Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.10.2020, Az.: 10 Sa 619/19

Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung; Auswirkungen der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB; Anspruch auf schriftliche Entgeltabrechnung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
13.10.2020
Aktenzeichen
10 Sa 619/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 66702
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 08.09.2021 - AZ: 5 AZR 149/21

Redaktioneller Leitsatz

1. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist der gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweis für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Einer solchen Bescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer eine solche Bescheinigung vorlegt.

2. Bleibt nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Voraussetzung ist, dass die Auslegung einer einzelnen Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen aber erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen.

3. Gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Einklagbar ist diese Abrechnung erst dann, wenn die Entgeltfortzahlung tatsächlich erfolgt ist.

In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt A., B-Straße, B-Stadt
gegen
C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
D., D-Straße, D-Stadt
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2020 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreher sowie die ehrenamtlichen Richter Graver und Leutloff als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 24. Juli 2019 - 3 Ca 95/19 - teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin die Erteilung einer Entgeltabrechnung für den Monat Februar 2019 begehrt.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 1/15 und die Beklagte 14/15 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Entgeltfortzahlung einschließlich eines sogenannten Fahrgeldes sowie um die Erteilung einer Entgeltabrechnung. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien nebst Anträgen sowie der Würdigung, die jenes Vorbringen dort erfahren hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 24. Juli 2019 (3 Ca 95/19 - Bl. 74 bis 80 d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt: Die Klägerin könne für die Zeit vom 8. bis 22. Februar 2019 Entgeltfortzahlung verlangen. Sie habe ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Bl. 63 d.A.) nachgewiesen. Deren Beweiswert sei nicht erschüttert. Insbesondere sei das Gespräch der Klägerin mit einem Kollegen vom 8. Februar 2019 hierfür nicht geeignet. Sollte sie ihre Arbeitsunfähigkeit in dem Gespräch nicht erwähnt haben, so sei zu berücksichtigen, dass ein Kollege nicht der richtige Adressat für eine Krankmeldung gewesen wäre. Auch die Äußerung, die Klägerin arbeite in dem Einsatzbetrieb nicht weiter, weil sie darin keinen Sinn sehe, vermöge keine Zweifel an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu begründen. Sie lasse auch nicht auf mangelnden Leistungswillen schließen. Für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit stehe der Klägerin auch das arbeitsvertraglich vereinbarte Fahrgeld zu, denn dabei handele es sich um fortzuzahlendes Entgelt, das ohne Rücksicht auf die Entfernung und auf die Länge von Fahrzeiten mit 185 Euro monatlich unabhängig davon vereinbart worden sei, ob tatsächlich Mehraufwendungen entstanden oder belegt worden seien. Ferner könne die Klägerin aus § 108 Satz 1 GewO eine korrigierte Abrechnung verlangen.

Gegen das ihr am 2. August 2019 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 12. August 2019 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Frist am 4. November 2019 begründet.

Die Berufung führt aus: Durch die Erklärung, in einer Weiterarbeit im Einsatzbetrieb keinen Sinn mehr zu sehen, habe die Klägerin ihre fehlende Leistungsbereitschaft zum Ausdruck gebracht, zumal sie im Zeitpunkt des Telefonats noch nicht beim Arzt gewesen sei und nicht habe wissen können, ob sie bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 22. Februar 2019 krankgeschrieben werden würde. Ferner sei hierdurch der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, zumal die Diagnose "Sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen", die augenscheinlich auf der Symptomschilderung der Klägerin beruht habe, keine medizinisch begründbare Prognose für eine vierzehntägige Arbeitsunfähigkeit zugelassen habe. Dem Anspruch auf Fahrgeld stehe zum einen entgegen, dass aus den genannten Gründen Entgeltfortzahlung nicht geschuldet sei und zum anderen das vereinbarte Fahrgeld einen echten Aufwendungsersatz darstelle. Dies ergebe sich aus der Bezeichnung als "Fahrgeld" und daraus, dass die Klägerin außerhalb des Betriebs der Beklagten eingesetzt worden sei, so dass stets mit Fahrkosten zu rechnen gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, sie habe in dem Telefonat vom 8. Februar 2019 einem Arbeitskollegen lediglich mitgeteilt, sie fühle sich schlecht und werde zum Arzt gehen. Die Arbeitsunfähigkeit stehe im Zusammenhang mit einem massiven Mobbing, dem sie im Einsatzbetrieb ausgesetzt gewesen sei und das zu Schlafstörungen und weiteren psychisch-körperlichen Beeinträchtigungen geführt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat nur teilweise Erfolg.

