Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.07.2014, Az.: 1 ME 71/14

Gleichstellung der Beteiligtenstellung im Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO und der Stellung im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO; Bestimmung der Pflicht zur Tragung der Verfahrenskosten nach der materiellen Interessenlage und den gestellten Anträgen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.07.2014
Aktenzeichen
1 ME 71/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 21339
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0711.1ME71.14.0A

Fundstellen

  • BauR 2015, 478-479
  • DÖV 2014, 852
  • JurBüro 2014, 645-648

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Beteiligtenstellung im Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entspricht der Stellung im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (wie BVerwG, Beschl. v. 27.1.1982 4 ER 401.81 , juris Rn. 19 = BVerwGE 64, 347 [BVerwG 27.01.1982 - BVerwG 4 ER 401.81]).

  2. 2.

    Wer als unterliegender Teil gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten zu tragen hat, richtet sich nicht nach der formalen Beteiligtenstellung, sondern nach der materiellen Interessenlage und den gestellten Anträgen.

  3. 3.

    Auf eine Anschlussbeschwerde gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. mit § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO findet § 158 Abs. 1 VwGO keine Anwendung.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 14. April 2014 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird die Kostenentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 14. April 2014 geändert.

Die Kosten des Abänderungsverfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine Kindertagesstätte; die Beteiligten streiten im Abänderungsverfahren darüber, ob das Vorhaben aufgrund seiner verkehrlichen Auswirkungen trotz einiger Veränderungen weiterhin als rücksichtslos anzusehen ist.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Wohngrundstücks C. Straße 53 in B.. Auf der gegenüberliegenden Seite der als verkehrsberuhigter Bereich ("Spielstraße") mit einer nutzbaren Breite von weniger als 5 m ausgebauten C. Straße liegt das Baugrundstück mit der Nummer 171; auf diesem Grundstück möchte der Beigeladene aufgrund einer Baugenehmigung vom 9. Juli 2013 mit erstem Nachtrag vom 14. Oktober 2013 eine Kindertagesstätte mit einer Kindergartengruppe mit 25 Kindern und zwei Krippengruppen mit jeweils 15 Kindern errichten. Die Baugenehmigung sah in der vorstehenden Fassung auf dem Baugrundstück die Errichtung von sechs vollständig von den Mitarbeitern zu belegenden Stellplätzen sowie einer maximal 10 m langen Haltezone im straßenseitigen Bereich der rund 6 m breiten Zufahrt vor.

Gegen diese Baugenehmigung wandte sich die Antragstellerin mit Widerspruch und Klage; sie beantragte zudem vorläufigen Rechtsschutz. Diesem Antrag gab der Senat mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 (- 1 ME 214/13 -, juris = BauR 2014, 663 = NVwZ-RR 2014, 296; vorangehend VG Oldenburg, Beschl. v. 24.10.2013 - 4 B 6204/13 -, V.n.b.) statt. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die Baugenehmigung verstoße aller Voraussicht nach gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO), weil das Bauvorhaben zu chaotischen und der Antragstellerin unzumutbaren Verkehrsverhältnissen führen werde. Die C. Straße weise aufgrund ihres Ausbauzustands und der straßenverkehrsrechtlichen Beschränkungen eine sehr geringe Fähigkeit zur Aufnahme des An- und Abfahrtverkehrs auf. Deshalb bedürfe es kompensatorischer Maßnahmen auf dem Baugrundstück in Gestalt von ausreichend Raum zum Halten, Parken und Wenden. Das stelle die Baugenehmigung in der Fassung des ersten Nachtrags nicht sicher.

