin ausweislich des Absenderaufklebers von der Zentrale in xxxxxx versandt worden.
1.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um die Durchführung der Leistungen des Rettungsdienstes in der Stadt xxxxxx und damit um einen Dienstleistungsauftrag, für den gemäß § 2 Nr. 2 der Vergabeverordnung ein Schwellenwert von 193.000 EUR gilt. Werden Dienstleistungsaufträge, wie vorliegend, losweise ausgeschrieben, so beträgt der Schwellenwert 80.000 EUR oder bei Losen unterhalb von 80.000 EUR deren addierter Wert ab 20 v. H. des Gesamtwertes aller Lose. Ausweislich eines in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks vom 25.02.2011 (Vergabeunterlagen, Ordner I, Bl. xxxxxx ff.) beträgt der geschätzte Wert des für den Zeitraum 01.01.2012 bis 31.12.2017 ausgeschriebenen Gesamtauftrages ca. xxxxxx EUR. Allein der Wert des hier verfahrensgegenständlichen Loses 1 liegt ausweislich der in der Vergabeakte dokumentierten Gesamtwertung der eingegangenen Angebote (Anlage 11, Bl. xxxxxx) über xxxxxx EUR über die gesamte ausgeschriebene Vertragslaufzeit.
Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt gemäß § 107 Abs. 2 GWB, da sie als Bieterunternehmen ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, dass die Antragsgegnerin das Angebot der Beigeladenen zu Unrecht als wirtschaftlichstes Angebot ermittelt hat und das Vergabeverfahren zum Teil vergaberechtswidrig durchgeführt wurde. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06).
Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, dass die von der Antragsgegnerin mit der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragten Berater ständige Mandatsbeziehungen zum Dachverband der Beigeladenen zu 1 haben und deshalb als voreingenommen geltende Personen im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV gelten müssen, die von der Mitwirkung an Entscheidungen des Auftraggebers im Vergabeverfahren auszuschließen sind. Es bestehe deshalb die Besorgnis, dass die beauftragten Berater befangen seien und das Verfahren einseitig zugunsten der Beigeladenen zu 1 durchgeführt haben. Ferner verfüge die von der Antragsgegnerin für den Zuschlag vorgesehene Beigeladene zu 1 nicht über die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, da sich ihr Einsatzgebiet auf die Städte und Gemeinden in der xxxxxx beziehe, zu der xxxxxx nicht gehöre. Auch sei die Dokumentation der Angebotswertung nicht hinreichend nachvollziehbar und transparent. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie bei der Bewertung ihres Konzeptes lediglich xxxxxx von 100 möglichen Punkten erhalten hat. Die Forderung nach Angaben zu den bereits zur Verfügung stehenden Personal- und Sachmitteln diskriminiere Bieter, die diese erst bei Auftragserteilung beschaffen wollen.
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht aus § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.05.2011 gemäß § 101a GWB darüber informiert, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste sei und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 erteilt werden soll. Bereits mit Schreiben vom 17.05.2011 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene zu 1 und machte geltend, dass die Beigeladene zu 1 ihrer Auffassung nach nicht über die erforderliche Eignung für die verfahrensgegenständliche Dienstleistung im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin aufweise. Ferner rügte sie die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Bewertung ihres Angebotskonzeptes. Diese nur einen Tag nach Erhalt des Informationsschreibens abgesetzte Rüge erfolgte ohne weiteres unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Zweifel könnten allenfalls an der rechtzeitigen Rüge bezüglich der Voreingenommenheit der von der Antragsgegnerin mit der Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragten Berater aufkommen. Bereits aus der europaweiten Bekanntmachung vom xxxxxx.2011 war offensichtlich, dass Herr xxxxxx von der xxxxxx als Berater beauftragt war. Er wurde ausdrücklich als Kontaktperson benannt und von der Antragstellerin z.B. mit ihrem ersten Rügeschreiben vom 17.03.2011 unmittelbar als Adressat angesprochen. Das Antwortschreiben der xxxxxx vom 23.03.2011 im Auftrag der Antragsgegnerin wurde von Herrn xxxxxx unterschrieben. Die gegen die Mitwirkung von Herrn xxxxxx und Herrn xxxxxx, xxxxxx, gerichtete Rüge erfolgte gleichwohl erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 17.05.2011. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin von der Beratungstätigkeit der Berater der Antragsgegnerin für das xxxxxx und u.a. auch für den Landesdachverband der Beigeladenen zu 1 sowie die mögliche Voreingenommenheit im Sinne des § 16 VgV erstmals aufgrund der Beratung durch den verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt erfahren hat. Die Vergabekammer bewertet daher die Rüge vom 17.05.2011 auch im Hinblick auf die geltend gemacht Verletzung des § 16 VgV als unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB.
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unzulässig, soweit die Antragstellerin darüber hinaus auch die mit ihren Schreiben vom 17.03.2011 und 23.03.2011 gerügten Punkte zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gemacht haben. Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 17.03.2011 gegen die vermeintlich fehlerhafte Zuordnung der gesamten ausgeschriebenen Rettungsdienstleistungen der Kategorie Nr. 25 nach Anhang I, Teil B der VOL/A bzw. eine unterlassene Losaufteilung zwischen Rettungsdienstleistungen und Transportdienstleistungen und einer dementsprechend vermeintlich gebotenen unterschiedliche Ausschreibung, eine unzulässige Vermengung von Zuschlagskriterien und Eignungskriterien, die Vorlage vergleichbarer Eigenerklärung auch durch Bieter aus anderen Mitgliedstaaten der EU gewandt. Mit Schreiben vom 23.03.2011 hat die Antragstellerin die Anforderung aktueller Personallisten und die Einbeziehung des "Notkompetenzsystems Rettungsdienst xxxxxx" gerügt. Diese Vorgaben könnten nur die aktuellen xxxxxx Leistungserbringer erfüllen. Die Vorgaben seien daher diskriminierend. Ferner würden die in den Bedingungen vorgegebenen "Leitlinien für den Rettungsdienst" gegen § 8 Abs. 2 VOL/A-EG verstoßen, da diese nur Bezug auf aktuell von der Antragsgegnerin beauftragte Rettungsdienste (xxxxxx) nehmen.
Die Antragsgegnerin hat diese Rügen jedoch mit Schreiben der mit der Begleitung des Vergabeverfahrens beauftragten xxxxxx vom 23.03.2011 und 25.03.2011 ausdrücklich zurückgewiesen, die Zurückweisung ausführlich begründet und für jeden Rügepunkt deutlich gemacht, dass sie der Rüge nicht abhelfen wird. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Voraussetzung für die Präklusionswirkung der Bekanntgabe der Nichtabhilfe gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB ist nach der Rechtsprechung, dass der Auftraggeber in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU auf diese Regelung hingewiesen hat (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010, Az.: 13 Verg 1/010). Dies folgt daraus, dass § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB eine Rechtsbehelfsfrist enthält. Gemäß § 15 Abs. 1 VOL/A-EG i.V.m. Ziffer VI.4.2 Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 der Kommission vom 7. September 2005 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß der Richtlinie 2004/17/EG und der Richtlinie 2004/18/EG des europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 257 vom 1. Oktober 2005) ist der Auftraggeber verpflichtet, genaue Angaben zu den von den Bietern zu beachtenden Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen zu machen oder eine Stelle zu benennen, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich ist (vgl. VI 4.4). Diese europarechtlich geregelte Pflicht zur Bekanntmachung von Rechtsbehelfsfristen gilt nach Auffassung der Vergabekammer auch für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Dienstleistungen nach Anhang I, Teil B der VOL/A (im vorliegenden Fall Kategorie 25 Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen) sind. Zwar gelten für derartige Vergaben gemäß § 4 Abs. 4 VgV die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A und aus dem zweiten Abschnitt der VOL/A lediglich die §§ 8 EG, 15 EG Abs. 10 und 23 EG VOL/A. Die Verweisungsvorschrift des § 15 Abs. 1 VOL/A-EG gilt daher für das vorliegende Vergabeverfahren nicht. Auch privilegierte Vergabeverfahren nach Anhang I Teil B zur VOL/A unterliegen jedoch der Richtlinie 2004/18/EG, so dass der Anhang II der Verordnung (EG) zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge in der jeweils geltenden Fassung und die dort enthaltenen Muster unmittelbar gelten. Bei § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB handelt es sich um eine anzugebende, echte Rechtsbehelfsfrist (vgl. Jaeger, NZBau 2009, S. 558 ff., 562). Es genügt jedoch, wenn der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU auf diese Rechtsbehelfsfrist hinweist (vgl. OLG Celle. Beschluss vom 04.03.2010 - 13 Verg 1/10, zitiert nach ibr-online). Eines gesonderten Hinweises im Nichtabhilfeschreiben bedarf es darüber hinaus nicht. Vorliegend hat die Antragsgegnerin in ihrer Bekanntmachung vom xxxxxx.2011 unter VI.4.2 ausdrücklich auf die Rechtsbehelfsfrist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB hingewiesen.
