Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.04.2018, Az.: 4 KN 368/15

Amtsblatt; Auslegung; Deponie; Druckerzeugnis; Internet; Ministerialblatt; Naturschutzgebiet; Naturschutzgebietsverordnung; Planfeststellungsverfahren; Prioritätsgrundsatz; raumordnungsrechtliches Zielabweichungsverfahren; Samtgemeinde; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; Verkündung; amtliches Verkündungsblatt; Verkündungsblatt; Zielabweichungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.04.2018
Aktenzeichen
4 KN 368/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74167
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG erlaubt die Verkündung einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung nur im amtlichen Verkündungsblatt oder, sofern ein solches nicht vorhanden ist, im Niedersächsischen Ministerialblatt. Das amtliche Verkündungsblatt einer niedersächsischen Kommune muss in ausreichender Auflage als Papier-Druckschrift erscheinen (OVG Lüneburg, Urteil vom 4. Mai 2018 - 4 KN 258/17 -).

2. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der u.a. in § 2 Abs. 3 BNatSchG zum Ausdruck kommt, fordert, dass bei Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung eine nach dem Prioritätsgrundsatz vorrangige Deponieplanung angemessen berücksichtigt wird.

Tenor:

Die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Haaßeler Bruch“ in den Gemarkungen Haaßel, Gemeinde Selsingen, Anderlingen und Ohrel, Gemeinde Anderlingen, Landkreis Rotenburg (Wümme) vom 17. Dezember 2014 ist unwirksam.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Haaßeler Bruch“, das sich nordöstlich der Ortschaft Haaßel in den Gemeinden Selsingen und Anderlingen befindet.

Die Antragstellerin schloss am 29. Januar 2010 mit dem Antragsgegner einen notariell beurkundeten Kaufvertrag bezüglich der im Eigentum des Antragsgegners stehenden Flurstücke 20/3, 20/1 und 13/3 der Flur 2 der Gemarkung Haaßel, die im südlichen Teil des Naturschutzgebiets liegen. Die Vertragsparteien erklärten zugleich die Auflassung. Außerdem wurde die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragstellerin bewilligt und beantragt. Eine Umschreibung im Grundbuch ist bislang aber noch nicht erfolgt.

Die Antragstellerin, die beabsichtigt, auf den o. a. Flächen und weiteren im Eigentum eines ihrer Gesellschafter stehenden, an das Naturschutzgebiet grenzenden Grundstücken eine Deponie für mineralische Abfälle zu betreiben, beantragte mit Schreiben vom 4. März 2011 beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg die Planfeststellung dieses Vorhabens. Die Planunterlagen, die zunächst eine ca. 24,5 ha große Deponie vorsahen, wurden in der Zeit vom 28. März 2011 bis zum 27. April 2011 in der Samtgemeinde Selsingen sowie den Mitgliedsgemeinden Selsingen und Anderlingen zur Einsichtnahme ausgelegt. Im weiteren Verlauf des Planfeststellungsverfahrens wurden die Planunterlagen mit dem Ziel einer Reduzierung der Deponiekapazität überarbeitet. Die geänderten Planunterlagen, die eine auf 9,94 ha verkleinerte Deponiefläche vorsahen, wurden anschließend im Internet veröffentlicht und in der Zeit vom 27. Mai 2013 bis zum 28. Juni 2013 in den oben genannten Kommunen erneut ausgelegt. Am 11. und 12. Dezember 2013 fand der Erörterungstermin in der Gemeinde Selsingen statt.

Am 28. Januar 2015 erließ das Gewerbeaufsichtsamt den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb einer Abfalldeponie der Klasse 1 auf den Flurstücken 13/3, 20/1, 20/3, 20/12, 20/15 und 20/16 der Flur 2 der Gemarkung F.. Zugleich wurde eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von nicht verunreinigtem Oberflächenwasser erteilt und die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses und der wasserrechtlichen Erlaubnis angeordnet.

Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss erhob ein anerkannter Naturschutzverein Klage mit dem Antrag, den Planfeststellungsbeschluss einschließlich der wasserrechtlichen Erlaubnis aufzuheben, hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss einschließlich der wasserrechtlichen Erlaubnis für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären, weiter hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über weitergehende Maßnahmen der Schadensbegrenzung und Eingriffsminimierung sowie der Kompensation der Eingriffe in die Natur und Landschaft sowie über sonstige Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zu entscheiden, die zum Schutz vor nachteiligen Wirkungen auf die Umwelt erforderlich sind. Zugleich beantragte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Der 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts stellte mit Beschluss vom 12. Dezember 2015 (7 MS 8/15) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss wieder her. Ferner stellte der 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts mit Urteil vom 4. Juli 2017 (7 KS 7/15) fest, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 einschließlich der wasserrechtlichen Erlaubnis rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, und wies die Klage im Übrigen ab. Die Revision gegen seine Entscheidung ließ der 7. Senat nicht zu. Daraufhin haben sowohl die Antragstellerin in diesem Verfahren als auch der Kläger im Verfahren 7 KS 7/15 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt, über die bislang noch nicht entschieden ist.

Während des Planfeststellungsverfahrens für die Deponie der Antragstellerin beschloss der Kreistag des Antragsgegners am 20. März 2014 gemäß § 22 Abs. 3 BNatSchG i. V. m. § 14 Abs. 8 NAGBNatSchG die einstweilige Sicherstellung des im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) 2005 ausgewiesenen Vorranggebiets für Natur- und Landschaft, das im Wesentlichen dem mit der streitgegenständlichen Verordnung unter Schutz gestellten Gebiet entspricht. Dieser Beschluss erfolgte mit der Absicht, dort ein Naturschutzgebiet auszuweisen. Der Landrat des Antragsgegners erachtete die Voraussetzungen für eine einstweilige Sicherstellung – auch unter Hinweis auf die naturschutzfachliche Bewertung der beabsichtigten Deponiefläche auf dem Flurstück 13/3 im raumordnungsrechtlichen Zielabweichungsverfahren aus dem Jahr 2010 – nicht für gegeben und unterrichtete das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz als Fachaufsichtsbehörde nach § 88 Abs. 3 NKomVG über den aus seiner Sicht rechtswidrigen Kreistagsbeschluss. In seiner Stellungnahme vom 1. Juli 2014 wies das Ministerium darauf hin, dass nicht der Kreistag, sondern nach § 14 Abs. 8 Satz 2 NAGBNatSchG allein der Hauptverwaltungsbeamte für die einstweilige Sicherstellung eines beabsichtigten Schutzgebiets zuständig sei. Der Kreistagsbeschluss sei daher vom unzuständigen Organ erlassen worden und damit rechtswidrig und nichtig. Die einstweilige Sicherstellung wurde daraufhin nicht weiter betrieben.

Hingegen leitete der Antragsgegner das Verfahren zur Ausweisung des Gebiets als Naturschutzgebiet ein, indem er mit der Erstellung eines Verordnungsentwurfes begann. Unter Bezugnahme auf den Kreistagsbeschluss vom 20. März 2014 räumte er mit Schreiben vom 18. September 2014 den gebietsbetroffenen Gemeinden und sonst betroffenen Behörden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Naturschutzverbände mit Frist bis zum 5. November 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem beigefügten Verordnungsentwurf (Text und Karten) ein. Mit weiterem Schreiben vom 25. September 2014 bat der Antragsgegner die Samtgemeinde Selsingen, die öffentliche Auslegung des Verordnungsentwurfs nebst Begründung und Karten durchzuführen. Unter dem 29. September 2014 machte der Samtgemeindebürgermeister der Samtgemeinde Selsingen bekannt, dass der Verordnungsentwurf mit Begründung und Karten in der Zeit vom 9. Oktober bis einschließlich 12. November 2014 im Rathaus der Samtgemeinde für jedermann zur Einsicht öffentlich ausliege und während dieser Frist jedermann Anregungen und Bedenken bei der Samtgemeinde oder beim Antragsgegner vorbringen könne. Diese Bekanntmachung wurde am 1. Oktober 2014 im Bekanntmachungskasten der Samtgemeinde Selsingen ausgehängt. Die Auslegung wurde zudem in der Zevener Zeitung am 11. Oktober 2014 sowie auf der Homepage der Samtgemeinde Selsingen bekanntgemacht. Die Auslegung fand wie bekanntgemacht statt. Im Beteiligungsverfahren ging eine Vielzahl von Stellungnahmen beim Antragsgegner ein, unter anderem von der Antragstellerin.

Mit Änderungen gegenüber dem ausgelegten Verordnungsentwurf beschloss der Kreistag am 17. Dezember 2014 die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Haaßeler Bruch“, nachdem der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Planung sowie der Kreisausschuss zuvor über die Verordnung beraten hatten. Am 31. Januar 2015 wurde die Verordnung durch den Antragsgegner im Internet auf seiner Homepage bekanntgemacht. Am 15. Juni 2017 wurde die Verordnung nochmals im Amtsblatt des Antragsgegners bekanntgemacht. Von dieser Ausgabe des Amtsblatts fertigte und archivierte der Antragsgegner, wie es seiner ständigen Praxis seit dem Jahr 2012 entspricht, lediglich ein einziges gedrucktes Exemplar. Im Übrigen stellte der Antragsgegner die Ausgabe des Amtsblattes, wie es ebenfalls seiner ständigen Praxis seit dem Jahr 2012 entspricht, auf seiner Homepage dauerhaft als pdf-Datei zum Herunterladen bereit.

Das Naturschutzgebiet „Haaßeler Bruch“ umfasst eine zusammenhängende Fläche von ca. 128 ha und liegt im Naturraum „Beverner Geest“. Es entspricht im Wesentlichen dem Areal, welches im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) 2005 des Antragsgegners als Vorranggebiet für Natur und Landschaft gekennzeichnet ist und im Landschaftsrahmenplan 2003 als Gebiet, das die Voraussetzungen für ein Naturschutzgebiet erfüllt, beschrieben ist (dort bezeichnet als „NSG 18 – Bockhorn“, S. 180, Tabelle 44a). Hinzugekommen sind im nordwestlichen Bereich eine ca. 15,5 ha große Waldfläche, die sich in Privateigentum befindet, sowie im südwestlichen Bereich eine Waldfläche von ca. 2,5 ha, die im Eigentum des Antragsgegners steht. Die genaue Grenzziehung des Naturschutzgebietes ergibt sich aus den der Verordnung beigefügten Karten, bei denen es sich um eine maßgebliche Karte im Maßstab 1:7.500 und eine Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000 handelt.

§ 2 Abs. 1 der Verordnung – VO – beschreibt den Schutzgegenstand wie folgt:

„Bei dem NSG „Haaßeler Bruch" handelt es sich um ein weitestgehend unzerschnittenes Gebiet innerhalb des Naturraumes „Beverner Geest". Von Westen nach Norden erstreckt sich ein breiteres, noch im wesentlichen naturnah ausgestattetes und landschaftsprägendes Bachtal mit alt- und totholzreichen, z. T. quelligen, gut basenversorgten und strukturreichen Feuchtwaldbereichen, die weiter nördlich auf ansteigendem Gelände in einen mesophilen Eichen-Mischwald im Wechsel mit bodensaurem Buchenwald übergehen. Daran schließen sich überwiegend standortfremde Nadelholzbestände aus Fichte und Lärche mit kleineren Buchenaltholzinseln an. Teile des Waldkomplexes sind historisch alte Waldstandorte.

