Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.10.2015, Az.: 8 LA 115/15

Zuständigkeit für die Durchfürhung eines Asylverfahrens; Umdeutung einer Entscheidung nach § 27a AsylVfG in eine Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG; Antrag auf Zulassung der Berufung; Asyl; Auslegung; Divergenz, verneint; Dublin; grundsätzliche Bedeutung, verneint; Umdeutung; Zuständigkeit; Zuständigkeitsübergang; Zweitantrag

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.10.2015
Aktenzeichen
8 LA 115/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 28365
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2015:1005.8LA115.15.0A

Fundstellen

  • AUAS 2015, 260-264
  • InfAuslR 2016, 167-170
  • NVwZ-RR 2016, 78
  • NdsVBl 2016, 7

Amtlicher Leitsatz

Ein Verwaltungsakt, der einen Asylantrag nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG als unzulässig nach § 31 Abs. 6 AsylVfG ablehnt, weil ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, kann nicht nach § 47 VwVfG in einen Verwaltungsakt umgedeutet werden, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylVfG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abgelehnt wird.

[Gründe]

Die Kläger sind montenegrinische Staatsangehörige. Sie verließen 2012 ihr Heimatland und stellten in Frankreich Asylanträge. Am 7. Juli 2013 reisten sie in das Bundesgebiet ein und beantragten auch hier ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Unter dem 16. Oktober 2013 und 18. Dezember 2013 erklärten die französischen Behörden ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Kläger. Nach Anhörung der Kläger lehnte das beklagte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Frankreich an.

Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. Januar 2014 als unbegründet abgelehnt hat. Auf einen Abänderungsantrag der Kläger hat das Verwaltungsgericht mit weiterem Beschluss vom 20. Januar 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 20. Dezember 2013 angeordnet. Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2015 hat das beklagte Bundesamt die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 20. Dezember 2013 aufgehoben und mitgeteilt, dass über die Asylanträge der Kläger im nationalen Verfahren entschieden werde. Nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht das Verfahren teilweise eingestellt und mit Urteil vom 15. Mai 2015 den Bescheid vom 20. Dezember 2013 aufgehoben, soweit damit die Asylanträge der Kläger als unzulässig abgelehnt worden sind.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung.

II.

Den Klägern ist auf ihren Antrag nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 119 Abs. 1 Satz 2, 121 Abs. 1 und 3 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt ... B. aus Osnabrück beizuordnen.

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die von der Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG (2.) sind zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG genügenden Weise dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

1. Nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG ist die Berufung zuzulassen, wenn das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung liegt vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der herangezogenen Entscheidung eines der genannten Divergenzgerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.12.1991 - BVerwG 5 B 68.91 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302 (zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) mit weiteren Nachweisen). Dabei muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen. Eine Divergenz liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht den Rechtssatz des Divergenzgerichts, ohne ihm inhaltlich zu widersprechen, in dem zu entscheidenden Fall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die Folgerungen gezogen hat, die für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.3.2013 - BVerwG 2 B 130.11 -, Rn. 5 (zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO); Senatsbeschl. v. 21.5.2013 - 8 LA 54/13 -, Rn. 16 (zu § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO); Senatsbeschl. v. 19.12.2012 - 8 LA 211/12 - (zu § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Beklagte macht geltend, das Verwaltungsgericht sei in seiner Entscheidung von einem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. November 2014 (- 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 ff.) abgewichen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht habe festgestellt, dass wegen eines Ablaufs der Überstellungsfrist ein subjektives Recht auf Prüfung des Asylantrages in Deutschland, auf das sich der Asylantragsteller berufen könne, nicht bestehe. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht angenommen, dass ein Ablauf der Überstellungsfrist dann mit subjektiven, klageweise geltend zu machenden Rechten für den Asylantragsteller verbunden sei, wenn auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst von einem nach den Maßgaben der Dublin-Verordnung eingetretenen Zuständigkeitsübergang auf die innerstaatlichen Behörden ausgehe.