Der Beigeladene nahm dies zum Anlass, sein Bauvorhaben - genehmigt mit Nachtragsbaugenehmigung vom 15. Januar 2014 - in zwei Punkten zu modifizieren: Statt sechs stehen zwölf Stellplätze auf dem Baugrundstück zur Verfügung, von denen mindestens sechs dem Hol- und Bringverkehr der Eltern vorbehalten bleiben. Die Zufahrt weist auf ihrer gesamten Länge von gut 30 m eine nutzbare Breite von mindestens 6 m auf; die ursprünglich vorgesehene Haltezone entfällt. Die Antragsgegnerin weitete überdies die C. Straße im Bereich der südlich des Baugrundstücks vorhandenen 90°-Kurve auf, sodass nunmehr durchweg eine Fahrbahnbreite von mehr als 4,50 m zur Verfügung steht.

Auf Antrag des Beigeladenen, dem die Antragsgegnerin beigetreten ist, hat das Verwaltungsgericht Oldenburg daraufhin mit Beschluss vom 14. April 2014 den Beschluss des Senats vom 20. Dezember 2013 geändert und den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Die Kosten hat das Gericht jeweils zur Hälfte der - als Beigeladene geführten - Antragstellerin und der Antragsgegnerin auferlegt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO handele es sich zwar um ein selbstständiges Verfahren. Ungeachtet dessen seien die Parteirollen jedoch in Anlehnung an das Ausgangsverfahren zu bestimmen; Antragsgegnerin sei deshalb die Stadt B. und nicht die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens. In der Sache sei eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme aufgrund der in der Nachtragsbaugenehmigung vom 15. Januar 2014 vorgenommenen Veränderungen nicht mehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu besorgen. Die dafür reservierten sechs Stellplätze auf dem Baugrundstück reichten zur Abwicklung der Hol- und Bringvorgänge aus. Da die Haltezone entfalle, seien zudem das Ein- und Ausparken sowie das Wenden auf dem Grundstück möglich; zudem stehe die Zufahrt nunmehr auch im straßenseitigen Bereich in beiden Fahrtrichtungen zur Verfügung, sodass eine Blockade des Einfahrtbereichs nicht mehr zu befürchten sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde; die Antragsgegnerin wendet sich mit der Anschlussbeschwerde gegen die die Kostenentscheidung. In der Sache unterstützt sie ebenso wie der Beigeladene die Position des Verwaltungsgerichts.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg; die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

Von Amts wegen berichtigt der Senat das Rubrum und die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Zuordnung der Beteiligtenrollen. Diese entsprechen ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei dem Verfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO um ein gegenüber dem Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbstständiges Verfahren handelt, der jeweiligen Beteiligtenstellung im Ausgangsverfahren. Eine solche Zuordnung, die allerdings auch der Senat in der Vergangenheit nichts stets einheitlich vorgenommen hat, dient der Übersichtlichkeit und vermeidet die gerade in diesem Verfahren offenkundig gewordenen Schwierigkeiten einer Neuzuordnung in Verfahren des Drittrechtsschutzes (wie hier BVerwG, Beschl. v. 27.1.1982 - 4 ER 401.81 -, juris Rn. 19 = BVerwGE 64, 347 = NVwZ 1982, 370 [BVerwG 27.01.1982 - BVerwG 4 ER 401.81]; OVG Rl-Pf., Beschl. v. 23.9.2004 - 8 B 11561/04 -, juris Rn. 2 = NVwZ-RR 2005, 748 = BRS 67 Nr. 197; Schoch, in: ders./Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 548 <Stand der Bearbeitung: September 2011>; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 136; Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 80 Rn. 198; nunmehr auch Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 200; anders VGH BW, Beschl. v. 6.2.1997 - 8 S 29/97 -, juris Rn. 1 = NVwZ-RR 1998, 611 = BRS 59 Nr. 203; Sächs. OVG, Beschl. v. 28.12.2009 - 1 B 400/09 -, juris Rn. 4 f.; Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/ders., Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011, Rn. 1187). Mit der Zuordnung der Beteiligtenrollen ist indes keine Vorentscheidung in Bezug auf die Kosten verbunden; wer als unterliegender Teil gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Verfahrenskosten zu tragen hat, richtet sich nicht nach der formalen Beteiligtenstellung, sondern nach der materiellen Interessenlage und den gestellten Anträgen (zutreffend Funke-Kaiser, a. a. O.).

