Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 08.03.2023, Az.: 15 A 5111/20

Ausgleichsanspruch; Freihaltepauschale; Referenzwert; Krankenhausfinanzierung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
08.03.2023
Aktenzeichen
15 A 5111/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 13256
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:0308.15A5111.20.00

Amtlicher Leitsatz

Im Rahmen der Ausgleichszahlungen für Covid-bedingt freigehaltene Krankenhausbetten kommt eine Anhebung des Referenzwertes aufgrund unüblich niedriger Belegungszahlen im Vergleichszeitraum 2019 mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anpassung des Referenzwertes als Grundlage der Ausgleichsleistungen an Krankenhäuser aufgrund von Sonderbelastungen durch SARS-CoV-2 (sogenannte "Freihaltepauschale").

Sie ist Trägerin eines Krankenhauses in A-Stadt, welches der Schwerpunktversorgung dient. Das Krankenhaus war im Jahr 2020 mit insgesamt 578 Planbetten in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen.

Anlässlich der Covid-19-Pandemie beschloss der Bundestag am 27.03.2020 mit dem Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (BGBl. I S. 580) in Art. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes unter anderem die Neufassung von § 21 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -). Diese am 28.03.2020 in Kraft getretene Bestimmung regelt Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser aufgrund von Sonderbelastungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2 für den Fall, dass zur Erhöhung der Bettenkapazitäten für die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind, planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschoben oder ausgesetzt wurden und dadurch Betten nicht so belegt werden konnten, wie es vor dem Auftreten der SARS-CoV-2-Pandemie geplant war ("Freihaltepauschalen"). Die Höhe der Ausgleichszahlungen wird dabei im Grundsatz dergestalt ermittelt, dass täglich, beginnend ab dem 16.03.2020, von der Zahl der im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten (Referenzwert) die Zahl der am jeweiligen Tag stationär behandelten Patientinnen und Patienten abgezogen wird (§ 21 Abs. 2 KHG). Sofern das Ergebnis größer als Null ist, ist dieses mit der tagesbezogenen Pauschale nach Absatz 3 zu multiplizieren. Das Ergebnis dieser Ermittlung ist der zuständigen Landesbehörde vom Krankenhaus wöchentlich aufgeschlüsselt nach Kalendertagen zu melden.

Durch Art. 3 Nr. 1 a) des zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.05.2020 (BGBl. I S. 1018), das am 23.05.2020 in Kraft trat, erhielt § 21 Abs. 3 KHG eine Anpassung dahingehend, dass die Tagespauschale nunmehr 560 Euro beträgt, solange sie nicht durch Rechtsverordnung nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KHG für Gruppen von Krankenhäusern nach der Zahl der Krankenhausbetten oder anderen krankenhausbezogenen Kriterien in der Höhe unterschiedlich ausgestaltet wird. Auf Grundlage der in § 23 Abs. 1 Nr. 2 KHG geregelten Verordnungsermächtigung erließ das Bundesministerium für Gesundheit am 03.07.2020 die Verordnung zur Anpassung der Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser aufgrund von Sonderbelastungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2 vom 03.07.2020 (COVID-19-Ausgleichszahlungs-Anpassungs-Verordnung - AusglZAV -, BGBl. I S. 1556), die in ihrem § 1 die Höhe der tagesbezogenen Pauschale je nach Krankenhaus ausdifferenziert. Für die Klägerin beträgt die vorgesehene Tagespauschale danach weiterhin 560 €.

Das Nähere zum Verfahren des Nachweises der Zahl der täglich voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten im Vergleich zum Referenzwert ist nach § 21 Abs. 7 KHG in einer Vereinbarung der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 zu regeln. Unter dem 02.04.2020 schlossen der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherungen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft auf dieser Grundlage eine Ausgleichszahlungsvereinbarung.

Die Klägerin meldete die von ihr nach der vorgesehenen Berechnung ermittelten Daten entsprechend § 21 Abs. 2 KHG zunächst jeweils unter Zugrundelegung der IST-Daten des Jahres 2019 innerhalb der vorgesehenen Fristen an die Beklagte.