Der Präklusion der Rügen nach § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB stehen entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch keine formellen Mängel der Zurückweisungsschreiben vom 23.03. und 25.03.2011 entgegen. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, dass die Nichtabhilfeschreiben nicht an die deutsche Adresse der Antragstellerin, also die xxxxxx, sondern an die Konzernmutter, die xxxxxx adressiert waren. Persönlich adressiert waren sie allerdings richtigerweise an Herrn xxxxxx, ausdrücklich benannt als Projektmanager der Antragstellerin. Es ist unstreitig, dass die deutsche Niederlassung des xxxxxx Konzerns, die Antragstellerin, beide Nichtabhilfeschreiben erhalten hat, was auch schon dadurch belegt wird, dass die Antragstellerin die Nichtabhilfeschreiben ihrem Nachprüfungsantrag als Anlagen 4 und 5 beigefügt hat. Die Schreiben sind aber auch deshalb in den Empfangsbereich der Antragstellerin gelangt und ihr gemäß § 130 BGB zugegangen, weil die Antragstellerin auf den Rügeschreiben vom 17.03.2011 und 23.03.2011 ausdrücklichausschließlich die Faxnummer (xxxxxx), Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Mutterkonzerns in xxxxxx in ihrem Briefkopf angegeben hatte. Ferner waren die Vergabeunterlagen nicht von der Antragstellerin, sondern durch ihren Mutterkonzern abgefordert worden. Auch das Angebot der Antragstellerin selbst ist nicht von der xxxxxx in Deutschland, sondern durch den Mutterkonzern versandt worden, was sich vorliegend auch aus dem Absenderaufkleber auf dem Karton ergibt, mit dem das Angebot der Antragstellerin versandt wurde. Die Antragsgegnerin durfte und musste daher davon ausgehen, dass sie die Korrespondenz im Vergabeverfahren und insbesondere die Beantwortung der Rügeschreiben an die Adresse der Konzernmutter der Antragstellerin in xxxxxx versenden durfte.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Antragsgegnerin einen wesentlichen Teil ihrer Angebotswertung nicht in einer den Anforderungen des§ 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert hat. Sie hat es versäumt, die Punktevergabe und damit die Bewertung der Konzepte der Bieter für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes nachvollziehbar zu begründen. Dadurch hat die Antragsgegnerin gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB verstoßen (im Folgenden a).
Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet, soweit die Antragstellerin eine Verletzung des § 16 VgV durch die Mitwirkung von als voreingenommen geltenden Personen bei den Entscheidungen der Antragsgegnerin im Vergabeverfahren gerügt hat. Die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens durch die verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei xxxxxx, und namentlich der damit beauftragten Rechtsanwälte xxxxxx und xxxxxx ist nicht als vergaberechtswidrige Doppelmandatschaft im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV zu beanstanden (im Folgenden b). Unbegründet ist der Nachprüfungsantrag auch, soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass die Beigeladene zu 1 nicht die erforderliche Eignung für die ausgeschriebenen Leistungen besitzt. Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen des ihr durch § 16 Abs. 5 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie die Beigeladene zu 1 für geeignet bewertet hat (im Folgenden c).
a)
Die Antragsgegnerin hat vorliegend die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ausweislich der Vergabeakte zwar ausschließlich unter Zugrundelegung der den Bietern bekannt gemachten Zuschlagskriterien nebst Unterkriterien und der ebenfalls festgelegten und bekannt gemachten Gewichtung durchgeführt. Sie hat es jedoch versäumt, die Bewertung der Bieterkonzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports, die nach Festlegung der Antragsgegnerin mit 50% bei der Gesamtbewertung der Angebote berücksichtigt werden sollte, in einer den Anforderungen des§ 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren.
Gemäß § 97 Abs. 5 GWB und § 18 Abs. 1 VOL/A ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 VOL/A ist der niedrigste Angebotspreis - grundsätzlich - nicht allein entscheidend. Die Vergaberichtlinien der EU legen übereinstimmend fest, dass für die Auftragsvergabe grundsätzlich zwei Kriterien maßgebend sein dürfen. Der öffentliche Auftraggeber darf entweder den Bieter auswählen, der den niedrigsten Preis anbietet, oder denjenigen Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat (vgl. Art. 53 und 54 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (VKR)). Der deutsche Gesetzgeber hat sich in § 97 Abs. 5 GWB jedoch zulässigerweise ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium "wirtschaftlichstes Angebot" den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" zu geben. Das deutsche Recht schließt damit nicht aus, dass die preisliche Beurteilung des Angebotes im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes eine maßgebliche Rolle spielt. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht vielmehr regelmäßig das wichtigste, aber eben nicht das allein entscheidende Kriterium (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 97, Rdnr. 144).
Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Angebotswertung an die von ihm festzulegenden und bekannt zu machenden Zuschlagskriterien im Sinne des § 16 Abs. 8 VOL/A gebunden. Dies gilt auch für die vom Auftraggeber festgelegte und bekannt gemachte Gewichtung der Zuschlagskriterien und Unterkriterien. Dies folgt im vorliegenden Fall zwar nicht aus § 9 Abs. 2 VOL/A-EG und § 19 Abs. 8 VOL/A-EG, die diese Bindung an die bekannt gemachte Gewichtung auch ausdrücklich regeln. Denn die Antragsgegnerin hat die verfahrensgegenständlichen Rettungsdienstleistungen zu Recht als Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A eingestuft. Es handelt sich dabei um Dienstleistungen der Kategorie 25 - Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen - des Anhangs I Teil B. Für die Vergabe von Aufträgen, deren Gegenstand Dienstleistungen im Sinne des Anhangs I Teil B sind, findet gemäß § 1 Abs. 3 VOL/A-EG, § 4 Abs. 4 VgV Anwendung. Nach § 4 Abs. 4 VgV gelten für die Vergabe von Dienstleistungen nach Anhang I Teil B der VOL/A aus dem zweiten Abschnitt der VOL/A nur die §§ 8, 15 Abs. 10 und 23 VOL/A-EG. Im Übrigen sind dagegen die Regelungen des Abschnitts 1 der VOL/A mit Ausnahme von § 7 VOL/A anzuwenden. Eine Bindung an die festgelegte und bekannt gemachte Gewichtung der Zuschlagskriterien und ihrer Unterkriterien folgt jedoch für die Vergabe von privilegierten Dienstleistungen im Sinne des Anhangs I Teil B zur VOL/A bereits aus dem vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz gemäß § 97 Abs. 1 GWB. Mit dieser Verpflichtung soll erreicht werden, dass die Bieter vorhersehen können, auf was es dem Auftraggeber bei den Angeboten ankommt. Nur so können die Bieter Zielstellung und Wünsche des Auftraggebers bei der Angebotserstellung berücksichtigen. Für den Auftraggeber hat die Angabe der Zuschlagskriterien den Vorteil, dass er auf seine konkreten Bedürfnisse zugeschnittene Angebote erhält. Zugleich werden dadurch Manipulationen des Verfahrens ausgeschlossen und die Zuschlagsentscheidung wird transparent sowie nachprüfbar. Eine Festlegung der Zuschlagskriterien kann den Auftraggeber durch die damit eintretende Selbstbindung auch vor der Einflussnahme Dritter schützen (vgl. Gnittke/Hattig in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 9 VOL/A-EG, Rdnr. 13, m.w.N.). Dabei ist zudem zu beachten, dass es nicht immer ausreicht, lediglich die Hauptzuschlagskriterien und ihre Gewichtung bekannt zu geben. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe von Unterkriterien und deren Gewichtung besteht jedenfalls auch dann, wenn sich für die Bieter die Kenntnis davon auf den Inhalt ihrer Angebote auswirken kann (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.01.2008 - Verg 15/07).
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass die von der Antragsgegnerin durchgeführte Wertung gemäߧ 18 VOL/A nicht willkürfrei durchgeführt worden ist. Sie geht davon aus, dass sie bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Wertung den Zuschlag hätte erhalten müssen, da sie auch unter Einbeziehung des Konzeptes das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Die Bewertung ihres Konzeptes mit insgesamt xxxxxx Punkten sei nicht nachvollziehbar. Selbst die Bewertungsmatrix und ihre Erläuterung durch die Antragsgegnerin ergebe nicht in nachvollziehbarer Art und Weise die angeblichen Punktzahlen. Die Antragsgegnerin vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Bewertung des Konzeptes der Antragstellerin mit xxxxxx Punkten vergaberechtskonform sei. Die xxxxxx Punkte in der Konzeptbewertung berechnen sich nach Darstellung der Antragsgegnerin mathematisch nach den Vorgaben in Ziffer 12.2 der Angebotsaufforderung.
