Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.09.2019, Az.: 10 LA 50/19

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.09.2019
Aktenzeichen
10 LA 50/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69799
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 07.02.2019 - AZ: 3 A 8298/17

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 3. Kammer - vom 7. Februar 2019 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine aus zwei Abgeordneten bestehende Fraktion im beklagten Kreistag des Landkreises A-Stadt.

Nach dem Ergebnis der Kommunalwahl in Niedersachsen vom 11. September 2016 entfielen von den 42 Sitzen im beklagten Kreistag auf die einzelnen Fraktionen folgende Sitze:

D.    

16 Sitze

F.    

17 Sitze

G.    

3 Sitze

E.    

1 Sitz

H.    

1 Sitz

A. Niedersachsen (die Klägerin)

2 Sitze

I. (im Folgenden: J.)

1 Sitz

K. (im Folgenden: L.)

1 Sitz


(Bekanntmachung der Landeswahlleiterin vom 7. April 2017 – LWL 11422/1.2.7 –, Nds. MBl. 2017, 519, 526 f.).

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts schlossen sich die Fraktionen der F. und G. mit den Kreistagsabgeordneten der Partei H. sowie der Wählergruppe J. zur Gruppe „C.“, der Beigeladenen zu 1., zusammen. Diese Gruppe verfügte über insgesamt 22 Sitze in dem beklagten Kreistag. Ferner bildete die D.-Fraktion mit dem Kreistagsabgeordneten, der auf Wahlvorschlag der E. gewählt worden war, die „D./E.-Gruppe“, der Beigeladenen zu 2., mit zusammen 17 Abgeordneten.

In der konstituierenden Sitzung des Beklagten am 10. November 2016 wurde die Zahl der Sitze im Kreisausschuss, dem Hauptausschuss des beklagten Kreistags, auf 10 Sitze festgelegt. Unter Berücksichtigung der gebildeten Gruppen ergab sich für den Kreisausschuss folgende Sitzverteilung:

C.    

6 Abgeordnete mit Stimmrecht (Beigeordnete), § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG

D./E.-Gruppe

4 Abgeordnete mit Stimmrecht (Beigeordnete)

A. (Klägerin)

1 Abgeordneter mit beratender Stimme, (§§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 71 Abs. 4 Satz 1 NKomVG)

Wäre die Gruppenbildung der Fraktionen außer Betracht geblieben, hätte sich folgende Sitzverteilung ergeben:

D.    

4 Beigeordnete

F.    

4 Beigeordnete

G.    

1 Beigeordneter

A. (Klägerin)

1 Beigeordneter

Nachdem die Klägerin erfolglos die kommunale Aufsichtsbehörde zur Beanstandung der Sitzverteilung im Kreisausschuss aufgefordert hatte, hat sie Klage auf Feststellung erhoben, dass die Verteilung der Sitze im Kreisausschuss durch den beklagten Kreistag am 10. November 2016 rechtswidrig war und sie in ihren Rechten verletzt.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, durch die Zusammenschlüsse der beiden Beigeladenen seien keine wirksamen Gruppen im Sinne des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) gebildet worden, da sich nicht nur einzelne Abgeordnete, sondern auch Fraktionen zusammengeschlossen hätten. Dies sei nicht von § 57 Abs. 1 NKomVG gedeckt. Die Zuweisung der Sitze im Kreisausschuss habe daher nicht unter Berücksichtigung der beiden Beigeladenen, sondern nur der gebildeten Fraktionen erfolgen dürfen.

