Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.07.2012, Az.: 12 ME 75/12

Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs J. E-126

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.07.2012
Aktenzeichen
12 ME 75/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 19766
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2012:0720.12ME75.12.0A

Fundstelle

  • BauR 2012, 1831

Redaktioneller Leitsatz

1.

Es ist mit dem Zweck des § 146 Abs. 4 S. 3 und 6 VwGO unvereinbar, wenn in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen der gebotenen Darlegung der Beschwerdegründe auch ein Vortrag berücksichtigt wird, der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erster Instanz bereits zum Gegenstand der Prüfung hätte gemacht werden können.

2.

Im Norden gelegene Außenbereiche gelten im Hinblick auf die hier allgemein bestehenden Witterungsverhältnisse gemeinhin als weniger attraktiv und werden üblicherweise auch weniger genutzt.

3.

Werden durch eine geplante Windenergieanlage Nachbarrechte nicht verletzt, kann die Genehmigung nicht durch einen Hinweis auf aus Sicht eines Nachbarn besser geeignete Alternativstandorte angegriffen werden.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage des Typs J. E-126 mit einer Nabenhöhe von 134,95 m, einem Rotordurchmesser von 127 m, einer Gesamthöhe von 198,45 m und einer Nennleistung von 7.500 kW auf dem Flurstück N., Flur O., Gemarkung G.. Der Standort der geplanten Windenergieanlage liegt innerhalb der im Regionalen Raumordnungsprogramm 2003 des Landkreises Nienburg/Weser für den Betrieb von Windenergieanlagen ausgewiesenen Fläche.

2

Die Antragstellerin zu 2. ist (Mit-?)Eigentümerin des südlich vom o. g. Anlagengrundstück gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks D. E., Flurstück P., Flur Q., Gemarkung G.. Der Antragsteller zu 1. ist der Ehemann der Antragstellerin zu 2. Die Entfernung zwischen dem Wohnhaus D. E. und der geplanten Anlage beträgt nach dem von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren eingereichten Lageplan etwa 525 m, nach dem von der Beigeladenen vorgelegten schalltechnischen Gutachten vom 8. April 2011 538,7 m. Die in Richtung der geplanten Anlage gelegenen Räume des Wohnhauses im Erdgeschoss werden als Küche und Hauswirtschaftsraum, die im Obergeschoss als Schlafzimmer und Abstellraum genutzt. Die nördliche Grundstücksgrenze ist ausweislich der im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 5. Oktober 2011 aufgenommenen Lichtbilder mit hohen Bäumen und Sträuchern bepflanzt.

3

Unter dem 1. Juli 2009 hatte der Antragsgegner der Beigeladenen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs von drei Windenergieanlagen des Typs J. E-126 mit einer Nabenhöhe von 134,95 m, einer Gesamthöhe von 198,45 m und einer Nennleistung von 6.000 kW auf dem Flurstück R. der Flur S. (WEA 1) sowie den Flurstücken T. und N. jeweils der Flur O. (WEA 2 und 3), Gemarkung G., erteilt.

4

Auf den von der Beigeladenen mit Datum vom 31. März 2011 gestellten Antrag erteilte der Antragsgegner ihr unter dem 1. Dezember 2011 die - hier streitgegenständliche - immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der ersten Windenergieanlage des Typs J. E-126 mit einer Nennleistung von 7.500 kW, einer Nabenhöhe von 134,95 m, einem Rotordurchmesser von 127 m und einer Gesamthöhe von 198,45 m auf dem Flurstück N., Flur O. der Gemarkung G. (entspricht dem Anlagenstandort WEA 3 im Vorbescheid). Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde dem - seinerzeit nur durch den Antragsteller zu 1. beauftragten - Prozessbevollmächtigten am 5. Dezember 2011 zugestellt. Der Antragsteller zu 1. hat am 22. Dezember 2011, die Antragstellerin zu 2. am 13. Januar 2012 Widerspruch erhoben. Über die Widersprüche ist soweit erkennbar noch nicht entschieden. Mit notarieller Urkunde vom 6. Februar 2012 übertrug die Antragstellerin zu 2. die Hälfte des Grundstücks an den Antragsteller zu 1. Ob seine Eintragung im Grundbuch inzwischen erfolgt ist, lässt sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen.

