Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.08.2020, Az.: 6 Sa 64/20

Tariflich geregelte unterschiedliche Nachtzuschläge und allgemeiner Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG; Reichweite der Einschätzungsprärogative der Tarifparteien bei der Tarifgestaltung; Tarifsystematische Rechtfertigung unterschiedlicher Zuschlagshöhen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
06.08.2020
Aktenzeichen
6 Sa 64/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 38263
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2020:0806.6Sa64.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Wilhelmshaven - 12.12.2019 - AZ: 1 Ca 204/19

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die unterschiedlichen Nachtzuschläge nach dem Anerkennungstarifvertrag vom 12.04.2002/30.04.2010 zwischen der Radeberger Gruppe KG c/o Friesisches Brauhaus zu Jever GmbH & Co. KG und der Gewerkschaft NGG iVm. dem MTV Brauerei Niedersachsen verstoßen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG.

  2. 2.

    Die Tarifvertragsparteien haben ihre Einschätzungsprärogative bei der Festsetzung eines Zuschlages in Höhe von 50 % für unregelmäßige und 25 % für regelmäßige Nachtarbeit nicht überschritten. Zwar ist die unterschiedliche Zuschlagshöhe nicht mit gesundheitlichen Aspekten zu rechtfertigen. Die sachliche Rechtfertigung folgt jedoch aus der Verteuerung und damit beabsichtigten Vermeidung von unregelmäßiger Nachtarbeit als Ausnahmefall sowie der mit der unregelmäßigen Nachtarbeit einhergehenden erschwerten Planbarkeit für die betroffenen Arbeitnehmer.

  3. 3.

    Das gilt vorliegend jedenfalls deshalb, weil die unterschiedlichen Zuschlagshöhen teilweise durch andere tarifliche Regelung kompensiert werden. Einerseits wird der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit bei Zusammentreffen mit anderen Zuschlägen nicht angerechnet. Andererseits wird für regelmäßige Nachtarbeit täglich eine um 10 Minuten längere bezahlte Pause gewährt. Diese Vergünstigungen sehen die tariflichen Regelungen für Mitarbeiter, die in unregelmäßiger Nachtarbeit arbeiten, nicht vor.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 12.12.2019 - 1 Ca 204/19 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Zuschläge für in Nachtschichten geleistete Arbeitsstunden.

Der Kläger ist seit dem 01.09.1993 bei der Beklagten im F. B. zu J. tätig. Er arbeitet dort im Dreischichtbetrieb (Frühschicht 6.00 Uhr - 14.00 Uhr, Spätschicht 14.00 Uhr - 22.00 Uhr, Nachtschicht 22.00 Uhr - 6.00 Uhr).

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft (Gewerkschaft).

Unter dem 20.12.1988 haben die Gewerkschaft und die Sozietät N. B. in Vollmacht des Verbandes der B. von Niedersachsen e.V. einen Manteltarifvertrag (MTV Brauereien Niedersachen) geschlossen, der u.a. nachstehende Regelungen enthält:

"§ 3 Begriffsbestimmung zur Arbeitszeit

...

6. Nachtarbeit

6.1

Als Nacharbeit gilt die Arbeit in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr im Sommerhalbjahr (01. April bis 30. September) und von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr im Winterhalbjahr (01.Oktober bis 31.März)....

§ 4 Regelung der Arbeitszeit und der Ausgleichszeit

...

4. Schichtarbeit

Im Zwei-Schichtsystem wird eine bezahlte Pause von 20 Minuten gewährt, wenn der Arbeitsplatz nicht verlassen werden kann. Im Drei-Schichtsystem liegt hierin eine bezahlte Pause von 30 Minuten.

...

§ 26 Ausschlussfristen

1.

Gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit vom Arbeitnehmer schriftlich geltend gemacht worden sind.

2.

Ansprüche auf Bezahlung von Zuschlägen sind zur Vermeidung des Ausschlusses innerhalb von einem Monat nach Erhalt der Entgeltabrechnung, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen, geltend zu machen.

3.

Ist ein oben genannter Anspruch rechtzeitig erhoben und wird seine Erfüllung nachweislich abgelehnt, so ist der Anspruch innerhalb von 3 Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.

4.

Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen. ...."

Unter dem 12.04.2002 haben die F. B. zu J. GmbH & Co.KG mit der Gewerkschaft einen Anerkennungstarifvertrag (TV Anerkennung 12.04.2002) geschlossen. Nach dessen § 1 wird der MTV B. Niedersachsen nebst verschiedenen Zusatz- und Änderungsvereinbarungen in der F. B. zu J. GmbH und Co.KG angewendet. Zugleich vereinbarten sie eine Änderungs-/Ergänzungsvereinbarung zum TV Anerkennung (Ä/E - Vereinbarung), die u.a. folgende Bestimmungen enthält:

§ 2

Folgende Paragraphen des Manteltarifvertrages (B. Niedersachsen) werden wie folgt geändert bzw. ergänzt:

1. § 7 (Zuschläge) wird gestrichen und wie folgt neu formuliert:

...

f.

Für Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu zahlen:

Für Mehrarbeit (Montag bis Freitag) während

Der ersten beiden Stunden täglich

25 %

ab der 3. Stunde täglich

50 %

für Mehrarbeit an Sonnabenden und für Schichtgänger an arbeitsfreien Werktagen

35 %

für Nachtarbeit

50 %

für Arbeit in der Spätschicht bis 20.00 Uhr,

wenn diese Schicht nach 18.00 Uhr endet

10 %

für Arbeit in der Nachtschicht von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr

25 %

Für Arbeit am Sonntag

75 %

für Arbeit an Feiertagen, auch wenn diese Tage auf einen Sonntag fallen (Neujahr, Karfreitag, Osterfeiertage, 1. Mai, Himmelfahrt, beide Pfingstfeiertage, 03. Oktober, Bußtag, beide Weihnachtsfeiertage)

200 %

Das ist insgesamt der dreifache Stundenverdienst einschließlich der Entgeltzahlungspflicht für gesetzliche Feiertage.

für Arbeit am Tage vor Weihnachten, Ostern und Pfingsten nach 12.00 Uhr

50 %

...

h.

Bei einem Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist, abgesehen von Schichtzuschlägen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, nur der jeweils höchste, bei gleicher Höhe nur ein Zuschlag zu zahlen.