Die so von der Beklagten geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 6. November 2014 (a.a.O., S. 75) angenommen, dass einem Asylantragsteller kein umfassendes subjektiv-öffentliches Recht auf eine Überprüfung zusteht, ob der zur Aufnahme bereite Mitgliedstaat tatsächlich nach objektivem Recht der nach dem Zuständigkeitsregime der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, - Dublin II-VO - (ABl. L v. 25.2.2003, S. 1) auch zuständige Mitgliedstaat ist oder ob nicht zwischenzeitlich ein anderer Mitgliedstaat bzw. - durch Zeitablauf oder durch konkludenten Selbsteintritt - die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden ist, und folglich allein eine Verletzung von Verfahrens- und Fristenregelungen der Dublin II-Verordnung der Klage eines Asylantragstellers grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Diesen abstrakten Rechtssätzen hat das Verwaltungsgericht in der hier angefochtenen Entscheidung nicht widersprochen.

Ausdrücklich in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass durch den Ablauf der Überstellungsfrist kein subjektives Recht des Asylantragstellers begründet wird (Urt. v. 15.5.2015, Umdruck, S. 5). Ein Rechtsschutzinteresse der Kläger hat das Verwaltungsgericht vielmehr daraus abgeleitet, dass sich das beklagte Bundesamt widersprüchlich verhalte, wenn es den betroffenen Asylantragsteller einerseits auf einen anderen nach den Dublin-Verordnungen zuständigen Mitgliedstaat verweise, andererseits das Asylbegehren aber selbst materiell-rechtlich bearbeite. Darüber hinaus könne der allgemeine grundrechtliche Anspruch auf ein zügiges Verfahren verletzt sein (Urt. v. 15.5.2015, Umdruck, S. 6). Diese Annahmen stehen ersichtlich nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Der der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrunde liegende Sachverhalt, in dem eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat wegen dessen Zuständigkeit nach den Vorschriften der Dublin-Verordnungen gerade nicht erfolgen soll, sondern lediglich die Ablehnung des Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland als unzulässig zur Überprüfung steht, unterscheidet sich zudem maßgeblich von der vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Frage. Diese betraf - ebenso wie die dort in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 21.5.2014 - BVerwG 10 B 31.14 -, Rn. 4; Beschl. v. 14.7.2014 - BVerwG 1 B 9.14 u.a. -, Rn. 4) - Einwendungen des Asylantragstellers gegen die geplante Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat, der der Aufnahme zustimmt.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, wenn sie eine höchstrichterlich oder - soweit es eine Tatsachenfrage betrifft - obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich und klärungsfähig ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. Senatsbeschl. v. 19.1.2011 - 8 LA 297/10 -, Rn. 4; GK-AsylVfG, § 78 Rn. 88 f. (Stand: April 1998); Hailbronner, Ausländerrecht, AsylVfG, § 78 Rn. 140 f. (Stand: Juni 2011) jeweils mit weiteren Nachweisen). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche neueren Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahe legen (vgl. Senatsbeschl. v. 12.7.2012 - 8 LA 132/12 -, Rn. 3; GK-AsylVfG, a.a.O., § 78 Rn. 591 f. jeweils mit weiteren Nachweisen).

Hieran gemessen kommt den von der Beklagten aufgeworfenen Fragen,

a. "ob der Ablauf der Überstellungsfrist i.V.m. den Regelungen zum Zuständigkeitsübergang nach der Dublin-II-VO bzw. Dublin-III-VO für die innerstaatliche Verfahrenspraxis zur Folge hat, dass das im Bundesgebiet durchgeführte Prüfverfahren in den Zustand zurückversetzt ist, in dem es sich bei Antragstellung in Deutschland (bei dessen internationaler Verfahrenszuständigkeit) befunden hat",

