Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.12.2020, Az.: 10 LA 275/20

Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Öffentlichkeit des Verfahrens im Rahmen asylrechtlicher Streitigkeiten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.12.2020
Aktenzeichen
10 LA 275/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 50780
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 30.10.2020

Fundstellen

  • AUAS 2021, 47-48
  • DÖV 2021, 320
  • ZAR 2021, 223

Amtlicher Leitsatz

Asylrechtliche Streitigkeiten sind vom Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht umfasst.

Tenor:

Die Anträge des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - Einzelrichterin der 8. Kammer - vom 30. Oktober 2020 und auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten werden abgelehnt.

Die Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Prozesskostenhilfeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Der Antrag des Klägers,

die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen,

hat keinen Erfolg. Denn die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensfehlers (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) in Form der Versagung rechtlichen Gehörs (dazu 1. a)) und in Form der Verletzung von Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens (dazu 1. b)) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, dazu 2.) liegen nicht vor bzw. sind von ihm nicht hinreichend dargelegt worden.

1. Die vom Kläger gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

a) Die vom Kläger geltend gemachte Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) ist nicht gegeben.

Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, wovon grundsätzlich auszugehen ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 -, juris Rn. 29; BVerwG, Beschluss vom 9.1.2020 - 5 B 25.19 D -, juris Rn. 17). Die Beteiligten müssen dementsprechend Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen erklären zu können (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1.8.2017 - 2 BvR 3068/14 -, juris Rn. 47; BVerwG, Beschluss vom 9.1.2020 - 5 B 25.19 D -, juris Rn. 17). Das Prozessgrundrecht soll sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags eines Beteiligten haben (vgl. etwa BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.7.2019 - 2 BvR 686/19 -, juris Rn. 27 m.w.N.). Die Verletzung des rechtlichen Gehörs kann allerdings dann nicht mit Erfolg gerügt werden, wenn prozessuale Möglichkeiten unterlassen wurden, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerwG, Beschluss vom 12.2.2018 - 2 B 63.17 -, juris Rn. 12 m.w.N., und Urteil vom 3.7.1992 - 8 C 58.90 -, NJW 1992, 3158, 3186 [BGH 09.07.1992 - VII ZR 7/92]).

Das rechtliche Gehör ist darüber hinaus verletzt, wenn ein Beteiligter durch die angegriffene Entscheidung im Rechtssinne überrascht wird, was der Fall ist, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerwG, Beschlüsse vom 21.7.2020 - 9 B 20.19 -, juris Rn. 23, und vom 2.5.2017 - 5 B 75.15 D -, juris Rn. 11; vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.2.2017 - 2 BvR 395/16 -, juris Rn. 6). Eine demnach unzulässige Überraschungsentscheidung liegt hingegen nicht vor, wenn das Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt oder aus ihnen Schlussfolgerungen zieht, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entsprechen oder von ihm für unrichtig gehalten werden (BVerwG, Beschluss vom 2.5.2017 - 5 B 75.15 D -, juris Rn. 11). Auch folgt aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts, insbesondere nicht im Blick auf dessen Rechtsansichten (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 1.8.2017 - 2 BvR 3068/14 -, juris Rn. 50). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht grundsätzlich nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschlüsse vom 11.11.2020 - 8 B 3.20 -, juris Rn. 5, und vom 21.7.2020 - 9 B 20.19 -, juris Rn. 23).

Der Gehörsverstoß muss mit den ihn begründenden Tatsachen und in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan werden (Rudisile in Schoch /Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juli 2019, § 124a Rn. 110; BVerwG, Beschluss vom 7.4.2020 - 5 B 30.19 D -, juris Rn. 15 zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO m.w.N.). Zudem bezieht sich der Anspruch auf rechtliches Gehör auch nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen (Senatsbeschluss vom 10.7.2019 - 10 LA 35/19 -, juris Rn. 7 m.w.N.). Denn nur in diesem Falle kann die angegriffene Entscheidung überhaupt auf dem Fehlen des rechtlichen Gehörs beruhen. Nur dann kann angenommen bzw. nicht ausgeschlossen werden, dass die Anhörung des Beteiligten zu einer anderen und für ihn günstigeren Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschluss vom 10.7.2019 - 10 LA 35/19 -, juris Rn. 7 m.w.N.). Demzufolge muss vom Zulassungsantragsteller auch in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz dargelegt werden, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, mithin weshalb der geltend gemachte Gehörsverstoß entscheidungserheblich ist (Senatsbeschluss vom 3.9.2020 - 10 LA 144/20 -, juris Rn. 17 m.w.N.). Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Gehörsverstoß zur Folge hatte, dass sich ein Beteiligter zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt und damit zum Gesamtergebnis des Verfahrens im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO überhaupt nicht äußern konnte (Senatsbeschluss vom 3.9.2020 - 10 LA 144/20 -, juris Rn. 17 m.w.N.).

Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe ihm das rechtliche Gehör versagt, weil es ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass es seinem Vortrag zum Vorliegen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nicht folgen werde. Dies sei deshalb erforderlich gewesen, weil ihm das Verwaltungsgericht, nachdem es zuvor mehrfach seine Anträge auf Prozesskostenhilfe abgelehnt gehabt habe, nach Vorlage eines weiteren ärztlichen Attests vom 23. Oktober 2020 in der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2020 Prozesskostenhilfe bewilligt habe. Er habe daher annehmen können, dass die Kammer aufgrund des neuen Attests nunmehr davon ausgehen würde, dass ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot hinreichend dargelegt worden sei. Er habe deshalb nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die im Attest vom 23. Oktober 2020 aufgeführten Erkrankungen die für die Annahme eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots erforderliche besondere Gefahrenlage nicht erreiche, nicht rechnen können. Das Verwaltungsgericht hätte ihn auf etwaige Bedenken hinweisen müssen. Dann hätte er einen Beweisantrag gestellt, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung sowie die Frage der Reisefähigkeit zum Gegenstand gehabt hätte.

Dieses Vorbringen vermag eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen. Insbesondere liegt eine unzulässige Überraschungsentscheidung nicht vor. Wie oben bereits ausgeführt, war das Verwaltungsgericht für eine hinreichende Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, den Kläger vorab auf die Rechtsauffassung des Gerichts oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen. Die abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung im Rahmen der Entscheidungsfindung des Spruchkörpers bzw. Richters.

Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zu dem vom Kläger eingeforderten Hinweis ergibt sich auch nicht aus der vorangegangenen Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Denn entgegen der Meinung des Klägers kann aus einer positiven Entscheidung über Prozesskostenhilfe von vornherein nicht darauf geschlossen werden, dass eine Klage erfolgreich sein wird bzw. "ein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot hinreichend dargelegt worden" wäre. Denn § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO sieht die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vor, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 29.11.2019 - 1 BvR 2666/18 -, juris Rn. 12), mithin der Prozessausgang offen ist (Senatsbeschluss vom 3.9.2020 - 10 LA 144/20 -, juris Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7.12.2020 - 12 S 3065/20 -, juris Rn. 7; Bayerischer VGH, Beschluss vom 4.2.2016 - 10 C 15.2641 -, juris Rn. 20). Dies ist etwa auch der Fall, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 13.7.2020 - 1 BvR 631/19 -, juris Rn. 18). Hingegen darf Prozesskostenhilfe verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28.10.2019 - 2 BvR 1813/18 -, juris Rn. 27). Der Kläger hat demnach trotz der Bewilligung von Prozesskostenhilfe weiter damit rechnen müssen, dass das Verwaltungsgericht bei seiner abschließenden Entscheidung zu der Annahme gelangt, die Klage sei nicht begründet bzw. die im Attest vom 23. Oktober 2020 "aufgeführten Erkrankungen die für die Annahme eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots erforderliche besondere Gefahrenlage" nicht erreichten. Dies gilt umso mehr, als dass das Verwaltungsgericht - wie der Kläger in seiner Zulassungsbegründung selbst vorbringt - seine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nicht begründet hat.

Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht dargelegt, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, mithin weshalb der geltend gemachte Gehörsverstoß überhaupt entscheidungserheblich wäre. Allein sein allgemein gehaltener Hinweis, er hätte "einen Sachverständigenbeweisantrag, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS sowie die Frage der Reiseunfähigkeit zum Gegenstand gehabt hätte, gestellt", reicht hierfür nicht aus. Dies gilt umso mehr, als dass das Verwaltungsgericht auch für den Fall des Bestehens einer posttraumatischen Belastungsstörung Abschiebungsverbote verneint hat, weil die Erkrankungen des Klägers in Finnland behandelbar seien und unter Berücksichtigung der Angaben in der medizinischen Stellungnahme vom 23. Oktober 2020 eine hinreichend wahrscheinliche Gefahr akuter Suizidalität, der durch Behandlung und Begleitung nicht begegnet werden könnte, nicht zu erkennen sei.

b) Auch ist das Urteil unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht auf eine mündliche Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 5 VwGO).

Der Kläger rügt insoweit, dass das Verwaltungsgericht gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen habe, indem es nicht sein Urteil, sondern lediglich den Beschluss, dass eine Entscheidung den Beteiligten zugestellt werde, öffentlich verkündet habe.

Hierin ist keine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens zu sehen. Denn § 138 Nr. 5 VwGO betrifft nur den Fall, dass in der mündlichen Verhandlung gegen Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verstoßen wurde und nicht Mängel bei der Urteilsverkündung (Eichberger/Buchheister in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 138 Rn. 122 m.w.N.). Die unterbliebene Verkündung des Urteils in öffentlicher Sitzung wird von § 138 Nr. 5 VwGO nicht erfasst (BVerwG, Beschluss vom 30.9.2010 - 9 B 3.10 -, juris Rn. 10). Diese Einschränkung rechtfertigt sich dadurch, dass sich eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Urteilsverkündung nicht auf die Entscheidungsfindung auswirken kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.3.2018 - 13 A 171/18.A -, juris Rn. 5; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.1.2015 - 4 LA 232/14 -, juris Rn. 6).

