Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.11.2013, Az.: 9 LB 43/12

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.11.2013
Aktenzeichen
9 LB 43/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64426
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.04.2011 - AZ: 8 A 166/08

Tenor:

Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Beklagte die Berufung in Höhe eines Teilbetrages von 200,- Euro zurückgenommen hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 8. Kammer - vom 13. April 2011 geändert und wie folgt neu gefasst:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage gegen die Festsetzung einer Vorausleistung in Höhe von 5.900,- Euro gerichtet war.

Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 wird aufgehoben, soweit darin eine Vorausleistung von mehr als 6.400,- Euro festgesetzt worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 5/7 und die Beklagte zu 2/7. Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen der Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Die Kosten des Klageverfahrens tragen der Kläger zu 13/16 und die Beklagte zu 3/16.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag. Er ist Erbbauberechtigter des Hausgrundstücks A. (Flur 7, Flurstück 121/77) im Stadtgebiet der Beklagten. Die A. zweigt nach Norden vom südlichen Zug der B. ab, die ihrerseits von der C. etwa in ost-nordöstlicher Richtung zur D. (L 290) führt. Die A. verläuft zunächst etwa in nördlicher Richtung, biegt dann in einer Linkskurve nach Westen ab und behält diese Richtung bis zu einer weiteren Linkskurve bei. Dort endet die A., und es beginnt der nördliche Zug der B.., der nach Süden zum südlichen Zug der B. zurückführt und in diesen einmündet. Von der Kurve, in der die A. und der nördliche Zug der B. aufeinander treffen, führt nach Norden eine ebenfalls als B. bezeichnete kurze Straßenverbindung zu dem Weg „G.“, der von der C. in ostnordöstlicher Richtung zur D. führt, aus einer auf dem befestigten Untergrund aufgebrachten Schotterschicht besteht und nur auf einer Teilstrecke an seinem östlichen Ende für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Die Grundstücke entlang der A. und der beiden Züge der B. sind mit Wohnhäusern bebaut. Ihre Grundflächen werden zum Teil von noch vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes beschlossenen Teilortsbauplänen sowie von später beschlossenen Bebauungsplänen erfasst. Die Beklagte sieht diese Pläne überwiegend als unwirksam und im Übrigen nur als einfache Bebauungspläne an.

Im Frühjahr 2008 stellte die Beklagte ein Bauprogramm für den Ausbau der beiden Züge der B. sowie der A. als Mischverkehrsflächen auf. Vorgesehen waren ferner Baumaßnahmen an der Straßenentwässerung und der Straßenbeleuchtung. Am 24. April 2008 beschloss der Rat der Beklagten, „den Hauptstraßenzug B. von der D. bis zur C. mit der ringförmig verlaufenden öffentlichen Einrichtung A./B.“ zu einer Abrechnungseinheit    gemäß    § 3    Abs. 1    ihrer    Straßenausbaubeitragssatzung    vom 17. Dezember 2007 - SABS - zusammenzufassen.

Nachdem mit der Ausführung der Baumaßnahmen begonnen worden war, setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 1. Juli 2008 für das Grundstück A. 29 eine Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 7.900,- Euro fest. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid: Die Ausbaumaßnahmen stellten eine nach der Straßenausbaubeitragssatzung beitragspflichtige Verbesserung der öffentlichen Einrichtung dar. Aufgrund der funktionalen Abhängigkeit der A. von der B. werde der Ausbauaufwand für diese Straßen gemeinsam ermittelt und der Straßenausbaubeitrag im Rahmen einer Abrechnungseinheit festgesetzt. Da mit der Verbesserungsmaßnahme zwischenzeitlich begonnen worden sei, würden Vorausleistungen in Höhe von 85% des voraussichtlichen Straßenausbaubeitrags erhoben. Die zu einer Abrechnungseinheit verbundenen öffentlichen Einrichtungen dienten überwiegend dem Anliegerverkehr; so dass der voraussichtliche beitragsfähige Aufwand zu 75 % von den beitragspflichtigen Anliegern zu tragen sei.

