Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.09.2014, Az.: 4 ME 201/14
Nachweis einfacher Deutschkenntnisse als Voraussetzung für die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 18.09.2014
- Aktenzeichen
- 4 ME 201/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 22888
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0918.4ME201.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 28.01.2014 - AZ: 5 B 6733/13
Rechtsgrundlagen
- Art. 6 Abs. 1 GG
- § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG
- § 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG
Fundstellen
- AUAS 2014, 230-233
- DÖV 2014, 1067
- InfAuslR 2014, 421-424
- NVwZ-RR 2014, 6
- NVwZ-RR 2014, 938
Amtlicher Leitsatz
Der Nachweis einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache als Voraussetzung für die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug zu einem deutschen Ehepartner kann im Einzelfall gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen, wenn zumutbare Bemühungen des Ausländers zum Erlernen der Sprache ein Jahr lang erfolglos geblieben sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 04. 09. 2012 10 C 12.12 , BVerwGE 144, 141). Zeiten, in denen sich der Ausländer während eines Aufenthalts bei seinem deutschen Ehepartner im Bundesgebiet um den Erwerb der Sprachkenntnisse bemüht hat, sind auf diesen Jahreszeitraum nicht anzurechnen.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 5. Kammer - vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die 1949 geborene vietnamesische Antragstellerin reiste Anfang Oktober 2012 mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet ein, heiratete im Dezember 2012 in Dänemark einen deutschen Staatsangehörigen und beantragte nach ihrer anschließenden Rückkehr nach Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug, deren Erteilung die Antragsgegnerin ablehnte. Gegen diesen Versagungsbescheid hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Klage (AZ. 5 A 2363/13) erhoben, über die bisher nicht entschieden ist. Parallel hat die Antragstellerin einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt, den das Verwaltungsgericht mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 28. Mai 2013 (5 B 2364/13) abgelehnt hat. Am 29. September 2013 hat die Antragstellerin erneut einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht gestellt und auf der Grundlage von § 80 Abs. 7 VwGO beantragt, wegen einer zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der Umstände den rechtskräftigen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28. Mai 2013 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Mit dem im Beschwerdeverfahren angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht auch diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG stehe jedenfalls auch weiterhin entgegen, dass die Antragstellerin ohne das erforderliche nationale Visum in das Bundesgebiet eingereist sei. Soweit nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG von der Nachholung des Visumverfahrens abgesehen werden könne, sei nach wie vor nicht ersichtlich, dass das nach dieser Vorschrift bestehende Ermessen zugunsten der Antragstellerin auf Null reduziert sei.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin, auf dessen Prüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil der von ihr auch im Beschwerdeverfahren weiter verfolgte Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht statthaft ist. In der hier gegebenen Fallkonstellation kann die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht nach § 80 Abs. 5 und 7 VwGO, sondern nur nach § 123 VwGO erlangt werden. Das Verwaltungsgericht hat in seinem rechtskräftigen Beschluss vom 28. Mai 2013 aufgrund der seinerzeit bestehenden Rechtslage zwar zutreffend ausgeführt, dass der von der Antragstellerin während der Geltungsdauer ihres Schengen-Visums gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die gesetzliche Fiktion eines weiterhin erlaubten Aufenthalts nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst hat und deshalb vorläufiger Rechtsschutz nach dem damaligen Recht nach § 80 Abs. 5 (und ggf. nach Abs. 7) VwGO zu gewähren war (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 31.10.2011 - 11 ME 315/11 -, InfAuslR 2012, 70). Die nach bisherigem Recht durch die Beantragung eines Aufenthaltstitels während der zeitlichen Geltungsdauer eines Schengen-Visums ausgelöste Fortbestandsfiktion des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ist zwischenzeitlich jedoch durch die Neuregelung des Art. 1 Nr. 27 a des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29. August 2013 (BGBl. I 2013, 3484) entfallen. § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG in der neuen Fassung bestimmt nunmehr ausdrücklich, dass die Fortbestandsfiktion nicht für ein Visum nach § 6 Abs. 1 AufenthG - also insbesondere nicht für ein Schengen-Visum - gilt. Diese Rechtsänderung ist ohne Übergangsvorschriften zum 6. September 2013 in Kraft getreten (vgl. Art. 7 des genannten Änderungsgesetzes). Damit vermag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Versagung eines Aufenthaltstitels bei vorangegangenem Besitz eines Schengen-Visums die Rechtsposition des Ausländers nicht mehr zu verbessern. Seit der Gesetzesänderung ist der Ausländer trotz seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Ablauf der Geltungsdauer des Schengen-Visums nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig und kann einstweiligen Rechtsschutz gegen die staatliche Durchsetzung der Ausreisepflicht nur noch nach § 123 VwGO erlangen. Dies gilt in Ermangelung einer Übergangsvorschrift auch für den hier gegebenen Übergangsfall, bei dem die Fortbestandsfiktion zunächst noch eingetreten war und dann infolge des Versagungsbescheides der Antragsgegnerin noch vor der Gesetzesänderung entfallen war (eingehend hierzu Nds. OVG, Beschl. v. 12.11.2013 - 13 ME 190/13 -, NVwZ-RR 2014, 157).
