Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.09.2014, Az.: 5 LA 94/14

Besoldungsrechtliche Auswirkungen der vertretungsweisen Übernahme eines höheren Dienstpostens

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.09.2014
Aktenzeichen
5 LA 94/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 22902
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0916.5LA94.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 10.03.2014 - AZ: 3 A 1384/12

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 10. März 2014 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 4.237,92 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amtes abgelehnt hat, hat keinen Erfolg.

Es bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sind erst dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zu Tage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist. Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.4.2008 - 5 LA 154/07 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Vorbringen des Klägers nicht zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage gemäß § 46 Abs. 1 BBesG nicht gegeben sind.

Voraussetzungen für die Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe, der das Amt des Beamten zugeordnet ist, und dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe, nach der der wahrgenommene höherwertige Dienstposten bewertet ist, sind die kommissarische Übertragung des höherwertigen Dienstpostens, die ununterbrochene Ausübung der damit verbundenen Dienstgeschäfte seit bereits 18 Monaten sowie die nach dem Haushaltsrecht und dem Laufbahnrecht bestehende Möglichkeit, den Beamten zu befördern (BVerwG, Urteil vom 28.4.2005 - BVerwG 2 C 29.04 -, juris Rn. 12).

1. Es kann dahinstehen, ob es hier - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat und der Kläger verneint - bereits an den haushaltsrechtlichen Voraussetzungen fehlt.

Nach Sinn und Zweck des § 46 Abs. 1 BBesG wird dem Beamten ein Anreiz geboten, einen höherwertigen Dienstposten vertretungsweise zu übernehmen. Darüber hinaus sollen die erhöhten Anforderungen des wahrgenommenen Amtes honoriert und der Verwaltungsträger davon abgehalten werden, freie Stellen auf Dauer aus fiskalischen oder anderen "hausgemachten" Gründen nicht entsprechend der Bewertung gemäß der Ämterordnung des Besoldungsrechts zu besetzen. Allerdings soll dies nicht zu Mehrkosten bei den öffentlich-rechtlichen Dienstherren führen (BVerwG, Urteil vom 28.4.2005, a. a. O., Rn. 14).

Die Intention des Gesetzgebers, einen Anspruch auf die Zulage nur dann zu gewähren, wenn dies keine Mehrbelastung des Haushalts zur Folge hat, findet im Wortlaut des § 46 Abs. 1 BBesG Ausdruck, wonach die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung "dieses Amtes" vorliegen müssen. Der Begriff des Amtes wird in dieser Vorschrift einheitlich verwendet. Gemeint ist das Amt im statusrechtlichen Sinne, dem das vertretungsweise wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinne der Bewertung nach zugeordnet ist. Ausschließlich ein Amt im statusrechtlichen Sinne kann Maßstab für die Bewertung von Aufgaben sein; nur die Übertragung eines solchen Amtes kann laufbahnrechtliche und haushaltsrechtliche Voraussetzungen haben. Die auf die individuellen Verhältnisse bezogenen normativen Anforderungen schließen es aus, dass auch im Falle einer Verhinderungsvertretung Anspruch auf die Zulage besteht. Vielmehr muss die Planstelle des konkreten Amtes frei sein (BVerwG, Urteil vom 28.4.2005, a. a. O., Rn. 15).

Die Zulage kommt nur bei einer "Vakanzvertretung", nicht aber bei einer "Verhinderungsvertretung" in Betracht. Eine "Vakanzvertretung" liegt vor, wenn es für die in Rede stehende Aufgabe bzw. den dafür eingerichteten Dienstposten eine freie und besetzbare Planstelle gibt, die dem wahrgenommenen Amt im konkret-funktionellen Sinne zugeordnet ist. Erst wenn eine kongruente Vakanz von Dienstposten und Planstelle besteht, sind die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwertigen Amtes nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.4.2005, a. a. O., Rnrn. 17, 18).

Das Verwaltungsgericht ist zu der Einschätzung gelangt, dass es hier an der für die Gewährung einer Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG erforderlichen "Vakanzvertretung" fehle, weil hier eine die Beförderung in das höhere Statusamt konkret ermöglichende (zivile) Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 BBesO für den Kläger nicht vorhanden gewesen sei und militärische Planstellen für zivile Beschäftigte nicht zur Verfügung gestanden hätten. Dem hält der Kläger entgegen, es liege eine freie, besetzbare Planstelle vor, die dem von ihm ausgeübten Amt im konkret-funktionellen Sinne entspreche.

