Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.02.2023, Az.: 10 LC 87/22

Ausschüsse; Besetzungsverfahren; d Hondt; Hare/Niemeyer; Höchstzahlverfahren; kommunale Ausschüsse; Sitzverteilung; Spiegelbildlichkeitsgrundsatz; Verteilung kommunaler Ausschusssitze nach dem Höchstzahlverfahren nach d Hondt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.02.2023
Aktenzeichen
10 LC 87/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 11616
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0214.10LC87.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 30.05.2022 - AZ: 5 A 16/22

Fundstellen

  • DÖV 2023, 484
  • NordÖR 2023, 402-409

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz ist auch bei der Verteilung der Sitze im Verwaltungsausschuss/Hauptausschuss in Niedersachsen zu beachten.

  2. 2.

    Das Höchstzahlverfahren nach d Hondt gehört zu den verfassungsgemäßen und anerkannten Zählverfahren, unter denen der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums vor Beginn der Wahlperiode eine Auswahl treffen kann, ohne hierbei durch verfassungsrechtliche Vorgaben eingeschränkt zu sein.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 5. Kammer - vom 30. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Entscheidung des Beklagten über die Besetzung des Verwaltungsausschusses der Gemeinde A-Stadt und des Aufsichtsrates der Gemeindewerke A-Stadt GmbH für die Wahlperiode vom 1. November 2021 bis zum 31. Oktober 2026.

Der Beklagte wendete bei der Besetzung der Sitze im Verwaltungsausschuss und im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH die Regelung des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften vom 13. Oktober 2021 (Nds. GVBl. S. 700, 730) an.

In dieser nach der Kommunalwahl in Niedersachsen vom 12. September 2021 geänderten und ab dem 1. November 2021 gültigen Fassung des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG ist Folgendes geregelt:

"Die Sitze eines jeden Ausschusses werden auf die Fraktionen und Gruppen nach der Reihenfolge der Höchstzahlen verteilt, die sich durch Teilung der Mitgliederzahlen der Fraktionen und Gruppen durch 1, 2, 3 usw. ergeben."

Dies ist das sogenannte Höchstzahlverfahren d´Hondt.

§ 71 Abs. 2 NKomVG in der bis zum 31. Oktober 2021 gültigen Fassung regelte dagegen:

"Die Sitze eines jeden Ausschusses werden entsprechend dem Verhältnis der Mitgliederzahl der einzelnen Fraktionen oder Gruppen zur Mitgliederzahl aller Fraktionen und Gruppen verteilt. Dabei erhält jede Fraktion oder Gruppe zunächst so viele Sitze, wie sich für sie ganze Zahlen ergeben. Sind danach noch Sitze zu vergeben, so sind sie in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile, die sich bei der Berechnung nach Satz 2 ergeben, auf die Fraktionen und Gruppen zu verteilen."

Dies ist das sogenannte Verfahren Hare/Niemeyer.

Nach letzterem Verfahren erfolgt gemäß dem seit dem 1. Januar 2014 unveränderten § 36 NKWG weiterhin die Verteilung der Sitze in der Vertretung.

Die Kommunalwahl am 12. September 2021 ergab in der Gemeinde A-Stadt folgendes Ergebnis:

- SPD: 29 % der Stimmen und 10 Sitze in der Vertretung

- CDU: 23,42 % der Stimmen und 8 Sitze in der Vertretung

- CDW/W: 21,34 % der Stimmen und 7 Sitze in der Vertretung

- Grüne: 15,16 % der Stimmen und 5 Sitze in der Vertretung

- FDP: 8,21 % der Stimmen und 3 Sitze in der Vertretung

- AfD: 2,87 % der Stimmen und 1 Sitz in der Vertretung.

In der konstituierenden Sitzung des beklagten Rates vom 4. November 2021 beantragte die Klägerin die Änderung des Sitzverteilungsverfahrens für die Ausschüsse von d'Hondt zu Hare/Niemeyer. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Ebenfalls mehrheitlich wurde der Beschluss gefasst, dass die Zahl der Beigeordneten des Verwaltungsausschusses um 2 auf 8 Beigeordnete erhöht wird.

Sodann wurde einstimmig die Sitzverteilung der auf die einzelnen Fraktionen und Gruppen entfallenden Sitze im Verwaltungsausschuss wie folgt festgestellt:

- SPD-Fraktion: 3 Beigeordnete

- CDU-Fraktion: 2 Beigeordnete

- CDW/W-Fraktion: 2 Beigeordnete

- Fraktion GRÜNE: 1 Beigeordneter.

Ferner wurde beschlossen, dass die Klägerin dem Verwaltungsausschuss mit einem beratenden Mitglied angehört.

Als Vertretung der Gemeinde im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH wurden durch einstimmigen Beschluss benannt:

- SPD-Fraktion: 2 Mitglieder

- CDU-Fraktion: 2 Mitglieder

- CDW/W- Fraktion: 2 Mitglieder

- Fraktion GRÜNE: 1 Mitglied.

Die Klägerin wurde in diesem Gremium nicht berücksichtigt.

Gegen diese Entscheidungen hat die Klägerin am 11. Januar 2022 Klage erhoben mit dem Ziel, sie bei einer Neuverteilung der Sitze mit einem stimmberechtigten Sitz im Verwaltungsausschuss und einem Sitz im Aufsichtsrat der Gemeinde A-Stadt GmbH zu berücksichtigen. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Änderung des Zählverfahrens betreffend die Ausschüsse von dem Verfahren nach Hare/Niemeyer hin zum Höchstzahlverfahren nach d`Hondt wirke sich zulasten kleinerer Parteien und hier in besonderer Weise nachteilig zu ihren Lasten aus.

Sie hat ferner ausgeführt, dass eine Verteilung nach dem Verfahren Hare/Niemeyer dagegen folgende Sitzverteilung aufgrund des Wahlergebnisses vom 12. September 2021 für den Verwaltungsausschuss ergeben würde:

- SPD-Fraktion: 2 Beigeordnete

- CDU-Fraktion: 2 Beigeordnete

- CDW/W- Fraktion: 2 Beigeordnete

- Fraktion GRÜNE: 1 Beigeordneter

- FDP-Fraktion: 1 Beigeordneter.

Für den Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH würde sich folgendes Ergebnis ergeben:

- SPD-Fraktion: 2 Mitglieder

- CDU-Fraktion: 2 Mitglieder

- CDW/W- Fraktion: 1 Mitglied

- Fraktion GRÜNE 1 Mitglied

- FDP-Fraktion: 1 Mitglied.