Die Antragsgegnerin hatte ihre Zuschlagskriterien, die Unterkriterien und ihre Gewichtung, wie unter der lfd. Nr. 12 (S. 9 ff.) ihrer Aufforderung zur Angebotsabgabe festgelegt, bekannt gemacht. Danach wurden zwei Wertungskriterien (Kriteriengruppen) festgelegt, die jeweils zu 50% bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes berücksichtigt werden sollten. Festlegt wurden zum einen der Leistungspreis und zum anderen das Konzept für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes. Die Kriteriengruppe 2 - Bewertung des Konzeptes - sollte gemäß Nr. 12.2 der Aufforderung zur Angebotsabgabe anhand von 8 Unterkriterien bewertet werden, die jeweils mit 12,5% bei der Bewertung des Konzepts und 6,25% bei der Gesamtwertung Berücksichtigung finden sollten. Es handelt sich dabei um die Unterkriterien Effizienz des Personaleinsatzes, Ausfallsicherheit Personal, Ausfallsicherheit Sachmittel, Effizienz der Hygieneschutzmaßnahmen, Effizienz der Materialverwaltung, Effizienz der Medizinprodukteverwaltung, Effizienz des Melde- und Berichtswesens und psycho-soziale Betreuung der Mitarbeiter. Es wurde festgelegt, dass die Bewertung anhand des Schulnotensystems (sehr gut bis ungenügend) erfolgt, wobei für die Note sehr gut jeweils 5 Punkte und für die Note ungenügend 0 Punkte vergeben werden sollten.
Die Kriterien selbst wurden in der Aufforderung zur Angebotsabgabe jeweils kurz erläutert. Weitere Erläuterungen erfolgten aufgrund mehrerer Bieteranfragen. Der von der Antragsgegnerin mit der Durchführung des Verfahrens beauftragte Berater versandte insgesamt 9 Bieterinformationen. Unter anderem bat eine Bieterin um Erläuterung des Begriffs "mangelhaft" im Rahmen der Bewertung des Konzeptes für die Durchführung des Rettungsdienstes und des qualifizierten Krankentransportes (Frage 3). Mit der am 14.03.2011 versandten Bieterinformation Nr. 4 beantwortete die Antragsgegnerin die Frage wie folgt:
"Mindestvoraussetzung für die Erfüllung der ausgeschriebenen Leistungen ist die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Ein Konzept, welches daher erkennen lässt, dass es die im jeweiligen Bereich gesetzlichen Mindeststandards nicht einhält, entspricht daher nicht der geforderten Leistung. Insofern ist der Begriff "mangelhaft" bei der Konzeptbewertung unmissverständlich. Keinesfalls erhält ein Konzept in dem jeweiligen Wertungsbereich einen Punkt, wenn es die gesetzlichen Mindeststandards nicht einhält, sofern ein Konzept in diesem Punkt nur den absoluten Mindeststandard einhält, bekommt der Bieter für diesen Bereich einen Punkt.
Je besser die Ausführungen erkennen lassen, dass die Umsetzung der gesetzlichen Mindeststandards erfolgt oder je weiter ein Bieter hierüber hinausgeht oder innovative und taugliche Konzepte zur Leistungserbringung einreicht, desto mehr Punkte erhält der Bieter. Der Begriff "mangelhaft" in der Konzeptbewertung aus Ziff. 12.2 der Angebotsaufforderung wird daher in "gerade noch ausreichend" verändert."
Die Antragsgegnerin hat die Wertung der Bieterkonzepte ausweislich einer in der Vergabeakte (Ordner IV) als Anlage 11 enthaltenen Bewertungsmatrix zunächst in nicht zu beanstandender Weise ausschließlich auf der Grundlage der bekannt gemachten Wertungskriterien und Unterkriterien durchgeführt und die Bieterkonzepte für jedes Unterkriterium mit 0 bis 5 Punkten bewertet. Zur Erläuterung der Punktebewertung hat die Antragsgegnerin stichwortartig für jedes Konzept und für jedes Unterkriterium Angaben und/oder Feststellungen auf der Grundlage der in den Angeboten dargelegten Konzepte in der Bewertungsmatrix festgehalten. So findet sich etwa in der Angebotswertung Los 1 zum Unterkriterium "Effizienz des Personaleinsatzes" (Blatt xxxxxx der Vergabeakte) der Vermerk "Keine opt-out-Regelung" oder aber "opt-out-Regelung gewollt und angewendet". Ob diese Angaben und Feststellungen sich positiv auf das Bewertungsergebnis und damit punkteerhöhend oder nicht ausgewirkt haben, ist aus der Bewertungsmatrix allerdings nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens dargelegt, dass mit der opt-out-Regelung eine arbeitsvertragliche Regelung gemeint ist, die es ermöglicht, einen Rettungsdienstmitarbeiter kurzfristig bei Bedarf auch über die regelmäßig vereinbarte tägliche Arbeitszeit einzusetzen. Die Antragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass sie das Fehlen einer opt-out-Regelung positiv bewertet hat, weil zumindest langfristig nicht gesichert sei, dass die EU-Kommission derartige Regelungen weiterhin akzeptieren wird. Die übrigen Erläuterungen zur Punktevergabe beschränken sich auf stichwortartige Feststellungen aufgrund der Angaben der Bieter in ihren Konzepten. Es wird nicht ersichtlich, welche Faktoren punkteerhöhend oder punktevermindernd berücksichtigt wurden. Die Punktevergabe und damit die Bewertung der Bieterkonzepte ist daher allein anhand der Bewertungsmatrix auch aufgrund der Vergabeakte im Übrigen weder für die Vergabekammer noch für die Bieter nachvollziehbar. Eine derartig gestaltete Bewertungsmatrix genügt daher nicht den Anforderungen an eine transparente Dokumentation gemäß § 20 VOL/A.
Gemäß § 20 VOL/A ist das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden. Die Dokumentation der einzelnen Stufen des Vergabeverfahrens sowie der Maßnahmen und der Begründung der einzelnen Entscheidungen ist ein Ausfluss des in § 97 Abs. 1 GWB normierten sowie EU-rechtlich verankerten Transparenzgrundsatzes (vgl. Diehl in: Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 24 EG, Rdnr. 2, m.w.N.). Zwar betrifft § 20 VOL/A den Unterschwellenbereich und dient damit nicht der Umsetzung von EG-Richtlinienvorgaben. Dennoch kann Unionsrecht auch in diesem von den Vergaberichtlinien grundsätzlich nicht erfassten Bereich Wirkung entfalten. So hat die EU-Kommission für solche Aufträge in ihrer Mitteilung aus dem Jahre 2006 (EG-ABl. 2006, C 179, 2 (unter 1.1) festgehalten, dass u.a. auch der unionsrechtliche Transparenzgrundsatz gilt (vgl. Diehl, a.a.O., § 20 VOL/A, Rdnr. 2). Sinn dieser Bestimmung ist es, die Überprüfbarkeit der im Rahmen des Vergabeverfahrens getroffenen Feststellungen und Entscheidungen herbeizuführen (vgl. Franke/Grünhagen, VOB/A, § 30, Rdnr. 1, m.w.N.; Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Auflage, § 8, Rdnr. 33).
Der Anwendungsbereich des § 20 VOL/A erstreckt sich dabei ebenso wie der Anwendungsbereich des § 24 VOL/A-EG sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Im Gegensatz zu § 24 Abs. 2 VOL/A-EG, der einen Katalog über den Mindestgehalt der Dokumentation enthält, fehlen bei § 20 VOL/A entsprechende Anforderungen. Dennoch kann sich der öffentliche Auftraggeber an diesen Vorgaben orientieren (vgl. Zeise, VOL/A, 2. Auflage, § 20, Rdnr. 19). Insbesondere auf die Dokumentation der Angebotswertung und der Zuschlagsentscheidung als der Kernaufgabe des Auftraggebers im Vergabeverfahren muss die größte Sorgfalt verwandt werden. Es muss nachvollziehbar sein, warum gerade auf das betreffende Angebot der Zuschlag erteilt werden soll (vgl. Zeise, a.a.O., § 2, Rdnr. 25). Hierzu müssen die Tatsachen, Umstände und Überlegungen, welche die in Aussicht genommene Zuschlagsentscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden. Aus der Dokumentation sollen alle Erwägungen hervorgehen, die bei der Entscheidung über den Zuschlag eine Rolle gespielt haben (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2003, Az.: 46/03). Um den Anforderungen der Transparenz zu genügen, muss das Ergebnis sachlich nachvollziehbar sein. Dies gilt in besonderem Maße für die Wertung, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. VK Bund, Beschluss vom 06.04.2004 - VK2-148/03). Hier müssen nicht nur die Tatsachenumstände, sondern auch die Überlegungen, die die geplante Zuschlagsentscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden.
