Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.04.2020, Az.: 13 ME 27/20
Abschiebung; Anordnung; Aufenthaltserlaubnis; Aussetzung; Ausweisung; Beschwerde; Beschwerdebegründung; Corona-Pandemie; darlegen; Duldung; einstellen; Erfolgsaussicht; erledigt erklärt; Hauptantrag; Hauptsache; Hilfsantrag; Klage; Luftraum, geschlossener; Prozesskostenhilfe; Regelungsanordnung, einstweilige; Reisewege; Untersuchungshaft; Untersuchungshaftvollzug; Wirkung, aufschiebende; zurückgenommen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.04.2020
- Aktenzeichen
- 13 ME 27/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 72022
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 06.01.2020 - AZ: 4 B 420/19
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs 1 AufenthG
- § 25 Abs 3 AufenthG
- § 60 Abs 5 AufenthG
- § 60 Abs 7 AufenthG
- § 60a Abs 2 S 1 AufenthG
- § 72 Abs 2 AufenthG
- § 84 Abs 2 S 1 AufenthG
- § 123 Abs 1 S 2 VwGO
- § 146 Abs 4 VwGO
- § 154 Abs 1 VwGO
- § 155 Abs 2 VwGO
- § 161 Abs 2 S 1 VwGO
- § 166 Abs 1 S 1 VwGO
- § 173 S 1 VwGO
- § 80 Abs 1 S 1 VwGO
- § 80 Abs 5 S 1 VwGO
- § 92 Abs 3 S 1 VwGO
- § 114 Abs 1 S 1 ZPO
- § 121 Abs 1 ZPO
Tenor:
I. Soweit der Antragsteller mit dem Hauptantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage 4 A 338/19 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Juli 2019 unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 6. Januar 2020 begehrt hat, wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.
II. Soweit der Antragsteller mit dem Hilfsantrag begehrt hat, die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 6. Januar 2020 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Abschiebung vorläufig auszusetzen, wird das Verfahren in beiden Rechtszügen eingestellt.
Der die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagende Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 6. Januar 2020 wird hinsichtlich der darin enthaltenen Ablehnung des Hilfsantrags des Antragstellers sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung für unwirksam erklärt.
III. Der Antragsteller trägt hinsichtlich beider Streitgegenstände die Kosten des gesamten Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
V. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. aus B-Stadt wird abgelehnt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist zunächst das Beschwerdeverfahren teilweise einzustellen; nämlich insoweit, als der Antragsteller seine ursprünglich gegen den die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Haupt- und Hilfsantrag versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 6. Januar 2020 unbeschränkt eingelegte Beschwerde (vgl. die Beschwerdeschrift v. 20.1.2020, Bl. 144 der GA) durch eine nunmehr ausdrücklich auf das (ehemalige Hilfs-)Begehren nach Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGObeschränkte Antragstellung in der Beschwerdebegründungsschrift vom 10. Februar 2020 (Bl. 151 R der GA, per Fax eingegangen beim Oberverwaltungsgericht am selben Tage) konkludent teilweise zurückgenommen hat. Diese Teilrücknahme betrifft das in erster und anfänglich auch in zweiter Instanz mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung seiner am 25. Juli 2019 zum Verwaltungsgericht Braunschweig erhobenen Klage 4 A 338/19 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Juli 2019 - soweit diese Wirkung nicht kraft Gesetzes (gemeint war: nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) besteht - anzuordnen, welcher neben der kraft Gesetzes suspendierten Ausweisung verschiedene andere Verwaltungsakte (insbesondere Versagung einer Aufenthaltserlaubnis, Anordnung der Abschiebung aus der (damaligen Straf-)Haft heraus, Einreise- und Aufenthaltsverbot) enthält. Sie hatte zur Folge, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 6. Januar 2020, soweit er diesen ehemaligen Hauptantrag abgelehnt hatte, in Rechtskraft erwuchs. Die erst später mit Schriftsätzen vom 7. und 9. April 2020 (vgl. Bl. 188, 193 der GA) für den gesamten Eilrechtsstreit abgegebenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten vermochten an diesen Rechtswirkungen nichts mehr zu ändern.
