Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 16.06.2011, Az.: VgK-18/2011
Rechtfertigung der nachträglichen Aufhebung eines urprünglich nichtoffenen Vergabeverfahrens wegen nachträglicher Budgetkürzung; Möglichkeit eines Bieters zur Anrufung der Vergabekammer bei Aufhebung der Ausschreibung für einen öffentlichen Auftrag durch den öffentlichen Auftraggeber
Bibliographie
- Gericht
- VK Lüneburg
- Datum
- 16.06.2011
- Aktenzeichen
- VgK-18/2011
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 24094
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3 a Nr. 2 VOB/A
- § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A
- § 98 Nr. 1 GWB
- § 100 Abs. 1 GWB
- § 107 Abs. 2 GWB
Verfahrensgegenstand
Erneuerung der Bühnentechnik bei der Baumaßnahme xxxxxx, Sanierung und Modernisierung des xxxxxx
In dem Nachprüfungsverfahren
...
hat die Vergabekammer
durch
den Vorsitzenden MR Gause,
die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und
den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Abraham,
auf die mündliche Verhandlung vom 16.06.2011
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die mit Schreiben des Antragsgegners vom 24.02.2011 erklärte Aufhebung des nichtoffenen Vergabeverfahrens rechtswidrig war und die Rechte der Antragstellerin verletzt hat. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Aufhebung zurückzunehmen, erneut in das nichtoffene Verfahren einzutreten und die für geeignet bewerteten Bieter, die rechtzeitig ein wertungsfähiges Angebot abgegeben hatten - wie in den Vergabeunterlagen bereits vorbehalten - unter budgetgerechter Reduzierung des Leistungsverzeichnisses zur Abgabe eines Angebotes aufzufordern.
- 2.
Die Kosten des Verfahrens hat grundsätzlich der Antragsgegner zu tragen. Der Antragsgegner ist jedoch von der Entrichtung der Kosten befreit.
- 3.
Die Kosten werden auf xxxxxx EUR festgesetzt.
- 4.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für die Antragstellerin notwendig.
Begründung
I.
Mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2010 hatte der Antragsgegner die Erneuerung der Bühnentechnik im Rahmen der Baumaßnahme xxxxxx, Sanierung und Modernisierung xxxxxx, im nichtoffenen Verfahren ausgeschrieben. Eine Aufteilung in Lose erfolgte nicht. Nebenangebote wurden nicht zugelassen. Die Zahl der Wirtschaftsteilnehmer, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden sollten, wurde auf mindestens 5 und höchstens 10 festgelegt.
Hinsichtlich der Zuschlagskriterien wurde auf die Aufforderung zur Angebotsabgabe verwiesen.
Die Antragstellerin beantragte die Teilnahme am Verfahren, wurde als geeignet bewertet und vom Antragsgegner zur Abgabe eines Angebots aufgefordert.
In der Aufforderung zur Angebotsabgabe wurde der Preis als einziges Zuschlagskriterium festgelegt, wobei in Ziffer 3 der Ergänzung der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots festgelegt wurde, dass bei der Angebotswertung auch die in den Wartungsangeboten angegebenen Preise berücksichtigt werden sollen und wie dies geschehen soll.
Auf S. 16 der Leistungsbeschreibung findet sich folgender Hinweis der Auftraggeberin:
"Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel kann ggf. nur eine Teilleistung der Gesamtmaßnahme realisiert werden, so dass Massenminderungen in den einzelnen Positionen, Entfall einzelner Positionen oder Minderungen an der Gesamtleistung durch den Auftraggeber möglich sind."
Keiner der Bieter hat die Vergabeunterlagen gerügt.
Die Antragstellerin gab fristgerecht mit Schreiben vom 09.12.2010 ein Angebot ab. Die in der Vergabeakte dokumentierte rechnerische Prüfung der Angebotssummen vom 13.12.2010 ergab unter Zugrundelegung der Kosten für die reinen Bauleistungen, dass die Antragstellerin das zweitgünstigste Angebot abgegeben hatte. Der Antragsgegner hatte gleichzeitig auch Angebote für die Wartung abgefragt. Diesbezüglich hatte die Antragstellerin das preislich niedrigste Angebot abgegeben. Im Vermerk zur Angebotsprüfung vom 14.01.2011 stellte die mit der Angebotsprüfung vom Antragsgegner beauftragte xxxxxx Ingenieurgesellschaft xxxxxx unter der lfd. Nr. 6 diesbezüglich fest:
"Es wurde im Vorfeld vereinbart, die Angebote für die Wartung in die Bewertung einfließen zu lassen, da nur so eine nachhaltige Aussage zur Wirtschaftlichkeit der Angebote getroffen werden kann, wenn nicht nur die Investitionssumme, sondern auch die Folgekosten betrachtet werden. Die abgefragten Wartungsangebote wurden mit der vorgesehenen Laufzeit von mindestens 5 Jahren multipliziert ..."
Durch die entsprechende Addition der vorliegenden Angebotssummen änderte sich die Reihenfolge der Bieter, so dass insgesamt die Antragstellerin das preislich niedrigste Angebot abgegeben hatte.
In einem Vermerk vom 14.01.2011 wies die beauftragte Ingenieurgesellschaft darauf hin, dass auch ohne Wertung der Wartungsangebote die Angebote aller Bieter über dem vorgesehenen Budget liegen. Damit sei die Durchführung der Gesamtmaßnahme gefährdet, so dass ein schwerwiegender Grund für eine Aufhebung des Verfahrens vorliege. Das Ingenieurbüro sprach die Empfehlung aus, die Ausschreibung gemaß § 26 Abs. 1 lit. c VOB/A aus schwerwiegendem Grund aufzuheben.
Mit Schreiben vom 24.01.2011 teilte der Antragsgegner daraufhin den Bietern mit, dass das nichtoffene Verfahren gemaß §§ 26 bzw. 26a VOB/A a.F. (entsprechend §§ 17 bzw. 17a VOB/A n.F.) aufgehoben werde, weil schwerwiegende Gründe bestünden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Ausschreibung zu keinem wirtschaftlich vertretbaren Ergebnis geführt habe. Die realistisch veranschlagten Kosten für diese Leistungen lägen deutlich unter den abgegebenen Angeboten, so dass eine erhebliche Finanzierungslücke bestehe. Als weiteres Vorgehen sei beabsichtigt, ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung durchzuführen, bei dem auch die angeschriebenen Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.
Die Aufhebung des nichtoffenen Verfahrens wurde zunächst nicht gerügt und nicht angefochten. Mit Schreiben vom 25.01.2011 eröffnete der Antragsgegner wie angekündigt ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung nach § 3a Abs. 6 Nr. 1 VOB/A und lud die Antragstellerin hierzu ein. Der Inhalt des Beschaffungsvorgangs wurde für das Verhandlungsverfahren hinsichtlich einzelner Vordersätze reduziert, um insgesamt günstigere Angebote durch die Bieter zu erhalten.
Mit Schreiben vom 10.02.2011 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin zur Überarbeitung ihres Angebotes auf. Mit Schreiben vom 22.02.2011 unterbreitete die Antragstellerin ihr überarbeitetes Angebot. Mit Schreiben vom 22.03.2011 unterrichtete der Antragsgegner die Bieter darüber, dass er nunmehr auch das Verhandlungsverfahren aufhebe. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus:
"Aus formellen Gründen muss dieses Vergabeverfahren beendet werden. Eine weitere Firma, die nicht zum Bieterkreis aus dem aufgehobenen nichtoffenen Verfahren gehört, wurde an diesem Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung beteiligt. Die Vergabestelle war davon ausgegangen, dass diese Firma, die ihr Angebot im aufgehobenen nichtoffenen Verfahren verspätet abgegeben hatte, zum Bieterkreis gehört."