Mit Schreiben vom 24.04.2020 beantragte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, bezüglich der tagesbezogenen Ausgleichspauschale für das E. Klinikum A-Stadt den Referenzwert anzupassen und hierzu eine gleichzeitig mit übersandte neue Referenzwertermittlung mit den Kostenträgern abzustimmen. Zur Begründung führte sie aus, für das Klinikum stelle der rechnerisch ermittelte Referenzwert nach § 21 Abs. 2 KHG keinen geeigneten Vergleichsmaßstab dar. Um die vorgegebenen Fristen nicht zu versäumen, seien zunächst die rechnerisch korrekten Daten auf Basis der 2019-er Daten übermittelt worden. Jedoch habe es in 2019 Besonderheiten gegeben, welche zu Anpassungen führen müssten. Derlei Anpassungen seien auch in der geschlossenen Ausgleichszahlungsvereinbarung nach § 21 Abs. 7 KHG vorgesehen. Konkret sei dort die Empfehlung an die Landesbehörden formuliert, in solchen Fällen, in denen die jahresdurchschnittlichen Behandlungstage im Jahr 2019 deutlich von der üblichen Belegung des jeweiligen Krankenhauses abweichen, den Referenzwert unter Einbeziehung der Vertragsparteien anzupassen. Für das E. Klinikum A-Stadt werde insoweit vorgetragen, dass der Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin im 4. Quartal kontinuierlich abwesend gewesen sei, dass eine Station aufgrund von Umbauarbeiten für 7,5 Monate nicht habe genutzt werden können und dass durch Personalmangel im pflegerischen Dienst Bettensperrungen hätten vorgenommen werden müssen. Der nunmehr von der Klägerin neu berechnete Referenzwert sei auf Basis der dargestellten Einmaleffekte neu ermittelt worden, da der Zeitraum Mai bis Dezember 2019 nicht geeignet sei. Als neuer Referenzwert, bestehend aus den Behandlungstagen 2019 geteilt durch 365, werde 487,36 angesetzt.

Mit Bescheid vom 03.09.2020 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Anpassung des Referenzwertes ab. Er führte im Wesentlichen aus, die Höhe des Referenzwertes werde durch § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG abschließend geregelt. Eine Abweichungsmöglichkeit sei dabei nicht vorgesehen. Auch § 21 Abs. 7 KHG stelle keine Ermächtigungsgrundlage für eine solche Abweichung dar, da die dort genannte Vereinbarung nach dem Gesetzeswortlaut keine Regelungen betreffend den Referenzwert des Absatz 2 treffen solle. Für eine Abweichung von der Berechnung des Referenzwertes gebe es daher keine Rechtsgrundlage.

Gegen den Bescheid hat die Klägerin am 05.10.2020 Klage erhoben. Sie macht geltend, die Klage sei zunächst zulässig, da der Antrag auf Anpassung des Referenzwertes von der Beklagten durch Bescheid abgelehnt worden sei. Die von den Vertragsparteien geschlossene Ausgleichszahlungsvereinbarung enthalte in § 5 Abs. 3 Satz 2 die Empfehlung an die Landesbehörden, in solchen Fällen, in denen die jahresdurchschnittlichen Behandlungstage in 2019 deutlich von der üblichen Belegung des jeweiligen Krankenhauses abweichen, den Referenzwert entsprechend anzupassen. Dementsprechend sei beispielsweise in Baden-Württemberg eine Härtefallklausel aufgestellt worden, um den Referenzwert gegebenenfalls anzupassen. § 5 Abs. 3 der Ausgleichzahlungsvereinbarung stelle eine Härtefallklausel dar, welche ihre gesetzliche Grundlage in § 21 Abs. 7 KHG finde. Dieser unterscheide nach seinem Wortlaut eindeutig zwischen der Ermittlung und der Meldung des Referenzwertes. Einer solchen Unterscheidung bedürfte es nicht, wenn die Meldung allein die ungefilterte Mitteilung der Belegungsdaten 2019 beinhalten würde. Im Übrigen sehe zwar der Wortlaut des § 21 Abs. 2 KHG keinen Ausnahmetatbestand vor, Sinn und Zweck der Norm sprechen jedoch für einen ungeschriebenen Ausnahmetatbestand. Zweck der Regelung sei gerade der Ausgleich für nicht belegte Betten, um die Krankenhäuser wirtschaftlich abzusichern. Ohne Anhebung des Referenzwertes würde dies jedoch im konkreten Fall aufgrund des unpassenden Vergleichsmaßstabes zu einer Unterfinanzierung führen. Eine solche Anpassung des Referenzwertes entspreche auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der zu Folge Härtefallklauseln in allen Rechtsbereichen notwendig seien, um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Weiterhin seien Ermächtigungsgrundlagen für die Selbstverwaltung nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen. Schließlich berufe sich die Klägerin auf Vertrauensschutz, da sämtliche Vertragsparteien dazu angehalten worden seien, sich auf eine Anpassung des Referenzwertes zu einigen. Die Klägerin habe deshalb darauf vertraut, dass besondere Umstände Berücksichtigung finden würden. Aufgrund der im Einzelnen näher dargelegten besonderen Umstände müssten die zu berücksichtigenden Behandlungstage in 2019 von 170.404 auf 177.888 angehoben werden.

