Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.10.2014, Az.: 9 LA 169/12

Gebühren für die Beseitigung von Fremdwasser bei einem überdurchschnittlichen Fremdwasseranteil in einem Schmutzwasserbeseitigungssystem

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.10.2014
Aktenzeichen
9 LA 169/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 25672
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:1015.9LA169.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 25.10.2012 - AZ: 4 A 121/11

Fundstellen

  • Gemeindehaushalt 2015, 118
  • NdsVBl 2015, 118-120
  • W+B 2015, 54-55

Amtlicher Leitsatz

Liegt der Fremdwasseranteil in einem Schmutzwasserbeseitigungssystem nicht oder nur unwesentlich über dem durchschnittlichen Anteil bei Anlagen ähnlicher Größe in Niedersachsen, so indiziert dies, dass die Kosten für die Beseitigung des Fremdwassers betriebsbedingt und daher nach § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG gebührenfähig sind. Bei einem ungewöhnlich hohen Fremdwasseranteil muss der Anlagenbetreiber belegen, dass die Höhe des Anteils nicht auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung beruht. Für die Ermittlung der in Niedersachsen üblichen Fremdwasseranteile greift der Senat derzeit auf eine Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts zurück.

Tenor:

  1. I.

    Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 4. Kammer - vom 25. Oktober 2012 wird abgelehnt.

  2. II.

    Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

  3. III.

    Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 434,50 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung von Schmutzwassergebühren durch den Beklagten. Sie sind Eigentümer eines an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation des Beklagten angeschlossenen Grundstücks. Der Beklagte betreibt zur Beseitigung des in seinem Entsorgungsgebiet anfallenden Abwassers (Schmutzwasser, Niederschlagswasser) rechtlich jeweils selbstständige Anlagen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung und zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Da der Beklagte keine eigene Kläranlage betreibt, wird das Schmutzwasser aufgrund vertraglicher Regelungen den Kläranlagen der Städte E. und F. zugeführt.

Die Kläger haben Klage erhoben, die zunächst auf Aufhebung des eine "Vorauszahlung" festsetzenden Bescheids vom 12. Januar 2011 und im weiteren Verfahrensverlauf auf Aufhebung des die Schmutzwassergebühren für das Jahr 2011 endgültig in Höhe von 434,50 EUR festsetzenden Bescheids vom 12. Januar 2012 gerichtet war. Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, der Fremdwasseranteil im Schmutzwasser sei zu hoch, und die auf der Fremdwasserbeseitigung beruhenden Kosten müssten daher von ihnen nicht getragen werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem im Tenor näher benannten Urteil abgewiesen.

Der gegen dieses Urteil gerichtete und auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit) gestützte Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen (BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546, [...]; Beschl. v. 24.1.2007 - 1 BvR 382/05 -, [...]; Beschl. v. 23.2.2011 - 1 BvR 500/07 -, [...]). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Die Kläger machen geltend, der vom Verwaltungsgericht angeführte Umstand, dass aus technischer Sicht Abwasserleitungen größer dimensioniert herzustellen seien, bedeute nichts für die Beantwortung der rechtlichen Frage, ob und in welchem Umfang Fremdwasseranteile bei der Berechnung und Festlegung der verbrauchs- und somit verursacherabhängigen Abwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab auf alle Nutzer umgelegt werden könnten. Auch die Darstellung zum mittleren Fremdwasseranteil in Niedersachsen sei für die Entscheidung der relevanten Frage nicht hilfreich. Es entziehe sich ihrer (der Kläger) Kenntnis, ob die genannten Zahlen überhaupt zuträfen. Selbst wenn dies aber der Fall sei, könne dem nicht entnommen werden, dass die Umlegung der durch das Fremdwasser entstehenden Kosten nach dem Frischwassermaßstab zulässig sei. Eine solche Vorgehensweise widerspreche vielmehr sowohl dem einfachgesetzlichen Wirklichkeitsmaßstab als auch dem grundrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Fremdwasseranteile weit jenseits der 50 % nach dem Frischwassermaßstab auf die Nutzer umgelegt werden könnten. Die Gemeinde müsse dann nur behaupten, alles Erforderliche unternommen zu haben. Diese Auffassung sei mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht vereinbar. Danach sei im Zusammenhang mit der Entsorgung des Niederschlagswassers nur ein Anteil von nicht mehr als 12 % der Entsorgungskosten für das Niederschlagswasser an den gesamten Abwasserentsorgungskosten als unerheblich zu betrachten. Zwar sehe das Abwassersystem des Beklagten eine getrennte Entsorgung des Niederschlagswassers vor, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage, was als unerheblich gewertet werden könne, habe jedoch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts grundsätzlicheren Charakter und gelte auch für andere "Fehl"Belastungen der Abwasserbeseitigungsanlagen.

