Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.08.2020, Az.: 5 Sa 614/20

Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen; Kein Ansatz einer unionsrechtlichen Auslegung des § 7 Abs. 4 BUrlG bei Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers an der Urlaubsnahme des Arbeitnehmers

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
20.08.2020
Aktenzeichen
5 Sa 614/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 39212
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2020:0820.5Sa614.20.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 31.01.2023 - AZ: 9 AZR 456/20

Fundstellen

  • FA 2020, 353-354
  • NZA-RR 2021, 55
  • NZA-RR 2021, 171

Amtlicher Leitsatz

Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen den Vorschriften der Verjährung gem. §§ 195 BGB, Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht (ausreichend) nachgekommen ist. Die nationale Rechtslage ist eindeutig und einer europarechtskonformen Auslegung nicht zugänglich.

Redaktioneller Leitsatz

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt als reiner Geldanspruch der Verjährungseinrede. Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheit für eine Urlaubsnahme des Arbeitnehmers nicht erfüllt haben sollte. Soweit es höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 BUrlG gibt, gilt diese nur für eine Verschiebung des Verfalls des Urlaubsanspruchs, nicht aber für einen Urlaubsabgeltungsanspruch. Die nationale Rechtslage ist insoweit eindeutig und einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich. Auch enthält die Richtlinie RL 2003/88/EG keine Vorgaben zur Problematik der Verjährung eines Zahlungsanspruchs.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.03.2020 - 9 Ca 188/19 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis als Ausbildungsleiter, Leiter praktische Ausbildung und Leiter theoretische Ausbildung vom 09.06.2010 bis zum 19.10.2015 bestanden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, wobei klargestellt wird, dass der Beschäftigungsantrag weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich zur Entscheidung angefallen ist.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Soweit es den Berufungsantrag zu Ziffer 7 anbelangt (Urlaub), wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht für den Kläger zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung, die Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis und über die Gewährung von Urlaub, hilfsweise Urlaubsabgeltung.

Der Kläger ist seit 2009 für die Beklagte als Fluglehrer und Pilot tätig gewesen. Von Juli 2009 bis November 2009 nahm er die Aufträge der Beklagten zu 1. für die C.-K. wahr, die er mit seiner damaligen Ehefrau betrieb. Im Namen der C.-K. stellte er der Beklagten zu 1. die entsprechenden Tätigkeiten in Rechnung. Er gründete im Januar 2010 die G. F. S. UG, die u.a. Pilotentätigkeiten und Fluglehrertätigkeiten anbot. Die Beklagte zu 1. beauftragte die UG, für die der Kläger entsprechend Rechnungen stellte.

Ob der Kläger auch jemals für die Beklagte zu 2. tätig war, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte zu 1. und der Kläger unterzeichneten 9. Juni 2010 einen "Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten". Danach übernahm der Kläger folgenden Positionen:

Leiter Ausbildungsleiter Flugschule

Leiter praktische Ausbildung

Leiter theoretische Ausbildung

Die Vergütungsregelung sah ein monatliches Gehalt in Höhe von 6.100,00 Euro brutto vor. § 4 bestimmte zu Gunsten des Klägers einen jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen.

Aufgrund dieses Vertrages erhielt die Beklagte zu 1. eine Genehmigung für den Kläger als Leiter in Vollzeit durch das Luftfahrtbundesamt.

Im Folgenden war der Kläger jedenfalls für die Beklagte zu 1. als Ausbildungsleiter Flugschule, Leiter praktischer Ausbildung und Leiter theoretischer Ausbildung sowie als Pilot tätig. Die Beklagte zu 1. legte die Flugstrecke und die Flugzeiten fest. Sie führte den Kläger in Dienstplänen auf, nachdem er zuvor monatlich per E-Mail mitteilte, an welchen Tage keine Flugeinsätze erfolgen sollten. Er leistete auch Bereitschaftsdienste.

