Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.04.2020, Az.: 13 LA 323/19

Anlage; Auslegung; Gewässerausbau; Plangenehmigung; richterliche Fristsetzung; Wiedereinsetzung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.04.2020
Aktenzeichen
13 LA 323/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72140
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 06.05.2019 - AZ: 1 A 2654/18

Tenor:

Die Anträge des Beklagten und der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das am 19. Juni 2019 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 1. Kammer -, soweit damit die wasserrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 18. August 2016 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28. Mai 2018 beziehungsweise vom 5. Juni 2018 aufgehoben worden ist, werden abgelehnt.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Das vorliegende Zulassungsverfahren hat aufgrund des Abtrennungsbeschlusses des 12. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. September 2019 und der Übernahme des abgetrennten Verfahrens durch den 13. Senat nur die Aufhebung der wasserrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 18. August 2016 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 28. Mai 2018 (gegenüber dem Kläger zu 1.) bzw. 5. Juni 2018 (gegenüber dem Kläger zu 2.) durch das angefochtene am 19. Juni 2019 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg zum Gegenstand.

Die so eingegrenzten Anträge des Beklagten und der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das bezeichnete Urteil bleiben ohne Erfolg.

Die vom Beklagten und von der Beigeladenen geltend gemachten Berufungszulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) sind zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009

- 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140 [BVerfG 08.12.2009 - 2 BvR 758/07] - juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004

- BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543 - juris Rn. 9). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 8; Ba-der/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 124a Rn. 80 jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die der Beigeladenen durch den Beklagten erteilte wasserrechtliche Genehmigung aufgehoben.

a) Die Berücksichtigung des mit der Klagebegründung vom 19. September 2018 am 24. September 2018 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klagevorbringens ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. § 6 UmwRG steht dem nicht entgegen. Dies gilt, obwohl die Kläger die Frist von zehn Wochen, die ihnen § 6 Satz 1 UmwRG ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung (28. Juni 2018) zur Angabe der zur Begründung ihrer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel gewährt, nicht eingehalten haben. Mit der Eingangsverfügung des Vorsitzenden der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 2. Juli 2018 (GA, Bl. 121) sind die Kläger zur Begründung ihrer Klage binnen 4 Wochen nach Akteneinsicht aufgefordert worden. Die Beiakten sind den Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Verfügung vom 20. August 2018 (GA, Bl. 151) zur Einsichtnahme übersandt worden. Mit Verfügung der Berichterstatterin vom 17. September 2018 (GA, Bl. 153R) wurden die Kläger an die Vorlage der angekündigten Klagebegründung erinnert und die Frist zu deren Übersendung bis zum 8. Oktober 2018 verlängert. Innerhalb dieser Frist ist die Klagebegründung vom 19. September 2018 (GA, Bl. 154) eingegangen.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese offenbar in Unkenntnis der Regelung des § 6 Satz 4 UmwRG gesetzte Frist wirksam ist (vgl. zur Wirksamkeit richterlicher Fristen: BGH, Beschl. v. 29.3.2017 - XII ZB 576/17 -, juris Rn. 8; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt, Stand: Juli 2019, § 124a Rn. 41; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 61 ff.). War die richterlich gesetzte Frist zur Übersendung der Klagebegründung wirksam, so bestimmte diese und nicht § 6 Satz 1 UmwRG die Rechtzeitigkeit der Klagebegründung. Jedenfalls wäre den Klägern aber nach § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO von Amts wegen Wiedereinsetzung in die Frist des § 6 Satz 1 UmwRG zu gewähren. Durch die von der gesetzlichen Regelung abweichende richterliche Fristsetzung waren die Kläger an der Beachtung der Frist des § 6 Satz 1 UmwRG gehindert. Die Nichteinhaltung dieser gesetzlichen Frist erfolgte auch ohne Verschulden, da die Kläger auf die richterlich gesetzte Frist vertrauen durften. Innerhalb dieser richterlichen Frist - nicht erst während der Frist zur Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung, wie es § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO ausreichen lässt - haben die Kläger ihre Klage begründet.

b) Die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Genehmigung ist rechtswidrig, da sie nicht in der Form eines Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest als Plangenehmigung erlassen wurde, wie es § 68 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 WHG für den Ausbau eines Gewässers vorschreibt.

