Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.09.2019, Az.: 10 ME 31/19

Gefahren; Gesundheit; Lagerung; tierische Nebenprodukte

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.09.2019
Aktenzeichen
10 ME 31/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69906
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.02.2019 - AZ: 3 B 40/18

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 13. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses ihren Antrag, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29. Juni 2018 wiederherzustellen, hilfsweise die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des Bescheids vom 29. Juni 2018 wiederherzustellen, abgelehnt hat, hat keinen Erfolg. Denn ihr Rechtsschutzbegehren ist hinsichtlich der Ziffer 1 dieses Bescheids unzulässig (geworden) und hinsichtlich dessen Ziffer 2 ebenfalls unzulässig bzw. zumindest unbegründet.

Der Antragsgegner hat in dem angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 2018 u. a. verfügt:

1. „Die Zwischenlagerung von Material der Kategorie 1 und 2 auf dem Betriebsgelände des Verarbeitungsbetriebes für Material der Kategorie 3 der A. A-Stadt GmbH … wird bis auf Weiteres verboten.

2. Das in dem Einzugsbereich des Landkreises Emsland durch den registrierten Transporteur der A. eingesammelte Material der Kategorie 1 und 2 ist ab sofort auf direktem Weg zum zugelassenen Verarbeitungsbetrieb für Material der Kategorie 1 der C. GmbH & Co. KG, … D., zu transportieren.“

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 31. Juli 2019 in dem Verfahren 10 LA 380/18 den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2018 (3 A 204/16) unanfechtbar abgelehnt hat und damit dieses Urteil, mit dem das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Widerruf der Übertragung der Pflicht zur Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen im Landkreis Emsland auf die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin durch den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Mai 2013 abgewiesen hat, gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig geworden ist, und der Senat auch den Zulassungsantrag des Landkreises Emsland in dem Verfahren 10 LA 379/18 mit Beschluss vom 31. Juli 2019 abgelehnt hat, hat die Antragstellerin kein anzuerkennendes Rechtsschutzbedürfnis mehr. Denn mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2018 bzw. der Bestandskraft des Bescheides des Antragsgegners vom 23. Mai 2013 steht fest, dass die Antragstellerin zur Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen im Landkreis Emsland, was gemäß §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 TierNebG auch die Einsammlung des entsorgungspflichtigen Materials (im eigenen Namen) umfasst (siehe Seite 8 des Senatsbeschlusses vom 31.07.2019), nicht mehr tätig werden darf.

Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009. Denn nach deren Art. 44 Abs. 3 sorgen die Unternehmer dafür, dass eine Anlage oder ein Betrieb seine Tätigkeit einstellt, wenn die zuständige Behörde seine Zulassung widerruft. Es gilt danach der Grundsatz: Kein Betrieb ohne Zulassung.

Darf die Antragstellerin in diesem Bereich folglich (überhaupt) nicht mehr tätig werden, fehlt ihr ein anzuerkennendes Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Anfechtung des hier verfahrensgegenständlichen Bescheids des Antragsgegners vom 29. Juni 2018, mit dem ihr Teilaspekte dieser Tätigkeit verboten worden sind, und damit auch für den gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. Februar 2019 abgelehnt hat.

Im Übrigen ist der sich aus Art. 44 Abs. 3 der genannten Verordnung ergebende Grundsatz - kein Betrieb ohne Zulassung -, auf den auch der Antragsgegner sich in seinem Bescheid vom 29. Juni 2018 (Seiten 2 und 3 des Bescheids) gestützt hat, soweit er darin ausgeführt hat, dass die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt eine Zulassung für die Lagerung des Materials der Kategorien 1 und 2 gehabt hat, auch schon vor Eintritt der Bestandskraft des Widerrufsbescheides des Antragsgegners vom 23. Mai 2013 zu berücksichtigen gewesen. Denn entgegen der Ansicht der Antragstellerin handelt es sich nach Auffassung des Senats auch bei dem seit Mitte Juli 2018 geänderten Betriebsablauf um eine zulassungspflichtige Lagerung tierischer Nebenprodukte im Sinne von Art. 24 Abs. 1 i) der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, da auch bei dieser Verfahrensweise Einsammelfahrzeuge mit gefüllten Containern über mehrere Stunden auf dem Containersammelplatz abgestellt werden. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Begriff des Lagerns maßgeblich nach dem Sinn und Zweck des Tierkörperbeseitigungsrechts auszulegen ist. Er umfasst deshalb auch ein mehrstündiges Abstellen von Containern mit beseitigungspflichtigem Material. Ausweislich der ihr zugrundeliegenden Erwägungsgründe will die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 nämlich umfassend den Risiken entgegentreten, die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte für die Gesundheit von Mensch und Tier bergen, was eine möglichst lückenlose Überwachung des hier in Rede stehenden Materials der Kategorien 1 und 2 erfordert. Folglich hat der Antragsgegner (im Ergebnis) zu Recht die Zwischenlagerung dieses Materials auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin verboten und dessen Weitertransport verlangt.