Den somit hier allein statthaften Antrag nach § 123 VwGO hat die Antragstellerin nicht gestellt; er könnte wegen des im vorläufigen Rechtsschutz nach § 146 Abs. 4 VwGO beschränkten Prüfungsumfangs auch nicht erstmals in der Beschwerdeinstanz zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden (vgl. Nds. OVG, a.a.O.).
Die Beschwerde könnte im Übrigen auch dann keinen Erfolg haben, wenn im Beschwerdeverfahren über den einzig statthaften Antrag nach § 123 VwGO in der Sache zu entscheiden wäre. Die Beschwerde wäre in diesem Fall deshalb zurückzuweisen, weil die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis jedenfalls die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegensteht, da die Antragstellerin nicht mit dem für den von ihr gewünschten längerfristigen Aufenthaltszweck erforderlichen nationalen Visum gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Senat tritt dem Verwaltungsgericht auch darin bei, dass das in § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG für ein Absehen von der Nachholung des Visumverfahrens eröffnete Ermessen nicht zu Gunsten der Antragstellerin auf Null reduziert ist. Die Darlegungen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren führen insoweit nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung.
Die Antragstellerin meint, ihr könne im Lichte von Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK eine Nachholung des Visumverfahrens nicht zugemutet werden, denn bei einer Ausreise nach Vietnam bestehe die konkrete Gefahr, dass sie dauerhaft getrennt von ihrem deutschen Ehemann werde leben müssen, der bereits 69 Jahre alt sei und dem es auch aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei, seiner Ehefrau nach Vietnam zu folgen. Eine Nachholung des Visumverfahrens von Vietnam aus werde voraussichtlich deshalb zu einer dauerhaften Trennung der Eheleute führen, weil es ihr bereits während ihres Aufenthaltes in Deutschland trotz ihrer bisherigen Bemühungen nicht gelungen sei, sich die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache zu verschaffen. In Vietnam werde ihr dies, auch aufgrund ihres Lebensalters von 64 Jahren, in dem das Erlernen einer neuen Sprache ohnehin mit Schwierigkeiten verbunden sei, mit großer Wahrscheinlichkeit erst recht nicht gelingen. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, dass das Ermessen, das § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG der Antragsgegnerin für ein Absehen von der Nachholung des Visumverfahrens einräumt, auf Null reduziert ist.