Im Nordosten auf anmoorigem Standort befindet sich extensiv als Mähgrünland und Weide genutztes artenreiches Feucht- und Nassgrünland mit eingestreuten Sümpfen; gegliedert durch naturnahe Feldgehölze und Gräben begleitende Hecken. Im Osten Birken-Moor- und -Bruchwald mit regenerierenden Torfstichen auf Hochmoor. Das bewaldete Bachtal wird im Süden und im Westen von Intensivgrünland und kleineren Ackerflächen umgeben. Noch weiter südlich geht dieses Teilgebiet in extensiv genutztes artenreiches mesophiles Grünland über. Die bewaldeten und von entwässertem Hochmoor geprägten Bereiche sind wichtige Lebensräume für vornehmlich waldbewohnende Vogelarten, wie Kleinspecht, Mittelspecht und Hohltaube sowie für die Bartfledermaus, die Breitflügelfledermaus, den Großen Abendsegler und die Zwergfledermaus und das mehr landwirtschaftlich genutzte Offenland für gefährdete Wiesenvögel und Heckenbewohner, insbesondere für den Großen Brachvogel, den Kiebitz und den Neuntöter. Das NSG hat eine sehr hohe Bedeutung für Tier- und Pflanzenarten.“

Nach § 2 Abs. 2 VO ist allgemeiner Schutzzweck die Erhaltung, Pflege, Entwicklung oder Wiederherstellung von Biotopen, Lebensstätten und Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender, schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt sowie als Landschaft von besonderer Eigenart und Vielfalt. Zudem soll das Naturschutzgebiet als Bestandteil eines Biotopverbundes gemäß § 21 BNatSchG der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen dienen. In § 2 Abs. 3 VO werden besondere Schutzzwecke aufgezählt und näher aufgeführt, u. a. die langfristige Umwandlung nicht standhortheimischer Waldbestände in die auf dem jeweiligen Standort natürlich vorkommenden Waldgesellschaften (Nr. 2) und die Erhaltung und Entwicklung artenreicher Grünlandbestände auf vorwiegend feuchten Standorten (Nr. 5).

Nach § 3 Abs. 1 VO sind gemäß § 23 Abs. 2 BNatSchG alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Gleiches gilt für Handlungen außerhalb des Naturschutzgebiets, die sich auf das Gebiet entsprechend auswirken. § 3 Abs. 2 VO statuiert gemäß § 16 Abs. 2 NAGBNatSchG ein Verbot, das Naturschutzgebiet außerhalb ganzjährig befahrbarer Wege zu betreten, zu befahren oder auf sonstige Weise aufzusuchen, soweit es nicht in § 4 anders bestimmt ist. § 3 Abs. 3 VO untersagt insbesondere Handlungen, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile gefährden oder stören können, und listet diese näher auf. Nach § 3 Abs. 4 VO bleibt die ordnungsgemäße Jagdausübung unberührt. Dem allgemeinen Verbot gemäß Abs. 1 unterliegt jedoch die Neuanlage von 1. Wildäsungsflächen und Kunstbauten sowie 2. mit dem Boden fest verbundenen jagdwirtschaftlichen Einrichtungen (wie z. B. Hochsitzen) ohne Zustimmung der zuständigen Naturschutzbehörde und soweit sie dem Schutzzweck des § 2 zuwiderläuft.

§ 4 VO sieht Freistellungen von den Regelungen des § 3 VO vor, die u. a. die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung und die ordnungsgemäße Forstwirtschaft betreffen. Nach § 4 Abs. 9 VO bleiben zudem bestehende, rechtmäßige und bestandskräftige behördliche Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Verwaltungsakte unberührt, soweit dort nichts anderes bestimmt ist.

Die übrigen Vorschriften der VO enthalten Regelungen zu Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen (§ 5), Befreiungen (§ 6), Ordnungswidrigkeiten (§ 7) und zum Inkrafttreten der Verordnung am 1. Februar 2015 (§ 8).

