Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.09.2014, Az.: 5 LA 57/14

Wiederaufnahme eines auf Aufhebung einer Abordnungsverfügung bei einem Beamten gerichteten Klageverfahrens

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.09.2014
Aktenzeichen
5 LA 57/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 23637
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0905.5LA57.14.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2015, 77-80

Amtlicher Leitsatz

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 153 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 578ff. ZPO scheidet im Hinblick auf Einstellungsbeschlüsse nach übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärungen aus.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer - vom 25. Februar 2014 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 423,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin erstrebt die Wiederaufnahme ihres bei dem Verwaltungsgericht Hannover geführten und auf Aufhebung einer Abordnungsverfügung gerichteten Klageverfahrens zum Aktenzeichen 13 A 7381/13 (vormals: 13 A 4294/11) mit dem Ziel der Änderung der dortigen Kostenentscheidung zu ihren Gunsten.

Die Klägerin ist Ruhestandsbeamtin. Vor ihrer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Wirkung vom 1. Mai 20 befand sie sich im Statusamt einer Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst des beklagten Ministeriums.

Der Beklagte hatte die Klägerin mit Verfügung vom 16. September 20 unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 3 des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG) und ein Anhörungsschreiben vom 24. August 20 mit Wirkung vom 21. September 20 für die Dauer von zwei Jahren an die C. "für eine Tätigkeit in der Rechtsabteilung" abgeordnet. Hiergegen hatte sich die Klägerin am 13. Oktober 20 beim Verwaltungsgericht Hannover mittels Klage (zunächst: 13 A 4294/11) gewandt und diese mit dem Antrag verbunden, das Verfahren vorerst ruhend zu stellen und eine Mediation durchzuführen. Der Beklagte hatte einem Mediationsverfahren zugestimmt, die Klägerin jedoch im Januar 20 erklärt, ein solches Verfahren derzeit nicht mehr durchführen zu wollen; sie bitte aber darum, das Verfahren ruhen zu lassen, weil sie um eine außergerichtliche Lösung bemüht sei. Infolge entsprechender Anträge der Beteiligten hatte das Gericht sodann mit Beschluss vom 10. August 2012 gemäß § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 251 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schreiben vom 30. Oktober 20 - also nach Ergehen der Zurruhesetzungsverfügung vom 8. April 20 sowie nach Ablauf der zweijährigen Abordnungsdauer - erklärte die Klägerin das die Abordnungsverfügung betreffende Klageverfahren in der Hauptsache für erledigt. Nachdem sich der Beklagte der Erledigungserklärung angeschlossen hatte, stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren - nunmehr unter dem Aktenzeichen 13 A 7381/13 - ein und legte der Klägerin die Verfahrenskosten auf. Die Kostenentscheidung entspreche unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO) billigem Ermessen, weil die Klage nach dem bisherigen Vortrag der Klägerin nicht schlüssig sei. Zwar ergäben sich die dienstlichen Gründe, welche zu der Abordnung geführt hätten, nicht unmittelbar aus der Abordnungsverfügung selbst, die insoweit auf ein Anhörungsschreiben vom 24. August 20 verweise. Dieses Schreiben habe die Klägerin ihrer Klage jedoch nicht beigefügt. Die Verwaltungsvorgänge lägen dem Gericht nicht vor; die Kammer sei nach Erledigungseintritt auch nicht gehalten, von Amts wegen eine weitere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. Da es bislang an einem substantiierten Vortrag der Klägerin zur behaupteten Rechtwidrigkeit der Abordnungsverfügung fehle, lasse sich der Gerichtsakte nicht entnehmen, weshalb die Abordnung rechtswidrig gewesen sein solle. Die gegen diese Entscheidung erhobene Anhörungsrüge der Klägerin wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 2. Dezember 2013 (13 A 7767/13) zurückgewiesen.

Die von der Klägerin gegen ihre Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit erhobene Klage hatte das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 14. August 2013 (13 A 3119/13) abgewiesen; den diesbezüglichen Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Januar 2014 (5 LA 207/13) zurück.