Mit Schreiben vom 25.03.2011 rügte die Antragstellerin die erneute Aufhebung. Sie wies darauf hin, dass die fehlerhafte Beteiligung des Bieters, der sich am aufgehobenen nichtoffenen Verfahren verspätet beteiligt hatte, korrigierbar sei. Nach zunächst erfolgloser Rüge stelle die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 08.04.2011 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Niedersachsen (dortiges Az.: VgK-13/2011), der sich gegen die Aufhebung des Verhandlungsverfahrens richtete. Nachdem der Antragsgegner ankündigte, dass er nunmehr das Verhandlungsverfahren unter Beteiligung des im seinerzeitigen nichtoffenen Verfahren auszuschließenden Bieters fortsetzen wolle, stellte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 21.04.2011 den Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, in dem Vergabeverfahren über die Erneuerung der Bühnentechnik bei der Baumaßnahme xxxxxx, Sanierung und Modernisierung xxxxxx, nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen und insbesondere nur Teilnehmer zu berücksichtigen, die in dem vorausgegangenen Verfahren nicht aus formellen Gründen ausgeschlossen werden mussten.
Auf einen verfahrensbegleitenden Hinweis der Vergabekammer vom 02.05.2011 half der Antragsgegner der Rüge der Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 03.05.2011 ab und erklärte, dass das Verhandlungsverfahren ausschließlich mit Bietern aus dem nichtoffenen Verfahren durchgeführt werde, sofern diese die Voraussetzungen des § 3a Abs. 6 Nr. 1 VOB/A erfüllen. Die Antragstellerin erklärte das Nachprüfungsverfahrens VgK-13/2011 daraufhin mit Schriftsatz vom 05.05.2011 für erledigt.
Unter Bezugnahme auf die im Nachprüfungsverfahren VgK-13/2011 am 27.04.2011 erhaltene Akteneinsicht rügte die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 28.04.2011 gegenüber dem Antragsgegner jedoch nunmehr die Aufhebung des ursprünglichen nichtoffenen Verfahrens. Zur Begründung wies die Antragstellerin darauf hin, dass die geschätzte Auftragssumme ausweislich des Vergabevermerks an einer Stelle mit ca. xxxxxx EUR und an anderer Stelle mit xxxxxx EUR angegeben wurde. Daraus ergebe sich, dass das günstigste Angebot, das - unter Berücksichtigung der Wartungsarbeiten - von der Antragstellerin abgegeben worden war, lediglich um 6% oberhalb der geschätzten Vergabesumme lag. Eine derartig geringfügige Überschreitung rechtfertige keine Aufhebung wegen angeblich fehlender Budgetmittel. Nachdem eine Reaktion des Antragsgegners auf dieses Rügeschreiben nicht erfolgte, stellte die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 04.05.2011 erneut einen Nachprüfungsantrag, der sich nunmehr gegen die Aufhebung des ursprünglichen nichtoffenen Verfahrens richtete. Unter Vertiefung ihres Rügeschreibens vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, wonach "andere schwerwiegende Gründe" die Aufhebung einer Ausschreibung rechtfertigen können, im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Nach der Rechtsprechung des BGH könne ein schwerwiegender Mangel zu einer Aufhebung der Ausschreibung immer dann führen, wenn er von derart großem Gewicht ist, dass eine Bindung des öffentlichen Auftraggebers mit Gesetz und Recht nicht zu vereinbaren wäre und von den an dem Ausschreibungsverfahren Beteiligten erwartet werden könne, dass sie auf diese rechtlichen und tatsächlichen Bindungen des Ausschreibenden Rücksicht nehmen. Zwar gehöre dazu grundsätzlich auch das Erfordernis einer sparsamen Haushaltsführung, jedoch rechtfertige nicht jede Überschreitung des angenommenen Budgets eine Aufhebung. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Auftragssumme vor Beginn des Vergabeverfahrens lediglich geschätzt werde. Dies sei nicht gleichbedeutend mit dem vorhandenen Budget. Eine geschätzte Auftragssumme könne aber immer sowohl unter- als auch überschritten werden. Die Rechtsprechung gewähre einen Toleranzrahmen, und zwar unabhängig von der Art der Kostenermittlung. Für den Kostenanschlag werde ein Toleranzrahmen von mindestens 10% bis 15% gewährt. Der Antragsgegner sei deshalb nicht berechtigt gewesen, das nichtoffene Verfahren aufzuheben.
Da der Antragsgegner sich auf S. 16 der Leistungsbeschreibung - von den Bietern ungerügt - vorbehalten habe, aufgrund begrenzter finanzieller Mittel ggf. nur eine Teilleistung der Gesamtmaßnahme zu realisieren, so dass Massenminderungen in den einzelnen Positionen, Entfall einzelner Positionen oder Minderungen an der Gesamtleistung durch den Auftraggeber möglich sind, stehe dem Auftraggeber ein gegenüber der Aufhebung weniger einschneidendes, rechtmäßiges Alternativverhalten zur Verfügung, um seinen Haushaltsproblemen Rechnung zu tragen.
Im Übrigen habe der Antragsgegner die Antragstellerin zu Besprechungen zum nichtoffenen Vergabeverfahren auch noch nach Erklärung der Aufhebung eingeladen.
Die Antragstellerin beantragt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, das nichtoffene Vergabeverfahren für die Vergabe der Erneuerung Bühnentechnik bei der Baumaßnahme xxxxxx, Sanierung und Modernisierung xxxxxx, fortzusetzen, und die Aufhebung des nichtoffenen Verfahrens zurückzunehmen. Der Antragsgegner wird verpflichtet, unter Berücksichtigung der Auffassung der Vergabekammer die Wertung der Angebote fortzuführen.
Hilfsweise wird beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Aufhebung des nichtoffenen Vergabeverfahrens mit Schreiben vom 24.01.2011 über die Vergabe der Bühnentechnik für das Bauvorhaben xxxxxx, Sanierung und Modernisierung xxxxxx, rechtswidrig war und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat.
Der Antragsgegner beantragt,
den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen und festzustellen, dass der Antrag auf Fortführung des ursprünglichen nichtoffenen Vergabeverfahrens von Anfang an unberechtigt gewesen ist.
.
Er geht von einer Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags aus. Die Antragstellerin habe nicht schlüssig dargelegt, welcher Schaden konkret ihr drohe bzw. womöglich schon eingetreten sei. Das laufende Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung werde fortgesetzt und somit bestehe auch weiterhin die Chance, dass die Antragstellerin den Zuschlag erhalte. Derzeit sei nicht absehbar, ob überhaupt ein Schaden vorliegen könne. Die Intervention der Antragstellerin im Verfahren VgK-13/2011 sei für sie erfolgreich gewesen. Nunmehr berufe sie sich auf Informationen, die ihr im Zuge dieses anderen, beendeten Verfahrens zugänglich gemacht worden sind. Sie benutze somit Informationen aus einem Verfahren, das für sie erfolgreich verlaufen und schon längst abgeschlossen sei.
Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet. Der Antragsgegner habe eine ordnungsgemäße Kostenschätzung durchgeführt. Bei seinen Kostenermittlungen seien Vergleichspreise aus vier namentlich benannten vergleichbaren Projekten herangezogen worden. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse und der im xxxxxx vorhandenen Gegebenheiten habe der Antragsgegner die Kosten auf einen Betrag von xxxxxx EUR brutto geschätzt. Mit Erlass vom 07.12.2010 habe die xxxxxx dem Antragsgegner die Weisung erteilt, die eingeplanten Finanzmittel um 10% zu kürzen. Dadurch seien die zur Verfügung stehenden Mittel auf xxxxxx EUR brutto reduziert worden. Das günstigste Bieterangebot habe mit xxxxxx EUR/brutto 18,5% höher gelegen. Die vorherige Kostenschätzung habe auf sorgfältig recherchierten und daher belastbaren Vergleichspreisen basiert und daher auf einer soliden Grundlage gestanden. Dass die Finanzmittel in der Folgezeit reduziert wurden, was zu einer erheblichen Finanzierungslücke geführt habe, sei nicht vorhersehbar gewesen. Daher liege ein schwerwiegender Grund im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vor.
Mit ihrem hilfsweise gestellten Antrag stelle sich die Antragstellerin in Widerspruch zu vorangegangenem Tun, da sie sich einerseits am Verhandlungsverfahren beteiligt habe und andererseits erreichen wolle, dass das nichtoffene Verfahren wieder aufgenommen wird. Eine Zuschlagserteilung im bereits aufgehobenen und damit abgeschlossenen nichtoffenen Verfahren sei weder zulässig noch vorgesehen.
Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 16.06.2010 Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Der Antragsgegner hat das ursprüngliche, nichtoffene Vergabeverfahren zu Unrecht aufgehoben. Die Voraussetzungen für eine berechtigte Aufhebung der Ausschreibung wegen anderer schwerwiegender Gründe im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A liegen nicht vor. Die vom Antragsgegner zur Begründung der Aufhebung angeführte Überschreitung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vermag angesichts des geringen Abstandes zwischen dem preislich niedrigsten Angebot der Antragstellerin und der in der Vergabeakte dokumentierten, vom Antragsgegner geschätzten Auftragssumme in Höhe von lediglich 6% eine Aufhebung nicht zu rechtfertigen. Soweit der Antragsgegner auf eine nach Einleitung des Vergabeverfahrens erfolgte Weisung der xxxxxx zur nachträglichen Kürzung der Haushaltsmittel um 10% verweist, vergrößert diese nachträgliche Kürzung die Budgetüberschreitung zwar erheblich. Da es sich jedoch vorliegend um eine Baumaßnahme des Landes Niedersachsen handelt, ist diese Kürzung letztlich der eigenen Sphäre des Antragsgegners, der als Vergabestelle des Landes das Vergabeverfahren durchführt, zuzurechnen. Auch die nachträgliche Budgetkürzung durch die xxxxxx ist daher nicht geeignet, die Aufhebung nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zu rechtfertigen.
1.
Im vorliegenden Vergabeverfahren findet der 2. Abschnitt der VOB/A Ausgabe 2009 Anwendung, die gemeinsam mit der Vergabeverordnung (VgV) mit Wirkung vom 11.06.2010 in Kraft getreten ist. Das streitbefangene nichtoffene Verfahren wurde mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2010 eingeleitet.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um das Land Niedersachsen, vertreten durch das xxxxxx, und damit um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemaß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 1 VOB/A, für den gemaß § 2 Nr. 3 VgV in der für diesen Bauauftrag geltenden Fassung der VOB/A 2009 ein Schwellenwert von 4.845.000 EUR gilt. Werden Gesamtbaumaßnahmen, wie im vorliegenden Fall, losweise ausgeschrieben, gilt gemaß § 2 Nr. 6 VgV ein Schwellenwert von 1.000.000 EUR oder bei Losen unterhalb 1.000.000 EUR deren addierter Wert ab 20% des Gesamtwertes aller Lose. Der hier verfahrensgegenständliche Auftrag ist Teil der Gesamtbaumaßnahme xxxxxx, Sanierung und Modernisierung des xxxxxx. Der Wert der hier streitgegenständlichen Erneuerung der Bühnentechnik überschreitet unter Berücksichtigung der in der Angebotsprüfung vom 14.01.2011 dokumentierten Angebotssummen und unter Berücksichtigung der nach § 1 Abs. 1 VgV abzuziehenden Mehrwertsteuer in Höhe von 19% nicht den Teilschwellenwert von 1.000.000 EUR. Auch die Kostenschätzung des Antragsgegners ging ausweislich des in der Vergabeakte dokumentierten Vergabevorschlags vom 14.01.2011 von einem Leistungsumfang in Höhe von lediglich xxxxxx EUR (brutto) aus. Der Antragsgegner hat jedoch das streitbefangene Los EU-weit im nichtoffenen Verfahren gemaß § 3a Nr. 2 VOB/A ausgeschrieben und die Vergabekammer Niedersachsen als zuständige Stelle für Nachprüfverfahren in der europaweiten Bekanntmachung angegeben. Dadurch hat der Antragsgegner den rechtlichen Rahmen (§§ 102 ff. GWB) für die Nachprüfung festgelegt. Die Wirkung dieser Festlegung besteht in einer Selbstbindung des Auftraggebers, dass er das streitgegenständliche Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Abs. 6 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet wäre (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20.08.2001, Az.: Verg 9/01; BGH NJW, S. 3636 ff., 3638). Der Wert der hier streitbefangenen Teilleistung steht daher einer Nachprüfung durch die Vergabekammer nicht entgegen.
Die Antragstellerin ist auch gemaß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin im Vergabeverfahren ein Interesse am Auftrag hat und die Verletzung von Rechten durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, indem sie die Auffassung vertritt, dass der Antragsgegner das Vergabeverfahren zu Unrecht aufgehoben hat. Die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Aufhebung wegen anderer schwerwiegender Gründe gemaß § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A liegen nach ihrer Auffassung nicht vor.
Die Antragsbefugnis entfällt nicht bereits deswegen, weil der Antragsgegner das streitbefangene Vergabeverfahren bereits vor Stellung des Nachprüfungsantrags unter Berufung auf § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A aufgehoben hat. Nach dem Beschluss des BGH vom 18.02.2003, Az.: X ZB 43/02 ("Jugendstrafanstalt"; vgl. VergabeR 3/2003, S. 313 ff.) kann ein Bieter auch dann, wenn ein öffentlicher Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen Auftrag bereits aufgehoben hat, noch in zulässiger Weise die Vergabekammer anrufen und geltend machen, durch Nichtbeachtung der die Aufhebung der Ausschreibung betreffenden Vergabevorschrift in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Zwar kann auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in Ausnahmefällen eine "Aufhebung der Aufhebung" erreicht werden. Eine solche Rückgängigmachung der Aufhebung kommt nur bei fortbestehendem Vergabewillen des Auftraggebers in Betracht. Diese Auffassung stützt der Bundesgerichtshof maßgeblich auf die Feststellung, dass ein Auftraggeber nach wie vor zumindest regelmäßig nicht zur Zuschlagserteilung gezwungen werden kann und darf, selbst wenn er im Ergebnis nach den maßgeblichen Vorschriften keinen Grund zur Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens hat (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22.05.2003, Az.: 13 Verg 9/03; OLG Koblenz, Beschluss vom 23.12.2003, Az.: 1 Verg 8/03).
