Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.09.2014, Az.: 7 LB 93/13

Wiedergestattung einer Gewerbeausübung hinsichtlich Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.09.2014
Aktenzeichen
7 LB 93/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 22900
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0908.7LB93.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 04.07.2012 - AZ: 11 A 3263/09

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Nach § 35 Abs. 6 S. 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit iSd. § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr vorliegt. Diese Entscheidung fordert wie die Gewerbeuntersagung eine Prognose über die Zuverlässigkeit des Antragstellers nach Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit. Sie muss prospektiv, das heißt bezogen auf eine mögliche Gefährdung des redlichen Geschäftsverkehrs in der Zukunft begründet werden, wobei allerdings in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten als Indiz gewertet werden kann. Zu beachten ist dabei, dass durch die Gewerbeuntersagung und ihre Aufrechterhaltung nicht vergangenes Verhalten "gleichsam bestraft" werden soll.

  2. 2.

    Auf die Wiedergestattung besteht daher ein Rechtsanspruch, wenn etwa die den Untersagungsbescheid tragenden Gründe inzwischen entfallen oder Gefährdungen iSd. § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr zu befürchten sind oder es inzwischen an der Verhältnismäßigkeit des Fortbestehens der Untersagung mangelt. Dabei sind maßgeblich die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung. Die Beweislast für die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides und die Aufrechterhaltung der Untersagungsverfügung liegt bei der Gewerbeaufsichtsbehörde.

  3. 3.

    Es liegt eine negative Prognose für die künftige selbständige gewerbliche Tätigkeit vor, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Antragsteller seine öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten erfüllen wird (u.a. 170.000,- EUR Steuerschulden), mit jederzeitigen Zwangsvollstreckungen seitens seiner Gläubiger zu rechnen ist und er kein erfolgsversprechendes Sanierungskonzept vorlegt.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 11. Kammer - vom 4. Juli 2012 geändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Wiedergestattung einer Gewerbeausübung und wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid.

Der Kläger ist C. geboren. Der Landkreis Hannover untersagte ihm mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 26. April 1990 die selbständige Ausübung des Gewerbes "Elektroinstallationen" sowie jedes weiteren Gewerbes, weil er gewerberechtlich unzuverlässig sei. Der Kläger habe über einen längeren Zeitraum seine steuerlichen Verpflichtungen vernachlässigt und sei wirtschaftlich leistungsunfähig.

Mit Schreiben vom 3. März 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Wiedergestattung der Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 6 GewO. Er machte geltend, dass er im November 2008 erfolgreich die Prüfung zum Gebäudeenergieberater bestanden habe und nun das entsprechende Gewerbe ausüben wolle. Seine Tätigkeit sei darauf gerichtet, einzelne Baugewerke zu vergleichen, Modernisierungskonzepte zu erarbeiten und Finanzierungspläne zu erstellen. Er beabsichtige eine reine Beratungstätigkeit ohne den Ankauf oder Verkauf von Waren.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. Juli 2009 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Wiedergestattung der Gewerbeausübung sei zu versagen, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger im gewerberechtlichen Sinne unzuverlässig sei. Nach Auskunft des Finanzamts Hannover-Land II vom 27. Mai 2009 habe der Kläger Steuerrückstände in Höhe von 148.060,05 EUR, wobei ein Zahlungseingang zuletzt im April 1996 erfolgt und ein letzter - erfolglos gebliebener - Vollstreckungsversuch durch einen Vollzugsbeamten des Finanzamts im August 2007 unternommen worden sei. Der Kläger sei zu einer ordnungsgemäßen Betriebsführung nicht in der Lage und wirtschaftlich leistungsunfähig. Anzeichen für eine Besserung der wirtschaftlichen Situation seien nicht erkennbar.