Der Wertungsvorgang ist dabei ausreichend dokumentiert, wenn er für nicht am Verfahren beteiligte, aber gleichwohl sachkundige Dritte nachvollziehbar ist (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 10.01.2008 - 1/SVK 051-08; Diehl, a.a.O., § 24 EG, Rdnr. 29, m.w.N.). Dabei muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei die Dokumentation aus mehreren Teilen bestehen kann (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.11.2008, Az.: 1 Verg 3/08). Dies galt bereits nach alter Rechtslage, wo der Wortlaut der Norm noch den Begriff des Vergabevermerks verwandte. Die Dokumentation muss gemäß § 20 VOL/A jedoch ausdrücklich laufend fortgeschrieben werden. Die einzelnen Entscheidungen und deren Gründe sind daher jeweils zeitnah zu dokumentieren (vgl. Diehl, a.a.O., § 24 EG, Rdnr. 43; BayObLG, Beschluss vom 01.10.2001, Az.: Verg 6/01 = VergabeR 2001, S. 63 ff., 69). Es ist nicht ausreichend, dass der Vermerk etwa erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar erst anlässlich einer (drohenden) rechtlichen Überprüfung angefertigt wird (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 20.03.2008, Az.: 1 Verg 6/07).
Eine den Anforderungen des § 20 VOL/A genügende Dokumentation muss dabei nicht ausschließlich in Textform verfasst sein. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber zur Dokumentation seiner Angebotswertung eine Bewertungsmatrix verwendet. Eine derartige Bewertungsmatrix ist gerade bei Angebotswertungen, die, wie im vorliegenden Fall, anhand von mehreren Unterkriterien erfolgen, durchaus sinnvoll und kann einen ausführlichen Wertungs- und Entscheidungsvermerk in der Vergabeakte ergänzen und präzisieren. Sie kann eine textliche Dokumentation jedoch nicht völlig ersetzen. Vielmehr muss in der Vergabeakte im Interesse einer ex-post-Transparenz wenigstens kurz erläutert werden, warum welcher Bieter für welches Kriterium welche Punkte erzielt hat, damit die Bewertung nicht nur rechnerisch, sondern auch inhaltlich nachvollziehbar ist (vgl. Diehl, a.a.O., § 24 EG, Rdnr. 30). Andernfalls kann die zugrunde liegende Wertung nicht nachvollzogen und damit die Rechtmäßigkeit dieses bedeutenden Verfahrensschrittes nicht überprüft werden. Dabei genügt grundsätzlich eine stichpunktartige Begründung. Hängt die Punktevergabe, wie im vorliegenden Fall, davon ab, ob und in welchem Maße ein Angebot den Anforderungen der Verdingungsunterlagen nach den jeweiligen Zuschlagskriterien und Unterkriterien entspricht, so ist aber eine aussagekräftige verbale Begründung zumindest hinsichtlich jener Punktevergaben erforderlich, hinsichtlich derer der Auftraggeber bei den Angeboten Unterschiede festgestellt und dies auch in der unterschiedlichen Punktezumessung zum Ausdruck gebracht hat (vgl. VK Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2008 - VK 35/08, zitiert nach VERIS). Andernfalls ist es den Bieterunternehmen und den Nachprüfungsinstanzen nicht möglich zu erkennen, aus welchen Gründen ein Angebot gut oder schlecht bzw. besser oder schlechter bewertet wurde.
Die Antragstellerin hat zudem nach Erhalt der Akteneinsicht mit Schriftsatz vom 15.06.2011 und in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen ausgeführt, warum sie nach ihrer Auffassung und nach einer eigenen Überprüfung insgesamt xxxxxx Punkte mehr für ihr Konzept hätte erhalten müssen. Akzeptiert hat sie die Punktebewertung der Antragsgegnerin lediglich im Hinblick auf das Unterkriterium "Ausfallsicherheit Personal" und das Unterkriterium "Effizienz Materialverwaltung", wo sie in der Bewertung der Antragsgegnerin xxxxxx und xxxxxx Punkte erzielt hat. Bei allen übrigen Unterkriterien misst sie sich selbst eine Bewertung von xxxxxx Punkten oder die Maximalbewertung von xxxxxx Punkten zu. Insbesondere wendet sie sich gegen die Bewertung des Unterkriteriums "Effizienz der Medizinprodukteverwaltung", wo sie ausweislich der in der Vergabeakte (Ordner IV, Anlage 11, Bl. xxxxxx) lediglich xxxxxx Punkte erhalten hat. Zur Begründung ist in der Bewertungsmatrix vermerkt: "Keine Angaben". Ausweislich des vorliegenden Originalangebotes der Antragstellerin vom 27.05.2011 enthält das von der Antragstellerin vorgelegte Konzept einen eigenen Gliederungspunkt zum Unterkriterium "Effizienz der Medizinprodukteverwaltung". Die Antragstellerin hat jedoch darauf hingewiesen, dass sie zu diesem Punkt auf S. 15 ihres Konzepts unter dem Gliederungspunkt "Effizienz der Materialverwaltung" Ausführungen gemacht habe. Dort werden die Medizinprodukte wie folgt erwähnt:
"Oben genannte Kontrolltabellen werden in einem Wochenprotokoll zusammengefasst, das an einem festen Wochentag in die Rettungswagen gelegt wird, und das nachfolgend vom Rettungswachenleiter kontrolliert und abgezeichnet wird. Hinzu kommt eine externe Überwachung vonmedizintechnischen Ausrüstungen wie Monitor, Defibrilator etc., um den Anforderungen an das Medizinproduktegesetz und die entsprechende Betreiberverordnung voll umfänglich und nachweislich dokumentiert sicherzustellen. Diese Ausrüstungen werden von Spezialisten vom Hersteller inspiziert, um korrekte Wartung und Pflege zu garantieren. ... Die Einkaufsabteilung bewertet, kontrolliert und neuverhandelt laufend sämtliche Zuliefererverträge um stets zu gewährleisten, dass wir die besten Produkte zu den besten Preisen erhalten."
Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin zum Unterkriterium "Effizienz der Medizinprodukteverwaltung" überhaupt keine Angaben gemacht habe, ist daher unzutreffend. Die Antragsgegnerin muss daher im Rahmen der von ihr neu durchzuführenden Bewertung ihr Ermessen ordnungsgemäß ausüben und die wenn auch knapp gehaltenen, aber vorhandenen Ausführungen der Antragstellerin zu diesem Punkt angemessen berücksichtigen. Aber auch hinsichtlich der übrigen Unterkriterien kann den stichwortartigen Begründungen in der Bewertungsmatrix nicht entnommen werden, ob die Punktezumessung für die Antragstellerin und die anderen Bieter zu Recht erfolgt ist bzw. ob sich die Antragsgegnerin bei der Punktevergabe im Rahmen des ihr vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten hat.
Zu Recht hat die Antragstellerin auch bemängelt, dass die Antragsgegnerin ausweislich der stichwortartigen Begründung in der Bewertungsmatrix zumindest hinsichtlich des Unterkriteriums "Psychosoziale Betreuung der Mitarbeiter" offenbar die bereits vorhandenen Strukturen der Bieter vor Ort berücksichtigt hat. Die Anforderungen an das Kriterium "Psychosoziale Betreuung der Mitarbeiter" hatte die Antragsgegnerin bei Aufforderung zur Angebotsabgabe (S. 13, Ordner I, Bl. xxxxxx der Vergabeakte) unter 2.08. wie folgt formuliert:
"Es soll dargelegt werden, welche psychosozialen Betreuungsmöglichkeiten für Mitarbeiter vorgesehen werden und unter welchen Umständen diese zum Einsatz kommen."
Die Antragstellerin hat für dieses Unterkriterium nur xxxxxx Punkte erhalten. In der stichwortartigen Begründung der Bewertungsmatrix heißt es dazu:
"Angeblich Richtlinien zur psychischen und sozialen Betreuung, wohl Debriefing- und Kollegen-Gespräche vorgesehen; keine Angaben zu realen Strukturen oder aufzubauenden Strukturen vor Ort; ..."
Die Antragsgegnerin muss zumindest sicherstellen, dass bereits vorhandene Strukturen von Bietern, die bereits auf dem Gebiet der Stadt xxxxxx tätig sind, nicht besser bewertet werden als aussagekräftige fundierte Erklärungen von Bietern, die sich erstmalig um einen Auftrag in der Stadt xxxxxx bewerben und in ihrem Konzept darstellen, wie und in welcher Qualität sie die Anforderungen an Personal und Logistik im Falle eines Zuschlags gewähren werden. Es kann im Rahmen der Eignungsprüfung nicht verlangt werden, dass ein Bieter bereits zum Zeitpunkt der Abgabe eines Angebotes über das für die Auftragsausführung konkret nötige Personal und die Ausrüstung verfügt. Entscheidend ist vielmehr, dass der Bieter angemessen und nachvollziehbar darlegt, dass er sich für den Fall der Beauftragung die nötigen Mittel verschaffen wird (vgl. OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.05.2007 - 1 Verg 2/07; VK Sachsen, Beschluss vom 25.08.2010 - 1/SVK/023/10, zitiert nach VERIS).