5

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob und ggf. inwieweit der Antragsteller zu 1. antragsbefugt sei. Der einstweilige Rechtsschutzantrag sei jedenfalls unbegründet. Es sei von einem überwiegenden Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung vom 1. Dezember 2011 auszugehen. Diese verletze nach summarischer Prüfung keine nachbarschützenden Vorschriften. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Windenergieanlage eine optisch bedrängende Wirkung entfalten werde. Der Abstand zwischen der nördlichen Seite des Wohnhauses und der geplanten Windenergieanlage betrage ca. 525 m und damit etwa das 2,65-fache der mit 198,45 m angegebenen Gesamthöhe der Windenergieanlage. Im Rahmen der bei dieser Entfernung durchzuführenden intensiven Prüfung des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, dass die Anlage nördlich vom Wohnhaus der Antragstellerin zu 2. errichtet werden solle und sich auf der nördlichen Hausseite keine besonders schutzbedürftigen Wohn- oder Außenbereiche befänden. Sämtliche Aufenthalts- und Wohnräume sowie Terrassen und Außenbereiche befänden sich auf der Süd- und Westseite des Hauses. Bei der an der nördlichen Garagenwand stehenden Bank dürfte es sich um einen im Vergleich zu den Terrassen und Außenbereichen auf der Süd- und Westseite des Hauses untergeordneten Freisitz handeln. Die Windenergieanlage befinde sich somit nicht in der Hauptblickrichtung der Wohn- und Aufenthaltsbereiche und den diesen Bereichen vorgelagerten Terrassen. Die Rotorblätter stünden aufgrund der hauptsächlich aus Westen wehenden Winde überwiegend parallel, jedenfalls selten frontal zur Blickrichtung des südlich der Anlage liegenden Wohnhauses, wodurch die von der Anlage ausgehende optische Wirkung erheblich gemildert werde. Ausweislich der im Rahmen der Ortsbesichtigung aufgenommenen Lichtbilder sei der Blick durch die bereits vorhandene Bepflanzung auf der Nordseite des Grundstücks stark eingeschränkt. Der Baumbestand mit hohen Baumkronen dürfte jedenfalls die meiste Zeit im Jahr einen erheblichen Sichtschutz vor der Rotorbewegung bewirken. Den Antragstellern sei es zuzumuten, den vorhandenen, einen erheblichen Sichtschutz vermittelnden Pflanzenbestand im Rahmen der architektonischen Selbsthilfe zu erhalten. Das von den Antragstellern bewohnte Wohnhaus liege ausweislich der Innenbereichssatzung der Gemeinde G. im Außenbereich. Im Außenbereich müsse mit der Errichtung von nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Windenergieanlagen grundsätzlich gerechnet werden. Das Schutzbedürfnis der Antragsteller sei daher in Bezug auf negative - auch auf optische - Auswirkungen der Windenergieanlage deutlich schwächer als es etwa bei einer Wohnbebauung in anderer Lage wäre. Die geplante Windenergieanlage führe nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von unzumutbaren Lärmimmissionen. Der Antragsgegner habe in den Nebenbestimmungen Nr. 1.1 bis 1.3 der Genehmigung verbindlich vorgegeben, dass die maßgeblichen, für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Werte von tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) von der geplanten Anlage eingehalten würden. Entgegen der Annahme der Antragsteller sei die Schallausbreitungsberechnung auch nicht etwa deshalb fehlerhaft, weil etwaige Geräuschimmissionen der zwei weiteren geplanten Windenergieanlagen bei der gutachterlichen Berechnung außer Betracht geblieben seien. Erst im Rahmen der für diese beiden Anlagen durchzuführenden Genehmigungsverfahren seien die Geräuschimmissionen der am 1. Dezember 2011 genehmigten Anlage als Vorbelastung zu berücksichtigen.

