Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.10.2020, Az.: 16 Sa 323/20

Weiter Gestaltungsspielraum und Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung; Zulässige Differenzierung zwischen regelmäßiger Schichtnachtarbeit und unregelmäßiger Nachtarbeit; Praktische Konkordanz zwischen Grundrechtsausübung der Tarifvertragsparteien und Gleichheitsrechten der Normunterworfenen

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
22.10.2020
Aktenzeichen
16 Sa 323/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 45684
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2020:1022.16Sa323.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hildesheim - 06.02.2020 - AZ: 1 Ca 143/19

Fundstelle

  • ArbR 2021, 21

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Differenzierung zwischen Nachtarbeit in der Zeit von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr, die keine Schichtarbeit ist (50 %) und Schichtarbeit, die in die Nachtzeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr fällt (25 %) bei der Zuschlagshöhe im Manteltarifvertrag für die Erfrischungsgetränke-Industrie Niedersachsen/Bremen vom 10.03.1998 verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie hält sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien nach Art. 9 Abs. 3 GG zustehenden Einschätzungsprärogative.

  2. 2.

    Eine Differenzierung bei der Höhe von Nachtzuschlägen ist nicht in jedem Fall gleichheitswidrig. Praktische Konkordanz zwischen der Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien nach Art. 9 Abs. 3 GG und den Gleichheitsrechten der Normunterworfenen (Art. 3 Abs. 1 GG) ist für jede tarifvertragliche Regelung, die unterschiedliche Zuschläge für Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit vorsieht, gesondert herzustellen.

Redaktioneller Leitsatz

Den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern kommt aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen. Bei der Lösung tarifpolitischer Konflikte sind sie nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Vereinbarung zu treffen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlicher Grund besteht.

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 6. Februar 2020 - 1 Ca 143/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Nachtzuschläge für Schichtarbeit.

Der Kläger ist bei der Beklagten beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Getränkeindustrie. Bei ihr wird grundsätzlich in Wechselschicht - Frühschicht von 6:00 Uhr bis 14:00 Uhr, Spätschicht von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr und Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr - gearbeitet. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Unternehmenstarifvertrag zwischen der Gewerkschaft NGG und der Beklagten vom 27.03.2015. Hier ist vereinbart, dass der Manteltarifvertrag für die Erfrischungsgetränke-Industrie Niedersachsen vom 10.03.1998 (im Folgenden: MTV) auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten anzuwenden ist, die Mitglied der Gewerkschaft NGG sind.

Der MTV enthält ua. folgende Regelung:

"§ 4

Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

I. Begriffsbestimmungen

...

2. Nachtarbeit ist die in der Zeit von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr geleistete Arbeit. Bei Schichtarbeit beginnt die Nachtarbeit um 22.00 Uhr und endet um 6.00 Uhr.

...

5. Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist ebenso wie Mehrarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden. Sie ist - außer bei regelmäßiger Schichtarbeit - im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nur vorübergehend in Fällen einer dringenden betrieblichen Notwendigkeit zulässig. Die Beschäftigten sind verpflichtet die im Rahmen dieser Bestimmungen im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgelegte Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit zu leisten.

...

II. Vergütung

1. Für Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu zahlen:

a) für Mehrarbeit

25 v. H.

b) für Mehrarbeit ab der dritten Stunde täglich und für Mehrarbeit, die an Sonnabenden geleistet wird

30 v. H.

c) für Nachtarbeit in der Zeit von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr, die keine Schichtarbeit ist

50 v. H.

d) für Schichtarbeit, die in die Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr fällt

25 v. H.

e) für Arbeit an Sonntagen

75 v. H.

f) für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen, ferner an Weihnachtsfeiertagen und am 1. Mai, auch wenn diese Tage auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag und am Pfingstsonntag

200 v.H.

3. Bei Angestellten und Monatslöhnern ist zur Berechnung des Entgelts je Arbeitsstunde, bei Stundenlöhnern zur Berechnung des Monatslohns von einem Divisor bzw. Multiplikator von 165 auszugehen.