Daher kann eine Nachprüfungsinstanz grundsätzlich nur dann eine "Aufhebung der Aufhebung" anordnen, wenn der Vergabewille der Vergabestelle unverändert fortbesteht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2005, Az.: VII-Verg 72/04). Vorliegend vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass der Antragsgegner nahezu unverändert an seiner Vergabeabsicht festgehalten hat. Der Antragsgegner habe lediglich einzelne Vordersätze gekürzt bzw. einzelne Anlagekomponenten mengenmäßig reduziert. Dies genügt nach Auffassung der Antragstellerin nicht für eine Veränderung der ursprünglichen Vergabeabsicht. Ob diese Auffassung zutrifft, ist im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu entscheiden. Unabhängig davon hat die Antragstellerin jedoch ohnehin eine Antragsbefugnis für den von ihr nunmehr hilfsweise gestellten Hauptantrag, festzustellen, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemaß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 107, Rdnr. 52). Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung sind an diese Voraussetzung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 BvR 2248/03; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, GWB Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006 - X ZB 14/06). Die Antragstellerin hat ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis dargelegt, indem sie vorträgt, dass sie bei Fortführung des ursprünglichen, nichtoffenen Vergabeverfahrens eine Chance auf Erhalt des Zuschlags gehabt hätte, zumal sie ausweislich der Vergabeakte dort das preislich niedrigste Angebot abgegeben hatte. Es ist im Übrigen nicht erforderlich, dass ein Antragsteller schlüssig darlegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.1999, Az.: Verg 1/99).
Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemaß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Antragsgegner unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemaß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin hatte im Rahmen einer Akteneinsicht am 27.04.2011 im vorangegangen Nachprüfungsverfahren VgK-13/2011 erfahren, dass der von ihr im Rahmen des nichtoffenen Verfahrens geforderte Angebotspreis den vorab vom Antragsgegner geschätzten Auftragswert nur um ca. 6% überschreitet. Bereits einen Tag nach der Akteneinsicht rügte die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 28.04.2011 daraufhin die Aufhebung des nichtoffenen Verfahrens. Die Rüge erfolgte daher unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB.
3.
Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Antragstellerin ist im Sinne der §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil die Aufhebung der Ausschreibung zu Unrecht erfolgt ist. Der Antragsgegner kann die Aufhebung der Ausschreibung vorliegend nicht auf "andere schwerwiegende Gründe" im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A stützen. Der geringe Abstand zwischen dem im verfahrensgegenständlichen nichtoffenen Verfahren eingegangenen, preislich niedrigsten Angebot der Antragstellerin und der vorab vom Antragsgegner geschätzten Auftragssumme in Höhe von lediglich ca. 6% rechtfertigt eine Aufhebung nicht. Aber auch die durch die xxxxxx verfügte, nachträgliche Kürzung der Haushaltsmittel um 10% vermag eine Aufhebung der Ausschreibung aus anderen schwerwiegenden Gründen nicht zu rechtfertigen, weil der Antragsgegner das Vergabeverfahren als Vergabestelle des Landes durchgeführt hat und die Haushaltslücke somit in der eigenen Sphäre des öffentlichen Auftraggebers - nachträglich - geschaffen wurde (im Folgenden a).
a)
Der Antragsgegner hat ausweislich der Dokumentation in der Vergabeakte vorliegend zudem versäumt, sein Ermessen auszuüben und ist von einer zwingenden Aufhebung des nichtoffenen Verfahrens ausgegangen. Zwar darf ein Auftraggeber trotz Rechtswidrigkeit der Aufhebung in der Regel nicht zur Fortführung des Vergabeverfahrens angewiesen werden, wenn er an seiner Vergabeabsicht in der konkreten Form nicht mehr festhält. Der Antragsgegner hatte sich jedoch vorliegend auf S. 16 der Leistungsbeschreibung - von den Bietern ungerügt - ausdrücklich vorbehalten, aufgrund begrenzter finanzieller Mittel ggf. nur eine Teilleistung der Gesamtmaßnahme zu realisieren, so dass Massenminderungen in den einzelnen Positionen, Entfall einzelner Positionen oder Minderungen an der Gesamtleistung durch den Auftraggeber möglich sind. Dem Antragsgegner steht somit ein gegenüber der Aufhebung weniger einschneidendes, rechtmäßiges Alternativverhalten zur Verfügung, um seinen Budgetproblemen Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss v. 05.01.2011 - Verg 46/10 - zitiert nach ibr-online) darf ein öffentlicher Auftraggeber den ausgeschriebenen Leistungsumfang auch nach Submission noch reduzieren, wenn er dies nicht auf willkürliche oder sachfremde Erwägungen stützt (im Folgenden b).
b)
Gemaß § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kann die Ausschreibung "aus anderen schwerwiegenden Gründen" aufgehoben werden. Dies gilt u.a., wenn die Ausschreibung kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt hat. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist eine von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 27.06.2008, 21 VK-3194-23/08; OLG Celle, Beschluss vom 10.06.2010 - 13 Verg 18/09). In vollem Umfang überprüfbar sind allerdings die Voraussetzungen, von denen § 17 VOB/A die Aufhebung einer Ausschreibung abhängig macht. Diese Voraussetzungen liegen objektiv entweder vor oder nicht vor. Nur falls ein Aufhebungsgrund objektiv tatbestandlich vorliegt, kommt danach ein Ermessen des Auftraggebers auf der Rechtsfolgenseite überhaupt nur in Betracht (vgl. Fett in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, 2. Auflage, 8. Los, § 17 VOB/A, Rdnr. 11). Dabei ist stets zu beachten, dass die Aufhebung einer Ausschreibung aufgrund des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes immer nur das letzte Mittel sein darf. Der Antragsgegner hat die Aufhebung der Ausschreibung vorliegend mit einer Überschreitung des zur Verfügung stehenden Budgets begründet. Grundsätzlich kommt eine Aufhebung der Ausschreibung aus anderen schwerwiegenden Gründen im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A in Betracht, wenn der Auftraggeber nach Auswertung der Angebote feststellt, dass die ihm zur Verfügung stehenden Finanzmittel nicht ausreichen (vgl. Fett, a.a.O, § 17 VOB/A, Rdnr. 9). Unzulängliche Haushaltsmittel sind jedoch nicht per se ein Aufhebungsgrund. So hat etwa das OLG Düsseldorf (VergabeR 2007, S. 462) die Aufhebung einer Ausschreibung für einen Lärmschutzwall einer Bundesautobahn für gerechtfertigt bewertet, im dort zugrunde liegenden Vergabeverfahren lag allerdings der günstigste Angebotspreis bereits 50% über dem Haushaltsansatz. Die VK Südbayern hat mit Beschluss vom 21.08.2003 - Az.: 32-07/03 - entschieden, dass eine Aufhebung der Ausschreibung nicht gerechtfertigt ist, wenn das preislich niedrigste Angebot lediglich 0,5% über dem HaushaltsanSatz 1iegt.