Die Klägerin ist der Auffassung, die in der Verteilung der Ausschusssitze zu Tage tretende Differenz zwischen dem tatsächlichen Wahlergebnis und den Ausschusssitzen verstoße gegen den auch bei kommunalrechtlichen Wahlen zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, nach dem die Besetzung der Ausschüsse die Zusammensetzung des Plenums (hier des Rats / der Vertretung) widerspiegeln müsse. Hinzu komme, dass für die Besetzung der Ausschüsse ein anderes Zählverfahren gelte als für die Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge. Die Anwendung unterschiedlicher Sitzzuteilungsverfahren bei Entscheidungen, die die Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge und die Besetzung der Ausschüsse unmittelbar miteinander verknüpften, sei unzulässig. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, das gewählte Wahlsystem in seinen Grundelementen folgerichtig zu gestalten und dürfe keine strukturwidrigen Elemente einführen. Sonst könne der Fall eintreten, dass sich in einem Ausschuss andere Mehrheitsverhältnisse als in der Vertretung ergäben. Der hier vorgenommenen Wechsel von einem Sitzverteilungssystem zu einem anderen sei aus diesen Gründen in besonderer Weise begründungsbedürftig. Eine plausible Begründung sei aber nicht erfolgt. Die Gesetzesbegründung stelle darauf ab, dass das nunmehr gewählte Verfahren eher geeignet sei, stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten. Diese Begründung sei nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, über die Besetzung des Verwaltungsausschusses der Gemeinde A-Stadt sowie des Aufsichtsrates der Gemeindewerke A-Stadt GmbH erneut mit der Maßgabe zu entscheiden, dass sie bei der Zuteilung der Sitze mit einem Sitz im Verwaltungsausschuss sowie mit einem Sitz im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH zu berücksichtigen ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die Einführung des Höchstzahlverfahrens nach d´Hondt durch die Änderung des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG sei verfassungsgemäß. Keines der bekannten Berechnungsverfahren zur Sitzverteilung gewährleiste eine optimale Abbildung des Plenums in den einzelnen Ausschüssen. Deshalb würden die bekannten Berechnungsverfahren (d´Hondt, Hare/Niemeyer, Sainte-Laguë/Schepers) in der Rechtsprechung grundsätzlich als gleichwertig angesehen werden. Die Entscheidung, welches Berechnungssystem zur Anwendung komme, bleibe daher dem Gesetzgeber überlassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesetzesänderung willkürlich sei mit dem Ziel, kleinere Parteien und Fraktionen systematisch zu benachteiligen, gebe es nicht. Auch die Gesetzesbegründung sei nicht zu beanstanden. Es liege auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Weder liege eine echte noch eine sogenannte unechte Rückwirkung vor. Im Übrigen sei eine unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig, es sei denn, dem schutzwürdigen Vertrauen auf den Bestand der Rechtslage käme ausnahmsweise ein besonderes Gewicht zu. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht Folgendes ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Die Klägerin sei als Ratsfraktion insbesondere gemäß § 42 VwGO klagebefugt. Denn die Änderung des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG führe dazu, dass sie weder im Verwaltungsausschuss mit stimmberechtigten Mitgliedern noch im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH vertreten sei. Durch diese Sitze würden ihr auch Entscheidungsbefugnisse zustehen, über die sie nach der derzeitigen Ausschussbesetzung nicht verfüge. Die Anwendung der Neufassung des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG sei auch kausal für die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Gemeindewerke A-Stadt GmbH, obwohl er kein Ausschuss im Sinne des § 71 NKomVG sei. Gemäß § 138 Abs. 1 NKomVG würden die Vertreter der Kommune in Unternehmen durch die Vertretung gewählt. Für die Benennung der Ratsmitglieder finde gemäß § 71 Abs. 6 NKomVG auch § 71 Abs. 2, 3 und 5 NKomVG und damit das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren Anwendung, weil es sich um die Besetzung unbesoldeter Stellen gleicher Art handele. Die Klage sei allerdings nicht begründet. § 71 Abs. 1 NKomVG bestimme, dass die Vertretung aus der Mitte der Abgeordneten beratende Ausschüsse bilden könne. Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 NKomVG lege die Vertretung die Zahl der Sitze in den Ausschüssen fest. Hierbei handele es sich um eine Entscheidung, die grundsätzlich in das Organisationsermessen der Vertretung gestellt sei. Die Anzahl der Ausschusssitze dürfe nicht willkürlich festgelegt werden. Bestimmte Mindest- oder Höchstgrenzen bestünden allerdings nicht. Die Vertretung sei auch nicht verpflichtet, die Zahl der Ausschusssitze so zu bemessen, dass alle im Rat vertretenen Fraktionen und Gruppen stimmberechtigt in jedem Ausschuss vertreten seien. Die Ausschüsse dürften aber nicht so klein gehalten werden, dass eine den weiteren gesetzlichen Vorgaben der Ausschussbesetzung entsprechende Abbildung der Mehrheitsverhältnisse im Rat nicht mehr gewährleistet sei. Dafür gebe es hier keine Anhaltspunkte und dies sei von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Auch die Verteilung der Ausschusssitze auf die unterschiedlichen Fraktionen der Vertretung sei rechtmäßig und verfassungsgemäß. Die von der Vertretung vorgenommene Besetzung des Verwaltungsausschusses und des Aufsichtsrates der Gemeindewerke A-Stadt nach dem d'Hondt'schen Höchstzahlverfahren entspreche den gesetzlichen Vorgaben des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG. Diese Vorschrift sei auch verfassungsgemäß und halte sich noch im Rahmen des dem Landesgesetzgeber eingeräumten weiten Ermessensspielraums. Die darin vorgenommene Änderung des Zählverfahrens bezüglich der Ausschussbesetzungen sei verfassungsgemäß. Sie verstoße weder gegen das Demokratieprinzip noch gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit. Eine Vorlage an den Niedersächsischen Staatsgerichtshof komme daher nicht Betracht. Es könne offenbleiben, ob das Gebot der sog. "Spiegelbildlichkeit" auch für die Besetzung des Verwaltungsausschusses als Hauptausschuss gelte, weil dieser Grundsatz durch die Anwendung des durch § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG vorgegebenen Zählsystems jedenfalls gewahrt bleibe. Bis zur hier streitbefangenen Gesetzesänderung sei nach den Sätzen 2 bis 6 des § 71 Abs. 2 NKomVG a. F. die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen grundsätzlich nach dem sogenannten Proportionalitätsverfahren gemäß Hare/Niemeyer erfolgt. Die zur Überprüfung der Verfassungsgemäßheit der Neuregelung zu stellenden Anforderungen ergäben sich in erster Linie aus dem Grundsatz der "Spiegelbildlichkeit". Dieser sei ein Ausfluss des Demokratieprinzips und des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit und erfordere eine möglichst getreue Abbildung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen, enthalte jedoch kein Optimierungsgebot. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz verlange keine optimale Abbildung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen, sondern lediglich eine "Berücksichtigung" der Fraktionen nach ihrer Stärke. Als staatsorganisationsrechtlicher Grundsatz gebe er nur einen Rahmen vor. Abweichungen von dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz könnten je nach Stärke der Abweichung aus unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Gründen gerechtfertigt sein. Geringfügige Über- und Unterrepräsentationen, die im Rahmen von Auf- oder Abrundungen bei der Sitzverteilung durch Anwendung der anerkannten Proportionalverfahren entstünden, seien nicht zu vermeiden und deshalb bereits durch den Effizienzgewinn des Parlaments durch die Einrichtung von Ausschüssen gerechtfertigt. Stärkere, "echte" Abweichungen vom Spiegelbildlichkeitsgrundsatz, die durch die Ergänzung der anerkannten Zählverfahren um "Korrekturfaktoren" entstünden, seien hingegen nur in besonders gelagerten Fällen zulässig. Die Zuweisung von Ausschusssitzen nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen bedürfe, da nur ganze Sitze verteilt werden könnten, des Einsatzes von Zählverfahren, die in eingeschränktem Umfang zu Abweichungen im Zuweisungsergebnis führen könnten. Für die Bewältigung bzw. Vermeidung von nicht abbildbaren "Teilungsresten" (Brüchen bzw. Dezimalstellen) würden in ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung deshalb verschiedene etablierte Proportionalverfahren als zulässig und den Anforderungen des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes genügend angesehen. Dies gelte auch für das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt sowie für das Verfahren Hare/Niemeyer und das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers. Diese Abweichungen von der exakten Proportionalität seien deshalb keine "echten" Abweichungen vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, sondern gleichsam dessen immanente inhaltliche Grenzen. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz vermittele den Fraktionen von vornherein keinen Anspruch auf exakte Abbildung ihres proportionalen Anteils in Form von Sitzanteilen mit Dezimalstellen, sondern auf eine "Spiegelung" durch Anwendung eines anerkannten Proportionalverfahrens mit der Folge, dass der exakte proportionale Sitzanteil auf "ganze" Sitze auf- oder abgerundet werde. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz erfordere also gerade nicht, dass sich das Verhältnis von Fraktionssitzen im Ausschuss und Mandaten im Plenum exakt decke. Er wurzele denn auch nicht unmittelbar in der Wahlrechtsgleichheit, sondern in dem Anspruch der Mitglieder der Vertretung und der Fraktionen auf grundsätzlich gleiche Beteiligung an der parlamentarischen Willensbildung. Abweichungen von der "exakten" proportionalen Gleichheit, die bereits durch die notwendige Verkleinerung im Rahmen der notwendigen Projektion der Stärkeverhältnisse des Plenums auf den Ausschuss durch Anwendung der anerkannten Zählverfahren entstünden, bedürften folglich keiner weiteren Rechtfertigung als den allgemeinen Effektivitätsgewinn, den das Ausschusswesen für die Funktionsfähigkeit des arbeitsteilig organisierten Parlaments bewirke. Vor diesem Hintergrund falle die Entscheidung für das anzuwendende Zählsystem grundsätzlich in die autonome Entscheidungsbefugnis des Parlaments. Es bestehe kein Anspruch einer Fraktion auf Anwendung eines "bestmöglichen" Zählverfahrens. Das vom Landesgesetzgeber gewählte d'Hondt'sche Verfahren für die Besetzung der von der kommunalen Vertretung zu bildenden Ausschüsse sei grundsätzlich rechtmäßig. Dass dieses Verfahren, das die größeren Fraktionen und Wählergruppen tendenziell begünstige, aus mathematischer Sicht kritisiert werde, weil es die verfassungsrechtliche Zielvorgabe der Erfolgswertgleichheit nicht in gleichem Maße erfülle, wie etwa das in neuerer Zeit vielfach verwendete Verfahren Sainte-Laguë/Schepers, ändere an dieser rechtlichen Beurteilung nichts. Die Auswahl zwischen den "üblichen" Zählverfahren bedürfe deshalb - sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die einen Willkürverdacht begründeten - keiner weiteren Begründung oder Rechtfertigung. Die hier vom Landesgesetzgeber vorgenommene Gesetzesänderung verstoße nicht gegen das Willkür- bzw. Missbrauchsverbot. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne ein Wechsel zu einem anderen Zählverfahren auch innerhalb der Wahlperiode gerechtfertigt sein, wenn hierfür sachliche Gründe bestünden. Im vorliegenden Fall sei allerdings das Zählverfahren schon nicht während der laufenden Wahlperiode gewechselt worden mit der Folge, dass es einer besonderen Begründung für den Wechsel des Zählverfahrens nicht bedurft habe. Zwar sei das Gesetz erst nach der Kommunalwahl am 12. September 2021 beschlossen worden, die Wahlperiode habe allerdings erst am 1. November 2021 begonnen. Eine Rückwirkung des Gesetzes habe daher schon nicht vorgelegen. Allein aus diesem zeitlichen Ablauf könne auch nicht auf eine Verletzung des Willkürverbotes geschlossen werden. Auf einen solchen Missbrauch könne allein aus dem objektiven zeitlichen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens in Korrelation zu den Zeitabständen zwischen Kommunalwahl, In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung und Beginn der neuen Wahlperiode nicht geschlossen werden. Soweit sich die Klägerin darauf berufe, dass die Zusammensetzung der Vertretung und damit auch der Ausschüsse durch die Kommunalwahl quasi verbindlich feststehen würde und durch die hier streitgegenständliche Änderung des Zählverfahrens für die Ausschüsse ein Vertrauensschutz der Wähler verletzt worden sei, könne es jedenfalls bei der Besetzung der Ausschüsse einen solchen Vertrauensschutz schon deshalb nicht geben, weil bei der Besetzung der Ausschüsse auch die Funktionsfähigkeit der Vertretung und ihrer Ausschüsse als Kriterium für die Besetzung herangezogen werden könne und müsse. Wenn es einen solchen Vertrauenstatbestand geben würde, wären auch die Regelungen, wonach die Zahl der Ausschussmitglieder nach der Kommunalwahl in der konstituierenden Sitzung der Vertretung festgelegt würden, nicht zulässig. Ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis wäre aber auch dann nicht festzustellen, wenn man davon ausginge, dass bei jedem durch den Gesetzgeber festgelegten Wechsel eines Zählverfahrens eine Rechtfertigung durch sachliche Gründe vorliegen und dies in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommen müsste. Die Erwägungen des Landesgesetzgebers, wonach das d'Hondt'sche Verfahren eher geeignet sei stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten als das Verfahren Hare/Niemeyer, seien nicht zu beanstanden. Die Funktionsfähigkeit der Vertretung und der Ausschüsse sei stets ein sachgerechter Grund, um sich für eines der "üblichen" Zählverfahren zu entscheiden. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz enthalte für die Besetzung von parlamentarischen Gremien und Ausschüssen im Einzelnen ausdifferenzierte Maßstäbe und stelle damit eine Konkretisierung und besondere Ausformung des allgemeineren innerparlamentarischen Diskriminierungsverbots dar. Dem Anspruch einer Fraktion auf Gleichbehandlung mit den anderen Fraktionen sei folglich regelmäßig bereits dann Genüge getan, wenn der Ausschuss dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit entsprechend besetzt werde. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, noch weitergehend zu prüfen, ob eine andere Regelung sachgerechter gewesen wäre. Auch darin, dass die gewählte Ausschussgröße dazu führe, dass die Klägerin in diesen nicht vertreten sei, liege kein Verstoß gegen das Willkür- bzw. Missbrauchsverbot. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit enthalte keine Aussage über die zulässige Größe eines Ausschusses oder eines anderen Untergremiums. Anhaltspunkte dafür, dass durch den Zuschnitt der Ausschüsse diese so "klein" würden, dass selbst "ansehnlich große" Fraktionen oder eine Vielzahl von ggfls. kleineren Fraktionen darin nicht mehr vertreten seien, lägen hier nicht vor und seien von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Außerdem habe hier die Vertretung in ihrer konstituierenden Sitzung die Zahl der Sitze im Hauptausschuss sogar noch um zwei Sitze erhöht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin.

Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin zunächst den Sachverhalt wiedergegeben, das Urteil des Verwaltungsgerichts ausführlich gewürdigt und kritisiert und sodann die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Gerichte im Einzelnen wiedergegeben und aus ihrer Sicht interpretiert. Ferner hat die Klägerin ausgeführt, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne jedenfalls mit Blick auf die Ausschüsse kommunaler Vertretungen keine Rede davon sein, dass der Gesetzgeber nach Belieben zwischen "anerkannten" Sitzzuteilungsverfahren wählen könne, weil erhebliche Unterschiede zwischen den Konsequenzen einer Anwendung des Verfahrens nach d'Hondt mit Blick auf die Größe des betroffenen Gremiums existierten. Im Ausgangspunkt könne auch auf der kommunalen Ebene jedes der in Betracht kommenden Sitzzuteilungsverfahren zu einer Unter- oder Überrepräsentation einzelner Wahlvorschläge führen, sich die tendenzielle Begünstigung größerer Wahlvorschläge / Fraktionen durch das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt für den hier in Rede stehenden Zusammenhang der Zuteilung von Sitzen in Ausschüssen kommunaler Vertretungen aber in besonderer Weise zu Lasten kleinerer Parteien auswirken. Denn die mit Blick auf kleinere Parteien durch das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt hervorgerufene Benachteiligung sei umso geringer, je größer die Zahl der gültigen Stimmen und der zu vergebenden Mandate sei. Demgegenüber erlangten die Inkonsistenzen des Verfahrens nach Hare / Niemeyer im Falle der Ausschussbesetzung auf kommunaler Ebene angesichts der relativ kleinen Basiszahlen und der geringen Zahl der zu vergebenden Sitze nur wenig Bedeutung. Hieraus könnten nachhaltige Verzerrungen bei der Umrechnung der Sitze in der Vertretung in Ausschusssitze nach Maßgabe des Höchstzahlverfahrens nach d'Hondt resultieren. Vor dem Hintergrund dieser Gegebenheiten könne zumindest für den kommunalen Bereich nicht mehr davon ausgegangen werden, dass bei der Besetzung von Ausschüssen der Vertretungen ein offenes Wahlrecht des Gesetzgebers zwischen den "anerkannten" Sitzzuteilungsverfahren bestünde. Wegen der Verzerrungen sei das Verfahren nach d'Hondt aus heutiger Sicht insgesamt als unzulässig anzusehen und ein gesetzgeberisches Ermessen auf die Wahl zwischen den beiden verbleibenden Verfahren nach Sainte-Laguë / Schepers und Hare/Niemeyer zu reduzieren. Selbst wenn man dagegen zu dem Ergebnis gelangte, dass der Landesgesetzgeber grundsätzlich voraussetzungslos das Verfahren nach d'Hondt auch für den kommunalen Bereich wählen könne, stünde dem im vorliegenden Zusammenhang entgegen, dass eine willkürliche und rechtsmissbräuchliche Entscheidung des Gesetzgebers vorliege. Denn ein sachlicher Grund für den Wechsel des Sitzzuteilungsverfahrens liege hier nicht vor. Die Gesetzesbegründung sei nicht tragfähig. Die darin behaupteten Unzuträglichkeiten entbehrten einer Realanalyse. Auch sei es nicht ein legitimes Ziel, stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten. Schon das behauptete Problem existiere aber tatsächlich nicht. In Ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage zur kurzfristigen schriftlichen Beantwortung (LT-Drs. 18/9508), die mehrere Abgeordnete der FDP Anfang Mai 2021 an die Landesregierung gerichtet hätten, habe die Landesregierung keine Unzuträglichkeiten oder Nachteile benennen können, die mit einer angeblichen Fragmentierung oder Zersplitterung der kommunalen Vertretungen einhergingen. Neben allgemeinen Behauptungen, denen zufolge derartige Erschwernisse auf der Hand lägen, werde in diesem Zusammenhang auf Gutachten verwiesen, die die Annahmen der Landesregierung jedoch nicht hinreichend stützten. Es könne nur mit Befremden zur Kenntnis genommen werden, dass die Landesregierung die Gesetzesbegründung mit diesen Untersuchungen zu untermauern trachte. Dessen ungeachtet könne es denkbar sein, dass durch eine starke Zersplitterung der kommunalen Vertretungen auch Abläufe und Entscheidungsprozesse erschwert werden könnten. Zwar seien seit den Kommunalwahlen 2021 noch einmal mehr Parteien in den Räten und Kreistagen vertreten. Sechs dieser Parteien stellten aber in ganz Niedersachsen nur ein einziges Mitglied einer Vertretung. Insgesamt sei nur eine verschwindende Minderheit der mehr als 18.000 Mitglieder der Vertretungen von rund 275 Personen als Einzelbewerber einer nicht im Deutschen Bundestag vertretenen Partei gewählt worden. Es sei völlig abwegig, aus der geringen Zahl von gewählten Einzelbewerbern / oder erfolgreichen Bewerbern kleinerer Parteien relevante Erschwernisse für die kommunale Arbeit ableiten zu wollen. Erst recht gelte dies für die Rechtfertigung einer Änderung der Ausschussbesetzung. Im Ergebnis fehle es an jedem Anhaltspunkt dafür, dass es eine Fragmentierung oder Zersplitterung der kommunalen Vertretungen gebe und dass damit relevante Erschwernisse für die Arbeit der Vertretungen verbunden seien. Es gebe auch keinen tragfähigen Grund, eine von den Mehrheitsverhältnissen in der Vertretung abweichende Mehrheitsbildung in den Ausschüssen zu ermöglichen. Bei unklaren oder wechselnden Mehrheiten in der Vertretung sei damit kein Stabilitätsgewinn verknüpft, weil sich die Gefahr verstärke, dass Beschlussvorschläge der Ausschüsse in der Vertretung keine Mehrheit fänden. Ein Ermessens- oder Entscheidungsspielraum bestehe nicht, weil er auf eine Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers frei von jeder verfassungsrechtlichen Vorgabe hinausliefe und die Wahl des Sitzzuteilungsverfahrens beliebig wäre. Auf eine Gewährleistung stabiler Mehrheitsverhältnisse kraft des Sitzzuteilungsverfahrens hinzuwirken, bestehe schon strukturell kein Bedürfnis, da das ausschließlich exekutive Tätigwerden der Kommunen weder von stabilen Mehrheiten abhängig sei noch durch ein Entscheiden mit wechselnden Mehrheiten wesentlich geschwächt werde. Es sei aber eine nachvollziehbare Begründung eines Systemwechsels erforderlich. Der Wechsel auf das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt löse daher ebenfalls eine Begründungsobliegenheit aus. Fehle es an dieser erforderlichen Begründung, könne bereits dies die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Folge haben. Der Gesetzgeber sei daher gehalten, bereits im Gesetzgebungsverfahren die maßgeblichen Tatsachen zu ermitteln. Dies müsse sich in einer entsprechenden Darlegung und Begründung des Gesetzes im Gesetzgebungsverfahren niederschlagen. Hier sei aber die Begründung für die Gesetzesänderung völlig unzulänglich und offensichtlich nicht tragfähig. Zwar sei im Ausgangspunkt richtig, dass die Gewährleistung des Mehrheitsprinzips eine tragfähige Erwägung auch für Abweichungen vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit darstelle. Der Gesetzgeber mache aber angebliche Nachteile für die Funktionsfähigkeit der Ausschüsse geltend, ohne belastbare Anhaltspunkte für die behaupteten Unzuträglichkeiten zu benennen. Dies überrasche nicht, weil Fraktionen ohne vollen Sitz in einem Ausschuss ein Grundmandat mit Rede- und Antragsrecht zustehe, ein Zusammenhang der angeblichen Erschwernisse bei der Ausschussarbeit gerade mit dem Stimmrecht aber nicht plausibel sei. Im Hinblick auf die Frage einer Rückwirkung könne Bezugspunkt des Vertrauensschutzes nur das zum Zeitpunkt der Stimmabgabe anzuwendende Verfahren sein, da die Wählenden nicht damit rechnen müssten, dass ihre Stimmen im Zweifelsfall bei größeren Parteien besser zur Entfaltung kämen. Zusammenfassend sei danach festzustellen, dass zwar unvermeidbare Ungleichheiten bei der Umrechnung von Stimmen in Mandate hinzunehmen seien, darüber hinausgehende Ungenauigkeiten und damit auch die groben Verzerrungen namentlich bei der Besetzung (kleiner) Ausschüsse nach Maßgabe des Verfahrens nach d'Hondt aber den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit verletzten, sofern nicht vernünftige und tragfähige sachliche Gründe für einen Wechsel des Sitzzuteilungsverfahrens, mit dem zudem unterschiedliche Verfahren für die Verteilung der Sitze in der Vertretung und in den Ausschüssen eingeführt würden, vorlägen und in der Gesetzbegründung plausibel dargelegt würden. Es wäre Sache des Gesetzgebers, angebliche Missstände und die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit einer das Demokratieprinzip berührenden Maßnahme zur Abhilfe darzutun, um eine sachgerechte gerichtliche Kontrolle zu ermöglichen. An all dem fehle es hier.