Diese Einwände wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des sorgfältig und zutreffend begründeten angefochtenen Urteils.

Entgegen der Auffassung der Kläger hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass die Kosten für die Entsorgung des Fremdwasseranteils im vorliegenden Fall (noch) gebührenfähig sind. Ausgangspunkt für die Frage, ob durch das Eindringen von Fremdwasser verursachte Kosten als betriebsbedingt angesehen werden können, ist - anders als der Kläger offenbar meint - nicht § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2, sondern § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG. Danach sind die Kosten der Einrichtungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Die Kosten für die Beseitigung von Fremdwasser, welches in die Abwasserbeseitigungseinrichtung gelangt, können grundsätzlich als betriebsbedingte und damit gebührenfähige Kosten angesehen werden, weil sie als Kosten für betriebliche Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Betrieb der jeweiligen Abwasserbeseitigungseinrichtung stehen (vgl. Urt. d. Sen. v. 24.3.2014 - 9 LC 191/11 -, [...]). Es ist auch in der übrigen Rechtsprechung anerkannt, dass die Kosten der Beseitigung von Fremdwasser, das Niemandem zugeordnet werden kann, grundsätzlich auf alle Benutzer einer Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung umgelegt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1975 - VII C 40.73 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr 25; Bay VGH, Urt. v. 31.3.2003 - 23 B 02.1937 -, BayVBl 2004, 20, OVG Schl.-Holst., Urt. v. 24.10.2007 - 2 LB 34/06 -, SchlHA 2008, 95; OVG Berlin-Bbg. - OVG 9 B 22.09 -, [...]; Sächs. OVG, Urt. v. 18.12.2013 - 5 D 18/07 -, [...]; Hess. VGH, Urt. v. 8.4.2014 - 5 A 1994/12 -, [...]).

Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt:

"Die hier streitigen Mehrkosten für die Mit-Übergabe des Fremdwasseranteils an die Städte F. und G. wären dann nicht gebührenfähig, wenn sie auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung beruhten, wenn sie also durch eine sorgsame Beobachtung der technischen Abläufe sowie frühzeitiges Erkennen und zügiges Abstellen der Ursachen hätten vermieden werden können (vgl. Rosenzweig/Freese, NKAG Kommentar, Stand: Dezember 2011, § 5 Rn. 209). Der Vorwurf des in solchem Sinne unwirtschaftlichen Verhaltens könnte jedoch nur und erst dann erhoben werden, wenn die Kosten der unterlassenen Mängelbehebung in einem angemessenen Verhältnis zu den betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des abzustellenden Mangels stünden bzw. der Beklagte die Grenzen des in diesem Zusammenhang zumutbaren Verhaltens unterschritten hätte (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 05.04.2000 - 2 L 215/98 - zitiert nach [...]).

Zu beachten ist insoweit grundsätzlich, dass mit dem Einfluss von Fremdwasser aus technisch unvermeidbaren Gründen stets gerechnet werden muss. Das Vorhandensein von Fremdwasser ist daher nicht zwangsläufig ein Indiz für eine unwirtschaftliche Betriebsführung. Im Übrigen ist zu bedenken, dass der Fremdwassereintrag durch meteorologische Gegebenheiten wie Starkregenereignisse und eben nicht durch überdurchschnittlich viele technische Mängel der öffentlichen Abwasseranlage beeinflusst werden kann."

Diese Auffassung teilt der Senat.

