Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 17.02.2016, Az.: 2 A 405/15

Neuerteilung der Lizenz; Widerruf der Lizenz; luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit; Zuverlässigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
17.02.2016
Aktenzeichen
2 A 405/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43451
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Auch nach Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 bleibt die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit (Safety) Voraussetzung für die Erteilung von Pilotenlizenzen.

2. Zu den Anforderungen der Annahme wiedergewonnener Zuverlässigkeit nach einem Lizenzwiderruf.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erneuerung seiner zuvor widerrufenen Verkehrspilotenlizenz  nebst Klassen- und IR-Berechtigung.

Der im Jahr 1970 geborene Kläger absolvierte nach dem Abitur ein Fachhochschulstudium und war anschließend sieben Jahre im gehobenen Polizeidienst tätig. Nachdem er im Jahr 1999 eine Privatpilotenlizenz erlangt hatte, erwarb er am 14.02.2001 eine Lizenz als Verkehrsflugzeugführer (ATPL (A)). Im April 2008 wurde dem Kläger, der zuvor andere Flugzeugmuster geflogen hatte, eine Musterberechtigung für das Flugzeugmuster Bombardier Global BD 700 erteilt. Am 14.06.2009 erhielt er auch die Lehrberechtigung für dieses Muster und später zudem eine Prüferberechtigung. Die Musterberechtigung BD 700 wurde zuletzt bis zum 30.09.2013 und die Lehrberechtigung für dieses Muster bis zum 31.05.2014 verlängert. Die Geltungsdauer der ATPL(A) lief am 25.03.2014 ab.

Spätestens seit dem Jahr 2010 war der Kläger als Ausbilder und Prüfer für das Muster BD 700 für die Flugschule E. tätig. Im Frühjahr 2013 setzte das schweizerische Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) das Luftfahrt-Bundesamt von Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Ausbildung eines Piloten in Kenntnis, die der Kläger durchgeführt hatte. Weitere Ermittlungen ergaben, dass der Kläger als Ausbilder und Prüfer wiederholt und erheblich gegen luftverkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen hatte, indem er praktische Ausbildungen zum Erwerb der Musterberechtigung nur erheblich verkürzt durchführte oder in Kenntnis einer unzureichenden Ausbildung Prüfungen abnahm oder nach Durchführung der Ausbildung auch als Prüfer tätig wurde. Darüber hinaus machte er der Behörde gegenüber wiederholt falsche Angaben. Auch seine eigene Musterausbildung für das Flugzeugmuster BD 700 war unzureichend. Aufgrund dieser gravierenden Verstöße widerrief das Luftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 18.07.2013 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Verkehrspilotenlizenz des Klägers mit allen Berechtigungen. Am 11.11.2014 erhob der Kläger gegen den Widerruf der inzwischen abgelaufenen Lizenz Klage, die die Kammer durch Urteil vom heutigen Tag (Az. 2 A 261/14) als unbegründet abgewiesen hat. In den Gründen dieses Urteils hat die Kammer festgestellt, dass der Kläger als Ausbilder und Prüfer wiederholt und erheblich gegen luftverkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen und das Luftfahrt-Bundesamt deshalb die Verkehrspilotenlizenz zu Recht widerrufen hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils 2 A 261/14 verwiesen.