Zu der Tätigkeit der Beklagten zu 1. im Rahmen des Betreibens der Flugschule verhält sich das Betriebshandbuch. Dieses Betriebshandbuch legt die Ausbildung fest und enthielt den Hinweis, dass jede Abweichung von festgeschriebenen Verfahren der schriftlichen Zustimmung des Klägers bedürfe. Es regelt die Zeiten der Ausbildung und die Modalitäten der Ausbildung der Flugschüler. Es wies dem Kläger für die Bereiche Flugbetrieb und Theorie die Verantwortung für bestimmte Aufgaben zu. In dem Organigramm erschien der Kläger unterhalb der Geschäftsleitung. Auch bestimmte dieses Betriebshandbuch, dass der Kläger selbst durch einen von ihm geeigneten, entsprechend qualifizierten und von ihm benannten Ausbilder vertreten wird. Wegen weiterer Einzelheiten des Betriebshandbuches wird auf die Anlage K 8 zum Schriftsatz des Klägers vom 13. November 2019, Bl. 280 ff. dA verwiesen.

Am 19. Oktober 2015 schloss der Kläger mit der Beklagten zu 1. folgende Vereinbarung:

Die Vertragsparteien nehmen Bezug auf die bisherige Geschäftsbeziehung und stellen hiermit klar, dass beide Vertragsparteien keinerlei Einsprüche aus der bisherigen Geschäftsbeziehung haben und keine der Vertragsparteien Ansprüche für die Vergangenheit herleitet oder geltend macht. Sämtliche Ansprüche aus der bisherigen Tätigkeit des Auftragnehmers sind abgegolten. Die Vertragsparteien stellen weiterhin klar, dass der Auftragnehmer gemäß den Feststellungen der beim Auftragnehmer in 2014 durchgeführten Betriebsprüfung durch die Finanzverwaltung für den Auftraggeber selbstständig tätig ist, und zwar als Ausbildungsleiter für die Flugschule als Fluglehrer und Prüfer sowie als Pilot im Luftfahrtunternehmen für den Auftraggeber. Die Vertragsparteien vereinbaren für das Tätigwerden des Auftragnehmers eine Tagespauschale in Höhe von 370,00 € zzgl. der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer. Etwaige Urlaubs- oder Krankheitstage sind nicht Gegenstand dieses Vertrages und werden nicht vergütet. Das Auftragsverhältnis kann jederzeit von beiden Vertragsparteien jeweils mit einer Frist von einem Monat zum nächsten Monatsletzten gekündigt werden.

Für seine Tätigkeit als Pilot und Fluglehrer erhielt er von der Beklagten zu 1.monatlich durchschnittlich 8.100,00 Euro aufgrund seiner von ihm erstellten Rechnungen.

Am 5. August 2019 erlitt der Kläger in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Flugführer bei einem Landeanflug auf die Landebahn in A. als Pilot einen Unfall. Die kleine Verkehrsmaschine erlitt einen Totalschaden, die aus drei Personen bestehende Crew und die sieben Passagiere blieben unverletzt.

Die Verantwortlichkeit des Klägers bzgl. dieses Unfalls ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls nahm die Beklagte zu 1. diesen Vorfall zum Anlass, dass Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 12. August 2019 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. September 2019 zu kündigen.

Ob die Beklagte zu 1. dem Kläger jemals verbot, Nebentätigkeiten auszuüben, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls wies sie ihn daraufhin, dass er während weniger freier Tage als Pilot nicht für ein anderes Unternehmen fliegen dürfe. Aus Sicht der Beklagten zu 1. geschah dieser Hinweis deswegen, weil sie den Kläger als verpflichtet ansah, Ruhezeiten einzuhalten.

Als Betreiberin der Flugschule führte die Beklagte zu 1. eine sog. modulare Ausbildung durch. Diese Ausbildung betrifft Flugschüler mit Vorkenntnissen. Ob das zu Beginn des Vertragsverhältnisses anders gewesen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit seiner Klage hat der Kläger beide Beklagte in Anspruch genommen, die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses begehrt, sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 12. August 2019 gewehrt, vorläufig die Weiterbeschäftigung und die Urlaubsgewährung für die gesamte Dauer seines Vertragsverhältnisses sowie hilfsweise Urlaubsabgeltung und sodann auch die Zahlung von Arbeitsvergütung auf Grundlage der am 9. Juni 2010 getroffenen Vereinbarung begehrt.

Er hat behauptet, für beide Beklagte tätig geworden zu sein. Für ihn sei nicht ersichtlich gewesen, wann er welche Tätigkeiten für welche Beklagte erbracht habe.

