Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.04.2020, Az.: 13 MN 82/20

Corona; Folgenabwägung; Infektionsschutzrecht; Normenkontrolleilantrag; Notwendigkeit; Schutzmaßnahme; Warenhaus

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.04.2020
Aktenzeichen
13 MN 82/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71693
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegen Regelungen der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie betreffend die Schließung von Verkaufsstellen des Einzelhandels.

Die Antragstellerin ist im Einzelhandel tätig und betreibt bundesweit mehr als 170 Warenhäuser, mehrere davon im Land Niedersachsen. Sie beschäftigt bundesweit etwa 28.000 Mitarbeiter.

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, erließ am 7. April 2020 die (3.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Diese Verordnung wurde im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 7. April 2020, S. 63 ff., verkündet und trat am 8. April 2020 in Kraft. Die Verordnung sieht unter anderem folgende Regelungen vor:

§ 1
(3) 1Für den Publikumsverkehr und Besuche sind geschlossen:
7. alle Verkaufsstellen des Einzelhandels, einschließlich der Outlet-Center und der Verkaufsstellen in Einkaufscentern,
2Ausgenommen von Satz 1 Nr. 7 sind Betriebe und Einrichtungen nach § 3 Nrn. 6 und 7 sowie Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment, das auch regelmäßig Waren umfasst, die dem Sortiment einer der in § 3 Nr. 7 genannten Verkaufsstellen entspricht, wenn die Waren den Schwerpunkt des Sortiments bilden; bilden die betreffenden Waren nicht den Schwerpunkt des Sortiments, so ist der Verkauf nur dieser Waren zulässig.

§ 2
(1) Kontakte einer Person außerhalb der eigenen Wohnung sind nur erlaubt, wenn dabei die in den Absätzen 2 und 3 genannten Bedingungen eingehalten werden.
(2) 1In der Öffentlichkeit einschließlich des Öffentlichen Personenverkehrs hat jede Person soweit möglich einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten. 2Dies gilt auch für die körperliche oder sportliche Betätigung im Freien, nicht jedoch gegenüber solchen Personen, mit denen die pflichtige Person in einer gemeinsamen Wohnung wohnt. 3Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit, die das Abstandsgebot nach Satz 1 gefährden, sind untersagt. 4Dies gilt insbesondere für Gruppenbildungen, Picknick oder Grillen im Freien.
(3) 1Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist vorbehaltlich des Satzes 2 jeder einzelnen Person gestattet. 2Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum sind auf höchstens zwei Personen beschränkt; hiervon ausgenommen sind Zusammenkünfte von Angehörigen sowie Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung leben. 3Ebenfalls ausgenommen sind Ansammlungen von Personen, die sich in einem Wartebereich des Öffentlichen Personenverkehrs unter Wahrung eines Mindestabstandes von 1,5 Metern zu anderen Personen aufhalten.

§ 3
Unter den Voraussetzungen des § 2 zulässig sind insbesondere die nachfolgend genannten Verhaltensweisen: …
7. die Versorgung mit Lebensmitteln, Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in den folgenden Betrieben und Einrichtungen:
a) Lebensmittelhandel,
b) Wochenmärkte,
c) landwirtschaftlicher Direktverkauf, Hofläden,
d) Getränkemärkte,
e) Abhol- und Lieferdienste,
f) Großhandel,
g) Bau- und Gartenmärkte,
h) Tierbedarfshandel,
i) Brief- und Versandhandel,
j) Poststellen,
k) Banken, Sparkassen und Geldautomaten,
l) Tankstellen,
m) Kraftfahrzeug- oder Fahrrad-Werkstätten,
n) Reinigungen,
o) Zeitungsverkaufsstellen,
p) Waschsalons,
q) Verkaufsstellen für Fahrkarten für den Öffentlichen Personenverkehr,
r) Blumenläden;