Die Zuschläge werden von dem tatsächlichen Stundenverdienst, bei Angestellten und Monatsentgeltempfängern von der tatsächlichen Monatsvergütung, berechnet. Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der höchste, bei gleicher Höhe nur ein Zuschlag zu zahlen. Dies gilt nicht für den Nachtschichtzuschlag, der gesondert neben anderen Zuschlägen zu zahlen ist.

..."

Der Kläger ist bei der Beklagten in Schichtarbeit eingesetzt. Soweit er Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr leistet, zahlt ihm die Beklagte den Zuschlag in Höhe von 25 % gemäß § 4 II.1. d) MTV.

Mit Schreiben vom 27.03.2019 machte der Kläger Differenzansprüche zu dem 50%igen Zuschlag für sonstige Nachtarbeit nach § 4 II.1. c) MTV geltend.

Der Kläger hat unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - zusammengefasst - die Auffassung vertreten, die erheblich weniger günstige Zuschlagsregelung für Nachtschichtarbeit gegenüber Nachtarbeit sei gleichheitswidrig und überschreite das Gestaltungsrecht der Tarifvertragsparteien. Nachtarbeit sei nach den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen in jeder Form für Arbeitnehmer belastend und führe zu einer biologischen und sozialen Desynchronisation. Ein sachlicher Grund für die Differenzierung sei nicht gegeben. Die Behauptung, die Tarifvertragsparteien hätten für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vereinbart, um diese in besonderem Maße zu verteuern, sei unzutreffend. Da eine Anpassung "nach oben" zu erfolgen habe, könne er für Nachtschichtarbeit den tariflichen Zuschlag von 50 % verlangen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 349,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 416,07 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 895,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat - zusammengefasst - die Auffassung vertreten, die Differenzierung zwischen den Zuschlägen für Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit sei nicht gleichheitswidrig. Eine Ungleichbehandlung in ihrem Betrieb gebe es faktisch auch nicht, der Zuschlag für Nachtarbeit falle im Verhältnis zur Nachtschichtarbeit nur im Promillebereich an. Der Zuschlag für Nachtarbeit setze sich tatsächlich aus einem Zuschlag für Nachtarbeit und einem Zuschlag für Mehrarbeit zusammen, da sonstige ungeplante Nachtarbeit im Regelfall nur nach der üblichen Arbeitszeit anfalle. Zudem würde die Erhöhung der Zuschläge für Nachtschichtarbeit auf 50% einen unzulässigen Eingriff der Gerichtsbarkeit in den tariflichen Gesamtzusammenhang darstellen.

Mit Urteil vom 06.02.2020 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Zuschlag in Höhe von 50% aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG zu. Die streitgegenständliche Differenzierung bei der Höhe der Zuschläge sei unter Berücksichtigung der tariflichen Gesamtregelung sachlich gerechtfertigt. Es sei zu berücksichtigen, dass sich der vorgegebene Zeitrahmen in § 4 II.1. c) und § 4 II.1. d) MTV nicht decke und zum anderen sei in Ziffer § 4 II.3. MTV geregelt, dass beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge jeweils nur der höchste, bei gleicher Höhe nur ein Zuschlag zu zahlen ist. Für den Nachtschichtzuschlag bestehe die Besonderheit, dass dieser gesondert neben anderen Zuschlägen zu zahlen ist. Soweit der Kläger einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 50 % auch für die Zeit von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr geltend mache, könne sein Anspruch nicht auf eine gleichheitswidrige Behandlung zurückgeführt werden, da der Nachtarbeitszuschlag von 50% nach der tariflichen Regelung nur bis 5:00 Uhr zu zahlen sei.

Gegen das dem Kläger am 11.02.2020 zugestellte Urteil richtet sich die am 05.03.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die mit am 17.03.2020 eingegangenem Schriftsatz unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags im Wesentlichen wie folgt begründet wurde:

Nach Auffassung des Klägers habe das Arbeitsgericht unzutreffend und entgegen der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - den Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 50% aus Art. 3 Abs. 1 GG abgelehnt. Das Arbeitsgericht habe nicht alle Passagen der Entscheidung vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - zitiert und berücksichtigt. Es liege eine erheblich weniger günstige Zuschlagsregelung für Nachtschichtarbeit vor, weil der Zuschlag um mehr als 1/3 geringer sei als der Zuschlag für Nachtarbeit. Insoweit sei die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit einer Vergütungsvereinbarung (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08-) anzuwenden. Eine sachliche Rechtfertigung für die Differenzierung zwischen den nach Anschauung des Klägers vergleichbaren Gruppen von Arbeitnehmern, die Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit leisten und denen, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, sei nicht gegeben. Eine sachliche Rechtfertigung ergebe sich nicht aus der Gesamtstruktur der tariflichen Regelung und insbesondere nicht aus der Regelung in § 4 II. 3. MTV.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 06.02.2020 - 1 Ca 143/19 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 349,64 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 416,07 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 895,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung der erstinstanzlichen Ausführungen das arbeitsgerichtliche Urteil. Die Berufung genüge nicht den Anforderungen an die Berufungsbegründung. Sie sei jedenfalls unbegründet. Der MTV unterscheide sich in vielen Punkten von dem Tarifvertrag, welcher der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - zugrunde liege. Die tarifvertragliche Differenzierung bei der Zuschlagshöhe halte sich in dem den Tarifvertragsparteien eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum. Ungeachtet dessen, dass den Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür treffe, dass kein Sachgrund für die Differenzierung zwischen Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit gegeben sei, sei ua. zu berücksichtigen, dass der Zuschlag für Nachtarbeit nicht nur die Erschwernisse für die Arbeit in der Nacht ausgleiche, sondern auch einen Ausgleich für die kurzfristige Einbuße der Dispositionsmöglichkeiten über die Freizeit schaffe. Zudem solle die unregelmäßige Nachtarbeit teuer und damit für den Arbeitgeber unattraktiv gemacht werden. Die Nachtarbeit stelle fast immer auch Mehrarbeit dar, so dass sich der Zuschlag für Nachtarbeit tatsächlich aus einem Zuschlag für Nachtarbeit und einem Mehrarbeitszuschlag zusammensetze. Auch führe ein etwaiger Verstoß der Zuschlagsregelungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht dazu, dass eine Anpassung nach oben zu erfolgen habe.

Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung ist gemäß § 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und entgegen der Auffassung der Beklagten auch ordnungsgemäß nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO begründet worden.

Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Die Berufungsbegründung des Klägers genügt diesen Anforderungen. Das Arbeitsgericht hat ua. angenommen, dass bei der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung der Nachtschichtarbeitnehmer gegenüber den lediglich Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmern - soweit von einer Vergleichbarkeit ausgegangen werden könne - die im MTV getroffenen Regelungen in ihrer Gesamtstruktur zu berücksichtigen seien. Dem tritt der Kläger entgegen und trägt ua. vor, dass sich aus der Gesamtstruktur des MTV keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung der Vergleichsgruppen ergebe. Nach Auffassung des Klägers widerspreche die Entscheidung des Arbeitsgerichts auch der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 -. Eine Auseinandersetzung des Klägers mit der Begründung des Arbeitsgerichts findet damit unzweifelhaft statt.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

1.

Die Klage ist zulässig. Die bezifferten Zahlungsanträge sind für die streitgegenständlichen Monate (November 2018 - November 2019) als abschließende Gesamtklage zu verstehen. Mit diesem Verständnis sind sie hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

2.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein weiterer Zuschlag für geleistete Nachtschichtarbeit unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu.

Die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen "Nachtarbeit in der Zeit von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr, die keine Schichtarbeit ist" (50%) und "Schichtarbeit, die in der Nachtzeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr fällt" (25%) bei der Höhe der Zuschläge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie bewegt sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien zustehenden Einschätzungsprärogative.

a)

Nach der Rechtsprechung des BAG kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen. Bei der Lösung tarifpolitischer Konflikte sind sie nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Vereinbarung zu treffen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 43).