Bereits am 22.09.2014 hatte der Kläger beim Luftfahrt-Bundesamt die Erneuerung seiner ATPL(A)  sowie einer Klassenberechtigung für Flugzeuge bis 2000 kg (SEP) und der Instrumentenflugberechtigung (IR) beantragt. Da eine kurzfristige Entscheidung über seinen Antrag ausblieb, hat er am 11.11.2014 die vorliegende Untätigkeitsklage erhoben. Obwohl die Beklagte den Kläger bereits mit Schreiben vom 09.10.2015 zu der beabsichtigten Ablehnung seines Antrags angehört hat, ist eine Entscheidung bis heute nicht ergangen.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Er habe bei Antragstellung alle für die Erneuerung der Lizenz und der Berechtigungen erforderlichen fachlichen Nachweise vorgelegt (Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1, Erklärung über schwebende Strafverfahren, Führungszeugnis, Auszug aus dem Verkehrszentralregister, Bescheid über die positive Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG, sowie Erneuerungsnachweise einer ATO für die Klassenberechtigung bis 30.09.2016 und für die Instrumentenflugberechtigung bis 30.09.2015). Eine Erneuerung der Musterberechtigung BD 700 strebe er zurzeit nicht an. Selbst wenn man die Vorwürfe der Beklagten, die zum Widerruf der Lizenz geführt haben, als wahr unterstellen würde, habe er einen Anspruch auf deren Erneuerung. Das Gesetz sehe in Fällen von Fehlverhalten keine Wartezeit vor, vor deren Ablauf die Lizenz nicht erneuert werden dürfe. Zudem seien seit dem Widerruf der Lizenz inzwischen zweieinhalb Jahre verstrichen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verpflichten, seine ATPL(A) unbefristet  zu erneuern und die Klassenberechtigung für Flugzeuge bis 2.000 kg befristet bis 30.09.2016 zu erneuern,

2. festzustellen, dass die Instrumentenflugberechtigung bis zum 30.09.2015 hätte erteilt werden müssen,

3. hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert: Eine Entscheidung sei bisher nicht getroffen worden, weil die Aufklärung der Verstöße des Klägers umfangreich gewesen sei und viel Zeit in Anspruch genommen habe. Zudem habe der Prozessbevollmächtigte noch im Oktober 2015 darum gebeten, von einer Entscheidung zunächst abzusehen. Der Erneuerungsantrag des Klägers sei im Übrigen abzulehnen, weil die erforderliche Zuverlässigkeit nicht gegeben sei. Von einer nach dem Widerruf eingetretenen Verhaltensänderung könne nicht ausgegangen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nach Ablauf der in § 75 S. 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist zulässig geworden. Das gilt unabhängig davon, ob für die Verzögerung ein zureichender Grund besteht oder nicht (vgl. BVerwG, Urt. vom 22.05.1987 - 4 C 30/86 -, NVwZ 1987, 969 m. w. N.). Eine Aussetzung des Verfahrens kommt hier nicht in Betracht, weil ein zureichender Grund dafür, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen wurde, nicht vorliegt. Das Luftfahrt-Bundesamt hat über den Widerruf der Lizenz des Klägers bereits mit Bescheid vom 18.07.2013 entschieden, weil es zu dem Schluss gekommen war, dass der Kläger erheblich gegen luftverkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen habe und deshalb unzuverlässig sei. Damit war auch die Entscheidung über seinen Antrag auf Erneuerung der Lizenz präjudiziert. Dementsprechend hat die Behörde den Kläger im Oktober 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG angehört. Der Kläger hat spätestens in der mündlichen Verhandlung am 15.12.2015 klargestellt, dass er eine Entscheidung in der Sache wolle. Gründe für das weitere Ausbleiben einer Entscheidung sind nicht ersichtlich.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Soweit der Kläger eine Verpflichtung der Beklagten zur Erneuerung seiner ATPL(A) begehrt, bleibt die Klage ohne Erfolg, weil die dafür erforderliche Zuverlässigkeit derzeit nicht gegeben ist.

Das Erfordernis der luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit ist in der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 vom 03.11.2011 (ABl. L 311 S. 1 ff.), die u. a. die Lizenzierung von Piloten europaweit neu regelt, nicht als eigenständiges Tatbestandsmerkmal formuliert. Gleichwohl geht der Verordnungsgeber ebenso wie die nationalen Gesetzgeber der Mitgliedstaaten davon aus, dass eine Pilotenlizenz nur erteilt, verlängert oder erneuert werden darf, wenn der Pilot zuverlässig ist, wobei die Zuverlässigkeit eines Antragstellers vermutet und nur beim Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte hinterfragt wird. Bestehen bei der Behörde Bedenken gegen die Zuverlässigkeit, so kann sie die Lizenz nur dann versagen, wenn sie - wie hier - ihrerseits die fehlende Zuverlässigkeit des Antragstellers nachweist (vgl. Kölner Kompendium Luftrecht, Teil I A. Rn 108).