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, über die Besetzung des Verwaltungsausschusses der Gemeinde A-Stadt sowie des Aufsichtsrates der Gemeindewerke A-Stadt GmbH erneut mit der Maßgabe zu entscheiden, dass sie bei der Zuteilung der Sitze mit einem Sitz im Verwaltungsausschuss sowie mit einem Sitz im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, die Berechnungsverfahren nach d'Hondt, Hare/Niemeyer und Sainte-Laguë/Schepers würden von der Rechtsprechung im Hinblick auf den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit trotz der bekannten Mängel als grundsätzlich gleichwertig und verfassungsgemäß anerkannt und akzeptiert. Es sei daher dem Gesetzgeber überlassen, zu entscheiden, welches Berechnungssystem zur Anwendung kommen solle und in welcher Richtung er eine unvermeidbare Abweichung in Kauf nehmen wolle. Für diese Entscheidung seien ihm verfassungsrechtliche Grenzen nicht gesetzt. Die These der Klägerin, das Zuteilungsverfahren nach d'Hondt dürfe wegen der größeren Inkonsistenzen für die Ausschussbesetzung auf kommunaler Ebene nicht mehr zur Anwendung kommen, finde demgegenüber keine Unterstützung in der Rechtsprechung. So etwas wie ein Optimierungsgebot bzw. eine Pflicht, das bestmögliche Verfahren anzuwenden, werde aus den einschlägigen Grundsätzen der Verfassung nicht abgeleitet. Der Einwand der Klägerin, der älteren Rechtsprechung seien die mit dem Verfahren nach d'Hondt verbundenen angeblichen massiven Ungenauigkeiten seinerzeit noch nicht in den Blick geraten, sei nicht überzeugend. Die Wirkungsweisen der jeweiligen Verfahren beruhten auf den Regeln der Mathematik. Sie seien seit jeher bekannt. Dafür, dass die These von den massiven Ungenauigkeiten am Ende auch immer etwas mit der Perspektive desjenigen zu tun habe, der die Situation betrachte, spreche ein Blick auf die Zahlen im Rat von A-Stadt: Die Klägerin reklamiere für sich den dritten VA-Sitz der SPD-Fraktion. Die SPD habe 10 von 34 Ratssitzen (berechnet nach Hare/Niemeyer) errungen, die FDP 3 von 34 Ratssitzen. Umgerechnet in Prozentzahlen ergäben sich 29,41 % der Sitze für die SPD und 8,82 % der Sitze für die FDP. Die SPD-Fraktion sei im Rat mithin um den Faktor 3,33 stärker als die FDP-Fraktion. Von den 8 Sitzen des VA wünsche sich die Klägerin einen Sitz, was 12,5 % der Sitze bedeuten würde, der SPD-Fraktion blieben 2 Sitze, mithin 25 % der Sitze im VA. Der Faktor von 3,33 im Rat würde sich im VA auf den Faktor 2 reduzieren. Dieses Beispiel spreche für die Richtigkeit des Ansatzes der Rechtsprechung, dem Gesetzgeber angesichts der Inkonsistenzen aller Berechnungsverfahren bei Festlegung des Verfahrens für die Bildung der Ausschüsse einen weiten Ermessensspielraum zuzubilligen. Dieser Spielraum werde begrenzt durch das Willkür- bzw. Missbrauchsverbot. Ein missbräuchlicher Gebrauch des Entscheidungsspielraums durch den Gesetzgeber könne aber nur dann angenommen werden, wenn er von dem von der Rechtsordnung gebilligten Gebrauch abweiche. Das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt sei aber für die Besetzung von Ausschusssitzen anerkannt und mit der Verfassung und der Rechtsordnung vereinbar. Damit habe der Landtag seinen Einschätzungsspielraum in zulässiger Weise genutzt. Der Gesetzgeber habe seine Entscheidung auch begründet und damit die Möglichkeit geschaffen, seine Entscheidung auf die Beachtung verfassungsrechtlicher Grenzen zu überprüfen. Die Begründung sei plausibel und ausreichend. Die Klägerin räume selbst ein, dass es denkbar sei, dass durch eine starke Zersplitterung der kommunalen Vertretungen auch Abläufe und Entscheidungsprozesse erschwert werden könnten. Der Gesetzgeber halte das Verfahren nach d'Hondt für eher geeignet, der zu beobachtenden Tendenz der zunehmenden Zersplitterung etwas entgegenzusetzen. Im Übrigen bestätigten die Ergebnisse der Kommunalwahl die Tendenz zu weiterer Zersplitterung der Vertretungen. Die Anwendung von Hare/Niemeyer oder Sainte-Laguë führe dazu, dass eine Gruppe insgesamt auf mehr Sitze kommen könne, wenn sie sich in mehrere, kleinere Gruppen aufteile. Die Anwendung dieser Verfahren sei also eine Belohnung für Parteizersplitterung, dagegen die d'Hondtsche Regel eine Belohnung für den größeren Zusammenschluss. Eine rechtlich relevante bzw. gar unzulässige Rückwirkung der gesetzlichen Regelung liege nicht vor. Zum einen richte sich die Regelung an Vertretungen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch nicht konstituiert hätten. Zum anderen sei das Gesetzgebungsverfahren mit dem o.a. Ziel weit vor der Kommunalwahl eingeleitet worden, so dass es einem etwaigen Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage bereits vor der Wahl an einer tragfähigen Grundlage gefehlt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Besetzung der Sitze im Verwaltungsausschuss der Gemeinde A-Stadt und im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH durch den Beklagten in der Ratssitzung am 4. November 2021 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Beklagte hat ohne Ermessensfehler den Antrag der Klägerin auf Umstellung des Sitzverteilungsverfahrens gemäß § 71 NKomVG für den Verwaltungsausschuss, die Fachausschüsse und die Besetzung anderer Stellen im Sinne des § 71 Abs. 6 NKomVG von dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt zu dem Verfahren nach Hare/Niemeyer gemäß § 71 Abs. 10 NKomVG abgelehnt. Insbesondere hat er sich bei der von ihm angewandten Sitzverteilung nach dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt auf eine rechtliche Grundlage gestützt, die verfassungsgemäß ist. Denn § 71 Abs. 2 NKomVG in der am 1. November 2021 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften vom 13. Oktober 2021 (Nds. GVBl. 2021, 700) entspricht den sich aus Art. 57 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Nach § 71 Abs. 1 NKomVG kann die Vertretung aus der Mitte der Abgeordneten beratende Ausschüsse bilden. Unabhängig von dieser Vorschrift ergibt sich diese Befugnis bereits aus der den Kommunen eingeräumten Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 57 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung) unter dem Gesichtspunkt der Organisationshoheit. Nach § 71 Abs. 1 NKomVG besteht aber keine Pflicht, überhaupt Ausschüsse zu bilden (Menzel in KVR-NKomVG, Stand Juni 2022, § 71 Rn. 5 und 7). Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 NKomVG legt die Vertretung außerdem die Zahl der Sitze in den Ausschüssen fest. Die Sitze eines jeden Ausschusses werden auf die Fraktionen und Gruppen gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG nach dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt verteilt. Über die Zuteilung übrigbleibender Sitze entscheidet bei gleichen Höchstzahlen gemäß § 71 Abs. 2 Satz 3 NKomVG das Los. Hat die Vertretung nach § 71 Abs. 6 NKomVG in anderen Fällen mehrere unbesoldete Stellen gleicher Art zu besetzen oder ihre Besetzung vorzuschlagen, sind die Absätze 2, 3 und 5 entsprechend anzuwenden. Deshalb gilt hier nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch für die Besetzung der Sitze im Aufsichtsrat der Gemeindewerke A-Stadt GmbH das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG. Dies gilt außerdem gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 NKomVG i.V.m. § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG für die Bestimmung der Beigeordneten des Hauptausschusses, der in Gemeinden - wie hier - gemäß § 7 Abs. 2 Nummer 1 NKomVG die Bezeichnung Verwaltungsausschuss trägt. Nach § 71 Abs. 10 NKomVG kann die Vertretung einstimmig ein von den Regelungen der Absätze 2, 3, 4, 6 und 8 abweichendes Verfahren beschließen.

