Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.2021, Az.: 7 KN 21/20

Klagefrist; Normenkontrollantrag; unzulässig; Unzulässigkeit; Verfristung; Vertretungszwang

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.10.2021
Aktenzeichen
7 KN 21/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71041
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Wird ein Normenkontrollantrag ohne rechtsanwaltliche Vertretung vor dem Verwaltungsgericht gestellt, das Verfahren erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO an das zuständige Oberverwaltungsgericht verwiesen und erst sodann ein Rechtsanwalt vom Antragsteller beauftragt, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Maßgeblich ist - vorbehaltlich einer abweichenden Beurteilung von Konstellationen, in denen missbräuchlich Rechtspositionen erschlichen oder bewahrt werden sollen -, ob die Klage vor dem Verwaltungsgericht fristgerecht erhoben wurde.

Tenor:

Die „Satzung der Samtgemeinde Nord-Elm über die Auferlegung der Reinigungspflicht auf öffentlichen Straßen“ der Antragsgegnerin vom 26. November 2018 ist unwirksam, soweit sie in § 1 Abs. 2 i.V.m. der der Satzung als Anlage beigefügten Karte bestimmt, dass das Grundstück G. in A-Stadt Teil des im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Antragsteller vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller, Eigentümer des im Rubrum genannten Grundstücks, wendet sich mit seinem Normenkontrollantrag gegen die Auferlegung der Straßenreinigungspflicht für den bebauten Teil seines Grundstücks durch die „Satzung der Samtgemeinde Nord-Elm über die Auferlegung der Reinigungspflicht auf öffentlichen Straßen“ der Antragsgegnerin vom 26. November 2018.

Das Grundstück des Antragstellers liegt im nördlichen Bereich des Gebietes der Gemeinde A-Stadt, hat eine Größe von – grob geschätzt – etwa 90.000 m² und ist an seiner westlichen, am G. liegenden Grenze auf ungefähr einem Drittel seiner Länge und – wiederum grob geschätzt – einer Fläche von etwa 5.000 m² mit (ehemals) landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Gebäuden bebaut; bei dem Rest des Grundstücks handelt es sich um Ackerfläche. Auf der gegenüberliegenden Seite des G. befindet sich das ähnlich große Grundstück G. 3, das ebenfalls überwiegend aus Ackerfläche besteht und gegenüber des baulich genutzten Bereiches des Grundstücks des Antragstellers in vergleichbarem Umfang und vergleichbarer Weise baulich genutzt ist. Mit Ausnahme der Bebauung auf dem Grundstück G. 3 beträgt die Entfernung des bebauten Bereiches auf dem Grundstück des Antragstellers zur nächstgelegenen Bebauung in Richtung Westen, Norden und Osten jeweils mindestens und teils deutlich über 1 km. In südlicher Richtung finden sich in einer Entfernung von gut 130 m bebaute Bereiche auf den Grundstücken G. 1 und 4. Hierbei handelt es sich ebenfalls um (ehemalige) landwirtschaftliche Hofstellen, die einander beidseitig des G. gegenüberliegen und ansonsten vollständig von Ackerfläche umgeben sind. Von hier aus weitere etwa 120 m südlich beginnt der überwiegend im Zusammenhang bebaute Bereich der Gemeinde A-Stadt.

In seiner Sitzung am 26. November 2018 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die „Verordnung über Art, Maß und räumliche Ausdehnung der Straßenreinigung in der Samtgemeinde Nord-Elm“. Diese regelt in § 1 Satz 1, dass zu den der Straßenreinigung unterliegenden Straßen „alle öffentlichen Straßen, Wege und Plätze ohne Rücksicht auf ihre Befestigung innerhalb der geschlossenen Ortslage (§ 4 Abs. 1 NStrG)“ gehören. Nach Satz 2 der Regelung kann jeder Einwohner während der Dienststunden der Antragsgegnerin eine Übersichtskarte über die Grenzen der geschlossenen Ortslage einsehen. Ausweislich dieser Karte ist der bebaute Bereich des Grundstücks des Antragstellers Teil der geschlossenen Ortslage.

In der gleichen Sitzung beschloss der Rat der Antragsgegnerin außerdem die „Satzung der Samtgemeinde Nord-Elm über die Auferlegung der Reinigungspflicht auf öffentlichen Straßen“, die unter anderem folgenden Inhalt hat:

§ 1
Geltungsbereich

(1) Diese Satzung gilt für die Straßenreinigung auf allen öffentlichen Straßen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile.