§ 6
(1) 1Restaurationsbetriebe, insbesondere Restaurants, Gaststätten, Imbisse, Cafés, allein oder in Verbindung mit anderen Einrichtungen, Mensen und Kantinen dürfen nicht betrieben werden. 2Auch der Besuch dieser Einrichtungen ist verboten. 3Abweichend von Satz 1 sind die Belieferung mit Speisen und Getränken sowie der Außer-Haus-Verkauf durch Restaurants, Gaststätten, Imbisse, Mensen, Cafés und Kantinen zulässig, wenn die zum Schutz vor Infektionen erforderlichen Anforderungen nach Absatz 2 eingehalten werden.
(2) Betreiberinnen und Betreiber von Restaurationsbetrieben, die einen Außer-Haus-Verkauf anbieten, sind verpflichtet, einen Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Kundinnen und Kunden sicherzustellen.
(3) 1Der Verzehr von Speisen und Getränken ist innerhalb eines Umkreises von 50 Metern zu den Betrieben nach Absatz 2 untersagt. 2Aus hygienischen Gründen sollte eine bargeldlose Bezahlung erfolgen.
(4) Für gastronomische Lieferdienste gelten Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 entsprechend.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 dürfen nicht öffentliche Betriebskantinen zur Versorgung ausschließlich der Beschäftigten betrieben werden, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts, zur Vermeidung von Warteschlangen und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern gewährleistet sind.

§ 8
1Die Betreiberinnen und Betreiber von Verkaufsstellen und Ladengeschäften nach § 3 Nr. 7 sind verpflichtet, einen Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Kundinnen und Kunden sicherzustellen. 2Sie haben sicherzustellen, dass sich nur so viele Kundinnen und Kunden in den Verkaufsräumen befinden, dass durchschnittlich 10 Quadratmeter Verkaufsfläche je anwesende Person gewährleistet sind. 3Die Berechnung der Verkaufsfläche richtet sich nach der Baunutzungsverordnung.

§ 9
1Auf Wochenmärkten sind nur Verkaufsstände für Lebensmittel erlaubt. 2Die Betreiberinnen und Betreiber der Verkaufsstände sind verpflichtet, einen Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Kundinnen und Kunden sicherzustellen.

§ 13
(1) Diese Verordnung tritt am 8. April 2020 in Kraft und mit Ablauf des 19. April 2020 außer Kraft.

Mit Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 9. April 2020 (Nds. GVBl. S. 70) wurde mit Wirkung vom 10. April 2020 § 5 der Verordnung, der Regelungen für Reiserückkehrer beinhaltet, geändert.

Die Antragstellerin hat am 16. April 2020 bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Antrag auf Durchführung des Normenkontrollverfahrens (13 KN 81/20) und einen darauf bezogenen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung (13 MN 82/20) gestellt.

Sie macht geltend, die in der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 angeordnete flächendeckende Schließung von Verkaufsstellen des Einzelhandels könne nicht auf die Generalklausel der §§ 32, 28 Abs. 1 IfSG gestützt werden. Diese Rechtsgrundlage ermächtige den Verordnungsgeber nur zu nicht wesentlichen Regelungen oder zu Regelungen, welche die in § 32 Satz 3 IfSG ausdrücklich genannten Grundrechte der Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 8, 10, 11 und 13 GG einschränkten. Die angeordnete flächendeckende Schließung greife hingegen in Grundrechte nach Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG ein und sei schon wegen der Eingriffsintensität eine wesentliche Regelung, die dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Darüber hinaus sei fraglich, ob die Schließungsanordnung auf Satz 1 oder Satz 2 des § 28 Abs. 1 IfSG gestützt worden sei und gestützt werden könne. Eine flächendeckende Schließung sei auch nicht notwendig. Maßgebliches infektionsschutzrechtliches Ziel könne nur eine auf die konkreten Verhältnisse im Gesundheitssystem bezogene "kapazitätsbedingte Verlangsamung der Infektionsrate" sein. Dieses Ziel könne mit milderen, aber gleich geeigneten Mitteln als der angeordneten Schließung erreicht werden. Möglich seien etwa Abstandsregelungen, Einlassbeschränkungen, Maßnahmen zur Vermeidung von Warteschlangen, Schutzkleidung und -vorkehrungen für das Verkaufspersonal, regelmäßige Flächendesinfektionen, die Ausgabe von Schutzmasken an Kunden und Maßnahmen zur Verringerung der Kundendichte, wie verlängerte Öffnungszeiten, Parkplatzbeschränkungen sowie Auflagen für die Warenabgabe. Mit diesen Maßnahmen könne die Infektionsrate in gleicher Weise reduziert werden, wie mit der angeordneten vollständigen Schließung. Diese sei auch nicht zielführend. Denn die vollständige Schließung ihrer Warenhäuser, in denen auch Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs angeboten würden, bewirke, dass diese Produkte vom Markt genommen und verknappt würden. Zudem würden in den Warenhäusern geführte systemrelevante Nebenbetriebe, wie etwa Apotheken und Drogerien, mit geschlossen. Der Bevölkerung würden so notwendige Versorgungsquellen vorenthalten und zugleich eine höhere Kundendichte in noch offenen Verkaufsstellen herbeigeführt.