Ziel der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 vom 20.02.2008 (ABl. L 79 S. 1 ff.) - der sog. Grundverordnung - und der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 ist die Schaffung und Aufrechterhaltung eines einheitlichen und hohen Schutzniveaus der Zivilluftfahrt in Europa (vgl. den 1. Erwägungsgrund der EU-Verordnung Nr. 1178/2011). Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Erlass der Vorschrift das bestehende Sicherheitsniveau, das bis zum Inkrafttreten der Verordnungen auch dadurch gewährleistet wurde, dass persönlich unzuverlässige Bewerber von Pilotenausbildung ausgeschlossen waren, abgesenkt werden sollte, bestehen nicht. Deshalb gehen die nationalen Gesetzgeber in ihren nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 neu erlassenen oder geänderten luftverkehrsrechtlichen Vorschriften weiterhin vom Erfordernis luftverkehrsrechtlicher Zuverlässigkeit aus (vgl. z. B. § 4 Abs. 1 Nr. 3 LuftVG, § 16 Abs. 1 Nr. 3 und § 18 LuftPersV oder im österreichischen Recht § 30 Abs. 1 b) und § 30 LFG sowie § 4 ZLPV).

Auch eine „good airmanship“, welche die charakterliche Integrität von Piloten einschließt, war bereits für die Erteilung von Lizenzen auf der Grundlage der Anforderungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation erforderlich (vgl. ICAO Annex 1 Nr. 1.1 und - für ATPL - Nr. 2.6.1.3.1.1 e). Mit dem 3. Erwägungsgrund zur VO (EG) Nr. 216/2008, in dem der Verordnungsgeber darauf hinweist, dass das Abkommen von Chicago bereits Mindestnormen zur Gewährleistung der Sicherheit der Zivilluftfahrt vorsieht, und dem 4. Erwägungsgrund, in dem er auf die Normen und empfohlenen Verfahren des Abkommens von Chicago zu den grundlegende Anforderungen für Personen, die mit dem Betrieb von Luftfahrzeugen befasst sind, verweist, gibt er zu erkennen, dass er die dort geltenden Mindestanforderungen der ICAO auch den europäischen Regelungen zugrunde legen will.

Das bringt der Verordnungsgeber sodann in den in Anhang VI der VO (EU) Nr. 1178/ 2011 (Teil-ARA) enthaltenen Bestimmungen zu ARA.FCL.250 zum Ausdruck. Danach beschränkt oder widerruft die zuständige Behörde eine Pilotenlizenz und die damit verbundenen Berechtigungen oder Zeugnisse oder setzt sie insbesondere dann aus, wenn Umstände vorliegen, die in den Nummern 1 bis 7 der Vorschrift näher umschrieben sind. Durch die Formulierung „insbesondere“ werden den dort genannten Fallgruppen weitere Sachverhalte von ähnlichem Gewicht gleichgestellt (vgl. NdsOVG, Beschl. vom 30.07.2014 - 7 ME 42/14 -, juris). Bei näherer Betrachtung liegt den in ARA.FCL.250 Nr. 1, 2, 4, 5 und 6 beschriebenen Sachverhalten jeweils eine Unzuverlässigkeit des Piloten zugrunde, die in den genannten Umständen ihren Ausdruck gefunden hat. Führt in solchen Fällen die Unzuverlässigkeit gemäß ARA.GEN.355 b) zum Widerruf der Lizenz, so kann dem Piloten die Lizenz nicht unverzüglich nach dem Widerruf neu erteilt werden, weil sie dann sofort wegen derselben Sachverhalte erneut widerrufen werden müsste. Hieraus folgt, dass auch die Erneuerung einer Lizenz zu versagen ist, solange der Pilot die erforderliche Zuverlässigkeit nicht (wieder) besitzt. Regelungen der nationalen Gesetzgeber, die eine Erteilung, Verlängerung oder Erneuerung der Pilotenlizenz vom Vorliegen der luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit abhängig machen, stehen somit im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011.