(2) Die im Zusammenhang bebauten Ortsteile sind diejenigen Teile des Gemeindegebietes, die in der dieser Satzung als Anlage beigefügten Karte rot umrandet sind. […]

§ 2
Übertragung der Reinigungspflicht

(1) Die Verpflichtung zur Reinigung der öffentlichen Straßen wird den Eigentümern der an öffentlichen Straßen angrenzenden bebauten und unbebauten Grundstücke auferlegt.

(2) […]

(3) Die Verpflichteten sind für die Reinigung der an ihre Grundstücke grenzenden öffentlichen Straßen bis zur Mitte der Fahrbahn verantwortlich.

§ 3
Ausnahme von der Übertragung der Reinigungspflicht

(1) Für diejenigen Straßen, auf denen wegen der Verkehrsverhältnisse die Straßenreinigung durch die nach § 2 Verpflichteten nicht zumutbar ist, wird die Straßenreinigungspflicht nicht übertragen. Für diese Straßen ist die Samtgemeinde Nord-Elm reinigungspflichtig.

(2) Die Bestimmung dieser Straßen obliegt dem Samtgemeinderat. Sie wird öffentlich bekanntgegeben. Diese Straßen sind in den in dieser Satzung als Anlage beigefügten Karten grün gekennzeichnet.

Der bebaute Teil des Grundstücks des Antragstellers gehört mit dem hieran angrenzenden Abschnitt des G. und dem bebauten Teil des gegenüberliegenden Grundstücks G. 3 zum rot umschlossenen Bereich in der der Satzung beigefügten Karte von A-Stadt. Eine durch grüne Kennzeichnung deutlich gemachte Ausnahme von der Übertragung der Straßenreinigungspflicht besteht für den G. nicht.

Die Satzung wurde im Amtsblatt für den Landkreis Helmstedt vom 5. Dezember 2018 öffentlich bekannt gemacht.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2019 wandten sich mehrere Eigentümer am G. gelegener Grundstücke, hierunter der Antragsteller, an die Antragsgegnerin und widersprachen der Einbeziehung ihrer Flächen in den Geltungsbereich der Straßenreinigungssatzung. Ihre Grundstücke lägen im Außenbereich und gehörten nicht zu dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil von A-Stadt. Dem trat die Antragsgegnerin unter dem 1. August 2019 entgegen. Die Grundstücke lägen möglicherweise baulich im Außenbereich, straßenrechtlich befänden sie sich aber innerhalb der geschlossenen Ortslage. Diese werde nicht durch einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder eine nur einseitige Bebauung unterbrochen. Ein weiteres Schreiben des Antragstellers vom 19. August 2019 an die Antragsgegnerin, in dem dieser seine Sichtweise näher darlegte, blieb unbeantwortet.

Am 15. August 2019 hat der zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtsanwaltlich vertretene Antragsteller gegen die in Rede stehende Satzung Klage zum Verwaltungsgericht Braunschweig erhoben, das sich mit Beschluss vom 28. Januar 2020 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht verwiesen hat.

Der Antragsteller meint, sein Grundstück liege nicht innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Für die Errichtung der dort befindlichen Bauten sei bewusst der Außenbereich ausgewählt worden. Die von der Straßenreinigungspflicht betroffene Fläche seines Grundstückes gehöre zur bejagbaren Fläche der Jagdgenossenschaft A-Stadt und liege nicht innerhalb der jagdlich befriedeten Ortslage. Der G. diene nicht der Verbindung verschiedener Ortsteile. Er werde auch nicht durch eine Abrundung in die Ortslage einbezogen. Das Straßenverkehrsamt vertrete ebenfalls die Auffassung, dass der Weg Teil des Außenbereiches sei. Diese Position habe auch die Antragsgegnerin selbst in der Vergangenheit im Hinblick auf ein Brüstungsgeländer vertreten, das im Innenbereich in der von ihr gewählten Höhe nicht zulässig gewesen wäre. Sein Grundstück sei daher aus der zeichnerischen Darstellung herauszunehmen. Die Einbeziehung des G. in den vermeintlich innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen Bereich verstoße überdies gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da vergleichbar gestaltete Straßenzüge in den Mitgliedsgemeinden der Antragsgegnerin H. und I. ohne ersichtlichen Grund abweichend behandelt worden seien.

Der Antragsteller hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

festzustellen, dass die „Satzung der Samtgemeinde Nord-Elm über die Auferlegung der Reinigungspflicht auf öffentlichen Straßen“ vom 26. November 2018 hinsichtlich der gemäß § 1 Abs. 2 als Anlage beigefügten Karte für das Gemeindegebiet A-Stadt insoweit unwirksam ist, als dort das Grundstück des Antragstellers auf dem G. mit der Hausnummer … innerhalb der roten Umrandung liegt bzw. dem Antragsteller eine Reinigungspflicht auferlegt wird.

Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig. Sachlich zuständig für die Klage sei gemäß § 47 Abs. 1 VwGO von Beginn an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht gewesen. Dort und mit rechtsanwaltlicher Vertretung des Antragstellers sei der Rechtsstreit aber erst deutlich nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO rechtshängig geworden. Die Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig reiche zur Wahrung der Frist nicht aus. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2019 (7 C 12/18), da dort vor dem Verwaltungsgericht eine Anfechtungsklage erhoben und – nach Verweisung – als solche auch vor dem Oberverwaltungsgericht fortgeführt worden sei. Vorliegend sei aber eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für die Entscheidung über den Normenkontrollantrag des Antragstellers von Beginn an ausgeschlossen gewesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt, die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15. Juni 2021, der Antragsteller mit Schriftsatz vom 23. Juli 2021. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers, über den der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO besteht. Die „Satzung der Samtgemeinde Nord-Elm über die Auferlegung der Reinigungspflicht auf öffentlichen Straßen“ vom 26. November 2018 (nachfolgend: SRS) bezieht die in Rede stehende Karte, in der der bebaute Teil des Grundstücks des Antragstellers zeichnerisch dem reinigungspflichtigen Bereich zugeschlagen ist, in § 1 Abs. 2 ausdrücklich ein, die Karte ist damit Teil der SRS. Da § 2 SRS die gemeindliche Straßenreinigungspflicht auf die Eigentümer der in der Karte gekennzeichneten Flächen überträgt, soweit dort nicht – was auf das Grundstück des Antragstellers nicht zutrifft – eine Ausnahme von der Übertragung farblich zum Ausdruck gebracht wird, besteht auch die Möglichkeit der Verletzung des Antragstellers in subjektiven Rechten.

Die Jahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eingehalten. Bekannt gemacht wurde die SRS im Amtsblatt für den Landkreis Helmstedt vom 5. Dezember 2018. Klage erhoben vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig hat der Antragsteller am 15. August 2019 und damit deutlich fristgerecht. Unerheblich ist, dass die Klage vor dem sachlich unzuständigen Verwaltungsgericht und ohne rechtsanwaltliche Vertretung erhoben wurde. Maßgeblich ist nicht, ob die Klageerhebung den für das tatsächlich zuständige Gericht geltenden Anforderungen genügt, sondern dass sie den für das angerufene Gericht geltenden Bestimmungen gerecht wird. Ist dies der Fall und kommt es zur Verweisung, entfaltet die Klageerhebung die gleiche Wirkung wie die ordnungsgemäße Erhebung der Klage beim sachlich zuständigen Gericht (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 1 Satz 2 GVG, vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2019 - 7 C 12.18 -, juris; Beschluss vom 10.04.2007 - 10 B 72.06 -, juris, jeweils m.w.N.; Meissner/Schenk in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 74, Rn. 32; Brenner in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 74, Rn. 30 f.). Die aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 75 NJG folgende sachliche Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts für Normenkontrollverfahren bringt zwar das Erfordernis einer Verweisung des Rechtsstreits nach § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG mit sich, berührt aber die Zulässigkeit der Klage nicht. Auch sonst ist die Klage vor dem Verwaltungsgericht ordnungsgemäß erhoben worden, insbesondere sieht § 67 VwGO keinen Vertretungszwang vor den Verwaltungsgerichten vor.

II. Der Antrag ist auch begründet. Die SRS ist, soweit sie das Grundstück des Antragstellers in ihren Geltungsbereich einbezieht, unwirksam. § 1 Abs. 2 i.V.m. § 2 SRS erlegt dem Antragsteller eine Straßenreinigungspflicht für den vor seinem Grundstück befindlichen Teil des G. auf, obwohl dieser sich außerhalb der geschlossenen Ortslage befindet, die Antragsgegnerin für ihn daher nicht reinigungspflichtig ist und aus diesem Grunde auch nicht die Befugnis zur Übertragung einer Reinigungspflicht auf die Grundstückseigentümer innehat.

§ 52 Abs. 4 Satz 1 NStrG ermächtigt die Gemeinden, die ihnen obliegenden Straßenreinigungspflichten ganz oder zum Teil den Eigentümern der anliegenden Grundstücke aufzuerlegen. Ausgenommen von der Übertragungsermächtigung ist die Reinigungspflicht, wenn sie den Eigentümern aufgrund der Verkehrsverhältnisse nicht zugemutet werden kann, sowie die Pflicht zum Bereithalten und Leeren von Abfallbehältern (§ 52 Abs. 4 Satz 2, 3 NStrG). Ihrerseits straßenreinigungspflichtig sind die Gemeinden nach § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 NStrG hinsichtlich der Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage einschließlich der Ortsdurchfahrten von Bundes-, Landes- und Kreisstraßen.