Dass die Verrohrung bzw. Verfüllung von insgesamt 34 Grabenabschnitten mit einer Gesamtlänge von 1.978 m und die Neuherstellung von insgesamt 1.213 m Graben einen Gewässerausbau im Sinne das § 67 Abs. 2 WHG darstellt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dabei kommt es auf den von der Beigeladenen in der Zulassungsbegründung in den Vordergrund gestellten Gesichtspunkt, Maßnahmen, die nach § 68 Abs. 1 oder Abs. 2 WHG als Gewässerausbau planfeststellungs- oder plangenehmigungsbedürftig seien, könnten gleichzeitig als Anlagen in oder an Gewässern im Sinne des § 36 WHG bzw. § 57 NWG eingestuft werden, nicht entscheidungserheblich an. Denn wie die Beigeladene selbst einräumt, ist für ein derartiges Vorhaben insgesamt eine Zulassung nach Maßgabe des § 68 WHG erforderlich. Genau dies hat auch das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen (S. 94 des Urteilsabdrucks) gefordert.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht aber eine Auslegung der getroffenen Regelung im Bescheid vom 18. August 2016 als Plangenehmigung abgelehnt. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts im Sinne des § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 35 Abs. 1 VwVfG ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Grundsätzen zu ermitteln. Danach ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Zu berücksichtigen sind alle dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung bekannten oder jedenfalls erkennbaren Umstände, insbesondere die von der Behörde gegebene Begründung und auch deren Interesse am Erlass des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.5.2012 - BVerwG 3 C 12.11 -, juris Rn. 16; Beschl. v. 4.12.2008 - BVerwG 2 B 60.08 -, juris Rn. 2; Urt. v. 21.6.2006 - BVerwG 6 C 19.06 -, BVerwGE 126, 149, 160 - juris Rn. 52; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 76 ff. jew. m.w.N.).

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die wasserrechtliche Genehmigung vom 18. August 2016 an keiner Stelle als Plangenehmigung bezeichnet wird. Vielmehr lautet die Betreffzeile „Genehmigung nach dem Niedersächsischen Wassergesetz (NWG) für die Verrohrung von Gräben, die Verfüllung von Gräben und die Neuherstellung von Gräben im I.“. Auch die in der Begründung erfolgte Bezugnahme auf „§ 57 NWG i.V.m. §§ 36 und 68 WHG in der zur Zeit gültigen Fassung“ lässt völlig offen, welche Rechtsnatur der erteilten Genehmigung zukommen soll. Der Beklagte war sich offensichtlich unschlüssig, welche Art der Genehmigung (Anlagengenehmigung oder Ausbaugenehmigung) zu erteilen war und in welcher Form dies zu geschehen hatte. Der in der Genehmigung unter 1. erteilte Hinweis, dass die Genehmigung nicht die nach anderen gesetzlichen Vorschriften etwa notwendigen Genehmigungen (z.B. dem Träger der Straßenbaulast) ersetze, deutet darauf hin, dass die mit einer Plangenehmigung nach § 70 Abs. 1 WHG i.V.m. §§ 74 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1, 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG einhergehende umfassende Konzentrationswirkung vom Beklagten nicht beabsichtigt war. § 109 Abs. 3 NWG trifft trotz seines misslungenen Wortlauts im Hinblick auf die Konzentrationswirkung keine abweichenden Regelungen (vgl. LT-Drs. 16/1900, S. 87). Auch ein Hinweis auf die nach § 109 Abs. 3 Satz 1 NWG i.V.m. § 75 Abs. 4 VwVfG eingeschränkte Geltungsdauer einer Plangenehmigung für den Fall der Nichtdurchführung des genehmigten Plans fehlt. Schon im Hinblick auf das Fehlen dieser einer Plangenehmigung eigenen und diese charakterisierenden Rechtswirkungen konnte ein Empfänger des Bescheids vom 18. August 2016 bei objektiver Betrachtung nicht von der Erteilung einer Plangenehmigung ausgehen.

Der sehr knapp geratenen Begründung des Bescheids lässt sich ebenfalls kein Hinweis auf den Willen des Beklagten zur Durchführung eines Plangenehmigungsverfahrens und die Erteilung einer Plangenehmigung entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt (S. 95 der Entscheidungsgründe):