Sein Vertragsverhältnis sei insgesamt als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren gewesen. Hierzu hat er behauptet, Nebenjobs habe er sich genehmigen lassen müssen, Lehrinhalte in seiner Eigenschaft als Leiter der Flugschule seien ihm vorgeschrieben worden und auch die Arbeitszeit sei ihm vorgegeben worden. Er sei vollständig in den Betrieb der Beklagten zu 1. und 2. eingegliedert worden. Auch habe es einen Zwang zur Ableistung der Bereitschaftsdienste gegeben.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2020 den Antrag zu Ziffer 6. (Vergütung) aus der Klageschrift vom 20. August 2019 abgetrennt und insoweit den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen. Dieser Verweisungsbeschluss ist Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens des Landesarbeitsgerichts zum Aktenzeichen 5 Ta 163/20.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.08.2018 aufgelöst wurde.

2. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 12.08.2019 aufgelöst wurde.

3. Falls der Kläger mit dem Feststellungsantrag zu 1. obsiegt, wird beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Leiter Ausbildungsleiter Flugschule, Leiter praktische Ausbildung und als Leiter theoretische Ausbildung, Flugprüfer sowie als Pilot weiter zu beschäftigen.

4. Festzustellen, dass das zwischen den Parteien seit 09. Juni 2010 ein abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis als Pilot sowie als Fluglehrer, Ausbildungsleiter, Leiter praktische Ausbildung, Leiter theoretische Ausbildung bestand und ungekündigt fortbesteht.

5. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger insgesamt 270 Tage Urlaub für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 bei Fortzahlung der Bezüge in Höhe von 6.100,00 brutto in natura zu gewähren, hilfsweise 74.863,00 € brutto abzurechnen und das sich darauf ergebende Netto auszubezahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2. hat ihre Passivlegitimation bestritten.

Darüber hinaus haben die Beklagten behauptet, der Kläger habe immer Wert darauf gelegt, selbständig in einem Dienstverhältnis tätig zu werden. Der schriftliche Arbeitsvertrag sei lediglich für das L. verfasst worden, er sei jedoch niemals umgesetzt worden, vielmehr sodann in der Schublade verschwunden. Sie haben die Behauptung des Klägers, er habe feste Arbeitszeiten gehabt, bestritten. Vielmehr habe er nach Bedarf arbeiten können. Den Unfall am 5. August 2019 habe er grob fahrlässig herbeigeführt.

Mit Urteil vom 11. März 2020 hat das Arbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils (dort Bl. 6 bis 9 desselben, Bl. 449 bis 451 dA) verwiesen.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 23. März 2020 zugestellt worden. Mit einem am 20. April 2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er Berufung eingelegt und diese mit einem am 18. Mai 2020 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit seiner Berufung verfolgt er in vollem Umfang das erstinstanzliche Klageziel weiter, wobei er ursprünglich auch den vom Arbeitsgericht abgetrennten und zum Landgericht verwiesenen Zahlungsantrag zum Gegenstand seiner Berufung gemacht, die Berufung diesbezüglich jedoch im Termin zur Kammerverhandlung vom 20. August 2020 nach einem richterlichen Hinweis zurückgenommen hat.

Der Kläger vertritt die Auffassung, beide Beklagte seien passivlegitimiert. Sie hätten einen identischen Unternehmensgegenstand und verwendeten eine annähernd identische Firmierung. Es sei im Rechtsverkehr nicht erkennbar, welche Beklagte, welche Gesellschaft nun tatsächlich nach außen auftrete, dies müsse zu seinen Gunsten gelten.

Er behauptet, er sei vollständig jedenfalls bei der Beklagten zu 1. eingegliedert gewesen. Es habe einen Zwang zur Ableistung der Bereitschaftsdienste gegeben, arbeitsfreie Tage habe er mit dem Geschäftsführer abstimmen müssen. Das Betriebshandbuch habe er nicht vollständig verfasst, sondern nur geringfügige Änderungen vorgenommen. Zum Abschluss des Vertrages am 19. Oktober 2015 sei er unter Androhung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezwungen worden. Die Beklagte zu 1. habe anfänglich auch sog. integrierte Kurse angeboten, bei denen Flugschüler ohne Vorkenntnisse ausgebildet worden seien. Im Übrigen sei die behördliche Genehmigung des Luftfahrtbundesamtes zum Betreiben der Flugschule davon abhängig, dass er als Leiter den Status eines Angestellten aufweist.