Die in der angegriffenen Verordnung angeordnete Schließung von Verkaufsstellen des Einzelhandels sei auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar. § 3 Nr. 7 der Verordnung gestatte ausgewählten Verkaufsstellen des Einzelhandels bei Einhaltung der in §§ 2 und 8 der Verordnung bestimmten Vorgaben die Öffnung des Ladengeschäfts. Privilegiert würden dabei lediglich der Lebensmittelhandel und andere ausdrücklich genannte Vertriebswege, die sich ausschließlich auf den Vertrieb einer einzelnen Sparte von Gütern des täglichen Bedarfs spezialisiert hätten, wie Hofläden und Zeitungsverkaufsstellen. In Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment, wie ihren Warenhäusern, die verschiedene Güter des täglichen Bedarfs, wie Lebensmittel und Drogerieartikel, und darüber hinaus auch weitere Güter anböten, sei der Verkauf (nur) dieser Waren zulässig, soweit diese nicht den Schwerpunkt des Sortiments bildeten. Bildeten sie den Schwerpunkt dürfe die gesamte Verkaufsstelle geöffnet bleiben. Für solche "Mischformen" bestehe aber keine Überprüfungsmöglichkeit, ob ein vollständiger Weiterbetrieb unter Auflagen auch ohne Schwerpunkt des Sortiments auf Gütern des täglichen Bedarfs möglich sei. Dies verwundere, da anderen Betrieben die Fortführung ermöglicht werde. So dürften Dienstleistungs- und selbst Restaurantbetriebe unter bestimmten Voraussetzungen und mit eingeschränkten Vertriebswegen weiterhin tätig sein. Dies führe zu einer systematischen Ungleichbehandlung etwa von ausschließlich auf Güter des täglichen Bedarfs spezialisiertem Einzelhandel und branchenübergreifenden Vollsortimentern, die willkürlich und sachlich nicht gerechtfertigt sei.

§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Verordnung sei auch nicht hinreichend bestimmt. Die dort gewählte Anknüpfung an den Schwerpunkt des Sortiments sei nicht hinreichend konkret. Kriterien für die Bestimmung des Schwerpunkts fehlten. Es sei insbesondere "vollkommen unklar, ob der Betrieb der Antragstellerin von den Ausnahmen der Schließungsanordnung erfasst ist oder nicht".

Die einstweilige Außervollzugsetzung der Schließung ihrer Warenhäuser durch die angegriffene Verordnung sei dringend geboten, weil erheblich in ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG eingegriffen werde und ihr bei einem Zuwarten der Hauptsacheentscheidung schwere Nachteile drohten. Aufgrund der Anordnungen in der angefochtenen Verordnung, den vorausgegangenen Verordnungen und Allgemeinverfügungen sei sie verpflichtet gewesen, den Betrieb ihrer Warenhäuser im Landesgebiet ab dem 17. März 2020 vollständig einzustellen. Da sowohl Liefervereinbarungen als auch Arbeits- und Mietverträge uneingeschränkt fortgälten, erleide sie gegenüber ihrer Budgetplanung einen massiven Verlust von Umsatzerlösen. Allein in den vergangenen vier Wochen sei ihr ein finanzieller Schaden von etwa 150 Mio. EUR entstanden. Gerade in der Osterzeit finde üblicherweise eine Umsatzsteigerung statt. Ihr Schaden beruhe maßgeblich darauf, dass etwa 27.000 ihrer Mitarbeiter derzeit nicht arbeiteten und dadurch der Unternehmensumsatz auf 5% des budgetierten Niveaus gefallen sei. Der Umsatzverlust für ihr Gesamtunternehmen betrage etwa 80 Mio. EUR pro Woche. Die Umsatzverluste könne sie nicht durch einen Online-Handel oder die Lieferung von Waren kompensieren, da die Vertriebsstruktur ihres Kerngeschäfts auf den stationären Verkauf ausgerichtet sei. Sämtliche von ihr umgehend ergriffenen Gegenmaßnahmen zur Schadensreduzierung, etwa die Beantragung von Kurzarbeit sowie Vereinbarungen zur Aussetzung von Vertrags- und Lieferbeziehungen, hätten zu keiner nennenswerten Abfederung des existenzvernichtenden Schadens geführt. Ihre finanzielle Lage habe sich derart zugespitzt, dass sie am 1. April 2020 einen "Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens" gestellt habe und mit Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt vom 1. April 2020 - 165 IN 40/20 - ein vorläufiger Sachwalter bestellt und zur Vorbereitung der Sanierung eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans bestimmt worden sei. Auch wenn die angefochtene Verordnung nur bis zum 19. April 2020 gelte, sei der Vermarktungszeitraum für die Frühjahrs- und Sommerware erheblich verkürzt, müsse sie mit einer Zulassung des Betriebs nur unter Auflagen und Beschränkungen, Anlaufschwierigkeiten sowie einem geänderten Konsumverhalten rechnen. Bei einer fortgesetzten Schließung wäre der eingetretene finanzielle Schaden irreversibel und käme auch die Aufhebung der angegriffenen Verordnung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu spät, um ihr Unternehmen im Schutzschirmverfahren erfolgreich sanieren zu können. Die Erfolgsaussichten einer solchen Sanierung würden mit jeder Woche, in der die Warenhäuser geschlossen blieben, drastisch sinken. Der bereits eingetretene finanzielle Schaden werde sich bei einer Schließung für vier weitere Wochen mehr als verdoppeln.