b. "ob sich eine (nur) auf § 27a AsylVfG beziehende asylrechtliche Entscheidung ihrem Regelungsgehalt nach in der bloßen Feststellung der internationalen Verfahrenszuständigkeit und einer darauf gründenden Antragsablehnung erschöpft oder darüber hinausgehend eine solche Antragsablehnung vielmehr, weil auf die Vermeidung eines inhaltlichen Prüfanspruchs gerichtet, ein den Anspruch auf Durchführung eines Prüfverfahrens auf internationalen Schutz insgesamt ablehnender Verwaltungsakt ist",

c. "ob in den Fällen, in denen das im Bundesgebiet gestellte Asylbegehren einen Zweitantrag i.S.d. § 71a AsylVfG darstellt, eine (nur) unter Bezug auf § 27a AsylVfG verweisende Asylantragsablehnung als unzulässig (Ziffer 1 der Beklagtenentscheidung) schon aus Rechtsgründen nicht als rechtmäßige Ablehnung dieses Zweitantrages nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden kann",

eine die Zulassung der Berufung gebietende grundsätzliche Bedeutung nicht zu.

Die Beklagte hat schon nicht hinreichend dargelegt, dass die Frage zu a. für den Ausgang des erstinstanzlichen Klageverfahrens erheblich gewesen ist oder sich dem Senat in einem Berufungsverfahren entscheidungserheblich stellen würde. Dies ist für den Senat auch nicht ohne Weiteres ersichtlich. Erheblich für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Anfechtungsklage gegen den Bescheid des beklagten Bundesamtes, soweit mit diesem der Asylantrag der Kläger nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt worden ist, war allein die Annahme, dass den Klägern ein subjektives Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens zusteht, das gegenüber dem durch die Ausübung des Selbsteintrittsrechts zuständig gewordenen Bundesamt klageweise geltend gemacht werden kann und den Klägern die erforderliche Klagebefugnis verleiht. Für diese Annahme ist es nicht ersichtlich von Belang, in welchem Zustand das Asylverfahren vom Bundesamt übernommen und fortgeführt wird. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage zu a. ist vom Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung dann auch gar nicht angesprochen worden. Auch für den Senat bestünde daher in der Berufungsinstanz voraussichtlich keine Notwendigkeit zu entscheiden, ob nach einem Zuständigkeitsübergang auf das Bundesamt das Asylverfahren in dem Zustand fortgeführt wird, in dem es sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet, in dem es sich im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides nach § 27a AsylVfG (so Bayerischer VGH, Urt. v. 13.4.2015 - 11 B 15.50031 -, Rn. 18) oder in dem es sich im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf das Bundesamt (so VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 -, NVwZ 2015, 1155, 1157) befunden hat.

Die Frage zu b. ist für das vorliegende Verfahren lediglich insoweit entscheidungserheblich, wie sie sich auf eine asylrechtliche Entscheidung bezieht, die nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG ergangen ist. Eine solche Entscheidung hat die Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Dezember 2013 getroffen. Soweit die von der Beklagten formulierte Frage durch den Klammerzusatz "(nur)" sich darüber hinaus auch auf andere Sachverhalte erstreckt, in denen eine asylrechtliche Entscheidung nicht nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG ergangen ist, sondern auch auf andere Rechtsgrundlagen gestützt worden ist, ist die Frage für den Ausgang des erstinstanzlichen Klageverfahrens und auch eines Berufungsverfahrens hingegen ohne Belang.

Soweit die Frage zu b. danach hier entscheidungserheblich ist, bedarf es zu ihrer Klärung einer Entscheidung des Senats in einem Berufungsverfahren nicht. Die Frage lässt sich vielmehr unschwer aus dem Gesetz, anhand juristischer Auslegungsmethoden und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten (vgl. zum Nichtvorliegen der grundsätzlichen Bedeutung in einer solchen Konstellation: BVerwG, Beschl. v. 29.1.2010 - BVerwG 8 B 41.09 -, Rn. 5; Beschl. v. 24.8.1999 - BVerwG 4 B 72.99 -, BVerwGE 109, 268, 270 (jeweils zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO); Senatsbeschl. v. 6.2.2013 - 8 LA 136/12 -, Rn. 15 (zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO)).