Er beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgericht Hannover vom 11. März 2020 (9 Ca 188/19) abzuändern und nach den Schlussanträgen des Klägers/Berufungsklägers aus der ersten Instanz wie folgt zu entscheiden:

2. Es wird festgestellt, dass die Arbeitsverhältnisse der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.08.2019 aufgelöst wurden.

3. Es wird festgestellt, dass die Arbeitsverhältnisse der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände insbesondere durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst wurden.

4. Falls der Kläger mit dem Feststellungsantrag zu 3. und 4. obsiegt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Leiter, Ausbildungsleiter Flugschule, Leiter praktische Ausbildung und Leiter theoretische Ausbildung, Flugprüfer sowie als Pilot weiter zu beschäftigen.

5. Festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 09.06.2010, hilfsweise seit 01.11.2015 ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis als Pilot sowie als Ausbildungsleiter, Leiter praktische Ausbildung, Leiter theoretische Ausbildung bestand und ungekündigt fortbesteht.

6. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, ihm insgesamt 270 Tage Urlaub für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, und 2018 sowie anteilig 2019 bei Fortzahlung der Bezüge i. H. v. 6,100 € brutto in natura zu gewähren, hilfsweise 74.863 € brutto zu zahlen und hierüber eine Abrechnung zu erteilen.

Den Antrag zu Ziffer 8. aus der Berufungsbegründung hat er zurückgenommen im Wege einer Teilberufungsrücknahme.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Sie bestreiten weiterhin die Eingliederung des Klägers in den Flugbetrieb, vielmehr habe er sich seine Arbeitszeit frei einteilen können und er habe das Ausbildungshandbuch (Betriebshandbuch) geschrieben.

Er habe immer betont, selbständig tätig gewesen zu sein. Die Beklagte zu 2. sei nicht passiv legitimiert. Bei der Beklagten zu 1. habe nur eine modulare Ausbildung und keine integrierte Ausbildung stattgefunden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze vom 18., 25. Mai, 13. und 18. August sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 20. August 2020 verwiesen.

Der Vorsitzende hat zur Vorbereitung des Kammertermins vom 20. August 2020 am 19. August 2020 eine amtliche Auskunft des L. eingeholt. Wegen des Ergebnisses dieser Auskunft wird ebenfalls auf das Sitzungsprotokoll vom 20. August 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und §§ 519, 520 ZPO). Insbesondere hat der Kläger zu Protokoll der Kammerverhandlung am 20. August 2020 die unzulässigen Berufungsanträge zurückgenommen.

B.

Die Berufung musste weit überwiegend erfolglos bleiben. Gegenüber der Beklagten zu 2. ist das Rechtsmittel im vollem Umfang unbegründet, gegenüber der Beklagten zu 1. weit überwiegend unbegründet.

I.

Die Berufung gegenüber der Beklagten zu 2. ist eindeutig unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte zu 2. nicht passiv legitimiert ist. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass zu der Beklagten zu 2. überhaupt irgendeine vertragliche Beziehung bestanden hat, geschweige denn, dies unter Beweis gestellt.

1.

Irgendein der Beklagten zu 2. zurechenbares Schriftstück, welches sie als Vertragspartner ausweist, fehlt. Weder der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2010 noch der Zusatzvertrag aus dem Jahr 2015 und auch nicht das Betriebshandbuch weisen die Beklagte zu 2. als Vertragspartnerin aus, vielmehr weisen diese Unterlagen ausschließlich die Beklagte zu 1. als Vertragspartnerin aus.

2.