Für die Beantwortung der weiteren Frage, bis zu welcher Höhe ein Fremdwasseranteil noch als betriebsbedingte Erschwernis bzw. systemimmanent zu charakterisieren ist, kommt dem in den jeweiligen Anlagentypen "üblicherweise" anfallenden Fremdwasseranteil eine jedenfalls indizielle Wirkung zu.

Liegt der Fremdwasseranteil in der zu betrachtenden Anlage nicht oder nur unwesentlich über dem durchschnittlichen Anteil bei Anlagen ähnlicher Größe in Niedersachsen, so wird damit indiziert, dass die Fremdwasserkosten als Kosten für betriebliche Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Betrieb der jeweiligen Abwasserbeseitigungseinrichtung stehen und deshalb noch als betriebsbedingte und damit gebührenfähige Kosten angesehen werden können.

Liegen die Kosten im Rahmen des "Üblichen", muss der Gebührenschuldner daher konkret darlegen, warum gleichwohl davon auszugehen ist, dass der Fremdwasseranteil auf einer unwirtschaftliche Betriebsführung der Beklagten beruht und deshalb bei den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Kosten der Anlage nicht berücksichtigt werden darf. Ein deutliches Überschreiten des "üblicherweise" bei Anlagen vergleichbarer Art anfallenden Fremdwasseranteils deutet auf eine auf anderen als systemimmanenten Gründen beruhende Ursache hin. Dann ist es Sache des Anlagenbetreibers, im Einzelnen konkret auszuführen und zu belegen, dass die Ursache des "unüblich" hohen Fremdwasseranteils nicht auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung beruht. Insoweit ist, worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, zu berücksichtigen, dass anerkanntermaßen für den Einrichtungsträger ein Planungs- und Ermessensspielraum besteht, ob und welche Maßnahmen er zur Reduzierung eines Fremdwasserzuflusses ergreift (vgl. Sächs. OVG, Urt. v. 18.12.2013 - 5 D 18/07 -, [...]; OVG Berlin-Bbd, Urt. v. 23.7.2013 - OVG 9 B 64.11 -, [...]; BayVGH, Urt. v. 6.7.2010 - 20 B 10.124 -, [...]).

Legt man dieses zugrunde, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Fremdwasseranteil im vorliegenden Fall noch als betriebsbedingt einzustufen ist. Im Schmutzwasserbeseitigungssystem des Beklagten ist der Fremdwasseranteil nämlich geringer oder jedenfalls nicht merklich höher als bei vergleichbaren Anlagen in Niedersachsen.

Angaben zu den Fremdwasseranteilen, die in Niedersachsen bei Anlagen ähnlicher Größe im Mittel vorzufinden sind, gibt es in einer Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts, die auf dessen Homepage zu finden ist (Fachserie 19 Reihe 2.1.2 "Umwelt Öffentliche Wasserversorgung und öffentliche Abwasserversorgung", S. 24 ff., https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/UmweltstatistischeErhebungen/Wasserwirtschaft/AbwasserOeffentlich2190212109004.pdf?__blob=publicationFile). Die vom Verwaltungsgericht zur Beurteilung herangezogene Zahlen, die auf einer im Internet verfügbare Präsentation des Dipl.-Ing. Peter Mauer (Fremdwasser in der Abwasserbeseitigung, http://www.wasserverbandstag.de/main/pdfs/3_Fremdwasser.pdf) beruhen, scheinen dagegen weniger aussagekräftig. Dort wird nämlich nicht nach Anlagengröße differenziert. Ausweislich der nach Auffassung des Senats aussagekräftigeren - und auch aktuelleren - Zahlen des Statistischen Bundesamts (vgl. oben) differiert der Fremdwasseranteil in Niedersachsen aber je nach Größe der Anlage erheblich.