...

5. § 15 (Schichtfreizeit) wird gestrichen und wie folgt neu formuliert:

a.

Zur Abgeltung der in der Nachschicht oder Zwei- bzw. Drei-Schicht-Wechsel auftretenden Erschwernis und Belastungen wird ein Ausgleich durch bezahlte Freizeit gegeben.

b.

Arbeitnehmer, die im Drei-Schichten-System oder ausschließlich in Nachtschicht arbeiten, erhalten jährlich vier Arbeitstage bezahlte Schichtfreizeit.

c.

Arbeitnehmer, die im Zwei-Schichten-System (Früh-/Spät-, Nacht- oder Spät-/Nachtschicht) arbeiten, erhalten jährlich drei Arbeitstage bezahlte Schichtfreizeit. ..."

Am 30.04.2010 haben die Gewerkschaft und die R. Gruppe KG c/o F. B. zu J. GmbH und Co KG einen Tarifvertrag (TV Anerkennung 30.04.2010) geschlossen. Nach dessen § 1 werden der MTV B. Niedersachsen vom 20.12.1988 u.a. mit den zwischen der F. B. zu J. GmbH und Co KG und der Gewerkschaft NGG vereinbarten Verträgen (Anerkennungstarifvertrag vom 12.04.2002, Änderungs-/Ergänzungsvereinbarung zum Anerkennungstarifvertrag vom 12.04.2002 und Anhang zur Änderungs-/Ergänzungsvereinbarung vom 12.04.2002) in der F. B. zu Jever GmbH und Co KG, respektive Radeberger Gruppe KG c/o Friesisches Brauhaus zu J. GmbH und Co KG angewendet und wie ein zwischen der R. Gruppe KG c/o F. B. zu J. GmbH und Co KG und Gewerkschaft eigenständiger Tarifvertrag behandelt.

Im Dezember 2018 leistete der Kläger 40 Stunden in der Nachtschicht und erhielt dafür mit der Abrechnung für Januar 2019 einen 25 prozentigen Zuschlag in Höhe von insgesamt 259,20 €. Im Januar 2019 fielen beim Kläger 56 Nachtschichtstunden an, für die die Beklagte mit der Abrechnung für Februar 2019 einen 25 prozentigen Zuschlag in Höhe von insgesamt 348,48 € brutto zahlte. Im Februar 2019 leistete der Kläger in der Nachtschicht 24 Stunden und erhielt dafür mit der Abrechnung für März 2019 einen 25 prozentigen Zuschlag in Höhe von 149,52 €. Für 32 in Nachtschichten im März 2019 gearbeitete Stunden zahlte die Beklagte an den Kläger mit der Abrechnung für April 2019 einen 25 prozentigen Zuschlag in Höhe von 295,28 € brutto. Im Mai 2019 rechnet die Beklagte für 32 vom Kläger im April 2019 geleistete Nachtschichtstunden einen Zuschlag in Höhe von 205,38 € brutto ab.

Mit Schreiben vom 24.03.2019 (Bl. 4 d. A.) machte der Kläger Ansprüche auf Nachzahlung eines Zuschlages in Höhe von 50 % pro Nachtschichtstunde für Dezember 2018 bis Februar 2019 geltend. Mit weiterem Schreiben vom 20.05.2019 (Bl. 5 d. A.) begehrte er entsprechende Zuschläge für März und April 2019. Mit Schreiben vom 18.04.2019 (Bl. 6 d. A.) lehnte die Beklagte die Nachzahlung eines über 25 % hinausgehenden Zuschlages für geleistete Nachtschichtstunden ab.

Mit der am 17.07.2019 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven eingegangenen Klage nimmt der Kläger die Beklagte gerichtlich auf Zahlung von Zuschlägen für die Nachtschichtarbeit in den Monaten Dezember 2018 bis April 2019 in Höhe von weiteren 25 % pro Stunde in Anspruch.

Er hat die Ansicht vertreten, für jede in der Nachtschicht im Dreischichtsystem geleistete Stunde einen Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 50 % des tariflichen Stundenlohns zu haben. Die unterschiedlichen Vergütungsregelungen im Tarifvertrag für die Ableistung von Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit und Nachtarbeit, die außerhalb von Schichtsystemen geleistet werde, verstoße gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen sei Nachtarbeit grundsätzlich für jeden Menschen schädlich, habe negative Auswirkungen auf die Gesundheit und beeinträchtige die soziale Teilhabe. Diese gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse hätten die Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Zuschläge für Nachtschichtarbeit einerseits und der gelegentlichen Nachtarbeit andererseits verkannt. Es bestehe kein sachlicher Grund für eine ungleiche Behandlung von Nachtarbeit innerhalb und außerhalb von Schichtsystemen. Die tariflichen Regelungen seien unwirksam, woraufhin der Kläger auch bei der Verrichtung von Nachtarbeit in Schichtsystemen Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 50 % pro Stunde habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Nachtzuschlag für die Monate Dezember 2018 bis Februar 2019 in Höhe von 747,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2019 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Nachtzuschlag für die Monate März bis April 2019 in Höhe von 410,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.05.2019 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein großer Teil der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sei aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist verfallen. Im Übrigen lege der Kläger nicht dar, wann und innerhalb welcher Zeit er gearbeitet habe. Zudem sei die tarifliche Differenzierung bei der Höhe der Zuschläge für die im Rahmen von Schichtarbeit geleistete Nachtarbeit und die außerhalb von Schichten geleistete Nachtarbeit mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Während die regelmäßige Nachtarbeit im Schichtsystem vorherseh- und planbar sei, werde unregelmäßige Nachtarbeit von Fall zu Fall geleistet und sei nicht planbar. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ungeplante Nachtarbeit außerhalb von Schichtsystemen in der Regel Mehrarbeit darstelle. Insoweit würden die Zuschläge für Nachtarbeit und Mehrarbeit in den ersten 2 Stunden in Höhe von je 25 % zusammentreffen, woraufhin an sich nur ein Zuschlag in Höhe von 25 % zu zahlen wäre. Um das zu verhindern, seien bei der tariflichen Regelung die Zuschläge für Mehr- und Nachtarbeit auf 50% kumuliert worden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass tariflich für Nachtschichtarbeiter vier zusätzliche freie Arbeitstage pro Jahr und täglich bezahlte Pausen von einer halben Stunde vorgesehen seien. Hierdurch werde die Erschwernis der Nachtschichtarbeiter neben dem Zuschlag in Geld zusätzlich kompensiert. Umgerechnet mache das neben einem Nachtzuschlag in Höhe von 25 % in Gestalt der bezahlten Pausen weitere 6,76 % und in Gestalt von vier Freischichten pro Jahr weitere 6% aus. Danach verbleibe keine verfassungsrechtlich relevante Differenz zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit mehr. Selbst wenn die Tarifparteien ihren Gestaltungsspielraum verfassungswidrig überschritten hätten, könne jedenfalls keine Anpassung dahingehend erfolgen, dass auch die Nachtschichtarbeiter Zuschläge in Höhe von 50 % auf den Stundenlohn erhalten müssten. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis der Tariflücke als einzige Korrekturmöglichkeit eine Anpassung nach oben in Betracht gezogen hätten. Die mit 50 % Zuschlag vergütete unregelmäßige Nachtarbeit stelle einen absoluten Ausnahmefall dar. In den letzten 12 Monaten seien im Betrieb der Beklagten insgesamt 1.518,44 Stunden außerhalb des Schichtbetriebes zur Nachtzeit gearbeitet worden. Dies entspreche einem Anteil an der Gesamtstundenzahl der im Dreischichtsystem arbeitenden Mitarbeiter von lediglich 1,26.