Ein konkreter, substantiierter Vortrag, aus dem zu schließen wäre, dass trotz fehlender Schriftstücke, Unterlagen, etc., die Beklagte zu 2. Vertragspartnerin geworden wäre, fehlt. Auch eine konkrete Vereinbarung hat der Kläger nicht dargelegt. Der allgemeine Hinweis auf den identischen Unternehmensgegenstand der Beklagten zu 2. im Vergleich mit der Beklagten zu 1. sowie der allgemeine Hinweis auf die "Undurchschaubarkeit" der vertraglichen Beziehungen reicht nicht ansatzweise aus, um eine vertragliche Beziehung zu begründen. Dieses Ergebnis ist elementar.

II.

Gegenüber der Beklagten zu 2. hat die Berufung nur in einem äußerst geringen Umfang Erfolg und musste im Übrigen zurückgewiesen werden.

1.

Lediglich die Statusklage hat in einem geringfügigen Ausmaß Erfolg. Soweit es die Tätigkeit des Klägers als Ausbildungsleiter, Leiter der praktischen Ausbildung und Leiter der theoretischen Ausbildung betrifft, hat vom 9. Juni 2010 bis zum 19. Oktober 2015 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden.

a)

Diese Feststellung durfte auch getroffen werden, obwohl sie sich auf ein vergangenheitsbezogenes Rechtsverhältnis erstreckt. Denn aufgrund des Berufungsantrages zu Ziffer 7 (Urlaub) ist die Zulässigkeit unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 ZPO gegeben.

b)

Die Teilbegründetheit dieses Feststellungsantrages beruht auf dem am 9. Juni 2010 unterzeichneten Anstellungsvertrag und betrifft die Tätigkeiten des Klägers als Leiter Ausbildungsleiter Flugschule, Leiter praktische Ausbildung und Leiter theoretischer Ausbildung.

aa)

Im Ausgangspunkt ist dieser Vertrag eindeutig und nach jeder Betrachtungsweise als Arbeitsvertrag zu qualifizieren.

bb)

Der Beklagten zu 1. ist nicht die Darlegung gelungen, dass es sich bei diesem Arbeitsvertrag um einen Scheinarbeitsvertrag gehandelt hat oder aber dieser Arbeitsvertrag abredewidrig als freies Dienstverhältnis durchgeführt worden sei.

Der Beklagten obliegt auch die Darlegungs- und Beweislast diesbezüglich (vgl. BAG vom 13. Februar 2003 - 8 AZR 59/02 - Rn. 36).

bb1)

Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich nicht substantiiert die Einwendung des § 117 BGB entnehmen. Hierzu hätte es eines konkreten Vortrages bedurft, dass die Parteien bereits bei Unterzeichnung dieses Vertrages einig waren, dieser Vertrag solle nicht gelten und lediglich dazu dienen, eine Behörde, nämlich das L., zu täuschen. Ein derartig substantiierter Vortrag fehlt, er ist darüber hinaus auch nicht unter Beweis gestellt worden.

bb2)

Die Beklagte zu 1. hat auch nicht die Tatsachen unter Beweis gestellt, aus denen eine Abweichung von der rechtlichen Qualifikation als Arbeitsverhältnis geschlossen werden kann. Insbesondere lässt sich zu ihren Gunsten nicht klären, dass der Kläger insoweit nicht weisungsgebunden war.

c)

Der Verwirkungseinwand ist nicht durchgreifend. Die Verwirkung setzt immer voraus, dass eine "mit Treu und Glauben unvereinbare Härte" eintritt. Vorliegend ist die Beklagte zu 1. ausreichend durch die Verjährungseinrede geschützt.

2.

Soweit es die Tätigkeit des Klägers als Pilot anbelangt und soweit es sämtliche Tätigkeiten ab dem 19. Oktober 2015 betrifft, konnte seine Statusklage keinen Erfolg haben. Das Vertragsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1. ist als freies Dienstverhältnis zu qualifizieren.

a)

Soweit ursprünglich ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hat, haben die Parteien dieses Vertragsverhältnis rechtswirksam unter dem 19. Oktober 2015 verändert und zu einem freien Dienstverhältnis umgestaltet.

aa)

Zunächst einmal enthält die Vereinbarung vom 19. Oktober 2015 rechtsgeschäftlichen Charakter. Dies wird bereits durch den Wortlaut "haben folgendes Auftragsverhältnis vereinbart" ersichtlich.

bb)

Diese Vereinbarung ist keineswegs § 134 BGB rechtsunwirksam. Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot liegt nicht vor. Insbesondere bedurfte es auch für die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Flugschule nicht des Status eines Angestellten. Dies ist das Ergebnis der vom Kammervorsitzenden eingeholten amtlichen Auskunft, zu Protokoll der Verhandlung am 20. August 2020 erklärt. Dieser Auskunft zufolge, die das Gericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, bedarf es bei sog. modularen Kursen keines formalen Status als Arbeitnehmer.