Am 18. November 2015 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt, den sie wie folgt begründet: Die Zulässigkeit des Antrags folge daraus, dass ihr die Naturschutzgebietsverordnung im Rechtsmittelverfahren gegen das Urteil des 7. Senats vom 4. Juli 2017 (- 7 KS 7/15 -) entgegengehalten werde und möglicherweise in dem nach dem genannten Urteil durchzuführenden ergänzenden Verfahren nach § 75 Abs. 1 a VwVfG berücksichtigt werden müsse. Als nutzungsberechtigte Vorhabenträgerin sei sie ferner unmittelbar in ihrer grundrechtlich nach Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Freiheitssphäre beeinträchtigt. Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Die Naturschutzgebietsverordnung sei unwirksam, weil sie an formellen und materiellen Mängeln leide. Die Auslegung des Verordnungsentwurfs sei fehlerhaft gewesen. Es genüge nicht, dass die Auslegung nur im Rathaus der Samtgemeinde Selsingen durchgeführt worden sei. Vielmehr hätte der Verordnungsentwurf in allen Gemeinden, deren Gebiet betroffen werde, ausgelegt werden müssen. Die Bekanntmachung der Auslegung sei ebenfalls fehlerhaft, der Aushang im Bekanntmachungskasten der Samtgemeinde habe nicht genügt. Die Auslegung hätte aufgrund der danach erfolgten inhaltlichen Änderungen des Verordnungsentwurfes überdies wiederholt werden müssen, weil die Änderungen das Abwägungsgefüge insgesamt berührten. Dies gelte hinsichtlich der Sperrung des Gebiets für neue Ver- und Entsorgungsleitungen, der Halbierung der Abstände von Windkraftanlagen zu den Grenzen des Schutzgebiets und einer weiteren Reduzierung des Zeitraums der Grünlanderneuerungen. Es werde auf die Äußerungen des Kreistagsabgeordneten G. in der Kreistagssitzung am 17. Dezember 2014 hingewiesen, aus denen sich ergebe, dass es kein ordnungsgemäßes Verfahren gegeben habe. Jedenfalls soweit sie die für das Deponievorhaben relevanten Flächen betreffe, stehe die Verordnung mit materiellem Recht nicht in Einklang. Wegen des Planfeststellungsbeschlusses für die Deponie Haaßel, der die abfallrechtliche Rekultivierungspflicht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrWG in einer Nebenbestimmung näher regele, existiere bereits eine speziellere Fachplanung. Die Deponiefläche genieße Schutz vor naturschutzrechtlicher Fachplanung aufgrund der abfallrechtlichen Veränderungssperre nach § 26 Abs. 1 Satz 1 NAbfG und wegen des planerischen Prioritätsprinzips. Dafür komme es auf den Zeitpunkt an, in dem die Deponieplanung einen hinreichenden Grad der Konkretisierung und Verfestigung erreicht habe. Dies sei mit der Auslegung der Planunterlagen der Fall gewesen, die gut eineinhalb Jahre vor der Erstellung und Auslegung des Entwurfs der Naturschutzgebietsverordnung erfolgt sei. Im Zielabweichungsverfahren, das im Jahr 2010 im Rahmen der Deponieplanung durchgeführt worden sei, und auch in Ausführungen des Leiters des Naturschutzamtes im Frühjahr 2014 sei der in Rede stehende Teil des im Regionalen Raumordnungsplan 2005 des Antragstellers ausgewiesenen Vorranggebiets für Natur und Landschaft naturschutzfachlich als nicht besonders schutzwürdig beurteilt worden. Auf diese neueren Erkenntnisse habe der Antragsgegner sich bei der Aufstellung der Verordnung aber nicht gestützt, sondern lediglich auf den Landschaftsrahmenplan 2003 und das Regionale Raumordnungsprogramm 2005 Bezug genommen. Völlig versäumt worden sei es, die zeitlich vorgelagerte Deponieplanung in die Abwägung einzubeziehen; dies sei lediglich unter dem Aspekt möglicher Schadensersatzansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin erfolgt. Daraus folge ein partieller Abwägungsausfall. Die Belange der Antragstellerin seien in der Abwägung nicht hinreichend gewichtet worden. Dies begründe eine Abwägungsdisproportionalität. Außerdem handele es sich bei der Naturschutzgebietsverordnung um eine unzulässige Verhinderungsplanung. Die Deponieplanung sei eine privilegierte abfallrechtliche Fachplanung, der auch wegen der dahinterstehenden öffentlichen Interessen Vorrang zukomme. Die bestimmungsgemäße Nutzung der Deponie sei nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu gewährleisten. Dies werde durch die Einbeziehung der Deponieflächen in die Naturschutzgebietsverordnung ohne ausreichende Ausnahmebestimmung, die den Entsorgungsvorrang sicherstelle, missachtet. Die Verordnung und ihre Begründung seien vage und enthielten Ungenauigkeiten. Es fehlten Übersichten zu den gesetzlich geschützten Biotopen und Landschaftsbestandteilen. Dem Kreistag habe keine ausreichende Informationsgrundlage zur Verfügung gestanden. Es fehle die gebotene Auseinandersetzung mit der Frage, welcher Schutzgebietstyp zur Anwendung kommen solle. Die Hereinnahme der Deponieflächen in das Schutzgebiet sei nicht nachvollziehbar. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners besäßen diese Flächen keinen Status als geschützter Landschaftsbestandteil. § 22 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG, mit dem der Landesgesetzgeber Außenbereichsflächen, die keiner wirtschaftlichen Nutzung unterliegen oder deren Standorteigenschaften bisher wenig verändert wurden, zu geschützten Landschaftsbestandteilen im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erklärt habe, verstoße gegen höherrangiges Recht. Diese Vorschrift bewege sich außerhalb des aus §§ 20 Abs. 2 Nr. 7, 29 Abs. 1 i. V. m. 22 Abs. 1 BNatSchG folgenden bundesrechtlichen Rahmens. Danach müsse ein geschützter Landschaftsbestandteil eine gewisse Objekthaftigkeit aufweisen. § 22 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG schütze hingegen Flächen, die keine abgrenzbaren Einzelgebilde, sondern selbst schon Landschaft seien. Ein solcher Flächenschutz sei innerhalb der vom Landesgesetzgeber gewählten Schutzkategorie des geschützten Landschaftsbestandteils unzulässig. Der Schutzgegenstand der sonstigen naturnahen Fläche in § 22 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG sei nicht hinreichend bestimmt bezeichnet. Der Annahme, es handele sich bei den Deponieflächen um einen geschützten Landschaftsbestandteil, fehle damit die rechtliche Grundlage. Folglich dürfe diese Annahme auch nicht als Grundlage für die Hereinnahme der Flächen in das Naturschutzgebiet herhalten. Im Übrigen fehle es an aussagekräftigen Unterlagen für die Annahme des Antragsgegners, dass im Naturschutzgebiet geschützte Landschaftsbestandteile und gesetzlich geschützte Biotope vorhanden seien. Weiter fehle es an einer nachvollziehbaren Ableitung der einzelnen Schutzbestimmungen der §§ 3 und 4 VO aus den Schutzzwecken. § 3 Abs. 1 Satz 2 VO fehle die erforderliche Ermächtigungsgrundlage, weil § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nur näher bestimmte Verbote zulasse. Das Verbot von Handlungen außerhalb des Naturschutzgebiets sei ebenfalls unzulässig, weil der Raum, in dem die Verbote zu beachten seien, nicht klar werde. Für das Betretensverbot in § 3 Abs. 2 VO fehle die Ermächtigungsgrundlage, weil § 16 Abs. 2 NAGBNatSchG das Kriterium „ganzjährig befahrbar“ nicht vorsehe; die Regelung sei auch zu unbestimmt und berücksichtige das Jedermannrecht nach § 23 NWaldLG nicht hinreichend. Die Verwendung von „insbesondere“ in § 3 Abs. 3 VO sei unzulässig. Bei § 3 Abs. 3 Nr. 3 VO sei der erforderliche Schutzzweck nicht erkennbar. Bei § 3 Abs. 3 Nr. 4 ff. VO fehle der Bezug zur tatsächlichen Nutzungssituation. Die Verhinderung privilegierter Nutzungen in § 3 Abs. 3 Nr. 10 und 11 VO sei nicht durch den Schutzzweck gedeckt bzw. nicht nachvollziehbar. Eine Rechtfertigung für den Abstand von 600 m für Windkraftanlagen sei nicht erkennbar; es dürften auch keine Verbote über den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung normiert werden. Die Jagdausübung sei in § 3 Abs. 4 VO ohne tragfähige Begründung eingeschränkt worden; die Einschränkungen hätten auch auf § 9 Abs. 4 BJagdG gestützt werden müssen. Es sei unklar, ob die Freistellungen in § 4 Abs. 1 und 2 VO auch außerhalb des Gebiets gelten sollten. Die Beschränkung in § 4 Abs. 2 Nr. 1 VO auf Eigentümer und Nutzungsberechtigte sowie deren Beauftragte sei unverhältnismäßig, weil sie auch Freunde, Bekannte und Verwandte vom Betreten der im Schutzgebiet liegenden Flächen ausnehme. Insgesamt belegten die Freistellungsregelungen, dass es dem Antragsgegner in erster Linie um eine Verhinderungsplanung gegangen sei. Durch die zahlreichen Ausnahmemöglichkeiten werde das für Naturschutzgebietsverordnungen typische Instrument des repressiven Verbots zugunsten des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt so weit zurückgedrängt, dass die Wahl des Schutzgebietstyps ermessensfehlerhaft sei.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Haaßeler Bruch“ vom 17. Dezember 2014 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er erwidert, dass es für die Antragsbefugnis nicht auf die von der Antragstellerin genannten Gesichtspunkte ankomme. Auf der Intensivgrünlandfläche nördlich der geplanten Deponiefläche seien in der Vergangenheit Biotope vernichtet und beeinträchtigt worden; dies habe zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung der geschützten Biotope des Naturschutzgebiets dringend notwendig erscheinen lassen. Die Auslegung der Naturschutzgebietsverordnung in den Räumen der Samtgemeinde sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Samtgemeinde dürfe und solle Aufgaben der Mitgliedsgemeinden übernehmen; eine gesetzliche Anordnung der Auslegung durch die Mitgliedsgemeinden gerade in ihren Räumen liege nicht vor. Die Bekanntmachung der Auslegung sei ordnungsgemäß erfolgt, der Anstoßfunktion sei hinreichend Rechnung getragen worden. Eine erneute Auslegung sei auch nach den Änderungen des Verordnungsentwurfs nicht notwendig gewesen, weil die Antragstellerin insoweit nicht dargelegt habe, inwieweit die Änderungen sie weitergehend als der ausgelegte Verordnungsentwurf berührten. Selbst eine unterstellte Verletzung von Beteiligungsrechten im Normsetzungsverfahren führe nicht zur Unwirksamkeit der Norm, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Norm ohne den Verfahrensfehler einen anderen Inhalt erhalten hätte. In materieller Hinsicht gelte Folgendes: Der abfallrechtlichen Rekultivierungspflicht komme kein Vorrang zu, jedenfalls sei die Rekultivierungspflicht nicht so konkret, dass sie das Bedürfnis für die Unterschutzstellung der Deponieflächen entfallen lasse. Dem laufenden Planfeststellungsverfahren sei bei Erlass der Naturschutzgebietsverordnung ausreichend Rechnung getragen worden. So habe das Deponieprojekt der Antragstellerin bei der Abarbeitung ihrer Einwendungen Beachtung gefunden. Die Naturschutzgebietsverordnung trage der Deponieplanung in § 4 Abs. 9 VO und § 8 VO Rechnung. Weder die abfallrechtliche Rekultivierungspflicht noch die Veränderungssperre stünden der Ausweisung des Naturschutzgebietes entgegen. Zudem gelte der Prioritätsgrundsatz nicht absolut, sondern nur als eines von mehreren Abwägungskriterien. Ob er in Bezug auf eine naturschutzrechtliche Unterschutzstellung überhaupt gelte, sei zweifelhaft. Jedenfalls seien Abwägungsfehler nicht zu verzeichnen. Von einer Verhinderungsplanung könne ebenfalls keine Rede sein, schon weil das Vorhaben der Antragstellerin durch die Naturschutzgebietsverordnung gerade nicht verhindert werde, wie es der 7. Senat unter Hinweis auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Naturschutzgebietsverordnung entschieden habe. Der von der Antragstellerin behauptete Vorrang von Deponien bestehe nicht. Von der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der unter Schutz gestellten Flächen sei auszugehen. Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage nach dem Status von Teilflächen als geschützter Landschaftsbestandteil im Sinne von § 29 BNatSchG i. V. m. § 22 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NAGBNatSchG sei ohne Relevanz, weil sich die Schutzwürdigkeit der unter Schutz gestellten Flächen nicht danach beurteile. An der Schutzwürdigkeit der Flächen bestehe wegen ihrer sehr hohen Bedeutung für Tier- und Pflanzenarten kein Zweifel. Der Landschaftsrahmenplan belege in seinen Kartierungen die Feststellung hinsichtlich der Schutzwürdigkeit des unter Schutz gestellten Gebiets. Der Schutzzweck der Verordnung knüpfe klar an die Schutzzwecke des § 23 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG an. Die Verordnung genüge auch den Bestimmtheitsanforderungen. Diese dürften hinsichtlich des Schutzzweckes nicht überspannt werden. Die Begründung der Verordnung enthalte ausreichende Ausführungen zu Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit des Gebiets. Das Zielabweichungsverfahren aus dem Jahr 2010 spreche nicht gegen die Schutzwürdigkeit. In einer Stellungnahme vom 1. Juli 2013 in der Planfeststellung habe er, der Antragsgegner, bemängelt, dass die naturschutzfachliche Bewertung der Beeinträchtigungen durch die Deponie nicht ausreichend durchgeführt worden sei. Auch das Zielkonzept des aktuellen Landschaftsrahmenplanes bestätige die überdurchschnittliche Schutzwürdigkeit des Gebiets. Im Januar 2014 habe das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz ferner bestätigt, dass das Gebiet als FFH-Gebiet geeignet sei. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürften auch außerhalb des Schutzgebiets stattfindende Tätigkeiten verboten werden, solange sich die verbotene Handlung direkt oder mittelbar auf das Gebiet oder seine Bestandteile beziehe. Das Betretensverbot in § 3 Abs. 2 VO außerhalb ganzjährig befahrbarer Wege sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 23 Abs. 2 BNatSchG gedeckt. § 3 Abs. 3 VO konkretisiere die allgemeinen Verbote in § 3 Abs. 1 VO in zulässiger Weise. Der Heckenschutz in § 3 Abs. 3 Nr. 3 VO entspreche offenkundig dem Schutzzweck der Verordnung. Die Einwände in Bezug auf die Einschränkungen der Jagdausübung in § 3 Abs. 4 VO seien nicht nachvollziehbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Gegenstand der mündlichen Verhandlung ist auch eine Karte zur Biotoptypenkartierung des Planungsbüros ALAND gewesen.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist statthaft, weil die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Haaßeler Bruch“ in den Gemarkungen Haaßel, Gemeinde Selsingen, Anderlingen und Ohrel, Gemeinde Anderlingen, Landkreis Rotenburg (Wümme) vom 17. Dezember 2014 - VO - nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. 75 NJG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Er ist innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit rechtzeitig gestellt worden. Ferner ist die Antragstellerin antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift den Antrag stellen. Insofern ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die zur Prüfung gestellte Rechtsnorm in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.1.2016 - 4 BN 11.15 - und v. 11.8.2015 - 4 BN 12.15 - m.w.N.; Senatsurt. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 -; Senatsbeschl. v. 19.11.2014 - 4 KN 251/11 -; Senatsbeschl. v. 2.11.2010 - 4 KN 230/09 -). Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt allerdings voraus, dass ein subjektiv-öffentliches Recht des Antragstellers von der von ihm zur gerichtlichen Prüfung gestellten Norm betroffen ist, ein solches Recht also besteht. Die bloße Möglichkeit einer eigenen Rechtsbetroffenheit des Antragstellers genügt insoweit nicht (Senatsurt. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 -; VGH Baden-Württemberg, Urt. 28.4.2004 - 9 S 1751/02 -, DÖV 2004, 755). Steht das Bestehen des vom Antragsteller geltend gemachten subjektiven Rechts fest, ist die Antragsbefugnis nur dann zu verneinen, wenn eine Verletzung des subjektiven Rechts des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.2.2016 - 4 BN 37/15 - m.w.N.; Senatsurt. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt die Antragsbefugnis der Antragstellerin daraus, dass sie geltend machen kann, durch die Verbote der Naturschutzgebietsverordnung oder deren Anwendung in ihrem aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 folgendem Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Mineralstoffdeponie verletzt zu sein.

