Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.07.2014, Az.: 7 ME 42/14

Notwendigkeit eines festgestellten Sicherheitsproblems vor dem Widerruf bzw. der Aussetzung einer Pilotenlizenz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.07.2014
Aktenzeichen
7 ME 42/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 24054
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0730.7ME42.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 08.04.2014 - AZ: 2 B 59/14

Fundstellen

  • NordÖR 2014, 452-454
  • ZLW 2014, 501-506

Amtlicher Leitsatz

Der Widerruf bzw. die Aussetzung einer Pilotenlizenz und der damit verbundenen Berechtigungen oder Zeugnisse nach ARA.FCL.250 a) i.V.m. ARA.GEN.355 a) verlangt, dass die zuständige Behörde dem Inhaber der Lizenz die Beanstandung vor Beginn der Untersuchung schriftlich mitteilt und (erst) nach erfolgter Untersuchung, wenn der Verstoß sich bestätigt und ein Sicherheitsproblem festgestellt wird, den Widerruf oder die Beschränkung ausspricht. Auch für Ordnungsbehörden gilt das gesetzliche Beweismaß der vollen Überzeugungsbildung, da es dem materiellen Recht zuzuordnen ist. Das Aufzeigen von Zweifeln, Fragwürdigkeiten oder Ungereimtheiten reicht für den zu führenden Vollbeweis nicht aus.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 8. April 2014 geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 05.03.2014 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/4, der Antragsteller zu 1/4.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem es seinen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Aussetzung der Musterberechtigung TR BD 700 und die beiden Lehrberechtigungen (TRI) BD 700 sowie (TRI) CL 604/605 verbunden mit einer entsprechenden Einschränkung seiner Verkehrspilotenlizenz ATPL (A) durch Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 05.03.2014 abgelehnt hat, hat teilweise Erfolg.

Das Verfahren ist nicht hinsichtlich der Musterberechtigung TR BD 700 erledigt, da diese - abweichend von der Annahme des Verwaltungsgerichts - nicht am 28.02.2014 ausgelaufen, sondern durch Handeintrag des Prüfers B. bis zum 28.02.2015 verlängert worden ist.

Der streitgegenständliche Bescheid des Luftfahrt-Bundesamtes ist verfahrensfehlerhaft ergangen und beruht auf einer unzureichenden Ermittlung der Tatsachengrundlagen, was nicht durch Gewährung von Beweiserleichterungen ausgeglichen werden kann, wie die Beschwerde zu Recht beanstandet.

Das Luftfahrt-Bundesamt stützt den - inzwischen erledigten - Widerrufsbescheid vom 01.08.2013 auf ARA.FCL.250 Buchst. a Ziff. 1 und 7; den Bescheid über die Aussetzung der Muster- und Lehrberechtigungen vom 05.03.2014 auf FCL.070 Buchst. a des Anhangs 1 i.V.m. ARA.FCL.250 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1178/2011. Nach ARA.FCL.250 a) beschränkt oder widerruft die zuständige Behörde eine Pilotenlizenz und die damit verbundenen Berechtigungen oder Zeugnisse oder setzt sie gemäß ARA.GEN.355 unter anderem aus, wenn die Pilotenlizenz, die Berechtigung oder das Zeugnis durch Fälschung eingereichter Nachweise erlangt wurde (Ziff. 1) und bei inakzeptabler Leistung des Prüfers in einer der ihm obliegenden Pflichten und Verantwortlichkeiten (Ziff. 7). Nach ARA.GEN.355 a), dessen Voraussetzungen aufgrund des Verweises auf diese Norm zu prüfen sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nimmt die zuständige Behörde, wenn sie im Rahmen ihrer Aufsicht oder auf anderem Wege Nachweise für eine Nichteinhaltung der einschlägigen Anforderungen durch eine Person, die Inhaberin einer Berechtigung ist, erhält, die Beanstandung auf, verzeichnet diese und teilt dies dem Inhaber der Lizenz, des Zeugnisses, der Berechtigung oder der Bescheinigung schriftlich mit. Anschließend führt sie eine Untersuchung durch. Bestätigt sich dabei der Tatbestand eines Verstoßes, beschränkt oder widerruft sie die Lizenz, das Zeugnis, die Berechtigung oder die Bescheinigung bzw. setzt diese(s) nach ARA.GEN.355 b) 1. aus, wenn ein Sicherheitsproblem festgestellt wird.