Mit Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den ausländischen Ehepartner eines Deutschen auf die Nachholung eines erforderlichen Visumverfahrens und damit auf eine zeitweilige Trennung zu verweisen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.12.2007 - 2 BvR 2341/06 -, BVerfGK 13, 26). Es ist unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe auch grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass ein Ausländer, der zu seinem deutschen Ehepartner in das Bundesgebiet nachziehen will, bereits im Visumverfahren gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 5 und § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nachweisen muss, dass er sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.2011 - 2 BvR 1413/10 -, NVwZ 2011, 870; BVerwG, Urt. v. 4.9.2012 - 10 C 12.12 -, BVerwGE 144, 141). Das Spracherfordernis als Nachzugsvoraussetzung im Visumverfahren kann lediglich in Ausnahmefällen gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen, wenn es dem ausländischen Ehegatten aus besonderen persönlichen Gründen oder wegen der besonderen Umstände in seinem Heimatland nicht möglich oder zumutbar ist, die deutsche Sprache innerhalb angemessener Zeit zu erlernen. Sind zumutbare Bemühungen des Ausländers zum Erwerb der Sprachkenntnisse ein Jahr lang erfolglos geblieben, darf ihm im Visumverfahren das Spracherfordernis nicht mehr entgegengehalten werden. Dasselbe gilt, wenn dem ausländischen Ehepartner Bemühungen zum Spracherwerb von vornherein nicht zumutbar sind, etwa weil Sprachkurse in dem betreffenden Land nicht angeboten werden oder deren Besuch mit einem hohen Sicherheitsrisiko verbunden ist und auch sonstige erfolgversprechende Alternativen zum Spracherwerb nicht bestehen; in diesem Fall braucht die Jahresfrist nicht abgewartet zu werden (vgl. BVerwG, a.a.O, Rn. 28).
Hieran gemessen ergibt sich aus den Darlegungen der Antragstellerin nicht, dass für sie eine Ausreise zur Nachholung des Visumverfahrens und insbesondere zur Aneignung der für die Erteilung eines Visums zum Ehegattennachzug erforderlichen Deutschkenntnisse unzumutbar ist. Das Verwaltungsgericht hat bereits in dem rechtskräftigen Beschluss vom 28. Mai 2013 festgestellt, dass in Vietnam mehrere Stellen an verschiedenen Orten die für den Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse im Sinne von § 2 Abs. 9 AufenthG erforderliche Prüfung abnehmen und in der Regel auch prüfungsvorbereitende Sprachkurse anbieten. Dem ist die Antragstellerin nicht entgegen getreten. Sie hat im Beschwerdeverfahren auch nicht vorgetragen, dass ihr der Besuch der Sprachkurse in Vietnam aus wirtschaftlichen, gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht möglich sein wird. Ihr auf ärztliche Atteste gestütztes erstinstanzliches Vorbringen, wonach sie aufgrund einer Augenerkrankung und von Kopfschmerzen derzeit daran gehindert sei, an Sprachkursen teilzunehmen, hat sie im Beschwerdeverfahren nicht wiederholt. Offenkundig ist sie zwischenzeitlich gesundheitlich auch nicht mehr daran gehindert, an Sprachkursen teilzunehmen, da sie gemäß ihrem Vortrag im Beschwerdeverfahren seit Januar 2014 zweimal wöchentlich an einem Alphabetisierungskurs teilnimmt. Zudem dürfte die in den von ihr vorgelegten ärztlichen Attesten für November 2013 angekündigte Augenoperation zur Wiederherstellung einer ausreichenden Seh- und Lesefähigkeit zwischenzeitlich auch stattgefunden haben. Der Antragstellerin mag es zwar aufgrund ihres Lebensalters und ihres geringen Bildungsstandes schwerfallen, die aufenthaltsrechtlich erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse einfacher Art zu erlernen, wie auch ihre bisherigen vergeblichen Bemühungen zeigen. Hieraus allein folgt jedoch noch nicht, dass der Erwerb der Sprachkenntnisse in Vietnam binnen eines Jahres absehbar ausgeschlossen ist, zumal die Antragstellerin dabei zumindest auf ihre in Deutschland bereits seit geraumer Zeit erfolgten Bemühungen wird aufbauen können. Im Übrigen weist der Senat zur Klarstellung darauf hin, dass die Zeiten, in denen sich die Antragstellerin während ihres Aufenthalts in Deutschland durch den Besuch von verschiedenen Sprachkursen um das Erlernen der erforderlichen Deutschkenntnisse bemüht hat, nicht auf den Zeitraum von einem Jahr anzurechnen sind, über den sich die Antragstellerin in ihrem Heimatland weiterhin um die Aneignung einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache wird bemühen müssen. Die Zumutbarkeitsgrenze von einem Jahr bezieht sich nicht darauf, über welchen Zeitraum sich der Ausländer zu bemühen hat, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben, sondern darauf, über welchen Zeitraum ihm und seinem deutschen Ehegatten eine räumliche Trennung zum Zwecke des Spracherwerbs zugemutet werden kann.
