Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.11.2020, Az.: 5 Sa 371/20

Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien bei der Regelung unterschiedlicher Zuschlagsätze für verschiedene Arten der Nachtarbeit; Schlechtere Planbarkeit sonstiger Nachtarbeit im Vergleich zur Nachtschichtarbeit als sachlich begründetes Differenzierungsmerkmal für die Bemessung der Zuschläge

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
19.11.2020
Aktenzeichen
5 Sa 371/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 58221
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2020:1119.5Sa371.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Oldenburg - 17.02.2020 - AZ: 4 Ca 207/19

Amtlicher Leitsatz

Unregelmäßige Nachtarbeit ist für die Arbeitnehmer schlechter planbar als regelmäßige. Deswegen dürfen die Tarifvertragsparteien die unregelmäßige Nachtarbeit mit einem höheren Zuschlag versehen als die regelmäßige.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 17.02.2020 - 4 Ca 207/19 - wird teils als unzulässig verworfen (soweit es um einen Zuschlag in Höhe von 50 % geht) und im Übrigen zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Soweit die Berufung zulässig ist, wird die Revision zugelassen.

Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe tariflicher Nachtarbeitszuschläge, wobei als Vorfrage problematisch ist, ob die Differenzierung innerhalb des Tarifvertrages gleichheitswidrig ist.

Der Kläger ist seit mehreren Jahren bei der Beklagten als Arbeitnehmer tätig. Kraft einzelvertraglicher in Bezugnahme findet der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie Bezirk Küste Anwendung. Bis zur Änderung der tarifvertraglichen Vorschriften am 01.04.2020 waren für den hier einschlägigen Bezirk D-Stadt unter § 7 in Abschnitt 1.2 die Höhe der Nachtarbeitszuschläge wie folgt geregelt:

"1.2 Nachtarbeit

a. regelmäßige Nachtarbeit (mindestens eine Arbeitswoche oder regelmäßig wiederkehrend)

15%

b. unregelmäßige Nachtarbeit

30%

c. Nachtarbeit, soweit nicht unregelmäßig bzw. regelmäßige Nacht- oder Nachtschichtarbeit vorliegt

50%"

§ 7 Ziffer 3 regelte wörtlich folgendes:

"3 mehrere Zuschläge:

Treffen mehrere Zuschläge zusammen, so ist nur der jeweils höhere Zuschlag zu zahlen. Ausgenommen hiervon ist in Schichtbetrieben der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit, der neben den Zuschlägen für Mehrarbeit an Sonn- und Feiertagen gezahlt wird."

Die Beklagte ist produzierend im Schichtsystem tätig. Der Kläger nimmt an dem Schichtsystem teil und ist in der sog. Kontischicht tätig. Dort setzt die Beklagte die überwiegende Anzahlt der Arbeitnehmer ein. In dieser Kontischichtproduktion wird bei einem 12-Wochen-Rhythmus an 14 Tagen in Frühschicht mit einem Nachtarbeitszuschlagsanteil von 0,75 Stunden zu 15% pro Tag gearbeitet. 21 Tage werden in Spätschicht abgeleistet mit einem Nachtarbeitszuschlagsanteil von 0,25 Stunden zu 15% pro Tag. 21 Tage werden in Nachtschicht mit einem Nachtschichtnachtarbeitszuschlagsanteil von 7,5 'Stunden zu 15% pro Tag abgeleistet. Der maßgebende Tarifvertrag definierte in dem streitgegenständlichen Zeitraum die Nachtarbeit wie folgt: "Nachtarbeit: Als Nachtarbeit gilt die Zeit von 21.00 Uhr bis 06.00 Uhr."

Der Kläger war aufgrund des Schichtsystems in dem Zeitraum von Oktober 2018 bis Januar 2019 und im April 2019 innerhalb des Schichtsystems während der im Tarifvertrag definierten Nachtzeiten tätig. Hierfür erhielt er einen Nachtarbeitszuschlag von 15%.