Bereits am 30. Dezember 2013 hatte die Klägerin "Restitutionsklage" mit dem Antrag erhoben, die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 12. November 2013 (13 A 7381/13) sowie vom 2. Dezember 2013 (13 A 7767/13) aufzuheben und die gesamten Verfahrenskosten dem Beklagten aufzuerlegen. Die Klägerin habe am 3. Dezember 2013 im Rahmen des Zulassungsverfahrens 5 LA 207/13 von einer Urkunde Kenntnis erlangt, welche sie in den Stand setze, im Verfahren 13 A 7381/13 eine günstigere Kostenentscheidung herbeizuführen. Es handle sich um eine E-Mail des Leiters der Rechtsabteilung der C. an den Beklagten vom 7. August 20 , in der mitgeteilt werde, dass seit etwa Anfang April 20 eine Funktionsbeschreibung ihres - der Klägerin - Dienstpostens bei der C. vorläge. Hieraus gehe hervor, dass bis April 20 ein "strukturierter Arbeitsplatz" nicht vorgelegen habe, weshalb der Antrag auf Aufhebung der Abordnungsverfügung bis zu diesem Zeitpunkt vollumfänglich begründet gewesen sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. Februar 2014 abgewiesen, weil sie bereits unzulässig sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt.

II.

Dem Zulassungsantrag bleibt der Erfolg versagt. Der von der Klägerin ausdrücklich geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor, und auch der ggf. der Sache nach geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben.

1.

Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht ausdrücklich oder doch hinreichend erkennbar einen fallübergreifenden Rechts- oder Tatsachensatz gebildet hat, der objektiv von der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichte abweicht (Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 16), also von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts. Die Klägerin rügt hier eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 1992 (2 BvR 40.92), welche jedoch nicht gegeben ist.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Wiederaufnahmebegehren der Klägerin - bei dem es sich allerdings nicht um eine Restitions"klage", sondern der Sache nach um einen Restitutions"antrag" handelt - unzulässig ist.

Nach § 153 Abs. 1 VwGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) wiederaufgenommen werden. Zwar setzt § 578 Abs. 1 ZPO seinem Wortlaut nach voraus, dass das Verfahren, welches wiederaufgenommen werden soll, durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossen wurde. Es entspricht aber allgemeiner Auffassung, dass über den Wortlaut dieser von anderen Prozessordnungen ebenfalls in Bezug genommenen Bestimmung hinaus auch verfahrensbeendende Beschlüsse der Wiederaufnahme unterliegen (BVerfG, Beschluss vom 22.1.1992 - 2 BvR 40/92 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 9.6.1993 - 1 BvR 380/93 -, juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 26.3.1997 - BVerwG 5 A 1.97 (5 PKH 14.97), juris Rn. 2; BSG, Beschluss vom 23.4.2014 - B 14 AS 368/13 B -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2002 - 21 A 4534/02 -, juris Rn. 5; Bader, in: Bader u. a., VwGO, 5. Auflage 2011, § 153 Rn. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 153 Rn. 5; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 153 Rn. 10). Die entsprechende Anwendung der Wiederaufnahmevorschriften auf verwaltungsgerichtliche Beschlüsse rechtfertigt sich deshalb, weil Mängel im Sinne der §§ 578, 579 ZPO auch in Verfahren auftreten können, die durch Beschluss beendet werden, so dass auch in diesen Fällen wegen des Gewichts der gesetzlich geregelten Nichtigkeits- und Restitutionsgründe die Möglichkeit bestehen muss, ausnahmsweise einen nicht mehr anfechtbaren Beschluss aufheben zu können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.9.1958 - BVerwG 1 A 19.57 III -, NJW 1959, 117, 117f.). Außerdem setzt die Verweisungsvorschrift des § 153 VwGO lediglich voraus, dass es sich um ein rechtskräftig beendetes "Verfahren" handelt (BVerwG, Beschluss vom 26.3.1997, a. a. O., Rn. 2). Im Unterschied zum Wiederaufnahmeverfahren gegen ein rechtskräftiges Urteil wird das Wiederaufnahmeverfahren gegen einen Beschluss nach einhelliger Auffassung allerdings nicht durch Klage, sondern durch einen Antrag eröffnet, über den durch Beschuss zu entscheiden ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.1.1992, a. a. O., Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 11.5.1960 - BVerwG 5 A 1.58 -, DVBl 1960, 641, 642; Beschluss vom 26.3.1997, a. a. O., Rn. 2).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist indes ein verfahrensbeendender Beschluss im Sinne der zitierten Rechtsprechung und Literatur nicht schon dann gegeben, wenn dieser Beschluss unanfechtbar ist, wie dies beim Einstellungsbeschluss nach Erledigung der Hauptsache in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO und hinsichtlich der nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffenden Kostenentscheidung gemäß § 158 Abs. 2 VwGO der Fall ist. Erforderlich ist vielmehr eine Entscheidung, welche das gerichtliche Verfahren rechtskräftig abschließt (BVerwG, Beschluss vom 30.5.1958, a. a. O., Rn. 117, 118; BAG, Beschluss vom 11.1.1995 - 4 AS 24/94 -, juris Rn. 11; Hamb. OVG, Beschluss vom 16.1.2006 - 4 Bf 435/03 -, juris Rn. 6), d. h. der Beschluss muss auf einer Sachprüfung beruhen und ein Verfahren konstitutiv beenden (OVG LSA, Urteil vom 13.3.2000 - A 2 S 323/99 -, juris Rn. 20; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch u. a., VwGO, Stand: März 2014, § 153 Rn. 5f.), mithin der materiellen Rechtskraft fähig sein (BVerfG, Beschluss vom 22.1.1992, a. a. O., Rn. 6; BGH, Beschluss vom 8.5.2006 - II ZB 10/05 -, juris Rn. 5). Dies ergibt sich aus dem Ziel der Wiederaufnahmevorschriften, nämlich der Beseitigung eines rechtskräftigen Urteils bzw. Beschlusses sowie der Neuverhandlung und Neuentscheidung der Sache (Kopp/Schenke, a. a. O., § 153 Rn. 1). Eine neue (Sach-)Entscheidung setzt aber voraus, dass auch die Entscheidung, deren Aufhebung begehrt wird, auf einer Sachprüfung/Sachentscheidung beruht; in materieller Rechtskraft erwächst nur die Entscheidung des Gerichts über den Streitgegenstand (Renert, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 121 Rn. 19).