Das Schmutzwasserbeseitigungssystem des Beklagten ist in die auf Seite 24 Spalte 6 der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2010 genannte Anlagengröße von 500.000 bis 1.000.000 m3Jahresabwassermenge einzuordnen. Hinsichtlich dieser Gruppe wird für Niedersachsen die Summe des durchschnittlichen Fremdwassers mit 15.294 m3 und des häuslichen und betrieblichen Schmutzwassers mit 65.654 m3 angegeben (vgl. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/UmweltstatistischeErhebungen/Wasserwirtschaft/AbwasserOeffentlich2190212109004.pdf?__blob=publicationFile). Ermittelt man - wie die Kläger es für richtig halten - ausgehend von dem Schmutzwasser (100%) das Verhältnis zum Fremdwasser, ergibt sich ein Anteil von etwa 23,2 %. Setzt man - wie es der Beklagte tut - das Fremdwasser ins Verhältnis zur Summe des Fremd- und Schmutzwassers (80.948 m3), ergibt sich ein Anteil von 18,9 %. Der Anteil des Fremdwassers im Schmutzwassersystem des Beklagten beläuft sich nach den erstinstanzlichen Angaben der Kläger bei ihrer Berechnungsmethode auf 24,5 % (2007), 28,6 % (2008) und 15,0 % (2009), d. h. durchschnittlich auf 22,7 %. Der Beklagte hat mit seinem Ansatz dagegen einen Wert von 18 % (2007), 22,2 % (2008) bzw. 13 % (2009) und damit im Mittel von 17,9 % berechnet. Es zeigt sich mithin, dass der im Schmutzwassersystem des Beklagten anfallende Fremdwasseranteil in den in Rede stehenden Jahren je nach der gewählten Berechnungsmethode unter oder jedenfalls nicht deutlich über den Mittelwerten vergleichbarer Anlagen gelegen hat. Dies spricht mithin dafür, dass er (noch) als betriebsbedingt anzusehen ist. Es begegnet vor diesem Hintergrund keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die Ausführungen des Beklagten zu den von ihm vorgenommenen Maßnahmen zur Reduzierung des Fremdwasseranteils hat ausreichen lassen. Konkrete Gründe, die belegen, dass trotz der Indizwirkung im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, dass der Fremdwasseranteil gleichwohl auf einer unwirtschaftlichen Betriebsführung der Beklagten beruht und deshalb bei den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Kosten der Anlage nicht berücksichtigt werden darf, haben die Kläger nicht vorgetragen. Es reicht insoweit nicht aus, dass sie geltend machen, dass der Beklagte erst im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens einen Futtermittelbetrieb sowie einen Eigentümer eines 2008 errichteten Einfamilienhauses ermittelt hat, die unberechtigt Grundwasser in die Anlage eingeleitet haben. Dies ist kein Beleg dafür, dass der Beklagte zuvor nicht hinreichend kontrolliert hat, sondern spricht vielmehr für eine erfolgversprechende und auch - erzielende Prüfung.

Der Einwand der Kläger, die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass auch Fremdwasseranteile weit jenseits der 50 % nach dem Frischwassermaßstab auf die Nutzer umgelegt werden könnten, wenn nur die Gemeinde behaupte, alles Erforderliche zur Reduzierung des Fremdwasseranteils zu unternehmen, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Dies schon deshalb, weil ein solcher Fall hier erkennbar nicht vorliegt. Darüber hinaus wäre der Beklagte - wie dargelegt - in einem solchen Fall gehalten, seine Behauptung zu untermauern und konkret zu belegen, dass die Ursache des "unüblich" hohen Fremdwasseranteils nicht in einer unwirtschaftlichen Betriebsführung liegt.

Der von den Klägern angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 12.6.1972 - VII B 117.70 -, Buchholz 11 Art 3 GG Nr 132) lässt sich der behauptete Rechtssatz, es gelte im Gebührenrecht allgemein eine Erheblichkeitsgrenze von 12 %, nicht entnehmen. Die Entscheidung verhält sich nicht zu der hier maßgeblichen und nach niedersächsischem Landesrecht zu beurteilenden Frage, welche Kosten einer Anlage als betriebsbedingt angesehen werden können und daher gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gebührenfähig sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich seinerzeit lediglich mit dem Maßstab für die Abwasserbeseitigung befasst und entschieden, dass der Frischwassermaßstab im Rahmen der Schmutzwasserbeseitigung einen zulässigen Maßstab für die Verteilung des Aufwands auf die Gebührenpflichtigen auch bei einer Mitentsorgung des Niederschlagswassers bildet, wenn nach den örtlichen Verhältnissen die Niederschlagswasserableitung nur geringfügige Kosten verursacht. Gemeinsame Erheblichkeitsgrenzen geltend für die Beantwortung der Fragen, wann mit Bundesrecht vereinbare Maßstäbe vorliegen und wann gebührenfähige Kosten im Sinne des niedersächsischen Landesrechts gegeben sind, offensichtlich nicht.