II. Im Übrigen, das heißt soweit der Antragsteller nach erfolgter Teilrücknahme seiner Beschwerde den (ehemaligen) Hilfsantrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, seine Abschiebung auszusetzen, bis rechtskräftig über seine Klage 4 A 338/19 entschieden ist, in der Beschwerdeinstanz seit dem 10. Februar 2020 allein weiterverfolgt hat, ist ferner das Verfahren in beiden Rechtszügen in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGOeinzustellen und ist im selben Umfang der ablehnende Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6. Januar 2020 nebst der gesamten Kostenentscheidung gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog für unwirksam zu erklären, nachdem die Beteiligten - wie ausgeführt - den Eilrechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens in beiden Rechtszügen. Das folgt aus der Anwendung verschiedener Vorschriften.
1. Hinsichtlich des ehemaligen Begehrens im Hauptantrag beruht die Kostenlastentscheidung für das erstinstanzliche Eilverfahren 4 B 420/19 auf § 154 Abs. 1 VwGO, weil der Antragsteller dessen durch das Verwaltungsgericht streitig entschiedene Ablehnung hat rechtskräftig werden lassen, und für das nach Ziffer I. teilweise eingestellte Beschwerdeverfahren 13 ME 27/20 (früher: 13 ME 8/20) auf § 155 Abs. 2 VwGO, weil der Antragsteller seine Beschwerde insoweit teilweise zurückgenommen hat.
2. Bezüglich des ehemaligen Begehrens im Hilfsantrag ist nach insoweit durch Ziffer II. ausgesprochener teilweiser Einstellung des Eilrechtsstreits 4 B 420/19 // 13 ME 27/20 über die darauf bezogenen Verfahrenskosten in beiden Rechtszügen gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im vorliegenden Fall entspricht es billigem Ermessen, auch diesen Teil der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen dem Antragsteller aufzuerlegen.
a) Zwar hat sich die Antragsgegnerin, nachdem sie im Rahmen einer durch den Berichterstatter des Senats angeregten Prüfung zu dem Ergebnis gelangt war, dass infolge der aktuellen Corona-Pandemie wegen des geschlossenen Luftraums derzeit keine Reisewege nach Marokko als Zielland der Abschiebung zur Verfügung stehen, mit Schriftsatz vom 3. April 2020 (vgl. Bl. 181 der GA) bereit erklärt, dem Antragsteller wegen eines tatsächlichen Abschiebungshindernisses eine vorerst auf einen Monat befristete Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu erteilen, die bei Anhalten dieser Situation verlängert werde. Diese Erklärung ist entgegen der Ansicht des Antragstellers jedoch nicht dahin zu deuten, dass sich die Antragsgegnerin unter Herbeiführung des erledigenden Ereignisses in die Rolle der Unterlegenen begeben, das heißt bereits eine anfängliche Erfolgsaussicht dieses mit der Beschwerde weiterverfolgten Eilrechtsschutzbegehrens anerkannt hätte.