Für den Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts ist nach der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille der den Bescheid erlassenden Behörde maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte; Unklarheiten hierbei gehen zu Lasten der Verwaltung (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 18.6.1980 - BVerwG 6 C 55.79 -, BVerwGE 60, 223, 228 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Nach diesem Maßstab erschöpft sich die Regelung eines Bescheides, der im Tenor einen Asylantrag für unzulässig erklärt und zur Begründung nur unter Bezugnahme auf § 27a AsylVfG die Zuständigkeit eines anderen Staates auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages zur Durchführung des Asylverfahrens bejaht, zwangsläufig in der Feststellung der Verfahrenszuständigkeit eines anderen Staates, der Mitteilung dieser Verfahrenszuständigkeit an den Asylantragsteller nach § 31 Abs. 6 AsylVfG und der sich aus § 27a AsylVfG für einen im Bundesgebiet gestellten Asylantrag ergebenden Rechtsfolge (so auch Bayerischer VGH, Beschl. v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.50052 -, Rn. 7). Für den Empfänger eines solchen Bescheides bestehen bei objektiver Würdigung keinerlei Anhaltspunkte, dass die den Bescheid erlassende Behörde den Asylantrag auch aus anderen Rechtsgründen für unzulässig erachtet und dass sie, gleich aus welchem Rechtsgrund, eine inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens ablehnt. Solche, für den Empfänger des Bescheides erkennbaren Anhaltspunkte hat auch die Beklagte in ihrem Zulassungsantrag nicht ansatzweise aufgezeigt.

Auch die verbleibende Frage zu c. ist zu beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

Dabei lässt der Senat hier dahinstehen, ob sich die Frage mit Blick auf die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zweitantrages im Sinne des § 71a AsylVfG (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 -, Rn. 8; VG Hannover, Urt. v. 3.9.2015 - 10 A 3550/15 -, Rn. 22 ff.; VG Göttingen, Beschl. v. 8.6.2015 - 2 B 115/15 -, Rn. 7 ff.) in einem Berufungsverfahren überhaupt entscheidungserheblich stellen würde.

Ein Verwaltungsakt, der einen Asylantrag nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG als unzulässig nach § 31 Abs. 6 AsylVfG ablehnt, weil ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, kann nicht nach § 47 VwVfG in einen Verwaltungsakt umgedeutet werden, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylVfG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abgelehnt wird.

Einer solchen Umdeutung steht entgegen, dass die genannten Verwaltungsakte nicht, wie von § 47 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG gefordert, auf das gleiche Ziel gerichtet sind (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.6.2015 - 13 A 221/15.A -, Rn. 28; Bayerischer VGH, Beschl. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 -, Rn. 9; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 -, Rn. 8). Auf das gleiche Ziel gerichtet sind Verwaltungsakte nur dann, wenn sie von gleicher materiell-rechtlicher Tragweite sind (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, BT-Drs. 7/910, S. 67) und ihre Regelungsinhalte keine wesentlichen Unterschiede aufweisen (vgl. grundlegend: BVerwG, Urt. v. 11.11.1960 - BVerwG IV C 277.59 -, BVerwGE 12, 9, 10, und weiterführend: Laubinger, Die Umdeutung von Verwaltungsakten, in: VerwArch 78 (1987), 207, 345, 358 f. mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es hier. Die Entscheidung nach §§ 27a, 31 Abs. 6 AsylVfG dient allein der Feststellung, dass nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ein auf dieser Grundlage erlassener Verwaltungsakt zielt allein darauf ab, eine inhaltliche Befassung mit den vom Asylantragsteller geltend gemachten Asylgründen von vorneherein abzulehnen. Das Bundesamt ist regelmäßig nur verpflichtet, die in § 25 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AsylVfG beschriebenen Umstände zu ermitteln. Die Entscheidung nach § 71a AsylVfG setzt hingegen die Befassung mit den vom Asylantragsteller geltend gemachten Asylgründen voraus, selbst wenn die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens letztlich abgelehnt wird. Das Bundesamt ist verpflichtet, anhand der vorgebrachten Asylgründe und in Auseinandersetzung mit einer bereits ergangenen Entscheidung über den Erstantrag inhaltlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen und das Asylverfahren wiederaufzugreifen ist sowie bejahendenfalls, ob ein Anspruch auf Asylanerkennung besteht. In diesem Verfahren hat das Bundesamt den Asylantragsteller nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in Verbindung mit §§ 24 Abs. 1 Satz 3, 25 AsylVfG grundsätzlich persönlich und umfassend anzuhören.