Mit Urteil vom 12.12.2019 hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Ansprüche des Klägers für den Monat Dezember 2018 wegen Ablaufs der tarifvertraglichen Ausschlussfrist in § 26 Ziff. 2 MTV Brauereien Niedersachsen verfallen seien. Die vom Kläger begehrten zusätzlichen Zuschläge für den Zeitraum ab Januar 2019 seien unbegründet, weil die tarifvertragliche Regelung der Zuschläge für innerhalb und außerhalb einer Schicht geleistete Nachtarbeit nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und daher wirksam sei. Auch wenn die gesundheitlichen Belastungen für beide Arbeitnehmergruppen identisch seien, sei der Gesundheitsschutz nicht der einzige Zweck der Nachtzuschlagregelungen. Die unterschiedliche Höhe der tariflichen Nachtzuschläge knüpfe an die normale Arbeitszeit des Beschäftigten an. Die unregelmäßige Nachtarbeit stelle für diese Mitarbeiter zugleich Mehrarbeit dar, woraufhin diese ohne die tarifliche Regelung eines höheren Zuschlages von 50 % gem. § 7 Buchst. h. MTV Brauerei Niedersachsen nur einen Zuschlag in Höhe von 25 % beanspruchen könnten. Um das zu verhindern, seien in diesen Fällen der Nachtzuschlag und der Mehrarbeitszuschlag zu einem Zuschlag von 50 % zusammengerechnet worden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Tarifvertrag für Nachtarbeit in Schichtsystemen nicht nur den finanziellen Ausgleich in Gestalt eines Zuschlages in Höhe von 25 % auf den Stundenlohn in Geld, sondern weitere Kompensationsmaßnahmen vorsehe. Diese bestünden einerseits in jährlich vier Arbeitstagen bezahlte Schichtfreizeit und andererseits in der Gewährung einer bezahlten Pause von 30 Minuten an jedem Arbeitstag. Umgerechnet werde die Nachtschichtarbeit so mit zusätzlich 37,67 % vergütet. Die Differenz zu unregelmäßiger Nachtarbeit, für die ein Zuschlag von 50 % pro Stunde geschuldet sei, mache lediglich 12,33 % aus. Damit hätten die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden weiten Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Selbst wenn man eine gleichheitswidrige Differenzierung im Tarifvertrag annähme, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis der dann unbewussten Tariflücke Regelungen geschaffen hätten, nach denen sowohl die Nachtschichtarbeiter als auch diejenigen Mitarbeiter, die unregelmäßig zur Nachtschicht herangezogen würden, Nachtzuschläge in Höhe von 50 % erhalten sollten.

Das Urteil ist dem Kläger am 23.12.2019 zugestellt worden. Mit am 21.01.2020 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz hat er hiergegen Berufung eingelegt und diese, nachdem ihm zuvor Fristverlängerung gewährt worden war, unter dem 23.03.2020 begründet. Die Berufungsbegründung ist vom Prozessbevollmächtigten des Klägers wie folgt unterzeichnet worden:

Grafik 1

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 50 % für jede in der Nachtschicht geleistete Arbeitsstunde zu haben. Dazu führt er nachstehendes aus:

Sein Anspruch für den Monat Dezember 2018 sei nicht verfallen. Die Bestimmungen in § 26 Abs.1 und Abs.2 MTV Brauereien Niedersachsen seien widersprüchlich. Maßgeblich sei deshalb allein die Ausschlussfrist nach § 26 Abs. 1 MTV Brauereien Niedersachsen. Diese habe der Kläger insgesamt gewahrt. Der Anspruch des Klägers auf einen Zuschlag für in der Nachtschicht geleistete Arbeit von 50 % pro Stunde folge daraus, dass die tarifvertragliche Differenzierung zwischen Nachtarbeit außerhalb von Schichten und innerhalb Nachtschichten unwirksam sei. Es sei unzutreffend, dass der Nachtschichtzuschlag in Höhe von 50 % nur dann gewährt werde, wenn Nachtarbeit und Mehrarbeit zusammentreffen würden. Das sei zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien gewesen, habe keinen Niederschlag im Tarifvertrag gefunden und sei auch steuerrechtlich nicht darstellbar. Die tarifliche Regelung differenziere allein zwischen Nachtarbeit außerhalb von Schichten und Nachtarbeit in der Nachtschicht von 22.00 bis 06.00 Uhr. Das widerspreche nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.03.2018 (10 AZR 34/17) dem allgemeinen Gleichheitssatz. Es sei nicht erklärbar, warum ein Mitarbeiter, der regelmäßig Nachtarbeit leisten müsse, für diese Erschwernis weniger Zuschlag erhalte, als ein Mitarbeiter, der seltener und weniger regelmäßig durch Nachtarbeit belastet werde. Diese Ungleichbehandlung lasse sich arbeitsmedizinisch nicht begründen und sei sachlich ungerechtfertigt. Es treffe zwar zu, dass im Dreischichtbetrieb eine 30-minütige bezahlte Pause und vier arbeitsfreie Tage zusätzlich gewährt würden. Diese Vergünstigungen stünden nach dem Tarifvertrag jedoch erkennbar in keinem Zusammenhang mit den besonderen Belastungen durch Nachtarbeit, sondern ausschließlich durch Schichtarbeit. Die Nachtarbeiter außerhalb von Schichten erhielten mit 50 % einen doppelt so hohen Zuschlag wie die in Nachtschicht tätigen Mitarbeiter mit 25%. Selbst für den Fall, dass man eine Kompensation bejahen würde, handele es sich immer noch um einen Unterschied von fast 13 %. Dieser sei unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vom Beurteilungsspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt. Angesichts der Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Differenzierungswirkung sei eine Anpassung dahingehend vorzunehmen, dass auch die Mitarbeiter in Nachtschicht pro Stunde einen Zuschlag in Höhe von 50 % erhalten müssten. Die Tarifvertragsparteien hätten eine Differenzierung danach vorgenommen, welche Nachtarbeit sie als belastender eingestuft hätten und diese mit einem höheren Zuschlag bedacht. Vor diesen Hintergrund sei der hypothetische Willen der Tarifvertragsparteien sehr wohl erkennbar. Da planbare und regelmäßige Nachtarbeit tatsächlich ebenso belastend wie unregelmäßige bzw. ungeplante Nachtarbeit sei, könne davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis hiervon die Nachtarbeit innerhalb und außerhalb von Schichten einheitlich mit einem Zuschlag von 50 % pro Stunde hätten honorieren wollen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 12.12.2019 - 1 Ca 204/19 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn Nachtzuschlag für die Monate Dezember 2018 bis ebruar 2019 in Höhe von 747,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2014 zu zahlen;