Durch die unzureichende Dokumentation einer nachzuvollziehenden Begründung der Punktevergabe ist die Antragstellerin im Sinne von§§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt. In Ermangelung einer aussagefähigen Dokumentation der Bewertung ist nicht auszuschließen, dass das Konzept der Antragstellerin zu einzelnen Unterkriterien zu niedrig und die Konzepte anderer Bieter in einzelnen Kriterien auch gegenüber dem Konzept der Antragstellerin möglicherweise zu hoch bewertet wurden. In diesem Fall könnte die Bewertung der Angebotskonzepte daher auch rangverändernde Wirkung entfalten, zumal die Antragstellerin zum verfahrensgegenständlichen Los 1 das preislich niedrigste Angebot abgegeben und dementsprechend für dieses mit einer Gewichtung von 50 v. H. zu berücksichtigende Zuschlagskriterium die maximale Punktzahl erhalten hat.
Die Antragsgegnerin ist daher gehalten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Bieterkonzepte zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren. Dabei ist insbesondere zu begründen, welche Angaben und Feststellungen auf der Grundlage der Bieterkonzepte sich für die einzelnen Unterkriterien punkteerhöhend und punktevermindernd ausgewirkt haben.
b)
Die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens auf Seiten der Antragsgegnerin durch die Rechtsanwälte xxxxxx und xxxxxx, xxxxxx, verstößt nicht gegen das Verbot der Mitwirkung als voreingenommen geltender Personen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Herr xxxxxx früher für den xxxxxx Kreisverband xxxxxx und für den Landesverband xxxxxx des xxxxxx hauptamtlich tätig war und Herr xxxxxx auch noch aktuell ehrenamtlich in leitender Position beim xxxxxx Kreisverband xxxxxx tätig ist. Beide Rechtsanwälte sind darüber hinaus auch unstreitig sowohl als Berater als auch als Referenten bundesweit für unterschiedliche Landes- und Kreisverbände des xxxxxx tätig geworden. Gemäß § 16 Abs. 1 VgV dürfen u.a. als Beauftragter oder Mitarbeiter eines Beauftragten eines Auftraggebers bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren für einen Auftraggeber als voreingenommen geltende natürliche Personen nicht mitwirken, soweit sie in diesem Verfahren einen Bieter oder Bewerber beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzlicher Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten. Diese Regelung ist eine Konkretisierung des mit dem vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebot in engem Zusammenhang stehenden Neutralitätsgebots. Der das gesamte Vergaberecht bestimmende Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert es sicherzustellen, dass für den Auftraggeber nur Personen tätig werden, deren Interessen weder mit denen eines Bieters noch mit den Interessen eines Beauftragten des Bieters verknüpft sind. Als voreingenommen in diesem Sinne gelten der Bieter und der Bewerber, die ihn in diesem Verfahren vertretenden oder beratenden Personen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VgV) sowie deren nähere Verwandte (§ 16 Abs. 2 VgV). Bei diesen Personen wird unwiderleglich vermutet, dass sie voreingenommen sind. Sie können nicht "neutral" sein (vgl. Marx in: Müller-Wrede, VOL/A, 1. Auflage, § 16 VgV, Rdnr. 1 ff; Beurskens in: Hattig/Maibaum, Praxiskommentar Kartellvergaberecht, § 16 VgV, Rdnr. 3; Weyand, IBR-online-Kommentar, Vergaberecht 2010, Stand: 23.12.2010,§ 16 VgV, Nr. 2). Der Neutralitätsgrundsatz als Ausfluss des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 97 Abs. 2 GWB bindet die öffentliche Hand auch dann, wenn es um die Auftragsvergabe in privatrechtlichen Formen geht.
Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV umfasst Personen, die den Bieter selbständig beraten oder unterstützen (z.B. Beratungsunternehmen, Rechtsanwälte), nicht dagegen Personen, die als Bedienstete für den jeweiligen Auftraggeber tätig sind. § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV kann nur für solche Mitarbeiter des Auftraggebers gelten, die unabhängig von ihrer Einbindung in die Struktur des Auftraggebers beratend oder unterstützend für eine Bieter oder Bewerber tätig sind (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2009 - 13 Verg 7/08; Weyand, a.a.O., § 16 VgV, Nr. 2).
Die Vergabekammer teilt allerdings nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass das Tätigkeitsverbot sehr weit zu fassen ist und u.a. auch jegliche Ausschreibungsvorbereitung erfasst (so noch Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 04.11.2002 - 1 Verg 3/02; 1. VK Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2001 - 1VK 85/01). Auch führt nicht bereits der "Anschein" einer Doppelmandatschaft und damit eines Verstoßes gegen die Vergabebestimmungen zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbotes. Die Vergabekammer hatte in dieser Konsequenz bereits vor Inkrafttreten derVergabeverordnung für den Fall der Besorgnis einer Doppelmandatschaft von an Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Personen entschieden, dass sie im Gegensatz etwa zur Entscheidung des OLG Brandenburg (Beschluss vom 03.08.1999 - 6 Verg 1/99 = NVwZ 1999, S. 1242 ff. - Flughafen BBI) nicht die Auffassung teilt, dass eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes bereits vorliegt, wenn lediglich ein "böser Schein" der Parteilichkeit einer am Vergabeverfahren beteiligten natürlichen Person vorliegt. Vielmehr bedürfe es konkreter Umstände, die eine Parteilichkeit besorgen lassen (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 24.07.2000, Az.: 203-VgK-8/2000; Beschluss vom 27.09.2000, Az.: 203-VgK-10/2000). Auch der Verordnungsgeber hat bei der Regelung des Ausschlusses von als voreingenommen geltenden natürlichen Personen gemäß § 16 VgV nicht den "bösen Schein" für ausreichend erachtet, sondern er geht vom Erfordernis eines tatsächlichen Interessenkonflikts und einer konkreten Auswirkung der Tätigkeit der betroffenen Personen auf die Entscheidungen im Vergabeverfahren aus. Dabei ist der Ausschluss gemäß § 16 VgV an das tatsächliche Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2009, 13 Verg 7/08).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die juristische Begleitung des Vergabeverfahrens durch die auf Seiten der Antragsgegnerin tätig gewordenen Rechtsanwälte xxxxxx und xxxxxx vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Weder der Vortrag der Antragstellerin noch der Sachverhalt im Übrigen geben Hinweise auf eine gleichzeitige, ständige oder auch nur zeitnahe Tätigkeit für die Beigeladene zu 1, die xxxxxx, und damit auch keine Anhaltspunkte für die von der Antragstellerin geltend gemachte Doppelmandatschaft im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV.
Unstreitig ist, dass sowohl Herr xxxxxx als auch Herr xxxxxx in der Vergangenheit wie auch laufend bei unterschiedlichsten Landes- und Kreisverbänden des xxxxxx nicht nur rechtsberatend und als Referenten auf Fortbildungsveranstaltungen bis in die jüngste Zeit tätig gewesen sind, sondern sogar zwar nicht für die Beigeladene zu 1, aber für andere Verbände des xxxxxx hauptamtlich (Herr xxxxxx) und ehrenamtlich tätig waren bzw. immer noch sind (Herr xxxxxx für das xxxxxx). Herr xxxxxx selbst hat im anhängigen Nachprüfungsverfahren erklärt, dass er früher für den xxxxxx und den Landesverband xxxxxx hauptamtlich tätig gewesen sei. Er sei aber bereits vor vielen Jahren aus dem Dienst des xxxxx ausgeschieden. Nach den Eintragungen auf der Website der xxxxxx ist er seit 2008 nunmehr als Rechtsanwalt tätig. Herr xxxxxx hatte sich beim xxxxxx engagiert und ist aktuell Kreisvorsitzender des xxxxxx in xxxxxx.
Anhaltspunkte für eine hauptamtliche oder auch nur ehrenamtliche Tätigkeit von Herrn xxxxxxx und Herrn xxxxxxx für die Beigeladene zu 1, ihrem Dachverband, die xxxxxxx oder auch nur im niedersächsischen Landesverband des xxxxxx bietet der Sachverhalt dagegen nicht und sind auch von der Antragstellerin nicht vorgetragen worden.