Der Planfeststellungsbeschluss räumt der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner aufgrund seiner Genehmigungswirkung das Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Mineralstoffdeponie ein. Nach §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG wird durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Der Planfeststellungsbeschluss hat aber nicht nur feststellenden, sondern auch verfügenden Charakter, weil er auch die Erlaubnis zur Durchführung des Vorhabens enthält (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 75 Rn. 8; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 75 Rn. 6 f.). Diese Genehmigungswirkung tritt, sofern durch eine Rechtsvorschrift nichts anderes geregelt ist oder von der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss nichts anderes bestimmt worden ist – was hier nicht der Fall ist –, mit der Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses durch seine Zustellung nach § 74 Abs. 4, 5 VwVfG ein und setzt weder seine Unanfechtbarkeit noch seine sofortige Vollziehbarkeit voraus (OVG NRW, Urt. v. 4.11.2010 - 12 A 1193/08 -; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 75 Rn. 8; vgl. auch Deutsch, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 75 Rn. 59). Selbst wenn man dies anders sehen wollte und den Eintritt der Genehmigungswirkung von der sofortigen Vollziehbarkeit oder der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses abhängig machen wollte, würde dies vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Denn gegenüber der Antragsgegnerin ist der Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft – wie auch die Wirksamkeit – eines Verwaltungsaktes wie dem Planfeststellungsbeschluss tritt nicht für und gegen alle Betroffenen gemeinsam ein, sondern ist für jeden Adressaten oder Betroffenen individuell zu prüfen. Dass ein Betroffener den Verwaltungsakt angefochten hat, hindert den Eintritt der Bestandskraft gegenüber den übrigen Betroffenen grundsätzlich nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.7.2012 - 9 VR 6.12 -, NVwZ 2012, 1126 [BVerwG 07.12.2011 - BVerwG 6 C 39.10]; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 43 Rn. 29). Daher haben die Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegen das Urteil des 7. Senats vom 4. Juli 2017, an denen der Antragsgegner dieses Verfahrens nicht beteiligt ist, auf die nach dem Ablauf der Rechtsbehelfsfrist ihm gegenüber eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses, welcher der Antragstellerin die Errichtung und den Betrieb einer Mineralstoffdeponie erlaubt, keinen Einfluss.

Eine Verletzung des der Antragstellerin durch den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 eingeräumten Rechts zur Errichtung und zum Betrieb der Mineralstoffdeponie „Haaßel“ durch die Naturschutzgebietsverordnung bzw. deren Anwendung ist auch möglich. Denn es ist, was für die Bejahung der Antragsbefugnis ausreichend ist, keineswegs ausgeschlossen, dass die Verbote der Naturschutzgebietsverordnung – z.B. das Verbot der Beseitigung von Hecken, Feldgehölzen, Einzelbäumen, Baumreihen und naturnahen Gebüschen (§ 3 Abs. 3 Nr. 3 VO), das Verbot, die Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören (§ 3 Abs. 3 Nr. 5 VO), das Verbot, Stoffe aller Art, wie z.B. Müll, Schutt, Gartenabfälle, land- und forstwirtschaftliche Abfälle sowie Bodenbestandteile zu lagern, aufzuschütten oder einzubringen (§ 3 Abs. 3 Nr. 14 VO), und das Verbot, Bodenbestandteile abzubauen, Aufschüttungen, Auf- oder Abspülungen oder Abgrabungen vorzunehmen (§ 3 Abs. 3 Nr. 15 VO) – der durch den Planfeststellungsbeschluss genehmigten Errichtung und Nutzung der Mineralstoffdeponie entgegenstehen. Die Naturschutzgebietsverordnung enthält ihrerseits auch keine Regelung, aus der sich die Freistellung des durch den Planfeststellungsbeschluss genehmigten Vorhabens unzweifelhaft ergibt und die daher die Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Errichtung und Betrieb der Deponie aus dem Planfeststellungsbeschluss offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausschließen würde. Insbesondere stellt die Bestimmung in § 4 Abs. 9 VO, wonach bestehende, rechtmäßige und bestandskräftige behördliche Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Verwaltungsakte unberührt bleiben, soweit dort nichts anderes bestimmt ist, keine solche Regelung dar. Denn sie bezieht sich nur auf solche Genehmigungen, Erlaubnisse und sonstige Verwaltungsakte, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits bestanden haben („bestehende“) und bereits bestandskräftig gewesen sind. Dazu gehört der Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015, der den Beteiligten Anfang Februar 2015 zugestellt worden ist, auch in Ansehung des Inkrafttretensdatums der Verordnung am 1. Februar 2015 (§ 8 VO) zweifelsohne nicht. Andere Bestimmungen, die zu einer Anwendungssperre für die Verbote der Naturschutzgebietsverordnung in Bezug auf das durch den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 zugelassene Deponievorhaben führen und damit eine Rechtsverletzung der Antragstellerin offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausschließen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus § 4 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, demzufolge bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf Flächen, die ausschließlich oder überwiegend Zwecken der Versorgung, einschließlich der hierfür als schutzbedürftig erklärten Gebiete, und der Entsorgung dienen oder in einem verbindlichen Plan für die genannten Zwecke ausgewiesen sind, die bestimmungsgemäße Nutzung zu gewährleisten ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG vorliegend überhaupt erfüllt sind. Denn diese Vorschrift liefert bereits nicht genügend Anhaltspunkte dafür, dass sie die Regelungsbefehle des Naturschutzrechtes im Sinne einer Anwendungssperre ausschließen soll (Meyer, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 4 Rn. 29 ff., 33; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, UmwR Bd. II, Stand 15.7.2017, § 4 BNatSchG Rn. 4; zu § 38 Nr. 3 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 A 4.00 -, NuR 2001, 266, 268).

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die angegriffene Naturschutzgebietsverordnung ist bereits wegen eines formellen Mangels insgesamt unwirksam. Denn der Antragsgegner hat die Verordnung nicht in einer Weise verkündet, die den hierfür bestehenden landesgesetzlichen Vorgaben genügt. Dies gilt sowohl für die von ihm zunächst gewählte Bekanntmachung der Verordnung auf seiner Homepage am 31. Januar 2015 als auch für die am 15. Juni 2017 erfolgte Verkündung im Amtsblatt.

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 i V. m. § 20 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG richten sich Form und Verfahren der Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschatz als Naturschutzgebiet nach Landesrecht. Gemäß § 16 Abs. 1 NAGBNatSchG erfolgt die Unterschutzstellung von Naturschutzgebieten im Sinne von § 23 Abs. 1 BNatSchG durch Verordnung der Naturschutzbehörde. Nach § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG, der, wie sich aus Abs. 1 der Regelung ergibt, auch auf Naturschutzgebietsverordnungen anzuwenden ist, erfolgt die Verkündung der Verordnung im amtlichen Verkündungsblatt oder, sofern ein solches nicht vorhanden ist, im Niedersächsischen Ministerialblatt.

Hinsichtlich der Auswahl des Publikationsmediums, dessen sich die Naturschutzbehörde für die Verkündung der Verordnung zu bedienen hat, ist die Regelung in § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG eine abschließende Sondervorschrift. Sie verdrängt damit die allgemeine Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 NKomVG, wonach die Kommunen, wozu gemäß § 1 Abs. 1 NKomVG auch die Landkreise – also auch der Antragsgegner – zählen, ihre Verordnungen nach Maßgabe näherer Bestimmung durch die Hauptsatzung in einem von der Kommune herausgegebenen amtlichen Verkündungsblatt, in einer oder mehreren örtlichen Tageszeitungen oder im Internet veröffentlichen. Dass § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG als lex specialis über die Wahl des Verkündungsmediums den Rückgriff auf die allgemeine Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 NKomVG ausschließt, zeigen sowohl die grammatische als auch die historische Auslegung. Bereits nach dem Wortlaut von § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG erfolgt die Verkündung nach Maßgabe näherer Bestimmung durch die Hauptsatzung in einem der drei dort genannten Medien – amtliches Verkündungsblatt, örtliche Tageszeitung(en) oder Internet – ausdrücklich nur, „soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist“. Zudem belegt die Entstehungsgeschichte von § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG, dass der Landesgesetzgeber als vorrangig geltende spezialgesetzliche Regelung über die Verkündung von kommunalen Rechtsvorschriften gerade den § 14 NAGBNatSchG im Blick hatte (vgl. LT-Drs. 16/2510, S. 103). Damit steht den niedersächsischen Landkreisen bei der Verkündung von naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnungen von den drei in § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG geregelten Verkündungsformen nur die Verkündung in einem amtlichen Verkündungsblatt zur Verfügung. Nicht zulässig ist hingegen die Verkündung in einer oder mehreren örtlichen Tageszeitungen oder im Internet. Verfügt der Landkreis nicht über ein eigenes amtliches Verkündungsblatt, so verpflichtet ihn § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG dazu, die Schutzgebietsverordnung im Niedersächsischen Ministerialblatt zu verkünden.

Aus dem Charakter des § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG als Spezialnorm gegenüber § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 NKomVG folgt, dass die vom Antragsgegner zuerst gewählte reine „Internet-Verkündung“ den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, weil eine solche Verkündungsform in § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG nicht vorgesehen ist.

§ 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG regelt allerdings nichts über die näheren Anforderungen, die für die Verkündung einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung in einem amtlichen Verkündungsblatt gelten. Deshalb verdrängt die Norm die allgemeine Vorschrift des § 11 NKomVG nur hinsichtlich der Auswahl des Verkündungsmediums. Hinsichtlich der Modalitäten, die für die Verkündung einer Verordnung im amtlichen Verkündungsblatt gelten, bleibt es somit bei der Geltung der allgemeinen Regelungen, die § 11 Abs. 2, Abs. 6 Satz 1 NKomVG hierzu treffen (vgl. Agena, in: Blum/Agena, Nds. Naturschutzrecht, § 14 Rn. 48).

Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 NKomVG muss das amtliche Verkündungsblatt in ausreichender Auflage erscheinen. Die mit der Normenkontrolle angegriffene Verordnung ist nicht in einem Amtsblatt verkündet worden, das diesen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Denn der Antragsgegner hat die Ausgabe seines Amtsblatts vom 15. Juni 2017, in die er die Verordnung aufgenommen hat, weder durch das Bereitstellen im Internet als pdf-Datei zum Herunterladen noch durch den Druck eines einzigen Printexemplars und schließlich auch nicht in der Zusammenschau dieser beiden von ihm gewählten Veröffentlichungswege in ausreichender Auflage publiziert.

Die dauerhafte Bereitstellung des Amtsblatts im Internet als pdf-Datei, die auf der Homepage des Antragsgegners heruntergeladen werden kann, genügt nicht für eine rechtmäßige Verkündung der Verordnung. Denn das niedersächsische Landesrecht gibt in § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 Sätze 1 und 2 NKomVG sowie § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG vor, dass das amtliche Verkündungsblatt in gedruckter Papierform zu veröffentlichen ist (ebenso zum dortigen Landesrecht: VG Magdeburg, Urt. v. 11.11.2013 - 9 A 213/13 -).