In Anwendung dieser Grundsätze halten Rechtsprechung und Literatur die §§ 578ff. ZPO für entsprechend anwendbar bei sog. urteilsvertretenden Beschlüssen - also Beschlüssen, durch die die Berufung verworfen oder zurückgewiesen wird - (vgl. etwa BGH, Urteil vom 29.7.2010 - Xa ZR 118/09 -, juris Rn. 11; Guckelberger, a. a. O., § 153 Rn. 11), aber auch bei Beschlüssen, mit denen die Zulassung der Berufung abgelehnt (Hamb. OVG, Beschluss vom 16.1.2006, a. a. O., Rn. 6; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Auflage 2010, § 153 Rn. 5; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 24.5.2005 - 2 PS 225/05 -) oder die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen wurde (BVerfG, Beschluss vom 22.1.1992, a. a. O., Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 11.5.1960, a. a. O., 641, 642; Beschluss vom 26.3.1997, a. a. O., Rn. 2; BAG, Beschluss vom 12.9.2012 - 5 AZN 1743/12 (F) -, juris Rn. 3). Von diesen Beschlüssen unterscheidet sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. November 2013 im Verfahren 13 A 7381/13 jedoch maßgeblich.

Das Verfahren 13 A 7381/13 ist durch die Abgabe übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärungen der Beteiligten wirksam beendet worden. Wie bei der Rücknahmeerklärung entziehen bereits die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten dem Verfahren den Streitgegenstand; anhängig bleibt es nur wegen der Kostenentscheidung (OVG LSA, Urteil vom 13.3.2000 - A 2 S 323/99 -, juris Rn. 21); der in analoger Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergehende Einstellungsbeschluss stellt die eingetretene Verfahrensbeendigung lediglich deklaratorisch fest (Kopp/Schenke, a. a. O., § 161 Rn. 15). Die nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu treffende Kostenentscheidung erwächst nicht in materieller Rechtskraft; sie beinhaltet keine Sachprüfung, sondern stellt eine Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes dar. Dementsprechend scheidet im Hinblick auf Einstellungsbeschlüsse nach übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärungen eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 153 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 578ff. ZPO aus (Bay. VGH, Urteil vom 6.11.2008 - 13 A 08.2579 -, juris Rn. 24; Urteil vom 29.1.2009 - 13 A 08.1688 -, juris Rn. 25; Beschluss vom 8.8.2011 - 13a B 10.30362 -, juris Rn. 7; OVG LSA, Urteil vom 13.3.2000, a. a. O., Rn. 20, 25; Guckelberger, a. a. O., § 153 Rn. 11; a. Auff. offenbar Baumbach u. a., ZPO, 72. Auflage 2014, Grundz § 578 Rn. 12).