Die Antragstellerin hat jedoch geltend gemacht, dass aufgrund der spezialisierten Beratungstätigkeit eine langjährige strategische Verbundenheit zwischen den Rechtsanwälten xxxxxx und xxxxxx mit dem xxxxxx an sich, aber gerade und auch mit dem xxxxxx in Niedersachsen bestehe. Insbesondere Herr xxxxxx sei strategischer Berater des xxxxxx, wie sich aus einer als Anlage von der Antragstellerin vorgelegten Präsentation bei der Dreikönigstagung xxxxxx Landesverband Niedersachsen vom 07.01.2010 ergebe. Die Antragstellerin hat diese Präsentation ihrem Schriftsatz vom 22.06.2011 als Anlage 15 beigefügt. Diese Power-Point-Präsentation für den Vortrag von Herrn xxxxxx vom 07.01.2010 ist überschrieben "Ausschreibungen im Rettungsdienst, Strategien des xxxxxx" Sie beinhaltet die Unterpunkte "Aktuelle rechtliche Entwicklung, Handlungsspielräume", "Umgang mit Bestandsverträgen", "Politische Gefechtslage" und "Gestaltung von Ausschreibungen". Sie setzt sich insbesondere mit den vergaberechtlichen Grundlagen auseinander, die bei der Vergabe von Aufträgen auf dem Gebiet des Rettungsdienstes zu beachten sind. Sie erläutert die unterschiedlichen Vergütungsmodelle (Submissions- und Konzessionsmodell) und ihre Auswirkungen auf die Frage der Anwendbarkeit des Vergaberechts. Dabei setzt sich die Präsentation mit der Rechtsprechung des BGH und des EuGH auseinander. Unterschiedliche politische Ansätze werden ebenso erörtert wie rechtliche Anforderungen an Vergabeunterlagen. Ferner werden Ansatzpunkte der gerichtlichen Kontrolle erläutert. Außerdem hat die Antragstellerin das Seminarprogramm der xxxxxx für das Frühjahr 2011 vorgelegt. Dort wird auf ein Vertiefungsseminar zur Arbeitszeit- und Tarifgestaltung im Rettungsdienst am 19.05.2011 in xxxxxx hingewiesen, wo als Referent ebenfalls Herr xxxxxx aufgetreten ist. Auch beim Seminar des xxxxxx vom 16.02. bis 17.02.2011, Thema "Fit für den Wettbewerb", haben Herr xxxxxx und Herr xxxxxxx als Referenten mitgewirkt. Eine von der Antragstellerin im Antragsschriftsatz als Anlage 14 beigefügte Informationsdrucksache der xxxxxx (Nr. xxxxxx) vom 02.09.2008 zur Vergabe von Rettungsdienstleistungen nimmt auf S. 8 ff. Bezug auf Rechtsgutachten, die das xxxxxx und die xxxxxx eingeholt haben und die laut Informationsdrucksache bei der Entscheidungsfindung der xxxxxx berücksichtigt wurden. Dort heißt es:
"Das xxxxxx stützt seine Auffassung auf ein aktuelles Gutachten vom 09.07.2008 der Kanzlei xxxxxx, Herrn RA xxxxxx."
Das Gutachten von Herrn xxxxxx wird auf S. 10 und 11 zusammenfassend dargestellt und erläutert. Die Antragstellerin hat ferner vorgetragen, dass die xxxxxx durch ihre Rechtsanwälte xxxxxx und xxxxxx aktuell den xxxxxx Kreisverband xxxxxx vertritt. Ferner lasse das xxxxxx ausweislich einer Pressemitteilung vom 25.05.2011 zurzeit interne Kontrollsysteme durch die xxxxxx überprüfen.
Die Berater der Antragsgegnerin haben die von der Antragstellerin genannten Beratungen und Tätigkeiten für Einrichtungen des xxxxxx nicht in Abrede gestellt. Herr xxxxxx hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er sich u.a. auf den Bereich Health Care und Vergaberecht spezialisiert hat und als Rechtsanwalt auf Anfrage von Rettungsdienstorganisationen - nicht nur - aber gerade auch für das xxxxxx häufig beratend tätig war und rechtliche Vorträge auf Seminaren etc. hält. In Abrede gestellt hat er lediglich, dass er als Verfasser an einem im Auftrag des xxxxxx Landesverbands xxxxxx erstellten Leitfadens für Ausschreibungen auf dem Gebiet des Rettungsdienstes mitgewirkt hat. Dieser Leitfaden (Stand: 22.09.2010), den die Antragstellerin als Anlage 9 ihrem Antragsschriftsatz beigefügt hat, trägt die Überschrift "Aspekte einer "Musterausschreibung" rettungsdienstlicher Leistungen zugunsten eines qualitativ hochwertigen Rettungsdienstes" und weist als Verfasser u.a. Herrn xxxxxx und Herrn xxxxxx aus. Dieser Leitfaden enthält unter Nr. 1 ("Über dieses Dokument") auf S. 3 folgende Einleitung:
"Mit diesem Entwurf wird ein Projekt dokumentiert, in dem es darum ging, durch Diskussion zwischen rettungsdienstlichen, juristischen und betriebswirtschaftlich-strategischen Experten Aspekte einer "Muster"-Ausschreibung zu identifizieren und zu skizzieren. Dieses Dokument ist wegen seines Umfangs und seiner Komplexität nicht für eine erste, grundlegende Sensibilisierung von Leistungserbringern oder Aufgabenträger geeignet. Vielmehr ist es sowohl als methodische Grundlage einer vertieften Diskussion zwischen Leistungserbringern und Aufgabenträgern über Verfahren und mögliche Inhalte einer rettungsdienstlichen Ausschreibung wie auch als Grundlage für die konkrete Vorbereitung von Leistungserbringern auf rettungsdienstliche Ausschreibungen gedacht. Da jedes rettungsdienstliche Vergabeverfahren an die Spezifika der notwendigen bzw. gewählten formalen Verfahrensgestaltung, des jeweils geltenden Landesrettungsdienstrechtes und der Spezifika des jeweiligen Rettungsdienstbereiches angepasst werden muss, kann dieses Dokument nicht den Anspruch erheben, eine fertige Musterausschreibung für alle Fälle abzubilden. Stattdessen soll im Folgenden lediglich skizziert werden, welche Aspekte in welchem Verfahrensdokument vorkommen sollten und wie sie ansatzweise beschrieben werden könnten."
In der Folge werden auf insgesamt 55 Seiten die rechtlichen Anforderungen an Ausschreibungen von Rettungsdienstleistungen auf der Grundlage des GWB, der VgV und der VOL/A erläutert.
Herr xxxxxx und Herr xxxxxx haben in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass sie als Verfasser an der Erstellung des Leitfadens mitgewirkt haben. Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 05.07.2011 erklärt, dass dieser vielmehr vom xxxxxx Landesverband xxxxxx unter Verwendung von Unterlagen und Vorträgen von Herrn xxxxxx und Herrn xxxxxx erstellt worden ist. Es ist vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, ob Herr xxxxxx und Herr xxxxxx, wie aus dem Deckblatt ersichtlich und von ihnen in Abrede gestellt, als Verfasser an der Erstellung des Leitfadens im Auftrag des xxxxxx Landesverbandes xxxxxx mitgewirkt haben. Entscheidend ist, dass sich weder aus der von der Antragstellerin vorgetragenen und von den Rechtsanwälten xxxxxx und xxxxxx eingeräumten Beratungs- und Vortragstätigkeiten noch aus dem für den xxxxxx-Landesverband xxxxxx erstellten Leitfaden eine beratende oder sonst unterstützende Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 im vorliegenden Verfahren, die xxxxxx, im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV ableiten lassen. Denn bei der Beigeladenen zu 1 handelt es sich um eine rechtlich selbständige juristische Person in der Rechtsform einer GmbH. Sämtliche von der Antragstellerin vorgetragenen und von den Beratern der Antragsgegnerin auch eingeräumten beratenden Tätigkeiten und Vortragstätigkeiten erfolgten aber auch ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten Dokumente ausdrücklich im Rahmen von Veranstaltungen und im Auftrage von anderen Einrichtungen, Landes- und Kreisverbänden des xxxxxx. Anhaltspunkte für eine Beratungs- und Vortragstätigkeit für die Beigeladene zu 1, geschweige denn für eine aktuelle Beratungs- und Vortragstätigkeit, sind von der Antragstellerin nicht vorgetragen worden und auch im Übrigen aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich.
Ein vergaberechtswidriges Doppelmandat liegt schon nach dem Wortlaut des § 16 VgV unproblematisch immer dann vor, wenn Personen in ein und demselben Vergabeverfahren sowohl auf Seiten des Auftraggebers wie auch auf Seiten eines in diesem Vergabeverfahren beteiligten Bieters tätig werden (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 14.04.2008 - 1/SVK/013-08; VK Lüneburg, Beschluss vom 06.09.2004 - 203-VgK-39/2004, zitiert nach VERIS). Für eine Beteiligung von Rechtsanwälten am Vergabeverfahren wird zum Teil vertreten, dass ein Verstoß gegen § 16 VgV nicht vorliegt, wenn die Vergabestelle im Vergabeverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, der für einen Bieter in anderen Verfahren Mandate wahrgenommen hat, sofern die Wahrnehmung dieser Mandate ohne Einfluss auf die Mitwirkung auf Seiten des/eines Auftraggebers in einem anderen Verfahren ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.03.2000 - 2 Verg 2/99 = NZBau 2000, S. 301 ff., 304). Gleiches soll dann gelten, wenn zwar bei der Vorbereitung der Auswahlentscheidung auf Seiten des Auftraggebers ein Rechtsanwalt mitgewirkt hat, das vorherige Mandat des Anwalts für einen Bieter aber zeitlich (deutlich) vor dem Beginn des Vergabeverfahrens abgeschlossen worden ist (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 23.07.2002 - WVerg 0007/02; Ganske in: Reidt, Stickler, Glahs, Vergaberecht, 3. Auflage, § 16 VgV, Rdnr. 11). Demgegenüber geht die Rechtsprechung des OLG Celle von einem weiter gefassten Anwendungsbereich aus (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2009 - 13 Verg 7/08 = NZBau 2009, S. 394 ff., 396). Danach ist § 16 VgV auch dann anwendbar, wenn keine Beratungstätigkeit im konkreten Vergabeverfahren in Rede steht. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Beratung nicht unbedingt in sachlichem Zusammenhang mit dem konkreten Vergabeverfahren stehen muss. Erforderlich sei nur, dass sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren erfolge. Ein anderes Verständnis würde nach dieser Rechtsauffassung zu nicht interessengerechten Ergebnissen führen, weil beispielsweise bei der Bewerbung einer GmbH mit zwei allein vertretungsberechtigten Geschäftsführern, von denen einer zugleich Organmitglied des Auftraggebers ist, dieser Geschäftsführer bei der Vergabeentscheidung des Auftraggebers mitwirken dürfte, sofern er nur die GmbH im Vergabeverfahren nicht vertritt.