§ 4 Abs. 1 Satz 2 NStrG definiert die geschlossene Ortslage als den Teil des Gemeindebezirks, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 NStrG unterbrechen einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung den Zusammenhang nicht. Der hiernach im Straßenreinigungsrecht maßgebliche Begriff der geschlossenen Ortslage deckt sich nicht mit dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendeten Begriff „der im Zusammenhang bebauten Ortsteile". Vielmehr ist im Straßenreinigungsrecht auf einen weitläufigen Rahmen örtlicher Bebauung abzustellen, der sich nach den gröberen Umrissen des örtlichen Bebauungsbereichs bestimmt und sich gegenüber dem freien Gelände absetzt (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 15.12.2015 - 9 LA 95/15 -, juris; Beschluss vom 05.01.2009 - 9 LA 212/06 -, juris; Beschluss vom 29.10.2007 - 9 LA 373/05 -, juris). Ob ein Gebiet zusammenhängend bebaut ist, lässt sich nur anhand einer weiträumigen, an objektiven Kriterien ausgerichteten Betrachtung der gesamten durch die Bebauung geprägten Situation in der Umgebung der Straße, nicht aber aufgrund einer isolierten Würdigung einzelner Umstände wie etwa der einseitigen Bebauung einer Straße entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.1983 - 4 C 10.80 -, juris zum gleichlautenden § 5 Abs. 4 Satz 1 bis 3 FStrG). § 4 Abs. 1 Satz 3 NStrG will einer großräumigen Sicht gerade für die dort genannten typischen Zweifelsfälle den Weg ebnen: Einseitige Bebauung, einzelne unbebaute Grundstücke oder zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände sollen aus einem sonst in der Gesamtsituation sich abzeichnenden Bebauungszusammenhang nicht herausfallen. Das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 NStrG ergibt sich im Allgemeinen schon aus der einfachen Gegenüberstellung des örtlichen Bereichs baulicher und gewerblicher Nutzung und des davon freien, zumeist der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung dienenden Geländes. Eine Straße verläuft auch dann innerhalb der geschlossenen Ortslage, wenn sie nach bisher freier Strecke in einem weitläufigeren Rahmen von der örtlichen Bebauung umschlossen wird, sofern nur der Unterschied zum Verlauf im freien unbebauten Gelände deutlich wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.1983 - 4 C 10.80 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 15.12.2015 - 9 LA 95/15 -, juris; Beschluss vom 29.10.2007 - 9 LA 373/05 -, juris). Herrscht am fraglichen Standort jedoch der Eindruck vor, man befinde sich im freien Gelände, ist keine geschlossene Ortslage anzunehmen (vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 28.03.2007 - 5 B 45/05 -, juris). Dabei ist entscheidend die Sicht von der Straße her mit Blickrichtung auf die sich in der Nähe befindliche Bebauung (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.1981 - 4 C 41.77 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 29.10.2007 - 9 LA 373/05 -, juris; Sächsisches OVG, Urteil vom 01.07.2016 - 3 A 632/15 -, juris; Thüringisches OVG, Urteil vom 04.06.2014 - 1 KO 1343/10 -, juris), so dass nicht die Ausdehnung angrenzender Grundstücke in den Außenbereich, sondern in erster Linie die Gestaltung der Teilflächen entlang der Straße in hinreichender Nähe zu deren Streckenführung ausschlaggebend ist (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 30.01.2017 - 9 LB 198/16 -, juris; Urteil vom 30.11.2009 - 9 LB 415/07 -, juris).

Bei Zugrundelegung dieses Maßstabes ist der betroffene Teil des Grundstücks des Antragstellers nicht Teil der geschlossenen Ortslage. Im Zustand der gegenwärtigen Ausdehnung der Bebauung endet die geschlossene Ortslage auf Höhe der nördlichen Grenze des Grundstücks G. 5a. Die weitere Bebauung im nördlichen Verlauf des G. ist von der übrigen Bebauung der eigentlichen Ortslage der Gemeinde A-Stadt nicht etwa durch nur vereinzelte, bei objektiver Betrachtung den Bebauungszusammenhang nicht in Frage stellende Flächen getrennt; sie stellt sich vielmehr als optisch mit der eigentlichen Ortslage in keiner Weise verbundene „Inselbebauung“ innerhalb einer ansonsten vollkommen unbebauten ackerbaulich genutzten Landschaft dar. Eine in irgendeiner Weise abrundende Betrachtungsweise, in deren Folge sich das Grundstück des Antragstellers als Teil der geschlossenen Ortslage begreifen ließe, bietet sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.