Der Kläger hat gegen diesen Bescheid Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Beklagte sei nicht befugt gewesen, die beiden Züge der B. sowie die A. zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Gegenstand der Beitragserhebung nach § 6 NKAG sei die einzelne öffentliche Einrichtung. Eine Rechtsgrundlage für die Bildung von aus mehreren Einrichtungen bestehenden Abrechnungseinheiten enthalte die Vorschrift nicht. Darüber hinaus handele es sich entgegen der Ansicht der Beklagten beim nördlichen Zug der B. und der A. bei natürlicher Betrachtungsweise nicht um eine, sondern um zwei separate öffentliche Einrichtungen. Infolgedessen scheitere die Bildung einer Abrechnungseinheit auch daran, dass es an einer gesteigerten funktionalen Abhängigkeit dieser beiden Einrichtungen voneinander fehle. Anlieger des nördlichen Zuges der B. könnten diese über den südlichen Zug der B. verlassen, ohne auf eine Benutzung der A. angewiesen zu sein. Gleiches gelte umgekehrt für die Anlieger der A.. Vorausleistungen auf den Straßenausbaubeitrag dürften ihm - dem Kläger - gegenüber daher nur bezogen auf die öffentliche Einrichtung A. erhoben werden. Die Beklagte sei bei der Aufwandsverteilung zu Unrecht davon ausgegangen, dass das unbebaute Flurstück 121/53 vollständig sowie die bebauten Grundstücke A. H, I und J (Flurstücke 121/40, 121/39, 121/38) teilweise im Außenbereich gelegen seien, da sich nördlich an diese Grundstücke weitere Bebauung anschließe. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte die zwischen dem Hausgrundstück A. K/L und der D. gelegenen rückwärtigen Grünflächen in die Aufwandsverteilung einbezogen habe, die rückwärtigen Grünflächen, die hinter den benachbarten Anliegergrundstücken der A. gelegen seien, im Gegensatz dazu aber nicht.

Der Kläger hat im erstinstanzlichen Klageverfahren zunächst beantragt, den angefochtenen Vorausleistungsbescheid insgesamt aufzuheben, seinen Klageantrag aber später darauf beschränkt,

den Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 1. Juli 2008 aufzuheben, soweit eine höhere Vorausleistung als 5.900,- EUR darin festgesetzt wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Rechtmäßigkeit ihres Bescheids wie folgt verteidigt: Die Bildung der Abrechnungseinheit sei statthaft. Das NKAG enthalte zwar keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage, den umlagefähigen Ausbauaufwand für mehrere öffentliche Einrichtungen gemeinsam zu ermitteln und zu verteilen, verbiete dies aber auch nicht. Das bundesrechtliche Institut der Erschließungseinheit sei daher auf das Landesrecht übertragbar; die Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten enthalte in § 3 Abs. 1 auch eine ausdrückliche Ermächtigung hierfür. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Abrechnungseinheit lägen auch vor, denn die nördliche B. und die A. seien als eine öffentliche Einrichtung zu qualifizieren, die als Ringstraße vom südlichen Zug der B. funktional abhängig sei. Für die Außenbereichslage des Flurstücks 121/53 spreche, dass es nordwestlich davon und östlich jenseits der D. keine Bebauung gebe.