6

II.

Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde hat keinen Erfolg.

7

Die Antragsteller tragen zur Begründung ihrer Beschwerde vor: Das Verwaltungsgericht habe zu.U.nrecht angenommen, das Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung überwiege ihr privates Aussetzungsinteresse. Eine ausreichende standortbezogene Vorprüfung, ob für - wie hier - eine Windfarm mit drei Anlagen wegen möglicher nachteiliger Umweltauswirkungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei, habe nicht stattgefunden. Der Umstand, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig unterblieben sei, rechtfertige die Aufhebung der Verwaltungsentscheidung. Im vorliegenden Fall hätten alle drei geplanten Anlagen hinsichtlich ihrer Auswirkungen zusammengefasst betrachtet werden müssen. Es sei weder verfahrensrechtlich noch materiell akzeptabel, die erste Anlage ohne umfassende Prüfung zu genehmigen und die umfassenderen Schritte erst bei der Genehmigung der zweiten und der dritten Anlage zu bearbeiten. Das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise eine optisch bedrängende Wirkung durch die geplante Windenergieanlage verneint. Da es ohne Weiteres möglich gewesen wäre, einen Standort mit größerer Entfernung zu wählen, sei die konkrete Standortwahl rechtfertigungsbedürftig. Auch im Übrigen überzeugten die Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts zur Verneinung einer optisch bedrängenden Wirkung nicht. Ihr Grundstück liege zwar am Rande, faktisch aber noch innerhalb des vorhandenen Siedlungsbereichs. In Anbetracht dieser faktischen Verhältnisse sei es nicht gerechtfertigt, ihren Schutzanspruch herabzusetzen. Bei der Prüfung der voraussichtlichen Lärmbelastungen sei die notwendige summative Betrachtung aller geplanten Anlagen nicht erfolgt. Im Übrigen müsse sichergestellt werden, dass die Anlage während der Nachtzeit tatsächlich reduziert betrieben werde.

8

Die zur Begründung des Rechtsmittels dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern.

9

Es ist schon zweifelhaft, ob die Antragsteller mit ihrem Vorbringen zu einer insgesamt fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung im vorliegenden Beschwerdeverfahren gehört werden können. Dieser angebliche Mangel wird nicht - wie nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderlich - in Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses vorgetragen. Das konnte indessen auch nicht geschehen, weil der Beschluss des Verwaltungsgerichts sich zu diesem Thema nicht verhält. Das liegt allerdings daran, dass die Antragsteller nicht im erstinstanzlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgetragen hatten, dass aus ihrer Sicht eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehle, obwohl sie dazu die Möglichkeit gehabt hätten. Es ist mit dem Zweck des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO unvereinbar, wenn in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen der gebotenen Darlegung der Beschwerdegründe auch ein Vortrag berücksichtigt wird, der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erster Instanz bereits zum Gegenstand der Prüfung hätte gemacht werden können. Bei anderer Auffassung würde dem Beschwerdegericht eine vom Gesetzgeber nicht gewollte erstmalige und vollständige Prüfung bisher "aufgesparter" Gründe aufgezwungen, während das Ziel des Gesetzes gerade dahin geht, das Beschwerdeverfahren zu beschleunigen, eine Verfahrenskonzentration herbeizuführen und das Beschwerdegericht nur mit den Gründen zu befassen, die in Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung dargelegt werden (vgl. Beschl. d. Sen. v. 10.3.2010 - 12 ME 176/09 -, NordÖR 2010, 255, [...]; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.9.2008 - 3 M 511/08 -, [...], m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 13.4.2007 - 7 ME 37/07 -, NVwZ-RR 2007, 521; VGH Bad-Württ., Beschl. v. 8.11.2004 - 9 S 1536/04 -, NVwZ-RR 2006, 74).