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Im Gegenteil teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Abänderungsantrag des Beigeladenen insgesamt zulässig ist und in der Sache ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) nicht mehr vorliegt.

Ohne Erfolg zieht die Antragstellerin die Zulässigkeit des Abänderungsantrags gemäß § 80 Abs. 7 VwGO in Zweifel. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat die Ausführungen der Antragstellerin zum Verhältnis der ursprünglich erteilten Baugenehmigung vom 9. Juli 2013 zur Nachtragsbaugenehmigung vom 15. Januar 2014. In rechtlicher Hinsicht modifiziert die Nachtragsbaugenehmigung die ursprüngliche Baugenehmigung unter Beibehaltung der Identität des Bauvorhabens. Es handelt sich nicht um eine selbstständige Genehmigung, sondern um die Änderung einer vorhandenen Genehmigung (vgl. Senat, Beschl. v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 -, juris Rn. 11). Mithin ergibt sich aus der Zusammenschau von Ursprungs- und Nachtragsgenehmigung, in welcher Gestalt das Bauvorhaben errichtet und genutzt werden darf. Davon ausgehend liegt es - wie das Verwaltungsgericht (BA, S. 9-10) zutreffend angenommen hat - auf der Hand, dass eine Nachtragsbaugenehmigung veränderte Umstände i. S. von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu begründen vermag.

Welche Bedeutung den weiteren Ausführungen der Antragstellerin zu einer möglichen Bestandskraft der Nachtragsbaugenehmigung zukommt, erschließt sich dem Senat nicht. Das Verwaltungsgericht ist offenkundig zutreffend davon ausgegangen, dass die Nachtragsbaugenehmigung in das laufende Klageverfahren einbezogen werden kann (BA, S. 10) und der Antragstellerin die Bestandskraft schon deshalb nicht entgegengehalten werden kann.

Erfolglos bleibt auch die Kritik der Beigeladenen am Tenor des angegriffenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat - wie es § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO vorsieht - den Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2013 geändert und den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Dieser Tenor führt dazu, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 9. Juli 2013 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 15. Januar 2014 - der gesetzlichen Regel des § 212a Abs. 1 BauGB entsprechend - mit Wirkung für die Zukunft entfällt. Eine wie auch immer geartete Rückwirkung ist damit ebenso wenig verbunden wie eine Aufhebung der fortgeltenden Nebenentscheidungen des Senats zu Kosten und Streitwert. Allerdings wäre es von Vorteil, wenn das ausdrücklich klargestellt würde.

Auch in der Sache greifen die Beschwerdeangriffe nicht durch. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die Baugenehmigung vom 9. Juli 2013 in der Fassung des Nachtrags vom 15. Januar 2014 aller Voraussicht nach nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) verstößt. Anders als das ursprüngliche Vorhaben führt das Vorhaben in der nunmehr genehmigten Gestalt nicht zu chaotischen Verkehrsverhältnissen aufgrund des Hol- und Bringverkehrs der Eltern und damit nicht zu der Antragstellerin unzumutbaren Beeinträchtigungen.