Ein Widerruf bzw. eine Aussetzung nach ARA.FCL.250 a) i.V.m. ARA.GEN.355 a) setzt demnach zunächst voraus, dass die zuständige Behörde dem Inhaber der Lizenz bzw. der Berechtigungen die Beanstandung vor Beginn der Untersuchung schriftlich mitteilt und (erst) nach erfolgter Untersuchung, wenn der Verstoß sich bestätigt und ein Sicherheitsproblem festgestellt wird, den Widerruf oder die Beschränkung ausspricht.

Das Luftfahrt-Bundesamt hat es unterlassen, gegenüber dem Antragsteller als betroffenem Inhaber der Berechtigungen bzw. der Lizenz die erforderliche schriftliche Mitteilung zu machen und damit Verfahrensrecht verletzt. Der Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Anforderungen des Gemeinschaftsrechts kann - unabhängig von der Frage einer Übertragbarkeit - nicht mit dem Hinweis auf eine für vergleichbare Verfahrensanforderungen des nationalen Rechts verbreitet vertretene "Heilungspraxis" als unbeachtlich angesehen werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urte. v. 24.06.2010 - 3 C 14.09 -, [...] Rn. 37, u.v. 22.03.2012 - 3 C 16.11 -, [...] Rn. 18), der sich der Senat angeschlossen hat (Beschl. v. 08.02. 2013 - 7 ME 211/12 -, n.v., u.v. 06.11.2013 - 7 LB 67/13 -, [...] Rn. 29ff.), die Heilung eines Anhörungsmangels voraussetzt, dass die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht. Die Nachholung verlangt, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (HessVGH, Beschl. v. 06.11.2012 - 6 B 1267/12 -, [...] Rn. 21ff. m.w.N.). Dass der Betroffene einen Widerspruch einlegt und die Behörde dies - wie hier - zur Kenntnis und zur Akte nimmt, ohne über den eingelegten Rechtsbehelf zu entscheiden, genügt daher nicht. Das Luftfahrt-Bundesamt ist bisher auch keinem der Hinweise des Antragstellers nachgegangen, obwohl diese die Entscheidungsgrundlagen, von denen es ausgegangen ist, in Frage stellen. Eine Nachfrage bei den Simulatorbetreibern nach der Validität der von diesen gelieferten Nutzungsdaten hat nicht stattgefunden, Äußerungen der Ausbilder des Antragstellers sind nicht eingeholt worden.

Das Luftfahrt-Bundesamt schlussfolgert das Vorliegen der Aussetzungsvoraussetzungen aus Angaben in den Ausbildungsnachweisen des Antragstellers, die sich auf die darin angegebenen Ausbildungszeiten beziehen und hält für die vorhandenen Unstimmigkeiten (auch) ihn verantwortlich. In seinem (inzwischen erledigten) Bescheid vom 01.08.2013 sieht es "... berechtigte Zweifel ... über die fachliche Kompetenz" und seine "... charakterliche Eignung" begründet bzw. im Bescheid vom 05.03.2014 "... die tatsächliche Durchführung der praktischen Ausbildung in Frage (gestellt)", sowie "... große Zweifel an einer vollständig durchgeführten Ausbildung", weiterhin wird "... zusätzlich ... die Durchführung der praktischen Prüfung angezweifelt" und "... die Durchführung einer Prüfung mit dem Prüfer (TRE C.) als äußerst fragwürdig (bezeichnet)".