Vorliegend wären die Berater der Antragsgegnerin allerdings auch unter Zugrundelegung dieses erweiterten Anwendungsbereiches des§ 16 VgV nicht als voreingenommen im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV einzustufen, weil sie weder aktuell noch in der Vergangenheit ein Mandat für die Beigeladene zu 1, die xxxxxx, wahrgenommen haben und daher im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 VgV weder beraten noch sonst unterstützt haben. Es fehlt an einer Beratung oder Unterstützung des konkreten Bieters im vorliegenden Vergabeverfahren. Die Beratungs- und Vortragstätigkeiten für andere Verbände und Einrichtungen des xxxxxx vermögen eine Doppelmandatschaft im Sinne des § 16 VgV nicht zu begründen.
c) Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet, soweit die Antragstellerin die Auffassung vertritt, dass die Beigeladene zu 1 nicht die erforderliche Eignung für die ausgeschriebenen Leistungen besitzt, weil diese aufgrund ihres eigenen Gesellschaftsvertrages gehindert sei, außerhalb ihres Einsatzgebietes in der xxxxxx tätig zu werden. Die Antragsgegnerin hat sich jedoch im Rahmen des ihr durch § 16 Abs. 5 VOL/A eingeräumten Ermessens gehalten, als sie die Beigeladene zu 1 für geeignet bewertet hat. Gemäߧ 16 Abs. 5 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur die Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Eignung besitzen. Dabei dürfen die Auftraggeber gemäß § 6 Abs. 3 VOL/A von den Unternehmen zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nur Unterlagen und Angaben fordern, die durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt sind. Grundsätzlich sind Eigenerklärungen zu verlangen. Die Forderung von anderen Nachweisen als Eigenerklärungen haben die Auftraggeber in der Dokumentation zu begründen. Die mit dem Angebot oder dem Teilnahmeantrag vorzulegenden Unterlagen, die die Auftraggeber für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers oder Bieters verlangen, müssen gemäß § 12 Abs. 2 VOL/A bereits aus der Bekanntmachung ersichtlich sein. Der öffentliche Auftraggeber muss daher nach Abschluss der formalen Wertung der Angebote gemäß § 16 Abs. 5 VOL/A in einer zweiten Wertungsstufe überprüfen, ob die Bieter die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Eignung besitzen. Eine Eignungsprüfung erfolgt in zwei Schritten: Erstens ist zu prüfen, ob die Eignung in der vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Form nachgewiesen wurde und zweitens, ob in materieller Hinsicht die Eignungsanforderungen des Auftraggebers erfüllt werden (vgl. Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 16, Rdnr. 169, 172).
Die im Rahmen der zweiten Wertungsstufe stattfindende Prüfung der Eignung der Bieter dient dazu, diejenigen Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Leistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizierten Bieter auszuscheiden (vgl. Frister in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Auflage, § 16 VOB/A, Rdnr. 61, m.w.N.). Dabei ist eine unternehmensbezogene Untersuchung durchzuführen, durch die prognostiziert werden soll, ob das Unternehmen zur Ausführung des Auftrags in der Lage sein wird (vgl. Rusam in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 11. Auflage, A § 25, Rdnr. 22a). Somit sind also bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten die erforderlich Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Diese Regelung deckt sich grundsätzlich mit der entsprechenden Regelung in § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe (vgl. BayObLG, Beschluss vom 03.07.2002, Az.: Verg 13/02). Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist davon auszugehen, dass diese Begriffe den Auftraggebern einen Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Vergabekammer kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten sind (vgl. Weyand, Vergaberecht, § 97, Rdnr. 396, m.w.N.; OLG München, Beschluss vom 21.04.2006, Az.: Verg 8/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2005, Az.: VII-Verg 55/05). Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums ist regelmäßig (nur) anzunehmen, wenn
- das vorgegebene Vergabeverfahren nicht eingehalten wird,
- nicht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalts ausgegangen wird,
- sachwidrige Erwägungen einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird
(vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2004, Az.: 13 Verg 3/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.2002 - Verg 37/02). Während es sich etwa bei den Ausschlussgründen des § 16 Abs. 3 VOL/A noch um relativ schnell feststellbare, eher objektiv einzustufende Merkmale von Bietern und Angeboten handelt, stellt die Überprüfung der Eignungskriterien - Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit - gemäß § 16 Abs. 5 VOL/A i.V.m. § 6 Abs. 3 VOL/A deutlich höhere Anforderungen an die Prüfung. Letztlich bewegt sich der Prüfungsrahmen dabei auf einem gerade auch an der Überzeugung der Vergabestelle orientierten Maßstab (vgl. Noch in: Müller-Wrede, VOL/A, 1. Auflage, § 25, Rdnr. 52).
Die Antragsgegnerin hat ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevermerks vom 29.04.2011 (lfd. Nr. 4.2.1, Bl. xxxxxx der Vergabeakte) die Eignung der Beigeladenen zu 1 auf der Grundlage der geforderten Eignungsnachweise geprüft und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte dokumentiert. Dabei ist die Antragsgegnerin insbesondere auch zunächst bestehenden Zweifeln an der Eignung nachgegangen, die von der Beigeladenen zu 1 im Vergabeverfahren ausgeräumt werden konnten. Die Antragsgegnerin hatte festgestellt, dass die Beigeladene zu 1 zwar wie gefordert, eine Versicherungsbestätigung über xxxxxx EUR für Personen- und Sachschäden beigefügt hat. Diese war jedoch wie folgt eingeschränkt:
"Gedeckt wird die gesetzlich und soweit ausdrücklich vereinbart vertraglich übernommene Haftpflicht für die aus der Satzung des xxxxxx hervorgehenden Aktivität mit Ausnahme der Haftpflicht aus dem Betrieb von Einrichtungen unter ärztlicher Leitung (insbesondere Krankenhäuser, Sanatorien). Diese müssen separat spezifiziert werden."
Aus einem handschriftlichen Vermerk auf S. 11 des Vergabevermerks geht hervor, dass die Satzung des xxxxxx zwar den Rettungsdienst beinhaltet. Jedoch wird der Tätigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1 durch § 3 ihres Gesellschaftsvertrages beschränkt. Dort heißt es:
"Gegenstand des Unternehmens ist insbesondere die Durchführung von Krankentransporten und sonstigen gewerblichen Transport- und Dienstleistungen. Das Einsatzgebiet bezieht sich auf die Städte und Gemeinden in der xxxxxx."
Auf diesen Umstand hatte die Beigeladene zu 1 die Antragsgegnerin allerdings schon mit ihrem Angebot vom 07.04.2011 selbst hingewiesen. Dort hatte die Beigeladene zu 1 unter 1 Allgemeines, 1.1 Ergänzende Hinweise folgende Erklärung abgegeben:
"Im Falle der Auftragsvergabe an xxxxxx, werden wir dem erweiterten Aufgabenspektrum Rechnung tragen und unsere Firmenbezeichnung in xxxxxx ändern. Einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung finden sie auf der folgenden Seite."
In der beigefügten Beschlussvorlage für die Gesellschafterversammlung Hilfsdienste, die einen entsprechenden Zustimmungsvermerk vom 04.04.2011 mit Unterschrift und Stempel enthält, wird auf die Notwendigkeit der Ergänzung der Firmenbezeichnung in § 1 des Gesellschaftsvertrages und die Erweiterung des Gegenstandes des Unternehmens in § 3 des Gesellschaftsvertrages hingewiesen. Der Vorschlag für die Neufassung des § Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages, dem die Gesellschafterversammlung zugestimmt hat, lautet wie folgt:
"Gegenstand des Unternehmens sind insbesondere die Durchführung von Rettungsdienst nach dem NRettDG, Krankenbeförderung und sonstige gewerbliche Transport- und Dienstleistungen. Das Einsatzgebiet bezieht sich auf Stadt und Landkreis xxxxxx und die xxxxxx."