10

Ungeachtet dessen hat das Vorbringen der Antragsteller zu einer fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung auch in der Sache keinen Erfolg. Nach summarischer Prüfung lässt sich nicht feststellen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu.U.nrecht unterblieben wäre. Die geplanten und den Gegenstand des Vorbescheids bildenden drei Windenergieanlagen stellen ein Vorhaben dar, für das eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach näherer Maßgabe des § 3 c Satz 2 UVPG durchzuführen ist (§ 3 c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.3 Spalte 2 der Anlage 1). Nach § 3 c Satz 2 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nummer 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Anlage 2 Nummer 2 zum UVPG benennt Nutzungs- und Schutzkriterien für die Beurteilung der ökologischen Empfindsamkeit eines Gebiets, das durch ein Vorhaben möglicherweise beeinträchtigt wird, wie z.B. die bestehende Nutzung des Gebiets (2.1 der Anlage 2 zum UVPG), Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebiets (2.2 der Anlage 2 zum UVPG) und die Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung der im Einzelnen aufgeführten Schutzgebietstypen und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes (2.3 der Anlage 2 zum UVPG). Die Vorprüfung setzt dabei eine überschlägige Ermittlung und Bewertung voraus, ob die Realisierung eines bestimmten Vorhabens möglicherweise zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen führt. Bejahendenfalls ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 3 c UVPG Rdn. 11 f.). Vorliegend ist ausweislich der im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners enthaltenen Screening-Prüfung in dem auf die seinerzeit geplanten drei Windenergieanlagen bezogenen Vorbescheidsverfahren die Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung der aufgeführten Schutzgebietstypen und von Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes geprüft und bewertet und im Ergebnis das Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung verneint worden. Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung hat der Antragsgegner - wie von § 3 c Satz 6 UVPG vorgesehen - dokumentiert. Diesbezügliche Mängel haben die Antragsteller nicht konkret vorgetragen, sie sind dem Senat auch nicht ersichtlich. Die Antragsteller haben auch nicht geltend gemacht, dass in dem hier gegenständlichen Genehmigungsverfahren Gesichtspunkte hervorgetreten sind, die die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung als unzureichend erscheinen lassen könnten. Es gibt danach entgegen der Annahme der Antragsteller auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG hätte durchgeführt werden müssen.

11

Soweit die Antragsteller sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wenden, das Grundstück D. E. liege im Außenbereich, führt auch dies nicht zu einem Erfolg ihrer Beschwerde. Außenbereich ist die Gesamtheit der von den §§ 30 und 34 BauGB nicht erfassten Flächen (BVerwG, Urt. v. 1.12.1972 - IV C 6.71 -, BVerwGE 41, 227, [...] Rdn. 18; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 35 Rdn. 2). Das Verwaltungsgericht hat insofern zutreffend darauf abgestellt, dass ausweislich der - mittlerweile wohl unanfechtbaren - Innenbereichssatzung der Gemeinde G. das Wohnhaus D. E. im Außenbereich liegt. Die Antragsteller haben im Übrigen im Rahmen ihrer Beschwerde keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass - entgegen den klarstellenden Festsetzungen der Innenbereichssatzung - das Wohnhaus D. E. doch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 BauGB liegt. Hierfür ist dem Senat auch nichts ersichtlich. Nach summarischer Prüfung spricht danach nichts dafür, dass - wie die Antragsteller meinen - das Verwaltungsgericht in ihrem Fall zu.U.nrecht von einem für den Außenbereich geltenden - geringeren - Schutzbedürfnis ausgegangen sei.