Mit Urteil vom 7. Februar 2019 hat das Verwaltungsgericht Oldenburg die Klage abgewiesen. Die Sitzverteilung entspreche den gesetzlichen Vorgaben des NKomVG. Die Gruppenbildung von Fraktionen sei (unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 10.10.2000 – 10 L 1442/00 –, juris Rn. 25) zulässig und berühre den Bestand der beteiligten Fraktionen nicht. Mangels gegenteiliger Erkenntnisse sei auch nicht ersichtlich, dass die den Beigeladenen angehörenden Fraktionen trotz der Gruppenbildung weiterhin die ihr ursprünglich als Fraktion zugestandenen Mitwirkung- und Gestaltungsrechte ausübten oder ausüben. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit werde nicht verletzt. Dieser Grundsatz setze den Ausschuss und das Plenum in seiner nach Fraktion- und Gruppenbildung geprägten Form in Beziehung, wenn – wie hier in Niedersachsen – die Bildung beider Zusammenschlüsse zulässig sei. Im Übrigen handele es sich bei der Klägerin nicht um eine „ansehnlich große Fraktion“, sodass ohnehin unvermeidbare Abweichungen vom Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht zu beanstanden seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen dieses Urteil nicht zugelassen. Die Klägerin hat daraufhin die Zulassung der Berufung beantragt.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil hat keinen Erfolg. Denn die von ihr – der Sache nach – geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie einer Divergenz von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten (Senatsbeschlüsse vom 23.01.2018 – 10 LA 21/18 –, juris Rn. 7, und vom 24.10.2017 – 10 LA 90/16 –, juris Rn. 11; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11.07.2013 – 8 LA 148/12 –, juris Rn. 9). Das ist grundsätzlich der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Stattgebende Kammerbeschlüsse vom 06.06.2018 – 2 BvR 350/18 –, juris Rn. 16, und vom 16.10.2017 – 2 BvR 2615/14 –, juris Rn. 19; Senatsbeschluss vom 23.01.2018 – 10 LA 21/18 –, juris Rn. 7; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, 385, 388 ff.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 04.07.2018 – 13 LA 247/17 –, juris Rn. 4 m.w.N.; vgl. dazu auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 09.06.2016 – 1 BvR 2453/12 –, juris Rn. 17). Zur Darlegung der ernstlichen Zweifel bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffs auseinandersetzen (Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 08.03.2018 – 7 LA 67/17 –, juris Rn. 6, vom 11.12.2017 – 2 LA 1/17 –, juris Rn. 3, vom 31.08.2017 – 13 LA 188/15 –, juris Rn. 8, und vom 13.07.2017 – 8 LA 40/17 –, juris Rn. 10).

In ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich die Klägerin (allein) gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Kreisausschuss sei mit dem Plenum „in seiner nach Fraktion- und Gruppenbildung geprägten Form in Beziehung (zu setzen)“, wenn nach Landesrecht die Bildung sowohl von Gruppen als auch von Fraktionen zulässig sei. Die Klägerin meint, mit Urteil vom 9. Dezember 2009 – 8 C 17.08 – habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass die Ausschüsse das Stärkeverhältnis der politischen Kräfte nach Fraktionen (Hervorhebung durch die Klägerin) widerspiegeln müssten. Nur diese entsprächen den Kräften, die sich den Bürgern zur Wahl gestellt hätten. Nach dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit sei eine demokratische Repräsentation nur dann gegeben, wenn diejenigen Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die den den Bürgern gemachten Wahlvorschlägen entsprächen, gemäß ihrer Stärke in den Ausschüssen vertreten seien. Dieses Kriterium erfüllten auch in Niedersachsen nur die Fraktionen. Der Landesgesetzgeber habe nicht die Kompetenz, durch die Zulassung weiterer Formen von Zusammenschlüssen den Verfassungsgrundsatz der demokratischen Repräsentanz einzuschränken.

Dieser Vortrag der Klägerin begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.

Nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BVerwG muss grundsätzlich jeder Ausschuss des Bundestages ein verkleinertes Bild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln. Aus dem Prinzip der demokratischen Repräsentation und der Einbeziehung der Gemeindevertreter in dieses Prinzip folgt, dass für Gemeindevertretungen das Gleiche gilt. Auch deren Ausschüsse dürfen nicht unabhängig von dem Stärkeverhältnis der Fraktionen besetzt werden, über das die Gemeindebürger bei der Wahl der Gemeindevertretung mitentschieden haben. Vielmehr müssen auch diese Ausschüsse grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln (BVerwG, Urteil vom 09.12.2009 – 8 C 17.08 –, juris Rn. 19).