„Der Begründung des Bescheids lässt sich auch nicht entnehmen, welche Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung geprüft wurden. Neben den in § 67 Abs. 1 WHG und § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Plangenehmigung sind nach § 107 NWG sind Ausbaumaßnahmen unter anderem an den Bewirtschaftungszielen der §§ 27 und 44 WHG auszurichten. Es geht aus dem Bescheid nicht hervor, ob diese wasserwirtschaftlichen Ziele sowie die Voraussetzungen weiterer aufgrund der Konzentrationswirkung ersetzten Genehmigungen oder Erlaubnisse – beispielsweise nach Naturschutz- oder Bodenschutzrecht – durch den Beklagten geprüft und berücksichtigt wurden. Die Begründung des (Ausgangs-)Bescheids konstatiert lediglich, dass bei Einhaltung der Auflagen gegen die beantragte Maßnahme keine Bedenken bestünden. Dies spricht für die Erteilung einer gebundenen Entscheidung wie der wasserrechtlichen Genehmigung nach § 57 NWG, die lediglich bei Eintritt normierter Ausschlussgründe versagt werden kann und nicht für eine Plangenehmigung, im Rahmen derer die genehmigende Behörde ein planerisches Abwägungsgebot trifft. Es ist nicht ansatzweise aus dem Bescheid oder sonstigen Umstände für einen Bescheidempfänger ersichtlich, dass eine solche Abwägung vorgenommen wurde und welche Belange in die Abwägung eingestellt wurden. Auch in der durch den Widerspruchsbescheid „einkonzentrierten“ Form der Genehmigung ergibt sich nicht Gegenteiliges. Denn auch im Rahmen des Widerspruchsbescheids ist hinsichtlich der wasserrechtlichen Genehmigung nicht erkennbar, dass eine Prüfung der genannten Voraussetzungen oder eine planerische Abwägung erfolgte. Vielmehr wurde der Genehmigungstenor ohne weitere Begründung in die Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen übernommen.“

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Die Durchführung einer Abwägung anhand der angeführten Kriterien lässt sich der Begründung des Bescheids nicht einmal ansatzweise entnehmen. Die Durchführung einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung vor Erteilung der Genehmigung belegt schon deshalb nicht deren Charakter als Plangenehmigung, weil nicht alleine Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen einer derartigen Vorprüfung bedürfen, wie die abgetrennte immissionsschutzrechtliche Genehmigung belegt. Eine „Einkonzentration“ der wasserrechtlichen Genehmigung in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Widerspruchsbescheiden vom 28. Mai 2018 und 5. Juni 2018 ist aus den im Abtrennungsbeschluss des 12. Senats vom 27. September 2019 genannten Gründen nicht erfolgt und durfte zulässigerweise auch nicht erfolgen.

Ist demnach die tatsächlich erteilte Genehmigung vom 18. August 2016 nicht als rechtlich erforderliche Plangenehmigung anzusehen, so war sie durch das Verwaltungsgericht aufzuheben.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Solche Schwierigkeiten sind nur dann anzunehmen, wenn die Beantwortung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage in qualitativer Hinsicht mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Daher erfordert die ordnungsgemäße Darlegung dieses Zulassungsgrundes eine konkrete Bezeichnung der Rechtsfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und Erläuterungen dazu, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017, a.a.O., Rn. 50; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 124a Rn. 53).

Die Frage der Wirksamkeit richterlich gesetzter Fristen bzw. die Frage der Wiedereinsetzung der Kläger in die Frist des § 6 Satz 1 UmwRG gehen nicht mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten einher. Sie sind richterliches „Alltagsgeschäft“. Grundsätzlicher Ausführungen zur Reichweite des § 6 UmwRG bedarf es nicht.

Die im vorliegenden Fall sodann in den Blick zu nehmende Auslegung einer wasserrechtlichen Genehmigung begründet ebenfalls keine überdurchschnittlichen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art. Das Fehlen der Voraussetzungen für die Annahme einer Plangenehmigung liegt auf der Hand. Dass es aus den oben unter 1. b) genannten Gründen „schwierig“ ist, die erteilte Genehmigung im Sinne des Beklagten und der Beigeladenen als Plangenehmigung auszulegen, bestätigt dieses Ergebnis. Dass die wasserrechtliche Genehmigung nicht in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung „einkonzentriert“ worden ist und auch nicht „einkonzentriert“ werden durfte, ergibt sich bereits aus den überzeugenden Gründen des Abtrennungsbeschlusses des 12. Senats vom 27. September 2019. Besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Natur lässt die dortige Begründung nicht erkennen.

3. Die Berufung ist darüber hinaus auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Eine solche grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungeklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen würde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf (vgl. Senatsbeschl. v. 31.8.2017, a.a.O., Rn. 53 m.w.N.). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 15.8.2014 - 8 LA 172/13 -, GewArch 2015, 84, 85 - juris Rn. 15; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 35 ff. m.w.N.).