Diese Ausführungen lassen die gebotene Feststellung der Widerrufs- bzw. Aussetzungsvoraussetzungen nach ARA.FCL.250 a) und FCL.070 a) des Anhangs 1 nicht erkennen. Eine Fälschung eingereichter Nachweise im strafrechtlichen Sinne, wie in ARA.FCL.250 a) bezeichnet, die eine Täuschung über die Aussteller der Nachweise voraussetzen würde, wirft die Antragsgegnerin dem Antragsteller nicht vor. Ein konkretes Sicherheitsproblem iSv ARA.GEN.355 b) außer der Mutmaßung, die - seinerseits vermutete - unzureichende Ausbildung des Antragstellers könne eine unzureichende Ausbildung anderer durch ihn zur Folge haben, wird nicht bezeichnet. Ob die in ARA.FCL.250 a) Ziff. 1, 2 und 6 genannten Umstände den Schluss zulassen, der Gesetzgeber habe "... die charakterliche Eignung als allgemeines Kriterium zu berücksichtigen beabsichtigt", wie das Luftfahrt-Bundesamt im Bescheid vom 01.08.2013 ohne Beleg und Auseinandersetzung mit der VO (EU) Nr. 1178/2011 behauptet hat, erscheint eher zweifelhaft. Gegenüber einer auf nationaler Rechtstradition beruhenden "Findung" neuer Tatbestände in europarechtlich vereinheitlichten Rechtsnormen ist Zurückhaltung geboten. Unabhängig davon beruhen die Annahmen des Luftfahrt-Bundesamtes zur "charakterliche Eignung" des Antragstellers, der bei der Bundeswehr bis zum Major aufgestiegen ist und im gerichtlichen Verfahren tadellose persönliche Beurteilungen seiner früheren Vorgesetzten vorgelegt hat, auf einer unzureichenden Tatsachenbasis. Unsicherheiten in der Anwendung der maßgeblichen Rechtsgrundlage werden darüber hinaus deutlich, wenn nunmehr maßgeblich auf ein "... Fehlverhalten des Beschwerdeführers selbst" abgestellt wird, obwohl weder ARA.FCL.250 a) noch FCL.070 a) des Anhangs 1 ein Verschuldenserfordernis beinhalten.

Allerdings eröffnet die Formulierung "unter anderem" in ARA.FCL.250 a) die Möglichkeit, andere Fälle, die von ihrem Gewicht her mit den unter den Nummern 1. bis 7. von ARA.FCL.250 a) beispielhaft aufgeführten Fällen vergleichbar sind, tatbestandlich gleichzustellen. Will man die inhaltliche Unrichtigkeit von Nachweisen als einen solchen Fall erfassen, wie Antragsgegner und Verwaltungsgericht es vertreten, macht dies allerdings notwendig, zwischen erheblichen und unerheblichen Unrichtigkeiten zu differenzieren, weil unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht jeder Irrtum des Ausstellers oder jeder Schreibfehler, etwa eine unrichtige Datumsangabe, ein Zahlendreher o.ä., den Widerruf oder die Aussetzung der Lizenz rechtfertigen kann, wenn Ausbildung und Prüfung selbst ordnungsgemäß erfolgt sind.