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von dieser fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, 2 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung ist nur begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer korrigierten Entgeltabrechnung wendet.

1.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall unter Einschluss des sogenannten Fahrgeldes verurteilt.

a)

Insoweit nimmt das Berufungsgericht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug und verweist auf sie (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

b)

Die Ausführungen der Berufung geben keinen Anlass zu einer die Verurteilung zur Zahlung abändernden Entscheidung.

aa)

Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist der gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweis für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Einer solchen Bescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine solche Bescheinigung vorlegt (BAG 1. Oktober 1997 - 5 AZR 726/96 - Rn. 13 mwN, BAGE 86, 357). Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Klägerin eine formal ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegte.

bb)

Dieser hohe Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist auch dann nicht erschüttert, wenn man den von der Beklagten behaupteten Inhalt des Telefongespräch der Klägerin mit dem Arbeitnehmer im Einsatzbetrieb als wahr unterstellt. Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass die Klägerin keine zwingende Veranlassung gehabt hätte, den Kollegen, der weder ihr Vorgesetzter noch für die Entgegennahme von Krankmeldungen zuständig war, über ihre Krankheitsumstände in Kenntnis zu setzen. Auch die von der Beklagten behauptete Äußerung, die Klägerin sehe in einer weiteren Tätigkeit im Einsatzbetrieb keinen Sinn mehr, ist unerheblich. Sie deutet insbesondere nicht darauf hin, dass die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hätte. Die Äußerung konnte sich darauf beziehen, dass die Klägerin am selben Tage die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zur Beklagten erklärte, wodurch mit Ablauf der Kündigungsfrist zugleich ihr Einsatz in dem Betrieb endete.

cc)

Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergeben sich auch nicht daraus, dass sie auf der Diagnose "Sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen" gründet und sich über einen Zeitraum von zwei Wochen und damit bis zum Kündigungstermin erstreckt. Die Beklagte hat keine konkreten Umstände aufgezeigt, aus denen sich ergibt, weshalb eine solche Diagnose generell oder jedenfalls vorliegend eine Krankschreibung von zwei Wochen nicht rechtfertigen könnte. Auch ein entsprechender Erfahrungssatz ist dem Gericht nicht bekannt. Vielmehr handelt es sich bei dem Vorbringen der Beklagten, eine medizinisch begründbare Prognose für eine vierzehntägige Arbeitsunfähigkeit könne nicht vorgelegen haben, um eine Behauptung ins Blaue hinein, für die zudem kein Beweis angeboten worden ist.

dd)

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Äußerung auch nicht in dem Sinne verstanden, dass die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Zum einen wusste die Klägerin, dass ihr Einsatz aufgrund der am selben Tage ausgesprochenen Kündigung noch maximal zwei Wochen dauern würde, und zum anderen suchte sie noch am selben Tage eine Ärztin auf, die ihr Arbeitsunfähigkeit bis zum 22. Februar 2019 bescheinigte (Bl. 63 d.A.). Es erschließt sich nicht, weshalb die Äußerung der Klägerin so zu verstehen sein sollte, dass sie auch ohne festgestellte Arbeitsunfähigkeit nicht bereit gewesen wäre, für die Dauer der Kündigungsfrist von zwei Wochen ihre Arbeitspflicht zu erfüllen.

b)