2. an ihn Nachtzuschlag für die Monate März und April 2019 in Höhe von 410,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.05.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist zunächst der Auffassung, dass die Berufung unzulässig sei. Sie genüge bereits den formalen Voraussetzungen nicht. Die Berufungsschrift vom 23.03.2020 trage keine Unterschrift, die den Anforderungen der Rechtsprechung genügen würde. Bei der Zeichnung auf S. 3 derselben handele es sich allenfalls um eine Paraphe, jedenfalls um keine Unterschrift. Darüber hinaus müsse der Unterzeichner der Berufungsschrift eine Prozessvollmacht auch für die Berufungsinstanz haben. Eine solche sei weder vorgelegt noch nachgewiesen. Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung werde mit Nichtwissen bestritten. Zudem genüge die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen gem. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO. Darin wiederhole die Klägerseite einerseits formelhaft und zum Teil wörtlich den Vortrag aus erster Instanz. Andererseits stütze sie sich verstärkt darauf, dass gesundheitliche Aspekte der Nachtarbeit eine andere Zuschlagsgewährung erforderlich machen würde. Eine konkrete Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils finde dadurch nicht statt. Ohnehin habe das Arbeitsgericht in der Sache zutreffend entschieden. Der gesetzlich vorgesehene Belastungsausgleich für Nachtarbeit nach § 6 Abs. 5 ArbZG sei gegenüber den tariflichen Zuschlagsregelungen des MTV Brauereien Niedersachsen aufgrund des Tarifvorranges nachrangig. Die Tarifvertragsparteien seien bei der konkreten Ausgestaltung einer dahingehenden Tarifregelung nicht gezwungen, dass durch die Rechtsprechung konkretisierte gesetzliche "Angemessenheitskriterium" unmittelbar umzusetzen. Die tariflichen Zuschlagsregelungen würden in zulässiger Weise differenzieren zwischen regelmäßiger Arbeit in Nachtschicht sowie unregelmäßiger Nachtarbeit und hierfür unterschiedliche Zuschlagshöhen vorsehen. Bei den höheren Zuschlägen für unregelmäßige Nachtarbeit sei zu berücksichtigen, dass mit diesen auch die Zuschläge für die Mehrarbeit abgegolten würden, und der Tarifvertrag für die regelmäßigen Nachtarbeiter einen zusätzlichen Freizeitausgleich von vier Tagen sowie eine 30-minütige Pause pro Schicht vorsehe. Ferner werde durch den Tarifvertrag eine Stunde Arbeit in der Nachtzeit von 22.00 bis 06.00 Uhr mehr als nach der gesetzlichen Nachtarbeitszeit von 23.00 bis 06.00 Uhr mit einem Zuschlag honoriert. Die tariflichen Zuschläge dienten nicht nur dem Zweck der Kompensation von gesundheitlichen Belastungen der Nachtarbeit, sondern verfolgten insbesondere auch das Ziel, der sozialen Desynchronisation der Arbeitnehmer entgegenzuwirken sowie unregelmäßige Nachtarbeit durch höhere Zuschläge zu verteuern und in der Folge nach Möglichkeit zu verhindern oder zumindest zu verringern. Selbst wenn man in der unterschiedlichen Höhe der tariflichen Nachtarbeitszuschläge eine gleichheitswidrige Tarifregelung sehen wolle, bestehe gleichwohl kein Anspruch der regelmäßig in der Nacht arbeitenden Nachtschichtarbeiter auf den höheren tariflichen Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit. Es gebe im Tarifvertrag keine Grundentscheidung für einen höheren Nachtzuschlag. Die von den Tarifvertragsparteien berücksichtigte Tarifpraxis mache vielmehr deutlich, dass lediglich 1,2 % der Nachtarbeitsstunden in Gestalt von unregelmäßiger Nachtarbeit anfielen.

Mit Schriftsatz vom 30.07.2020 haben die Klägervertreter eine vom Kläger unterzeichnete Originalvollmacht vorgelegt, wegen deren Inhalt auf Blatt 302 dA. verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 23.03.2020, 02.06.2020, 08.07.2020, 4.08.2020 und 6.08.2020 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 06.08.2020 abgegebenen Erklärungen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist entgegen der Auffassung der Beklagten form- und fristgerecht eingelegt sowie ausreichend begründet worden.

1.