Schon die gesetzliche Bezeichnung des Publikationsorgans in § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 Sätze 1 und 2 NKomVG als amtliches Verkündungsblatt, das die Bezeichnung Amtsblatt zu führen hat (Hervorhebungen durch den Senat), spricht dafür, dass die Herstellung und Verbreitung des Verkündungsblatts in der traditionellen Form von gedruckten Papierexemplaren zu erfolgen hat (ebenso die h. M. zum Begriff des Bundesgesetzblatts in Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG; vgl. Butzer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 82 Rn. 244 m. w. N.). Das kommt zudem auch in der Wendung „in ausreichender Auflage erscheinen“ in § 11 Abs. 2 Satz 1 NKomVG deutlich zum Ausdruck. Bestätigt wird dies durch die historische und systematische Auslegung:

Die Publikation kommunaler Rechtsvorschriften in der Form bedruckten Papiers – entweder in einem amtlichen Verkündungsblatt oder in einer oder mehreren örtlichen Tageszeitungen – ist eine seit Jahrzehnten geübte Praxis. Entsprechend wird unter einem amtlichen Verkündungsblatt oder Amtsblatt traditionell eine von der Kommune herausgegebene, periodisch oder nach Bedarf erscheinende und jedermann zugängliche Druckschrift verstanden, die zur Veröffentlichung von Rechtsvorschriften, anderen amtlichen Bekanntmachungen sowie sonstigen Mitteilungen bestimmt ist (vgl. OVG Brandenburg, Urt. v. 23.11.2004 - 2 A 269/04 -, KStZ 2005, 34; VG Magdeburg, Urt. v. 11.11.2013 - 9 A 213/13 -, jeweils m. w. N.).

Auch das Aufkommen des Internets hat zunächst nichts daran geändert, dass kommunales Recht in Niedersachsen weiterhin nur in Druckpublikationen verkündet wurde und auch nur in dieser Form verkündet werden durfte. Noch § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Rechtsvorschriften kommunaler Körperschaften (BekVO-Kom) vom 14. April 2005 kannte als zulässige Publikationsorgane für die Verkündung von kommunalen Rechtsvorschriften weiterhin nur die traditionellen Printmedien amtliches Verkündungsblatt und örtliche Tageszeitung (vgl. § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BekVO-Kom). Dass das amtliche Verkündungsblatt – wie es der jahrzehntelang geübten Praxis entsprach – auch weiterhin als Druckpublikation zu erscheinen hatte, brachte der Verordnungstext neben der Bezeichnung des Publikationsorgans als Verkündungsblatt bzw. Amtsblatt (§§ 1, 2 BekVO-Kom – Hervorhebungen durch den Senat) zudem auch dadurch zum Ausdruck, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 BekVO-Kom – wortgleich zum heutigen § 11 Abs. 2 Satz 1 NKomVG – ein Erscheinen des amtlichen Verkündungsblattes in ausreichender Auflage vorschrieb.

Ebenso wenig geben Wortlaut und Entstehungsgeschichte des hier einschlägigen § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG, der als Bestandteil der Ursprungsfassung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz am 1. März 2010 in Kraft getreten ist, Anhaltspunkte dafür, dass der niedersächsische Landesgesetzgeber den als untere Naturschutzbehörden handelnden Landkreisen nunmehr für die offizielle Veröffentlichung von naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnungen im amtlichen Verkündungsblatt neue technische Wege ebnen wollte. Auch diese Regelung spricht von dem amtlichen Verkündungsblatt (Hervorhebung durch den Senat). Und in der Begründung des zugrundeliegenden Gesetzentwurfs heißt es:

„Für die Verordnungen, die von den (kommunal getragenen) unteren Naturschutzbehörden erlassen werden, soll durch die Regelung in Satz 7 NNatG sichergestellt werden, dass diese entweder in einem amtlichen Verkündungsblatt oder dem Niedersächsischen Ministerialblatt bekannt gemacht werden. Es bedarf hierfür einer ausdrücklichen Regelung, da gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Rechtsvorschriften kommunaler Körperschaften (BekVO-Kom) vom 14. April 2005 die Bekanntmachung einer Verordnung auch in einer örtlichen Tageszeitung erfolgen kann. Da eine naturschutzrechtliche Verordnung erhebliche Auswirkungen auf die Nutzungsmöglichkeiten einer Fläche hat, bedarf es dafür einer Bekanntgabe, die auch noch nach vielen Jahren für jedermann nachvollziehbar ist. Dies kann am ehesten mit einer Bekanntgabe im Niedersächsischen Ministerialblatt oder in einem amtlichen Verkündungsblatt der erlassenden Behörde erreicht werden“ (LT-Drs. 16/1902, S. 47 – Hervorhebungen im Original).

Hierin kommt eindeutig zum Ausdruck, dass der Gesetzeszweck von § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG darin liegt, die Verkündung einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung in einer lokalen Tageszeitung auszuschließen, nicht aber darin, die amtliche Bekanntmachung im Verkündungsblatt nunmehr auch über das Internet zu ermöglichen. Dies wird im Übrigen auch dadurch bestätigt, dass § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG für den Fall, dass ein amtliches Verkündungsblatt nicht vorhanden ist, die Verkündung der Verordnung im Niedersächsischen Ministerialblatt anordnet, also in einem Veröffentlichungsorgan der Niedersächsischen Landesregierung, das ebenfalls bis heute in der traditionell gebräuchlichen Form des Printmediums erscheint.

Erstmalig mit dem am 1. November 2011 in Kraft getretenen Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) hat der niedersächsische Landesgesetzgeber den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, anstelle von Printmedien das Internet für die Verkündung kommunaler Rechtsvorschriften zu nutzen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 NKomVG). Die ausdrückliche Unterscheidung in § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG zwischen den traditionellen Publikationsmedien amtliches Verkündungsblatt und örtliche Tageszeitung(en) einerseits sowie dem neuen Verkündungsmedium Internet andererseits verdeutlichen ebenso wie die einerseits für das amtliche Verkündungsblatt in § 11 Abs. 2 NKomVG und andererseits für das Internet in § 11 Abs. 3 NKomVG gesondert geregelten Bekanntmachungsmodalitäten, dass es nicht zulässig ist, das amtliche Verkündungsblatt durch eine Bereitstellung im Internet zu publizieren. Denn hätte der niedersächsische Landesgesetzgeber gewollt, dass das amtliche Verkündungsblatt abweichend von der jahrzehntelang geübten bisherigen Praxis und den dafür bisher geltenden rechtlichen Vorgaben nunmehr im Internet publiziert werden darf, hätte er die Publikationsmedien des amtlichen Verkündungsblattes und des Internets nicht derart strikt voneinander unterschieden und für diese beiden Verkündungsarten nicht jeweils separate und auf die technischen Gegebenheiten des jeweiligen Veröffentlichungsmediums zugeschnittene Regelungen über die Modalitäten der Verkündung getroffen. Dies wird auch durch die amtliche Begründung, die dem Gesetzentwurf zu § 11 NKomVG zugrunde liegt, bestätigt. Darin heißt es:

„Als zulässige Form der Verkündung sieht der Entwurf jetzt auch die Bereitstellung von Rechtsvorschriften im Internet vor. Diese Regelung trägt der fortschreitenden Entwicklung bei der elektronischen Information und Kommunikation der Bevölkerung Rechnung. Den Einwohnerinnen und Einwohnern wird damit der Zugriff auf die Rechtsvorschriften der Kommunen erleichtert. Die Kommunen selbst werden finanziell von den Kosten entlastet, die durch den Druck von Verkündungsblättern oder die Veröffentlichung in Tageszeitungen entstehen“ (LT-Drs. 16/2510, S. 104 - Hervorhebung durch den Senat).

Auch hierin kommt eindeutig zum Ausdruck, dass es sich nach dem Begriffsverständnis des Landesgesetzgebers bei dem amtlichen Verkündungsblatt – gerade auch in Gegenüberstellung zur Bekanntmachung im Internet – um ein Printmedium handelt.

Im Übrigen ist die Verkündung einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung auch dann unwirksam, wenn eine Karte, die gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG den geschützten Teil von Natur und Landschaft und den Geltungsbereich von Vorschriften zeichnerisch bestimmt, oder eine an deren Stelle ersatzweise gemäß § 14 Abs. 4 Satz 6 NAGBNatSchG in das Verkündungsblatt aufgenommene Übersichtskarte nicht in der Originalgröße, in der die jeweilige Karte Bestandteil der Beschlussfassung des Kreistags war, in dem amtlichen Verkündungsblatt abgedruckt ist (vgl. Senatsurt. v. 2.5.2017 - 4 KN 318/13 - m. w. N.). Auch aus diesem Blickwinkel ist der vom Antragsgegner gewählte Weg der Publizierung des Amtsblatts als pdf-Datei im Internet nicht geeignet, um eine rechtmäßige Verkündung der Verordnung zu gewährleisten. Denn in der pdf-Datei werden die Karte im Maßstab 1:7.500 sowie die Übersichtskarte im Maßstab 1:25.000, die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 VO Bestandteil der Verordnung sind, beide nicht oder zumindest nicht eindeutig in Originalgröße dargestellt. Geräteabhängig von der Größe des Bildschirms ändert sich nämlich die Größe der dargestellten Karten, ohne dass erkennbar ist, bei welcher Bildschirmdarstellung die Kartengröße die Größe des jeweiligen Originals zutreffend abbildet.

Auch durch die Erstellung eines einzigen gedruckten Exemplars hat der Antragsgegner die Ausgabe des Amtsblatts, in dem die Verordnung abgedruckt ist, nicht im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 NKomVG in ausreichender Auflage publiziert (ebenso zum Druck von nur sechs bzw. sieben Exemplaren des amtlichen Verkündungsblatts: VG Magdeburg, Urt. v. 11.11.2013 - 9 A 213/13 -).

Bereits der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 1 NKomVG spricht dafür, dass der Druck eines einzigen Exemplars des amtlichen Verkündungsblatts den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Hätte es der Landesgesetzgeber den Kommunen ermöglichen wollen, sich auf den Druck eines einzigen Exemplars zu beschränken, hätte er kaum die Formulierung „in ausreichender Auflage“ gewählt.

Zudem hat die Auslegung des Begriffs der „ausreichenden Auflage“ im Lichte des Rechtsstaatsprinzips zu erfolgen. Dieses gibt vor, dass Rechtsnormen so zu verkünden sind, dass die Betroffenen sich vom Erlass und vom Inhalt der Rechtsnorm verlässlich Kenntnis verschaffen können und dass diese Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht in unzumutbarer Weise erschwert werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 <291>; BVerwG, Beschl. v. 22.6.2012 - 8 BN 1.12 - u. v. 18.10.2006 - 9 B 6.06 -, NVwZ 2007, 216). Dass der Druck und das Vorhalten eines einzigen Exemplars des amtlichen Verkündungsblatts die Möglichkeit der Betroffenen, sich aus dem amtlichen Verkündungsblatt verlässlich Kenntnis vom Inhalt des Ortsrechts zu verschaffen, in unzumutbarer Weise erschwert, liegt auf der Hand. Für den Fall des Verlusts des einzigen Exemplars ist nicht einmal gewährleistet, dass dauerhaft überprüfbar ist, ob das kommunale Ortsrecht ordnungsgemäß verkündet und damit wirksam in Kraft gesetzt worden ist.