Die vom Beklagten als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage,

„ob das Verwaltungsgericht die Klage eines Umweltverbands ohne weitere Ermittlungen als unbegründet abweisen muss, wenn der Umweltverband innerhalb der 10-wöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG keinerlei Klagebegründung vorgelegt hat“,

ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Die Reichweite des § 6 UmwRG und dessen Bedeutung für den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO bedürfen keiner Entscheidung, da der Begründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG hier wegen der abweichenden, aber wirksamen richterlichen Fristsetzung bzw. der von Amts wegen zu gewährenden Wiedereinsetzung der Kläger in die Frist des § 6 Satz 1 UmwRG keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.

Die daran anschließende Frage,

„ob es bei der in der ersten Rechtsfrage dargestellten Sachverhaltskonstellation von Relevanz ist, wenn der Umweltverband bereits in einem vorgelagerten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes tatsächliche Ausführungen zur Sache gemacht hat“,

ist aus denselben Gründen im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich.

Für die weitere vom Beklagten als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage,

„ob die 10-wöchige Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG dann nicht gilt, wenn das Gericht in Verkennung der Rechtslage dem Kläger eine über die gesetzliche Frist hinausreichende Frist zur Klagebegründung gesetzt hat“,

bedarf es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht. Die Frage ist im vorliegenden Fall aus den oben unter 1. a) genannten Gründen aufgrund der Wirksamkeit einer richterlichen Fristsetzung, jedenfalls aber im Hinblick auf eine von Amts wegen zu gewährende Wiedereinsetzung in die Begründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG zu bejahen. Die Frage der Wirksamkeit einer richterlich gesetzten Frist ist ebenso wie die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine solche des Einzelfalls. Diese Fragen sind zudem nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten, die bereits Gegenstand zahlreicher - auch höchstrichterlicher - Entscheidungen waren.

Die weiteren vom Beklagten als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Fragen betreffen nicht den hier allein zu entscheidenden wasserrechtlichen Teil des Verfahrens.

Die von der Beigeladenen nicht ausformulierte, aber angedeutete Frage des Exklusivitätsverhältnisses zwischen der Genehmigung der Errichtung einer Anlage nach § 57 NWG und der Plangenehmigung eines Gewässerausbaus im Sinne des § 67 WHG bedarf keiner Entscheidung in einem Berufungsverfahren. Wie bereits dargelegt, unterscheidet sich die Rechtsauffassung der Beigeladenen in dieser Fragestellung nicht von der des Verwaltungsgerichts. Überdies kann diese Frage nach allgemeinen Grundsätzen durch Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen ohne weiteres beantwortet werden.

4. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht seinem Urteil einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem in einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden und die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt. Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied deutlich werden, weil die bloße unrichtige oder unterbliebene Anwendung eines obergerichtlich oder höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatzes den Zulassungsgrund der Divergenz nicht erfüllt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.9.2006
- BVerwG 10 B 55.06 -; juris Rn. 7; Beschl. v. 19.8.1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 124 Rn. 36 ff. m.w.N.). Dementsprechend erfordert die Darlegung einer Divergenz vor allem, dass in dem Zulassungsantrag die beiden einander widerstreitenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensätze des Divergenzgerichts einerseits und des Verwaltungsgerichts andererseits zitiert oder - sofern sie im Urteil nicht bereits ausdrücklich genannt sind - herausgearbeitet und bezeichnet werden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 1.10.2008 - 5 LA 64/06 -, juris Rn. 16; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 124a Rn. 107).

Der Beklagte trägt dazu vor, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil v. 27.11.2018 - 9 A 8.17 - den Rechtssatz aufgestellt:

„Nach § 6 UmwRG (…) ist neuer Tatsachenvortrag außerhalb der 10-wöchigen Klagebegründungsfrist unabhängig von einer konkreten Verfahrensverzögerung grundsätzlich ausgeschlossen, soweit er nicht genügend entschuldigt wird.“

Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt:

„Nach § 6 UmwRG (…) ist neuer Tatsachenvortrag außerhalb der 10-wöchigen Klagebegründungsfrist unabhängig von einer konkreten Verfahrensverzögerung grundsätzlich ausgeschlossen, soweit er nicht genügend entschuldigt werden könnte; dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger den verspäteten Klagevortrag tatsächlich entschuldigt hat.“