Da nach der mit dem Angebot der vorgelegten Versicherungsbestätigung jedoch die Ausübung von Rettungsdienstleistungen vom Versicherungszweck nicht gedeckt war, wies die Antragsgegnerin die Beigeladene zu 1 mit Schreiben vom 15.04.2011 (Bl. xxxxxx der Vergabeakte) auf die damit verbundene Unvollständigkeit der Eignungsnachweise hin und forderte die Beigeladene zu 1 auf, den unvollständigen Nachweis zu ergänzen und eine Bestätigung der Versicherung vorzulegen, in der diese bestätigt, dass im Falle der Zuschlagserteilung auch die mit der Beauftragung verbundenen Leistungen von der Versicherung mit umfasst sind. Als Frist für die Nachreichung des Nachweises setzte die Antragsgegnerin Dienstag, den 19.04.2011, 17.00 Uhr, fest. Mit Telefax vom 18.04.2011, eingegangen bei der Antragsgegnerin am gleichen Tage, übersandte die Beigeladene zu 1 der Antragsgegnerin den entsprechend überarbeiteten Versicherungsnachweis ihrer Haftpflichtversicherung (Bl. xxxxxx der Vergabeakte, Anlage 6, Ordner 4).
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin den fehlenden bzw. unvollständigen Eignungsnachweis nachgefordert hat. Gemäß § 16 Abs. 2 VOL/A können Erklärungen und Nachweise, die auf Anforderung der Auftraggeber bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegt wurden, bis zum Ablauf einer zu bestimmenden Nachfrist nachgefordert werden. Die Vorschrift räumt dem öffentlichen Auftraggeber dementsprechend ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung ein, ob er eine Erklärung oder einen Nachweis nachfordert oder nicht. Die Antragsgegnerin hat im Vergabevermerk unter 4.2.1 (Bl. xxxxxx) dokumentiert, dass sie dieses Ermessen ausgeübt hat, und erläutert, warum sie sich für die Nachforderung entschieden hat. Sie hat darauf hingewiesen, dass sie grundsätzlich von der Eignung des Bieters überzeugt ist und dem Bieter die Chance geben wollte, den formalen Fehler durch Nachforderung innerhalb einer kurzen Frist zu heilen. Dazu habe sie sich auch aus Gründen der Gleichbehandlung entschieden, da sie auch bei den anderen Bietern Eignungsnachweise nachfordert. Im Übrigen sei die Beibringung des Nachweises in kurzer Zeit möglich und mit einer Verzögerung der Vergabe nicht zu rechnen. Der fehlende Nachweis sei fristgerecht nachgereicht worden. Alle übrigen Eignungsnachweise seien ebenfalls ordnungsgemäß und formal korrekt erbracht worden. An der materiellen Eignung der Beigeladenen zu 1 beständen nach den vorgelegten Unterlagen keine Zweifel.
Die in der Vergabeakte dokumentierte Eignungsprüfung und Entscheidungen genügt den Anforderungen der §§ 16 Abs. 5, 20 VOL/A. Die Antragsgegnerin hat sich im Rahmen des ihr vergaberechtlich eingeräumten Ermessens gehalten, als sie die Eignung der Beigeladenen zu 1 positiv bewertete. Die Möglichkeit der Nachforderung von fehlenden Unterlagen innerhalb einer vom Auftraggeber bestimmten Nachfrist gemäß § 16 Abs. 2 VOL/A ist zumindest auch analog auf Eignungsnachweise oder -erklärungen anwendbar (vgl. Dittmann, a.a.O., § 16 VOL/A, Rdnr. 43, 44, 207, m.w.N.). Angesichts des bereits dem Angebot der Beigeladenen zu 1 beigefügten Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 04.04.2011 zur Erweiterung des Unternehmensgegenstandes auf die Durchführung von Rettungsdiensten nach dem NRettDG und die Erweiterung des Einsatzgebietes auf Stadt und Landkreis xxxxxx hatte die Antragsgegnerin auch keinen Anlass für die Besorgnis, dass die Beigeladene zu 1 im Zuschlagsfall aufgrund interner, gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen nicht die erforderliche Eignung besitzt.
Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Aufgrund der unter II.2. a) festgestellten Tatsache, dass die Antragsgegnerin durch die mangelnde Dokumentation der Konzeptbewertung an sich und insbesondere der festgestellten Fehler bei der Bewertung der Unterkriterien "Effizienz der Medizinprodukteverwaltung" und "Psychosoziale Betreuung der Mitarbeiter" gegen das Transparenzgebot gemäß § 97 Abs. 1 GWB und ihre Dokumentationspflichten aus § 20 VOL/A verstoßen hat, war die Antragsgegnerin zu verpflichten, erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Konzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren und dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt für das verfahrensgegenständliche Los 1 für eine Vertragslaufzeit von 6 Jahren xxxxxx EUR brutto. Dieser Betrag entspricht dem von der Antragsgegnerin geprüften und dokumentierten Angebotspreis der Antragstellerin und damit ihrem Interesse am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der z. Zt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR (§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Aufteilung der Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene zu 1, die in der mündlichen Verhandlung eigene Anträge gestellt hat, überwiegend unterlegen sind. Da der Nachprüfungsantrag aber nicht vollständig erfolgreich war - insbesondere nicht hinsichtlich des geforderten Ausschlusses der Beigeladenen zu 1 und des Ausschluss der Berater der Auftraggeberin gemäß § 16 VgV - ist es angemessen, der Antragstellerin 1/3 der Kosten aufzuerlegen.
Die Beigeladene zu 2 hat in diesem Verfahren keine eigenen Anträge gestellt. Sie ist daher an der Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 nicht zu beteiligen.
Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung des auf sie entfallenden Kostenanteils gemäß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu je 1/3 zu erstatten. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren überwiegend unterlegen sind, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu je 1/3 zu tragen.
Kosten der Beigeladenen zu 1
Die Kosten der Beigeladenen zu 1 nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Dies sieht die Vergabekammer als gegeben an. Die Beigeladene zu 1 hat das Nachprüfungsverfahren aktiv durch Aufklärung gefördert. Die Beigeladene hat darüber hinaus eigene Anträge gestellt, sowie anwaltlich schriftsätzlich vorgetragen.
In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG war auf Antrag der Beigeladenen zu 1 auszusprechen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren erster Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist gleichwohl wegen der erheblichen Komplexität des Vergaberechts(Hardraht in Willenbruch/Wieddekind, 14. Los § 128 GWB Rz. 74), des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung erforderlich.
Da die Beigeladene im Nachprüfungsverfahren auf Seiten der Antragsgegnerin überwiegend unterlegen ist, ist ihr Erstattungsanspruch gegen die Antragstellerin auf 1/3 zu begrenzen.
Kosten der Antragsgegnerin
Die Erstattungspflicht bezüglich der Kosten der Antragsgegnerin, die dieser zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Antragsgegnerin im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte die Antragsgegnerin für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war und dessen Kosten im Vergabeverfahren deshalb nach § 128 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG bzw. § 120 GWB i.V.m. § 78 Satz 1 GWB zu erstatten sind, kann aber nicht allgemein, sondern nur an Hand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011 - 13 Verg 17/10, zitiert nach ibr-online; Beschluss vom 04.05.2011 -13 Verg 1/11). Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Grundsätzlich trifft es auch immer noch zu, dass die Nachprüfungsverfahren unter einem enormen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen und das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus dem nationalen Recht und dem Europarecht darstellt, welche nicht immer im Gleichklang stehen. Auf der anderen Seite wird die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vertretung des Auftraggebers vor der Vergabekammer regelmäßig eher nicht notwendig sein, wenn sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber erschöpfen, ob die Vergabestelle das von ihr im Rahmen des streitbefangenen Vergabeverfahrens ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht zutreffend angewandt hat, d.h. im Wesentlichen die Bestimmungen der Verdingungsordnung eingehalten sind. Denn dann ist - zumindest bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen, der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22. Februar 2010 - WVerg 0001/10, zitiert nach [...], Tz 15 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 2010 - 15 Verg 4/10, zitiert nach [...], Tz 54; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 - Verg 6/08, zitiert nach [...], Tz 13).
Nach dieser Maßgabe war es für die Antragsgegnerin im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht allein Probleme des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltlichen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Gegenstand war vorliegend die Erste Ausschreibung von Rettungsdiensten in Niedersachsen. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens war insbesondere auch die Bewertung von Bieterkonzepten auf der Grundlage des NRettDG und die Anforderungen und Grenzen des § 16 VgV.
Da die Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren überwiegend unterlegen ist, ist ihr Erstattungsanspruch gegen die Antragstellerin auf 1/3 zu begrenzen.
Die Beigeladene zu 1 wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den auf sie entfallenden Betrag von xxxxxxEUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den auf sie entfallenden Betrag von xxxxxxEUR unter Angabe des Kassenzeichens
xxxxxx
auf folgendes Konto zu überweisen:
xxxxxx
IV. Rechtsbehelf
Gemäß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden. Diese ist beim Oberlandesgericht Celle, Schloßplatz 2, 29221 Celle, schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist gem. § 117 GWB binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen.
...
Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Schulte
Hintz