Dieser Gesichtspunkt spielt gerade bei der Prüfung von naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnungen eine hervorgehobene Rolle. Denn nur die Einsicht in das Original des amtlichen Verkündungsblatts ermöglicht es, zu prüfen, ob ein Verkündungsfehler vorliegt, weil etwa der Maßstab einer Karte, die gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG Bestandteil der Verordnung ist, bei der Verkündung unzulässig verkleinert worden ist und/oder bei der Verkündung einer Übersichtskarte der in § 14 Abs.  4 Satz 6 NAGBNatSchG vorgegebene Mindestmaßstab von 1:50.000 unterschritten worden ist. Nicht zuletzt liegt auch der Grund dafür, dass der Gesetzgeber in § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG für naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen die Verkündung im amtlichen Verkündungsblatt oder ersatzweise im Niedersächsischen Ministerialblatt angeordnet hat, darin, dass es wegen der erheblichen Auswirkungen einer naturschutzrechtlichen Verordnung auf die Nutzungsmöglichkeiten einer Fläche dafür einer Bekanntgabe bedürfe, die auch noch nach vielen Jahren für jedermann nachvollziehbar ist (vgl. LT-Drs. 16/1902, S. 47). Die vom Gesetzgeber angestrebte Nachvollziehbarkeit der Bekanntmachung „noch nach vielen Jahren“ ist wegen des Verlustrisikos beim Druck eines einzigen Exemplars des amtlichen Verkündungsblatts aber gerade nicht gesichert.

Auch bei einer zusammenschauenden Betrachtung des Drucks eines einzigen Papierexemplars des amtlichen Verkündungsblatts sowie der daneben erfolgten Bereitstellung des Amtsblatts als pdf-Datei im Internet kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausgabe des Amtsblatts, in dem die angegriffene Verordnung verkündet worden ist, in ausreichender Auflage erschienen ist. Denn dies liefe auf die rechtliche Anerkennung einer Mischform zwischen zwei Wegen der Verkündung hinaus, die Elemente einer Verkündung in einem gedruckten amtlichen Verkündungsblatt sowie einer Verkündung im Internet in sich vereinigt. Eine derartige Mischform der Verkündung ist jedoch weder in § 11 NKomVG noch in § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG vorgesehen und daher unzulässig.

Die genannten Rechtsvorschriften des niedersächsischen Landesrechts sind gesetzliche Ausformungen des Prinzips der formellen Verkündung von Rechtsnormen, das den früheren Grundsatz der materiellen Verkündung abgelöst hat. Für das Inkrafttreten von Gesetzen und untergesetzlichen Rechtsnormen ist es nach heutigem Rechtsverständnis nicht mehr erforderlich, dass das geltende Recht tatsächlich allgemein bekannt geworden ist; es genügt, dass es in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, die es den Betroffenen gestattet, sich Kenntnis vom Inhalt der Rechtsnorm zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.4.1963 - 1 BvL 22/60 -, BVerfGE 16, 6 [BVerfG 02.04.1963 - 2 BvL 22/60] <16 f.>). Prägend für das Prinzip der formellen Rechtsverkündung ist die Formenstrenge der Verkündung, die dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der geltenden Gesetze und sonstigen Rechtsnormen vermitteln soll (vgl. BFH, Beschl. v. 2.8.2006 - XI R 34/02 -, BFHE 214, 386; Hess. VGH, Urt. v. 18.2.1970 - II OE 4/69 -, NJW 1970, 1388).

Diese Formenstrenge hat der niedersächsische Landesgesetzgeber in § 11 NKomVG so ausgeformt, dass die Kommunen sich zwischen den in Abs. 1 Satz 2 der Regelung genannten drei Wegen für die Verkündung kommunalen Rechts - in einem amtlichen Verkündungsblatt, in einer oder mehreren Tageszeitungen oder im Internet - zu entscheiden haben. Er hat den Kommunen aber nicht den Weg eröffnet, diese drei Verkündungswege zu neuen Mischformen weiter zu entwickeln, zumal die offizielle Bekanntmachung kommunalen Rechts über mehrere Verkündungswege zu Problemen hinsichtlich der Frage führen könnte, zu welchem Zeitpunkt die Verkündung wirksam geworden ist. Die durch die Förmlichkeit der Verkündung gerade bezweckte Rechtssicherheit wäre damit nicht mehr gewährleistet.

Im Übrigen würde für den hier gegebenen Fall einer naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung die Anerkennung einer „gemischten“ Verkündung, die in einem gedruckten amtlichen Verkündungsblatt und daneben im Internet erfolgt, auch § 14 Abs. 4 Satz 7 NAGBNatSchG zuwiderlaufen. Denn diese Norm lässt von den drei in § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG genannten Verkündungsmedien nur das amtliche Verkündungsblatt als Veröffentlichungsorgan für Schutzgebietsverordnungen zu und schließt damit eine Verkündung im Internet aus.

Unbenommen ist es niedersächsischen Kommunen allerdings, ihr amtliches Verkündungsblatt neben der landesgesetzlich vorgegebenen offiziellen Bekanntmachung als Druckpublikation, die in ausreichender Auflage erscheint, zusätzlich nachrichtlich auch in das Internet einzustellen, um es den Bürgern auf diese Weise zu erleichtern, sich über das geltende Ortsrecht zu informieren. Für den rechtlich vorgegebenen Vorgang der Verkündung des Amtsblatts ist diese informelle Bereitstellung im Internet jedoch bedeutungslos.

Die vorstehend angeführten Verkündungsmängel führen unabhängig davon, ob sie von der Antragstellerin rechtzeitig gegenüber dem Antragsgegner gerügt worden sind, zur Unwirksamkeit der Verordnung. Sie sind von Amts wegen zu berücksichtigen, da sich die Präklusionsregelung in § 14 Abs. 7 NAGBNatSchG, wonach eine Verletzung von Formvorschriften unbeachtlich ist, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres nach Verkündung der Verordnung geltend gemacht worden ist, nur auf die Vorschriften des § 14 Abs. 1 bis 3 NAGBNatSchG bezieht, nicht jedoch auf die in § 14 Abs. 4 NAGBNatSchG und § 11 Abs. 2, Abs. 6 NKomVG geregelten Vorgaben für die Verkündung der Verordnung (vgl. Senatsurt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 - u. - 4 KN 211/15 - u. v. 2.5.2017 - 4 KN 318/13 - u. - 4 KN 319/13 -).

Abgesehen von den Verkündungsmängeln leidet die Verordnung aber nicht an weiteren formellen Mängeln.

Die Vorgabe des § 14 Abs. 1 NAGBNatSchG, wonach vor dem Erlass einer Verordnung u.a. nach dem hier einschlägigen § 16 Abs. 1 NAGBNatSchG den Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, und den sonst betroffenen Behörden Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist, hat der Antragsgegner beachtet.

Den Anforderungen des § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG an die Auslegung des Verordnungsentwurfs hat der Antragsgegner ebenfalls Rechnung getragen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG ist der Entwurf einer Verordnung nebst Begründung mindestens einen Monat lang bei den Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung haben die Gemeinden mindestens eine Woche vorher mit dem Hinweis darauf ortsüblich bekannt zu machen, dass jedermann während der Auslegungszeit bei der Gemeinde oder bei der Naturschutzbehörde, die die Verordnung erlassen will, Bedenken und Einwendungen vorbringen kann (§ 14 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG).

Die Auslegung der Verordnungsunterlagen ist danach nicht zu beanstanden. Die Bekanntmachung der Auslegung durch den Samtgemeindebürgermeister der Samtgemeinde Selsingen vom 29. September 2014 ist am 1. Oktober und damit mehr als eine Woche vor der Auslegung im Bekanntmachungskasten der Samtgemeinde Selsingen ausgehängt worden. Dieses Vorgehen steht mit den Anforderungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 NAGBNatSchG in Einklang. Zudem ist nach dem Vortrag des Antragsgegners davon auszugehen, dass – wie in § 7 Abs. 2 Satz 3 der Hauptsatzung der Samtgemeinde Selsingen vom 18. Juli 2012 vorgesehen – die Mitgliedsgemeinden die Bekanntmachung der Auslegung durch den Samtgemeindebürgermeister der Samtgemeinde Selsingen vom 29. September 2014 nachrichtlich zum Aushang in ihren Bekanntmachungskästen erhalten haben. Die anschließende Auslegung der Verordnungsunterlagen hat ausweislich der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners vom 9. Oktober bis einschließlich 12. November 2014 im Rathaus der Samtgemeinde Selsingen stattgefunden. Diese Auslegung entsprach den Anforderungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG. Die ausschließliche Auslegung im Rathaus der Samtgemeinde war ausreichend; eine Auslegung bei den betroffenen Mitgliedsgemeinden war nicht erforderlich. Dazu hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 19. Juli 2017 (- 4 KN 29/15 -) folgendes ausgeführt:

„Ist eine Gemeinde, deren Gebiet von der Unterschutzstellung betroffen ist, Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde, liegt eine ordnungsgemäße Auslegung i.S.d. § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG vor, wenn die Auslegung und die diesbezügliche Bekanntmachung am Sitz der Samtgemeinde erfolgen (so auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.5.2006 - 2 K 249/04 - zum dortigen Landesrecht). Dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG, wonach die Auslegung bei den Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, stattzufinden hat, lässt sich nicht entnehmen, welche kommunale Körperschaft für die Auslegung zuständig ist, wenn eine Gemeinde einer Samtgemeinde angehört. Aus kommunalrechtlicher Sicht handelt es sich bei der gemäß § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG den gebietsbetroffenen Gemeinden übertragenen Aufgabe der Auslegung von naturschutzrechtlichen Verordnungen um eine solche des übertragenen Wirkungskreises i.S.d. § 6 NKomVG (vgl. Blum/Agena, a.a.O., § 14 Rn. 27; Louis, a.a.O., § 30 Rn. 3). Gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 NKomVG erfüllen die Samtgemeinden die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden, so dass unter der gebietsbetroffenen Gemeinde i.S.d. § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG die Samtgemeinde zu verstehen ist, wenn sich die Schutzgebietsausweisung auf das Gebiet einer Gemeinde erstreckt, die Mitglied einer Samtgemeinde ist. Im Übrigen ergäbe sich auch kein anderes Ergebnis, wenn man die Auslegung nach § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG nicht als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises, sondern als Amtshilfe i.S.d. § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 4 VwVfG für die untere Naturschutzbehörde ansähe. Auch dann wäre die Samtgemeinde für die Durchführung der Amtshilfe zuständig, da in der Samtgemeinde regelmäßig eine höhere Verwaltungskraft zur Aufgabenerfüllung als in den Mitgliedsgemeinden vorhanden ist (vgl. dazu Thiele, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, 1. Aufl. 2011, § 6 Ziffer 1 und § 98 Ziffer 3).