Richtig ist zwar weiterhin, dass die Leistungsfähigkeit der C. Straße aufgrund der geringen nutzbaren Breite und des Ausbaus als Spielstraße eng begrenzt ist. Die Baugenehmigung kompensiert dieses Defizit nunmehr aber in ausreichender Weise, indem sie - wie der Senat in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2013 gefordert hat - ausreichend Raum zum Halten, Parken und Wenden auf den Baugrundstück selbst bereitstellt. Die den Eltern zur Verfügung stehenden sechs Stellplätze sind ausreichend, um die zu erwartenden 37 Bringvorgänge mit Pkw in der Zeit von 7:30 bis 9:00 Uhr sowie die entsprechenden Abholvorgänge in der Zeit von 13:00 und 15:30 Uhr abzuwickeln. Dies zieht auch die Antragstellerin nicht substanziiert in Zweifel. Die durchgehend mindestens 6 m breite und in dieser Breite auch tatsächlich nutzbare Zufahrt stellt nach dem Entfallen der Haltezone zudem sicher, dass die Stellplätze ungehindert erreicht und wieder verlassen werden können. Zweckmäßigerweise werden die Fahrzeuge die Stellplätze dabei vorwärts anfahren und rückwärts unter Wechsel der Fahrtrichtung wieder verlassen. Anders als zuvor steht deshalb nicht mehr zu befürchten, dass sich die an- und abfahrenden Fahrzeuge gegenseitig blockieren werden. Eine Breite von 6 m auf einer Länge von gut 30 m ist sowohl für den Begegnungsverkehr als auch für die erforderlichen Rangiermanöver ausreichend. Dass die fehlende Trennung von Fußgänger- und Fahrzeugverkehr die Nutzer der Kindertagesstätte gefährdet, mag zutreffen. Zu einer Verletzung von Rechten der Antragstellerin führt eine solche mögliche Gefährdung indes nicht; es bleibt dabei, dass die Leistungsfähigkeit der Zufahrt aller Voraussicht nach ausreichend bemessen ist.

Soweit die Antragstellerin einwendet, ungeachtet der Maßnahmen auf dem Baugrundstück sei die C. Straße nicht in der Lage, den An- und Abfahrtverkehr aufzunehmen, folgt der Senat dem nicht. Legt man zugrunde, dass in der verkehrsstärksten Zeit zwischen 7:30 und 9:00 Uhr 37 Kinder mit dem Pkw gebracht werden und weitere sechs Mitarbeiter mit den Pkw anreisen, entspricht dies 80 Fahrbewegungen innerhalb von 90 Minuten. Das entspricht nicht einmal einer Fahrbewegung pro Minute; das wiederum ist eine Verkehrsmenge, die auch eine relativ schmale und als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesene Straße unter Hinzurechnung des vorhandenen Anwohnerverkehrs ohne besondere Schwierigkeiten aufzunehmen vermag. Inwieweit die C. Straße dabei der RASt 2006 entspricht, ist unerheblich. Nur ergänzend merkt der Senat deshalb an, dass die Fahrbahnbreite von Erschließungsstraßen ohne Linienbusverkehr nach den RASt. 2006 regelmäßig 4,50 bis 5,50 m beträgt (vgl. Nr. 6.6.6.2 mit Tabelle 7 RASt. 2006), das Mindestmaß hier demnach durchweg überschritten wird, und die Fahrgassen im Bereich von Mischverkehrsflächen sogar nur in einer Breite von 3,00 bis 4,50 m anzulegen sind (vgl. Nr. 6.1.1.11 RASt. 2006). Ein Begegnungsverkehr von Pkw ist uneingeschränkt bei einer Fahrbahnbreite von 4,75 m und mit eingeschränktem Bewegungsspielraum bereits bei einer Breite von 4,35 m möglich (vgl. Bild 17 RASt. 2006). Auch vor diesem Hintergrund sind die Befürchtungen der Antragstellerin deutlich überzogen.

Auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten der Verkehrsführung kommt es vor diesem Hintergrund ebenso wenig an wie auf die baurechtlich ohnehin irrelevante Frage des Bedürfnisses nach weiteren Kindergartenplätzen im Südosten der Antragsgegnerin.

Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.

Die Anschlussbeschwerde ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. mit § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO ohne Fristbindung statthaft. Mit ihr kann der Anschlussbeschwerdeführer ein dem Beschwerdeführer entgegengesetztes Rechtsschutzziel geltend machen, das über die bloße Zurückweisung der Beschwerde hinausgeht. Ein solches Ziel verfolgt die Beigeladene, weil sie über die Zurückweisung der Beschwerde hinaus eine Korrektur der Kostengrundentscheidung zu Lasten der Antragstellerin begehrt.