Mit Urteil vom 13. April 2011 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage in Höhe von 5.900,- EUR zurückgenommen worden ist, und den angefochtenen   Bescheid   aufgehoben,   soweit   ein   höherer   Vorausleistungsbetrag   als 5.900,- EUR festgesetzt wird. In der Begründung des Urteils heißt es im Wesentlichen: Der Vorausleistungsbescheid erweise sich in der nach der teilweisen Klagerücknahme noch angefochtenen Höhe als rechtswidrig. Die Beklagte sei nicht befugt gewesen, die A. sowie die beiden Züge der B., bei denen es sich um drei separate öffentliche Einrichtungen handele, zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Es komme insoweit nicht darauf an, ob nach dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz die Bildung von Abrechnungseinheiten generell in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung ausgeschlossen sei. Jedenfalls sei die Bildung einer Abrechnungseinheit deshalb nicht statthaft, weil zwischen den drei öffentlichen Einrichtungen kein Verhältnis einer funktionalen Abhängigkeit bestehe. Es gebe drei unterschiedliche befahrbare „Ausfahrten“, über die die drei Einrichtungen mit dem übrigen Straßennetz verbunden seien, nämlich im Norden zur Straße G., im Osten zur D. und im Westen zur C.. Jede der drei Straßen habe wenigstens zwei separate Ein- und Ausfahrten. Infolgedessen könne der Kläger nur zu einer Vorausleistung für den Ausbau der A. herangezogen werden. Bei der Aufwandsverteilung seien das 3.721 qm große Flurstück 121/53 ebenso wie die Hausgrundstücke A. Nr. H, I und J (Flurstücke 121/40, 121/39 und 121/38) mit ihrer gesamten Fläche als im Innenbereich gelegene eingeschossig bebaute Grundstücke zu berücksichtigen. Für die Innenbereichslage dieser Grundstücke spreche die sich nördlich anschließende Bebauung jenseits der Straße G. sowie die sich östlich der D. anschließende lockere Einfamilienhausbebauung. Die Hinterliegergrundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen 121/163, 121/164, 121/166 und 121/167 entlang der D. seien nicht als Außenbereichsgrundstücke, sondern als zweigeschossig bebaute Grundstücke in die Aufwandsverteilung einzubeziehen, da die Eigentumsverhältnisse an diesen Grundstücken identisch zu denjenigen der an die A. anliegenden Vorderliegergrundstücke seien und jeweils auch eine einheitliche Grundstücksnutzung bestehe. Die Beklagte habe hingegen zu Recht die Grundstücke mit den Flurstücksbezeichnungen 121/159, 121/160, 121/161 und 121/165, die an der D. lägen und einen Grünstreifen bildeten, nicht in die Aufwandsverteilung einbezogen, denn sie lägen nicht auch an der A. an und stünden nicht im selben Eigentum wie die westlich sich anschließenden Hausgrundstücke, die an die A. angrenzten. Der Kläger könne nicht beanspruchen, dass sein Hausgrundstück teilweise nur als Außenbereichsfläche in die Aufwandsverteilung einbezogen werde, da das Grundstück aufgrund der umliegenden gleichartigen Bebauung vollständig im Innenbereich liege. Die von der Beklagten vorgelegte Vergleichsberechnung zur Aufwandsermittlung und -verteilung bei einer separaten Abrechnung der A. sei zu korrigieren, da den Grundstücken A. M, N, O, J und K eine falsche Geschosszahl zugeordnet worden sei und infolgedessen die Grundstücksflächen mit falschen Nutzungsfaktoren multipliziert worden seien. Im Ergebnis errechne sich für das Grundstück des Klägers ein Vorausleistungsbetrag von 5.795,39 EUR. Aufgrund der teilweisen Klagerücknahme könne die Festsetzung  der  Vorausleistung  aber  nur  aufgehoben  werden,  soweit  sie  mehr  als 5.900,- EUR betrage.

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 26. April 2012 (9 LA 111/11) zugelassen, soweit das Urteil die Festsetzung einer Vorausleistung von mehr als 5.900,- Euro und nicht mehr als 6.600,- Euro zum Gegenstand hat; hinsichtlich des 6.600,- Euro übersteigenden Betrags hat der Senat den Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung abgelehnt. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit das Verwaltungsgericht die Grundstücke A. H, I und J sowie das Flurstück 121/53 mit der vollen Fläche dem bebaubaren Innenbereich zugeordnet und mit einem entsprechend höheren Nutzungsfaktor in die Verteilung des umlagefähigen Aufwands einbezogen habe. Dies rechtfertige allerdings keine unbeschränkte Zulassung der Berufung, da bei einer vom Verwaltungsgericht abweichenden Bewertung die Erhebung einer Vorausleistung nur in Höhe von 6.600,- Euro, nicht aber in der festgesetzten Höhe von 7.900,- Euro zulässig sei.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor: Das Verwaltungsgericht habe die Grundstücke A. Nr. H, I und J zu Unrecht als vollständig im Innenbereich liegend bewertet. Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei die gärtnerische Nutzung der nicht überbauten rückwärtigen Flächen dieser Grundstücke kein Kriterium für die Annahme einer Innenbereichslage. Der Bebauungszusammenhang setze sich auch nicht in nördlicher Richtung über diese Grundstücke hinweg fort, denn die Bebauung nördlich der Straße G. stelle eine Splittersiedlung im Außenbereich dar. Das überdurchschnittlich große Flurstück 121/53 sei selbst dann dem Außenbereich zuzuordnen, wenn man die Bebauung nördlich der Straße G. nicht als Splittersiedlung ansehe, da es für eine Baulücke im Innenbereich zu groß sei.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren zunächst beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie die Festsetzung einer Vorausleistung von mehr als 5.900,- Euro und nicht mehr als 6.600,- Euro zum Gegenstand hat. In der mündlichen Verhandlung hat sie die Berufung hinsichtlich des 6.400,- Euro übersteigenden Betrags, also in Höhe von 200,- Euro, zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit  sie  die  Festsetzung  einer  Vorausleistung  von  mehr  als 5.900,- Euro und nicht mehr als 6.400,- Euro zum Gegenstand hat.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er meint, das Verwaltungsgericht habe die vier in Rede stehenden Grundstücke zu Recht vollständig dem Innenbereich zugeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Das Berufungsverfahren ist einzustellen, soweit die Beklagte die Berufung in der Berufungsverhandlung in Höhe eines Teilbetrags von 200,- EUR zurückgenommen hat. Die aufrechterhaltene Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von mehr als 5.900,- EUR und nicht mehr als 6.400,- EUR richtet. Der angefochtene Bescheid ist nämlich in Höhe eines Beitrags von 6.400,- EUR rechtmäßig.