Soweit es die Problematik anbelangt, welche Ausbildung die Beklagte zu 1. angeboten hat (modulare Kurse oder integrierte Kurse), konnte der Kläger nicht darlegen und beweisen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages (19. Oktober 2015) die Beklagte sog. integrierte Kurse, bei denen Flugschüler ohne Vorkenntnisse geschult werden, angeboten hat.

cc)

Soweit der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit dieser Vereinbarung einwendet, er habe diese Vereinbarung nur deswegen unterzeichnet, weil der Geschäftsführer ihm angedroht habe, widrigenfalls das Vertragsverhältnis zu beenden, führt dies gleichfalls nicht zur Unwirksamkeit. Denn ein solches Verhalten könnte allenfalls als widerrechtliche Drohung iSd. § 123 BGB gewertet werden. Die Existenz dieser Vorschrift zeigt, dass eine widerrechtliche Drohung nicht automatisch zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung führt. Es ist eine Anfechtungserklärung erforderlich, die im vorliegenden Streitfall fehlt.

dd)

Nach alledem ist die Vereinbarung vom 19. Oktober 2015 wirksam und hat den Status des Klägers geändert: Von einem Arbeitnehmer im Bereich der Leitung der Flugschule ist ein freier Mitarbeiter geworden.

b)

Ist das Vertragsverhältnis des Klägers ausweislich der vertraglichen Vereinbarung nicht als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, dann hat der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Durchführung des Vertragsverhältnisses die typischen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses aufweist. Dieser Obliegenheit ist er nicht ausreichend nachgekommen.

aa)

Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Bewertung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehung am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also gewollt haben. Die neu eingefügte Vorschrift des § 611 a BGB spiegelt diese Rechtssätze wider (statt Vieler: LAG Nds. v. 12.02.2020 - 2 Sa 172/19 - Rn. 35 m.w.N.).

bb)

In Ansehung vorstehender Rechtsgrundsätze konnte der Kläger nicht substantiiert seine Weisungsgebundenheit darlegen, geschweige denn beweisen, wobei zwischen den Tätigkeitsbereichen als Leiter der Flugschule und der Pilotentätigkeit zu differenzieren ist:

Soweit es seine Tätigkeit als Pilot anbelangt, ist zunächst einmal sein Hinweis auf die von ihm zitierte BAG-Rechtsprechung vom 16. März 1994 - 5 AZR 447/92 - nicht zielführend. Einen allgemeinen Rechtssatz "Piloten sind regelmäßig Arbeitnehmer" gibt es nicht. Der vom Kläger zitierte Rechtsstreit betrifft den Fall eines Copiloten, der den Weisungen des Flugkapitäns unterliegt. Der Kläger hingegen ist immer der verantwortliche Flugkapitän in seiner Aufgabe als Pilot gewesen.

Die unstreitige zur Verfügungsstellung des Flugzeuges sowie die Festlegung der Flugroute durch die Beklagte zu 1., sind nicht ausreichend, um die Weisungsgebundenheit im Sinne eines Arbeitsverhältnisses zu begründen. Derartige Vorgaben sind gerade auch für ein freies Dienstverhältnis typisch. Entscheidend für die Berufungskammer ist der Umstand, dass zu Gunsten des Klägers nicht geklärt werden konnte, er habe sich seine Zeit nicht frei einteilen können. Letztendlich blieb ungeklärt, ob er frei entscheiden konnte, zu welchen Zeiten er für die Beklagte zu 1. tätig war oder ob er insoweit ihren Weisungen unterlag. Die Teilnahme am Bereitschaftsdienst sowie seine Aufnahme in Dienstplänen besagt dazu für sich genommen nichts. Die von der Beklagten zu 1. geschilderte Praxis, dieses sei erst dann geschehen, wenn der Kläger frei entschieden habe, er werde zu diesem Zeitpunkt tätig, konnte vom ihm nicht widerlegt werden.