Im Hinblick darauf, dass von dem Visumverfahren als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung nur ausnahmsweise abgewichen werden soll und auch aus generalpräventiven Gründen eine restriktive Handhabung der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gerechtfertigt ist, um dem Eindruck bei anderen Ausländern entgegen zu wirken, man könne durch die Einreise mit einem Schengen-Visum, das nicht für einen langfristigen Aufenthaltszweck erteilt worden ist, vollendete Tatsachen schaffen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.11.2013 - 13 ME 190/13 -; Beschl. v. 27.7.2009 - 11 ME 171/09 -), wäre das von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eröffnete Ermessen darüber hinaus selbst dann nicht zugunsten der Antragstellerin auf Null reduziert, wenn es von vornherein als ausgeschlossen anzusehen wäre, dass sie sich bei einer Rückkehr nach Vietnam dort innerhalb eines Jahres die für eine Visumerteilung erforderlichen Deutschkenntnisse wird aneignen können. Die Nachholung des Visumverfahrens würde nämlich auch dann nicht die von der Antragstellerin befürchtete Folge haben, dass ihr aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse die Erteilung eines nationalen Visums und somit die langfristige Rückkehr in das Bundesgebiet dauerhaft verwehrt werden würde. In diesem Fall wären die mit dem Visumantrag befassten deutschen Stellen rechtlich gehindert, die Erteilung des Visums aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse der Antragstellerin abzulehnen. Sollte die Ablehnung des Visumantrags gleichwohl hierauf gestützt werden, wäre es der Antragstellerin zumutbar, von Vietnam aus dagegen zu klagen und zur Vermeidung einer unzumutbar langen Trennung von ihrem deutschen Ehegatten gegebenenfalls auch einen parallelen Antrag nach § 123 VwGO zu stellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.7.2013 - 1 C 15.12 -, BVerwGE 147, 278, Rn. 25). Entsprechendes gilt für den Fall, dass es der Antragstellerin nach einer Ausreise nach Vietnam trotz zumutbarer Bemühungen nicht gelingen sollte, sich innerhalb eines Jahres die aufenthaltsrechtlich erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache anzueignen.
Der von der Antragstellerin gestellte Antrag, das Beschwerdeverfahren bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-138/13 auszusetzen, hat sich erledigt, denn der Europäische Gerichtshof hat zwischenzeitlich mit Urteil vom 10. Juli 2014 über das genannte Verfahren entschieden. Das Urteil des Gerichtshofs hat darüber hinaus - abgesehen davon, dass die Beschwerde bereits aufgrund der Unstatthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO keinen Erfolg haben kann - keine Bedeutung für die Bewertung des vorliegenden Falles. Gegenstand der Rechtssache zu C-138/13 war ein Vorabentscheidungsersuchen zur Vereinbarkeit des nationalrechtlichen Erfordernisses, dass beim Familiennachzug im Visumverfahren vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen sind, mit Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl. 1972 II, 385) sowie mit Art. 7 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3.10.2003, 12). Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 10. Juli 2014 die Vereinbarkeit des im Visumverfahren erforderlichen Nachweises einfacher Sprachkenntnisse mit Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls verneint und die Vereinbarkeit mit Art. 7 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG offen gelassen. Die Antragstellerin kann daraus für sich allerdings nichts herleiten. Sie fällt als mit einem Deutschen verheiratete Vietnamesin nicht in den Anwendungsbereich des Zusatzprotokolls, das ausschließlich die Rechtsstellung von türkischen Staatsangehörigen betrifft. Die Richtlinie 2003/86/EG findet nach ihrem Art. 3 Abs. 3 auf die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, also auch auf die Ehefrau eines deutschen Staatsbürgers, ausdrücklich keine Anwendung. Im Übrigen würde auch eine europarechtliche Vorgabe, wonach bei der Antragstellerin im Visumverfahren vom Nachweis einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache abzusehen ist, nichts daran ändern, dass ihr eine Ausreise zur Nachholung des Visumverfahrens zugemutet werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG sowie § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).