Die Klägerin beantragt,

den Referenzwert auf 487,36, unter Aufhebung des Bescheids vom 03.09.2020, anzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet zunächst die von der Klägerin behaupteten besonderen Geschehnisse, welche zu einer geringeren Bettenbelegung geführt haben sollen. Die Klage sei im Übrigen bereits unzulässig. Der Klägerin fehle ein Rechtsschutzbedürfnis, da der Referenzwert ein reiner Rechenfaktor sei zur Bestimmung der Höhe der Ausgleichzahlungen. Weiterhin bestehe für eine Anpassung des Referenzwertes keine Rechtsgrundlage. § 21 Abs. 1 KHG bezwecke zwar einen finanziellen Ausgleich der Krankenhäuser für nicht belegte Betten. Jedoch habe der Gesetzgeber sich für ein einfach zu handhabendes Verfahren zur Abwicklung der Ausgleichszahlungen entschieden. Die IST-Werte seien dafür geeignet, weil diese vom Rechnungswesen des Krankenhauses vorgehalten würden. Anpassungen des Wertes würden dagegen eine weitergehende Prüfung erfordern und mithin zu zeitlichen Verzögerungen führen. Daher sei in § 21 Abs. 2 KHG weder eine Anpassung des Referenzwertes im Sinne einer Anhebung, noch eine Absenkung vorgesehen, wie sie bei einem Ausschlag der Patientenzahlen nach oben ebenfalls denkbar wäre. Insgesamt gehe der Vergleich des durchschnittlichen IST-Wertes aus 2019 mit den täglichen IST-Werten von 2020 von der Fiktion aus, dass Ursache für die niedrigere Belegung die SARS-CoV2-Pandemie sei. Andere mögliche Ursachen für die unterschiedlichen Belegungszahlen bleiben außer Betracht. Dem wiederspräche es, bei dem IST-Wert 2019 demgegenüber auf einzelne Ursachen für die jeweiligen Belegungszahlen abzustellen. Der Bestimmung in § 5 Abs. 3 Satz 2 der Ausgleichszahlungsvereinbarung fehle es an einer Rechtsgrundlage. § 21 Abs. 7 Satz 1 KHG biete eine solche gerade nicht, da die Vertragsparteien danach allein ermächtigt würden, das Nähere zum Verfahren des Nachweises der Zahl der täglichen Patientinnen und Patienten zu regeln. Dies bestätige sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien. Die Vertragsparteien seien insbesondere nicht befugt, materielles Gesetz zu ändern. Darüber hinaus sei von den Vertragsparteien in der Ausgleichszahlungsvereinbarung lediglich eine Empfehlung formuliert worden, jedoch ohne einzelne Fallgestaltungen zu benennen, in denen eine Ausnahmeregelung greifen sollte. Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände stellten schließlich auch keine außergewöhnliche Härte dar, sondern seien Teil des gewöhnlichen Krankenhausbetriebs. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin Vertrauensschutz genieße. Es sei schon unklar, worauf sich die Klägerin beziehe, wenn sie meint, die Vertragsparteien seien dazu angehalten worden, eine Anpassung des Referenzwertes vorzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Klage ist zunächst als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Klägerin begehrt den Erlass eines Verwaltungsaktes.