12

Das Vorbringen der Antragsteller bietet keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts - nachbarschützende Vorschriften oder das Rücksichtnahmegebot verletzt sein könnten. Das Verwaltungsgericht hat - wie geboten, wenn, wie hier, der Abstand zwischen Wohnbebauung und Windenergieanlage weniger als das Dreifache der Gesamthöhe der Anlage beträgt, - intensiv geprüft, ob von der geplanten Windenergieanlage eine optisch bedrängende Wirkung auf das Wohnhaus D. E. ausgeht. Das Vorbringen der Antragsteller stellt das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis nicht in Frage. Ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist, lässt sich nicht nach allgemeingültigen Maßstäben beurteilen, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, um so mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (s. etwa OVG NRW, Urt. v. 9.8.2006 - 8 A 3726/05 -, OVGE 50, 191, [...] Rdn. 65 m.w.N.). Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass nach diesen Maßgaben die geplante Windenergieanlage entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts unzumutbar bedrängend wirken wird, haben die Antragsteller nicht vorgetragen. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in Richtung der geplanten Anlage gelegenen Räume des Wohnhauses, die u.a. als Küche und Schlafzimmer genutzt werden, nicht in gleicher Weise schutzbedürftig sind wie die südlich gelegenen Wohn- und Aufenthaltsbereiche. Es liegt auf der Hand, dass die optische Wirkung der Anlage selbst und der - möglicherweise am meisten Irritationen verursachenden - Drehbewegung ihres Rotors regelmäßig in erster Linie an den Orten wahrgenommen wird, die tagsüber dem Aufenthalt und der Erholung dienen, wie das etwa bei einem Wohnzimmer der Fall ist. Soweit die Antragsteller bemängeln, das Verwaltungsgericht habe den im Norden des Hauses angelegten Außensitzplatz (eine an der nördlichen Garagenwand stehende Bank) als untergeordneten Freisitz bewertet, gilt nichts anderes. Im Norden gelegene Außenbereiche gelten im Hinblick auf die hier allgemein bestehenden Witterungsverhältnisse gemeinhin als weniger attraktiv und werden üblicherweise auch weniger genutzt (vgl. auch Bay. VGH, Beschl. v. 5.10.2007 - 22 CS 07.2073 -, [...] Rdn. 17). Unabhängig davon ist hier maßgeblich, dass an der Süd- und Westseite des Hauses ebenfalls Terrassen und Außenbereiche vorhanden sind, bei deren Nutzung nicht, zumindest nicht in gleichem Maße mit optischen Beeinträchtigungen durch die geplante Windenergieanlage zu rechnen ist. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet dieser Einzelfallumstände den Antragstellern die von der Windenergieanlage ausgehende optische Wirkung nicht zuzumuten wäre, haben sie nicht dargelegt.

13

Dafür, dass die für - wie hier - Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts überschritten werden, gibt es keinen fassbaren Anhaltspunkt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Antragsgegner der Beigeladenen durch Nr. 1.1 bis 1.3 der Nebenbestimmungen zum Genehmigungsbescheid vom 1. Dezember 2011 die Einhaltung im Einzelnen bestimmter Schallleistungspegel vorgegeben hat und damit nach den Feststellungen des schalltechnischen Gutachtens davon auszugehen ist, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Substantiierte Einwände erheben die Antragsteller hiergegen nicht. Ob die Windenergieanlage den Nebenbestimmungen entsprechend betrieben werden wird, ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 1. Dezember 2011 unerheblich. Dies ist eine Frage der ordnungsgemäßen Anlagenüberwachung durch den Antragsgegner. Für eine summative Betrachtung aller geplanten Windenergieanlagen ist - entgegen der Auffassung der Antragsteller - in diesem Zusammenhang angesichts des Genehmigungsgegenstandes kein Raum.

14

Soweit die Antragsteller den für die geplante Windenergieanlage gewählten Standort beanstanden, hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass Gegenstand der Prüfung nur die Frage ist, ob das geplante Vorhaben Nachbarrechte verletzt oder nicht. Ist das - wovon hier aus den dargelegten Gründen nach summarischer Prüfung auszugehen ist - nicht der Fall, kann die Genehmigung nicht durch einen Hinweis auf aus Sicht eines Nachbarn besser geeignete Alternativstandorte mit Erfolg angegriffen werden.