Stellt man auf "das Amt im statusrechtlichen Sinne" ab, "dem das vertretungsweise wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinne der Bewertung nach zugeordnet ist" (vgl. wiederum BVerwG, Urteil vom 28.4.2005, a. a. O., Rn. 15), dürfte hier eine für die Annahme einer "Vakanzvertretung" erforderliche Kongruenz vorliegen, wenn dem Dienstposten, den der Kläger vertretungsweise übernommen hat, eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 BBesO zugeordnet worden wäre. Es ist nicht erkennbar, dass der vom Kläger wahrgenommene Dienstposten nicht einer freien Planstelle zugeordnet und nicht frei besetzbar gewesen wäre. Dies bedarf hier allerdings keiner weiteren Vertiefung.

2. Denn der Senat folgt jedenfalls der weiteren Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass es hier an den laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Gewährung einer Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG fehlt.

§ 46 Abs. 1 BBesG sieht, wie oben dargelegt, die Zahlung einer Zulage nur vor, wenn die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung desjenigen höherwertigen Statusamtes vorliegen, dem die übertragenen Aufgaben zugeordnet sind. Solange eine Beförderung des Vakanzvertreters in das funktionsgerechte Statusamt nicht möglich ist, darf eine Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG nicht gewährt werden. Sie kommt erst in Betracht, wenn einer Beförderung des Beamten in das höherwertige Amt keine laufbahnrechtlichen Hindernisse mehr entgegenstehen (sog. "Beförderungsreife", BVerwG, Urteil vom 7.4.2005 - BVerwG 2 C 8.04 -, juris Rn. 19 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/3994 S. 43). Maßgeblich sind insoweit allein die Bestimmungen des Laufbahnrechts. Damit nicht in Einklang stehende Verwaltungsübungen und Verwaltungsvorschriften bleiben außer Betracht (BVerwG, Urteil vom 28.4.2011 - BVerwG 2 C 30.09 -, juris Rn. 22).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Zwar befindet sich der Kläger im Statusamt eines Technischen Regierungshauptsekretärs (Besoldungsgruppe A 8 BBesO), und er besitzt grundsätzlich die Beförderungsreife für ein Statusamt eines Technischen Regierungsamtsinspektors (Besoldungsgruppe A 9 BBesO).

Bei ihm liegen aber nicht die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung in "das Amt im statusrechtlichen Sinne" vor, "dem das vertretungsweise wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinne der Bewertung nach zugeordnet ist". Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet (BVerwG, Urteil vom 19.9.2008 - BVerwG 2 C 8.07 -, juris Rn. 15). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts handelt es sich bei dem von dem Kläger vertretungsweise übernommenen Amt um einen militärischen Dienstposten. Eine militärische Laufbahn hat der Kläger aber nicht absolviert. Der Kläger gehört der Laufbahn des mittleren technischen Dienstes in der Bundeswehrverwaltung an und kann deshalb nicht auf dem Dienstposten, den er vertretungsweise übernommen hat, befördert werden.

Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, es handele sich bei dem von dem Kläger wahrgenommenen Amt um einen militärischen Dienstposten, hat der Kläger nicht mit seinem Zulassungsvorbringen in Frage gestellt, er habe dieselben Befugnisse eines Vorgesetzten, wie sie für die Ausübung der Tätigkeit als Teileinheitsführer relevant seien. Seiner Auffassung, Befehle eines Soldaten unterschieden sich nicht von Anordnungen eines Beamten, ist nicht zu folgen. Das Beamten- und das Soldatenverhältnis beruhen auf völlig unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen, nämlich dem Bundesbeamtengesetz und der Bundeslaufbahnverordnung einerseits und dem Soldatengesetz, dem Wehrpflichtgesetz u. a. und der Soldatenlaufbahnverordnung andererseits.

Zwar liegt der Vorschrift des § 46 Abs. 1 BBesG die Vorstellung zugrunde, dass ein Dienstherr nur einem Beamten die Wahrnehmung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes überträgt, dem das entsprechende Statusamt im Wege der Beförderung verliehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.4.2011, a. a. O., Rn. 24 wiederum unter Hinweis u. a. auf BT-Drucks. 13/3994 S. 43). Dass hier der Dienstherr des Klägers offenbar anders verfahren ist, führt angesichts des Wortlauts des § 46 Abs. 1 BBesG ("dieses Amt") gleichwohl nicht zu einer anderen Entscheidung.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts und ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).