Der Kläger hat am 10. August 2009 gegen den Ablehnungsbescheid und den diesem beigefügten Kostenbescheid vom 8. Juli 2009 Klage erhoben und für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt. Er wies darauf hin, dass er nicht in der Lage sei, die festgesetzten Verwaltungsgebühren in Höhe von 503,09 EUR und die Prozesskosten zahlen zu können. Wenn ihm die Ausübung des beabsichtigten Gewerbes wieder gestattet werde, könne er als geprüfter Gebäudeenergieberater tätig werden und dann mit der Abtragung von Schulden beginnen. Er sei seit 2001 arbeitslos und habe aufgrund seines Alters keine Chance mehr, ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen. Am 9. September 2009 habe er erneut die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen, da er keinerlei Einkommen habe und das Finanzamt nicht gesprächsbereit sei.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss der Einzelrichterin vom 3. Dezember 2010 abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO habe. Hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Wiedergestattung der Gewerbeausübung begegne die Prognose der Beklagten, der Kläger sei persönlich unzuverlässig, keinen Bedenken. Der Kostenbescheid vom 8. Juli 2009 sei voraussichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat den Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und dem Kläger Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt (Beschluss vom 27.1.2011 - 7 PA 1/11 -, GewArch 2011, 159). Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, der Rechtsverfolgung des Klägers könne die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürften. Ein Erfolg des Wiedergestattungsbegehrens sei nicht ausgeschlossen, weil es der weiteren Untersagung der Gewerbeausübung des Klägers inzwischen an der Erforderlichkeit oder Verhältnismäßigkeit mangeln könne. Nicht unerhebliche Zweifel bestünden auch an der Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung für den Ablehnungsbescheid in Höhe von 500,- EUR (nebst Zustellungskosten).

Die Beklagte hat daraufhin gemäß ihrer Prozesserklärung vom 10. Februar 2011 den streitgegenständlichen Kostenbescheid teilweise aufgehoben und nur noch in Höhe von 88,- EUR aufrechterhalten. Der Betrag entspricht der Mindestgebühr nach Nr. 40.1.15.3 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 ALLGO. Nach Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6. Mai 2011 hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.2009 auf seinen Antrag vom 03.03.2009 die Ausübung der dem Anwendungsbereich des § 35 GewO unterliegenden Gewerbe wieder zu gestatten, sowie den Kostenfestsetzungsbescheid vom 08.07.2009 aufzuheben;

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag vom 03.03.2009 auf Wiedergestattung der persönlichen Ausübung des Gewerbes unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten und hat auf die Höhe der Abgabenrückstände des Klägers beim Finanzamt Hannover-Land II verwiesen. Der Kläger habe über viele Jahre hinweg nichts unternommen, um seine Abgabenrückstände zu reduzieren. Deshalb sei auch für die Zukunft zu erwarten, dass er seine öffentlichen Abgabepflichten nicht erfüllen werde. Außerdem habe der Kläger die eidesstattliche Versicherung abgegeben, so dass davon auszugehen sei, dass etwaige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zukünftig der Vollstreckung durch private oder öffentliche Gläubiger unterlägen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil der Einzelrichterin vom 4. Juli 2012 das Verfahren eingestellt, soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Bezugspunkt war insoweit die Teilaufhebung des Kostenbescheids vom 8. Juli 2009. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. Juli 2009 sowie ihren Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Juli 2009 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 3. März 2009 die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 6.1.2012 - 7 LA 186/11 -. juris) ausgeführt, dem Kläger sei die Gewerbeausübung gemäß § 35 Abs. 6 GewO wieder zu gestatten, weil ein Festhalten an der im Jahr 1990 ausgesprochenen Gewerbeuntersagung nach den Umständen des Einzelfalls unverhältnismäßig sei, obwohl der Kläger seine erheblichen Steuerrückstände nicht einmal ansatzweise ausgeglichen habe, diese sich vielmehr seit 1990 mehr als verdoppelt hätten. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Juli 2009, soweit er noch streitig sei, könne danach ebenfalls keinen Bestand haben.