Die Antragstellerin beantragt,

durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO die Schließungsanordnung in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 (Nds. GVBl. S. 63), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. April 2020 (Nds. GVBl. S. 70), bis zur Entscheidung über ihren Normenkontrollantrag vom 16. April 2020 außer Vollzug zu setzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Normenkontrolleilantrag auf einstweilige Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020, soweit damit Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen werden, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGOund § 75 NJG statthaft und auch sonst zulässig.

Die (3.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 16 ff.).

Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Sie betreibt Warenhäuser, von denen mehrere auch im Land Niedersachsen belegen sind. Dabei unterstellt der Senat für dieses Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes, dass die Warenhäuser von der Schließungsanordnung in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 betroffen sind und zu ihren Gunsten keine der Ausnahmeregelungen in §§ 1 Abs. 3 Satz 2, 3 Nr. 7, 8 ff. der Verordnung derart eingreift, dass eine vollständige Öffnung der Warenhäuser erlaubt wäre. Denn nur diese Betrachtung, die im Übrigen einer behördlichen und auch einer nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Feststellung zugänglich sein dürfte, lässt es möglich erscheinen, dass die Antragstellerin überhaupt in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG verletzt ist. Eine darüberhinausgehende Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als einer nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition dürfte hingegen nicht vorliegen.Denn dieser Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; die hier durch die befristete Schließung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Verordnung betroffenen bloßen Umsatz- und Gewinnchancen werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, 331 f. - juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, BVerfGE 105, 252, 278 - juris Rn. 79 m.w.N.).

Der Zulässigkeit steht das vor dem Amtsgericht A-Stadt - 165 IN 40/20 - geführte Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Antragstellerin und die Bestellung eines Sachwalters nach § 270b Abs. 2 InsO nicht entgegen, da eine gegebenenfalls zum Verlust der Prozessführungsbefugnis oder zur Unterbrechung nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 240 Satz 2 ZPO führende Anordnung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO gemäß § 270b Abs. 2 Satz 3 InsO in dem sogenannten "Schutzschirmverfahren" nicht getroffen werden darf.

Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bleibt der Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020, soweit damit Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen werden, ohne Erfolg. Die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gestellten Normenkontrollantrags sind derzeit zwar offen (a.). Die gebotene Folgenabwägung führt aber nicht dazu, dass die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe die gegenläufigen öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der angegriffenen Verordnung überwiegen, so dass der Erlass der einstweiligen Anordnung derzeit nicht dringend geboten erscheint (b.).