Die Postulationsfähigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers lag im Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.08.2020 vor. Vor den Landesarbeitsgerichten dürfen nach § 11 Abs. 4 ArbGG nur bevollmächtigte Rechtsanwälte bzw. Verbandsvertreter auftreten. Auf die Rüge der Beklagten in der Berufungserwiderung vom 02.06.2020 ist nach § 89 Abs. 1 ZPO verfahren worden. Die Vollmacht der Prozessvertreter des Klägers vom 22.06.2019, die sich ausdrücklich auch auf die Rechtsmitteleinlegung erstreckt, ist daraufhin mit Schriftsatz vom 30.07.2020 im Original nachgereicht worden.

2.

Die Berufungsbegründung des Klägers vom 23.03.2020 schließt mit einer Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Klägers i.S. von §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO ab.

a)

Eine Unterschrift setzt einen individuellen Schriftzug voraus, der sich - ohne lesbar sein zu müssen - als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter, von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichneter Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein (BAG 25.02.2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 19). Erforderlich, aber auch genügend ist ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Wiedergabe eines Namens darstellt (BGH, 22.10.1993 - V ZR 112/92 - Rn. 5). Ob ein Schriftzug eine Unterschrift darstellt, unterliegt der Beurteilung des Gerichtes, wobei in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweist, ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, sofern die Autorenschaft gesichert ist (BGH, 16.07.2013 - VIII ZB 62/12 - Rn. 11).

b)

Danach genügt der Schriftzug von Herrn Rechtssekretär Tino Junghans unter der Berufungsbegründungsschrift den an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen. Der Schriftzug weist zunächst hinreichende individuelle Merkmale aus, die die Identität des Unterzeichners genügend kennzeichnet. Der Schriftzug besteht aus mehreren Elementen. Das handschriftliche Gebilde steht erkennbar für einen Namen und lässt Andeutungen von Buchstaben erkennen. Er beginnt mit einem geschliffenen "T" für den Anfangsbuchstaben des Vornamens des Unterzeichners. Sodann geht es erkennbar in ein "J" für den Anfangsbuchstaben des Nachnamens des Unterzeichners über. Es schließen sich ein stilisiertes "g" und ein abschließendes "s" an. Dabei handelt es sich nicht um einzelne Buchstaben, sondern um eine einheitlich charakteristische Linienführung, die den gesamten Namen und nicht nur eine abgekürzte Fassung i.S. einer Paraphe darstellt. Es handelt sich um einen individuellen Schriftzug, der zwar kaum lesbar, aber erkennbar die Unterzeichnung mittels eines vollständigen Namenszuges sein soll.

3.

Der Kläger hat seine Berufung ausreichend begründet.

a)

Die Berufungsbegründung muss gem. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben (vgl. BAG 19.02.2020 - 5 AZR 179/18 - Rn. 12).

b)

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt hat, etwaige Ansprüche des Klägers für Dezember 2018 seien nach der tariflichen Ausschlussfrist verfallen, hat der Kläger dem entgegengehalten, die Ausschlussfristenregelungen in § 26 Abs. 1 u. 2 MTV seien widersprüchlich und er habe die für die Nachtzuschläge maßgebliche 3-monatige Ausschlussfrist gem. § 26 Abs. 1 MTV eingehalten. Soweit das Arbeitsgericht die unterschiedliche Zuschlagshöhe für Nachtarbeit in der Nachtschicht und außerhalb von Nachtschichten als nicht gleichheitswidrig qualifiziert hat, hält der Kläger dem einerseits entgegen, dass ein Nachtzuschlag außerhalb der Nachtschicht in Höhe von 50 % nur gewährt werde, wenn von der Normalarbeitszeit abgewichen werde, entspreche weder der Auslegung des Tarifvertrages noch dessen tatsächlichen Handhabung. Dem stünden zudem steuerrechtliche Aspekte entgegen. Andererseits erfolge keine Kompensation der unterschiedlichen Zuschläge durch eine 30-minütige Pause und vier Freitage. Dadurch sollten nicht die zusätzlichen Belastungen durch die Nachtarbeit, sondern durch die Schichtarbeit ausgeglichen werden. Ohne Kompensation erhielten die Mitarbeiter, die außerhalb von Nachtschichten Nachtarbeit verrichten, einen Zuschlag, der doppelt so hoch sei, wie derjenige für Mitarbeiter, die Nachtarbeit im Rahmen einer Nachtschicht verrichten würde. Das sei auch unter Berücksichtigung der Tarifautonomie nicht zu rechtfertigen. Selbst wenn man eine Kompensation bejahen wolle, betrage die Differenz immer noch 13 % und sei in dieser Höhe nicht von dem Beurteilungsspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt. Soweit das Arbeitsgericht bei unterstellter Gleichheitswidrigkeit eine "Korrektur nach oben" abgelehnt habe, stehe dem entgegen, dass die Tarifvertragsparteien Nachtarbeit ausdrücklich mit einem Zuschlag von 50 % bedacht hätten. Damit hat der Kläger sämtliche Erwägungen, auf denen die erstinstanzliche Entscheidung beruht, thematisiert und diesen seine eigene begründete Einschätzung entgegengehalten. Ob der Vortrag des Klägers materiell rechtlich trägt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit seiner Berufung.

B.

Die Berufung ist unbegründet.

Dem Kläger steht für die den Nachtschichten von Dezember 2018 bis April 2019 geleistete Arbeit über den bereits gewährten Zuschlag von 25 % pro Stunde kein weiterer Zuschlag von 25 % pro Stunde zu. Die tariflichen Regelungen in § 2 Ziff.1. f. Ä/E - Vereinbarung, nach denen für Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 % pro Stunde und für Nachtschicht nur ein Zuschlag von 25 % pro Stunde gezahlt wird, sind wirksam.

I.

Die Zahlungsklage ist zwar zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch wenn der Kläger nicht im Einzelnen vorgetragen hat, an welchen Tagen er jeweils in welchem Umfang Nachtarbeit im Tarifsinne geleistet hat, hat er doch für jeden Monat des Streitzeitraumes von Dezember 2018 bis April 2019 die Anzahl der von ihm pro Monat geleisteten Nachstunden angegeben und als Vergütungsdifferenz 50 % seines Stundenlohnes abzüglich bereits erhaltener Zuschläge geltend gemacht. Danach ist die Klage als abschließende Gesamtklage für den streitgegenständlichen Zeitraum zu qualifizieren (vgl. BAG, 21.03.2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 13).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.