Der Senat hat mit Beschluss vom 7. Oktober 2013 (7 LA 128/12) auf den Antrag der Beklagten die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Der Kläger sei noch immer als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen. Er habe auf die seit Ende der 1980-er Jahre bestehenden Steuerverbindlichkeiten keine Zahlungen geleistet. Auf dem gemeinsamen Wohngrundstück des Klägers und seiner Ehefrau seien entsprechende Sicherungshypotheken für das Land Niedersachsen eingetragen. Das Finanzamt Hannover-Land II betreibe gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung. Er müsse jederzeit damit rechnen, dass Girokonten gepfändet werden. Der Kläger sei auch gegenüber privaten Gläubigern verschuldet und habe am 9. September 2009 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Außerdem habe er seit dem 15. Mai 2010 trotz Mahnungen keine Grundsteuern mehr gezahlt. Wegen rückständiger Grundabgaben in Höhe von 1.003,33 EUR, die sich bis zur mündlichen Verhandlung des Senats auf ein Kassensaldo von 1.320,52 EUR erhöht hätten, betreibe sie, die Beklagte, derzeit die Zwangsvollstreckung gegen den Kläger. Ferner sei sie beauftragt, gegen den Kläger wegen rückständiger Schornsteinfegergebühren in Höhe von 137,70 EUR zu vollstrecken. Eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung sei unter diesen Umständen nicht zu erwarten. Insbesondere könne der Kläger neue Verbindlichkeiten nicht bedienen. Der Kläger müsse sich auch entgegenhalten lassen, ein Insolvenzverfahren nicht durchgeführt zu haben. Ein solches Verfahren hätte bereits mit dem Ergebnis einer Entschuldung des Klägers abgeschlossen sein können. Der Kläger sei diesen Weg aber nicht gegangen und habe auch Ratenzahlungsvereinbarungen mit Gläubigern nicht getroffen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. Juli 2012 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, die Steuerschulden, die er beim Finanzamt gehabt habe, seien inzwischen erlassen worden. Das Finanzamt habe ihm auch eine Löschungsbewilligung für die eingetragenen Zwangssicherungshypotheken erteilt. Zwar seien weitere Zwangssicherungshypotheken zu seinen Lasten eingetragen und hieraus könnten grundsätzlich auch Zwangsmaßnahmen eingeleitet werden. Bisher hätten jedoch lediglich das Finanzamt und die Beklagte die Zwangsversteigerung betrieben. Die Verfahren seien aber immer wieder eingestellt worden, weil es keine Interessenten für den Erwerb der der Zwangsvollstreckung unterliegenden Immobilie gegeben habe. Weitere Sicherungshypotheken stammten aus den Jahren 1995 bis 1997. Vollstreckungsversuche seien seitens der entsprechenden Gläubiger nicht vorgenommen worden. Im Jahre 2003 sei gegen ihn ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden. Die Eröffnung des Verfahrens sei aber durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 13. August 2003 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt worden. Er habe am 6. August 2013 erneut die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen. Nach wie vor verfüge er über keine Einkünfte. In der Zeit von Oktober 2003 bis September 2006 sei seine Ehefrau arbeitslos gewesen. In diesem Zeitraum hätten fällige Abgaben nicht rechtzeitig und vollständig bedient werden können. Seit Oktober 2006 sei seine Ehefrau wieder berufstätig. Seiner Kenntnis nach seien sämtliche Grundsteuerrückstände beglichen worden. Er selbst habe zwar keine Zahlungen vornehmen können, wohl aber seine Ehefrau. Die beabsichtigte Gewerbeausübung sei mit Risiken für den Geschäftsverkehr nicht verbunden. Die Tätigkeit als Gebäudeenergieberater stelle eine reine Beratungstätigkeit dar. Verträge mit Lieferanten über Lieferungen irgendwelcher Werkstoffe müssten nicht eingegangen werden. Eventuell anfallende Umsatz- und Gewerbesteuern könnten durch entsprechende Vorausleistungen abgesichert werden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die vom Senat zugelassene und auch sonst statthafte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, über die der Senat gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten durch den Vorsitzenden als Berichterstatter entscheidet, ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers gemäß dessen Hauptantrag zu Unrecht stattgegeben. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.