b) Bei Lichte besehen verhält es sich nicht einmal so, dass die Antragsgegnerin mit dieser Erklärung (nach dem Rechtsgedanken des § 156 VwGO) auf eine erst während des Beschwerdeverfahrens eingetretene Erfolgsaussicht der Eilbeschwerde 13 ME 27/20 in der Sache (im noch aufrechterhaltenen Umfang) durch „sofortiges Anerkenntnis“ reagiert hätte. Vielmehr war diese Beschwerde hinsichtlich des zuletzt nur noch weiterverfolgten Begehrens, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen, mangels hinreichender Darlegungen im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO bereits unzulässig. Sie vermochte daher auch bei großzügigster Auslegung und Anwendung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, nach welchem sich der Senat bei seiner Prüfung im Beschwerdeverfahren auf die (fristgerecht, vgl. § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Beschwerdegründe zu beschränken hat, auf die vorliegende Reihenfolge der Ereignisse selbst durch materiell-rechtlich erhebliche Veränderungen der Sachlage (Schließung der Luftreisewege nach Marokko) nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (10. Februar 2020, 24.00 Uhr) nicht in eine Begründetheit „hineinzuwachsen“. Vor diesem Hintergrund konnte das erstinstanzlich im Hilfsantrag abgelehnte Eilrechtsschutzbegehren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht mehr zulässigerweise weiterverfolgt werden und war daher endgültig ohne Erfolgsaussichten (vgl. zu dieser Konsequenz Senatsbeschl. v. 13.3.2018 - 13 ME 38/18 -, juris Rn. 3). Dadurch, dass die Beteiligten den Eilrechtsstreit insgesamt und daher auch insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ändert sich an diesem Befund nichts.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123 VwGO) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Diese Anforderungen sind nicht bereits dann erfüllt, wenn nur aufgezeigt wird, dass die Erwägungen, auf die das Verwaltungsgericht seinen Spruch gestützt hat, unzutreffend sind. Durch die Beschwerdebegründung muss vielmehr das Entscheidungsergebnis in Frage gestellt werden (Bayerischer VGH, Beschl. v. 8.8.2006 - 11 CE 05.2152 -, juris Rn. 8; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 146 Rn. 13c (Stand: 34. EL Mai 2018)). Eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung liegt mithin nur dann vor, wenn sich aus den fristgerecht dargelegten Gesichtspunkten die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung und die Notwendigkeit ihrer Aufhebung ergeben (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 27.5.2008 - 2 M 72/08 -, juris Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 146 Rn. 41; Redeker, in: Redeker/v. Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 146 Rn. 22). Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gründe müssen solcher Art sein, dass das Beschwerdegericht zur Überzeugung gelangt, dass die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist (Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 78). Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und in Zweifel ziehen (vgl. Senatsbeschl. v. 14.9.2016 - 13 ME 175/16 -, V.n.b., S. 2 f. des Beschlussabdrucks, und v. 25.7.2014 - 13 ME 97/14 -, juris Rn. 4). Lässt der Beschwerdeführer eine tragende Begründung unangefochten, so hat er nicht dargelegt, weshalb die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern sei (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 406 m.w.N.; Kopp/Schenke, a.a.O.; jew. m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die am letzten Tage der Begründungsfrist aus § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingereichte Beschwerdebegründung des Antragstellers vom 10. Februar 2020 (Bl. 150 ff. der GA) nicht gerecht.
Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss den Erlass der vom Antragsteller begehrten, auf vorläufige Duldung gerichteten einstweiligen Anordnung mit zwei selbständig tragenden Begründungen abgelehnt. Angesichts des in der Hauptsache (auch) geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG komme zwar ausnahmsweise eine sog. „Verfahrensduldung“ nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zur Sicherung dieses Titelanspruchs (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 22.8.2017 - 13 ME 213/17 -, juris Rn. 3) in Betracht. Jedoch scheitere ein solcher Anspruch erstens daran, dass es an der besonderen Erteilungsvoraussetzung aus § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG (Eingreifen eines nationalrechtlichen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG) fehle, nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 72 Abs. 2 AufenthG mit Stellungnahme vom 6. Juni 2019 (Bl. 655 ff. der BA 001) das Vorliegen dieser Abschiebungsverbote verneint habe und die vom Antragsteller eingereichte ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie C. aus D. vom 26. April 2019 (Bl. 50 f. der GA = Bl. 670 f. der BA 001) im Wesentlichen dieselben psychischen Erkrankungen wie die dem Bundesamt vorliegenden Unterlagen (insbesondere Depression mit Angststörung, akustische Halluzinationen und Substanzabhängigkeit) diagnostiziere, eine bestimmte Medikation und Psychotherapie lediglich empfehle und die Gefahr außergewöhnlich schwerer psychischer Schäden nicht erkennen lasse. Zweitens stehe einem Anspruch aus § 25 Abs. 3 AufenthG die - von der eingetretenen Suspendierung der Ausweisung durch Klageerhebung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthGunbeeinflusste - Sperrwirkung der Ausweisung, welche bei verfassungsrechtlich gebotener summarischer Inzidentprüfung auch rechtmäßig sei, nach § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen, aus der eine Titelerteilungssperre resultiere.
Dahinstehen kann, inwieweit die zweite Erwägung des Verwaltungsgerichts mit zureichenden Darlegungen angegriffen worden ist. Hierauf kommt es nach den eingangs geschilderten Maßstäben nicht an, weil die Beschwerdebegründung vom 10. Februar 2020 jedenfalls keinen substantiiert begründeten Angriff gegen die erste Erwägung enthält. Sie setzt sich mit der Annahme des Verwaltungsgerichts, ein nationalrechtliches zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bestehe aller Voraussicht nach nicht, nur unzureichend auseinander. Der Antragsteller macht lediglich ein Abschiebungsverbot bezogen auf Marokko gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 (in Verbindung mit Satz 3) AufenthG im Hinblick auf eine ihm dort drohende erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben wegen seiner psychischen Erkrankung geltend. Er geht dabei von der Prämisse aus, dass ein Abbruch der Psychotherapie zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen führte, und legt zugrunde, dass ein solcher Abbruch bei seiner Rückkehr nach Marokko geschehen werde (vgl. Bl. 150 f. der GA). Allerdings tritt er der - im Anschluss an die Stellungnahme des Bundesamts vom 6. Juni 2019 gebildeten - Annahme des Verwaltungsgerichts, in Marokko seien bezogen auf psychische Erkrankungen Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten verfügbar und für den Antragsteller insbesondere nach Unterstützung durch dort weiterhin lebende Familienangehörige auch tatsächlich erlangbar (vgl. Bl. 660 ff., insbes. Bl. 662 der BA 001), nicht einmal durch eine entsprechend gegenteilige Tatsachenbehauptung dezidiert entgegen, sondern hält diese Fragen insbesondere hinsichtlich der ärztlich empfohlenen Gesprächstherapie schlicht für „nicht ausreichend geklärt“ (vgl. Bl. 151 der GA) und damit offen. Das reicht nicht ansatzweise aus, um die selbständig tragende erste verwaltungsgerichtliche Begründung der Verneinung eines Anspruchs aus § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zu erschüttern.
Thematisch überhaupt keine Darlegung ist zu dem während des Beschwerdeverfahrens (vgl. Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers v. 18.3.2020, Bl. 173 der GA, und v. 7.4.2020, Bl. 188 R der GA) eingenommenen Standpunkt erfolgt, der Vollzug des Untersuchungshaftbefehls des Amtsgerichts E. - 5 Gs 114/19 - vom 15. Dezember 2019 in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft F. 210 Js 68786/19 (vgl. Bl. 208 R, 211 und 213 der BA 002) bilde seit dem 15. Dezember 2019 ein rechtliches und tatsächliches Hindernis für die Abschiebung des Antragstellers im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (vgl. dazu Senatsbeschl. v. heutigen Tage in dem Verfahren 13 PA 9/20). Obwohl der Antragsteller als inhaftierte Person unmittelbar von dem Umstand des Untersuchungshaftvollzugs betroffen ist und mithin davon Kenntnis hatte, hat er ihn im Rahmen der Beschwerdebegründung nicht vortragen lassen. Ob sein Prozessbevollmächtigter, der ihn nicht auch im Strafverfahren vertrete, von diesem Umstand erst später Kenntnis erlangt hat oder nicht, ist irrelevant. Vor diesem Hintergrund besteht entgegen der Ansicht des Antragstellers auch keine Veranlassung, von dem Darlegungserfordernis aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit Blick auf eine angeblich gegebene „Offensichtlichkeit“ abzusehen. Für den Senat, dem der Umstand des seit dem 15. Dezember 2019 durchgeführten Untersuchungshaftvollzugs erst mit dem Eingang des Vollstreckungsheftes (BA 002) am 25. Februar 2020 (vgl. Bl. 160 der GA) zur Kenntnis gelangte, war er ohnehin nicht offensichtlich. Im Übrigen ist dieser Umstand in der Sache ohnehin nicht geeignet, zu einem Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 AufenthG zu führen (vgl. Senatsbeschl. v. heutigen Tage im Verfahren 13 PA 9/20) und die die Ablehnung des Hilfsantrags tragende Annahme des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, ein Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) sei nicht glaubhaft gemacht.
IV. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren in Höhe von nur einmal 2.500 EUR beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, 52 Abs. 1, 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GKG in Verbindung mit Nrn. 8.1, 8.3 und 1.5 Sätze 1 und 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11).
1. Gemäß Nrn. 8.1, 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs ist der anfänglich in der Beschwerdeinstanz weiterverfolgte Hauptantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, der sich im Wesentlichen auf die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis bezogen hatte, mit dem hälftigen Auffangwert aus § 52 Abs. 2 GKG, das heißt mit 2.500 EUR anzusetzen. Die Ausweisung aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Juli 2019 wirkt sich nicht nach § 39 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs streitwerterhöhend aus, weil der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers bereits in der Antragsschrift vom 9. Oktober 2019 (vgl. Bl. 66 der GA) deutlich gemacht hat, dass er - ebenso wie das Verwaltungsgericht auf Seite 11 des angefochtenen Beschlusses lediglich einleitend ausgeführt hat - von einer bereits nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingetretenen Suspendierung der Ausweisung ausgehe; sie war daher als solche in beiden Instanzen nicht unmittelbarer Gegenstand des jeweiligen Hauptantrags.
2. Bezüglich des im Kern auf eine Verfahrensduldung wegen eines behaupteten sicherungsfähigen Titelanspruchs gerichteten Hilfsantrags nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der an sich nach Nrn. 8.3, 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs eigenständig mit dem hälftigen Auffangwert (2.500 EUR) zu bemessen wäre, besteht vor diesem Hintergrund weitgehende Teilidentität mit dem Streitgegenstand des Hauptantrags im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, so dass diese Hinzurechnung unterbleiben muss.
V. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Beschwerde (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abzulehnen.
1. Hinsichtlich der anfänglich auch gegen die Ablehnung des Hauptantrags geführten Beschwerde verweist der Berichterstatter - sofern das Prozesskostenhilfegesuch insoweit nicht ohnehin zugleich mit der am 10. Februar 2020 konkludent erklärten Teilrücknahme der Eilbeschwerde (vgl. oben I.) als derjenigen Rechtsverfolgung, auf die es sich bezogen hat, konkludent zurückgenommen worden sein sollte - auf die zugehörigen Erwägungen in den Gründen des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 6. Januar 2020, die er teilt.
2. Bezüglich der Beschwerde gegen die Ablehnung des (ehemaligen) Hilfsantrags bestanden, wie oben unter III.2.b) ausgeführt, angesichts ihrer Unzulässigkeit (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen, ist für die von ihm auch begehrte Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für dieses Verfahren nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 1 (und ggf. Abs. 3) ZPO ebenfalls kein Raum.
Das Prozesskostenhilfeverfahren ist mangels eines in §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit der Anlage 1 (Kostenverzeichnis) vorgesehenen Gebührentatbestandes gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens werden nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 2 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).