Gemäß § 4 Absatz 1 Nr. 3 LuftVG i. d. F. vom 07.08.2013 wird die Erlaubnis, ein Luftfahrzeug zu führen oder zu bedienen nur erteilt, wenn keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber als unzuverlässig erscheinen lassen, ein Luftfahrzeug zu führen oder zu bedienen, und keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers nach § 7 des Luftsicherheitsgesetzes bestehen. § 4 Abs. 1 Nr. 4 LuftVG verweist sodann für die fachlichen Voraussetzungen auf die Bestimmungen der VO (EU) Nr. 1178/2011. Zur luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit i. S. von § 4 Abs. 1 S. 3 HS 1 LuftVG, der sog. „Safety“, enthält die Verordnung über Luftfahrtpersonal in der am 17.12.2014 geänderten Fassung nähere Regelungen.

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 LuftPersV ist die Ausbildung von erlaubnispflichtigem Personal nach § 1 Nr. 1 bis 6 und 9 LuftPersV - mithin auch die Ausbildung von Luftfahrern nach § 1 Nr. 1 LuftPersV, die auf der Grundlage von Teil-FCL der VO (EU) Nr. 1178/2011 geschult werden - nur zulässig, wenn keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber als unzuverlässig erscheinen lassen, die beabsichtigte Tätigkeit auszuüben. Diese Voraussetzung muss nach § 10 Abs. 1 LuftPersV auch für die Erneuerung der Lizenz fortbestehen. Gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 LuftPersV wird die Zuverlässigkeit eines Bewerbers um eine Erlaubnis nach § 2 LuftPersV - gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 LuftPersV also auch die Zuverlässigkeit von Flugzeugführern, die nach Teil-FCL der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 zu lizenzieren sind - von der zuständigen Stelle (hier dem Luftfahrt-Bundesamt) geprüft. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt der Bewerber um eine Erlaubnis nach § 18 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 LuftPersV in der Regel nicht, der erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen hat, wenn diese Verstöße für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Personen im Umgang mit Luftfahrzeugen von Bedeutung sind. Das gilt nicht nur für Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, sondern erst recht für solche gegen luftverkehrsrechtliche Bestimmungen (vgl. Grabherr u. a., Kommentar zum LuftVG, § 4 Rn 71). Die Beklagte hat nachgewiesen, dass der Kläger wegen wiederholter und erheblicher Verstöße gegen luftverkehrsrechtliche Vorschriften die nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 LuftVG und § 16 Abs. 1 Nr. 3 LuftPersV erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Zur Vermeidung umfangreicher Wiederholungen verweist die Kammer auf die Ausführungen in ihrem Urteil in dem Verfahren 2 A 261/14 vom heutigen Tage.

Auch wenn der auf die Unzuverlässigkeit des Klägers gestützte Widerruf der Lizenz im vorliegenden Fall zu Recht erfolgte, ist zu berücksichtigen, dass seit dem Erlass der Entscheidung inzwischen fast zweieinhalb Jahre vergangen sind. In Fällen des Lizenz-entzugs wegen schwerer oder wiederholter Verstöße gegen luftverkehrsrechtliche Bestimmungen kann die erneute Erteilung der Lizenz dann gerechtfertigt sein, wenn der frühere Inhaber der Lizenz durch sein späteres Gesamtverhalten erkennen lässt, dass er persönlich reifer geworden ist (vgl. Giemulla a. a. O. § 29 LuftVZO Rn 43; so auch z. B § 4 Abs. 2 österr. ZLPV). Zugunsten des Klägers ist deshalb zu berücksichtigen, dass er seit dem Widerruf der Lizenz in luftverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht auffällig geworden ist. Darüber hinaus gelangt der Sachverständige F. in seinem fachpsychologischen Gutachten vom 18.11.2014 zu der Feststellung, der Kläger sei nicht unzuverlässig.