Mit seiner Klage hat er für diesen Zeitraum 1.655,51 EUR brutto als Differenz zwischen dem erhaltenen Nachtzuschlag (15%) und dem begehrten Nachtzuschlag (50%) geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die tarifvertragliche Differenzierung hinsichtlich der Höhe der Zuschläge für Nachtarbeit sei wegen Verstoßes gegen Artikel 3 Abs. 1 GG unwirksam, es habe eine Anpassung nach oben zu erfolgen, und ihm ständen nicht nur 15%, sondern 50% Nachtarbeitszuschläge zu.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.655,51 EUR brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2019 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen seien rechtswirksam, der Kläger habe das erhalten, was ihm zustehe.

Mit Urteil vom 17.02.2020 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat unter anderem zur Begründung ausgeführt, der Kläger könne schon deswegen keinen Anspruch auf einen Nachtzuschlag in Höhe von 50% haben, weil die entsprechende Vorschrift des Tarifvertrages keinen Anwendungsbereich habe. Denn nach allgemeinem Verständnis sei ein Sachverhalt entweder als regelmäßig oder aber als unregelmäßig zu charakterisieren. Die Begriffe schlössen einander aus. Der Kläger könne keinen Anspruch auf eine Zuschlagshöhe habe, welche nach den rechtlichen Voraussetzungen keinen Anwendungsfall habe.

Wegen weiterer Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (dort Bl. 3-5 desselben, Bl. 89-91 d. Gerichtsakte) verwiesen.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 24.02.2020 zugestellt worden. Mit einem am 12.03.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er Berufung eingelegt und diese mit einem am 14.05.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 03.04.2020 die Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum 18.05.2020 verlängert hatte. Einen formellen Berufungsantrag hat der Kläger erstmals mit einem am 25.06.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz eingereicht, weder die Berufungsschrift noch die Berufungsbegründung haben einen derartigen Antrag enthalten.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger in vollem Umfang das erstinstanzliche Klageziel weiter, die Berufungsbegründung enthält die Formulierung, dass der Klage hätte stattgegeben werden müssen. Er vertritt weiterhin die Auffassung, die unterschiedlichen Nachtarbeitszuschläge im streitgegenständlichen Zeitraum seien ungerechtfertigt. Denn nach gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen stiegen Belastung und Beanspruchung der Beschäftigten nach Anzahl der Nächte pro Nacht und nach Anzahl der Nächte hintereinander, in denen Nachtarbeit geleistet werde. Die Nachtarbeit sei umso schädlicher, je größer der Umfang sei, in dem sie geleistet werde. Das angefochtene Urteil hätte nicht ohne sachliche Prüfung die Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien bestätigen dürfen, sondern mit Blick auf die unstreitigen arbeitsmedizinischen Erkenntnisse dieser Einschätzungsprärogative die Grenze aufzeigen und sie einschränken müssen

Der Kläger beantragt,

der Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 27.02.2020 stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung bereits für unzulässig, jedenfalls für unbegründet und verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 14.05. und 12.06.2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung ist bereits teilweise unzulässig und musste als solche verworfen werden.

I.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung auch die Differenz zwischen 30% und 50% der Nachtarbeitszuschläge begehrt, ist seine Berufung gem. § 522 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO unzulässig und war als solche zu verwerfen. Denn die Berufungsbegründung entspricht nicht dem Begründungserfordernis des § 520 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 ZPO.

1.

§ 520 Abs. 3 ZPO erfordert eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils. Das Rechtsmittelgericht muss erkennen können, aus welchen Gründen der Rechtsmittelführer das angefochtene Urteil für unzutreffend hält. Hierbei richtet sich die Beurteilung danach, wie das Urteil im Einzelnen begründet worden ist. Von mehreren selbständig tragenden Gründen hat sich der Rechtsmittelführer mit jedem Grund hinreichend auseinanderzusetzen. Eine schlüssige oder erhebliche Auseinandersetzung wird allerdings nicht verlangt.

2.

Soweit es um die Problematik der Differenzierung zwischen 30% und 50% bezüglich der Höhe der Nachtarbeitszuschläge geht, liegt eine hinreichende Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen nicht vor. Das Arbeitsgericht hat tragend darauf abgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Zuschlagshöhe haben kann, welche nach den rechtlichen Voraussetzungen des Tarifvertrages keinen praktischen Anwendungsfall hat, äußerstenfalls nur im extremen Ausnahmefall vorkommen könne. Zu diesen tragenden Ausführungen verhält sich die Berufungsbegründung nicht, so dass die Berufung insoweit eindeutig und nach jeder Betrachtungsweise unzulässig ist.