Die Anschlussbeschwerde ist zulässig. Ihr steht nicht das Fehlen eines bestimmten Antrags (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) entgegen. Der Anschlussbeschwerdeschrift vom 12. Juni 2014 ist vielmehr der Antrag zu entnehmen, die Kostengrundentscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern. Dass dies zu Gunsten der Antragsgegnerin - und demzufolge zu Lasten der Antragstellerin - erfolgen soll, versteht sich von selbst und bedurfte keiner expliziten Formulierung, zumal der Senat im Rahmen seiner Beschlussfassung an den Wortlaut des Antrags ohnehin nicht gebunden ist (vgl. § 88 VwGO in entsprechender Anwendung).

Der Anschlussbeschwerde steht nicht § 158 Abs. 1 VwGO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Das gilt zur Vermeidung von Umgehungen auch in Fällen, in denen ein durch eine Kostenentscheidung belasteter Verfahrensbeteiligter in der Hauptsache kein zulässiges Rechtsmittel einlegen kann und deshalb mit seinem Rechtsmittel die Hauptsacheentscheidung nur formal einbezieht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.11.2002 - 7 B 104.02 -, juris Rn. 3). Die vorstehenden Einschränkungen gelten indes nicht für die Anschlussbeschwerde. Ihr Sinn und Zweck liegt nämlich darin, das Rechtsmittelgericht von der Pflicht freizustellen, ohne Entscheidung zur Hauptsache allein die Kostenentscheidung isoliert überprüfen zu müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.6.1999 - 4 B 18.99 -, juris Rn. 6 = NVwZ-RR 1999, 692 [BVerwG 14.06.1999 - 4 B 18.99]). Ein solcher Fall liegt im Fall eines Anschlussrechtsmittels nicht vor, weil das Rechtsmittelgericht die Hauptsache ohnehin überprüft. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist deshalb teleologisch zu reduzieren (vgl. Sächs. OVG, Beschl. v. 3.3.2010 - 1 E 3/10 -, juris Rn. 2 = NVwZ-RR 2010, 624; OVG Rl-Pf., Beschl. v. 12.5.1998 - 12 A 12501/97 -, juris Rn. 18 = NVwZ 1999, 198; VGH BW, Urt. v. 7.3.1996 - 2 S 2537/95 -, juris Rn. 21).

Die Anschlussbeschwerde ist begründet; die dargelegten Gründe führen zu einer Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung im Sinne der Antragsgegnerin. Das Verwaltungsgericht hat diese zu Unrecht gemäß § 154 Abs. 1 VwGO an den Kosten des Verfahrens beteiligt. Nach dieser Vorschrift trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Wer unterliegt und wer obsiegt, richtet sich - wie bereits ausgeführt - nicht nach der formalen Beteiligtenstellung, sondern nach dem materiellen Interesse und den gestellten Anträgen. Davon ausgehend ist allein die Antragstellerin in erster Instanz unterlegen und zur Kostentragung verpflichtet. Die Antragsgegnerin hatte mit ihrem Begehren, der Beschwerde des Beigeladenen stattzugeben, Erfolg, sodass keine rechtliche Grundlage dafür besteht, sie mit Kosten zu belasten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Auch im Beschwerdeverfahren ist der Streitwert für das Abänderungsverfahren nicht nach dem Interesse des Antragstellers des Ausgangsverfahrens, sondern eigenständig nach dem Interesse des Änderungsantragstellers zu bemessen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 26.3.1999 - 1 O 867/99 -, juris Rn. 2 f. = NVwZ-RR 1999, 813 = BRS 62 Nr. 200; Beschl. v. 2.8.2001 - 1 MN 1194/01 -, juris Rn. 15 = NVwZ-RR 2002, 700 [OVG Niedersachsen 02.08.2001 - 1 MN 1194/01]). Zur näheren Begründung nimmt der Senat Bezug auf seinen Beschluss im Streitwertbeschwerdeverfahren 1 OA 100/14 vom heutigen Tag.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).