Bei der begehrten Erhöhung des Referenzwertes für die Berechnung der Ausgleichszahlungen nach § 21 Abs. 1 KHG handelt es sich, entgegen dem Vorbringen des Beklagten, nicht lediglich um einen Rechenfaktor. Einer solchen Erhöhung durch den Beklagten käme vielmehr eine nach außen gerichtete Rechtswirkung in Form einer Feststellungswirkung zu, sodass diese den Charakter eines feststellenden Verwaltungsaktes hätte.

Ein feststellender Verwaltungsakt begründet naturgemäß unmittelbar keine Ge- oder Verbote. Als Ergebnis eines behördlichen Subsumtionsvorgangs kann er jedoch Grundlage für die spätere Gewährung von Leistungen sein (vgl. Stelkens in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 10. Aufl., § 35 Rn. 219 f.). Ein Regelungscharakter kommt dementsprechend auch solchen Maßnahmen einer Behörde zu, die als Tatbestandsvoraussetzung von Rechtsvorschriften bestimmte Rechtsfolgen auslösen (Knauff in: Schoch/ Schneider, Verwaltungsrecht, 3. EL August 2022, § 35 VwVfG, Rn. 141).

So verhält es sich auch hier. Der in § 21 Abs. 2 KHG gesetzlich geregelte Referenzwert ist Ausgangspunkt für die Bestimmung der Höhe zu leistender Ausgleichszahlungen an ein Krankenhaus für freigehaltene Betten. Die Berechnung fußt dabei auf dem aus der durchschnittlichen täglichen Belegungszahl im Jahr 2019 gebildeten Referenzwert, von welchem die tägliche Belegung ab dem 16.03.2020 in Abzug gebracht und das Ergebnis mit der tagesbezogenen Ausgleichpauschale multipliziert wird. Das Ergebnis der Berechnung, welche von den Krankenhäusern selber durchgeführt wird, teilen diese nach § 21 Abs. 2 Satz 3 KHG den zuständigen Landesbehörden mit. Diese Berechnung bestimmt die Höhe des in § 21 Abs. 1 KHG dem Grunde nach geregelten Ausgleichsanspruchs der Krankenhäuser für freigehaltene Betten. Die von der Klägerin begehrte Abweichung von dem in § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG vorgesehenen Referenzwert hätte demnach unmittelbar zur Folge, dass sich als Ergebnis der anzustellenden Berechnung eine höhere tägliche Zahlungssumme ergibt. Sie ist daher unmittelbar maßgeblich für einen Anspruch der Klägerin auf eine höhere tägliche Ausgleichzahlung und zieht mithin eine Rechtsfolge nach sich. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses folgt unmittelbar aus dem Gesetz, eine weitere Festsetzung des Zahlungsanspruchs durch vorgelagerten Verwaltungsakt erfolgt nicht (vgl. Bockholdt in: Schlegel/ Meßling/ Bockholdt, COVID-19, 2. Aufl. 2022, § 9 Rn. 36). Das Begehren der Klägerin zielt demnach auf eine Feststellung seitens des Beklagten, dass sie ihrer Berechnung einen abweichenden Referenzwert zu Grunde zu legen hat, um im Ergebnis eine höhere Ausgleichszahlung zu erhalten.

Für die Annahme einer Verpflichtungsklage spricht darüber hinaus, dass auch der Beklagte den Antrag der Klägerin durch Bescheid abgelehnt hat, welcher im Wege der Verpflichtungsklage zugleich aufzuheben wäre.

II.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung eines höheren Referenzwertes. Für eine solche Abweichung vom gesetzlich in § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG geregelten Referenzwert besteht keine Gesetzesgrundlage.

1.

Eine gesetzliche Grundlage für eine Erhöhung des Referenzwertes ergibt sich zunächst nicht aus § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG.

Dieser regelt ausdrücklich, dass zur Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlung nach Absatz 1 täglich von der Zahl der im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten (Referenzwert) die Zahl der am jeweiligen Tag stationär behandelten Patientinnen und Patienten abzuziehen ist. § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG enthält keinen Ausnahmetatbestand oder Sonderregelugen, welche ein Abweichen von dem zu Grunde gelegten Referenzwert ermöglichen.