Der Landesgesetzgeber hat bei der Regelung der Besetzung der Sitze in den Ausschüssen in § 71 Abs. 2 NKomVG das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt wählen dürfen, ohne dass dies verfassungsrechtliche Grundsätze verletzt hat.

Insbesondere ist der bei der Besetzung von (allen) Ausschüssen nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27.6.2008 - 10 LC 194/07 -, juris Rn. 24 ff., Beschluss vom 10.10.2005 - 10 ME 174/05 -, juris Rn. 7, offengelassen im Hinblick auf den Hauptausschuss im Beschluss vom 19.9.2019 - 10 LA 50/19 -, juris Rn. 21) anzuwendende Spiegelbildlichkeitsgrundsatz hier nicht verletzt.

Nach Art. 57 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Kommunen (BVerfG, Beschluss vom 15.2.1978 - 2 BvR 134/76 -, juris Rn. 42, und Urteil vom 31.10.1990 - 2 BvF 2/89 -, juris Rn. 65; BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18.03 -, juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 10.10.2005 - 10 ME 174/05 -, juris Rn. 7). Daraus folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.3.1992 - 7 C 20.91 -, juris Rn. 9, und Urteil vom 10.12.2003, - 8 C 18.03 -, juris Rn. 12, ebenso Senatsbeschluss vom 10.10.2005 - 10 ME 174/05 -, juris Rn. 7), dass die Gemeindevertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern ein Organ der Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Gemeindebürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen des Gemeinderats als verkleinerte Abbildungen des Plenums (BVerwG, Urteil vom 27.3.1992 - 7 C 20.91 -, juris Rn. 17, und Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18.03 -, juris Rn. 12 und 13). Daraus folgt weiter, dass grundsätzlich jeder Ratsausschuss in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Rates widerspiegeln muss. Die Ausschüsse dürfen nicht unabhängig von dem Stärkeverhältnis der Fraktionen und Gruppen besetzt werden, über das die Gemeindebürger bei der Wahl der Ratsmitglieder mitentschieden haben (BVerwG, Urteile vom 27.3.1992, - 7 C 20.91 -, juris Rn. 17, und vom 10.12.2003 - 8 C 18.03 -, juris Rn. 13; ebenso Senatsbeschluss vom 10.10.2005 - 10 ME 174/05 -, juris Rn. 7).

Diese Grundsätze gelten auch für den Verwaltungsausschuss, der nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nummer 1 NKomVG ein eigenständiges Organ der Gemeinde ist. Denn auch dieser wird gemäß § 75 Abs. 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 71 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 NKomVG aus der Mitte der Abgeordneten der Vertretung gebildet und ist (im Hinblick auf seine Zuständigkeiten nach § 76 Abs. 2 NKomVG) nicht lediglich ein kollegial besetzter Verwaltungsvorstand, sondern bereitet gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 NKomVG die Beschlüsse der Vertretung vor und nimmt insoweit - ebenso wie die anderen Ausschüsse der Vertretung - auch eine beratende Funktion für die Vertretung wahr. Aus diesen Gründen ist auch bei der Besetzung des Verwaltungsausschusses der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz zu beachten (ebenso das Senatsurteil vom 27.6.2008 - 10 LC 194/07 -, juris Rn. 26 f., zur Besetzung des Samtgemeindeausschusses; offengelassen im Senatsbeschluss vom 11.9.2019 - 10 LA 50/19 -, juris Rn. 21, hinsichtlich der Besetzung des Kreisausschusses als Hauptausschuss; der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz gilt allerdings nach BVerwG, Urteil vom 28.4.2010 - 8 C 18.08 -, juris Rn. 22, nicht für die Bildung eines Gemeindevorstands nach hessischem Recht, da dieser kein Vertretungs-, sondern ein Verwaltungsorgan ist).

Sowohl das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt als auch das von der Klägerin gewünschte Verfahren nach Hare/Niemeyer bilden jedoch bei der Verteilung der Sitze in einem Ausschuss das Verhältnis der auf die einzelnen Parteien entfallenden Stimmen nicht exakt spiegelbildlich ab. Dabei begünstigt das Verfahren nach Hare/Niemeyer tendenziell die kleineren Parteien zulasten der größeren Parteien und das Verfahren nach D'Hondt umgekehrt die größeren Parteien zulasten der kleineren Parteien.

Hat beispielsweise bei einer Wahl mit insgesamt 17.500 Stimmen die Partei A 10.000 Stimmen, die Partei B 6.000 Stimmen und die Partei C 1.500 Stimmen erhalten, so entfallen bei einem gemäß der jeweiligen Stimmenzahl zu besetzenden Gremium mit 8 Sitzen auf die Partei A 5 Sitze, auf die Partei B 3 Sitze und auf die Partei C kein Sitz in dem betreffenden Gremium nach dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt; nach dem Verfahren Hare/Niemeyer entfallen dagegen nur 4 Sitze auf die Partei A, 3 Sitze auf die Partei B und 1 Sitz auf die Partei C (siehe hierzu die auf der Website der Stadt Braunschweig www.braunschweig.de unter den Stichworten "Höchstzahlverfahren" und "Hare/Niemeyer" gebildeten Beispiele).

Auch die Besetzung der hier verfahrensgegenständlichen Gremien zeigt nach den von der Klägerin vorgelegten Berechnungen die Begünstigung der kleineren Parteien zulasten der größeren Parteien durch das Verfahren nach Hare/Niemeyer, während das vom beklagten Rat durchgeführte Verfahren nach d'Hondt die umgekehrte Tendenz aufweist. Denn nach beiden Verfahren erfolgt keine Sitzverteilung, die dem Ergebnis der Kommunalwahl vom 12. September 2021 genau entspricht. Diese hatte folgendes Ergebnis: SPD 29 % der Stimmen und (nach dem Verfahren Hare/Niemeyer) 10 Sitze in der Vertretung, CDU 23,42 % der Stimmen und 8 Sitze in der Vertretung, CDW/W 21,34 % der Stimmen und 7 Sitze in der Vertretung, Grüne 15,16 % der Stimmen und 5 Sitze in der Vertretung, FDP 8,21 % der Stimmen und 3 Sitze in der Vertretung und AfD 2,87 % der Stimmen und 1 Sitz in der Vertretung.

Diesem Ergebnis wird (beispielsweise) bei der Besetzung des Verwaltungsausschusses hinsichtlich der stimmenstärksten Partei SPD am ehesten durch das hier angewandte Höchstzahlverfahren nach d'Hondt entsprochen. Denn danach hat die SPD-Fraktion 3 Beigeordnete, die CDU-Fraktion 2 Beigeordnete, die CDW/W-Fraktion 2 Beigeordnete und die Fraktion Grüne 1 Beigeordneten im Verwaltungsausschuss erhalten. Eine Verteilung nach Hare/Niemeyer wäre dagegen hinsichtlich dieser Partei dem Wahlergebnis deutlich weniger gerecht geworden. Denn danach hätte die SPD-Fraktion lediglich 2 Beigeordnete und deshalb trotz des erheblich besseren Wahlergebnisses nur ebenso viele Beigeordnete erhalten wie die CDU-Fraktion und die CDW/W-Fraktion.

Aber auch hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den kleineren Parteien der Grünen und der FDP hätte das Verfahren nach Hare/Niemeyer dem Wahlergebnis weniger entsprochen als das Verfahren nach d'Hondt. Denn nach der hier durchgeführten Besetzung des Verwaltungsausschusses nach d'Hondt hat lediglich die Fraktion Grüne einen Beigeordneten erhalten. Nach dem Verfahren nach Hare/Niemeyer hätten hingegen sowohl die Fraktion der Grünen als auch die FDP-Fraktion jeweils einen Beigeordneten erhalten, wären also gleich behandelt worden, obwohl die Grünen mit 15,16 % der Stimmen fast doppelt so viele Stimmen erhalten haben wie die FDP mit 8,21 % der Stimmen.

Im Hinblick auf die Berücksichtigung der kleinen Parteien würde das Wahlergebnis jedenfalls hinsichtlich der zwischen den Grünen und der AfD liegenden FDP besser durch das Verfahren Hare/Niemeyer umgesetzt. Denn während die FDP bei der hier durchgeführten Verteilung der Sitze im Verwaltungsausschuss nach D'Hondt "leer" ausgegangen ist, obwohl sie 8,21 % der Stimmen und 3 Sitze im Rat erhalten hat, erhielte sie immerhin einen Sitz nach dem Verfahren Hare/Niemeyer, während die AFD nach wie vor "leer" ausginge.

Bereits der hier vorliegende Fall zeigt also, dass die Behauptung der Klägerin, die Besetzung kommunaler Ausschüsse mit relativ wenigen Sitzen nach dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt führe zu erheblich größeren Verzerrungen und zu einer deutlich größeren Disproportionalität als das Verfahren nach Hare/Niemeyer, unzutreffend ist.