a. Die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gestellten Normenkontrollantrags sind offen. Der Senat vermag derzeit nicht verlässlich abzuschätzen, ob der zulässigerweise gestellte Antrag (vgl. hierzu oben II.1.) auch begründet sein wird, mithin die (3.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 für unwirksam zu erklären ist, soweit deren § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 grundsätzlich alle (vgl. zu Ausnahmen: §§ 1 Abs. 3 Satz 2, 3 Nr. 7, 8 ff. der Verordnung) Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr und Besuche schließt.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sieht der Senat derzeit zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Verordnung und die hiermit korrespondierende Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung schon deshalb nicht hinreichend bestimmt sein könnte, weil der Verordnungsgeber für den danach zu ermittelnden "Schwerpunkt des Sortiments" keine weiteren Kriterien gebildet hat. Denn das Gebot hinreichender Bestimmtheit zwingt den Normgeber nicht dazu, den Tatbestand einer Norm mit genau fassbaren Maßstäben zu umschreiben. Es liegt in der ihm bei der Normsetzung eingeräumten Gestaltungsfreiheit, auch unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.5.1989 - 1 BvL 35/86 -, BVerfGE 80, 103, 108 - juris Rn. 17). Dies kann vielmehr gerade dann notwendig werden, um einer sonst nicht zu bewältigenden Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24. Januar 2019 - BVerwG 3 C 7.17 -, BVerwGE 164, 253, 260 - juris Rn. 23 m.w.N.), wie sie sich gerade in der Vielfalt von Verkaufsstellen des Einzelhandels zeigt.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erachtet der Senat bei der hier gebotenen summarischen Prüfung auch § 32 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), in der hier maßgeblichen zuletzt durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) mit Wirkung vom 28. März 2020 geänderten Fassung, als taugliche und auch verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für die erlassene Verordnung, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 IfSG für ein staatliches Handeln als erfüllt und auch die Schließung zahlreicher Ladengeschäfte als eine ihrer Art nach zulässige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 16. April 2020 - 13 MN 67/20 -, Umdruck S. 8 ff. ausgeführt:

"(1) Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 32 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), in der hier maßgeblichen zuletzt durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) mit Wirkung vom 28. März 2020 geänderten Fassung. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, drängen sich dem Senat nicht auf (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG Bremen, Beschl. v. 9.4.2020 - 1 B 97/20 -, juris Rn. 24 ff.; Hessischer VGH, Beschl. v. 7.4.2020 - 8 B 892/20.N -, juris Rn. 34 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.4.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris Rn. 36 ff.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 39 ff.; Beschl. v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 -, juris 17 f.).

(2) Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. März 2017 (Nds. GVBl. S. 65), betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung zum Erlass der Verordnung zuständig.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV ist die Verordnung von der das Ministerium vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 7. April 2020, S. 63 ff., verkündet worden.

§ 13 Abs. 1 der Verordnung bestimmt, wie von Art. 45 Abs. 3 Satz 1 NV gefordert, den Tag des Inkrafttretens.

Auch dem Art. 43 Abs. 2 Satz 1 NV (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1 - juris Rn. 152 ff. (zu Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG); Steinbach, in: Epping/Butzer u.a., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 43 Rn. 20 m.w.N.) dürfte die (3.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 genügen.

(3) Die Regelung in § 9 Satz 1 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 dürfte auch die materiellen Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG erfüllen.

Nach § 32 Satz 1 IfSG dürfen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden.

(a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sind erfüllt.

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Es wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 Nrn. 3 ff. IfSG) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt. Die weltweite Ausbreitung von COVID-19, die offizielle Bezeichnung der durch den neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (anfangs 2019-nCoV) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Weltweit sind derzeit mehr 1.900.000 Menschen mit dem Krankheitserreger infiziert und mehr als 123.000 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019, Stand: 15.4.2020). Derzeit sind im Bundesgebiet mehr als 127.000 Menschen infiziert und mehr als 3.200 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben und in Niedersachsen mehr als 8.000 Menschen infiziert und mehr als 220 Menschen infolge der Erkrankung verstorben (vgl. Robert Koch Institut (RKI), COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 15.4.2020).