Die Klägerin hat auch Anspruch auf die der Höhe nach nicht streitige Zahlung des sogenannten Fahrgeldes gemäß § 16 des Arbeitsvertrages vom 22. August 2018.

aa)

Die Klausel lautet: "Es wird ein monatliches Fahrgeld in Höhe von € 185,-- gezahlt". Dabei handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Auch wenn die vorformulierte Vertragsbedingung nur zur einmaligen Verwendung bestimmt gewesen sein sollte, so fänden gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Vorschriften der §§ 305c Abs. 2, 306, 307 bis 309 BGB Anwendung. Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen; eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

bb)

Der Inhalt allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu entwickeln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrundezulegen sind (stRspr, zB BAG 3. Dezember 2019 - 9 AZR 44/19 - Rn. 15; 27. Februar 2019 - 10 AZR 341/18 - Rn. 19; 24. Mai 2018 - 6 AZR 116/17 - Rn. 15). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (BAG 3. Dezember 2019 - 9 AZR 44/19 - Rn. 15; 12. Juni 2019 - 7 AZR 428/17 - Rn. 17).

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners klar und verständlich darzustellen (BAG 3. Dezember 2019 - 9 AZR 44/19 - Rn. 16 mwN). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass der Vertragspartner des Verwenders klar und deutlich erkennen kann, welche Rechte und Pflichten er hat. Das Bestimmtheitsgebot ist verletzt, wenn eine Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume für den Verwender enthält (BAG 11. April 2018 - 4 AZR 119/17 - Rn. 55, BAGE 162, 293). Voraussetzungen und Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, "was auf ihn zukommt" (BAG 21. Januar 2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 33, BAGE 150, 286).

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmungen nicht (stRspr, zB BAG 17. April 2013 - 10 AZR 281/12 - Rn. 12; 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 16).

cc)

Die Klausel gemäß § 16 des Arbeitsvertrages lässt auch nach Ausschöpfung aller Auslegungsmöglichkeiten nicht hinreichend klar und deutlich erkennen, dass das "Fahrgeld" nur für Zeiten gezahlt werden sollte, in denen Reisespesen tatsächlich anfallen. Die besseren Argumente sprechen sogar für die Auslegung, dass es sich um eine während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses zu zahlende Pauschale handelt. Für die von der Beklagten gewünschte Auslegung spricht allein die Bezeichnung als Fahrgeld. Dagegen spricht jedoch die Festschreibung des Monatsbetrages von 185 Euro unabhängig vom Einsatzort der Klägerin, welche gemäß § 8 des Arbeitsvertrages jederzeit versetzt werden konnte. Auch hatte die Klägerin weder nach dem Vertragswortlaut noch nach der tatsächlichen Handhabung des Arbeitsverhältnisses Nachweise für ihre tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen. Mithin handelt es sich bei dem Betrag von monatlich 185 Euro um einen Teil des Arbeitsentgeltes, der ebenso wie das sonstige Entgelt unter den Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes auch im Krankheitsfall fortzuzahlen ist.

2. Dagegen besteht derzeit kein Anspruch auf die beantragte Entgeltabrechnung.

a)

Gemäß 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Anders als bei der Bruttoabrechnung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis schuldet, wenn dieser seinen Bruttoentgeltanspruch nicht aus eigener Kenntnis beziffern kann (ErfK/Preis, 20. Aufl. 2020, § 108 GewO Rn. 1), ist die Brutto-/Netto-Abrechnung, deren alleinigen Regelungsgegenstand § 108 GewO bildet, ohne vorherige Zahlung nicht klagbar: Die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung; der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er gerade den ausgezahlten Betrag erhält (BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, BAGE 119, 62).

b)

Vorliegend kennt die Klägerin die Höhe der ihr zustehenden Bruttoansprüche; sie hat sie in ihrem Klageantrag beziffert. Folglich besteht der Abrechnungsanspruch erst nach erfolgter Zahlung.

III.

Die Kostentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

IV.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Dreher
Graver
Leutloff