Die "Ungenauigkeiten" bei beiden Verfahren liegen daran, dass die Zahl der Sitze in einem Ausschuss begrenzt ist und deshalb eine exakt dem Anteil der Stimmen der jeweiligen Partei am Wahlergebnis entsprechende Zuteilung von Sitzen in der Regel nicht möglich ist, weil eine den Stimmenanteil exakt wiedergebende Berechnung der Anzahl der Sitze in aller Regel zu Ergebnissen mit Bruchteilen führt, die bei der Besetzung der Ausschüsse nicht abgebildet werden können. Im oben genannten Beispiel auf der Website der Stadt Braunschweig (unter dem Stichwort Hare/Niemeyer) ergäbe eine dem Wahlergebnis exakt entsprechende Verteilung: 4,57 Sitze für die Partei A, 2,74 Sitze für die Partei B und 0,67 Sitze für die Partei C. Soweit es demnach bei der Anwendung des Höchstzahlverfahrens nach d'Hondt zu Abweichungen vom mathematisch genauen Proporz kommt, ist dies durch die Notwendigkeit bedingt, dass zu vergebende ganze Sitze Zahlenbruchteilen zuzuordnen sind. Diese Notwendigkeit besteht allerdings ebenso bei der Anwendung anderer Systeme der Verhältnisrechnung einschließlich des hier von der Klägerin bevorzugten Systems nach Hare/Niemeyer. Es handelt sich mithin um systembedingte unvermeidbare - mathematische - Ungleichgewichte des Erfolgswerts von Stimmen, die sowohl bei dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt als auch bei dem Verfahren nach Hare/Niemeyer auftreten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann daher keine Rede davon sein, dass das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt im Unterschied zu dem Verfahren nach Hare/Niemeyer massive Ungenauigkeiten aufweist, die seiner Anwendung generell oder jedenfalls bei der Besetzung von kommunalen Ausschüssen aus verfassungsrechtlichen Gründen im Hinblick auf die erforderliche Erfolgswertgleichheit der Stimmen der Wahlberechtigten entgegenstehen.

Durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.2.2012 - 2 BvE 8/11 -, juris Rn. 127-129, und Beschluss vom 17.9.1997 - 2 BvE 4/95 -, juris Rn. 78-81) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25.2.1997 - 8 B 19/97 -, juris Rn. 2, zur Besetzung der Sitze im Hauptausschuss des Verbandes der bayerischen Bezirke und m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts) ist auch bereits umfassend geklärt, dass der Gesetzgeber sich sowohl für das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt als auch für das Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare/Niemeyer entscheiden darf, obwohl mit beiden Systemen keine absolute Gleichheit des Erfolgswerts der Stimmen erreicht werden kann, weil bei beiden Verfahren Reststimmen unberücksichtigt bleiben. Zwischen den jeweiligen systembedingten und daher unvermeidbaren - mathematischen - Ungleichgewichten des Erfolgswerts von Stimmen bei der Sitzverteilung zu wählen, obliegt dem Gesetzgeber (BVerwG, Beschluss vom 25.2.1997 - 8 B 19/97 -, juris Rn. 2 m.w.N.). Alle anerkannten Zählverfahren (nach d'Hondt, Hare/Niemeyer und Sainte-Laguë/Schepers) werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht (Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.10.2021 - 4 ZB 21.1776 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Da folglich weder das eine noch das andere Verfahren prinzipiell "richtiger" erscheint und das Verfassungsrecht keine Anhaltspunkte dafür gibt, welches der verschiedenen Systeme den Vorzug verdient (Senatsbeschluss vom 10.10.2005 - 10 ME 174/05 -, juris Rn. 12 m.w.N.), liegt es im Rahmen der weiten autonomen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, wenn er dabei etwa dem Gesichtspunkt, eine absolute Mehrheit der Stimmen für einen Wahlvorschlag müsse sich auch in der Sitzverteilung widerspiegeln, den Vorzug gibt gegenüber dem Bestreben nach möglichst gleichmäßiger Berücksichtigung aller Stimmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8.8.1994 - 2 BvR 1484/94 -, juris Rn. 10). Das gilt selbst dann, wenn dadurch eine nicht unerhebliche Zahl von Reststimmen für andere Wahlvorschläge unberücksichtigt bleibt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8.8.1994 - 2 BvR 1484/94 -, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 25.2.1997 - 8 B 19/97 -, juris Rn. 2).

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich daher aus dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz auch kein den Gesetzgeber verpflichtendes "Optimierungsgebot" herleiten (ebenso VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 58, 63 und 64 zur Besetzung der Fachausschüsse eines Landtags und m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG). Dieser ist nicht etwa verpflichtet, ein Zählverfahren zu wählen, dass das Stärkeverhältnis der Parteien nach dem Wahlergebnis in einem kommunalen Ausschuss bestmöglich wiedergibt. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz verlangt keine optimale Abbildung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen, sondern lediglich eine Berücksichtigung der Fraktionen nach ihrer Stärke. Wie bereits ausgeführt, haben beispielsweise das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt und das Verfahren nach Hare/Niemeyer verschiedene Schwerpunkte (möglichst genaue Wiedergabe des Wahlergebnisses hinsichtlich der größeren oder hinsichtlich der kleineren Parteien) in dem Bemühen, dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz gerecht zu werden. Dem Gesetzgeber steht es nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts frei, sich für einen dieser Schwerpunkte und damit für eines der korrespondierenden Verfahren zu entscheiden. Soweit das Bundesverfassungsgericht in dem von der Klägerin angeführten Urteil vom 28. Februar 2012 (- 2 BvE 8/11 -, juris Rn. 128) davon gesprochen hat, dass die "Anforderungen an eine sachliche Rechtfertigung der Delegation von Entscheidungsbefugnissen mit der abnehmenden Größe eines Untergremiums" stiegen, betrifft dies die Festlegung der Größe eines Ausschusses, nicht jedoch die Auswahl des Zählverfahrens, wie das Bundesverfassungsgericht in derselben Entscheidung klargestellt hat (juris Rn. 129).

Bei der Auswahl des Zählverfahrens für die Besetzung eines kommunalen Ausschusses bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Besonderheiten, die den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers einschränken. Dass sich bei einem kleinen Ausschuss mit relativ wenigen Sitzen die Besonderheiten des jeweiligen Zählverfahrens stärker auswirken können als beispielsweise im Bundestag oder Landtag oder auch bei der Verteilung der Sitze im Rat einer Gemeinde, betrifft - wie oben dargestellt - sowohl das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt als auch das Verfahren nach Hare/Niemeyer. Denn wie das Beispiel des vorliegenden Falles zeigt, wird bei Anwendung des Verfahrens nach Hare/Niemeyer die größte Fraktion unter "Verzerrung" des Wahlergebnisses in deutlich zu geringem Umfang berücksichtigt, während bei Anwendung des Höchstzahlverfahrens nach d'Hondt die kleineren Fraktionen benachteiligt werden. Deshalb sind auch die kommunalen Vertretungskörperschaften bei der Auswahl eines der zulässigen Berechnungsverfahren für eine Ausschussbesetzung frei (Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 21.10.2021 - 4 ZB 21.1776 -, juris Leitsatz und Rn. 18, und vom 20.3.2017 - 4 ZB 16.1815 -, juris Rn. 12). Dies gilt erst recht für den Landesgesetzgeber (siehe beispielsweise BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18.03 -, juris Rn. 21, hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung zur Besetzung der Sitze in Gemeinderatsausschüssen, und Beschluss vom 25.2.1997 - 8 B 19.97 -, juris Rn. 2, hinsichtlich der Verteilung der 6 Sitze im Hauptausschuss des Verbandes der bayerischen Bezirke; Senatsurteil vom 27.6.2008 - 10 LC 194/07 -, juris Leitsatz und Rn. 28, zur Besetzung des Samtgemeindeausschusses als Hauptausschuss, und Senatsbeschluss vom 10.10.2005 - 10 ME 174/05 -, juris Rn. 12, zur Neubesetzung der Fachausschüsse eines Gemeinderats).

Schließlich ist auch der Wechsel von einem Zählverfahren zu einem anderen Zählverfahren jedenfalls dann und auch während der laufenden Wahlperiode zulässig, wenn hierfür sachliche Gründe bestehen (BVerfG, Urteil vom 28.2.2012 - 2 BvE 8/11 -, juris Rn. 129, und Urteil vom 22.9.2015 - 2 BvE 1/11 -, juris Rn. 96).

Der Landesgesetzgeber konnte folglich hier im Rahmen des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraums zwischen dem Höchstzahlverfahren nach d'Hondt und dem Verfahren nach Hare/Niemeyer eine Auswahl treffen.

Dabei ist er nicht durch eine etwaige echte oder unechte Rückwirkung in seinem Gestaltungsspielraum eingeschränkt gewesen. Denn die Wahlperiode begann hier gemäß § 47 Abs. 2 NKomVG erst am 1. November 2021. § 71 Abs. 2 NKomVG ist jedoch bereits durch Gesetz vom 13. Oktober 2021 mit Wirkung zum 1. November 2021 und damit zum Beginn der neuen Wahlperiode und noch vor der ersten konstituierenden Sitzung des Rates, die gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 NKomVG innerhalb eines Monats nach Beginn der Wahlperiode stattfinden muss und im vorliegenden Fall am 4. November 2021 stattgefunden hat, geändert worden.

Bei der Rückwirkung von den Bürger belastenden (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3.9.2009 - 1 BvR 2384/08 -, juris Rn. 19) Gesetzen ist zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind, zu unterscheiden. Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift, was insbesondere der Fall ist, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Eine unechte Rückwirkung liegt demgegenüber vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2015 - 1 BvR 2961/14 -, juris Rn. 42).