Zudem spricht die Entstehungsgeschichte der Regelung des § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG bzw. dessen Vorgängerregelung dafür, dass eine Auslegung am Sitz der Samtgemeinde als ausreichend anzusehen ist. Die Durchführung der Auslegung einer naturschutzrechtlichen Verordnung ist nach dem Willen des Gesetzgebers den Gemeinden zugewiesen worden, da dies ihrer Funktion als „Anlaufstelle“ für ihre Einwohner sowie der Regelung zur Planauslegung im Planfeststellungsverfahren entspricht (vgl. den schriftlichen Abgeordnetenbericht zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Niedersächsisches Naturschutzgesetz - NNatSchG -, LT-Drs. 9/2300, S. 10). Die Funktion der Gemeinde als Anlaufstelle für ihre Einwohner ist (nunmehr) in § 37 NKomVG geregelt, nach dessen Satz 1 die Gemeinden den Einwohnern in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft dabei behilflich sind, Verwaltungsverfahren einzuleiten, auch wenn sie für deren Durchführung nicht zuständig sind. Diese Aufgabe wird im Falle des Bestehens einer Samtgemeinde ebenfalls von der Samtgemeinde für ihre Mitgliedsgemeinden erfüllt (§ 98 Abs.1 Nr. 7 NKomVG). Für die Planauslegung im Planfeststellungsrecht nach § 73 Abs. 2 VwVfG ist ebenfalls die Samtgemeinde zuständig. Denn § 7 NVwVfG bestimmt, dass die Aufgaben der Gemeinden nach §§ 73 und 74 VwVfG von den Samtgemeinden wahrgenommen werden (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 5.7.2005 - 7 LA 58/05 -).

Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG dafür, dass eine Auslegung am Sitz der Samtgemeinde zu erfolgen hat. Mit der Regelung, dass die Auslegung der Verordnungsunterlagen bei den gebietsbetroffenen Gemeinden zu erfolgen hat, soll dem Bürger die Ausübung seines Einsichtsrechts aufgrund der Ortsnähe erleichtert werden (vgl. Blum/Agena/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, § 30 Rn. 17). Diese Ortsnähe der Auslegung erscheint zwar vordergründig bei den einzelnen Mitgliedsgemeinden einer Samtgemeinde besser gewährleistet als am Sitz der Samtgemeinde. Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass in Samtgemeinden die Bürger daran gewöhnt sind, dass sie ihre Verwaltungsgeschäfte überwiegend oder sogar ausschließlich am Sitz der Samtgemeinde abzuwickeln haben. Zudem ist davon auszugehen, dass bei nicht wenigen Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden gar keine ausreichende Verwaltungskraft vorhanden sein dürfte, um regelmäßige Verwaltungssprechstunden abzuhalten bzw. um eine durchgehende werktägliche Auslegung von Verordnungsunterlagen über einen Zeitraum von einem Monat zu gewährleisten (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 8.6.1998 - 1 K 5440/96 - zur Auslegung von Bebauungsplanentwürfen). Da dem Bürger die Einsichtnahme in die Verordnungsunterlagen am Sitz der Samtgemeinde mit regelmäßig häufigeren und längeren Öffnungszeiten oftmals sogar leichter als bei einer Mitgliedsgemeinde möglich sein dürfte, ist auch unter dem Gesichtspunkt der Ortsnähe nach Sinn und Zweck der Regelung davon auszugehen, dass die Samtgemeinde und nicht die Mitgliedsgemeinde die gebietsbetroffene Gemeinde i.S.d. § 14 Abs. 2 NAGBNatSchG ist.

Dem vorgenannten Ergebnis kann in systematischer Hinsicht nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Begriff der „Gemeinde, deren Gebiet betroffen ist“ in § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG genauso wie der gleichlautende Begriff in § 14 Abs. 1 NAGBNatSchG auszulegen ist. In Bezug auf die nach § 14 Abs. 1 NAGBNatSchG vorgesehene Beteiligung der Gemeinden ist zwar anerkannt, dass im Falle des Bestehens einer Samtgemeinde auch die jeweiligen Mitgliedsgemeinden zu beteiligen sind (vgl. Blum/Agena/ Franke, a.a.O., § 30 Rn. 10; Louis, a.a.O., § 30 Rn. 2). Dies begründet sich jedoch daraus, dass das Beteiligungserfordernis nach § 14 Abs. 1 NAGBNatSchG wegen der Möglichkeit, dass die Gemeinden durch die Schutzgebietsausweisung in ihren eigenen Rechtspositionen verletzt werden könnten, besteht, was eine Beteiligung auch der einzelnen Mitgliedsgemeinden einer Samtgemeinde zwingend erforderlich macht. Die Abgabe einer Stellungnahme gehört insoweit zum eigenen Wirkungskreis einer Gemeinde (vgl. Blum/Agena, a. a. O., § 14 Rn. 17). Die Regelungen in § 14 Abs. 1 NAGBNatSchG und § 14 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG verfolgen somit unterschiedliche Zwecke, die eine unterschiedliche Auslegung der gleichlautenden Begriffe erfordern.“

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung fest.

Schließlich ist auch eine erneute Auslegung des Verordnungsentwurfs trotz der vom Antragsgegner im weiteren Verlauf des Normsetzungsverfahrens vorgenommenen Änderungen an dem Verordnungsentwurf nicht erforderlich gewesen. Denn diese Änderungen an dem Verordnungsentwurf haben keine nochmalige öffentliche Auslegung des geänderten Entwurfs der Naturschutzgebietsverordnung notwendig gemacht, weil die Schutzerklärung gegenüber dem öffentlich ausgelegten Entwurf nicht erheblich erweitert worden ist.

Das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz trifft keine Bestimmungen über eine erneute Auslegung von Verordnungsentwürfen nach deren Änderung, obwohl die Änderung derartiger Entwürfe nach der Durchführung des Auslegungsverfahrens durchaus üblich und nicht selten auch erforderlich ist. Daher besteht kein Grund zur Annahme, dass jede Änderung eines Verordnungsentwurfs den Verordnungsgeber zur Durchführung eines neuen Beteiligungsverfahrens verpflichtet. Eine solche Verpflichtung besteht vielmehr nur, wenn die Änderung des Verordnungsentwurfs wesentlich ist (Nds. OVG, Urt. v. 9.11.2000 - 3 K 3042/00 -, NuR 2001, 167). Denn nur dann verlangen rechtsstaatliche Grundsätze, die von der Ausweisung des Schutzgebiets Betroffenen nochmals nach § 14 Abs. 1 und 2 NAGBNatSchG zu beteiligen. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, beurteilt sich danach, ob der Entwurf der Schutzerklärung nach der Durchführung des Auslegungsverfahrens räumlich oder sachlich erheblich erweitert worden ist (Hendrischke, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 22 Rn. 35). Ist das nicht der Fall und sind bei einer wertenden Betrachtung der Gesamtheit der Schutzbestimmungen nur unwesentliche Randkorrekturen vorgenommen worden, liegt eine unwesentliche Änderung vor, die eine nochmalige Beteiligung der Betroffenen sachlich nicht gebietet und daher keine erneute Auslegung erforderlich macht.

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Naturschutzgebietsverordnung enthält gegenüber dem ausgelegten Entwurf keine räumliche Erweiterung des Schutzgebiets. Die Schutzzwecke haben ebenfalls keine Änderung erfahren. Die Schutzbestimmungen in § 3 VO sind im Wesentlichen gleichgeblieben. Die Verringerung der Entfernung, in der Windkraftanlagen von der Grenze des Naturschutzgebiets errichtet werden dürfen, von 1.200 m auf 600 m (§ 3 Abs. 3 Nr. 11 VO) führt nicht zu einer zusätzlichen Belastung Betroffener. Die Freistellungsregelungen haben gegenüber dem ausgelegten Verordnungsentwurf teilweise erweiternde Präzisierungen und teilweise Randkorrekturen erfahren, die aber das Gesamtkonzept der Schutzbestimmungen unberührt lassen. So stellt die Herausnahme der im Entwurf noch in § 4 Abs. 2 Nr. 9 VO enthaltenen Freistellungsregelung für die Neuanlage von unterirdisch verlaufenden notwendigen Ver- und Entsorgungsleitungen, deren Start- und Endpunkte sich außerhalb des Naturschutzgebiets befinden, mit Zustimmung der zuständigen Naturschutzbehörde keine wesentliche Änderung dar, weil davon ohnehin nur eine kleine Anzahl von Leitungen vom Verlegungsverbot des § 3 Abs. 3 Nr. 12 VO ausgenommen worden wären und die Verlegung notwendiger Leitungen auch über die Befreiungsmöglichkeit nach § 6 VO, die auf § 67 BNatSchG i. V. m. § 41 NAGBNatSchG verweist, realisiert werden kann. Die Verkürzung der Zeit, in der Maßnahmen zur Grünlanderneuerungen zulässig sind, vom 16. Juli bis zum 31. März auf die Zeit vom 16. Juli bis zum 1. März (§ 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 f VO) ist offensichtlich geringfügig und bereits deshalb nicht erheblich, weil ausreichend Zeit für die weiterhin zulässige Grünlanderneuerung im Rahmen der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung gemäß § 5 Abs. 2 BNatSchG und nach guter fachlicher Praxis (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 1 VO) bleibt. Die Regelung in § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VO, die im Verordnungsentwurf nicht enthalten war, erweitert die Handlungsspielräume für die dort genannten Grünlandflächen und stellt bereits deshalb keine wesentliche Änderung dar, die eine erneute Auslegung des Verordnungsentwurfs notwendig machen würde.

Über die die Naturschutzgebietsverordnung insgesamt betreffenden Verkündungsmängel hinaus ist die Verordnung auch in materiell-rechtlicher Hinsicht teilweise zu beanstanden. Denn sie verstößt hinsichtlich der Einbeziehung der als Deponiefläche planfestgestellten Flurstücke 20/3, 20/1 und 13/3 der Flur 2 der Gemarkung F. in das Schutzgebiet gegen den u. a. in § 2 Abs. 3 BNatSchG zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Liegen die Voraussetzungen einer Unterschutzstellung für Teile von Natur und Landschaft vor, so hat die Naturschutzbehörde, sofern kein FFH-Gebiet betroffen ist, einen Handlungsspielraum, ob und wie sie das schutzwürdige und schutzbedürftige Gebiet unter Schutz stellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -; Senatsbeschl. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -). Dieser Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine nach Maßgabe des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots im Sinne des § 2 Abs. 3 BNatSchG erfolgende, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Eigentümer auf der anderen Seite geprägt (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, v. 20.1.2016 - 4 KN 15/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 6.11.2002 - 8 KN 231/01 -; ferner BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -, Urt. v. 11.12.2003 - 4 CN 10.02 -u. Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -). Allerdings zieht eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände allein die Nichtigkeit einer Schutzgebietsverordnung nicht nach sich (Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2072/01 -, v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -), weil die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidung gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 110, 122 f., m. w. Nachw.), für naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnungen nicht gelten. Denn die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -), ist – auch wenn sie als „Abwägung“ bezeichnet wird – mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B 102.88 -; Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Daher kommt es bei der gerichtlichen Kontrolle einer Schutzgebietsverordnung lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -; Senatsurt. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 - und v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -).

Hier steht die Unterschutzstellung der Deponieflächen im Ergebnis mit dem u. a .in § 2 Abs. 3 BNatSchG zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht in Einklang.