Der Schutzauftrag des Art. 1 Abs. 3 GG verpflichtet die staatlichen Arbeitsgerichte dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Gleichheitsrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidiert. Sie müssen insoweit praktische Konkordanz herstellen (BAG 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 21) und gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen unterbinden (BAG 19. Dezember 2019 - 6 AZR 653/18 - Rn. 25). Dabei haben die Gerichte bei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrags in den Blick zu nehmen, dass eine besondere Form der Grundrechtskollision bewältigt und die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete kollektive Koalitionsfreiheit mit den betroffenen Individualgrundrechten in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden muss. Bei der Prüfung, ob Tarifnormen Grundrechte oder andere Rechte der Arbeitnehmer mit Verfassungsrang verletzen, müssen die Gerichte nicht nur die besondere Sachnähe der Tarifvertragsparteien, sondern außerdem beachten, dass sich die Arbeitnehmer im Regelfall durch den Beitritt zu ihrer Koalition oder durch die vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, die die Tarifnormen zum Vertragsinhalt macht, bewusst und freiwillig der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien auch für die Zukunft unterworfen haben. Die Gerichte dürfen mithin nicht eigene Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle von Bewertungen der zuständigen Koalitionen setzen (vgl. BAG 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26).

b)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Differenzierung bei der Höhe des Zuschlags zwischen Nachtarbeit (von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr) und Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr weiterhin Bestand. Sie verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

aa)

Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt das Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der MTV definiert Nachtarbeit als die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr geleistete Arbeit bzw. für Schichtarbeit als die Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr (§ 4 I.2. MTV). Auch wenn, wie das Arbeitsgericht herausgestellt hat, die Zeiträume nicht deckungsgleich sind, besteht das verbindende Element darin, dass für beide Arbeitnehmergruppen jeweils der Begriff der Nachtarbeit definiert wird. Die Zuschlagsregelungen in § 4 II.1. c) MTV und § 4 II.1. d) MTV dienen gleichermaßen dem Zweck, die mit der Arbeitsleistung zur Nachtzeit einhergehen Erschwernisse auszugleichen. Auch wenn der Wortlaut zunächst darauf hindeutet, dass mit der Zuschlagsregelung in § 4 II.1. d) MTV Erschwernisse in Zusammenhang mit zu leistender Schichtarbeit ausgeglichen werden sollen, spricht der Umstand, dass der Zuschlag lediglich für die Nachtzeit beansprucht werden kann, dafür, dass die Tarifvertragsparteien auch mit diesem Zuschlag die mit der Leistung von Nachtarbeit (in Schichtarbeit) verbundenen Erschwernissen ausgleichen wollten. Die unterschiedliche Festlegung der Zeiträume für Nachtarbeit und Nachtarbeit in Schichtarbeit ändert an der Vergleichbarkeit nichts. Der Auffassung der Beklagten, der Zuschlag für Nachtarbeit setze sich tatsächlich aus einem Nachtarbeitszuschlag und einem Mehrarbeitszuschlag zusammen, steht allerdings der eindeutige Wortlaut des § 4 II.1. c) MTV entgegen. Mag es in der Praxis auch nicht selten vorkommen, dass Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit auch Mehrarbeit darstellt, weil über die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit zur Nachtzeit im tariflichen Sinne gearbeitet wird, ist dies nicht zwingend und ändert den Charakter des Zuschlags für Nachtarbeit nicht.

bb)

Ein sachlich vertretbarer Grund für die Differenzierung bei der Zuschlagshöhe für Nachtarbeit und Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr ist gegeben.

Hierbei legt die Kammer - wie auch schon das Arbeitsgericht - neue arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde, wie sie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 28.10.2019 (insbesondere Seite 9, Bl. 53 der Akte) darstellt und worauf Bezug genommen wird. Danach entspricht das Bild der verstellbaren biologischen Uhr nicht mehr aktuellen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen. Nachtarbeit in jeder Form bedeutet eine "biologische Desynchronisation", die sich negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Nachtarbeit ist für die Gesundheit umso schädlicher, in je größerem Umfang sie geleistet wird. Allerdings führt der Umstand, dass der nicht im Rahmen eines Schichtsystems und damit im Ergebnis idR. weniger Nachtarbeit leistende Arbeitnehmer einen höheren Zuschlag erhält als der Nachtschichtarbeitnehmer, für sich genommen noch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Normzweck des Zuschlags für Nachtarbeit in § 4 II.1. c) MTV beschränkt sich nicht ausschließlich auf den Gesundheitsschutz. Dies kann ua. auch daraus geschlussfolgert werden, dass im Mittel tarifliche Nachtarbeitszuschläge etwa 25% betragen. Bei Nachtarbeitszuschlägen, die diese Marge überschreiten, ist nicht auszuschließen, dass deren Höhe (auch) auf anderen Gründen beruht (vgl. BAG 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - Rn. 49).