c)
Für § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist anerkannt, dass es sich hierbei um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt, an deren Anwendung ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 18.06.2010 - 13 Verg 18/09, zitiert nach VERIS; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2006 - VII-Verg 54/06 = NZBau 7/2007, S. 462 ff.). Das Erfordernis strenger Anforderungen folgt insbesondere daraus, weil sich Bewerber und Bieter im Vertrauen darauf auf die Ausschreibung eingelassen haben, dass auch tatsächlich eine Vergabe erfolgt. Sie sollen daher in ihren Aufwendungen von Zeit und Kosten für die Erstellung ihrer Angebote nicht enttäuscht werden (vgl. Portz in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 17, Rdnr. 28, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf es für das Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes stets einer Interessenabwägung der maßgeblichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.2001 - X ZR 150/99 = VergabeR 4/2001, S. 293 ff., 298). Auch geht die Rechtsprechung nahezu einhellig davon aus, dass die Aufhebung gemaß § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A voraussetzt, dass der Auftraggeber bei Beginn des Verfahrens das Vorhandensein oder den nachträglichen Eintritt des maßgeblichen Umstandes nicht erwartet hat bzw. ihn nicht schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. Glahs in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Auflage, § 17 VOB/A, Rdnr. 12; Dieck-Bogatzke, Probleme bei der Aufhebung der Ausschreibung, VergabeR 2a/2008, S. 392 ff., 393, m.w.N.). Ein durch § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A gedeckter Grund zur Aufhebung wegen eines nicht wirtschaftlichen Ergebnisses oder wegen einer Budgetüberschreitung ist nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Preis nur subjektiv für überhöht hält, obwohl er den gegebenen Marktverhältnissen entspricht. Voraussetzung für eine Aufhebung der Ausschreibung bei einem nicht wirtschaftlichen Ergebnis ist stets, dass der Auftraggeber die Kosten für die Ausführung der Leistung vorab ordnungsgemäß kalkuliert hat (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.02.2008, 1 VK 39/08; VK Südbayern, Beschluss vom 21.08.2003, 32-07/03 = IBR 2004, S. 41; VK Bund, Beschluss vom 11.06.2008 - VK 1-63/08). Will ein Auftraggeber ein Vergabeverfahren aufheben, weil selbst das niedrigste Angebot unangemessen hoch ist, trifft ihn insoweit die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Portz in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 17, Rdnr. 34, m.w.N.). Dementsprechend hatte der BGH bereits vor In-Kraft-Treten des Vergaberechtsänderungsgesetzes einen schwerwiegenden Grund zur Aufhebung der Ausschreibung dann angenommen, wenn der Auftraggeber zwar vorab eine vertretbare Kostenschätzung vorgenommen und auch nur insoweit Finanzmittel bereitgestellt hat, die aufgrund der Ausschreibung abgegebenen Angebote aber deutlich über den geschätzten Kosten liegen und das Vorhaben im Ergebnis wegen der erheblichen Finanzierungslücke ganz aufgegeben werden musste (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.1998, BauR 1998, S. 1232 ff.[BGH 08.09.1998 - X ZR 48/97]). Hat die Vergabestelle die fehlende Finanzierung dagegen von vornherein erkannt oder hätte sie diese erkennen müssen, kommt trotz der möglicherweise auch hier faktisch bestehenden alleinigen Möglichkeit zur Aufhebung der Ausschreibung eine Schadensersatzpflicht des Auftraggebers in Betracht (BGH, a.a.O.; Portz in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 17, Rdnr. 34).
Vorliegend hatte der Antragsgegner eine ausführliche Kostenschätzung vorgenommen. Mit Schriftsatz vom 17.05.2011 hat der Antragsgegner erläutert, dass er als Grundlagen für die Kostenschätzung für den verfahrensgegenständlichen Auftrag die Kosten aus vier namentlich benannten Referenzobjekten aus den Jahren 2009 und 2010 herangezogen hat. Der Antragsgegner hat erläutert, dass er aus den zum Vergleich herangezogenen Einheitspreisen einen Mittelwert gebildet und diesen entsprechend der Entwicklungen am Markt angepasst hat, wobei er insbesondere die Rohstoffpreise, eine mögliche Lohnentwicklung, aber auch die Auftragslage des beschränkten Bieterkreises im Hinblick auf mögliche Kapazitäten berücksichtigt habe. Auf Basis der dort gewonnenen Erkenntnisse und der im xxxxxx vorhandenen Gegebenheiten habe er die Kosten auf einen Betrag von xxxxxx EUR brutto geschätzt. Zum Beleg hat der Antragsgegner eine entsprechende Gewerkeschätzung in Form einer Excel-Tabelle vorgelegt, die den Stand 07.08.2009 ausweist und auf der die einzelnen Teilleistungen noch einmal handschriftlich addiert wurden. Diese Kontenaufstellung ist detailliert aufgeführt und weist sämtliche Einzelpositionen aus. Unter Zugrundelegung dieses Kostenanschlages von xxxxxx EUR weicht das im nichtoffenen Verfahren eingegangene preislich niedrigste Angebot in Höhe von xxxxxx EUR brutto (jeweils ohne Berücksichtigung der Wartungskosten) lediglich um 6,65% vom Kostenvoranschlag ab. In dem in der Vergabeakte enthaltenen Vergabevorschlag vom 14.01.2011 hat der Antragsgegner dagegen eine reduzierte, aktuelle geschätzte Auftragssumme in Höhe von xxxxxx EUR brutto angegeben. Unter Zugrundelegung dieser aktualisierten Basis liegt das Angebot des günstigsten Bieters um 11,3% über dem Kostenanschlag. Im Vermerk zur Angebotsprüfung vom 14.01.2011 wird auf Seite 3 ausdrücklich festgestellt, dass auch ohne Wertung der Wartungsangebote alle Bieter über dem vorgesehenen Budget liegen. Ursachen hierfür seien die relativ hohen Ansätze beim festen Stahlbau, die im Vergleich mit den Kostenschätzungen zu den Positionen des Leistungsverzeichnisses, welche sich an den Vergleichspreisen aktueller, in der Ausführung befindlicher Projekte orientieren, als preislich nicht angemessen erscheinen. Damit sei die Durchführung der Gesamtmaßnahme gefährdet, so dass ein schwerwiegender Grund für eine Aufhebung des Verfahrens vorliege. Dort heißt es:
"In Anbetracht der Tatsache, dass alle drei vorliegenden Angebote nicht nur über der Budgetobergrenze, sondern auch 6,10% und 25% über der Budgetgrenze zusätzlich Unvorhergesehenem liegen, und das, gemäß benannter Quelle "Aufhebungen aus Wirtschaftlichkeitserwägungen" im Hinblick auf die Verpflichtung zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der verfügbaren Mittel nicht nur zulässig, sondern unter Umständen sogar geboten sind, handelt es sich hierbei eindeutig um einen "schwerwiegenden Grund", welcher zwingend die Ausschreibung nach sich ziehen muss." (Hervorhebung durch die Vergabekammer)
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann allerdings bei einer Abweichung des preislich günstigsten Angebotes von der geschätzten Auftragssumme in Höhe von 6% bis max. 11,3% nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausschreibung zwingend aufgehoben werden muss. Dies folgt zum einen daraus, dass die Entscheidung über die Aufhebung auch bei Vorliegen eines Aufhebungsgrundes im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VOB/A ausdrücklich in das Ermessen des Auftraggebers gestellt wird ("Die Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn ..."). Da § 17 VOB/A entgegen der dokumentierten Auffassung des Antragsgegners nicht einmal dann zwingend die Aufhebung vorschreibt, wenn einer der dort genannten Aufhebungsgründe vorliegt, hat der Antragsgeber vorliegend sein vergaberechtlich eingeräumtes Ermessen über das "Ob" der Aufhebung nicht ausgeübt und auch bereits dadurch gegen Vergaberecht verstoßen (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 10.06.2010 - 13 Verg 18/09).