Der Antragsgegner war bei Erlass der Naturschutzgebietsverordnung verpflichtet, die im Planfeststellungsverfahren verfolgten Ziele im Rahmen der Abwägung nach § 2 Abs. 3 BNatSchG als „sonstige Anforderung der Allgemeinheit an Natur und Landschaft“ angemessen zu berücksichtigen. Denn diesem Verfahren kam Vorrang zu, weil die Deponieplanung einen deutlichen zeitlichen Vorsprung vor dem Verfahren der Ausweisung des Naturschutzgebiets „Haaßeler Bruch“ hatte.

Für das Zusammentreffen konkurrierender Planungsvorstellungen kommunaler Bauleitplanung einerseits und Fachplanung andererseits ist anerkannt, dass grundsätzlich die eine Planung auf die andere, die einen zeitlichen Vorsprung hat, Rücksicht zu nehmen hat, sofern bereits ein hinreichender Grad der Verfestigung und Konkretisierung der Planung vorliegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.11.2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207, 208; Beschl. v. 26.3.2007 - 7 B 73.06 -, NVwZ 2007, 833). Dieser Grundsatz ist als allgemeiner Rechtsgedanke auch auf das Zusammentreffen einer Fachplanung wie der Planfeststellung einer Abfalldeponie mit einer naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung nach § 22 BNatSchG anzuwenden. Auch bei einem solchen Zusammentreffen besteht nämlich die Notwendigkeit, unauflösbare widersprüchliche Regelungen in dem abfallrechtlichen Planfeststellungsbeschluss einerseits und der naturschutzrechtlichen Schutzgebietsverordnung andererseits zu vermeiden. Da auf beiden Seiten prinzipiell gleichwertige Gemeinwohlbelange betroffen sind, bietet allein der Prioritätsgrundsatz ein sachgerechtes Mittel zur Konfliktvermeidung. Dass bei dem Erlass einer Schutzgebietsverordnung nicht nur Belange des Naturschutzes, sondern grundsätzlich auch die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur- und Landschaft, die sich u. a. aus einer hinreichend konkretisierten abfallrechtlichen Planung ergeben können, zu berücksichtigen sind, folgt im Übrigen schon aus § 2 Abs. 3 BNatSchG.

Bei Fachplanungsvorhaben markiert regelmäßig die Auslegung der Planungsunterlagen den Zeitpunkt der hinreichenden Verfestigung; dieser kann aber, abhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung des Planungsvorgangs und den Umständen des Einzelfalles auch schon vorher anzusetzen sein (BVerwG, Beschl. v. 5.11.2002 - 9 VR 14.02 -, NVwZ 2003, 207, 208). Vorliegend gebührt nach jeder denkbaren Betrachtungsweise der Planung der Mineralstoffdeponie „Haaßel“ der Vorrang. Denn nicht nur ist die Auslegung der ursprünglichen Planunterlagen vom 28. Mai 2011 bis zum 27. April 2011 und der geänderten Planunterlagen vom 27. Mai 2013 bis zum 28. Juni 2013 deutlich eher erfolgt als die Auslegung des Entwurfs der Naturschutzgebietsverordnung, die zwischen dem 9. Oktober 2014 und dem 12. November 2014 stattgefunden hat. Auch ist der Erörterungstermin im Planfeststellungsverfahren am 11. und 12. Dezember 2013 und damit lange vor der Auslegung des Verordnungsentwurfs durchgeführt worden.

Dem Vorrang der Planfeststellung der Mineralstoffdeponie „Haaßel“ gegenüber der Ausweisung des Naturschutzgebiets „Haaßeler Bruch“ steht auch nicht die Aufnahme wesentlicher Teile der unter Schutz gestellten Fläche in den Landschaftsrahmenplan 2003 des Antragsgegners als Gebiet, das die Voraussetzungen zur Ausweisung als Naturschutzgebiet nach § 24 NNatG erfüllt („NSG 18 Bockhorn“, S. 180), und in das Regionale Raumordnungsprogramm 2005 des Antragsgegners als Vorranggebiet für Natur und Landschaft entgegen. Die raumordnungsrechtliche Festlegung eines Vorranggebiets nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG dient zwar der Sicherung naturschutzfachlich wertvoller Flächen, indem § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG eine Beachtenspflicht für andere Planungsentscheidungen öffentlicher Stellen statuiert (vgl. Albrecht/Leibenath, ZUR 2008, 518, 525 f.). Vorliegend hat jedoch der Antragsgegner selbst im raumordnungsrechtlichen Zielabweichungsverfahren (vgl. §§ 36 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KrWG, §§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 6 Abs. 2 ROG, § 11 Abs. 1 NROG in der Fassung vom 7. Juni 2007, Nds. GVBl. S. 353) die im Vorranggebiet für Natur und Landschaft gelegenen Flächen für die Planfeststellung der Deponie „Haaßel“ freigegeben. Dies kommt einem Verzicht auf einen möglicherweise raumordnungsrechtlich begründeten Vorrang der naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung dieses Gebiets gegenüber der Planfeststellung der Mineralstoffdeponie „Haaßel“ gleich. Zudem ist die raumordnungsrechtliche Freigabe des Vorranggebiets für die Planfeststellung der Deponie „Haaßel“ zeitlich deutlich vor dem Verfahren zur Ausweisung des Naturschutzgebiets „Haaßeler Bruch“ erfolgt. Der Zielabweichungsbescheid, mit dem der Antragsgegner die Abweichung von dem in seinem Regionalen Raumordnungsprogramm 2005 ausgewiesenen Vorranggebiet für Natur und Landschaft für das abfallrechtliche Genehmigungsverfahren für die geplante Deponie zugelassen hat, datiert vom 19. März 2010 und ist damit sogar viereinhalb Jahre vor der Auslegung des Entwurfs der Naturschutzgebietsverordnung erlassen worden.

Die demnach vorrangige Deponieplanung hat bei dem Erlass der Naturschutzgebietsverordnung indessen überhaupt keine oder jedenfalls keine angemessene Berücksichtigung gefunden. Die Verordnung erstreckt sich auf die für die Deponie vorgesehenen Flurstücke 20/3, 20/1 und 13/3 der Flur 2 der Gemarkung F. und enthält in § 3 zahlreiche Verbote, die der Errichtung und dem Betrieb der mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 genehmigten Mineralstoffdeponie entgegenstehen. Zu nennen sind hier insbesondere das Verbot der Beseitigung von Hecken, Feldgehölzen, Einzelbäumen, Baumreihen und naturnahen Gebüschen (§ 3 Abs. 3 Nr. 3 VO), das Verbot, die Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören (§ 3 Abs. 3 Nr. 5 VO), das Verbot, Stoffe aller Art, wie z.B. Müll, Schutt, Gartenabfälle, land- und forstwirtschaftliche Abfälle sowie Bodenbestandteile zu lagern, aufzuschütten oder einzubringen (§ 3 Abs. 3 Nr. 14 VO), und das Verbot, Bodenbestandteile abzubauen, Aufschüttungen, Auf- oder Abspülungen oder Abgrabungen vorzunehmen (§ 3 Abs. 3 Nr. 15 VO).

Die Verordnung enthält auch keine Freistellungsregelung, die die Errichtung und den Betrieb der Mineraldeponie von den Verboten der Verordnung ausnimmt. § 4 Abs. 9 VO regelt zwar, das bestehende, rechtmäßige und bestandskräftige behördliche Genehmigungen, Erlaubnisse oder sonstige Verwaltungsakte unberührt bleiben, soweit dort nichts anderes bestimmt ist. Diese Freistellungsregelung erstreckt sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut aber nur auf Verwaltungsakte, die bei Inkrafttreten der Naturschutzgebietsverordnung bereits bestanden haben sowie rechtmäßig und bestandskräftig gewesen sind und erfasst daher den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 offensichtlich nicht. Daran ändert auch § 8 VO nichts, nach dem die Verordnung mit Wirkung vom 1. Februar 2015 in Kraft tritt. Den vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgängen zur Naturschutzgebietsverordnung „Haaßeler Bruch“ lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, dass der Verordnungsgeber die Freistellung in § 4 Abs. 9 VO anders verstanden wissen wollte. In der den Verwaltungsvorgängen beiliegende Begründung zum Verordnungsentwurf (Stand 24.9.2014) wird der Wortlaut des § 4 Abs. 9 VO lediglich wiederholt. Es finden sich keine Hinweise darauf, dass eine sachgerechte Konfliktlösung in Bezug auf das parallel geplante Deponievorhaben bedacht worden ist.

Der in § 6 VO enthaltene Verweis auf die Befreiungsmöglichkeiten nach § 67 BNatSchG i. V. m. § 41 NAGBNatSchG stellt ebenfalls keine Regelung dar, die der vorrangigen Deponieplanung angemessen Rechnung trägt. Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG kann von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 BNatSchG sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn 1. dies aus Gründen überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder 2. die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist. Diese Befreiungsmöglichkeit nach § 67 Abs. 1 BNatSchG stellt eine Ausnahmeregelung dar, die Korrekturen in Fällen, die der Normgeber nicht bedacht hat, zulassen soll; Voraussetzung für eine Befreiung ist damit ein atypischer Sachverhalt, auf den die Norm nicht ohne weiteres zugeschnitten ist (Sauthoff, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 67 Rn. 13; Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 67 Rn. 8; OVG Berlin, Beschl. v. 26.9.1991 - 2 A 5.91 -). Von einem solchen Sachverhalt kann vorliegend keine Rede sein. Denn dass die Errichtung und der Betrieb der Deponie mit den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung unvereinbar sein würden, musste sich dem Antragsgegner während des naturschutzrechtlichen Verordnungsverfahrens geradezu aufdrängen.

Der Naturschutzgebietsverordnung ist schließlich auch keine anderweitige Bestimmung zu entnehmen, die der vorrangigen Deponieplanung angemessen Rechnung trägt, z. B. sicherstellt, dass das durch den Planfeststellungsbeschluss eingeräumte Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Deponie nicht oder nicht vollständig beschnitten wird, sondern neben den Bestimmungen der Naturschutzgebietsverordnung fortbesteht.

Ist nach alledem die vorrangige Deponieplanung bei dem Erlass der Naturschutzgebietsverordnung überhaupt nicht oder jedenfalls nicht angemessen berücksichtigt worden, ist die Naturschutzgebietsverordnung, soweit sie sich auf die Flurstücke, auf denen die Mineraldeponie nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2015 errichtet und betrieben werden soll, erstreckt, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch materiell-rechtlich zu beanstanden.

Davon abgesehen hat der Senat allerdings aufgrund der im Planfeststellungsverfahren vorgenommenen Biotoptypenkartierung sowie der naturschutzfachlichen Erläuterungen des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel daran, dass das mit der Naturschutzgebietsverordnung „Haaßeler Bruch“ unter Schutz gestellte Gebiet in naturschutzrechtlicher Hinsicht sowohl schutzwürdig als auch schutzbedürftig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.