In diesem Zusammenhang ist vorliegend von Bedeutung, dass für die Ausbildung des Antragstellers in Montreal und in Dubai bisher nur eine Unvereinbarkeit der Zeitangaben in den Ausbildungsbescheinigungen mit den Aufzeichnungen der Simulatorbetreiber belegt ist, ohne dass geklärt wäre, ob die zutage getretenen Divergenzen auch auf einer mangelhaften Datenerfassung bei der Simulatornutzung beruhen können. Dafür, dass die Logbuch-Aufzeichnungen möglicherweise unvollständig sind, spricht neben der Behauptung des Antragstellers und des Ausbilders D. auch die Aussage des von Austro Control vernommenen Piloten E.. Die zeitliche Überschneidung des Checkfluges D. am 07.08.2010 mit der Ausbildung des Antragstellers belegt zunächst nur, dass nicht beides stattgefunden haben kann, besagt jedoch nicht, welche der ausgestellten Bescheinigungen inhaltlich unrichtig ist. Die Ausbilder des Antragstellers, D. und F. (wie im Übrigen auch TRE C.), sind von Seiten des Luftfahrt-Bundesamtes jedenfalls bisher nicht um eine Stellungnahme ersucht und mit den Vorwürfen konfrontiert worden. Das Luftfahrt-Bundesamt, das die Berechtigungen des Antragstellers "... bis zum Nachweis der vollständigen Ausbildung" bzw. "... bis zum Nachweis des ordnungsgemäßen Erwerbs der Musterberechtigung" ausgesetzt hat, hat - trotz dessen wiederholter Nachfrage - auch nicht klargestellt, die Vorlage welcher Nachweise es von ihm erwartet. Es ist der - nicht beweisbelastete - Antragsteller, der eidesstattliche Versicherungen beider Prüfer beigebracht hat, in denen ihm eine ordnungsgemäße Ausbildung bescheinigt wird. Diese Äußerungen dürfen nicht von vornherein schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als interessegeleitet und deshalb unwahr abqualifiziert werden. Behördliche Ermittlungsdefizite können nicht durch eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung ausgeglichen werden.

Der sich aus den Ermittlungen von Austro Control ergebende Verdacht, dass Ausbildungen durch die G. GmbH nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, begründet zwar einen Anfangsverdacht gegenüber Lizenzinhabern, deren Ausbildung durch diese Einrichtung vorgenommen worden ist, indes wird hierdurch noch kein Beweis für konkrete Verstöße des Antragstellers gegen ARA.FCL.250 a) und FCL.070 a) des Anhangs 1 geführt, auch kein Beweis des ersten Anscheins. Auch die Ermittlungsergebnisse von Austro Control, soweit sie sich aus der Verfahrensakte des Luftfahrt-Bundesamtes und den Gerichtsakten ergeben, tragen nicht den Schluss, es seien sämtliche Ausbildungen betroffen. Die Aussagen E. und H. gegenüber Austro Control enthalten zudem keinerlei Angaben zur Ausbildung des Antragstellers. Es muss daher zumindest in Betracht gezogen werden, dass seitens der G. GmbH (auch) ordnungsgemäße Ausbildungen durchgeführt worden sind und seine Ausbildung zu diesen gehört haben könnte.

Im Hinblick auf den bestehenden Aufklärungsbedarf und die zahlreichen Unsicherheiten in der Würdigung der bisher bekannten Umstände, für die der Verfahrensfehler des Luftfahrt-Bundesamtes zumindest mitursächlich ist, spricht unter Berücksichtigung der Grundsätze der Beweislastverteilung im Verwaltungsprozess die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Interessenabwägung derzeit für eine Wiederherstellung des Suspensiveffekts des Widerspruchs des Antragstellers.

Für die Rechtmäßigkeit ihres Widerrufs- bzw. Aussetzungsbescheides, d.h. für das Vorliegen der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen, trägt die Behörde die volle materielle Beweislast (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 52.76 -, [...] Rn. 12); denn es geht - anders als Ausführungen des Luftfahrt-Bundesamtes teilweise nahelegen - nicht um den Erwerb einer Lizenz oder Berechtigung. Die Schwierigkeiten eines Negativbeweises ändern die Verteilung der Beweislast grundsätzlich nicht (BVerwG, Urt. v. 27.09.2006 - 3 C 34.05 -, [...] Rn. 22 m.w.N.). Dabei gilt auch für die Ordnungsbehörde das gesetzliche Beweismaß der vollen Überzeugungsbildung, da es dem materiellen Recht zuzuordnen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.2012 - 7 C 1.11 -, [...] Rn. 37). Ein behördlicher Eingriffsakt kann daher nicht nur auf Vermutungen und einen (begründeten) Anfangsverdacht gestützt werden. Die Formulierung von Zweifeln, Fragwürdigkeiten oder Ungereimtheiten durch die Behörde im Widerrufs- bzw. Aussetzungsbescheid - wie hier seitens des Luftfahrt-Bundesamtes - reicht für den zu führenden Vollbeweis nicht aus.