(1)

Wie die Beklagte zutreffend vorträgt, soll der gegenüber der Nachtschichtarbeit (25%) teurere Zuschlag für Nachtarbeit (50 %) dem tariflichen Gebot, unregelmäßige Nachtarbeit grundsätzlich zu vermeiden, Nachdruck verleihen.

Nach § 4 I.5. MTV ist ua. Nachtarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden. Sie ist - außer bei regelmäßiger Schichtarbeit - im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nur vorübergehend in Fällen einer dringenden betrieblichen Notwendigkeit zulässig. Dem Ausnahmecharakter der unregelmäßigen Nachtarbeit wird durch die Höhe des Zuschlags Rechnung getragen. Die Verteuerung der Nachtarbeit außerhalb regelmäßiger Schichtarbeit führt beim Arbeitgeber idR. dazu, den Begriff der dringenden betrieblichen Notwendigkeit, wie im MTV vorgesehen, eng auszulegen. Je teurer die Nachtarbeit ist, umso unattraktiver ist die Anordnung durch den Arbeitgeber. Dies entspricht allgemeinem wirtschaftlichen Denken und ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht allein dem Bereich der Mythen und Märchen zuzuordnen.

Ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Zuschlags und dem Regel- bzw. Ausnahmecharakter der dem jeweiligen Zuschlag zugrundeliegenden Arbeitszeit zeigt sich im Übrigen auch in Bezug auf die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie für Mehrarbeit (ab der 3. Stunde täglich sowie an Sonnabenden). Die nach § 4 I.5. MTV nach Möglichkeit zu vermeidenden Arbeitszeiten werden (mit Ausnahme der Mehrarbeit in geringem Umfang) jeweils mit einem verhältnismäßig hohen Zuschlag vergütet. Demgegenüber beträgt der Zuschlag für Nachtschichtarbeit, als eine von den Tarifvertragsparteien als regulär anerkannte Gestaltungsform der Arbeitszeit, lediglich 25%. Der für die als regulär anerkannte Arbeitszeit gezahlte Zuschlag für Nachtschichtarbeit mindert sich nach § 4 II.3. Abs. 2 Satz 2 und 3 MTV auch beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge folgerichtig nicht. Demgegenüber findet beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge für die nach Möglichkeit zu vermeidende Arbeitszeiten eine Kappung der Zuschläge auf den höchsten Zuschlag, bei gleicher Höhe auf nur einen Zuschlag statt.

Die tarifvertragliche Steuerung, (ua.) unregelmäßige Nachtarbeit durch die Höhe der Zuschläge für den Arbeitgeber unattraktiv zu machen und damit auf die Fälle einer dringenden betrieblichen Notwendigkeit zu beschränken, stellt einen sachlich vertretbaren Grund für die Differenzierung bei der Zuschlagshöhe zwischen Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit dar. Dass die auf der einen Seite für den Arbeitgeber unattraktive Ausgestaltung der Zuschläge für Nachtarbeit auf der anderen Seite für Arbeitnehmer, die außerhalb von Schichtarbeit Nachtarbeit leisten, lukrativ ist und von Arbeitnehmern, die Nachtschichtarbeit leisten, ggf. als ungerecht empfunden wird, ist für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ausreichend. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes ist nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (vgl. BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 15).