Unabhängig von der Frage nach dem tarifvertraglichen Verfall hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung für die in der Nachschicht geleistete Arbeit iHv. 50 % pro Stunde. Die Differenzierung in § 2 Ziff. 1.f. Ä/E - Vereinbarung bei der Zuschlagshöhe für Nachtarbeit einerseits und für Nachtschichtarbeit andererseits, verstößt nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Nachtschichtarbeiter werden danach gegenüber Arbeitnehmern, die außerhalb von Schichtsystemen Nachtarbeit leisten, nicht gleichheitswidrig schlechter gestellt.

a)

Sowohl der MTV Brauereien Niedersachsen als auch die Anerkennungstarifverträge vom 12.04.2002 einschließlich Ä/E - Vereinbarung und vom 30.04.2010 sind von den zuständigen (Haus-)Tarifvertragsparteien schriftlich abgeschlossen worden, §§ 1 Abs.1,2, 3 TVG. Sie gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit im Arbeitsverhältnis der Parteien normativ, § 4 Abs.1 TVG. Die Ä/E - Vereinbarung und die beiden Anerkennungstarifverträge sind gerade für den Betrieb in J. (F. B.) von der Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. der Beklagten und der Gewerkschaft vereinbart worden und deshalb als haustarifliche Regelungen zu qualifizieren.

b)

Die Tarifvertragsparteien als Normgeber sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Durch den Abschluss von Tarifverträgen üben die Tarifvertragsparteien keine Staatsgewalt iSv. Art.1 Abs.3 GG aus. Mit Tarifverträgen werden keine staatlichen Regelungskonzepte verfolgt. Würden Tarifnormen wie hoheitliche Eingriffe in Grundrechte uneingeschränkt am Maßstab der Verhältnismäßigkeit überprüft, führte dies zu einer "Tarifzensur" durch die Arbeitsgerichte (BAG, 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 19). Die Tarifvertragsparteien sind allerdings mittelbar grundrechtsgebunden. Der Schutzauftrag aus Artikel 1 Abs. 3 GG verpflichtet die staatlichen Arbeitsgerichte dazu, die Grundrechtsausübung der Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Gleichheitsrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidieren. Deshalb sind die Arbeitsgerichte dazu verpflichtet, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Dabei ist jedoch die durch Artikel 9 Abs. 3 GG gewährleistete Koalitionsfreiheit der Tarifvertragsparteien mit den betroffenen Individualrechten der Normunterworfenen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, und zwar unter Berücksichtigung der besonderen Sachnähe der Tarifvertragsparteien und des Umstandes, dass die Normunterworfenen sich entweder durch das Beitreten in die Koalition oder durch eine vertragliche in Bezugnahme bewusst und freiwillig der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien unterworfen haben. Den Tarifvertragsparteien steht deshalb bei der Normsetzung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Bei der Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen sowie der Rechtsfolgen habe sie eine Einschätzungsprärogative. Hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung von Tarifregelungen verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessungsspielraum. Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Das bedeutet im Ergebnis eine deutlich zurückgenommene Prüfungsdichte durch die Gerichte. Diesen steht es nicht zu, eigene Gerechtigkeitsvorstellungen anstelle der Bewertungen der zuständigen Koalitionen zu setzten (BAG, 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26). In Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz sind die Arbeitsgerichte deshalb dazu berechtigt, aber auch verpflichtet, nur solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu einer Gruppenbildung führen, mit der Artikel 3 Abs. 1 GG verletzt wird. Der auch insoweit bestehende Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien ist überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten in Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen den Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung in der normierten Art und Weise sachlich rechtfertigen könnten (BAG, 21.03.2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 44). Dabei ist nicht auf Einzelgerechtigkeit, sondern auf die generellen Auswirkungen einer tarifvertraglichen Regelung abzustellen (BAG, 11.12.2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 15).

c)

Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Tarifvertragsparteien mit der von ihnen vorgenommenen Differenzierung zwischen Zuschlägen für Nacharbeit außerhalb von Schichten und Nachtarbeit innerhalb von Schichten in § 2 Ziff. 1. F. der Ä/E - Vereinbarung iVm. den beiden TV Anerkennung vom 12.04.2002 und 30.04.2010 sowie dem MTV Brauereien Niedersachsen ihre Einschätzungsprärogative mit Blick auf die spezifischen Gegebenheiten bei der Beklagten im F. B. in J. nicht überschritten. Zwischen den Nachtschichtarbeitnehmern und den Arbeitnehmern, die außerhalb von Nachschichtsystemen Nacharbeit leisten, bestehen keine Unterschiede solcher Art und solchem Gewicht, die die unterschiedliche tarifliche Nachtarbeitsvergütung gem. § 2 Ziff. 1. F. Ä/E - Vereinbarung iVm. mit MTV B. Niedersachsen unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraumes der Tarifvertragsparteien nicht sachlich rechtfertigen würden.

aa)

Nach § 2 Ziff. 1. F. Ä/E - Vereinbarung sind unterschiedlich hohe Zuschläge je nach dem zu zahlen, ob die Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit geleistet wird oder nicht. Durch den Zuschlag von 50 % zum Stundenlohn für die Nachtarbeit nach § 3 Ziff. 6.1 und 6.2 MTV Brauereien Niedersachsen, der gemäß § 1 TV- Anerkennung vom 30.04.2010 Anwendung findet, sollen erkennbar die mit der Nachtarbeit verbundenen besonderen Belastungen abgegolten werden. Er ist doppelt so hoch wie der in § 2 Ziff. 1. f. Ä/E - Vereinbarung für Nachtarbeit im Schichtbetrieb vorgesehene Zuschlag iHv. 25 % pro Stunde.

bb)

Zwar beginnt für beide Arbeitnehmergruppen die zuschlagspflichtige Nachtarbeit im Sommerhalbjahr bereits eine Stunde vor der gesetzlichen Nachtzeit gem. § 2 Abs. 3 ArbZG. Für das Winterhalbjahr bestimmt jedoch der durch die Ä/E - Vereinbarung nicht modifizierte § 3 Ziff. 6.2 MTV Brauereien Niedersachsen eine längere Zeitspanne (20:00 Uhr bis 06:00 Uhr) als Nacharbeit, die nur den unregelmäßigen Nachtarbeitern, nicht aber den Nachtschichtlern bei der Zuschlagsgewährung zu Gute kommt.

cc)