Auch sein Hinweis auf das Verbot von Nebentätigkeiten, welches für sich genommenen ein Indiz für die Weisungsgebundenheit darstellen kann, konnte nicht substantiiert dargestellt werden. Es bleibt die naheliegende Möglichkeit unausgeräumt, dass die Beklagte zu 1. handelnd durch ihren Geschäftsführer, den Kläger lediglich darauf hingewiesen hat, dass bei einem hohen Arbeitseinsatz als Pilot für sie aus Gründen der Luftverkehrssicherheit eine anderweitige Tätigkeit nicht mehr in Frage kommt.

Der Versuch der Sachverhaltsaufklärung im Termin zur Kammerverhandlung am 20. August 2020 durch intensiver Anhörung der Prozessparteien gem. § 141 ZPO konnte keine Klärung dieser Problematik herbeiführen. Jede Partei hat im Grundsatz das bestätigt, was bereits Gegenstand des schriftsätzlichen Sachvortrages gewesen ist. Nahezu jede einzelne Behauptung blieb streitig. Soweit der Kammervorsitzende jedoch in der Verhandlung geäußert hat "die Versionen weichen so weit voneinander ab, dass man den Eindruck haben kann, eine Seite lügt, man weiß bloß nicht welche", wird diese spontane Wertung in der Schlussberatung nicht mehr aufrechterhalten: Nach der Schlussberatung ist die Berufungskammer davon überzeugt, dass jede Seite subjektiv von der Wahrheit und Richtigkeit ihres Sachvortrages überzeugt ist.

Vorstehende Ausführungen gelten sinngemäß auch für die Tätigkeit des Klägers als Leiter der Flugschule. Sicherlich war der Kläger als Leiter der Flugschule organisatorisch in den Ausbildungsbetrieb der Beklagten zu 1. eingebunden. Es bleibt jedoch die Möglichkeit unausgeräumt, dass er im Wesentlichen die Ausbildung eigenverantwortlich geplant und gesteuert hat. Möglicherweise hat er vollständig das Betriebshandbuch erstellt und die Regeln für die Ausbildung konzipiert. In diesem Zusammenhang können die Rechtsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 09. März 2005 - 5 AZR 493/04 - Rn. 13) auf den vorliegenden Streitfall übertragen werden: Danach kann eine Lehrkraft sowohl den Arbeitnehmerstatus als auch den Status als freie Dienstnehmerin haben. Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterricht eingebunden ist, in welcher Weise sie Unterrichtsinhalte die Art und Weise der Unterrichtsgestaltung ihrer Arbeitszeit gestalten kann und zu Nebenarbeiten herangezogen wird. Wer an einer Allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist regelmäßig Arbeitnehmer. Im pädagogischen Bereich ist es typisch, dass auch freie Mitarbeiter nur in den Räumen tätig sind, die der Vertragspartner zur Verfügung stellt. Ein derartiges Kriterium ist als Indiz für die persönliche Abhängigkeit nicht aussagekräftig.

Die naheliegende Möglichkeit, dass der Kläger komplett das Betriebshandbuch gestaltet hat, ist unausgeräumt. Dieser Umstand geht eindeutig zu seinen Lasten.

Auch die vom Kläger für sich reklamierte wirtschaftliche Abhängigkeit ändert nichts. Sie ist kein taugliches Abgrenzungskriterium (BAG vom 21.05.2019, Rn 37).

Nach alledem konnte die Feststellung, dass das Vertragsverhältnis ab dem 19. Oktober 2015 ein Arbeitsverhältnis gewesen ist, nicht getroffen werden. Auch konnte die Feststellung, dass die Tätigkeit des Klägers als Pilot ein Arbeitsverhältnis gewesen ist, für keinen streitgegenständlichen Zeitraum getroffen werden. Hervorgehoben werden muss, dass seinen zahlreichen Beweisantritten durch Zeugeneinvernahme nicht nachzugehen war. Denn diese Beweisantritte beziehen sich auf pauschale, unpräzise Behauptungen. Die Durchführung der Zeugenvernehmung liefe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus.

3.