Der verfassungsrechtlich gebotene Spiegelbildlichkeitsgrundsatz schützt den Anspruch jedes Mitgliedes der Gemeindevertretung und jeder von den Mitgliedern gebildeten Fraktion auf gleichberechtigte Mitwirkung. Er sichert die Erfolgswertgleichheit der gültigen Wählerstimmen und die gleiche Repräsentation der Wähler durch die gewählten Mandatsträger. Gegenstand und Bezugspunkt der Abbildung ist das Stärkeverhältnis der politischen Kräfte, die sich zur Wahl der Gemeindevertretung gestellt und zwischen denen die Wähler entschieden haben, und nicht der politischen Mehrheiten, die sich erst nach der Wahl in der Gemeindevertretung durch Koalitionsabreden gebildet haben. Sitzverschiebungen zu Gunsten einer Koalitionsmehrheit können deshalb nur durch dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz gleichrangige kollidierende verfassungsrechtliche Vorgaben gerechtfertigt werden (BVerwG, Urteil vom 09.12.2009 – 8 C 17.08 –, juris Rn. 22).

Die Klägerin zieht aus der zitierten Rechtsprechung zu Unrecht den Schluss, dass bei der Besetzung des Kreisausschusses gemäß den §§ 71, 74 Abs. 1, 75 Abs. 1 NKomVG i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 4 NKomVG nur Fraktionen, aber keine Gruppen zu berücksichtigen seien.

Zunächst ist hervorzuheben, dass sich die zitierte Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 09.12.2009 – 8 C 17.08 –, juris) allein auf die Konstituierung (unter Zugrundelegung der niedersächsischen Begrifflichkeiten) von Ausschüssen der Vertretung bezog. Die Entscheidung über die Besetzung des Kreisausschusses, dem Hauptausschuss des Landkreises, betrifft hingegen ein eigenständiges Organ neben der Vertretung (§ 7 Abs. 1 NKomVG). Der Kreisausschuss ist insbesondere nicht mit einem Ausschuss des Kreistages im Sinne der §§ 71 f. NKomVG gleichzusetzen (Thiele, NKomVG, 2. Aufl. 2017, § 74 Rn. 1). Ob das Gebot der Spiegelbildlichkeit, auf das das BVerwG in der von der Klägerin zitierten Entscheidung entscheidend abstellt, auch für die Besetzung eines derartigen Organs gilt (zweifelnd Menzel in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand: Juni 2019, § 75 NKomVG Rn. 22; bejahend Senatsurteil vom 27.06.2008 – 10 LC 194/07 –, juris Rn. 24, 27, für die Besetzung des Samtgemeindeausschusses; verneinend BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 – 8 C 18.08 –, juris Rn. 22, für die Wahl der ehrenamtlichen Mitglieder des Magistrats nach hessischem Recht), kann der Senat aber offenlassen.

Selbst wenn man das Gebot der Spiegelbildlichkeit auch auf die Zusammensetzung des Kreisausschusses erstrecken würde, wären Gruppen und Fraktionen bei der Besetzung des Kreisausschusses gleich zu behandeln. Denn das Gesetz verwendet die Begriffe „Gruppe“ und „Fraktion“ in § 57 Abs. 1 NKomVG synonym für einen Zusammenschluss von Abgeordneten.

Gemäß § 57 Abs. 1 NKomVG können sich zwei oder mehr Abgeordnete zu einer Fraktion oder Gruppe zusammenschließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 10.10.2000 – 10 L 1442/00 –, juris Rn. 25, und Beschluss vom 04.02.2005 – 10 ME 104/04 –, juris Rn. 6) bestehen zwischen den beiden Zusammenschlüssen trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen und Definitionen (siehe hierzu Senatsurteil vom 10.10.2000 – 10 L 1442/00 –, juris Rn. 25) in der Rechtsanwendung keine Unterschiede (so auch Wefelmeier in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand: Juni 2019, § 57 NKomVG Rn. 2). Dementsprechend werden bei den hier besonders interessierenden Regelungen des NKomVG zur Bildung und Besetzung sowohl von Ausschüssen der Vertretung als auch des Hauptausschusses durchweg Fraktionen und Gruppen gleichrangig nebeneinander genannt (vgl. §§ 71 Absätze 2, 3, 4, 8 und 9, 75 Abs. 1 Sätze 2, 4 und 5, 91 Abs. 4 Satz 3 NKomVG; vgl. auch § 58 Abs. 4 Satz 3 NKomVG).

