Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.11.2020, Az.: 5 Sa 240/20
Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien bei der Regelung unterschiedlicher Zuschlagsätze für verschiedene Arten der Nachtarbeit; Schlechtere Planbarkeit sonstiger Nachtarbeit im Vergleich zur Nachtschichtarbeit; Als sachlich begründetes Differenzierungsmerkmal für Bemessung der Zuschläge
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 19.11.2020
- Aktenzeichen
- 5 Sa 240/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 58030
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2020:1119.5Sa240.20.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Braunschweig - 17.01.2020 - AZ: 4 Ca 268/19
Rechtsgrundlagen
- Art. 9 Abs. 3 GG
- für die Zweigniederlassung der T. GmbH v. 02.05.2005 § 5 Abs. 2 MTV
- für die Zweigniederlassung der T.GmbH v. 02.05.2005 § 7 Abschn. 3 MTV
Fundstelle
- NZA-RR 2021, 277
Amtlicher Leitsatz
Der kürzere Planungszeitraum von sonstiger Nachtarbeit im Gegensatz zu Nachtschichtarbeit führt zu einer schlechteren Planbarkeit für die betroffenen Arbeitnehmer. Dies ist ein sachlich begründeter Umstand, aufgrund dessen die Tarifvertragsparteien die Zuschläge für Nachtschichtarbeit geringer festlegen dürfen als bei sonstiger Nachtarbeit.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 17.01.2020 - 4 Ca 268/19 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe tariflicher Nachtzuschläge, wobei als Vorfrage problematisch ist, ob die Differenzierung innerhalb des Tarifvertrages gleichheitswidrig ist.
Der Kläger ist langjährig bei der Beklagten als Staplerfahrer tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Haustarifvertrag/Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer der Zweigniederlassung der T. GmbH G. vom 02.05.2005 nachfolgend MTV genannt Kraft beidseitiger Tarifbindung Anwendung. Der MTV enthält u.a. folgende Bestimmungen:
"§ 5 Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
I. Begriffsbestimmungen
1.
Mehrarbeit ist jede über die jeweilige monatliche tarifliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit, soweit sie angeordnet und/oder genehmigt ist.
...
2.
Nachtarbeit ist, soweit angeordnet und/oder genehmigt, in den alten Bundesländern die in der Zeit von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in den neuen Bundesländern die in der Zeit von 22:00 Uhr bis 5:00 Uhr unregelmäßig geleistete Arbeit.
Nachtschichtarbeit ist, soweit angeordnet oder genehmigt, die regelmäßig oder im wöchentlichen Wechsel geleistete Nachtarbeit in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr.
...
5.
Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist ebenso wie Mehrarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden.
...
II.
Vergütung
1.
Für Mehr-, Nacht-, Schicht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu zahlen:
In den alten Bundesländern:
a) für Mehrarbeit 25 v. H.
...
d) für Nachtarbeit die keine Schichtarbeit ist 50 v. H.
e) für Nachtschichtarbeit 25 v. H.
...
3.
...
Die Zuschläge werden von dem tatsächlichen Stundenverdienst, bei Angestellten und Monatslohnempfängern von der stundenanteiligen tatsächlichen Monatsvergütung, berechnet. Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der Höchste, bei gleicher Höhe nur ein Zuschlag zu zahlen. Dies gilt nicht für den Nachtschichtzuschlag, der gesondert neben anderen Zuschlägen zu zahlen ist.
..."
Der Kläger leistet bei der Beklagten regelmäßig Nachtarbeit und erhält dafür Zuschläge von 25 % oder 50 %, je nachdem, ob es sich um Nachtschichtarbeit oder um Nachtarbeit handelt, die keine Schichtarbeit ist. Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm für die Nachtschichtarbeit ein Zuschlag von 50 % zustehe und die Differenzierung des Tarifvertrages gleichheitswidrig sei. Er hat erstinstanzlich für den Zeitraum von Januar bis September 2019 Vergütungsdifferenzen geltend gemacht auf der Basis der gezahlten Nachtzuschläge und der Nachtzuschläge unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 50 %.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 2 bis 6 desselben, Bl. 102 bis 106 dA) verwiesen.
Mit Urteil vom 17.01.2020 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (Bl. 6 bis 11 desselben, Bl. 106 bis 111 dA) verwiesen.