COVID-19 ist jedenfalls eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege mit den Leitsymptomen Fieber und Husten. Bei 81 % der Patienten ist der Verlauf mild, bei 14 % schwer und 5 % der Patienten sind kritisch krank. Zur Aufnahme auf die Intensivstation führt im Regelfall Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz (> 30/min), dabei steht eine Hypoxämie im Vordergrund. Mögliche Verlaufsformen sind die Entwicklung eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome - ARDS) sowie, bisher eher seltener, eine bakterielle Koinfektion mit septischem Schock. Weitere beschriebene Komplikationen sind zudem Rhythmusstörungen, eine myokardiale Schädigung sowie das Auftreten eines akuten Nierenversagens (vgl. zum Krankheitsbild im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: Kluge/Janssens/Welte/Weber-Carstens/Marx/Karagiannidis, Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19, in: Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin v. 12.3.2020, veröffentlicht unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-020-00674-3.pdf, Stand: 30.3.2020). Obwohl schwere Verläufe auch bei Personen ohne Vorerkrankung auftreten und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden, haben ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren), Raucher, Personen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck) und der Lunge (z.B. COPD) sowie Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), mit einer Krebserkrankung oder mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z.B. Cortison) ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Eine Impfung oder eine spezifische Medikation sind derzeit nicht verfügbar. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage bei einer Spannweite von einem bis zu 14 Tagen. Der Anteil der Infizierten, der auch tatsächlich erkrankt (Manifestationsindex), beträgt bis zu 86%. Die Erkrankung ist sehr infektiös. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich im Wege der Tröpfcheninfektion. Auch eine Übertragung durch Aerosole und kontaminierte Oberflächen kann nicht ausgeschlossen werden. Es ist zwar offen, wie viele Menschen sich insgesamt in Deutschland mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren werden. Schätzungen gehen aber von bis zu 70 % der Bevölkerung aus, es ist lediglich unklar, über welchen Zeitraum dies geschehen wird. Grundlage dieser Schätzungen ist die so genannte Basisreproduktionszahl von COVID-19. Sie beträgt ohne die Ergreifung von Maßnahmen 2,4 bis 3,3. Dieser Wert kann so interpretiert werden, dass bei einer Basisreproduktionszahl von etwa 3 ungefähr zwei Drittel aller Übertragungen verhindert werden müssen, um die Epidemie unter Kontrolle zu bringen (vgl. zu Vorstehendem im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888, Stand: 10.4.2020; Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, veröffentlicht unter: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/ NCOV2019/FAQ_Liste.html, Stand: 10.4.2020).

Auch wenn nach derzeitigen Erkenntnissen nur ein kleiner Teil der Erkrankungen schwer verläuft, könnte eine ungebremste Erkrankungswelle aufgrund der bisher fehlenden Immunität und nicht verfügbarer Impfungen und spezifischer Therapien zu einer erheblichen Krankheitslast in Deutschland führen. Bei vielen schweren Verläufen muss mit einer im Verhältnis zu anderen schweren akuten respiratorischen Infektionen (SARI) - vermutlich sogar deutlich - längeren intensivmedizinischen Behandlung mit Beatmung/zusätzlichem Sauerstoffbedarf gerechnet werden. Selbst gut ausgestattete Gesundheitsversorgungssysteme wie das in Deutschland können hier schnell an Kapazitätsgrenzen gelangen, wenn sich die Zahl der Erkrankten durch längere Liegedauern mit Intensivtherapie aufaddiert. Dieser Gefahr für das Gesundheitssystem und daran anknüpfend der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kann derzeit, da weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie in konkret absehbarer Zeit zur Verfügung stehen, nur dadurch begegnet werden, die Verbreitung der Erkrankung so gut wie möglich zu verlangsamen, die Erkrankungswelle auf einen längeren Zeitraum zu strecken und damit auch die Belastung am Gipfel leichter bewältigbar zu machen (vgl. zur aktuellen Zahl - gemeldeter - freier Krankenhausbetten mit Beatmungskapazität: DIVI Intensivregister, Tagesreport, veröffentlicht unter: www.divi.de/images/Dokumente/DIVI_IntensivRegister_Tagesreport_2020_04_15.pdf, Stand: 15.4.2020). Neben der Entwicklung von Impfstoffen und spezifischen Therapien sowie der Stärkung des Gesundheitssystems und der Erhöhung der medizinischen Behandlungskapazitäten, die indes nicht sofort und nicht unbegrenzt möglich sind, bedarf es hierzu zuvörderst der Verhinderung der Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko, des Schaffens sozialer Distanz und ähnlich wirkender bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen sowie des gezielten Schutzes und der Unterstützung vulnerabler Gruppen (vgl. hierzu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, Aktuelle Daten und Informationen zu Infektionskrankheiten und Public Health, Epidemiologisches Bulletin Nr. 12/2020 v. 19.3.2020, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/ 2020/Ausgaben/12_20.pdf?__blob=publicationFile; Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 26.3.2020).

Die danach vorliegenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verpflichten die zuständigen Behörden zum Handeln (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 212 - juris Rn. 23).

(b) Der Senat vermag derzeit auch keine relevanten Fehler des vom Antragsgegner bei Erlass des § 9 Satz 1 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020, soweit damit der Verkauf von Blumen und anderen Pflanzen auf Wochenmärkten untersagt wird, betätigten Ermessens festzustellen.