Diese Rechtsauffassung steht bereits deshalb nicht im Widerspruch zu der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil diese einen urteilsvertretenden Beschluss - nämlich einen Beschluss des Bundesfinanzhofs nach §§ 115 Abs. 3, 132 der Finanzgerichtsordnung (FGO), welcher die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen hatte - betraf (BVerfG, Beschluss vom 22.1.1992, a. a. O., Rn. 6).

2.

Dass ein Wiederaufnahmeantrag nach §§ 153 VwGO, 578ff. ZPO ausscheidet, bedeutet indes nicht, dass sich die Prozessbeteiligten an ihrer Erledigungserklärung ausnahmslos festhalten lassen müssten. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist vielmehr anerkannt, dass Prozesshandlungen unter bestimmten Umständen widerrufen werden können, und dass ein Widerruf insbesondere in Betracht kommt, wenn ein Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO vorliegt (BVerwG, Beschluss vom 7.8.1998 BVerwG 4 B 75.98 -, juris Rn. 3 m. w. Nw.; ebenso Bay. VGH, Urteil vom 6.11.2008, a. a. O., Rn. 25; Urteil vom 29.1.2009, a. a. O., Rn. 26; Beschluss vom 8.8.2011, a. a. O., Rn. 8; Rennert, a. a. O., § 153 Rn. 2). Denn lässt der Gesetzgeber es nach Maßgabe der §§ 153 VwGO, 578ff. ZPO ausdrücklich zu, sich selbst von der Bindung an ein rechtskräftiges Urteil zu lösen, so entspricht es seinem Regelungswillen, die von ihm gezogenen Konsequenzen unter den in § 580 ZPO genannten Tatbestandsvoraussetzungen auch dann zu ziehen, wenn ein Verfahren anderweitig beendet worden ist.

Ein solcher Widerruf ist jedoch erstinstanzlich nicht erklärt worden; vielmehr hat sich die Klägerin, welche Juristin ist, ausdrücklich darauf berufen, dass eine Wiederaufnahmeklage gegen einen Einstellungsbeschluss nach übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärungen im Hinblick auf die konstitutive Kostenentscheidung statthaft sei. Dasselbe gilt für das Zulassungsverfahren, in dem sich die Klägerin durch einen emeritierten Rechtslehrer an einer staatlichen Hochschule mit der Befähigung zum Richteramt vertreten lässt.

Selbst man das Begehren der Klägerin jedoch im Sinne eines Widerrufs ihrer Hauptsacheerledigungserklärung im Verfahren 13 A 7381/13 auslegen wollte und ihrem Zulassungsvorbringen der Sache nach und unter Hintanstellung aller Bedenken im Hinblick auf die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Geltendmachung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) entnähme, käme eine Berufungszulassung gleichwohl nicht in Betracht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist es der Klägerin nicht gelungen, ernstliche Richtigkeitszweifel aufzuzeigen.