Zutreffender Ermittlungsraum für die vom Kläger geschuldete Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag ist der Straßenzug A./B. (Nord). Wie die Ortsbesichtigung durch den Senat ergeben hat, bildet dieser Straßenzug bei natürlicher Betrachtungsweise einen zusammengehörenden Teil im Straßenverkehrsnetz der Beklagten. Der Übergangsbereich zwischen beiden Straßen entfaltet keine trennende Wirkung, weil die einheitliche und darüber hinaus kurvige (graue bzw. rötliche) Pflasterung von Fahrbahn und Gehweg den Eindruck erweckt, dass der bisherige Straßenverlauf nicht endet, sondern weitergeführt wird. Die Verbindungsstraße vom Übergangsbereich zum Weg G. stellt keine unselbstständige und daher zum Straßenzug A./B. (Nord) gehörende Sackgasse dar. Sie ist vielmehr trotz ihrer relativen Kürze sowie des Umstands, dass der Weg G. im Einmündungsbereich zur Verbindungsstraße nicht für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist, eine eigenständige öffentliche Einrichtung. Entscheidend für den Verbindungscharakter ist nämlich die Einmündung in eine Außenbereichsstraße, die zur Aufnahme von Kraftfahrzeugverkehr hinreichend breit ausgebaut und befestigt ist, so dass sie als Privatstraße genutzt werden kann, und bei der die allein zugelassene Nutzung durch Anlieger und landwirtschaftlichen Verkehr faktisch geduldet wird. Nicht zur öffentlichen Einrichtung A./B. (Nord) gehört auch die Zuwegung auf dem Wegeflurstück 121/190. Zuwegungen auf Privatgrundstücken mit zufahrtsähnlichem Charakter sind, soweit sie auch andere Grundstücke erschließen, private Erschließungsanlagen und damit nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung, in die sie einmünden. Als Verkehrsfläche ist das Wegeflurstück 121/190 auch nicht bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen.

Die von der Beklagten gebildete Abrechnungseinheit zwischen der A., der B. (Nord) und der B. (Süd) ist rechtswidrig und daher wirkungslos. Die Bildung von Abrechnungseinheiten ist nach niedersächsischem Landesrecht unzulässig. § 6 NKAG legt die zulässigen Ermittlungsräume abschließend dahingehend fest, dass allein nach öffentlichen Einrichtungen (Abs. 1 Satz 1) sowie nach Abschnitten (Abs. 4) abgerechnet werden kann. Eine Abrechnung durch Zusammenfassung mehrerer öffentlicher Einrichtungen, ähnlich der Erschließungseinheit im Erschließungsbeitragsrecht (§ 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB), sieht das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz nicht vor. Dies bedeutet - da der Einrichtungsbegriff nach dem NKAG auf eine natürliche Betrachtungsweise und nicht auf das Bauprogramm abstellt -, dass mehrere nach dem tatsächlichen Erscheinungsbild selbstständige öffentliche Einrichtungen in Niedersachsen nicht gemeinsam abgerechnet werden können. Entgegenstehende Satzungsregelungen, wie diejenige in § 3 Abs. 1 Satz 2 der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 29. November 2007 (SABS), sind unwirksam.

