Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.11.2013, Az.: 13 PA 185/13

Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.11.2013
Aktenzeichen
13 PA 185/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 48583
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:1105.13PA185.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 28.08.2013 - AZ: 10 A 6302/09

Fundstellen

  • DVBl 2014, 57-58
  • DÖV 2014, 132
  • JurBüro 2014, 85-86
  • NJW 2014, 169-170
  • RENOpraxis 2014, 10

Amtlicher Leitsatz

Ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abgelehnt worden, kann eine dagegen gerichtete Beschwerde zulässigerweise nur darauf gestützt werden, dass die Ablehnung auf Grundlage dieser Bestimmungen zu Unrecht erfolgt sei. Für eine Beschwerde, mit der lediglich die vom Gericht geforderten Ergänzungen nach Ablauf der ordnungsgemäß gesetzten Frist nachgeholt werden sollen, fehlt hingegen das Rechtsschutzbedürfnis.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. August 2013 erfolgte Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg; sie stellt sich bereits als unzulässig dar.

Das Verwaltungsgericht hat Prozesskostenhilfe zu Recht unter Hinweis auf § 166 VwGO i.V.m. 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO versagt. Nach dieser Regelung lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab, als der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat. Diese Voraussetzungen lagen hier zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Verwaltungsgerichts vor, weil der Kläger innerhalb der bis zum 22. August 2013 laufenden Frist auf die vorangegangene Aufklärungsverfügung vom 4. Juni 2013 nicht reagiert hatte. Die Verfügung ist dem Kläger auch ordnungsgemäß nach § 56 Abs. 1 VwGO und unter Hinweis auf die aus der Nichteinhaltung der Frist resultierende Ablehnungsfolge zugestellt worden. Ist die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe - wie hier - nach Fristablauf auf § 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützt worden, kann eine dagegen gerichtete Beschwerde zulässigerweise nur darauf gestützt werden, dass die Ablehnung auf Grundlage dieser Be-stimmungen zu Unrecht erfolgt sei. Für eine Beschwerde, mit der - wie hier - lediglich die geforderten Ergänzungen nach Ablauf der ordnungsgemäß gesetzten Frist nachgeholt werden sollen, fehlt hingegen das Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar handelt es sich bei der Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO nicht um eine Ausschlussfrist, vielmehr bewirkt sie im Falle einer erst nach Fristablauf erfolgenden Vervollständigung der Unterlagen oder der genügenden Beantwortung der auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bezogenen Fragen lediglich, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe frühestens ab diesem Zeitpunkt erfolgen kann. Dies folgt schon unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, der mit der Formulierung "insoweit" auf eine zeitliche und sachliche Begrenzung der Ablehnungsentscheidung abstellt (vgl. dazu auch Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 118 Rdnr. 17). Es spricht indessen Überwiegendes dafür, dass im Falle einer zwischenzeitlich unter Bezugnahme auf § 118 Abs. 2 Satz 4 VwGO getroffenen Versagung von Prozesskostenhilfe eine spätere Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur auf Grundlage eines neuen Prozesskostenhilfeantrags, nicht aber auch in einem Beschwerdeverfahren erfolgen kann. Hielte man den Erfolg einer Beschwerde (allein) auf der Basis von nachgereichten Unterlagen oder neuen Erklärungen für möglich, würde dies letztlich eine "Erstbewilligung durch die zweite Instanz" unter gleichzeitiger Korrektur einer an sich zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidung bedeuten. Schon dies spricht nach Auffassung des Senats dagegen, dem Rechtsschutzsuchenden ein Wahlrecht dahingehend einzuräumen, ob er ein neues Prozesskostenhilfegesuch anbringen oder eine Beschwerde erheben will (so aber: OLG Celle, Beschl. v. 20.12.2012 - 4 W 212/12 -, [...] Rdnr. 3 m.w.N.). Bei einer solchen Betrachtungsweise würde zudem die spezielle Fristenregelung des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO unter Hinweis auf die Möglichkeit neuen Sachvortrags im Beschwerdeverfahren (§ 173 VwGO i.V.m. § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nahezu vollständig ausgehöhlt (vgl. zum Verhältnis dieser Bestimmungen auch: BAG, Beschl. v. 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, [...] Rdnr. 13).