Dies gilt zunächst für den durch die Regelung betroffenen Adressatenkreis. Wird ein Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider festgestellt, begrenzt § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG den Handlungsrahmen der Behörde nicht dahin, dass allein Schutzmaßnahmen gegenüber der festgestellten Person in Betracht kommen. Die Vorschrift ermöglicht Regelungen gegenüber einzelnen wie mehreren Personen. Vorrangige Adressaten sind zwar die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG benannten Personengruppen. Bei ihnen steht fest oder besteht der Verdacht, dass sie Träger von Krankheitserregern sind, die bei Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 1 bis Nr. 3 IfSG verursachen können. Wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr, eine übertragbare Krankheit weiterzuverbreiten, sind sie schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehr- und Polizeirechts als "Störer" anzusehen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können aber auch (sonstige) Dritte ("Nichtstörer") Adressat von Maßnahmen sein, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., S. 212 f. - juris Rn. 25 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.4.2020 - OVG 11 S 14/20 -, juris Rn. 8 f.).

Aus infektionsschutzrechtlicher Sicht maßgeblich ist insoweit allein der Bezug der durch die konkrete Maßnahme in Anspruch genommenen Person zur Infektionsgefahr. Dabei gilt für die Gefahrenwahrscheinlichkeit kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Vielmehr ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., S. 216 - juris Rn. 32).

Auch Art und Umfang der vom Antragsgegner konkret gewählten Schutzmaßnahme sind nicht ersichtlich ermessensfehlerhaft.

§ 28 Abs. 1 IfSG liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, a.a.O., S. 213 - juris Rn. 26 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 f.). Der Begriff der "Schutzmaßnahmen" ist folglich umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 2.4.2020 - 3 MB 8/20 -, juris Rn. 35). "Schutzmaßnahmen" im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG können daher auch Untersagungen oder Beschränkungen von unternehmerischen Tätigkeiten in den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sein (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 -, juris Rn. 11 ff. (Schließung von Einzelhandelsgeschäften)). Dem steht nicht entgegen, dass § 31 IfSG eine Regelung für die Untersagung beruflicher Tätigkeiten gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen, Ausscheidern und sonstigen Personen trifft. Denn diese Regelung ist gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG("insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten") nicht abschließend. Auch die mangelnde Erwähnung der Grundrechte nach Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG in § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG steht der dargestellten Auslegung nicht entgegen. Denn das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, welches § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG zu erfüllen sucht, besteht nur, soweit im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG"ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann". Von derartigen Grundrechtseinschränkungen sind andersartige grundrechtsrelevante Regelungen zu unterscheiden, die der Gesetzgeber in Ausführung der ihm obliegenden, im Grundrecht vorgesehenen Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenziehungen vornimmt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.5.1970 - 1 BvR 657/68 -, BVerfGE 28, 282, 289 - juris Rn. 26 ff. (zu Art. 5 Abs. 2 GG); Beschl. v. 12.1.1967 - 1 BvR 168/64 -, BVerfGE 21, 92, 93 - juris Rn. 4 (zu Art. 14 GG); Urt. v. 29.7.1959 - 1 BvR 394/58 -, BVerfGE 10, 89, 99 - juris Rn. 41 (zu Art. 2 Abs. 1 GG). Hierzu zählen auch die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 GG."

Der Senat vermag derzeit aber nicht verlässlich festzustellen, dass die in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Verordnung angeordnete Schließung von Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr und Besuche, soweit dies nicht einer Ausnahme nach §§ 1 Abs. 3 Satz 2, 3 Nr. 7, 8 ff. der Verordnung unterfallende stationäre Verkaufsstellen betrifft (vgl. zu Verkaufsständen auf einem Wochenmarkt den bereits zuvor zitierten Senatsbeschl. v. 16.4.2020 - 13 MN 67/20 -, V.n.b. Umdruck S. 15 ff.), von ihrem Umfang her als Schutzmaßnahme im Sinne § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG notwendig ist. Dabei anerkennt der Senat durchaus, dass auch diese Schließungsanordnung letztlich eine Detailregelung des allgemeinen Abstandsgebots des § 2 der Verordnung ist, das der Senat auch zum jetzigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des bisherigen Infektionsgeschehens und der Wirkung bereits getroffener Maßnahmen als eine zentrale und zwingend notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Ausbreitung des Infektionsgeschehens ansieht. Ob die konkrete Ausformung des allgemeinen Abstandsgebots, wie sie § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der Verordnung (im Zusammenhang mit den Ausnahmeregelungen in §§ 1 Abs. 3 Satz 2, 3 Nr. 7, 8 ff. der Verordnung) vornimmt, zur Erreichung legitimer infektionsschutzrechtlicher Ziele objektiv erforderlich ist oder ob nicht mildere, gleich geeignete Maßnahmen möglich sind, ist derzeit aber nicht zu übersehen. Gleiches gilt für die Frage, ob die Schließung unter Berücksichtigung des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeiten und aller sonstigen relevanten Belange, etwa der Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentlicher Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (vgl. Senatsbeschl. v. 14.4.2020 - 13 MN 63/20 -, V.n.b. Umdruck S. 19), angemessen ist.