Es ist Aufgabe der Verwaltungsgerichte, von Amts wegen aufzuklären, ob die behördliche Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachenbasis beruht (BVerwG, Urt. v. 22.03.2012, a.a.O.). Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Streitstoffs kann nicht durch richterliche Überzeugungsbildung ersetzt werden; die freie Überzeugungsbildung betrifft nicht die Feststellung des Sachverhalts, sondern die Würdigung der ermittelten Tatsachen (BVerwG, Urt. v. 22.03.2012, a.a.O.). Diese Grundsätze können nicht dadurch überspielt werden, dass die Folgen einer unzureichenden Amtsermittlung und Sachaufklärung der Behörde durch Beweiserleichterungen, etwa die Konstruktion eines Anscheinsbeweises, kompensiert werden und damit - faktisch - eine Umkehr der Beweisführungslast zu Lasten der nicht beweispflichtigen Partei eintritt. Eine dem Zivilprozess vergleichbare Behauptungslast und Beweisführungslast ist dem Verwaltungsprozess wegen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) fremd (BVerwG, Urt. v. 26.01.1979, a.a.O.). Für die Annahme von Beweiserleichterungen ist erst dann Raum, wenn die Möglichkeiten zur Aufklärung des maßgeblichen Sachverhaltes zuvor ausgeschöpft worden sind. Schwierigkeiten der Beweisführung ist bei der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen, wobei die prozessuale Mitwirkungspflicht und Mitwirkungslast der Beteiligten bedeutsam sein können (BVerwG, Urt. v. 27.09. 2006 - 3 C 34.05 -, [...] Rn. 22 m.w.N.).

II. Dagegen kann der Antragsteller weder die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Widerrufsbescheid vom 01.08.2013 noch die begehrte Anordnung verlangen, seine abgelaufene Prüferanerkennung (TRE) Nr. D-4001 bei Vorliegen der in FCL 1025 c) genannten Voraussetzungen auf Antrag zu erneuern.

Die luftfahrtrechtliche Prüferanerkennung des Antragstellers für die Flugzeugmuster CL 604/605 und BD 700 ist am 09.11.2013 ausgelaufen und hat damit ihre Wirksamkeit durch Zeitablauf verloren (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerrufsbescheid des Luftfahrt-Bundesamtes vom 01.08.2013 ginge daher ins Leere, so dass insoweit das Rechtsschutzbedürfnis schon für den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz fehlt.

Der Antrag auf Erlass einer Anordnung, das Luftfahrt-Bundesamt zu verpflichten, die abgelaufene Prüferanerkennung des Antragstellers (auf Antrag) zu erneuern, ist ebenfalls unzulässig. Insoweit käme nur eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO in Betracht. Eine entsprechende Antragserweiterung ist im Beschwerdeverfahren indes nach der Rechtsprechung des Senats nicht zulässig; weder hat sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich geändert, noch ist effektiver Rechtsschutz anderenfalls nicht zu erlangen (Nds.OVG, Beschl. v. 18.07.2013 - 8 ME 110/13 -, [...] Rn. 10 m.w.N.).

Darüber hinaus würde es auch an einem vorherigen Verwaltungsantrag bei der zuständigen Behörde fehlen, der für Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich Sachentscheidungsvoraussetzung ist (OVG Berlin, Beschl. v. 28.06.1996 - 8 S 148.96 -, [...] Rn. 4 ff.; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 Rn. 106). Diese Sachentscheidungsvoraussetzung kann der Antragsteller nicht dadurch umgehen, dass er beantragt, seine Anerkennung "... auf Antrag" zu erneuern. Er muss sich darauf verweisen lassen, zunächst bei dem Luftfahrt-Bundesamt mit seinem Begehren vorstellig zu werden, bevor er insoweit einstweiligen Rechtsschutz beantragt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und Ziff. 1.5 sowie 26.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und legt einen Betrag von jeweils 7.500 EUR für jede streitigen Anerkennung bzw. Berechtigung zugrunde (zus. 30.000 EUR), der im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Verfahrens zu halbieren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).