Zu berücksichtigen ist andererseits, dass der Kläger die festgestellten luftverkehrsrechtlichen Verstöße in seiner Funktion als Ausbilder und Prüfer begangen hat. Da seine TRI- und TRE-Berechtigung mit dem Lizenzentzug ungültig wurden, waren erneute Auffälligkeiten in diesen Bereichen nicht zu erwarten. Zudem war er nach dem Widerruf der auf der Grundlage der JAR-FCL erteilten ATPL(A) mit seiner kanadischen Lizenz, die hiervon unberührt blieb, überwiegend nicht im deutschen Luftraum tätig, sodass sich aus dem Fehlen bekanntgewordener Auffälligkeiten keine tragfähigen Schlüsse ziehen lassen.

Entscheidungserheblich ist für die Kammer, dass eine spätere „Läuterung“ des Klägers nicht festgestellt werden kann. So hat er im Explorationsgespräch bei F. am 18.11.2014 in der Sache jegliches Fehlverhalten geleugnet und damit Einsicht in seine Fehler, die Voraussetzung für eine zu erwartende Verhaltensänderung wäre, nicht gezeigt. Auf Befragen des Gutachters hat er angegeben (siehe Seite 11 des Gutachtens), es habe offensichtliche Unregelmäßigkeiten mit den Ausbildungen bei der E. gegeben. Einen eigenen Tatbeitrag räumt er in diesem Zusammenhang nicht ein, sondern erläutert, er habe ein Jahr lang Zeit gehabt, über die ganze Situation und seine Rolle nachzudenken. Letztlich habe er sich in eine unstrukturierte Situation begeben, deren Konsequenzen er nicht überblickt habe. Zum Beispiel, dass er offensichtlich für „krumme Geschäfte“ gerade stehe müsse. Er sehe sich nicht als Opfer, weil er aus heutiger Sicht bestimmte Prüfaufträge hätte ablehnen können. Der Kläger bestreitet damit die Sachverhalte, die das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme in dem Verfahren 2 A 261/14 als bewiesen ansieht. Damit lässt er erkennen, dass von einer grundlegenden Änderung seiner inneren Einstellung zur Notwendigkeit der Einhaltung luftverkehrsrechtlicher Vorschriften nicht auszugehen ist. Das vom Gutachter festgestellte Gesamturteil beruht auf der falschen Annahme, der Kläger selbst habe keine gravierenden Verstöße begangen, und ist deshalb nicht geeignet, die Annahme seiner luftverkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit zu stützen. Auch wenn seit der Erstellung des Gutachtens inzwischen weitere 15 Monate vergangen sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger nunmehr wieder als zuverlässig zu betrachten ist. Denn sein Gesamtverhalten lässt eine Änderung innerer Einstellungen nicht erkennen, weil er auch im Klageverfahren 2 A 261/14 bis zum heutigen Tag die von ihm begangenen gravierenden luftverkehrsrechtlichen Verstöße, deren Vorliegen die Kammer nicht nur als bewiesen ansieht, sondern die ihr offensichtlich erscheinen, leugnet.

2. Da für den gesamten Zeitraum vom Widerruf der Lizenz bis heute die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers nicht gegeben war und ist, bleibt auch der Antrag des Klägers, festzustellen, dass ihm eine IR-Berechtigung zu erteilen gewesen wäre, ohne Erfolg. Denn eine Instrumentenflugberechtigung hätte dem Kläger nur zusammen mit einer Pilotenlizenz erteilt werden können, die ihm aus den genannten Gründen nicht erteilt werden durfte.

3. Schließlich bleibt auch der hilfsweise gestellte Bescheidungsantrag erfolglos, weil der Beklagten ein Ermessensspielraum nicht eingeräumt ist, und sie deshalb dem Antrag auf Erneuerung der Verkehrspilotenlizenz aus den bereits dargelegten Gründen nicht entsprechen kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 26.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ Beilage 2013, 57).

Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das erkennende Gericht (§ 124 a VwGO) liegen nicht vor.