Da hier die Wahlperiode erst am 1. November 2021 begonnen hat und erst danach die Ausschüsse gemäß § 71 NKomVG in der ersten konstituierenden Sitzung der Vertretung zu besetzen gewesen sind, kann von einer echten Rückwirkung keine Rede sein. Doch auch eine unechte Rückwirkung scheidet aus. Die Neuregelung der Ausschussbesetzung in § 71 Abs. 2 NKomVG knüpft an keinen bereits ins Werk gesetzten und noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt an. Ein solcher Sachverhalt ist nicht etwa die Kommunalwahl vom 12. September 2021. Denn diese war mit der Wahl der Mitglieder der Vertretung gemäß § 47 NKomVG abgeschlossen. Die Bildung der Ausschüsse gemäß § 71 Abs. 1 NKomVG und die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen gemäß § 71 Abs. 2 NKomVG steht hiermit in keinem rechtlich erheblichen Zusammenhang. Denn nicht etwa der Wähler, sondern nur die Vertretung kann nach § 71 Abs. 1 NKomVG aus der Mitte der Abgeordneten Ausschüsse bilden und nach § 71 Abs. 2 Satz 1 NKomVG die Zahl der Sitze in den Ausschüssen festlegen. Auch die Beigeordneten des Verwaltungsausschusses werden gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 NKomVG erst in der ersten Sitzung der Vertretung bestimmt. Außerdem kann unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Satz 2 NKomVG der Rat für die Dauer der Wahlperiode beschließen, dass sich die Zahl der Beigeordneten um 2 erhöht, wie dies auch hier geschehen ist. Abgesehen davon, dass auch die Zusammensetzung der Ausschüsse einschließlich des Verwaltungsausschusses die Stärkeverhältnisse der Fraktionen nach dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz berücksichtigen muss, ist ein schutzwürdiges Vertrauen des Wählers auf eine bestimmte Sitzzahl in den Ausschüssen und eine bestimmte Art und Weise der Besetzung der Sitze in den Ausschüssen und darauf, dass nach der Kommunalwahl das Zählverfahren für die Besetzung der Ausschüsse nicht geändert wird, daher nicht ersichtlich.

Nach Auffassung des Senats ist auch kein besonderer sachlicher Grund für den Wechsel des Zählverfahrens (der vom BVerfG, Beschluss vom 17.9.1997 - 2 BvE 4/95 -, juris Rn. 81, im Falle des Wechsels des Zählsystems in der laufenden Wahlperiode mit dem Ziel, die Mehrheitsverhältnisse des Plenums in der Bundestagsbank des Vermittlungsausschusses wiederzugeben, anerkannt worden ist; in den Urteilen des BVerfG vom 28.2.2012 - 2 BvE 8/11 -, juris Rn. 129, und vom 22.9.2015 - 2 BvE 1/11 -, juris Rn. 96, wird erstere Entscheidung lediglich zitiert) erforderlich, wenn das Zählverfahren - wie hier - rechtzeitig vor Beginn der Wahlperiode durch den Landesgesetzgeber geändert wird (so auch VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris 2. Leitsatz und Rn. 104 ff. für die Wahl eines neuen Zählverfahrens für die Ausschussbesetzung in der Geschäftsordnung des neuen Landtags). Denn allein die Tatsache, dass hier in der Vergangenheit eine andere - ebenfalls verfassungsrechtlich zulässige - Regelung (Ausschussbesetzung nach dem Verfahren Hare/Niemeyer) bestand, die sich zugunsten der Klägerin ausgewirkt hätte, kann nicht dazu führen, dass der Landesgesetzgeber rechtzeitig vor Beginn der maßgeblichen Wahlperiode besonders hätte begründen müssen, weshalb er nicht diese vorangehende Regelung übernommen hat (vgl. VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 129).

Da die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen gemäß § 71 Abs. 2 NKomVG - wie oben ausgeführt - in keinem rechtlich erheblichen Zusammenhang mit der Wahl der Vertretung steht, es sich vielmehr um zwei rechtlich und tatsächlich selbstständige Vorgänge handelt, gilt dies auch im Hinblick darauf, dass die Sitze in der Vertretung nach wie vor nach dem Verfahren Hare/Niemeyer verteilt werden, während für die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt anzuwenden ist. Von einem Systembruch, der erhöhte Anforderungen an die Gesetzesbegründung stelle, kann daher entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung keine Rede sein.

Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. Februar 2023 und in der mündlichen Verhandlung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung vom 24. Januar 2023 hingewiesen hat (- 2 BvF 2/18 -, juris), können aus dieser Entscheidung entgegen der Auffassung der Klägerin keine (erhöhten) Anforderungen an die Gesetzesbegründung gefolgert werden. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es angesichts des Fehlens quantifizierbarer Vorgaben bei einer Anhebung der absoluten Obergrenze staatlicher Parteienfinanzierung prozeduraler Sicherungen bedarf, die der verfassungsrechtlichen Gestaltungsdirektive des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung tragen und die der Einhegung des Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers durch die Verpflichtung, sich der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG selbst zu vergewissern, dienen, woraus für das gesetzgeberische Handeln in erster Linie Begründungspflichten folgen (juris Rn. 128 ff.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt, in dem es vor Beginn der Wahlperiode für die betreffenden Ausschüsse um die Auswahl zwischen mehreren, nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden und anerkannten Zählverfahren, von denen keines prinzipiell "richtiger" ist als die anderen Verfahren, in keiner Weise vergleichbar.

Doch auch dann, wenn hier ein sachlicher Grund für den Wechsel des Zählverfahrens erforderlich wäre, wäre diese Voraussetzung vorliegend erfüllt. Denn abgesehen davon, dass die hier getroffene Regelung in § 71 Abs. 2 NKomVG in der ab dem 1. November 2021 gültigen Fassung bereits deshalb objektiv in der Sache gerechtfertigt ist, weil sie - wie oben ausgeführt - den Anforderungen des Spiegelbildlichkeitsgrundsatzes hinreichend Rechnung trägt (vgl. VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 129), hat hier der Landesgesetzgeber einen weiteren sachlichen Grund angeführt, der seine Auswahlentscheidung rechtfertigt. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung (LT-Drucksache 18/9075, Seite 27):

"Dieses Verfahren ist eher geeignet, stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten als das bisherige Verfahren Hare-Niemeyer. Die Entwicklung hin zu einer verstärkten Fragmentierung der kommunalen Vertretungen durch eine Zunahme der jeweils vertretenen Gruppierungen ist unbestritten. Die Mitwirkung eines größeren Kreises von Fraktionen, Gruppen oder Einzelabgeordneten in der Vertretung führt in aller Regel zu einer schwerfälligeren Meinungsbildung. Das gilt ebenso für die Tatsache, dass der organisatorische und finanzielle Aufwand für die Vorbereitungen und Durchführung der Sitzungen dadurch steigt. Vor diesem Hintergrund ist die Sitzverteilung nach dem d'Hondtschen Verfahren eine Maßnahme, um entsprechende Erschwernisse zu reduzieren. Fraktionen und Gruppen, die bei der Sitzverteilung leer ausgehen, haben wie bisher Anspruch auf ein sogenanntes Grundmandat. Die verfassungs- und verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hält nach gegenwärtigem Stand neben anderen Sitzzuteilungsverfahren auch das d`Hondtsche Höchstzahlverfahren für verfassungsrechtlich zulässig (vgl. Nachw. Zur Wahl von Parlamentsausschüssen - BVerfGE 130, 318, 354 f. [BVerfG 28.02.2012 - 2 BvE 8/11][BVerfG 28.02.2012 - 2 BvE 8/11]; umfassende weitere Nachw. bei Theodor Elster, D'Hondt, Hare/Niemeyer und Saint-Laguë bei Kommunalwahlen in Deutschland, 2016, S. 81 ff.). Insofern liegt die Entscheidung, welches Sitzzuteilungsverfahren angewendet werden soll, grundsätzlich, d. h. in den Grenzen jener Anforderungen, in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers."