Ein solcher Ausnahmetatbestand ist auch nicht aufgrund von Sinn und Zweck der Norm in diese hineinzulesen. Ziel der Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG ist es, die Krankenhäuser finanziell dafür zu entschädigen, dass diese während bestimmter Zeiten der Corona-Pandemie weniger planbare Eingriffe oder Operationen durchgeführt haben, um mutmaßlich ihre Bettenkapazität zur Behandlung von COVID-19-Erkrankten zu erhöhen. Zu diesem Zweck erhalten die betroffenen Einrichtungen für einen befristeten Zeitraum einen zumindest anteiligen finanziellen Ausgleich für nicht belegte Betten aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds (vgl. BT-Drucksache 19/18112 S. 2). Zur Erreichung dieses Ziels legt § 21 Abs. 2 KHG ein Verfahren zur Bestimmung der Höhe der Ausgleichzahlungen fest. Danach wird die Höhe der Ausgleichszahlungen dergestalt ermittelt, dass täglich, beginnend ab dem 16.03.2020, von der Zahl der im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten (Referenzwert) die Zahl der am jeweiligen Tag stationär behandelten Patientinnen und Patienten abgezogen wird. Sofern das Ergebnis größer als Null ist, ist dieses mit der tagesbezogenen Pauschale zu multiplizieren. Das Verfahren ist dabei ersichtlich darauf angelegt, eine einfache und unkomplizierte Bestimmung der Höhe der Ausgleichszahlungen zu ermöglichen. Dies war schon deshalb notwendig, weil die Krankenhäuser im Geltungszeitraum der Ausgleichszahlungen jeweils wöchentlich ihre Berechnung und damit auch die Höhe der ihnen jeweils zustehenden Ausgleichszahlungen an die zuständige Landesbehörde zu übermitteln hatten. Das Verfahren wird dabei insbesondere dadurch vereinfacht, dass auf die IST-Werte der durchschnittlichen Bettenbelegung aus dem Jahr 2019 zurückgegriffen wird, welche in den Krankenhäusern vorgehalten werden und mithin einfach in die Rechnung eingestellt werden können, anstatt eine umfangreiche Vorprüfung durch die jeweils zuständige Behörde vorzusehen, wie dies bei anderen Berechnungsmethoden erforderlich würde.

Auch die Gesetzgebungsmaterialien zu § 21 Abs. 2 KHG lassen auf keine andere Zwecksetzung des Gesetzgebers schließen. Denn im Gesetzentwurf zu § 21 Abs. 2 KHG wird ausdrücklich ausgeführt, dass die Gegenüberstellung der durchschnittlichen Patientenzahlen aus 2019 mit den geringeren aktuellen Patientenzahlen ein Indikator dafür sei, in welchem Umfang den betroffenen Krankenhäusern durch die Verschiebung oder Aussetzung planbarer Operationen oder Eingriffe Erlösausfälle entstanden sind. Das Ergebnis dieser Gegenüberstellung sei daher Grundlage für die Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlungen (BT-Drucksache 19/18112, S. 27). Die Erwägungen verdeutlichen, dass es gerade nicht Ziel des Gesetzes war, eine exakte Verlustberechnung für einzelne Krankenhäuser anzustellen, sondern der Gesetzgeber vielmehr bewusst mit der durchschnittlichen Belegung im Jahr 2019 nur einen handhabbaren Faktor gewählt hat, welcher eine grobe Einschätzung der Erlösausfälle ermöglicht. Zugleich geht der Gesetzgeber neben der Vermutung zur Höhe der Erlösausfälle auch von der Vermutung aus, diese seien auf für COVID-Patientinnen und Patienten freigehaltene Betten zurückzuführen. Auch insofern hat sich der Gesetzgeber ersichtlich im Sinne der Praktikabilität gegen eine trennscharfe Einzelfallprüfung entschieden.