Die Klägerin beruft sich auf den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7b ZPO, wonach die Restitutionsklage statthaft ist, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstige Entscheidung herbeigeführt haben würde. Sie meint, die E-Mail des Leiters der Rechtsabteilung der C. an den Beklagten vom 7. August 20 (Ausdruck Bl. 42/GA) stelle eine solche Urkunde dar, weil darin mitgeteilt werde, dass der Klägerin "seit etwa April 20 eine eigene Zuständigkeit primär für neu eingehende sozialrechtliche Vorgänge" zugewiesen worden sei. Die Rechtswidrigkeit der Abordnungsverfügung des Beklagten sei bereits deshalb gegeben gewesen, weil diese Verfügung mit der Formulierung "für eine Tätigkeit in der Rechtsabteilung" keine ausreichende Begründung enthalte. Zwar spreche § 27 Abs. 1 NBG bei einer Abordnung nur von der vorübergehenden Übertragung einer Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle; unter "Tätigkeit" in diesem Sinne sei jedoch nicht nur irgendeine Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle, sondern ein amtsangemessener Aufgabenbereich zu verstehen. Mit der Klage gegen die Abordnungsverfügung habe die Klägerin beabsichtigt, eine Konkretisierung ihres Aufgabenbereichs zu erreichen. Durch die Bereitstellung eines "strukturierten Arbeitsplatzes" für die Klägerin bei der C. seit April 20 sei die Klagforderung daher erfüllt gewesen. Hätte die Klägerin dies gewusst, d. h. hätte der Beklagte ihr vom Inhalt der E-Mail bereits im August 20 Mitteilung gemacht, so hätte sie das Verfahren zu diesem Zeitpunkt durch Hauptsacheerledigungserklärung beenden können und der Beklagte wäre zur Kostentragung verurteilt worden.

Mit diesem Vorbringen dringt die Klägerin jedoch bereits deshalb nicht durch, weil ihr rechtlicher Ausgangspunkt, die Rechtmäßigkeit einer Abordnungsverfügung setze grundsätzlich die konkrete Zuweisung eines Dienstpostens voraus, nicht zutrifft. Die Klägerin leitet dieses Erfordernis der Sache nach aus § 27 Abs. 2 NBG ab, wonach Beamte aus dienstlichen Gründen ganz oder teilweise zu einer ihrem Amt entsprechenden Tätigkeit abgeordnet werden können. Da die Abordnung das Statusamt und auch das abstrakt-funktionelle Amt des Beamten unberührt lässt, kann unter dem Begriff der "Tätigkeit" zwar in der Tat nur das konkret-funktionelle Amt, also der Dienstposten des Beamten in der neuen Beschäftigungsstelle, verstanden werden. Dass der Dienstposten, den der Beamte wahrnimmt, seinem Statusamt entsprechen muss, ist jedoch ein allgemeiner, das gesamte Beamtenrecht durchziehender Grundsatz, was dafür spricht, dem Begriff der "dem Amt entsprechenden Tätigkeit" in § 27 Abs. 2 NBG nicht die Bedeutung eines selbständigen Tatbestandsmerkmals zuzuerkennen (vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 4. 12.1985 - 2 B 36/85 -, NVwZ 1986, 768; Sächs. OVG, Beschluss vom 26.11.2008 - 2 B 272/08 -, juris Rn. 6 für die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen). Für ein solches Verständnis der "amtsangemessenen Tätigkeit" spricht auch, dass gemäß § 27 Abs. 5 Satz 1 NBG in der hier maßgeblichen Fassung bei der Abordnung zu einem anderen Dienstherrn auf den Beamten die für den Bereich des "neuen" Dienstherrn geltenden Rechte und Pflichten mit Ausnahme der Regelungen über Amtsbezeichnungen, Besoldung, Krankenfürsorge, Versorgung entsprechende Anwendung finden. Hieraus ergibt sich, dass die Bestimmung der Pflichten des Beamten und damit die Zuweisung einer konkreten Tätigkeit typischerweise nicht durch den abordnenden, sondern durch den "neuen" Dienstherrn erfolgt (Sächs. OVG, Beschluss vom 26.11.2008, a. a. O., Rn. 6). Zum anderen dürfte die Festlegung des neuen Dienstpostens bei einem anderen Dienstherrn in der Abordnungsverfügung mangels entsprechender Organisationsgewalt des abordnenden Dienstherrn bereits rechtlich unmöglich sein (OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 4.12.1985, a. a. O., 768, 769; Sächs. OVG, Beschluss vom 26.11.2008, a. a. O., Rn. 6). Dementsprechend ist es für die Abordnung ausreichend, dass abstrakte Dienstgeschäfte an einer bestimmten Dienststelle ohne weitere Konkretisierung der Aufgabenbereiche zugewiesen werden (Kümmel, NBG, Stand: Juni 2014, Band 3, § 27 Rn. 17; vgl. für die jeweils entsprechende Rechtslage auf Landes- bzw. Bundesebene OVG Rh.-Pf., a. a. O., 786f.; Sächs. OVG, Beschluss vom 26.11.2008, a. a. O., Rn. 6; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: September 2014, Band 1, § 27 BBG Rn. 11; a. Auff. VGH BaC.-Wü., Urteil vom 21.10.1975, DÖV 1976, 420f. [VGH Baden-Württemberg 21.10.1975 - IV 434/73]). Die später erfolgende konkrete Dienstpostenzuweisung durch den "neuen" Dienstherrn hat auf die Rechtmäßigkeit der Abordnung keine Auswirkungen. Hieraus folgt zugleich, dass dem Betreffenden im Falle einer aus seiner Sicht nicht amtsangemessenen Verwendung Rechtsschutz nicht im Verhältnis zum abordnenden Dienstherrn zu gewähren ist, sondern der Beamte sich gegen eine nicht amtsadäquate Verwendung mit der allgemeinen Leistungsklage gegenüber dem "neuen" Dienstherrn wenden muss (Sächs. OVG, Beschluss vom 26.11.2008, a. a. O., Rn. 6).