Auch eine differenzierende Betrachtung, welche die Möglichkeit einer inhaltlichen Befassung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens daran orientiert, ob die Nachreichung von Unterlagen bzw. die Beantwortung der Fragen vor oder nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Abhilfeverfahren nach § 148 Abs. 1 VwGO erfolgt ist (so etwa: OVG Bremen, Beschl. v. 22.12.2008 - 1 S 97/09 -, [...] Rdnr. 4), hält der Senat letztlich nicht für überzeugend. Die Zulässigkeit der Beschwerde könnte dann nämlich aus Sicht des Rechtsschutzsuchenden von Zufällen abhängen. Hat er etwa eine Beschwerde innerhalb der Rechtsmittelfrist schon "auf den Weg gebracht", es aber noch nicht sogleich geschafft, fehlende Unterlagen beizubringen, wäre bei einer Nachreichung die Zulässigkeit der Beschwerde davon abhängig, ob das erstinstanzliche Gericht die Akte mit einer auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützten Nichtabhilfeentscheidung - die zudem keiner besonderen Form bedarf und auch nicht gesondert bekanntzugeben ist - bereits an das Beschwerdegericht weitergeleitet hat oder nicht. Man wird auch nicht etwa verlangen können, dass das erstinstanzliche Gericht nach Eingang einer - wiederum ohne Unterlagen oder hinreichende Erklärungen eingereichten - Beschwerde gegen seine unter Bezugnahme auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ablehnende Entscheidung zunächst weiterhin abzuwarten oder gar eine erneute Frist zu setzen hat, bevor es das Verfahren nach § 148 Abs. 1 VwGO abschließen darf. Hielte man dies für richtig, würde es letztlich dem Rechtsschutzsuchenden offenstehen, durch die Einlegung einer Beschwerde, die mit einer bloßen Ankündigung der Vorlage weiterer Unterlagen oder Erklärungen verbunden wird, die vom Verwaltungsgericht gesetzte Frist faktisch zu verlängern. Darüber hinaus bliebe selbst bei einer vor Abschluss des Verfahrens nach § 148 Abs. 1 VwGO erfolgten Vervollständigung von Unterlagen oder Erklärungen unklar, ob eine sachliche Befassung der Beschwerdeinstanz mit diesen Ergänzungen auch dann zu erfolgen hat, wenn das erstinstanzliche Gericht eine gleichwohl nicht vorgenommene Abhilfe nicht näher begründet hat. Konsequent ist aufgrund dieser Erwägungen nach Auffassung des Senats allein, eine Beschwerde gegen eine zu Recht auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützte Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe - unabhängig vom Zeitpunkt des Eingangs der zunächst fehlenden Unterlagen oder der ausstehenden Erklärungen - mangels Rechtsschutzbedürfnis als nicht zulässig anzusehen und die Frage einer späteren Bewilligung nach entsprechender Ergänzung (zunächst) einem neuen erstinstanzlichen Prozesskostenhilfegesuch vorzubehalten.

Die Beschwerdemöglichkeit bleibt dann auf die Fälle beschränkt, in denen der Rechtsschutzsuchende geltend macht, die auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützte Ablehnungsentscheidung sei zu Unrecht erfolgt. Dies betrifft Situationen, in denen aus Sicht des Rechtsschutzsuchenden die sich aus dieser Bestimmung ergebende Ablehnungsfolge nicht eingetreten ist, etwa weil es nach seiner Auffassung an einer ordnungsgemäßen Zustellung der Aufklärungsverfügung fehlt oder Fragen des Gerichts bereits genügend beantwortet oder schon zu Unrecht gestellt worden sind.

Es bedarf daher im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keiner inhaltlichen Befassung mit den vom Kläger zusammen mit der Beschwerde eingereichten Dokumenten und den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem am 8. Oktober 2013 gefassten Nichtabhilfebeschluss. Vielmehr wird das Verwaltungsgericht eine erneute Erstentscheidung zu treffen haben, wenn der Kläger unter Bezugnahme auf seine nunmehr eingereichten Unterlagen einen neuen Prozesskostenhilfeantrag stellt. Sogleich in der nachträglichen Einreichung von Unterlagen als solcher einen neuen Prozesskostenhilfeantrag zu erblicken (vgl. dazu: BAG, Beschl. v. 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, [...] Rdnr. 13), dürfte ausgeschlossen sein, wenn ein anwaltlich vertretener Rechtsschutzsuchender ausdrücklich Beschwerde einlegt und zu deren Begründung auf neue Unterlagen oder Erklärungen zur Hilfebedürftigkeit verweist.