(2)

Der Zuschlag für Nachtarbeit nach § 4 II.1. c) MTV verfolgt neben dem Gesundheitsschutz und der Beschränkung der Anordnung auf Fälle der dringenden betrieblichen Notwendigkeit zudem den Zweck, die sozialen Folgen ("soziale Desynchronisation"), die mit jeder Arbeit außerhalb der üblichen Arbeitszeiten der Mehrheit der Arbeitnehmer und damit außerhalb des üblichen Tagesablaufs verbunden sind, zu mindern (BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 22). Soweit die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, dass derjenige Arbeitnehmer, der keiner solchen Regelmäßigkeit unterliegt, durch die Heranziehung zur Nachtarbeit höher belastet wird als der Arbeitnehmer, der sich auf einen vorgegebenen Rhythmus einstellt und seine Freizeitaktivitäten daran anpasst, hält sich dies in ihrem Beurteilungsspielraum. Auch wenn das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 52 ausführt, dass die Teilhabe am sozialen Leben durch unregelmäßige Nachtarbeit außerhalb von Schichtsystemen nicht in einem höheren Maße gefährdet werde als bei Nachtarbeit innerhalb von regelmäßigen Schichten, ist doch zu berücksichtigen, dass jede Abweichung von der regulären Arbeitszeit innerhalb - meist lange im Voraus - feststehender Schichten für die davon betroffenen Arbeitnehmer eine erneute Abstimmung der Lebensbereiche Arbeit und Familie, Freunde sowie Freizeit erforderlich macht. Die Balance zwischen (Nacht-)Arbeit und Freizeit sowie Familienverpflichtungen herzustellen, ist umso schwieriger, je unregelmäßiger die Nachtarbeit anfällt (Landesarbeitsgericht Niedersachsen 6. August 2020 - 6 Sa 64/20 - Rn. 75, juris). Diese Einschätzung der Tarifvertragsparteien ist unter Berücksichtigung der in Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie und der damit einhergehenden geringeren Kontrolldichte durch die Arbeitsgerichte weitestgehend zu akzeptieren.

(3)

Dass die Differenzierung in der Höhe der Zuschläge unter Berücksichtigung der neuen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse uU. nicht mehr zeitangemessen und nicht die gerechteste Lösung ist, ist unter Berücksichtigung der den Gerichten zustehenden geringen Kontrolldichte hinzunehmen. Ausreichend ist ein sachlich vertretbarer Grund für die Differenzierung. Dieser liegt vor.

cc)

Auch unter dem Gesichtspunkt der staatlichen Verpflichtung, den Gesundheitsschutz vor den Belastungen der Nachtschichtarbeit nach den gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen sicherzustellen, ist ein Eingriff in den den Tarifparteien eingeräumten Regelungsspielraum nicht erforderlich. Der für Nachtschichtarbeit zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarte Zuschlag steht insbesondere § 6 Abs. 5 ArbZG nicht entgegen. § 6 Abs. 5 ArbZG überlässt die Ausgestaltung des Ausgleichs für Nachtarbeit wegen der größeren Sachnähe den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär einen gesetzlichen Anspruch (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 18). Nur wenn eine tarifvertragliche Regelung nicht besteht, besteht hiernach ein gesetzlicher Anspruch auf eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag zum Bruttoarbeitsentgelt. Ist eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht einschlägig, entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein Zuschlag iHv. 25 % auf den jeweiligen Brutto(stunden)lohn einen angemessenen Ausgleich darstellt (BAG 13. Dezember 2018 - 6 AZR 549/17 - Rn. 28, BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 16, BAG 16. April 2014 - 4 AZR 802/11 - Rn, 59 mwN). Von dieser Zuschlagshöhe kann abzuweichen sein, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen oder quantitativen Aspekten vom Regelfall abweicht (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 27 ff.). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der damit einhergehenden erhöhten gesundheitlichen Belastung regelmäßig ein Nachtarbeitszuschlag iHv. 30 % als angemessen anzusehen (BAG 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 28).

Im vorliegenden Fall haben sich die Tarifvertragsparteien für Nachtschichtarbeit auf einen Zuschlag verständigt, der den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Angemessenheit von Nachtzuschlägen - wohlgemerkt im Falle des Nichtbestehens einer tarifvertraglichen Regelung - entspricht. Ohne besondere Umstände ist damit auch der tarifvertraglich vereinbarte Zuschlag für (Nacht)Schichtarbeit iSd. § 4 II.1. d) MTV unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes als angemessen anzusehen. Eines staatlichen Eingriffs bedarf es nicht. Dem Gesundheitsschutz der Nachtschichtarbeitnehmer ist zudem durch die Regelung in § 4 II.3. Abs. 2 MTV nochmals gesondert Rechnung getragen worden, wonach der Nachtschichtzuschlag gesondert neben anderen Zuschlägen zu zahlen ist.