Soweit der Antragsgegner unter Ziffer 2 des Bescheids vom 29. Juni 2018 verfügt hat, dass das Material der Kategorien 1 und 2 ab sofort auf direktem Weg zum zugelassenen Verarbeitungsbetrieb in D. zu transportieren ist, ist dies nach dem Eintritt der Bestandskraft des oben bezeichneten Widerrufs eine Regelung zu Gunsten der Antragstellerin, deren Anfechtung ein anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin ebenfalls nicht begründet, sofern die Regelung überhaupt noch Bestand hat.

Mit der Regelung unter der Ziffer 2 ist - wie sich aus dem Zusammenhang mit Ziffer 1 des Bescheids und dessen Begründung ergibt - entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht die isolierte Verpflichtung, entsorgungspflichtiges Material einzusammeln und nach D. zu transportieren, begründet worden, vielmehr soll mit den Regelungen unter den Ziffern 1 und 2 des Bescheids verhindert werden, dass Material der Kategorien 1 und 2 in A-Stadt zwischengelagert wird. Sofern die Antragstellerin (und nicht etwa der Landkreis Emsland, der nunmehr wieder beseitigungspflichtig ist) Material dieser Kategorien im Landkreis Emsland weiter (im eigenen Namen) einsammelt, ist dieses zwingend - mangels derzeitiger Alternative im nach der Verordnung über die Einzugsbereiche der Tierkörperbeseitigungsanstalten zuständigen Landkreis Emsland - direkt zur Tierkörperbeseitigungsanstalt nach D. zu transportieren. Das ausgesprochene Gebot ist lediglich die notwendige Folge des Verbots, das Material der Kategorie 1 und 2 nach dem Einsammeln zu lagern, gegen das daher auch keine Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen.

Stellt die Antragstellerin wegen des rechtskräftig gewordenen Widerrufs der Übertragung der Pflicht zur Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen im Landkreis Emsland, womit ihr nach dem oben Gesagten auch die Befugnis entzogen worden ist, entsorgungspflichtiges Material im eigenen Namen einzusammeln, ihren Betrieb vollständig ein, so hat sich auch Ziffer 2 des Bescheids vom 29. Juni 2018 erledigt. Möchte sie dagegen das beseitigungspflichtige Material im Landkreis Emsland entsprechend ihrer vertraglichen Vereinbarung mit diesem weiter (im eigenen Namen) einsammeln und wird ihr dies im Hinblick auf die und unter den Maßgaben der Regelung unter Ziffer 2 des Bescheids durch den Antragsgegner erlaubt, so stellt sich Ziffer 2 des Bescheids für sie als begünstigende Regelung dar.

Sofern allerdings nunmehr der Landkreis Emsland die Einsammlung des betreffenden Materials im eigenen Namen, aber gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Antragstellerin, durchführt, so wäre die Antragstellerin durch Ziffer 2 des Bescheids nicht mehr beschwert. Ziffer 2 des Bescheids hätte sich dann auch unter diesem Gesichtspunkt erledigt. Adressat einer eventuellen neuen Verbots- und Gebotsverfügung müsste der Landkreis Emsland sein.

Doch selbst wenn noch ein Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtung der Regelung unter Ziffer 2 des Bescheids anzuerkennen wäre, würde dies der Beschwerde der Antragstellerin nicht (teilweise) zum Erfolg verhelfen, da nach dem oben Gesagten keine Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen.

Da die Antragstellerin das Verfahren trotz der Aufforderung in der Verfügung des Vorsitzenden des Senats zum 1. August 2019 nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, ist Ihre Beschwerde daher insgesamt zurückzuweisen gewesen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands, die der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung folgt, beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).