II.

Im Übrigen (soweit es um die Differenzbeträge zwischen 15% und 30% geht) ist die Berufung jedoch zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und 519, 520 ZPO).

1.

Soweit der Berufungsantrag das Datum des Urteils falsch bezeichnet, ist dies ein geringfügiges Versehen, welches der Auslegung fähig und unschädlich ist.

2.

Soweit der Berufungsantrag außerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingegangen ist, ist dieses Versäumnis deswegen unschädlich, weil durch die Berufungsbegründung zweifelsfrei feststeht, dass der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren auch zweitinstanzlich wiederholt. Die Formulierung "der Klage hätte stattgegeben werden müssen" dokumentiert dies hinreichend deutlich.

3.

Es liegt mit der Berufungsbegründung (im Hinblick auf die Differenzierung zwischen 15% und 30%) eine noch hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils vor. Denn soweit es um diese Differenzierung geht, hat das arbeitsgerichtliche Urteil mehrere Argumente und Begründungsstränge verwendet. Es ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen, dass jedes dieser Argumente bzw. jeder Begründungsstrang alternativ, d.h. selbständig tragend, die Klageabweisung begründet. Es ist von einer kumulativen Urteilsbegründung auszugehen. In einer derartigen Konstellation ist es allgemein anerkannt, dass der Rechtsmittelführer - wie hier - sich lediglich einem wesentlichen Argument auseinander zu setzen braucht.

B.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuschläge in Höhe von 30% für die geleistete Nachtarbeit unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit zutreffend abgewiesen.

I.

Der Anspruch folgt nicht aus § 7 Abschnitt 1.2 b MTV. Denn der Kläger hat seine Nachtarbeit regelmäßig im Rahmen der Schichtarbeit geleistet und nicht unregelmäßig.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, mit Arbeitnehmern, die unregelmäßige Nachtarbeit geleistet haben, gleichbehandelt zu werden. Die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit bei der Höhe der Nachtzuschläge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie bewegt sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien zustehenden Einschätzungsprärogative.

1.

Die Tarifvertragsparteien als Normgeber sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar, jedoch mittelbar grundrechtsgebunden. Der Schutzauftrag des Art. 1 Abs. 3 GG verpflichtet die staatlichen Arbeitsgerichte dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Grundrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidiert. Sie müssen insoweit praktisch Konkordanz herstellen. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgericht auch dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Der Gleichheitsgrundsatz bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Tarifnormen sind deshalb im Ausgangspunkt uneingeschränkt am Gleichheitssatz zu messen (BAG - 27. Mai 2020 - 5 AZR 258/19 - juris, Rn. 37; BAG - 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 21).

Bei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrages haben die Gerichte jedoch auch in den Blick zu nehmen, dass eine besondere Form der Grundrechtskollision bewältigt und die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete kollektive Koalitionsfreiheit mit den betroffenen Individualgrundrechten in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden muss. Bei der Prüfung, ob Tarifnormen Grundrechte oder andere Rechte der Arbeitnehmer mit Verfassungsrang verletzen, müssen die Gerichte nicht nur die besondere Sachnähe der Tarifvertragsparteien sondern außerdem beachten, dass sich die Arbeitnehmer im Regelfall durch den Beitritt zu ihrer Koalition oder durch die vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, die die Tarifnorm zum Vertragsinhalt macht, bewusst und freiwillig der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien auch für die Zukunft unterworfen haben. Den Tarifvertragsparteien steht als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den die Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht im gleichen Maße verfügen. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Sie verfügen über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung und sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 43).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Differenzierung in § 7 Abschnitt 1.2 MTV zwischen regelmäßiger Nachtarbeit (15%) und unregelmäßiger Nachtarbeit (30%) Bestand. Sie verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

a)

Die Gruppe der Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten, ist mit der Gruppe, die unregelmäßig Nachtarbeit leisten, vergleichbar. Dies ergibt sich daraus, dass beide Arbeitnehmergruppen ihre Arbeitsleistung innerhalb des Nachtarbeitszeitraums, den der Tarifvertrag vorgibt (21.00 Uhr bis 06.00 Uhr), erbringen.

b)