dd)

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - mit der vorliegenden Entscheidung in Einklang zu bringen. Das Arbeitsgericht zitiert die Obersätze aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - auch nicht unvollständig und selektiv. Soweit der Kläger bemängelt, dass das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung nicht die unter Rn. 45 ff. ausgeführten Gründe der Entscheidung vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - zitiert, ist darauf zu verweisen, dass das Bundesarbeitsgericht an dieser Stelle den zur Entscheidung stehenden "MTV 1978" unter die (in Rn. 43 bis 44) genannten Obersätze subsumiert.

In dem Urteil vom 21. März 2018 hatte der 10. Senat - wie die Kammer im vorliegenden Fall auch - praktische Konkordanz zwischen der Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien und den Gleichheitsrechten der Normunterworfenen herzustellen und die Grundrechtsausübung der Tarifvertragsparteien überwiegend deshalb hinter den Gleichheitsrechten der Normunterworfenen zurücktreten lassen, weil der Zuschlag für Nachtarbeit (50%) im Verhältnis zum Zuschlag für Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit (15%) ua. "um mehr als das Dreifache höher" war (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 47) und damit eine deutliche Schlechterstellung der Nachtarbeit leistenden Schichtarbeitnehmer bei der Bezahlung der Nachtarbeit im Vergleich zu den Arbeitnehmern, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtsystemen leisten, bestehe (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 48). Gegenüber dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 zugrunde lag, unterscheidet sich der hier zur Entscheidung stehende Fall vor allem darin, dass Unterschiede in der Zuschlagshöhe hier nur im Umfang von 25 % zu 50 % bestehen und von den Tarifvertragsparteien auch für Nachtschichtarbeit ein der Gesundheitsgefährdung jedenfalls angemessener Zuschlag von 25% vereinbart wurde.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch nicht deshalb eine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende "erheblich" weniger günstige Zuschlagsregelung für Nachtschichtarbeitnehmer vor, weil, in Parallelwertung zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur sittenwidrigen Vergütungsvereinbarung (BAG 22.04.2009 - 5 AZR 436/08 -), der Zuschlag für Nachtschichtarbeit um mehr als 2/3 hinter dem Nachtarbeitszuschlag zurückbleibt. Die vom Kläger angeführte Entscheidung befasst sich im Wesentlichen mit der Frage, wann ein Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB ist hiernach gegeben, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - Rn. 17). Die Grundsätze zur sittenwidrigen Vergütungsvereinbarung sind auf Nachtarbeitszuschläge innerhalb ein- und desselben tariflichen Zuschlagsvergütungssystems nicht übertragbar. Der übliche Zuschlag für Nachtschichtarbeit liegt - tarifvertragsübergreifend -, wie unter II. 2. b) bb) ausgeführt, bei 25%.

Dafür, dass das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - jegliche tarifvertragliche Differenzierung zwischen Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit als unzulässig erachtet, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Entscheidung vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - lässt insbesondere nicht erkennen, dass der Senat von der früheren Entscheidung vom 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 -, in welcher über eine Differenzierung von Nachtarbeit (50%) und Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit (20%) im Manteltarifvertrag für den Berliner Einzelhandel zu entscheiden war, abrücken wollte (vgl. BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 54).

c)

Da ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit in der Zuschlagshöhe gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob eine "Angleichung nach oben" in jedem Fall zu erfolgen hat, insbesondere auch dann, wenn die Nachtarbeit sowohl nach der Auslegung des MTV als auch nach der gelebten Praxis die Ausnahme, die Nachtschichtarbeit die Regel ist. Gegen eine Anpassung nach oben spricht, dass eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Tarifauslegung zu unterbleiben hat, wenn unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Tarifvertragsparteien ein Spielraum zur Lückenschließung verbleibt und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen bleiben muss, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (BAG 12. Dezember 2013 - 8 AZR 942/12 - Rn. 19 mwN).

3.

Die Berufung unterliegt insgesamt der Zurückweisung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs.1 ZPO.

Die Kammer hat der entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beigemessen, weshalb gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen wurde.