Dieses Urteil ist dem Kläger am 28.01.2020 zugestellt worden. Mit einem am 24.02.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er Berufung eingelegt und diese mit einem am 04.06.2020 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 24.03.2020 die Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum 05.06.2020 verlängert hatte.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger nicht nur das erstinstanzliche Klageziel weiter, sondern erweitert auch seine Klage um Differenzzahlungen für die Monate Oktober bis Dezember 2019. Er vertritt die Auffassung, die Differenzierung des Tarifvertrages sei gleichheitswidrig. Sie laufe auf einen unzulässigen Mengenrabatt hinaus, weil nämlich der Zuschlag umso kleiner sei, je häufiger Nachtarbeit anfalle. Dies widerspreche dem Ziel der Tarifvertragsparteien, Nachtarbeit in jeder Form zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wendet sich die Berufung auch gegen das arbeitsgerichtliche Argument, gelegentliche Nachtarbeit führe zu einer stärkeren Desynchronisation als Nachtarbeit in Form von Schichtarbeit. Es sei genau umgekehrt.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für 01/2019 weitere 114,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für 02/2019 weitere 134,57 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für 03/2019 weitere 165,49 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für 04/2019 weitere 145,82 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, für 05/2019 weitere 154,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen;
6. die Beklagte zu verurteilen, für 06/2019 weitere 188,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen;
7. die Beklagte zu verurteilen, für 07/2019 weitere 149,83 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen;
8. die Beklagte zu verurteilen, für 08/2019 weitere 152,42 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen;
9. die Beklagte zu verurteilen, für 09/2019 weitere 114,47 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Differenzierung des MTV und das angefochtene Urteil.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 29.05., 14.09., 11.11. und 18.11.2020 verwiesen.
Entscheidungsgründe
A
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und §§ 519, 520 ZPO).
Die Kritik der Berufungserwiderung teilt das Berufungsgericht nicht. Die Berufungsbegründung entspricht vollumfänglich § 520 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie setzt sich detailliert mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander.
B
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Die zweitinstanzlich vorgenommene Klageerweiterung ist gem. § 533 ZPO berufungsrechtlich zulässig. Die Beklagte hat sich rügelos eingelassen, abgesehen davon ist die Sachdienlichkeit zu bejahen und der Kläger stützt die Klageerweiterung auf einen unstreitigen Sachverhalt, den das Berufungsgericht ohnedies seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat.
II.
Auch im Übrigen ist die Klage zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klage ist für den streitgegenständlichen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen, sodass es nicht darauf ankommt, ob der Kläger im Einzelnen dargelegt hat, an welchen Tagen er jeweils in welchem Umfang Nachtschichtarbeit im Tarifsinne geleistet hat.
III.
Die Klage ist unbegründet. Nach § 5 II. Nr. 1 e MTV steht dem Kläger für die geleistete Nachtschichtarbeit ein Zuschlag von 25 % zu. Diesen Zuschlag hat die Beklagte unstreitig an den Kläger gezahlt und damit die Vergütungsforderung des Klägers gem. § 362 BGB erfüllt. Ein weitergehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Entgegen seiner Auffassung verstößt die tarifvertragliche Differenzierung bei Zuschlägen für Nachtarbeit in Höhe von 25 % und Zuschlägen für Nachtarbeit, die keine Schichtarbeit ist, in Höhe von 50 % nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG.
Im Einzelnen:
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, mit Arbeitnehmern, die unregelmäßige Nachtarbeit geleistet haben, gleichbehandelt zu werden. Die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit bei der Höhe der Nachtzuschläge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie bewegt sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien zustehenden Einschätzungsprärogative.
1.
Die Tarifvertragsparteien als Normgeber sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar, jedoch mittelbar grundrechtsgebunden. Der Schutzauftrag des Art. 1 Abs. 3 GG verpflichtet die staatlichen Arbeitsgerichte dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Grundrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidiert. Sie müssen insoweit praktisch Konkordanz herstellen. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgericht auch dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Der Gleichheitsgrundsatz bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Tarifnormen sind deshalb im Ausgangspunkt uneingeschränkt am Gleichheitssatz zu messen
(BAG - 27. Mai 2020 - 5 AZR 258/19 - juris, Rn. 37; BAG - 19.12.2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 21).
Bei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrages haben die Gerichte jedoch auch in den Blick zu nehmen, dass eine besondere Form der Grundrechtskollision bewältigt und die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete kollektive Koalitionsfreiheit mit den betroffenen Individualgrundrechten in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden muss. Bei der Prüfung, ob Tarifnormen Grundrechte oder andere Rechte der Arbeitnehmer mit Verfassungsrang verletzen, müssen die Gerichte nicht nur die besondere Sachnähe der Tarifvertragsparteien sondern außerdem beachten, dass sich die Arbeitnehmer im Regelfall durch den Beitritt zu ihrer Koalition oder durch die vertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag, die die Tarifnorm zum Vertragsinhalt macht, bewusst und freiwillig der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien auch für die Zukunft unterworfen haben. Den Tarifvertragsparteien steht als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den die Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht im gleichen Maße verfügen. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Sie verfügen über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung und sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 43).