Eine Anpassung des Referenzwertes kommt auch nicht im Wege einer Analogie zu § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG in Betracht. Hierfür fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Die vorstehenden Ausführungen sprechen bereits gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe den Charakter der pauschalierenden Regelung verkannt, welche keine Berücksichtigung individueller Umstände der Belegungszahlen einzelner Krankenhäuser ermöglicht. Darüber hinaus ist auch deshalb nicht von einer Planwidrigkeit auszugehen, da der Gesetzgeber nach der zunächst im März 2020 für den Zeitraum 16.03.2020 bis 30.09.2020 mit § 21 Abs. 2 KHG geschaffenen Regelung mit einer späteren Gesetzesänderung unter dem 19. November 2020 in § 21 Abs. 2a KHG auch eine Regelung von Ausgleichszahlungen für den Zeitraum vom 18.11.2020 bis zum 31.01.2021 geschaffen hat. Zum Zeitpunkt des Erlasses dieser weiteren Regelungen waren die von der Klägerin geltend gemachten Ungleichheiten der Höhe der Ausgleichszahlungen bereits bekannt (vgl. vgl. Bockholdt in: Schlegel/ Meßling/ Bockholdt, COVID-19, 2. Aufl. 2022, § 9 Rn. 37). Gleichwohl hat der Gesetzgeber das Verfahren in § 21 Abs. 2a Satz 1 KHG gleichlautend mit Verweis auf den in Absatz 2 etablierten Referenzwert geregelt. Die Gesetzesbegründung weist dabei ausdrücklich darauf hin, dass der Referenzwert in § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG "abschließend" geregelt sei (BT-Drucksache 19/24334, S. 78). Mithin ging auch der Gesetzgeber ersichtlich davon aus, dass es hier keinen weiteren Regelungsbedarf gibt.

2.

Eine Gesetzesgrundlage für eine Anpassung des Referenzwertes der Ausgleichzahlungen kann auch nicht aus § 21 Abs. 7 KHG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 der Ausgleichszahlungsvereinbarung hergeleitet werden.

§ 21 Abs. 7 KHG gibt den Vertragsparteien der geschlossenen Ausgleichszahlungsvereinbarung schon keine Ermächtigung, Regelungen zur Höhe bzw. Anpassung des Referenzwertes zu treffen. Die Klägerin verkennt insoweit den Wortlaut des § 21 Abs. 7 KHG. Dieser bestimmte in seiner bis zum 19.11.2020 geltenden Fassung, auf welcher die Ausgleichszahlungsvereinbarung vom 02.04.2020 insoweit beruht, dass die Vertragsparteien "das Nähere zum Verfahren des Nachweises der Zahl der täglich voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten im Vergleich zum Referenzwert für die Ermittlung und Meldung nach Absatz 2" vereinbaren. Der Gesetzeswortlaut legt damit den Auftrag der Vertragsparteien deutlich darauf fest, das Verfahren zum Nachweis der jeweils aktuellen PatientInnenzahlen zu regeln. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bezieht sich hingegen die dort genannte "Ermittlung und Meldung" nach Absatz 2 nach dem objektiven Normverständnis gerade nicht auf eine Ermittlung des Referenzwertes. Vielmehr bezieht sich die "Ermittlung und Meldung nach Absatz 2" auf das in § 21 Abs. 2 KHG geregelte Verfahren, nach dem die Krankenhäuser in eigener Berechnung die aktuellen Belegungszahlen von dem Referenzwert in Abzug bringen und so die Höhe der ihnen zustehenden Ausgleichszahlungen ermitteln um diese sodann der zuständigen Landesbehörde zu melden. Da jedoch der Referenzwert als fester Vergleichswert in § 21 Abs. 2 KHG geregelt ist, kann gerade nicht angenommen, es solle durch die Vertragsparteien auch ein Verfahren zur Ermittlung des Referenzwertes vereinbart werden. Ein solches Normverständnis wird auch durch die Gesetzgebungsmaterialien bestätigt. So wird in der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses vom 16.11.2020, welcher eine technische Änderung des § 21 Absatz 7 KHG vorsieht, davon ausgegangen, dass "die Verpflichtung der Vertragsparteien auf Bundesebene zum Abschluss einer Vereinbarung über den Nachweis der freigehaltenen Bettenkapazitäten zu dem in Absatz 2 Satz 1 abschließend geregelten Referenzwert" aktualisiert werde (BT-Drucksache 19/24334 S. 78). Mithin geht auch der Gesetzgeber davon aus, mit § 21 Abs. 7 KHG lediglich den Nachweis für die jeweils aktuell freigehaltenen bzw. belegten Betten den Vertragsparteien anvertraut zu haben, nicht hingegen eine Disposition über den gesetzlich determinierten Referenzwert des § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG.