Daraus folgt, dass eine Ungleichbehandlung von Fraktionen und Gruppen nicht zu rechtfertigen wäre und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen würde. Der allgemeine Gleichheitssatz beansprucht nämlich auch Geltung für die Rechtsbeziehungen zwischen der Vertretung und ihren Teilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.2012 – 8 C 22.11 –, juris Rn. 15; Wefelmeier in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand: Juni 2019, § 57 NKomVG Rn. 79).

Aus der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 09.12.2009 – 8 C 17.08 –, juris) ergibt sich ebenfalls nicht, dass die Sitzverteilung im Kreisausschuss ohne Berücksichtigung der Gruppen durchzuführen wäre. Einen Rechtssatz, dass alleine auf die Stärke von Fraktionen innerhalb der Vertretung abzustellen ist und andere nach Landesrecht zulässige Zusammenschlüsse von Abgeordneten außer Betracht zu bleiben haben, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Die Klägerin lässt schon außer Acht, dass dem vom BVerwG entschiedenen Fall die Hessische Gemeindeordnung (HGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005 (GVBl. I 2005, 142) zugrunde lag. Gemäß § 36a Abs. 1 Satz 1 HGO, bis heute unverändert in Kraft, können sich hessische Gemeindevertreter zu einer Fraktion zusammenschließen. Nach Satz 2 können so gebildete Fraktionen Gemeindevertreter, die keiner Fraktion angehören, als Hospitanten aufnehmen. Jedenfalls zum für die Entscheidung des BVerwG maßgeblichen Zeitpunkt gab es also nach hessischem Kommunalrecht keine Zusammenschlüsse von Gemeindevertretern, die mit einer Gruppe im Sinne des NKomVG vergleichbar wären. Deshalb bestand für das BVerwG kein Anlass, sich zur Berücksichtigung von Gruppen bei der Besetzung von Ausschüssen zu äußern.

Aus den von der Klägerin gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gesichtspunkten, die allein der Senat seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO zugrunde zu legen hat, kommt eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils daher nicht in Betracht.

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass er es jedoch als zweifelhaft ansieht, ob die hier gebildeten Gruppen aus verschiedenen Fraktionen und Gruppen (sogenannte “gestufte Gruppen“, Wilkens, Verwaltungsausschuss und Kreisausschuss in Niedersachsen, 1. Aufl. 1992, S. 49; ders. in Ipsen, NKomVG, 1. Aufl. 2011, § 71 Rn. 13) in der hier durchgeführten Weise bei der Besetzung des Kreisausschusses berücksichtigt werden durften, ob sie also Gruppen im Sinne des § 57 NKomVG mit den daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen darstellen.

Diese Frage ist allerdings von der Klägerin nicht aufgeworfen worden und ist zu unterscheiden von der von ihr allein angeführten Frage, ob Gruppen überhaupt bei der Verteilung der Sitze innerhalb von Ausschüssen zu berücksichtigen sind. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann die Berücksichtigung von derartigen gestuften Gruppen zu Verschiebungen bei der Anzahl der den einzelnen Fraktionen und Gruppen zugewiesenen Sitze im Kreisausschuss führen. Bliebe die Bildung der hier gebildeten “gestuften Gruppen“ unberücksichtigt, wäre die Klägerin im Kreisausschuss nicht nur mit einem Grundmandat, also einem Abgeordneten mit (nur) beratender Stimme, gemäß §§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 71 Abs. 4 Satz 1 NKomVG vertreten, sondern stattdessen mit einem Abgeordneten mit Stimmrecht (Beigeordneten) gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG.