Damit hat der Landesgesetzgeber sachliche Gründe für einen Wechsel des Zählverfahrens benannt. Denn die Gesetzesbegründung, wonach durch eine Zersplitterung der kommunalen Vertretungen (etwa durch eine zunehmende Vielfalt des Parteienspektrums sowie eine hohe und steigende Zahl an Einzelbewerbern und Wählergruppen; siehe hierzu die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage mehrerer Abgeordneter des Landtags in der Landtags-Drucksache 18/9508, Seite 2, mit den entsprechenden Zahlen aus den Jahren 2006, 2011 und 2016) und in der Folge auch in den Ausschüssen Abläufe und Entscheidungsprozesse erschwert werden können, ist eine sachliche Erwägung, die die vom Landesgesetzgeber getroffene Auswahl begründet. Es ist nämlich ohne weiteres nachvollziehbar, dass je mehr die Sitze in einem Ausschuss auf unterschiedliche Fraktionen verteilt sind, desto schwieriger die Abläufe und Entscheidungsprozesse in einem Ausschuss werden können. Denn es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung, dass beispielsweise bei einem Ausschuss mit Vertretern aus 2 oder 3 Fraktionen die Mehrheitsbildung und Entscheidungsfindung zumindest weniger aufwendig, einfacher und schneller sein kann als in einem Ausschuss mit Vertretern aus beispielsweise 4 Fraktionen, in dem entsprechend der höheren Zahl der Fraktionen auch mehr Meinungen und Partikularinteressen vertreten sein und in der Folge mehr Konflikte entstehen können. Soweit die Klägerin dagegen eingewandt hat, dass es hier allein um die Verhältnisse in den Ausschüssen gehe und kein Zusammenhang bestehe mit einer Zersplitterung der kommunalen Vertretungen, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn sind in der Vertretung eine Vielzahl von Fraktionen, Gruppen oder Einzelabgeordneten vertreten, so findet sich diese auch in den Ausschüssen wieder, wenn letztere - wie hier von der Klägerin vorgeschlagen - nach dem Verfahren Hare/Niemeyer besetzt werden. Dagegen ist das Verfahren nach d'Hondt auch bei einer zersplitterten Zusammensetzung der Vertretung eher geeignet, stabile Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen zu gewährleisten, wie sie nach der Gesetzesbegründung mit der Gesetzesänderung angestrebt werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausschüsse kleiner sind als die Vertretung und andere Aufgaben als diese haben. So bereitet etwa der Verwaltungsausschuss als Hauptausschuss gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 NKomVG die Beschlüsse der Vertretung vor. Dieser beschließt außerdem nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG über diejenigen Angelegenheiten, über die nicht (u. a.) die Vertretung zu beschließen hat oder für die nicht der Hauptverwaltungsbeamte nach § 85 NKomVG zuständig ist. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über diese Angelegenheiten kann jedoch nach § 76 Abs. 3 Satz 1 NKomVG auch auf einen der Ausschüsse nach § 71 NKomVG übertragen werden, die im Übrigen nach § 71 Abs. 1 NKomVG beratende Funktion haben. Sowohl bei der Vorbereitung der Beschlüsse der Vertretung als auch bei den Beschlüssen über die in die Zuständigkeit der Ausschüsse fallenden Angelegenheiten ist eine einfache und schnelle Entscheidungsfindung jedenfalls von Vorteil. Dass diese durch eine verstärkte Fragmentierung der daran beteiligten Gruppen erschwert wird, ist jedoch nicht nur in einem kommunalen Ausschuss der Fall, sondern nach der allgemeinen Lebenserfahrung immer dann, wenn in einer größeren Gruppe mit mehreren eigenständigen Untergruppen eine Entscheidung getroffen werden soll.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es insofern ohne Belang, ob die Annahmen des Landesgesetzgebers durch Gutachten, Studien oder einzelne tatsächliche Beispiele belegt und (hinsichtlich des zeitlichen und organisatorischen Aufwands) "beziffert" werden können. Denn auch wenn der Landesgesetzgeber diesen Nachweis nach Auffassung der Klägerin nicht erbracht hat, ist das von ihm angeführte Argument in sich schlüssig und nachvollziehbar und damit ein sachlicher Grund, der es innerhalb seines weiten Gestaltungsspielraums rechtfertigt, das Höchstzählverfahren nach d'Hondt als seiner Meinung nach geeignetes Zählverfahren auszuwählen.

Abgesehen davon stützen die von der Landesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage mehrerer Abgeordneter des Landtags (Landtags-Drucksache 18/9508, Seite 3) angeführten Gutachten die in der oben wiedergegebenen Gesetzesbegründung enthaltenen Annahmen des Landesgesetzgebers.

So wird in dem Forschungsbericht der Ruhr-Universität Bochum (u. a. von G.) über die "Auswirkungen der Aufhebung der kommunalen Sperrklausel auf das kommunalpolitische Entscheidungssystem in Nordrhein-Westfalen" von Mai 2015 ausgeführt (Seite 60):

"Insgesamt gesehen steigt schon bei durchschnittlicher Fragmentierung der Aufwand für die Ratsarbeit, nicht nur Prozesse der Mehrheitsfindung sind aufwendiger und auch konfliktreicher, sondern auch die Dauer der Ratssitzung steigt vor allem aufgrund von Beratungen zu Tagesordnungen und Anträgen. ... Häufiger scheitert bei überdurchschnittlicher Fragmentierung der Versuch der Mehrheitsfindung als bei unterdurchschnittlicher Fragmentierung, auch wenn Blockadesituationen aufgrund abweichender politischer Mehrheiten im Rat eher die Ausnahme sind. Nicht koalitionsfähig, nicht mehrheitsfähig, aber inhaltlich überfordert: Insgesamt gesehen ist ein nicht kleiner Teil der Kommunalvertretung - insbesondere für den Bürgermeister in wichtigen Entscheidung - nur selten einzubinden."

In dem Gutachten des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung (u.a. von H.) "Untersuchung der Arbeitsweise von Räten und Kreistagen in Nordrhein-Westfalen mit Blick auf deren Funktionsfähigkeit" vom 3. Juli 2019 heißt es hierzu (Seiten 50 und 51):

"Einerseits kann momentan von verbreiteten Funktionsstörungen ... nicht gesprochen werden. ... Auf der anderen Seite lassen sich zahlreiche Auswirkungen der Fragmentierung beobachten, die zu einer Mehrbelastung der Verwaltung und der Rats- bzw. Kreistagsmitglieder selbst führen, die zwar nicht die Entscheidungsfähigkeit im Ganzen in Frage stellen, aber das kommunalpolitische Ehrenamt als zunehmend unattraktiv erscheinen lassen. Längere und vermehrte Sitzungen, langwierige Diskussionen, die nicht zu substanziellen Verbesserungen im Ergebnis führen und überforderte Einzelmandatsträger mögen als "Kosten der Demokratie" in Kauf genommen werden können. Zu einer höheren Demokratiequalität tragen sie nicht bei."

Entgegen der Auffassung der Klägerin stützen diese Gutachten eindeutig die Annahme des Landesgesetzgebers, dass die Mitwirkung eines zunehmend größeren Kreises von Fraktionen, Gruppen oder Einzelabgeordneten in den Ausschüssen in der Regel zu einer schwerfälligeren Meinungsbildung führt und dadurch auch der organisatorische und finanzielle Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung der Sitzungen steigt.

Das vom Landesgesetzgeber angeführte Argument ist dabei aber nur ein Gesichtspunkt für eine mögliche Entscheidungsfindung. Es bestehen verschiedene legitime Gründe für die Auswahl eines Zählverfahrens, wobei der Landesgesetzgeber frei ist, aufgrund eines dieser Gründe, ein bestimmtes Verfahren auszuwählen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.10.2021 - 4 ZB 21.1776 -, juris Rn. 18). Der Gesichtspunkt, eine absolute Mehrheit der Stimmen für einen Wahlvorschlag müsse sich auch in der Sitzverteilung widerspiegeln, rechtfertigt beispielsweise ohne weiteres die Auswahl des Höchstzählverfahrens nach d'Hondt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8.8.1994 - 2 BvR 1484/94 -, juris Rn. 10; vgl. hierzu auch VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 108-112). Der Landesgesetzgeber hätte sich aber ebenso an einer Förderung kleinerer Parteien orientieren können, was für das Verfahren nach Hare/Niemeyer gesprochen hätte. Es ist deshalb keineswegs ermessensfehlerhaft, dass der Landesgesetzgeber sich innerhalb des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraums von dem von ihm angeführten Gesichtspunkt hat leiten lassen.

Die Klägerin verkennt zudem, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, zu prüfen, ob eine andere Regelung "sachgerechter", "besser" oder "zweckmäßiger" gewesen wäre, ob also der Landesgesetzgeber tatsächlich das bestmögliche Verfahren ausgewählt hat. Denn die Entscheidung, welche der möglichen Varianten die sachgerechteste ist, steht allein dem Gesetzgeber zu, nicht den Gerichten (vgl. hierzu ausführlich Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 131 ff). Die zahlreichen und ausführlich dargestellten Einwände der Klägerin, aus denen sich ergeben soll, dass das vom Landesgesetzgeber ausgewählte Höchstzählverfahren nach d'Hondt weniger geeignet sein soll als das von der Klägerin bevorzugte Verfahren nach Hare/Niemeyer sind daher rechtlich unerheblich und stellen die Verfassungsmäßigkeit der Auswahlentscheidung des Landesgesetzgebers von vornherein nicht infrage.

Es kann daher entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Rede davon sein, dass der Landesgesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum willkürlich oder missbräuchlich ausgefüllt hat. Denn eine willkürliche oder missbräuchliche Verfahrensweise des Landesgesetzgebers könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn sie sich gegen eine bestimmte politische Gruppierung richten und das alleinige oder vorrangige Ziel verfolgen würde, deren Tätigkeit zu beeinträchtigen oder sie als unerwünschte politische Kraft auszuschalten (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.10.2021 - 4 ZB 21.1776 -, juris Rn. 23), oder - allgemeiner ausgedrückt - wenn der Gebrauch des Gestaltungsspielraums von dem von der Rechtsordnung gebilligten Gebrauch abweicht und durch die Illegitimität des Zwecks, der Zweck-Mittel-Verbindung oder seiner Wirkung gekennzeichnet ist (VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 97). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Allein der von der Klägerin angeführte Gesichtspunkt, dass das Höchstzählverfahren nach d'Hondt ihrer Ansicht nach untauglich sei, begründet keine Willkür oder gar einen Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten durch den Landesgesetzgeber, da dieser unter den anerkannten Zählverfahren frei ist, eines dieser Verfahren - hier zudem noch mit einer sachlichen Begründung - auszuwählen.

Da die hier verfahrensgegenständliche Vorschrift des § 71 Abs. 2 Satz 2 NKomVG folglich nach Maßgabe der zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts sowie zahlreicher Obergerichte und Landesverfassungsgerichtshöfe und auch nach der Überzeugung des Senats verfassungsgemäß ist, kommt hier weder die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Niedersächsischen Staatsgerichtshof noch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Betracht und liegen auch Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.