Der den Wiedergestattungsantrag des Klägers vom 3. März 2009 ablehnende Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 2009 ist nach Maßgabe der aktuellen Sach- und Rechtslage (vgl. unten) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte ist auch nicht zur Neubescheidung des Antrags verpflichtet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Klage ist des Weiteren unbegründet, soweit der Kläger den (reduzierten) Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Juli 2009 über einen Betrag von (noch) 88,- EUR anficht. In diesem Umfang begegnet der Bescheid keinen rechtlichen Bedenken.

Nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit i.S.d. § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr vorliegt. Diese Entscheidung fordert wie die Gewerbeuntersagung eine Prognose über die Zuverlässigkeit des Antragstellers nach Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit. Sie muss prospektiv, das heißt bezogen auf eine mögliche Gefährdung des redlichen Geschäftsverkehrs in der Zukunft begründet werden, wobei allerdings in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten als Indiz gewertet werden kann. Zu beachten ist dabei, dass durch die Gewerbeuntersagung und ihre Aufrechterhaltung nicht vergangenes Verhalten "gleichsam bestraft" werden soll (vgl. Beschlüsse des Senats vom 27.1.2011, a.a.O., und vom 6.1.2012, a.a.O.). Aus der Gewährleistung des Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich, dass niemand länger von der Gewerbeausübung ferngehalten werden darf, als dies durch überwiegende Interessen der Allgemeinheit geboten ist (Kramer, GewArch 2010, 273). Auf die Wiedergestattung besteht daher ein Rechtsanspruch, wenn etwa die den Untersagungsbescheid tragenden Gründe inzwischen entfallen oder Gefährdungen i.S.d. § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr zu befürchten sind oder es inzwischen an der Verhältnismäßigkeit des Fortbestehens der Untersagung mangelt (vgl. Urteil des Senats vom 15.1.1998 - 7 L 781/97 -, juris; Beschluss vom 6.1.2012, a.a.O.; Hess. VGH, Urteil vom 28.5.1990 - 8 UE 878/89 -, GewArch 1990, 326; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: März 2014, § 35 Rn. 174). Dabei sind maßgeblich die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 -, juris, und Beschluss vom 25.6.2013 - 22 ZB 13.1102 -, juris). Die Beweislast für die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides und die Aufrechterhaltung der Untersagungsverfügung liegt bei der Gewerbeaufsichtsbehörde (Beschluss des Senats vom 3.2.2011 - 7 PA 101/10 -, GewArch 2011, 208, und Beschluss vom 6.1.2012, a.a.O.; Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Auflage, § 35 Rn. 203 m.w.N.).

In Bezug auf den Gegenstand des Wiedergestattungsverfahrens ist vorliegend darauf hinzuweisen, dass der Kläger nicht die Wiederaufnahme seines ihm im Jahr 1990 untersagten Gewerbes "Elektroinstallationen" begehrt. Allerdings wurde ihm mit Bescheid des Landkreises Hannover vom 26. April 1990 nicht nur die Ausübung dieses Gewerbes, sondern durch sogenannte erweiterte Gewerbeuntersagung auch die selbständige Ausübung jedes weiteren Gewerbes untersagt. Unter diesen Umständen bedarf auch die vom Kläger beabsichtigte selbständige Tätigkeit als Gebäudeenergieberater der Wiedergestattung seitens der Beklagten, in deren Zuständigkeitsbereich das Gewerbe ausgeübt werden soll.