Dies gilt unabhängig davon, ob eine die Verkündung des Urteils ersetzende Zustellung nach § 116 Abs. 2 VwGO - wie der Kläger meint - in Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EMRK steht, nach dem - über § 138 Nr. 5 VwGO hinaus - das Urteil öffentlich verkündet werden muss (vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.1.2015 - 4 LA 232/14 -, juris Rn. 7; Bayerischer VGH, Beschluss vom 4.5.2011 - 14 ZB 11.30142 -, juris Rn. 3). Denn Verfahren aus dem Kernbereich des öffentlichen Rechts, wozu auch das Asylrecht zählt, sind von dem Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK, der bereits nach dem Wortlaut nur für Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen und für strafrechtliche Anklagen gilt, nicht umfasst (BVerwG, Beschluss vom 12.9.2018 - 1 B 50.18 -, juris Rn. 23 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 10.7.2019 - 10 LA 35/19 -, juris Rn. 16). Nur wenn die Streitigkeit einen unmittelbaren Bezug zu zivilrechtlichen Ansprüchen hat, kommt im öffentlichen Recht möglicherweise eine Anwendung des Art. 6 Abs. 1 EMRK in Betracht (vgl. Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 1 Rn. 16a m.w.N.).

Doch selbst wenn auf die vorliegende Streitigkeit Art. 6 Abs. 1 EMRK anzuwenden wäre, würde die Zustellung des Urteils gemäß § 116 Abs. 2 VwGO nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 EMRK genügen (BVerwG, Beschluss vom 30.6.2014 - 9 B 13.14 -, juris Rn. 3). Darüber hinaus würde dem Kläger letztlich insoweit jedenfalls auch die Rügebefugnis fehlen, weil er in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Protokolls, der Entscheidung des Gerichts, die Entscheidung zuzustellen, nicht widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.6.2014 - 9 B 13.14 -, juris Rn. 3; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.1.2015 - OVG 10 N 63.11 -, juris Rn. 11; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 3.4.2013 - 13 LA 34/13 -, juris Rn. 7; vgl. hierzu auch Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2020, § 116 Rn. 9).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Eine Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich und einer abstrakten Klärung zugänglich ist, im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf, nicht schon geklärt ist und (im Falle einer Rechtsfrage) nicht bereits anhand des Gesetzeswortlauts und der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (BVerwG, Beschluss vom 8.8.2018 - 1 B 25.18 -, juris Rn. 5, zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; ferner: GK-AsylG, Stand: Juni 2019, § 78 AsylG Rn. 88 ff. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2019, § 78 AsylG Rn. 21 ff. m.w.N).

Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG verlangt daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (u.a. Senatsbeschluss vom 13.9.2018 - 10 LA 349/18 -, juris Rn. 2 ff.):

1. dass eine bestimmte Tatsachen- oder Rechtsfrage konkret und eindeutig bezeichnet,

2. ferner erläutert wird, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre, und

3. schließlich dargetan wird, aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

Die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Frage im Berufungsverfahren (2.) setzt voraus, dass substantiiert dargetan wird, warum sie im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche (neueren) Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahelegen (ständige Rechtsprechung des Senats: u. a. Senatsbeschluss vom 18.2.2019 - 10 LA 27/19 -; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25.7.2017 - 9 LA 70/17 - m.w.N.). Die Begründungspflicht verlangt daher, dass sich der Zulassungsantrag mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils substantiiert auseinandersetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2019 - 5 BN 4.18 -, zu den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Diesen Anforderungen genügt der Zulassungsantrag des Klägers nicht.

Er hat zur Begründung dieses Zulassungsgrunds die Frage aufgeworfen:

"ob ein Gericht, das zu Beginn der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf ein 7 Tage zuvor ausgestelltes ärztliches Attest, aus dem sich ein Abschiebungsverbot ergeben soll, unter Abkehr von bisher negativ beschiedenen Pkh-Anträgen dem Kl. Pkh bewilligt, dem Kl. dann einen ausdrücklichen rechtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung geben muss, wenn es der Auffassung ist, dieses vom Kl. vorgelegte Attest keine hinreichend schwere Gefahrenlage für die Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots darstellt"?

Bereits aus der konkreten Fragestellung selbst ergibt sich, dass es sich hierbei um eine Einzelfallfrage handelt, die einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Der Kläger erläutert auch nicht, aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Zudem lässt sich die von ihm aufgeworfene Frage (vorliegend), wie oben dargestellt, anhand des Gesetzeswortlauts und der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantworten. Darüber hinaus würde sie sich so in einem Berufungsverfahren auch nicht stellen, weil das Verwaltungsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe nicht "unter Verweis auf ein 7 Tage zuvor ausgestelltes ärztliches Attest, aus dem sich ein Abschiebungsverbot ergeben soll" bewilligt hat, sondern - wie er in seiner Berufungszulassungsbegründung selbst ausgeführt hat - ohne Begründung.

Die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe kommt danach nicht in Betracht, weil die Rechtsverfolgung nicht die erforderliche Erfolgsaussicht bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).