Abgesehen davon, dass nach dem klaren Wortlaut des § 57 Abs. 1 NKomVG sich nur einzelne Abgeordnete zu einer Fraktion oder Gruppe zusammenschließen können, begegnet die Berücksichtigung von derartigen gestuften Gruppen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 09.12.2009 – 8 C 17/08 –, juris Rn. 21, 25 zu Fachausschüssen einer Gemeindevertretung) erheblichen Bedenken, wenn sie – wie hier – zu einer (auch unbeabsichtigten) Verdrängung einer anderen Fraktion aus einem Ausschuss führt und daher dem genannten Spiegelbildlichkeitsgrundsatz, sofern dieser hier zur Anwendung gelangt, nicht gerecht wird (die Bildung gestufter Gruppen für unzulässig halten: Menzel, § 71 NKomVG Rn. 41, 44, und Wefelmeier, § 57 NKomVG Rn. 19, beide in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand: Juni 2019; skeptisch auch Wilkens in Ipsen, NKomVG, 1. Aufl. 2011, § 71 Rn. 13; anders noch das Senatsurteil vom 27.06.2008 – 10 LC 194/07 –, juris Rn. 35: eine Gruppenbildung von Abgeordneten ist nur unzulässig, wenn es sich bei der Gruppe um eine allein zum Zwecke der Besetzung der Ausschüsse gebildete Zählgemeinschaft handelt, und der Senatsbeschluss vom 04.02.2005 – 10 ME 104/04 –, juris Rn. 8 f., unter Berufung auf BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 – 8 C 18.03 –, juris Rn. 15 ff., wobei das BVerwG, Urteil vom 09.12.2009
– 8 C 17.08 –, juris Rn. 21, 25, einer derartigen Beschränkung auf reine Zählgemeinschaften mittlerweile die Grundlage entzogen hat).

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich bislang noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich noch nicht geklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Hierzu hat der Antragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie zu begründen, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17.09.2014 – 10 LA 42/14 –, juris Rn. 17 und vom 10.04.2014 – 10 LA 32/13 –, StoffR 2014, 85 f., DVBl. 2014, 796 ff., RdL 2014, 197 f., juris Rn. 27 m. w. N.).

Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam,

„ob die Anforderungen an die demokratische Repräsentanz in den Ausschüssen der kommunalen Vertretungsorgane unterschiedlich ausfallen dürfen, je nachdem, welche Regelungen der Landesgesetzgeber für die Zusammenschlüsse der Abgeordneten aufstellt.“

Die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage ist bereits nicht hinreichend dargelegt, weil nicht erläutert wird, inwiefern das Niedersächsische Kommunalverfassungsrecht von dem Recht anderer Bundesländer abweicht und inwiefern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf dieser Abweichung beruht. Es ist im Übrigen durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass es Sache des jeweiligen Landesgesetzgebers ist, in welcher Weise er insoweit die in seinem Bundesland geltende Kommunalverfassung ausgestaltet (BVerwG, Urteil vom 28.04.2010 – 8 C 18/08 –, juris Rn. 38). Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG, wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Bundesländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen muss, bildet dabei den Rahmen, innerhalb dessen sich der Landesgesetzgeber bewegen muss. Die Klägerin hat – wir erläutert – nicht aufgezeigt, dass dieser Rahmen hier überschritten wurde, indem das NKomVG neben Fraktionen gleichrangig auch Gruppen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten vorsieht.

3. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung liegt vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der herangezogenen Entscheidung eines der genannten Divergenzgerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat. Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht den Rechtssatz des Divergenzgerichts, ohne ihm inhaltlich zu widersprechen, in dem zu entscheidenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die Folgerungen gezogen hat, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 05.10.2015 – 8 LA 115/15 –, juris Rn. 6 m.w.N.).

Eine Divergenz zum Urteil des BVerwG vom 9. Dezember 2009 (– 8 C 17.08 –, juris) in diesem Sinne wurde nicht dargelegt und liegt auch nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat sich in der angefochtenen Entscheidung mit diesem Urteil im Einzelnen auseinandergesetzt und teilt die Ausführungen des BVerwG (S. 10 ff. des UA). Es sieht sich durch die Rechtsprechung des BVerwG bestätigt. Insbesondere hat es keine tragenden abstrakten Rechtssätze aufgestellt, die mit einem Rechtssatz des Divergenzgerichts in Widerspruch stünden.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG (vgl. Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).