Auch wenn der Zuschlag für Nachtschichtarbeit mit 25 % pro Stunde dem Mindestsatz entspricht, der nach der Rechtsprechung im Rahmen des § 6 Abs. 5 ArbZG bei normaler Belastung einzuhalten ist (vgl. BAG, 25.04.2018 - 5 AZR 25/17 - Rn. 44), besteht vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit kein Unterschied zwischen den gesundheitlichen Belastungen für Arbeitnehmer, die Nachtarbeit innerhalb von Schichten leisten, und Arbeitnehmern, die Nachtarbeit außerhalb von Schichten verrichten (BAG, 21.03.2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 48). Mit gesundheitlichen Aspekten ist die unterschiedliche Zuschlagshöhe mithin nicht sachlich zu rechtfertigen.

dd)

Die Differenzierung kann aber einerseits durch sachliche Gründe neben dem Gesundheitsschutz sachlich gerechtfertigt sein. Andererseits kann sie durch andere, z.B. auf bezahlte Freizeit gerichtete, tarifliche Regelungen - teilweise - "kompensiert" werden. Auch das ArbZG sieht vor, dass ein Ausgleich für Nachtarbeit nicht nur in Entgelt, sondern zudem in Freizeit erfolgen kann, § 6 Abs. 5 ArbZG. Beides ist vorliegend der Fall.

(1)

Neben dem Gesundheitsschutz bestehen andere sachliche Gründe für die Differenzierung.

(a)

Die Tarifvertragsparteien haben Schichtarbeit einschließend Nachtschichtarbeit als regelmäßige Arbeitsform geregelt, während die Nachtarbeit außerhalb von Schichten nur als Ausnahme vorgesehen ist. Das deckt sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten im Betrieb der Beklagten in J., auf den angesichts der haustariflichen Regelungen auch bei der gebotenen generalisierenden Betrachtung abzustellen ist, und in dem nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten in den letzten 12 Monaten lediglich 1518,44 Stunden Nachtarbeit außerhalb von Schichten angefallen sind, was einem Anteil an den Gesamtstunden der Drei-Schichten von 1,26 % entspricht. Für Schichtarbeit einschließlich Nachtarbeit als regelmäßige Arbeitsform sehen die beiden TV- Anerkennung über die Ä/E - Vereinbarung und den MTV Brauereien Niedersachsen ein differenziertes Regelungssystem vor, während für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit nur der Zuschlag geregelt ist. Nachtarbeit kann nach der tariflichen Festlegung in § 3 Ziff. 6.1 MTV Brauereien Niedersachsen für die Frühschicht von 06:00 Uhr - 14:00 Uhr von vorneherein nicht anfallen. Soweit sie in der Spätschicht (14:00 Uhr - 22:00 Uhr) gem. § 3 Ziff. 6.1 MTV Brauereien Niedersachsen im Winterhalbjahr von 20:00 Uhr - 22:00 Uhr zu leisten ist, wird hierfür kein Nachtzuschlag iHv. 50 %, sondern der Zuschlag für Nachtarbeit in der Spätschicht bis 22:00 Uhr iHv. 10 % pro Stunde nach § 2 Ziff. 1. f. Ä/E - Vereinbarung gezahlt. Arbeit in einer Nachtschicht unterfällt der 25-prozentigen Zuschlagsregelung pro Stunde gem. § 2 Ziff. 1. f. Ä/E - Vereinbarung. Nachtarbeit, die mit 50 % pro Stunde bezuschlagt wird, kann nach der tariflichen Systematik also nur außerhalb der Schichten und damit der regelmäßigen Arbeitszeit anfallen. Ob es sich dabei stets um Mehrarbeit iSv. § 3 Ziff. 4 MTV Brauereien Niedersachsen handelt, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls fällt die Nachtarbeit nicht in den regelmäßigen Schichtrhythmus und mithin in diesem Sinne unregelmäßig an. Sie stellt nach dem aus der Tarifsystematik erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien den Ausnahmefall zum Regelfall der Schichtarbeit dar. Als solcher nimmt die Nachtarbeit nicht an dem differenzierten tariflichen Regelungssystem für Schichtarbeit, das verschiedenartige Vorteile für Nachtschichtbeschäftigte vorsieht, teil. Das kann bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise und unter dem Aspekt der angestrebten Vermeidung von unregelmäßiger Nacharbeit durch deren Verteuerung einen höheren Zuschlag sachlich tragen.

(b)

Auch wenn das BAG in der Entscheidung vom 21.03.2018 (BAG - 10 AZR 34/17 - Rn. 52) ausführt, dass die Teilhabe am sozialen Leben durch unregelmäßige Nachtarbeit außerhalb von Schichtsystemen nicht in einem höheren Maß gefährdet werde, als bei Nachtarbeit innerhalb von regelmäßigen Schichten, ist doch zu berücksichtigen, dass jede Abweichung von der regulären Arbeitszeit innerhalb - lange im Voraus - feststehender Schichten für die davon betroffenen Arbeitnehmer eine erneute Abstimmung der Lebensbereiche Arbeit und Familie, Freunde sowie Freizeit erforderlich macht. Zwar ist objektiv die mit jeder Nachtarbeit einhergehende biologische Desynchronisation die maßgebliche Gefährdung. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatbereich wirkt sich jedoch ebenso auf die Gesundheit der Beschäftigten aus und hat damit Bestandteil der betrieblichen Gesundheitsforderung zu sein. Betroffene bewerten dementsprechend die mit der Nachtarbeit verbundene soziale Desynchronisation als besonders nachteilig (vgl. Kothe, Gutachten zur Systematik und Differenzierung tarifvertraglicher Nachtarbeitszuschlagsregelung, 08.04.2020, S. 30). Die Balance zwischen (Nacht-)Arbeit und Freizeit sowie familiären Verpflichtungen herzustellen, ist umso schwieriger, je unregelmäßiger die Nachtarbeit anfällt. Von daher ist es nicht zu beanstanden, wenn Tarifvertragsparteien vorliegend bei der Bestimmung der Zuschlagshöhe berücksichtigen, dass die schichtplanmäßige regelmäßige Arbeitszeit im geringeren Maße in das Familienleben und Freizeitverhalten eingreift, als die nur ausnahmsweise unregelmäßige und außerhalb von Schichten geleistete Nachtarbeit (vgl. BAG 11.12.2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 23). Auch hierin ist eine sachliche Rechtfertigung für die differenzierte Zuschlagsregelung zu sehen.