2.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Differenzierung in § 5 MTV zwischen Nachschichtarbeit (25%) und Nachtarbeit, Nachtarbeit die keine Schichtarbeit ist (50%) Bestand. Sie verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
a)
Die Gruppe der Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten, ist mit der Gruppe, die unregelmäßig Nachtarbeit leisten, vergleichbar. Dies ergibt sich daraus, dass beide Arbeitnehmergruppen ihre Arbeitsleistung innerhalb des Nachtarbeitszeitraums, den der Tarifvertrag vorgibt (21.00 Uhr bis 06.00 Uhr), erbringen.
b)
Ein sachlich vertretbarer Grund für die Differenzierung bei der Zuschlagshöhe Nachtarbeit die keine Schichtarbeit ist sowie für Nachtschichtarbeit ist gegeben. Hierbei folgt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt der bereits von den Parteien zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 -), die neue arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zugrunde legend davon ausgeht, dass Nachtarbeit für die Gesundheit umso schädlicher ist, je größer der Umfang ist, in dem sie geleistet wird. Indes führt die unterschiedliche Beurteilung der Tarifvertragsparteien bei der Zuschlagshöhe zwischen Nachtschichtarbeit und Nachtarbeit im Übrigen nicht zu einem Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Denn der Normzweck des § 5 MTV beschränkt sich nicht ausschließlich auf den Gesundheitsschutz. Die Nachtarbeitszuschläge verfolgen neben dem Gesundheitsschutz auch den Zweck, die sozialen Folgen (soziale Desynchronisation), die mit jeder Arbeit außerhalb der üblichen Arbeitszeiten der Arbeitnehmer und damit außerhalb des üblichen Tagesablaufes verbunden sind, zu mindern (BAG, 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 22). Unabhängig von der individuellen körperlichen oder seelischen Konstitution und dem bevorzugten Freizeitverhalten richtet sich das Ausmaß der Belastung und damit auch die Zuschlagshöhe, nach der Planbarkeit der Nachtarbeit. Je längerfristig sich ein Arbeitnehmer auf Nachtarbeit einrichten kann, desto eher ist es ihm möglich, die persönlichen Belange z.B. die Betreuung von Kindern, die Teilnahme an sportlichen und kulturellen Veranstaltungen, gemeinsame Aktivitäten in der Familie oder im Freundeskreis etc. soweit wie möglich mit den weniger günstigen Arbeitszeiten abzustimmen. Nachtarbeit außerhalb eines Schichtsystems wird zwar nicht in jedem Fall kurzfristig angeordnet und muss nicht stets zur Folge haben, dass es für den Arbeitnehmer schwierig ist, private Belange hiermit in Einklang zu bringen. Dennoch ist der Planungszeitraum üblicherweise bei sonstiger Nachtarbeit außerhalb des Schichtsystems kürzer als das bei Nachtschichtarbeit, die typischerweise im Voraus feststeht, der Fall ist. Sonstige Nachtarbeit ist generell und abstrahierend für den Arbeitnehmer deutlich schlechter planbar, auch wenn dies im Einzelfall nicht immer zutrifft. Angesichts der typischen Betrachtungsweise durften die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, dass sich Arbeitnehmer in dem Fall der Nachtschichtarbeit grundsätzlich besser auf die Arbeit zur Nachtarbeit einstellen können als bei sonstiger Nachtarbeit.
c)
Die vorliegende Rechtsauffassung lässt sich mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - in Einklang bringen. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Streitfall das Verhältnis der Nachtzuschläge um mehr als das Dreifache höher gewesen ist und damit eine ganz besonders deutliche Schlechterstellung der nachtarbeitsleistenden Schichtarbeitnehmer bei der Bezahlung von Nachtarbeit im Vergleich zu Arbeitnehmern, die Nachtarbeit außerhalb des Schichtsystems leisten, bestanden hat. Dieser Unterschied vergrößerte sich sogar noch, weil der Zeitraum, für den in der Nachtschicht Schichtzuschläge gezahlt werden mussten, gegenüber dem übrigen Zeitraum, in dem Nachtarbeitszuschläge anfielen, verkürzt war.
Dem gegenüber ist der vorliegende Streitfall durch eine maximale Verdoppelung der Zuschläge gekennzeichnet, die sich durch die Anrechnungsvorschrift des § 7 Abschnitt 3 MTV zugunsten der regelmäßigen Nachtarbeit weiter reduziert. Vor dem Hintergrund der Beachtung der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien halten diese tarifvertraglichen Bestimmungen der Nachtarbeitszuschläge einer gerichtlichen Kontrolle stand.
Auf die Problematik einer Angleichung nach oben, hierdurch wird das gesamte Gefüge eines Tarifvertrages gesprengt, was die Berufungskammer für extrem problematisch hält, kommt es nicht mehr an.
C
Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen. Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.