Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.04.2020, Az.: 1 LC 168/18

beA; Berufungsbegründungsfrist; Digifax; Fristversäumnis; Fristversäumnis, schuldhaftes; Sorgfaltspflichten, erhöhte; Störung, technische; Verschulden; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.04.2020
Aktenzeichen
1 LC 168/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71723
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.11.2018 - AZ: 2 A 129/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Verschulden i.S. von § 60 Abs. 1 VwGO kann auch dann vorliegen, wenn die von einem Rechtsanwalt 40 Minuten vor Fristablauf fertiggestellte Berufungsbegründungschrift aufgrund einer technischen Störung in der EDV-Anlage des Büros nicht mehr rechtzeitig per Fax übermittelt werden kann.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 2. Kammer - vom 22. November 2018 wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 60.000,00 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin erstrebt die Legalisierung ihres Bauvorhabens, gegen das die Beklagte bereits eine Beseitigungsanordnung erlassen hat.

Die Klägerin errichtete in einem von der Beklagten durch Bebauungsplanänderung mit Örtlicher Bauvorschrift neu ausgewiesenen Wohngebiet ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten. Auf Antrag der Klägerin gestattete die Beklagte eine Abweichung von der durch die Örtliche Bauvorschrift für Gebäude mit zwei Vollgeschossen auf 6,50 m festgelegten Traufhöhe um 0,50 m. Nach Fertigstellung des Rohbaus wurde festgestellt, dass das Bauvorhaben die zugelassene Traufhöhe um 0,76 m überschreit. Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer weiteren Abweichung lehnte die Beklagte ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch als unbegründet zurück.

Daraufhin hat die Klägerin Neubescheidungsklage erhoben, mit der sie hilfsweise unter Geltendmachung der Unwirksamkeit der die Traufhöhe regelnden Örtlichen Bauvorschrift die Feststellung begehrt hat, dass für ihr Bauvorhaben keine weitere Abweichung erforderlich ist. Das von der Klägerin zudem gegen die anschließend erlassene Beseitigungsanordnung angestrengte Widerspruchsverfahren hat die Beklagte im Hinblick auf die Klage zum Ruhen gebracht.

Durch das im vorliegenden Berufungsverfahren angegriffene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch bezüglich des Hilfsantrags abgewiesen. Die Traufhöhenfestsetzung in der Örtlichen Bauvorschrift sei wirksam. Für die hiernach zur Legalisierung des Bauvorhabens notwendige Abweichung lägen schon die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor. Das mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Urteil ist der Klägerin am 10. Dezember 2018 zugestellt worden.

Am 11. Dezember 2018 hat die Klägerin unter Stellung eines bestimmten Antrags die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Entsprechend dem von ihrem Prozessbevollmächtigten am 11. Februar 2019, einem Montag, gestellten Antrag hat der Vorsitzende des Senats mit Schreiben vom 12. Februar 2019 die Frist zur Begründung der Berufung auf den 25. Februar 2019 verlängert.

Die zehn Seiten umfassende Berufungsbegründungschrift vom 25. Februar 2019 ist vorab per Fax eingereicht worden. Nach den in der Kopfzeile befindlichen Absenderangaben ist der Schriftsatz aus dem Büro des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. Februar 2019 zwischen 23:54 Uhr (erste Seite) und 23:59 Uhr (letzte Seite) abgesandt worden. Auf dem Empfangsgerät des Oberverwaltungsgerichts unter der Dokumenten-ID 263462 eingegangen ist das Fax ausweislich seiner Fußzeile um „2019-02-26 00:00“. Nach Auskunft des Zentralen IT-Betriebs der Niedersächsischen Justiz (ZIB) mit E-Mail vom 28. Februar 2019, die zum Beleg einen Auszug aus dem Datenlogger des Fax-Servers mit einer ersten Aufzeichnung zu dem Dokument 263462 für „19/02/26 00:00:22“ enthält, ist der Vorgang der Faxübertragung erst nach 0:00 Uhr des 26. Februar 2019 abgeschlossen gewesen. Auf weitere Nachfrage hat das ZIB mit E-Mail vom 20. März 2019 mitgeteilt, eine Ungenauigkeit der Uhr des Fax-Servers könne ausgeschlossen werden. Sie werde - wie alle Server im Land Niedersachsen - mit der Atomuhr in Braunschweig abgeglichen.

Auf den ihm am 11. März 2019 zugegangenen Hinweis des Senatsvorsitzenden, dass die Wahrung der Berufungsbegründungsfrist fraglich sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 18. März 2019 unter Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung einen vorsorglichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Er meint, dass eine etwaige Versäumung der Berufungsbegründungsfrist unverschuldet, weil rein technisch bedingt sei. Insoweit trägt er vor: Die EDV-Anlage seiner Kanzlei bestehe aus einem zentralen Server, einem zentralen Drucker-, Scanner- und Faxgerät sowie vier Arbeitsplatzrechnern. Sämtliche Geräte seien mit der Rechtsanwaltskanzleisoftware „RA Micro“ ausgestattet. Am 25. Februar 2019 habe er an seinem Arbeitsplatzrechner an verschiedenen Vorgängen gearbeitet und hierbei sowohl aus dem Programm „Outlook“ als auch aus dem Internet Dokumente ausgedruckt. Dies habe reibungslos funktioniert. Etwa um 21:30 Uhr habe er den bereits vorbereiteten Berufungsbegründungstext auf seinen Arbeitsplatzrechner geladen und hieran zwischen 22:00 Uhr und 23:20 Uhr einige textliche Änderungen vorgenommen. Dann habe er den Text ausdrucken wollen, aber feststellen müssen, dass dies nicht möglich gewesen sei. Nach erfolgloser Fehlersuche habe er um 23:40 Uhr die Idee gehabt, den Text von dem Arbeitsplatzrechner seiner Sekretärin aus zu drucken. Er habe den Rechner hochgefahren und nach dem Passwort gesucht, was jeweils einige Minuten in Anspruch genommen habe. Sodann habe er den überarbeiteten Berufungsbegründungstext ausgedruckt und an das Gericht gefaxt. Die Klägerin könne für die fehlende Kommunikation zwischen der Kanzleisoftware auf seinem Arbeitsplatzrechner und dem Drucker nicht verantwortlich gemacht werden. Auch ihn selbst treffe ein Verschulden nicht, weil er von der defekten Schnittstelle nichts habe wissen können, nachdem er im Laufe des Tages sowohl aus „Outlook“ als auch aus dem Internet Dokumente ohne Schwierigkeiten habe drucken können.

Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre Auffassung, dass die Traufhöhenfestsetzung in der Örtlichen Bauvorschrift unwirksam sei.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

das angefochtene Urteil zu ändern und - unter Austausch von Haupt- und Hilfsantrag - nach ihren in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Wirksamkeit der Traufhöhenfestsetzung und ihre Entscheidung, eine weitere Traufhöhenabweichung nicht zuzulassen.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2020 hat der Senat die Beteiligten zu der in Aussicht genommenen Möglichkeit angehört, die Berufung durch Beschluss zu verwerfen. Die Berufung sei unzulässig, weil die Berufungsbegründungsfrist versäumt und dem Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aller Voraussicht nach nicht stattzugeben sei. Die Klägerin hat sich zu dem ihrem Prozessbevollmächtigten am 15. Januar 2020 zugestellten Schreiben nicht geäußert; die Beklagte hat ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtet.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Senat vorgelegen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO durch Beschluss (zur Vereinbarkeit der Norm mit höherrangigem Recht vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.1.2013 - 4 B 30.12 -, juris Rn. 6). Die Berufung ist nach § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen. Denn sie ist gemäß § 124a Abs. 3 Satz 5 VwGO unzulässig, weil sie nicht innerhalb der vom Vorsitzenden des Senats gemäß § 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO auf den 25. Februar 2019 verlängerten Frist begründet worden ist. Der Klägerin kann wegen des Fristversäumnisses auch nicht - wie vorsorglich beantragt - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Die Klägerin hat eine rechtzeitige Begründung ihrer Berufung versäumt. Die ursprünglich mit Ablauf des 11. Februar 2019 endende Berufungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB) wurde auf den an diesem Tag gestellten Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zwar von dem Senatsvorsitzenden gemäß § 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO bis zum Ablauf des 25. Februar 2019, einem Montag, verlängert. Eingegangen ist die vorab per Fax übermittelte Berufungsbegründung allerdings erst kurz nach Beginn des 26. Februar 2019. Nach der unter dem 28. Februar 2019 eingeholten Auskunft des ZIB war der Übertragungsvorgang erst 22 Sekunden nach Mitternacht abgeschlossen. An der Richtigkeit dieser Feststellung bestehen keine Zweifel; solche wurden von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zuletzt auch nicht mehr geäußert. Das Gericht nutzt ein sogenanntes Digifax-Verfahren. Dieses internetbasierte Faxverfahren unterscheidet sich vom herkömmlichen Faxvorgang insbesondere dadurch, dass Dokumente nicht Seite für Seite versandt oder empfangen, sondern als einheitliches „Datenpaket“ übermittelt werden. Aus diesem Grunde beginnt der Versand eines Dokuments erst - anders als bei herkömmlichen Faxvorgängen - mit dem Abschluss des Einlesens des letzten Teils eines zu versendenden Dokuments. Vorliegend wurde die letzte Seite des insgesamt zehnseitigen Berufungsbegründungsschriftsatzes um 23:59 Uhr - eine Angabe der Sekunden findet sich in der Kopfzeile des Schriftstückes nicht - eingelesen. Dass die Berufungsbegründungsschrift unter diesen Voraussetzungen erst mit Beginn des nächsten Tages auf dem Server des Gerichts einging, liegt deutlich im Rahmen des zu Erwartenden.

Der von ihrem Prozessbevollmächtigten am 18. März 2019 vorsorglich gestellte Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist abzulehnen. Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei muss sich die Klägerin das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, das Fristversäumnis sei unverschuldet, weil rein technisch bedingt, folgt der Senat nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Verschulden im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO vor, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zuzumuten war (z.B. BVerwG, Beschl. v. 28.2.2008 - 9 VR 2.08 -, juris Rn. 6). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch geklärt, dass es einem Beteiligten zwar grundsätzlich freisteht, eine Einlegungs- oder Begründungsfrist voll auszunutzen. Dies begründet aber erhöhte Sorgfaltspflichten. Er muss alle gebotenen Maßnahmen treffen, um die Gefahr einer Fristversäumnis zu vermeiden (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 2.7.2014 - 1 BvR 862/13 -, juris Rn. 4; BVerwG, Beschl. v. 29.5.1991 - 8 C 60.90 -, juris Rn. 3; BGH, Beschl. v. 23.06.2004 - IV ZB 9/04 -, juris Rn. 8). Diesen erhöhten Sorgfaltsanforderungen ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der nach eigenen Angaben die Berufungsbegründungsschrift erst am Abend des 25. Februar 2019 gegen 23:20 Uhr fertigstellte, nicht gerecht geworden.

Zwar lässt sich dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht vorwerfen, dass er den Text, wie er vorgetragen hat, aufgrund eines plötzlich auftretenden Problems mit der Druckereinrichtung von seinem Arbeitsplatzrechner aus nicht ausdrucken konnte. Anzulasten ist ihm aber, dass er offenbar in die Bedienung der in seiner Kanzlei vorhandenen EDV-Anlage nicht so eingeübt war, dass er mit dieser bei seiner nächtlichen Arbeit und unter Zeitdruck ohne Schreibkraft sicher umgehen konnte (vgl. zu dieser Anforderung BGH, Beschl. v. 23.6.2004 - IV ZB 9/04 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 9.5.2006 - XI ZB 45/04 -, juris Rn. 10). Nach seinem Vorbringen ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zwar um 23:40 Uhr eingefallen, dass der Ausdruck der Berufungsbegründung von dem Arbeitsplatzrechner seiner Sekretärin aus technisch möglich sein könnte. Er hat dann aber noch einige Minuten auf das Heraussuchen des Passwortes seiner Sekretärin verwandt. Diese weitere zeitliche Verzögerung, die letztlich ursächlich für den Eingang des Faxes erst nach Mitternacht war, hätte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin allerdings bei hinreichender Vertrautheit mit der EDV-Anlage in seiner Kanzlei ersparen können. Denn bei dem von ihm angegebenen serverbasierten System mit mehreren Arbeitsplätzen hätte das eigene Passwort für die Anmeldung auch an den drei anderen Arbeitsplatzrechnern genügt.

Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch eine weitere ihm zur Einhaltung der Frist offenstehende Option nicht genutzt. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits in einem ähnlich gelagerten Fall einer unvorhergesehenen technischen Störung entschieden hat, werden die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht nämlich nicht überspannt, wenn erwartet wird, dass der Prozessbevollmächtigte bei drohendem Fristablauf sicherheitshalber einen Verlängerungsantrag stellt. Ein derartiger Antrag sei ein einfaches und wirksames Mittel, um die Fristversäumung zu verhindern. Dies gelte umso mehr, als ein solches Vorgehen der gängigen Praxis entspreche. Ein Fristverlängerungsantrag sei auch nicht von vornherein aussichtslos, da dem Antrag auch nach Fristablauf wirksam stattgegeben werden könne und der Prozessbevollmächtigte gerade im Hinblick auf die unvorhergesehene technische Störung mit einer erneuten Verlängerung habe rechnen dürfen (BVerfG, Kammerbeschl. v. 25.2.1993 - 2 BvR 1066/91 -, juris Rn. 6). Diese Erwägungen greifen auch im vorliegenden Fall. Denn die Stellung eines (zweiten) Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wäre dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch handschriftlich möglich und die Zeit zur Übermittlung dieses nur kurzen Schriftsatzes per Fax ausreichend gewesen. Zwar sind an eine zweite Fristverlängerung tendenziell strengere Anforderungen als für die Entsprechung eines ersten Verlängerungsantrags zu stellen. Weitere Verlängerungen können jedoch weder generell abgelehnt noch ausschließlich von der Zustimmung des Prozessgegners - nach dem Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 12. Februar 2019, mit dem die Berufungsbegründungsfrist auf den 25. Februar 2019 verlängert wurde, sollte vor Bescheidung eines neuerlichen Antrags eine Anhörung der Gegenseite erfolgen - abhängig gemacht werden. Maßgeblich sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalls (Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 51). Hier hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für sich ins Feld führen können, dass die erste von ihm beantragte Fristverlängerung nur zwei Wochen umfasste und die zweite Fristverlängerung noch weitaus kürzer hätte ausfallen können. Denn die Berufungsbegründung war bereits fertiggestellt und nur noch das Problem ihres Ausdrucks zu lösen. Eine bedeutsame Verzögerung des Rechtsstreits wäre durch die Verlängerung mithin nicht eingetreten.

Schließlich ist nicht dargelegt, warum dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin die rechtzeitige Einreichung der Berufungsbegründungsschrift nicht durch Versendung aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) möglich gewesen ist, zu dessen passiver Nutzung er gemäß § 31a Abs. 6 BRAO schon vor Februar 2019 verpflichtet war. Eine entsprechende Obliegenheit zur Nutzung bei technischer Störung des Faxversands hat das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 29. Juli 2019 trotz bislang ausstehender aktiver Nutzungspflicht bejaht und hierzu ausgeführt, dass mit erfolgreicher Anmeldung zum beA die Schaltfläche „Nachrichtenentwurf erstellen“ freigeschaltet sei, wodurch grundsätzlich auch die Möglichkeit bestehe, aus dem beA heraus Nachrichten zu versenden (OLG Dresden, Beschl. v. 29.7.2019 - 4 U 879/19 -, juris Leitsatz 2 und Rn. 8; ebenso Beschl. v. 18.11.2019 - 4 U 2188/19 -, juris Leitsatz und Rn. 6). Ob eine derartige Obliegenheit generell oder jedenfalls in diesem Einzelfall, in dem entgegenstehende Gründe nicht vorgetragen sind, besteht (ablehnend LG Mannheim, Beschl. v. 17.1.2020 - 1 S 71/19 -, juris Rn. 13 ff.), lässt der Senat mit Blick auf die obigen Ausführungen offen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO (vgl. - zur entsprechenden Anwendung im Beschlussverfahren - Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 125 Rn. 49). Der Streitwertfestsetzung, die der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung und dem Vorschlag der Klägerin in der Berufungsschrift folgt, liegen die Vorschriften der §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 VwGO zugrunde.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.