Das Ermessen kann zwar im Einzelfall auf Null reduziert sein. Angesichts des geringen Abstandes zwischen Kostenermittlung und preislich niedrigstem Angebot kann jedoch vorliegend auch unter Berücksichtigung des Erfordernisses sparsamer Haushaltsführung nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden. Zu Recht hat die Antragstellerin in ihrem Antragsschriftsatz darauf hingewiesen, dass nicht jede Abweichung von der geschätzten Auftragssumme eine Aufhebung rechtfertigt, da die geschätzte Auftragssumme in der Praxis häufig überschritten wird.
Zu einer erheblichen Budgetüberschreitung in Höhe von 18,5% kam es vorliegend vielmehr erst dadurch, dass der Antragsgegner als Vergabestelle des Landes Niedersachsen durch die xxxxxx nachträglich im laufenden Vergabeverfahren angewiesen wurde, die eingeplanten Finanzmittel um 10% zu kürzen. Dadurch reduzierten sich die des Antragsgegners zur Verfügung stehenden Mittel auf xxxxxx EUR brutto. Der Antragsgegner hat ein entsprechendes Kostenkonzept der xxxxxx vom 07.12.2010 vorgelegt. Dort wird darauf hingewiesen, dass für die Gesamtbaumaßnahme eine zwingend einzuhaltende Kostenobergrenze von xxxxxx EUR besteht. Damit verbunden habe die Auflage bestanden, in den Kostengruppen der xxxxxx Sicherheitsreserven in einer Größenordnung von insgesamt 10% zu berücksichtigen. Gleichzeitig sei erlassen worden, den Maßnahmenumfang unter Abstimmung aller Planungsbeteiligten anzupassen, falls sich im Laufe der weiteren Durchführung der Baumaßnahme herausstellen sollte, dass der vorgegebene Kostendeckel überschritten würde. Weiter heißt es in dem Kostenkonzept:
"Die als nächstes anstehenden Submissionen sind im Dezember 2010 geplant, so dass ein Kostenanschlag voraussichtlich in der ersten Januarhälfte 2011 aufgestellt sein wird. Um eine Sicherheitsreserve nach Kostenanschlag von mindestens 10% der Gesamtsumme zu halten, ist beabsichtigt, den Umfang der Beauftragung nach Vorliegen der Submissionsergebnisse anzupassen und eventuell auf Teilleistungen zu verzichten. Dieses Vorgehen ist vergaberechtlich durch entsprechende Formulierungen in den Vorbemerkungen abgesichert."
Die Unterdeckung der verfahrensgegenständlichen Teilbaumaßnahme ist daher vorliegend in erheblichem Maße darauf zurückzuführen, dass die ursprünglich veranschlagten Mittel nachträglich gekürzt wurden. Zwar kann eine nachträgliche Mittelkürzung durch die finanzierende Stelle und damit verbundene Umplanungen (sog. abgespeckte Maßnahmen) ggf. dazu führen, dass die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen, so dass in diesen Fällen eine Aufhebung nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A in Betracht kommt (vgl. Glahs in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 3. Auflage, § 17 VOB/A, Rdnr. 11). Die Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass die Aufhebung gemaß § 17 Abs. 1 Ziff. 2 und Ziff. 3 voraussetzt, dass der Auftraggeber bei Beginn des Verfahrens das Vorhandensein oder den nachträglichen Eintritt des maßgeblichen Umstandes nicht erwartet hat und ihn auch nicht schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. Glahs, a.a.O., § 17 VOB/A, Rdnr. 12; Dieck-Bogatzke, VergabeR 2008, S. 392 ff., 393). Vorliegend hat der Antragsgegner das Vergabeverfahren als Vergabestelle des Landes Niedersachsen durchgeführt. Da das Land durch die xxxxxx entschieden hat, die ursprünglich veranschlagten Haushaltsmittel nachträglich zu kürzen und die Kürzung somit nicht etwa durch eine externe finanzierende Stelle (wie etwa den Bund oder die EU) verfügt wurde, wurde die Budgetüberschreitung vorliegend in erheblichem Maße durch das Land und damit den Auftraggeber selbst verursacht. Eine derartige Kürzung zwingt den Antragsgegner im Ergebnis zwar aus haushaltsrechtlichen Gründen zu einer Reduzierung der ursprünglich ausgeschriebenen Baumaßnahme. Eine Rechtfertigung der Aufhebung nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 VOB/A lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Andernfalls hätte es ein öffentlicher Auftraggeber stets in der Hand, nachträglich die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 2 und/oder 3 VOB/A selbst herbeizuführen.
Der Antragsgegner hat daher vorliegend nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Ausschreibung gemaß § 17 Abs. 1 VOB/A vorliegen. Daher war festzustellen, dass die Aufhebung des nichtoffenen Vergabeverfahrens rechtswidrig war und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat.
b)
Der Antragsgegner war im vorliegenden Fall zu verpflichten, die vergaberechtswidrige Aufhebung des nichtoffenen Vergabeverfahrens zurückzunehmen, erneut in das nichtoffene Vergabeverfahren einzutreten und den Bietern, die rechtzeitig ein ausschreibungsgemäßes Angebot abgegeben hatten, Gelegenheit zu geben, ein neues Angebot unter Berücksichtigung des vom Antragsgegner budgetbedingt reduzierten Leistungsumfangs abzugeben. Der Antragsgegner hatte sich vorliegend auf S. 16 der Leistungsbeschreibung - von den Bietern ungerügt - ausdrücklich vorbehalten, aufgrund begrenzter finanzieller Mittel ggf. nur eine Teilleistung der Gesamtmaßnahme zu realisieren, so dass Massenminderungen in den einzelnen Positionen, Entfall einzelner Positionen oder Minderungen an der Gesamtleistung durch den Auftraggeber möglich sind. Dem Antragsgegner steht somit ein gegenüber der Aufhebung weniger einschneidendes, rechtmäßiges Alternativverhalten zur Verfügung, um seinen Haushaltsproblemen Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss v. 05.01.2011 - Verg 46/10 - zitiert nach ibr-online) darf ein öffentlicher Auftraggeber den ausgeschriebenen Leistungsumfang auch nach Submission noch reduzieren, wenn er dies nicht auf willkürliche oder sachfremde Erwägungen stützt.
Zwar wird der Anspruch auf Fortführung eines Vergabeverfahrens im Regelfall dadurch begrenzt, dass der öffentliche Auftraggeber keinem Kontrahierungszwang unterliegt. Niemand kann ihn dazu zwingen, einen bestimmten Vertrag mit einem Bieter abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.1998 - X ZR 48/97, Urteil vom 05.11.2002 - X ZR 232/00, Beschluss vom 18.02.2003 - X ZB 43/02; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.06.2005 - 11 Verg 21/04; OLG München, Beschluss vom 23.12.2010 - Verg 21/10, zitiert nach ibr-online). Dies ist Ausfluss der Vertrags(abschluss)freiheit des öffentlichen Auftraggebers und damit der Privatautonomie (vgl. Dieck-Bogatzke, Probleme der Aufhebung der Ausschreibung, VergabeR 2a/2008, S. 392). Eine Verpflichtung des Auftraggebers zur Rückgängigmachung der Aufhebung und Fortführung des Vergabeverfahrens ist regelmäßig nur in Ausnahmefällen möglich, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Absicht, die ausgeschriebene Leistung von Dritten zu beschaffen, unverändert aufrecht erhält und tatsächlich kein sachlich gerechtfertigter Grund sowie kein Aufhebungstatbestand nach § 17 VOB/A (bzw. § 20 VOL/A-EG) vorliegt. Voraussetzung für einen Anspruch auf Fortführung des Vergabeverfahrens mit erneuter Wertung der ursprünglichen Angebote, wie ihn die Antragstellerin vorliegend geltend macht, ist in jedem Fall aber, dass der Auftraggeber an seiner Vergabeabsicht in der konkreten Form festgehalten hat und das Ausschreibungsverfahren mit einem Vertragsabschluss abschließen will (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2005 - VII Verg 72/04 - zitiert nach VERIS).