(2)

Zudem sind sowohl in der Ä/E - Vereinbarung als auch im MTV Brauereien Niedersachsen Regelungen enthalten, die die aus der Arbeit in der Nachtschicht resultierenden gesundheitlichen Belastungen zum Teil kompensieren und bei Nachtarbeit außerhalb von Schichten nicht eingreifen.

(a)

Zum einen ist der Zuschlag für Arbeit in der Nachtschicht im Gegensatz zu demjenigen für Nachtarbeit außerhalb von Schichten durch die Kollisionsbestimmung in § 2 Ziff. 1. h. Ä/E - Vereinbarung insoweit privilegiert, als dieser bei einem Zusammentreffen mit einem anderen Zuschlag gem. § 2 Ziff. 1. f. nicht auf den jeweils höchsten Zuschlag gedeckelt bzw. bei gleicher Höhe nur ein Zuschlag zu zahlen ist. Während deshalb bei Nachtarbeit im Rahmen einer Nachtschicht an Sonntagen kumulierte Zuschläge iHv. 100 % und an Feiertagen iHv. 250 % zu zahlen sind, greift für den Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Nachtschichten die Kollisionsbestimmung nach § 2 Ziff. 1.f. Ä/E - Vereinbarung ein mit der Folge, dass an Sonntagen ein maximaler Zuschlag von 65 % und an Feiertagen von 200 % pro Stunde zu zahlen ist.

(b)

Zum anderen sind nach § 5 Ziff. 5. a. und b. Ä/E - Vereinbarung Arbeitnehmern, die im Drei-Schicht-System oder ausschließlich in Nachtschicht arbeiten, jeweils vier bezahlte Schichtfreizeiten zu gewähren. Dabei kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass damit ausschließlich die besonderen Belastungen durch die Schichtarbeit kompensiert werden sollen. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien ausweislich des Wortlautes von § 5 Ziff. 5. a. Ä/E - Vereinbarung selbst explizit zu Ausdruck gebracht, dass der Freizeitausgleich - zumindest auch - "zur Abgeltung der in der Nachtschlicht auftretenden Erschwernisse und Belastungen" zu gewähren ist. Zudem ist die Schichtenfreizeit für Arbeitnehmer in Dauernachtschicht, also ohne einen Schichtwechsel, und für Nachtschichtler im Dreischichtsystem zumindest um einen Tag länger als bei Mitarbeitern im Zweischichtsystem. Diese Schichtenfreizeiten können Arbeitnehmer, die Nachtarbeit außerhalb von Schichten leisten, nicht beanspruchen. Schließlich ist zu beachten, dass § 4 Ziff. 4. Satz 2 MTV Brauereien Niedersachen, der nicht durch die Ä/E - Vereinbarung und die beiden TV- Anerkennung abgeändert oder modifiziert worden ist, bestimmt, dass im Dreischichtsystem eine 30-minütige bezahlte Pause zu gewähren ist. Mitarbeiter in der Nachtschicht erhalten damit im Vergleich zu Wechselschichtler in der Früh- und Spätschicht eine um 10 Minuten längere bezahlte Pause. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass damit nicht unmittelbar und vorrangig die Belastung durch die Nachtarbeit, sondern durch den Schichtwechsel zusätzlich kompensiert werden soll, ist doch nicht zu verkennen, dass die in Nachtschicht arbeitenden Mitarbeiter hiervon tatsächlich am meisten profitieren. Mitarbeiter, die Nacharbeit außerhalb der Nachschicht verrichten, erhalten die verlängerte Pause nicht. Unabhängig davon, wie man diese zusätzlichen Kompensationsregelungen insgesamt in Prozentzahlen entgeltmäßig ausdrücken möchte, führen sie jedenfalls zu einer nicht unerheblichen Aufstockung des 25 prozentigen Zuschlags und damit zu einer Verringerung der Differenz zur Zuschlagshöhe von 50 % für Mitarbeiter, die Nachtarbeit außerhalb von Schichten verrichten und denen diese tariflichen Vergünstigungen sämtlichst nicht zustehen.

(3)

Insgesamt haben danach die Tarifvertragsparteien der Ä/E - Vereinbarung iVm. den beiden TV Anerkennung und des MTV Brauereien Niedersachsen den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten, indem sie Nachtarbeit außerhalb von Schichten pro Stunde mit 50 % und Arbeit im Rahmen von Nachtschichten mit 25 % pro Stunde bezuschlagt haben. Auch wenn man mit guten Gründen die Auffassung vertreten kann, der doppelt so hohe Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Nachtschichten im Vergleich zu demjenigen für Nachtarbeit, die im Rahmen von Nachtschichten geleistet wird, sei nicht die gerechteste Lösung, haben die Tarifvertragsparteien doch aus sachlichen Gründen und über die tariflichen Kompensationsmechanismen für diejenigen Arbeitnehmer, die Nachtarbeit in regelmäßigen Schichten leisten, keine so erheblich weniger günstige Regelung geschaffen, als dass der tariflichen Regelung unter dem Aspekt der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG von Seiten der Gerichte die Durchsetzung verweigert werden muss. Ein Verstoß der Tarifvertragsparteien gegen den Gleichhandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, woraufhin der Kläger keinen Anspruch auf weitere 25 % Zuschlag pro Stunde im Wege der Anpassung "nach oben" (vgl. hier zu BAG 21.03.2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 58) hat.

2.

Da der Kläger seinen Anspruch allein auf eine - nicht gegebene - Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes stützt, ist nicht zu prüfen, ob für sein Begehren andere vertragliche und/oder tarifliche Grundlagen bestehen. Dabei handelt es sich im Vergleich zum Gleichbehandlungsgrundsatz um unterschiedliche Streitgegenstände, die vom Kläger nicht vorgetragen worden und deshalb vom Gericht nicht zu überprüfen sind (vgl. BAG, 25.06.2019 - 3 AZR 456/17 - Rn. 23, BAG, 16.05.2012 - 4 AZR 290/10- Rn. 57). Die Klage ist mithin unbegründet. Das hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers unterliegt der Zurückweisung.

C.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Zulassung der Revision ist nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung veranlasst.