Der Einwand der Kläger, die durch das Fremdwasser verursachten Kosten dürften jedenfalls nicht nach dem Frischwassermaßstab umgelegt werden, verhilft ihrem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Gemäß § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NKAG ist die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Wenn das schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, kann ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf. Es ist, worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, in der Rechtsprechung anerkannt, dass der vorliegend zugrunde gelegte modifizierte Frischwassermaßstab einen geeigneten und zulässigen Wahrscheinlichkeitsmaßstab darstellt. Die Kosten, die durch die Entsorgung des Fremdwassers entstehen, zählen - wie dargelegt - hier in voller Höhe zu den betriebsbedingten Kosten der Schmutzwasserbeseitigungsanlage und können daher als mit dem Betrieb der Anlage naturgemäß verbundene (systemimmanente) Kosten, auch wenn sie unerwünscht sind, nach den insoweit zulässigen Maßstäben (hier dem Frischwassermaßstab) umgelegt werden. Der Anwendung des Frischwassermaßstabs im vorliegenden Fall steht die bereits erwähnte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 1972 (a. a. O.) auch deshalb nicht entgegen, weil es in der Entscheidung um die Frage ging, ob der Frischwassermaßstab bei der Ableitung von Schmutzwasser und Niederschlagswasser in dieselbe Kanalisation zulässig ist. Vorliegend handelt es sich indessen nicht um eine Anlage, die verschiedenen Zwecken (Schmutzwasser- und Niederschlagswasserentsorgung) dient, sondern um eine Einrichtung nur zum Zweck der Schmutzwasserbeseitigung.

Der Auffassung, dass Kosten für die Beseitigung von Fremdwasser bei Anwendung des Frischwassermaßstabs auf die Gebührenschuldner umgelegt werden können, stehen, anders als die Kläger meinen, auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Art. 3 Abs. 1 GG nicht entgegen. Die Beseitigung von Fremdwasser, welches keinem Verursacher zugeordnet werden kann, ist kein selbstständiger Zweck, sondern (unerwünschte) Nebenfolge des Betriebs der Einrichtung zur Schmutzwasserbeseitigung. Die damit einhergehenden Kosten fallen mithin nur an, weil die Gemeinde im Interesse der Nutzer der Anlage das Schmutzwasser beseitigen will. Es begegnet daher keinen Bedenken, sondern erscheint sachgerecht, diese zwar unerwünschten, jedoch mit dem Betrieb der Anlage naturgemäß verbundenen (systemimmanenten) Kosten denjenigen aufzuerlegen, die von dem Zweck der Anlage unmittelbar begünstigt werden. Die Nutzer der Anlage sind nämlich an diesen Kosten "näher dran" als die Allgemeinheit, die keinen Vorteil davon hat, dass das Fremdwasser mit entsorgt wird, statt - wie ohne die Anlage - zu versickern (Sächs. OVG, Urt. v. 18.12.2013 - 5 D 18/07 -, [...]; OVG Berlin-Bdg, Urt. v. 23.7.2013 - OVG 9 B 64.11 -, [...]).

Soweit die Kläger bezweifeln, dass der Beklagte dem Gemeinderat im Rahmen der Beschlussfassung über den Gebührensatz zutreffende Zahlen zur Verfügung gestellt hat, und sie zur Begründung auf die entgegen der Prognose des Beklagten im Kalenderjahr entstandenen Überschüsse verweisen, verhilft dies dem Zulassungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Schon das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Wesen einer Prognose liegt, dass später eintretende Ist-Werte - wie hier - von den durch Schätzungen ermittelten Werten abweichen. Die erzielten Kostenüberdeckungen sind zudem nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG im Rahmen späterer Gebührenkalkulationen auszugleichen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).