Für den Kläger kann eine auf Tatsachen gestützte günstige Prognose für die künftige selbständige gewerbliche Tätigkeit nicht gestellt werden. Der Kläger lässt - wie schon in der Vergangenheit - nicht erwarten, dass er seine öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten erfüllen wird. Nach den Feststellungen in dem Bescheid vom 8. Juli 2009 hatte der Kläger im Zeitpunkt der Gewerbeuntersagung, das heißt im April 1990, unter anderem Abgabenrückstände beim Finanzamt Hannover-Land II in Höhe von 129.903,12 DM, (66.418,41 EUR). Diese sind über die Jahre hinweg nicht abgetragen worden, sondern auf einen Betrag von 148.060,05 EUR (zum 27.5.2009) angewachsen und belaufen sich nach telefonischer Mitteilung des Finanzamts Hannover-Land II vom 5. September 2014 aktuell auf einen Betrag von etwa 170.000,- EUR. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten außerdem - ergänzend zu seinem schriftsätzlichen Vortrag - geltend gemacht, der Kläger habe bei der Beklagten derzeit Abgabenrückstände in der Gestalt von rückständigen Schornsteinfegergebühren in 137,70 EUR und einen Kassensaldo wegen rückständiger Grundabgaben in Höhe von 1.320,52 EUR. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die bei der Beklagten bestehenden Rückstände, ohne sie ausdrücklich in Abrede zu stellen, in der mündlichen Verhandlung zwar nicht bestätigen können. Zuvor hatte sie schriftsätzlich vorgetragen, etwaige Grundsteuerrückstände bei der Beklagten seien zwar nicht vom Kläger, jedoch von seiner Ehefrau beglichen worden. Hierauf kommt es aber nicht an. Denn bereits der Umstand, dass der Kläger die zuvor genannten erheblichen Rückstände beim Finanzamt Hannover-Land II hat entstehen und über viele Jahre hinweg weder tilgen noch nennenswert zurückführen können, zeigt, dass er die Gewähr für die Erfüllung von öffentlichen Zahlungspflichten nicht bieten kann, und belegt zudem, dass er wirtschaftlich leistungsunfähig und zahlungsunfähig ist. Dieser Befund wird zusätzlich bestätigt dadurch, dass er wiederholt die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, das heißt eigenen Angaben zufolge am 9. September 2009, 8. Januar 2013 (gem. § 284 AO) und am 6. August 2013. Der Kläger ist danach seit langem und auch aktuell nicht in der Lage, den Zustand seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit zu überwinden. Ein Erfolg versprechendes Sanierungskonzept, auf dessen Grundlage er den jederzeitigen Zugriff seiner Gläubiger auf etwaige Einkommens- oder Vermögenszugriffe abwenden und welches die Annahme rechtfertigen könnte, dass er zukünftig die beabsichtigte Gebäudeenergieberatung als selbständiges Gewerbe ordnungsgemäß ausüben könnte, hat er nicht vorgelegt. Wie die Beklagte zutreffend angemerkt hat, müsste der Kläger mit einer jederzeitigen Zwangsvollstreckung seitens seiner Gläubiger, insbesondere auch privater Gläubiger rechnen, sodass auch nicht zu erkennen ist, inwieweit er bei Aufnahme der beabsichtigten Gewerbetätigkeit in der Lage sein soll, etwaige Steuer- und Abgabenverpflichtungen durch monatliche Vorauszahlungen oder Barleistungen zu erfüllen. Auf den entsprechenden Einwand der Beklagten hat der Kläger seinen diesbezüglichen Vortrag auch nicht weiter vertieft.