Einer Verpflichtung des Antragsgegners zur Fortführung des ursprünglichen, nichtoffenen Vergabeverfahrens steht vorliegend nicht entgegen, dass die Aufhebung aus Gründen erfolgt ist, die zwar nicht den Anforderungen des § 17 VOB/A genügen, aber als anerkennenswerter sachlicher Grund für eine Aufhebung zu bewerten sind.
Zwar hat der Antragsgegner zu Recht und nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die der Vergabestelle zur Verfügung stehenden Finanzmittel nach Einleitung des Vergabeverfahrens durch eine Weisung der xxxxxx im Nachhinein um 10% gekürzt wurden, wodurch sich die dem Antragsgegner zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend reduziert haben. Dies folgt aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Kostenkonzept der xxxxxx vom 07.12.2010. Auch wenn die Unterdeckung der verfahrensgegenständlichen Teilbaumaßnahme somit nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 VOB/A genügt, weil der Aufhebungsgrund vorliegend durch das Land Niedersachsen selbst und damit in der eigenen Sphäre des Antragsgegners verursacht wurde, könnte die nachträgliche Mittelkürzung grds. gleichwohl als anerkennenswerter sachlicher Grund für eine Aufhebung zu bewerten sein, wenn der Antragsgegner nicht auf andere Weise sein Budget einhalten könnte.
Bei den anerkennenswerten sachlichen Gründen darf es sich nach der Rechtsprechung auch um solche Gründe handeln, die aus seiner eigenen Sphäre stammen und erst nachträglich von ihm tatsächlich erkannt werden (vgl. Dieck-Bogatzke, a.a.O., S. 397, m.w.N.). Neben den Fällen, in denen der Auftraggeber vor der Ausschreibung den Bedarf nicht zutreffend ermittelt hat und erst während des Vergabeverfahrens erkennt, dass er ein Produkt oder eine Leistung ausgeschrieben hat, die seinen Anforderungen tatsächlich nicht genügt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2005 - VII Verg 72/04), ist als ein die Aufhebung sachlich rechtfertigender Grund auch die Feststellung des Auftraggebers zu erkennen, dass er aus haushaltsmäßigen Gründen auf die konkret ausgeschriebene Beschaffung verzichten muss, weil der entweder dafür keine Mittel (mehr) in der benötigten Höhe zur Verfügung hat oder ihm die Beschaffung schlicht zu teuer ist (vgl. VK Bund, Beschluss vom 11.06.2008 - VK1 63/08 - zitiert nach VERIS). Die Möglichkeit, aus einem zwar nicht den Anforderungen des § 17 VOB/A genügenden, aber gleichwohl sachlich gerechtfertigten Grund eine Ausschreibung vorzeitig beenden zu dürfen, ist eine notwendige Folge davon, dass es ein Zweck des Vergaberechts ist, der öffentlichen Hand eine Bindung der ihr anvertrauten Mittel und das Gebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2002 - X ZR 232/00 - zitiert nach VERIS).
Vorliegend hat der Antragsgegner an seiner Vergabeabsicht festgehalten und lediglich den Leistungsumfang nachträglich gekürzt, um mit der Baumaßnahme im Budget zu bleiben. Ausweislich des in der Vergabeakte enthaltenen Vermerks zur Angebotsprüfung vom 14.01.2011 hat der Antragsgegner auf S. 3 ausdrücklich festgestellt, dass auch ohne Wertung der Wartungsangebote die Angebote aller Bieter über dem vorgesehenen Budget liegen.
Mit Schreiben vom 24.01.2011 hatte der Antragsgegner daraufhin den Bietern mitgeteilt, dass das nichtoffene Verfahren gemaß §§ 26 bzw. 26a VOB/A a.F. (entsprechend §§ 17 bzw. 17a VOB/A n.F.) aufgehoben werde, weil schwerwiegende Gründe bestünden. Zur Begründung hatte der Antragsgegner ausgeführt, dass die realistisch veranschlagten Kosten für diese Leistungen deutlich unter den abgegebenen Angeboten lägen, so dass eine erhebliche Finanzierungslücke bestehe. Als weiteres Vorgehen sei beabsichtigt, ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung durchzuführen, bei dem auch die angeschriebenen Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden würden. In der Folge hat der Antragsgegner dann, wie angekündigt, ein - zurzeit noch andauerndes - Verhandlungsverfahren durchgeführt. Der Antragsgegner hat dabei das Auftragsvolumen reduziert, um nunmehr im Verhandlungsverfahren insgesamt günstigere Angebote durch die Bieter zu erhalten. Im entsprechenden Schreiben des Antragsgegners an die Antragstellerin vom 10.02.2011 heißt es dazu unter der lfd. Nr. 2:
"Zu berücksichtigen sind folgende Punkte unter der Prämisse keine Abstriche in der Qualität vorzunehmen:
- Portalbrücke nicht fahrbar ausgeführt, dafür bewegliche Blende,
- Drehscheibe konstruktiv vorsehen, Antrieb und Steuerung optional,
- 5 Maschinenzüge ohne Antriebe und Steuerungsanteile,
- Hauptvorhangzug als feste Einrichtung,
- Zusammenfassung von Not-Aus und Bedientableau eiserner Vorhang möglich,
- Ausführung der Klappensysteme alternativ möglich, vorgegebene Profile nicht zwingend."
Für diese Reduzierung bedurfte es jedoch einer Aufhebung des nichtoffenen Verfahrens gar nicht, weil sich der Antragsgegner genau für diesen Fall einer Budgetüberschreitung eine Kürzung des Leistungsumfangs vorbehalten hatte. Auf S. 16 der Leistungsbeschreibung findet sich folgender Vorbehalt der Auftraggeberin:
"Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel kann ggf. nur eine Teilleistung der Gesamtmaßnahme realisiert werden, so dass Massenminderungen in den einzelnen Positionen, Entfall einzelner Positionen oder Minderungen an der Gesamtleistung durch den Auftraggeber möglich sind."
Keiner der Bieter hat die Vergabeunterlagen gerügt. Auch das vom Antragsgegner zitierte Kostenkonzept der xxxxxx vom 07.12.2010 weist auf Seite 2 (3. Abs.) ausdrücklich auf diesen Vorbehalt und die damit verbundenen Kürzungsmöglichkeiten hin. Dort heißt es:
"Um eine Sicherheitsreserve nach Kostenanschlag von mindestens 10% der Gesamtsumme zu halten, ist beabsichtigt, den Umfang der Beauftragung nach Vorliegen der Submissionsergebnisses anzupassen und evtl. auf Teilleistungen zu verzichten. Dieses Vorgehen ist vergaberechtlich durch entsprechende Formulierungen in den Vorbemerkungen abgesichert."