Ein sachlich vertretbarer Grund für die Differenzierung bei der Zuschlagshöhe für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit ist gegeben. Hierbei folgt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt der bereits zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 21. März 2018 - 10 AZR 34/17), die neue arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde legend davon ausgeht, dass Nachtarbeit für die Gesundheit umso schädlicher ist, je größer der Umfang ist, in dem sie geleistet wird. Indes führt die unterschiedliche Beurteilung der Tarifvertragsparteien bei der Zuschlagshöhe zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der Normzweck des § 7 Abschnitt 1.2 MTV beschränkt sich nicht ausschließlich auf den Gesundheitsschutz. Die Nachtarbeitszuschläge verfolgen neben dem Gesundheitsschutz auch den Zweck, die sozialen Folgen (soziale Desynchronisation), die mit jeder Arbeit außerhalb der üblichen Arbeitszeiten der Mehrarbeit der Arbeitnehmer und damit außerhalb des üblichen Tagesablaufes verbunden sind, zu mindern (BAG, 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 22). Unabhängig von der individuellen körperlichen oder seelischen Konstitution und dem bevorzugten Freizeitverhalten richtet sich das Ausmaß der Belastung und damit auch die Zuschlagshöhe, nach der Planbarkeit von Nachtarbeit. Je längerfristig sich ein Arbeitnehmer auf Nachtarbeit einrichten kann, desto eher ist es ihm möglich, die persönlichen Belange z.B. die Betreuung von Kindern, die Teilnahme an sportlichen und kulturellen Veranstaltungen, gemeinsame Aktivitäten in der Familie oder im Freundeskreis etc. soweit wie möglich auf die weniger günstigen Arbeitszeiten abzustimmen. Nachtarbeit außerhalb eines Schichtsystems wird zwar nicht in jedem Fall kurzfristig angeordnet und muss nicht stets zur Folge haben, dass es für den Arbeitnehmer schwierig ist, private Belange hiermit in Einklang zu bringen. Dennoch ist der Planungszeitraum üblicherweise bei unregelmäßiger Nachtarbeit kürzer, als das bei regelmäßiger Nachtarbeit, welche typischerweise auf einem Schichtsystem beruht, der Fall ist. Unregelmäßige Nachtarbeit ist jedenfalls für den Arbeitnehmer deutlich schlechter planbar. Angesichts der typischen Betrachtungsweise durften die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, dass sich die Arbeitnehmer in dem Fall der regelmäßigen Nachtarbeit grundsätzlich besser auf die Arbeit zur Nachtzeit einstellen können, als bei unregelmäßiger Nachtarbeit (vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, 6. Oktober 2020 - 5 Sa 2/20 - Rn. 56; LAG Niedersachsen, 10. September 2020 - 16 Sa 45/20 -, LAG Niedersachsen, 6. August 2020 - 6 Sa 64/20 - Rn. 74 und 75).

c)

Die vorliegende Rechtsauffassung lässt sich mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - in Einklang bringen. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall das Verhältnis der Nachtzuschläge um mehr als das Dreifache höher gewesen ist und damit eine ganz besonders deutliche Schlechterstellung der nachtarbeitsleistenden Schichtarbeitnehmer bei der Bezahlung von Nachtarbeit im Vergleich zu Arbeitnehmern, die Nachtarbeit außerhalb des Schichtsystems leisten, bestanden hat. Dieser Unterschied vergrößerte sich sogar noch, weil der Zeitraum, für den in der Nachtschicht Schichtzuschläge gezahlt werden mussten, gegenüber dem übrigen Zeitraum, in dem Nachtarbeitszuschläge anfielen, verkürzt war.

Dem gegenüber ist der vorliegende Streitfall durch eine maximale Verdoppelung der Zuschläge gekennzeichnet, die sich durch die Anrechnungsvorschrift des § 7 Abschnitt 3 MTV zugunsten der regelmäßigen Nachtarbeit weiter reduziert. Vor dem Hintergrund der Beachtung der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien halten diese tarifvertraglichen Bestimmungen der Nachtarbeitszuschläge einer gerichtlichen Kontrolle stand.

Auf die Problematik einer Angleichung nach oben, hierdurch wird das gesamte Gefüge eines Tarifvertrages gesprengt, was die Berufungskammer für extrem problematisch hält, kommt es nicht mehr an.

C.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen. Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen, allerdings nur insoweit als die Berufung zulässig gewesen ist. Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen.