Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.04.2020, Az.: 8 LA 10/20

Aufgabe zur Post; Ausschlussfrist; Berufsunfähigkeitsrente; Beweis; Frist; gewöhnlicher Brief; materiell-rechtliche Ausschlussfrist; Nachsichtgewährung; Zustellung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.04.2020
Aktenzeichen
8 LA 10/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72007
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 28.11.2019 - AZ: 5 A 8766/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Auch der Nachweis der Aufgabe eines gewöhnlichen Briefes bei der Post begründet keinen Beweis, auch nicht des ersten Anscheins, für den Zugang des Schreibens beim Empfänger.

2. Antragsfrist für eine Berufsunfähigkeitsrente in der Alterssicherungsordnung eines berufsständischen Versorgungswerks als materiell-rechtliche Ausschlussfrist.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 5. Kammer - vom 28. November 2019 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 19.983,67 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, mit dem seine Klage auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente abgewiesen worden ist, hat keinen Erfolg.

Der nach Art einer Berufungsschrift abgefasste Schriftsatz des Klägers vom 18. Februar 2020 bezeichnet keinerlei Zulassungsgründe im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO, die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen wären. Auch wenn man die umfänglichen Äußerungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, in denen er die Urteilsgründe des Verwaltungsgerichts als „… in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft“ kritisiert und seine eigene gegenteilige Rechtsauffassung vorträgt, als – sinngemäße – Geltendmachung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auffasst, könnte der Zulassungsantrag indes keinen Erfolg haben.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines erstinstanzlichen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris Rn. 17; v. 10.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, juris Rn. 96). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9f.). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert, dass unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Urteil ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 4.1.2012 - 5 LA 85/10 -, juris). Regelmäßig bedarf es qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 17.6.2015 - 8 LA 16/15 -, juris Rn. 10 u. v. 17.5.2016 - 8 LA 40/16 -, juris Rn. 6). Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

1. Soweit der Kläger die Auffassung des Verwaltungsgerichts angreift, der Zugang seines Rentenantrags sei nicht nachgewiesen, übersieht er, dass durch die Kritik an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts der erforderliche Vollbeweis des Eingangs seines Schreibens von 1. Februar 2017 bei der Beklagten nicht geführt werden kann. Das Verwaltungsgericht geht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.4.2005 – 1 C 6/04 –, juris Rn. 8; BGH, Urt. v. 17.2.1964 – II ZR 87/61 -, beck online LS 1; BAG, Urt. v. 14.7.1960 – 2 AZR 173/59 –, juris LS 1; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.10.2005 – 3 Nc 37/05 –, juris Rn. 8; Smollich, in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, VwZG § 8 Rn. 5) zutreffend davon aus, dass die – unterstellte – Aufgabe eines gewöhnlichen Briefes bei der Post keinen Beweis, auch nicht des ersten Anscheins, für den Zugang des Schreibens beim Empfänger begründet. Daher ist der Vortrag des Klägers, er habe den Brief am 2. Februar 2017 dem örtlichen Briefträger in seiner Praxis bei der Aushändigung der eingehenden Post mitgegeben, schon im Ansatz nicht geeignet, den Eingang des Schreibens bei der Beklagten zu beweisen. Es kommt immer wieder vor, dass abgesandte Briefe, selbst Einschreibesendungen, den Empfänger nicht erreichen, mag ihre Zahl im Verhältnis zum Gesamtbeförderungsvolumen der Postdienste auch gering sein. Der Anscheinsbeweis ist aber nicht schon dann geführt, wenn zwei verschiedene Möglichkeiten eines Geschehensablaufs in Betracht zu ziehen sind, von denen die eine wahrscheinlicher ist als die andere (BFH, Urt. v. 14.03.1989 - VII R 75/85 -, juris Rn. 14 m.w.N.). Der dagegen erhobene Einwand des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass auch die – vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang erwähnte - Aufgabe des Briefes als Einschreiben keinen Nachweis für dessen konkreten Inhalt, hier: den Rentenantrag, erbracht hätte, ändert an der rechtlichen Bewertung nichts, da er nicht zu dem von ihm zu erbringenden Zugangsbeweis verhilft. Er ist zudem nur zutreffend, solange nicht beispielsweise ein Zeugenbeweis für den Inhalt einer zu einer bestimmten Sendungsnummer gehörenden Sendung zu dem Einreichungsbeleg hinzutritt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21.12.1993 – 3 M 25/93 –, juris Rn. 14). Aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 1. Dezember 2010 (Az. VIII 310/09, juris Rn. 22ff.) ergibt sich nichts Abweichendes. Sie verhält sich nicht zur Frage des Zugangsnachweises durch Aufgabe eines Schreibens zur Post. In der Entscheidung ging es um die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „vom Unternehmer nicht zu vertreten“ in § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang die Auffassung verworfen, dass es für den Eintritt der Wirkung der Stornomitteilung, d.h. die für den Versicherer günstige Folge des Entfallens des Provisionsanspruchs, auf deren Zugang ankommt. Eine Zugangsfiktion bei Aufgabe eines Schreibens zur Post ist darin nicht ausgesprochen.

Soweit der Kläger gegenüber dem Vorhalt des Verwaltungsgerichts, er hätte sich durch ein Telefonat Gewissheit über den Zugang der Unterlagen verschaffen können, auf seinen Anruf vom 1. März 2017 verweist, muss er sich entgegenhalten lassen, dass dieser Versuch, sich über den Eingang seines Schreibens zu vergewissern, verspätet war, weil er erst zu einem Zeitpunkt nach Ablauf der Fristen des § 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Alterssicherungsordnung erfolgte. Der Kläger hat den – von ihm nach eigenem Vorbringen am 2. Februar 2017 an die Post übergebenen – Rentenantrag 10 Tage vor Fristablauf abgesandt. Es hätte nahegelegen, sich jedenfalls vor dem 12. Februar 2017 als maßgeblichem Datum, bis zu dem der Antrag beim Beklagten zugegangen sein musste, nach dessen Eingang zu erkundigen und nicht erst Anfang März. Eine rechtzeitige Nachfrage hätte es ihm ermöglicht, die Unterlagen noch einmal – fristwahrend – zu übermitteln. Die erst im Anschluss an das Telefonat vom 1. März 2017 erfolgte Übersendung des Rentenantrages konnte die am 12. Februar 2017 abgelaufene Frist für die rückwirkende Rentengewährung nicht mehr wahren. Weitere Ermittlungen oder Beweiserhebungen zu dem Telefonat am 1. März 2017 waren deshalb nicht angezeigt.

Ob sich zu dem Telefonat vom 1. März 2017 ein Vermerk in den Unterlagen der Beklagten befindet oder nicht, ist unerheblich. Die Beklagte bestreitet den Eingang des Schreibens vom 1. Februar 2017. An den Kläger ist es offensichtlich nicht zurück gelangt. Einen Nachforschungsantrag bei der Deutschen Post hat er offenbar nicht gestellt, jedenfalls ein entsprechendes Ergebnis nicht berichtet. Eine „Indizienkette“ für den Nachweis des Zugangs des Schreibens vom 1. Februar 2017 ist nach alldem nicht gegeben.

2. Dem Kläger ist weder auf Antrag noch von Amts wegen Wiedereinsetzung gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 32 VwVfG zu gewähren. Bei der Fristenregelung in § 16 Abs. 1 Satz 2 Alterssicherungsordnung handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die eine Wiedereinsetzung nicht zulässt.

Unter materiell-rechtlichen Ausschlussfristen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom materiellen Recht gesetzte Fristen zu verstehen, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Sie sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, sofern das einschlägige Recht keine Ausnahme vorsieht (BVerwG, Urt. v. 22.10.1993 – 6 C 10/92 –, juris Rn. 16 m.w.N.). Dem Einwand des Klägers, „… aus der Formulierung der Fristen (der Alterssicherungsordnung sei) nicht ersichtlich, dass es sich um eine materielle Ausschlussfrist handeln würde“, ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Fristbestimmung des § 16 Abs. 1 Satz 2 (und auch des Satzes 3) Alterssicherungsordnung weder die Möglichkeit einer Verlängerung vorsieht noch im Kontext der Vorschrift die Möglichkeit der Wiedereinsetzung erwähnt wird, was nicht für eine bloße Verfahrensfrist spricht. Ob eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist vorliegt, ist daher durch Auslegung zu ermitteln (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.5.2018 – 4 A 1071 – juris Rn. 42ff. m.w.N.). Die Regelungen in § 16 Abs. 1 Alterssicherungsordnung ermöglichen es dem Anspruchsberechtigten, Leistungen bei Berufsunfähigkeit (auch) für einen bis zu 6 Monate zurückliegenden Zeitraum zu erlangen. Die Gewährung rückwirkender Leistungen setzt allerdings voraus, dass der Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente innerhalb von 6 Monaten nach der Einstellung der ärztlichen Tätigkeit gestellt wird. Sonst können Rentenzahlungen (erst) mit dem Monat der Antragstellung gewährt werden, was bedeutet, dass lediglich rückwirkende Leistungen einer zeitlichen Begrenzung unterliegen, während – bei fortbestehender Berufsunfähigkeit – Leistungen für die Zukunft auch bei späterer Antragstellung beansprucht werden können. Für diese Begrenzung rückwirkender Leistungen maximal auf einen Sechsmonatszeitraum gibt es – entgegen der Auffassung des Klägers – nachvollziehbare Gründe. Durch einen rückwirkenden Rentenantrag wird die Versorgungseinrichtung mit einer finanziellen Leistungspflicht für Zeiträume belastet, in denen sie den daraus erwachsenden finanziellen Aufwand bei der versicherungsmathematischen Kalkulation ihrer Reserven und den auf dieser Grundlage berechneten Leistungszusagen gegenüber anderen Mitgliedern noch nicht berücksichtigen konnte. Die Fristenregelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Alterssicherungsordnung begrenzt die Ungewissheiten derartiger rückwirkender Ansprüche, indem sie deren zeitnahe Geltendmachung verlangt. Die Beschränkung solcher Risiken, die sich für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung ergeben können, stellt ein berechtigtes Interesse für die Ausschlussfristen in § 16 Abs. 1 Alterssicherungsordnung dar und rechtfertigt den Ausschluss von nach Fristablauf geltend gemachten Ansprüchen (vgl. zur Qualifizierung solcher Fristen im berufsständischen Versorgungsrecht OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.11.1990 - 5 A 2561/88 -, beck online m.w.N.; Senat, Beschl. v. 17.6.2015 – 8 LA 16/15 –, juris Rn. 31 m.w.N.). Dem Kläger ist zuzugeben, dass insoweit die Argumentation des Verwaltungsgerichts Hannover in seinem Urteil etwas verkürzt ist. Zu einem anderen Ergebnis führt dies allerdings nicht.

Bei der Fristenregelung handelt es sich um eine bei Versorgungswerken übliche Praxis. Die gegenteilige Behauptung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, „… erstaunlicherweise – und entgegen der … Argumentation des Verwaltungsgerichts – (enthielten) keine der weiteren … Alterssicherungsordnungen der Versorgungswerke der Ärzte und Apotheker in Niedersachsen eine ähnliche Ausschlussfrist. Die Alterssicherungsordnung des Versorgungswerks der Tierärztekammer Niedersachsen, der Zahnärztekammer Niedersachsen und der Apothekerkammer Niedersachsen (beinhalteten) … sämtlichst keine Fristbegrenzungen für die Einreichung eines Antrags auf Berufsunfähigkeitsleistungen“, ist in dieser Form unzutreffend. Vielmehr sieht § 20 Abs. 11 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Tierärztekammer Niedersachsen eine vom Wortlaut her mit § 16 Abs. 1 Alterssicherungsordnung der Beklagten praktisch identische Regelung (einziger Unterschied: „tierärztlich“ statt „ärztlich“) vor. Die Satzung für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung der Zahnärztekammer Niedersachsen enthält in § 17 Abs. 1 Satz 2 ebenfalls eine Fristregelung, wonach der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente mit dem Monat beginnt, der auf den Eintritt der Berufsunfähigkeit, frühestens aber auf den Eingang des Antrages beim Versorgungswerk, folgt. Bei Zugrundelegung einer entsprechenden Regelung hätte der Kläger - selbst bei einer Antragstellung Anfang Februar 2017 - keine Berufsunfähigkeitsrente erhalten, da diese erst ab dem Folgemonat zu zahlen gewesen wäre, als seine Berufsunfähigkeit bereits nicht mehr bestand. Auch die Behauptung, die Satzung der Apothekerversorgung Niedersachsen sehe eine vergleichbare Frist wie § 16 Abs. 1 Alterssicherungsordnung der Beklagten nicht vor, ist zumindest irreführend. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Apothekerversorgung Niedersachsen beginnt die Rentenzahlung mit dem Monat der Antragstellung. Selbst wenn man den Antrag des Klägers als Anfang Februar 2017 gestellt ansehen wollte, würde er nach einer solchen Regelung, wie sie die Satzung der Apothekerversorgung vorsieht, keine rückwirkende Zahlung erhalten (sondern lediglich Leistungen bis zum 20. Februar 2017). Diese Regelung wäre – ebenso wie die der Zahnärzteversorgung Niedersachsen – für den Kläger sogar ungünstiger, als die der (beklagten) Ärztekammer, da eine rückwirkende Leistung für 6 Monate, wie sie § 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Alterssicherungsordnung vorsieht, danach ausgeschlossen ist.

Derartige Vorschriften des materiellen Rechts, in denen Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen gesetzt sind, widersprechen – entgegen der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers insoweit angedeuteten Zweifel – nicht deshalb rechtsstaatlichen Anforderungen, weil es gegen die Versäumung der Ausschlussfrist keine Wiedereinsetzung gibt (BVerwG, Urt. v. 28.3.1996 – 7 C 28/95 –, juris Rn. 14f.; Beschl. v. 7.8.1980 – 3 B 11/80 –, juris Rn. 7). In Betracht kommt lediglich eine ausnahmsweise Nachsichtgewährung, die das Bundesverwaltungsgericht unter engen Voraussetzungen u.a. dann zulässt, wenn die Versäumung der materiell-rechtlichen Ausschlussfrist auf Umständen "höherer Gewalt" beruht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.12.2016 – 8 B 15/16 –, juris Rn. 19). Unter „höherer Gewalt“ versteht das Bundesverwaltungsgericht ein Ereignis, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe – namentlich unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung – zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (BVerwG, Urt. v. 10.12.2013 – 8 C 25/12 –, juris Rn. 30 m.w.N.). Diese Voraussetzungen können hier nicht bejaht werden. Zwar wäre die Absendung der Unterlagen am 2. Februar 2017 rd. 10 Tage vor Ablauf der Frist ausreichend gewesen, da bei gewöhnlichem Postlauf mit dem rechtzeitigen Eingang beim Empfänger gerechnet werden konnte. Allerdings ist die Versendung nach den Angaben des Klägers als gewöhnlicher Brief erfolgt. Damit hat er nicht die größte, angesichts der Bedeutung der Angelegenheit für ihn (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 10.12.2013 - 8 C 25.12 -, NVwZ 2014, 292, juris Rn. 31, juris), zumutbare Sorgfalt angewendet, weil er sich nicht hinreichend über den Zugang des Antrags vergewissert hat. Das Risiko eines Postverlustes mag zwar gering sein, es ist aber nicht als so ungewöhnlich einzuschätzen, dass es von vornherein außer Betracht bleiben konnte, zumal auch die Möglichkeit eines verspäteten Eingangs beim Empfänger aufgrund verzögerten Postlaufs nicht völlig auszuschließen war. Einen Einlieferungsbeleg für das Schreiben, der auch eine Sendungsverfolgung ermöglicht hätte, gibt es nicht. Die telefonische Nachfrage bei der Beklagten erfolgte erst nach Fristablauf. Da die Übersendung mit einfacher Post nicht der größten zumutbaren Sorgfalt entsprach, kommt es auf eine Vernehmung des Postboten, an den die Sendung am 2. Februar 2017 in der Praxis unmittelbar übergeben worden sein soll, nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG und folgt der nicht angegriffenen Streitwertbemessung durch das Verwaltungsgericht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).