Unter den gegebenen Umständen wäre selbst dann von der Unzuverlässigkeit des Klägers auszugehen, wenn das Finanzamt Hannover-Land II die Steuerschulden des Klägers Anfang 2014 erlassen hätte. Die vom Kläger in Bezug genommene Löschungsbewilligung des Finanzamts vom 8. Januar 2013 im Zwangsversteigerungsverfahren über das Wohngrundstück des Klägers und seiner Ehefrau dürfte gemäß dem Vermerk des Finanzamts vom selben Tage darauf zurückzuführen sein, dass die Zwangsversteigerung als aussichtslos und die im Grundbuch von D. zu Gunsten des Finanzamts eingetragene Sicherungshypothek als wertlos angesehen wurde. Davon zu unterscheiden ist das Fortbestehen der Abgabenrückstände, die das Finanzamt aktuell - wie dargelegt - gegenüber dem Senat bestätigt hat. Aber selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, dass das Finanzamt auf seine Steuerforderungen verzichtet hätte, könnte dies lediglich als eine Teilentschuldung des Klägers angesehen werden und nichts daran ändern, dass er weiterhin dem Zugriff anderer Gläubiger ausgesetzt wäre. Auch an dem Umstand seiner durch Abgabe eidesstattlicher Versicherungen zum Ausdruck gekommenen wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit und seines Unvermögens, ein tragfähiges Konzept für eine nachhaltige und umfassende Sanierung darzutun, änderte sich nichts. Eine Perspektive für eine ordnungsgemäße zukünftige Gewerbeausübung zeigt sich danach nicht.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf den vom Senat in seinem Beschluss vom 27. Januar 2011 (a.a.O.) angesprochenen, aber nicht weiter vertieften Gesichtspunkt berufen, dass er lediglich eine Beratungstätigkeit in der Form eines Ein-Mann-Betriebs führen wolle, in dessen Rahmen er keine Waren ankaufen, sondern (lediglich) durch eigene Dienstleistung in Vorlage treten müsse. Der Gesichtspunkt führt zu keiner abweichenden - positiven - Prognose für die zukünftige Gewerbeausübung. Mit Blick auf die seit langem bestehende wirtschaftliche Leistungs- und Zahlungsunfähigkeit des Klägers bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass er einen auch nur mit geringem organisatorischen Aufwand einzurichtenden und mit einfachen sachlichen Mitteln auszustattenden Gewerbebetrieb wird ordnungsgemäß führen können.

Die Versagung der Wiedergestattung der Gewerbeausübung ist auch nicht unverhältnismäßig. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die gegenüber dem Kläger verfügte Gewerbeuntersagung des Landkreises Hannover mittlerweile über 24 Jahre zurück liegt und die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme, die nicht als Sanktionierung früheren (Fehl)-Verhaltens missverstanden werden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 6.1.2012, a.a.O.), ihm die Chance nimmt, seine im Jahr 2008 abgeschlossene Weiterbildung als Gebäudeenergieberater im Rahmen einer selbständigen Gewerbeausübung zu Nutze zu machen. Der schlichte Zeitablauf rechtfertigt es indes nicht, nunmehr eine positive Prognose in Bezug auf die beabsichtigte Gewerbeausübung zu stellen. Der Kläger muss sich entgegenhalten lassen, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - wie dargelegt - ein auch nur in Ansätzen Erfolg versprechendes Sanierungskonzept, auf dessen Grundlage eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse und Überwindung seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit realistisch erscheinen könnte, nicht vorweisen kann. Seine Erklärung, durch Ausübung der selbständigen Gewerbetätigkeit werde er in die Lage versetzt, etwaige öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten zu verringern, ist ohne Substanz geblieben und unter den gegebenen Umständen als eine nicht realistische Erwartung anzusehen. Konkrete Anhaltspunkte, dass es ihm tatsächlich gelingen könnte, den seit langem bestehenden negativen Zustand seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und seine Leistungsunfähigkeit zu überwinden, sind jedenfalls nicht zu erkennen.

Die Beklagte hat den Antrag des Klägers vom 3. März 2009 nach alledem zu Recht abgelehnt. Das mit der Klage hilfsweise verfolgte Begehren des Klägers, die Beklagte zur Neubescheidung seines Antrags zu verpflichten, ist danach ebenfalls unbegründet.

Die Klage hat darüber hinaus keinen Erfolg, soweit der Kläger den Kostenfestsetzungsbescheid vom 8. Juli 2009 anficht. Diesen hat die Beklagte nur noch nach Maßgabe ihrer prozessualen Erklärung vom 10. Februar 2011 aufrechterhalten, und zwar in Höhe der Mindestgebühr von 88,- EUR gemäß Nr. 40.1.15.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der ALLGO (vom 5. Juni 1997, Nds. GVBl S. 171, ber. Nds. GVBl 1998 S. 501; hier in der Fassung der VO vom 4.12.2008, Nds. GVBl S. 389). Gegen die Erhebung dieser Gebühr, für die der Kläger als Kostenschuldner gemäß §§ 1 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 NVwKostG einzustehen hat, bestehen keine Bedenken und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und in Bezug auf den für erledigt erklärten Teil der Klage auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.