Gemaß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Der Antragsgegner war vorliegend zu verpflichten, die Aufhebung zurückzunehmen und seinen nunmehr reduzierten Beschaffungsbedarf, wie in den Vergabeunterlagen vorbehalten, im Rahmen des nichtoffenen Verfahrens zu decken. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 05.01.2011 - Verg 46/10, zitiert nach VERIS) darf der Auftraggeber die ausgeschriebene Leistung auch nach Submission noch reduzieren, sofern er dies nicht auf willkürliche oder sachfremde Erwägungen stützt. Führt die Änderung des Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers zu einer kalkulationserheblichen Reduzierung oder Erweiterung des ausgeschriebenen Leistungsumfangs, so hat er den Bietern jedoch in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zu geben, auf diese Korrektur zu reagieren und ein neues Angebot zum reduzierten Leistungsumfang abzugeben. Dies folgt aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VOB/A (ebenso bereits § 9 Nr. 1 Satz 1, Nr. 3 Abs. 1 VOB/A a.F.). Die dort ausgeführten Anforderungen an den öffentlichen Auftraggeber, die Leistung eindeutig und erschöpfend so zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und ihre Preise sicher berechnen können sowie sämtliche die Preisermittlung beeinflussenden Umstände festzustellen und in den Vergabeunterlagen anzugeben, konkretisieren den vergaberechtlichen Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz. Sollen die Bieter bei der Abfassung der Angebote die gleichen Chancen haben, müssen die Angebote aller Wettbewerber den gleichen Bedingungen unterworfen sein. Das Transparenzgebot verlangt, dass alle für die Zuschlagsentscheidung maßgeblichen Umstände den Bietern so bekannt gemacht werden, dass sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber prüfen kann, ob die Angebote der Bieter die geltenden Kriterien erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2010 - VII ZR 213/08, zitiert nach ibr-online). Der grundsätzlich gebotenen Wiederholung der Angebotsabgabe bei einer Änderung des Leistungsumfangs steht auch eine bereits erfolgt Submission nicht entgegen. Zwar ist es richtig, dass ein transparenter Wettbewerb wegen der damit verbundenen Manipulationsgefahr nicht mit einer im Belieben des Auftraggebers stehenden Wiederholung der Angebotsabgabe zu vereinbaren ist. Es steht aber gerade nicht im Belieben des Auftraggebers, vor oder nach Submission den Bietern Gelegenheit zu einer Änderung ihrer Angebote einzuräumen. Ob eine Änderung des Leistungsumfangs auf willkürlichen und sachfremden Erwägungen beruht, ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen uneingeschränkt zu kontrollieren, damit eine Manipulationsgefahr ausgeschlossen werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2011 - Verg 46/10). Vorliegend beruht die vom Antragsgegner vorgenommene Reduzierung des Leistungsumfangs nicht auf willkürlichen oder sachfremden Erwägungen. Zur Reduzierung des Leistungsumfangs ist der Antragsgegner vorliegend vielmehr gezwungen, weil die ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die verfahrensgegenständliche Baumaßnahme im Nachhinein um 10% gekürzt wurden, wodurch sich die dem Antragsgegner zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend reduziert haben. Auch wenn die Gründe für die Reduzierung der Haushaltsmittel in der Sphäre des Antragsgegners liegen, so ist die Reduzierung des Leistungsumfangs zumindest sachlich begründet (vgl. Dieck-Bogatzke, a.a.O., S. 397, m.w.N.; VK Bund, Beschluss vom 11.06.2008 - VK1 63/08 - zitiert nach VERIS), weil der Antragsgegner im Ergebnis aus haushaltsmäßigen Gründen auf die konkret ausgeschriebene Beschaffung verzichten muss, weil er dafür keine Mittel (mehr) in der benötigten Höhe zur Verfügung hat.
Da sich der Antragsgegner die Reduzierung des Leistungsumfangs in den Vergabeunterlagen zudem ausdrücklich vorbehalten hat, kann er im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung im nichtoffenen Verfahren den Leistungsumfang so kürzen, dass er Angebote erhält, die im Rahmen der ihm nunmehr tatsächlich noch zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bleiben. Einer Aufhebung des Verfahrens bedurfte es daher vorliegend nicht. Der Antragsgegner ist vielmehr gehalten, den Leistungsumfang in einer den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VOB/A genügenden, eindeutigen Weise zu kürzen und den für geeignet bewerteten Bietern, die rechtzeitig im nichtoffenen Verfahren ein wertungsfähiges Angebot abgegeben hatten, Gelegenheit zu geben, ein neues Angebot abzugeben.
Ein Zuschlag auf das vorliegende, noch auf dem ungekürzten Leistungsverzeichnis beruhende ursprüngliche, wirtschaftlichste Angebot (unter Berücksichtigung der Wartung) der Antragstellerin unter nachträglicher Kürzung der Positionen ist vorliegend dagegen nicht zulässig. Einer Abforderung neuer Angebote auf Basis des reduzierten Leistungsverzeichnisses bedarf es nach der Rechtsprechung nur dann nicht, wenn die weggefallenen Positionen mangels Erheblichkeit die Kalkulation nicht in einer die Angebotsreihenfolge ändernden Weise beeinflussen können (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2011 - Verg 46/10). In dem der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Auftraggeber den Leistungsumfang lediglich um Positionen im Wert von xxxxxx EUR bzw. xxxxxx EUR gekürzt, was angesichts des Gesamtangebotsvolumens von xxxxxx EUR und einem Preisvorsprung der dortigen Beigeladenen von xxxxxx EUR nicht ins Gewicht fiel, so dass die Kenntnis des Wegfalls dieser Positionen die Kalkulation in einer die Angebotsreihenfolge ändernden Weise nicht beeinflussen konnte. Vorliegend haben sich die dem Antragsgegner zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von ursprünglich geschätzten xxxxxx EUR durch die nachträgliche 10%ige Kürzung auf xxxxxx EUR (brutto) reduziert. Da das seinerzeit niedrigste Bieterangebot (ohne Wartung) bei xxxxxx EUR (brutto) lag, muss der Antragsgegner das Auftragsvolumen um mindestens 18,5% reduzieren, um im Budget zu bleiben. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sich die Rangfolge der Angebote auf Basis des reduzierten Leistungsumfangs verändert.
III. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790). Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt nach wie vor 2.500 EUR, die Höchstgebühr nunmehr 50.000 EUR und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 EUR.
Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx EUR gemaß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.
Der zu Grunde zu legende Auftragswert beträgt (inkl. Wartung) xxxxxx EUR (brutto). Dieser Betrag entspricht ausweislich der Vergabeakte (Vermerk zur Angebotsprüfung Bühnentechnik vom 14.01.2011, s. 2, lfd. Nr. 6) der Angebotssumme nach dem Angebot der Antragstellerin im aufgehobenen nichtoffenen Vergabeverfahren und damit dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.
Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 EUR(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 EUR zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 EUR (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. EUR (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.
Bei einer Ausschreibungssumme von xxxxxx EUR ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxxEUR.
Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.
Der Antragsgegner ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemaß § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 Nds. VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten zu erstatten. Gemaß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffer 4 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Das folgt daraus, dass die Antragstellerin ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden
Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung bedurfte.
Angesichts der Tatsache, dass der Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren unterlegen ist, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.
IV. Rechtsbehelf
Gemaß § 116 GWB kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden.
...
Rohn
Abraham