Aufgrund des Vorstehenden mussten die Anträge zu 2 und 3 aus der Berufungsbegründung vom 18. Mai 2020 erfolglos bleiben. Es handelt eben nicht um ein Arbeitsverhältnis. Die Anträge zu 2 und 3 enthalten auch nicht hilfsweise das Begehren, festzustellen, dass das Vertragsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung vom 12. August 2019 nicht beendet worden ist. Dies mögen die Prozessparteien ggf. vor dem Landgericht klären lassen.

4.

Der Weiterbeschäftigungsantrag zu Ziffer 4 fällt als uneigentlicher Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an. Er ist auch erstinstanzlich nicht zur Entscheidung angefallen, sodass insoweit die erstinstanzliche Klageabweisung zu korrigieren war.

5.

a)

Soweit es den Antrag zu Ziffer 7 der ursprünglichen Berufung (Ziffer 6 im Tatbestand des Urteils - Urlaub) anbelangt, musste der erste Teil dieses Antrages der Hauptantrag erfolglos bleiben. Die Urlaubsgewährung in Natura scheidet bereits deswegen aus, weil gegenwärtig und aktuell zu der Beklagten zu 1. kein Arbeitsverhältnis besteht.

b)

Auch der Hilfsantrag des Antrages zu Ziffer 7. musste erfolglos bleiben. Trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses (mit Abschluss der Vereinbarung vom 19. Oktober 2015) steht dem Kläger keinerlei Anspruch auf Urlaubsabgeltung gem. § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz zu. Denn diesem Anspruch, der mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits 2015 entstanden ist, steht die von der Beklagten zu 1. erhobene Verjährungseinrede entgegen. Die Beklagte zu 1. hat sich auf Verjährung berufen. Die Verjährungsfrist des § 195 BGB ist ersichtlich abgelaufen.

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt auch der Verjährungseinrede. Dies folgt aus der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil vom 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10), der die Berufungskammer folgt. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist ein reiner Geldanspruch, der unproblematisch der Verjährung unterliegt. Die gegenteilige Auffassung des LAG München (Urteil vom 3. September 2019, 9 Sa 177/19) wird nicht gefolgt. Diesem Urteil zufolge soll bei richtlinienkonformer Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz die Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche erst dann beginnen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt habe, was die Beklagte zu 1. vorliegend nicht getan hat.

Aus Sicht der Berufungskammer wird hier das Instrument der richtlinienkonformen Auslegung bei weitem überdehnt und die Grenzen der Gesetzesauslegung überschritten (Art. 20 III GG Bindung des Richters an Recht und Gesetz). Die nationale Rechtslage ist eindeutig und insoweit einer richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich. Die vom abweichenden LAG-Urteil in Bezug genommene Richtlinie besagt überhaupt nichts zur Problematik der Verjährung eines Zahlungsanspruchs. Wegen fehlender Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers anzunehmen, der Arbeitnehmer habe ohne grobe Fahrlässigkeit keine Kenntnis von dem Abgeltungsanspruch gehabt (§ 198 Abs. 1, Nr. 2 BGB), ist verfehlt. Jeder Arbeitnehmer mit einem Mindestbildungshintergrund weiß diesbezüglich um seine Rechte.

Allein aufgrund der Verjährungseinrede steht dem Kläger der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung nicht zu. Die Berufungskammer braucht daher nicht zu entscheiden, ob der Urlaubsabgeltungsanspruch bereits verwirkt oder aber rechtswirksam durch die bekannte Vereinbarung vom 19. Oktober 2015 beseitigt worden ist.

C.

Gemäß §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat der Kläger die gesamten Kosten seiner weitüberwiegend erfolglosen Berufung zu tragen. Insbesondere ist die Ausnahmevorschrift des § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch deswegen einschlägig, weil der Streitwert des Berufungsverfahrens zu einem großen Teil auf dem zurückgenommenen Antrag auf Zahlung der Arbeitsvergütung beruht.

Soweit es die Problematik der Verjährung der Urlaubsabgeltung betrifft, war bzgl. des Antrages zu Ziffer 7. der Berufungsbegründung die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen. Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen. Zulassungsgründe gem. § 72 Abs. 2 ArbGG liegen insoweit nicht vor.