Darüber hinaus enthält § 5 Abs. 3 der Ausgleichszahlungsvereinbarung schon keine geeignete Ermächtigungsgrundlage für eine Anpassung des Referenzwertes. Die von den Vertragsparteien geschlossene Ausgleichszahlungsvereinbarung vom 02.04.2020 enthält in § 5 Abs. 3 Satz 2 ausweislich des Vertragstextes lediglich eine Empfehlung an die Landesbehörden, in Fällen, in welchen die jahresdurchschnittlichen Behandlungstage im Jahr 2019 deutlich von der üblichen Belegung des jeweiligen Krankenhauses abweichen, unter Einbeziehung der Vertragsparteien den Referenzwert entsprechend anzupassen. Damit erhebt § 5 Abs. 3 Satz 2 der Vereinbarung weder einen Anspruch auf Verbindlichkeit, noch sind konkrete Kriterien benannt, in welchen Fällen und nach welchen Maßstäben eine Anpassung des Referenzwertes erfolgen sollte. Vielmehr handelt es sich allein um eine offen gehaltene Empfehlung an die - offenbar auch von den Vertragsparteien für allein zuständig gehaltenen - Landesbehörden. Selbst bei Annahme einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für Bestimmungen auch zur Höhe des Referenzwertes wäre damit der geschlossenen Vereinbarung keine abschließende Regelung zu entnehmen, auf welche sich eine Anpassung des Referenzwertes stützen ließe. Die von der Klägerin zur Erläuterung angeführte Kommentierung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, welche einzelne Fallgruppen benennt, in welchen der Referenzwert in Form der Behandlungstage in 2019 nicht geeignet sei, findet hingegen keinerlei Grundlage in der Ausgleichszahlungsvereinbarung und kann allein als singuläre Meinungsäußerung einer der Vertragsparteien der Ausgleichszahlungsvereinbarung betrachtet werden.

3.

Eine Anpassung des Referenzwertes des § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG kommt auch nicht ohne gesetzliche Grundlage in Betracht.

Aus den in Art. 110 GG normierten Haushaltsgrundsätzen folgt grundsätzlich ein Gesetzesvorbehalt für hoheitliche Ausgaben. Dementsprechend bedürfen staatliche Leistungen einer Grundlage in einem förmlichen Gesetz. Es besteht kein Spielraum der Verwaltung für Leistungen jenseits des gesetzlichen Rahmens. Soweit die Klägerin geltend macht, Härtefallklauseln seien in allen Rechtsbereich notwendig als Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, da es sich vorliegend nicht um den Bereich der Eingriffsverwaltung handelt, welche sich in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu bewegen hat, sondern die Ausgleichzahlungen dem Bereich der Leistungsverwaltung zuzurechnen sind. Eine vergleichbare Notwendigkeit für eine Härtefallklausel besteht im Bereich der Leistungsverwaltung schon deshalb nicht, weil gerade nicht in Rechtspositionen der Betroffenen eingegriffen wird, sondern diese vielmehr eine Erweiterung ihres Rechtskreises durch Erhalt einer Leistung erreichen wollen.

Soweit die Klägerin sich schließlich auf einen ihr zustehenden Vertrauensschutz beruft, ist schon nicht klar, woraus sich dieser ergeben sollte. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass seitens der Beklagten Zusagen für die Gewährung einer höheren Ausgleichszahlung gemacht wurden. Sollte sich das geltend gemachte Vertrauen hingegen auf die in der Ausgleichszahlungsvereinbarung der Vertragsparteien formulierte Empfehlung beziehen, bei abweichenden Jahresdurchschnittszahlen den Referenzwert anzupassen, ist diese schon in keiner Weise geeignet, ein Vertrauen auf eine konkrete Anpassung des Wertes und damit höhere Ausgleichszahlungen zu begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.