Dessen ungeachtet ist im Streitfall keine Abordnung der Klägerin nach § 27 Abs. 2 NBG, sondern nach § 27 Abs. 3 NBG erfolgt, wonach eine Abordnung auch zu einer nicht dem Amt entsprechenden Tätigkeit zulässig ist, wenn dem Beamten die Wahrnehmung der neuen Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zuzumuten ist (Satz 1); die Abordnung bedarf in Fällen des Satzes 1 und 2 der Zustimmung des betreffenden Beamten nur, wenn sie die Dauer von zwei Jahren übersteigt (Satz 3). Im Falle einer Abordnung zu einer nicht amtsgemäßen Tätigkeit ist nach dem Aufbau und Zusammenhang des § 27 NBG der zugelassene Eingriff in das Recht auf amtsangemessene Beschäftigung schon mit der Abordnung selbst verbunden und gehört somit zum Inhalt der Abordnungsverfügung. Schon in dieser ist somit anzusprechen, dass und zu welcher Art nicht amtsangemessener Tätigkeit die Abordnung erfolgt. Soweit für die damit festgelegte Art der nicht amtsangemessenen Tätigkeit mehrere Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde in Betracht kommen, verbleibt es bei deren Zuweisung durch die Beschäftigungsbehörde (so zu der vergleichbaren bundesrechtlichen Regelung des § 27 Abs. 2 BBG Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, a. a O., Rn. 11). Diesen Anforderungen ist im Streitfall Genüge getan worden. Da der Leiter der Rechtsabteilung der C. - wie die Klägerin selbst vorgetragen hat (Zulassungsbegründung vom 22. April 2014, S. 2) - ebenfalls ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 innehat, ist es bei verständiger Würdigung der Abordnungsverfügung offenkundig, dass die Formulierung "Tätigkeit in der Rechtsabteilung" keine Leitungsfunktion in dieser Rechtsabteilung betrifft, sondern dass die Klägerin dort als juristische Sachbearbeiterin - und damit zu einer nicht ihrem Amt entsprechenden Tätigkeit - eingesetzt werden soll. Dass es sich bei der Tätigkeit in der Rechtsabteilung der C. um eine Tätigkeit handelt, die der Klägerin - einer Juristin - aufgrund ihrer Vor- bzw. Berufsausbildung zumutbar war, liegt ebenfalls auf der Hand; die Abordnung wurde auch lediglich für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesprochen.

Dass der E-Mail vom 7. August 20 im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des Vorliegens eines dienstlichen Bedürfnisses eine Aussage zu entnehmen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nach alledem hätte die frühere Kenntnis der Klägerin über die von ihr vorgelegte E-Mail im Falle einer im August 20 abgegebenen Hauptsacheerledigungserklärung nicht zur Kostentragung durch den Beklagten geführt.

3.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (26. März 2014) geltenden Fassung und folgt in der Sache der erstinstanzliche Streitwertfestsetzung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).