Einer Umdeutung steht auch entgegen, dass die Voraussetzungen für eine ablehnende Entscheidung über die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylVfG nicht, wie von § 47 Abs. 1 Alt. 3 VwVfG gefordert, vorgelegen haben. Maßgeblich ist insoweit nicht nur der Zeitpunkt, in dem die Umdeutung vorgenommen wird, sondern auch der Zeitpunkt, in dem der Verwaltungsakt, der umgedeutet werden soll, erlassen worden ist. Denn die Umdeutung wirkt auf diesen Zeitpunkt zurück (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.4.2010 - 10 A 11232/09 -, Rn. 42; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9.9.2008 - 10 S 994/07 -, Rn. 24; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 47 Rn. 37). Es ist indes ausgeschlossen, dass in diesem Zeitpunkt zugleich die Voraussetzungen für den rechtmäßigen Erlass eines Verwaltungsakts, der einen Asylantrag nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG als unzulässig nach § 31 Abs. 6 AsylVfG ablehnt, weil ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, und den rechtmäßigen Erlass eines Verwaltungsakts, mit dem das Bundesamt in eigener Zuständigkeit die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylVfG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ablehnt, vorgelegen haben.

Einer Umdeutung steht schließlich das Verbot der Schlechterstellung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwVfG entgegen (vgl. hierzu Laubinger, a.a.O., S. 361 mit weiteren Nachweisen). Die Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylVfG mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abgelehnt wird, sind für den Asylantragsteller ungünstiger als die Rechtsfolgen eines Verwaltungsaktes, der einen Asylantrag nur auf der Grundlage des § 27a AsylVfG als unzulässig ablehnt, weil ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (so auch Bayerischer VGH, Beschl. v. 2.7.2015 - 11 ZB 15.50101 -, Rn. 13; VG Göttingen, Beschl. v. 8.6.2015, a.a.O., Rn. 16; VG Osnabrück, Urt. v. 16.2.2015 - 5 A 248/14 -, Rn. 33). Infolge der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach §§ 27a, 31 Abs. 6 AsylVfG ordnet das Bundesamt auf der Grundlage des § 34a AsylVfG lediglich die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat, also regelmäßig einen Mitgliedstaat der Europäischen Union an. Nach Überstellung in diesen zuständigen Staat wird dort das Asylverfahren durchgeführt. Infolge der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a AsylVfG ist das Asylverfahren hingegen abgeschlossen; eine erneute inhaltliche Befassung kommt nur auf einen Folgeantrag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG in Betracht. Zudem droht das Bundesamt dem Asylantragsteller gemäß § 71a Abs. 4 AsylVfG in Verbindung mit § 34 AsylVfG die Abschiebung in dessen Herkunftsstaat an.

Die danach fehlende Erfüllung der in § 47 Abs. 1 Alt. 1 und 3 sowie Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwVfG gesetzlich bestimmten Voraussetzungen für eine Umdeutung kann entgegen der Annahme der Beklagten auch nicht allein mit Blick auf die in asylrechtlichen Verfahren geltende Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime überwunden werden; etwas Anderes ergibt sich auch aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 2015 (- BVerwG 1 B 2.15 -, ) nicht (vgl. mit eingehender Begründung VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.4.2015, a.a.O., S. 1158).