b. Die auch unter Berücksichtigung der so beurteilten Erfolgsaussichten (vgl. zur Bedeutung dieses Aspekts bei der Folgenabwägung: Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31) gebotene Folgenabwägung führt hier nicht dazu, dass die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe die gegenläufigen öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der angegriffenen Verordnung überwiegen, so dass der Erlass der einstweiligen Anordnung derzeit nicht dringend geboten erscheint.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass die in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 angeordnete Schließung von Verkaufsstellen des Einzelhandels schwerwiegend jedenfalls in das Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG eingreift. Dieser Eingriff manifestiert sich derzeit tatsächlich maßgeblich in Umsatzeinbußen. Diese Folge und deren Erheblichkeit als solche stellt der Senat nicht in Abrede, auch wenn die Antragstellerin die Höhe der Umsatzeinbußen für ihre im Land Niedersachsen betriebenen Warenhäuser und auch mögliche Ausgleichswirkungen durch staatliche Leistungen (vgl. hierzu etwa www.mw.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/coronavirus_informationen_fur_unternehmen/informationen-zu-den-auswirkungen-des-coronavirus-185950.html und www.niedersachsen.de/Coronavirus/hinweise-fur-berufstatige-185673.html, jeweils Stand: 16.4.2020)konkret nicht nachvollziehbar beziffert hat. Die von der Antragstellerin erstrebte einstweilige Außervollzugsetzung würde diese tatsächlichen Auswirkungen aber allenfalls noch in einem geringen Umfang mildern können. Denn die in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 der (3.) Niedersächsischen Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020 angeordnete Schließung ist gemäß § 13 Abs. 1 der Verordnung bis zum Ablauf des 19. April 2020 befristet. Selbst wenn die Antragstellerin aufgrund einer Außervollzugsetzung ihre Warenhäuser in Niedersachsen unter Einhaltung der allgemeinen Vorgaben der §§ 2 und 8 der Verordnung sofort nach der Senatsentscheidung wieder öffnen könnte, beträfe dies nur noch einen Zeitraum von weniger als zwei Werktagen und dementsprechend nur erzielbare Umsatzerlöse in - gemessen an den bisherigen Einbußen - geringer Höhe. Zu einer darüberhinausgehenden Berücksichtigung etwaiger Folgen infektionsschutzrechtlicher Anordnungen, die für Zeiträume ab dem 20. April 2020 gelten werden, sieht sich der Senat in diesem konkreten Verfahren nicht veranlasst. Gegenstand dieses Verfahrens ist nach der wiederholten Darstellung der Antragstellerin ausschließlich die (3.) Niedersächsische Verordnung über die Beschränkung sozialer Kontakte zur Eindämmung der Corona-Pandemie vom 7. April 2020. Konkrete Inhalte zukünftiger landesrechtlicher Regelungen und sich daraus ergebende belastende Wirkungen für die Antragstellerin sind - auch unter Berücksichtigung der politischen Vereinbarung im Beschluss der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 15. April 2020, dort insbesondere Nrn. 1 und 10 - derzeit nicht verlässlich zu prognostizieren. Diese können in einem gegebenenfalls anzustrengenden weiteren Verfahren hinreichende Berücksichtigung finden.

Der danach mit einer Außervollzugsetzung allenfalls noch zu erreichende geringe wirtschaftliche Vorteil und das damit verbundene Interesse an einer einstweiligen Außervollzugsetzung wird von dem gegenläufigen schwerwiegenden öffentlichen Interesse am weiteren Vollzug der angegriffenen Verordnung überwogen. Denn ohne diesen Vollzug würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach derzeitigen Erkenntnissen noch erheblich erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v 7.4.2020 - 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).