Diesen Rechtsatz hat das Verwaltungsgericht indes an keiner Stelle aufgestellt. Auf S. 26 f. des Urteils führt es aus, der Vortrag im Klagebegründungsschriftsatz der Kläger vom 19. September 2018 unterfalle der Präklusionswirkung nicht, da die Verspätung insoweit jedenfalls nach § 6 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO genügend entschuldigt sei. Zwar handele es sich bei der mit der Eingangsverfügung gesetzten „Klageerwiderungsfrist“ (richtig: Klagebegründungsfrist) nicht um eine auf Antrag der Kläger erfolgte ausdrückliche Verlängerung der Klagebegründungsfrist im Sinne des § 6 Satz 1 UmwRG. Hierauf komme es letztlich ebenso wenig an, wie darauf, ob die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Frist nach § 6 Satz 4 UmwRG tatsächlich vorlagen. Die Kläger hätten unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls davon ausgehen dürfen, dass sie innerhalb der ihnen nach Eingang der Klage durch das Gericht mitgeteilten Frist ihre Klage würden begründen können, ohne eine weitere Fristverlängerung beantragen zu müssen und ohne mit ihrem Vortrag präkludiert zu sein. Es handle sich aufgrund der ungewöhnlich spät - innerhalb der bis zum 6. September 2018 laufenden zehnwöchigen Frist - gewährten Akteneinsicht um einen bei Klageerhebung nicht vorhersehbaren Ausnahmefall. Es würde aufgrund des Umfangs eine unverhältnismäßige Belastung der Kläger darstellen, an der Pflicht zur Begründung der Klage auch in dieser atypischen Konstellation innerhalb der einheitlichen gesetzlichen Frist festzuhalten, zumal die Verzögerung nicht in ihren Verschuldensbereich gefallen sei. Auf die Rechtskonformität der mit der Eingangsverfügung gesetzten „Klageerwiderungsfrist“ (richtig: Klagebegründungsfrist), die aufgrund der unerwartet spät erfolgten Akteneinsicht das Ende der Klagebegründungsfrist auf einen Zeitpunkt nach dem Ablauf der zehnwöchigen gesetzlichen Frist nach § 6 Satz 1 UmwRG legte, hätten die Kläger vertrauen dürfen.

Mit diesen - dogmatisch offenen - Ausführungen stellt das Verwaltungsgericht ersichtlich keinen Rechtssatz zur Auslegung des § 6 UmwRG auf. Es versucht lediglich, der Ausnahmesituation des Einzelfalls bei einer erst spät möglichen Akteneinsicht und einer ohne Beachtung des § 6 UmwRG gesetzten richterlichen Klagebegründungsfrist gerecht zu werden, wie die Bezugnahme auf das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. August 2018 - 7 KS 108/16 - (juris Rn. 59) belegt. Eine derartige, den besonderen Umständen des Einzelfalls geschuldete Entscheidung bedarf keiner Überprüfung in einem Berufungsverfahren zur Wahrung der Einheit der Rechtsprechung.

5. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

Die von der Beigeladenen gerügte Berücksichtigung des Klägervorbringens trotz Eintritt der Präklusion nach § 6 UmwRG begründet keinen Verfahrensfehler. Wie bereits ausgeführt, war diese Berücksichtigung geboten, weil die gesetzte richterliche Frist entweder wirksam oder den Klägern jedenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren war. Die möglicherweise fehlerhafte Fristsetzung stellt ihrerseits keinen im Berufungsverfahren zu überprüfenden Verfahrensfehler dar. Sie ist nach § 146 Abs. 2 VwGO nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Die dem erstinstanzlichen Urteil vorausgegangenen Entscheidungen, sofern sie unanfechtbar sind, unterliegen nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 512 ZPO nicht der Beurteilung durch das Berufungsgericht. (vgl. Niedersächsisches OVG Beschl. v. 22.1.2013 - 11 LA 3/13 -, juris Rn. 9, Hessischer VGH, Beschl. v. 20.1.2016 - 5 A 1471/15 -; Eyermann, a.a.O., § 128 Rn. 8; Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 173, Rn. 257; jew. m.w.N.). Die Beigeladene rügt auch keine weitergehenden Verfahrensverstöße durch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens. Insbesondere einen Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs kann sie auch nicht rügen, ist ihr doch gerade an einer Verkürzung der Rechtsposition der Kläger gelegen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig soweit es die wasserrechtliche Genehmigung betrifft (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11). Dabei legt der Senat für jeden der beiden Kläger einen Streitwert von 15.000 Euro zugrunde.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).