Die gebildete Abrechnungseinheit ist ferner deshalb rechtswidrig, weil es sich bei dem Straßenzug A./B. (Nord) um eine Anliegerstraße und bei der B. (Süd) um eine Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr handelt und weil unterschiedliche Straßentypen mit verschiedenen Anliegeranteilssätzen - selbst wenn die Bildung von Abrechnungseinheiten grundsätzlich zulässig wäre - nicht zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden können. Letzteres folgt daraus, dass die bei einer Abrechnungseinheit mit unterschiedlichen Straßentypen einheitlich festgesetzten Beiträge nicht mehr die Verschiedenheit der den Anliegern durch die öffentlichen Einrichtungen vermittelten Vorteile berücksichtigen würden und die dem Vorteilsprinzip entsprechende gestaffelte Festlegung der Anliegeranteilssätze somit unterlaufen würde. Gegen die Einstufung der B. (Süd) als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr spricht nicht, dass die B. (Süd) nur auf einer Teilstrecke geringfügig breiter ausgebaut ist als der Straßenzug A./B. (Nord) oder dass ihre Mischverkehrsfläche nicht den typischen Ausbau einer Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr aufweist. Entscheidend fällt nämlich ins Gewicht, dass die B. (Süd) nach ihrer Lage im Straßenverkehrsnetz der Beklagten dazu bestimmt ist, auch den Verkehr vom Straßenzug A./B. (Nord) aufzunehmen. Da sich an diesem Straßenzug mehr Anliegergrundstücke befinden als an der B. (Süd) und das Verlassen des Baugebiets nach Norden über den Weg G. straßenverkehrsrechtlich nur eingeschränkt möglich ist, muss der vom genannten Straßenzug ausgehende Ziel- und Quellverkehr die B. (Süd) in einem Umfang nutzen, der es ausschließt, die B. (Süd) noch als eine überwiegend dem Anliegerverkehr dienende Straße und damit nicht als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr einzustufen.

Bezüglich der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands auf die bevorteilten Grundstücke hat die Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten durch den Senat ergeben, dass im nordöstlichen Bereich der A. auch bei den dort nach Norden angrenzenden Grundstücken Nr. H, I und J (Flurstücke 121/40, 121/39 und 121/38) von einer im hinteren Bereich bestehenden Außenbereichslage auszugehen ist. Entsprechendes gilt für das Flurstück 121/53, das mit dem - ein selbstständiges Buchgrundstück bildenden - Vorderliegergrundstück A. N (Flurstück 121/41) in Eigentümeridentität steht. Die Bebauung setzt sich im in Rede stehenden Bereich zur Überzeugung des Senats nach Norden nicht über den Privatweg G. fort, weil die dortige uneinheitliche Bebauung mit nur wenigen Wohngebäuden einen Siedlungssplitter darstellt. Zudem haben sowohl das große, nach Norden hin unbebaute Flurstück 121/53 als auch der Weg G., der aufgrund seines provisorischen Ausbauzustands als Schotterstrecke optisch Außenbereichscharakter besitzt, trennende Wirkung. Zwar sind die im Nordosten an die A. angrenzenden Wohngebäude nicht weit entfernt von der Bebauung nördlich des Weges G.. Gleichwohl ist die Bebauung noch nicht so nahe zusammengerückt, dass von einer zusammenhängenden Bebauung gesprochen werden könnte.

Der Senat hat im Termin vor Ort den Eindruck gewonnen, dass das Stallgebäude auf dem Flurstück 121/53 aufgrund der engen räumlichen Anbindung an das benachbarte Wohnhaus und wegen seiner massiven Bauweise, die das Gebäude nicht als minderwertig erscheinen lässt, noch dem Innenbereich zuzurechnen ist. Infolgedessen ist die satzungsmäßige Tiefenbegrenzung (§ 6 II Abs. 1 Nr. 3a SABS) mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Tiefenbegrenzungslinie 50 m nördlich der Grundstücksgrenze zum Fußweg, der die A. mit der D. verbindet, zu ziehen ist. Diese Verfahrensweise erscheint sachgerecht, weil sie von der Systematik her eine parallele Behandlung zu den nördlich an die A. angrenzenden Nachbargrundstücken gewährleistet.

Bei Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte ergibt sich nach den Berechnungen der Beklagten in der Berufungsverhandlung, gegen die aus der Sicht des Senats durchgreifende Bedenken nicht bestehen, bezogen auf die 1.250 m² große beitragspflichtige Fläche des Grundstücks des Klägers, das eingeschossig bebaut ist und dessen Fläche daher mit dem Faktor 1,0 zu multiplizieren ist (§ 6 III Abs. 1 Nr. 1 SABS), und unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich die Beklagte im Rahmen des ihr von § 6 Abs. 7 Satz 1 NKAG eröffneten Ermessens dafür entschieden hat, Vorausleistungen in Höhe von 85 % des voraussichtlichen Beitrags - abgerundet auf volle 100,- EUR - zu erheben, eine Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.400 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 und 2 VwGO. Sie trägt dem Umfang des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens in den jeweiligen Verfahrensstadien Rechnung. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Der Streitwert wird gemäß den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs.3 GKG für das Zulassungsverfahren auf 2.000,- EUR, wobei auf die Ablehnung des Zulassungsantrags 1.300,- EUR entfallen, und für das Berufungsverfahren bis zur teilweisen Rücknahme der Berufung auf 700,- EUR sowie für die Zeit danach auf 500,- EUR festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).