Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.2021, Az.: 1 LB 29/20
Erteilung eines Bauvorbescheids mit einer Begrenzung der ununterbrochenen Dauer eines Aufenthalts auf maximal drei Übernachtungen; Bauordnungsrechtliche Zulässigkeit von fensterlosen Schlafräumen in einem Hostel
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.05.2021
- Aktenzeichen
- 1 LB 29/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 24913
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2021:0512.1LB29.20.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 24.01.2019 - AZ: 4 A 6675/18
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BauR 2021, 1431-1435
- DÖV 2021, 857-858
- GewArch 2021, 299-300
- IBR 2021, 543
- NordÖR 2022, 49
- ZfBR 2021, 778
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer - vom 24. Januar 2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der der Klägerin zu erteilende Bauvorbescheid mit einer Begrenzung der ununterbrochenen Dauer eines Aufenthalts auf maximal drei Übernachtungen zu versehen ist.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird verworfen.
Die Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit von fensterlosen Schlafräumen in einem Hostel.
Die Klägerin betreibt in der Innenstadt von Hannover auf dem Grundstück E.-straße ein Hostel. Das Betriebskonzept ist darauf ausgerichtet, den Gästen eine sehr preiswerte Übernachtungsmöglichkeit in Mehrbettzimmern mit bis zu sechs Betten zur Verfügung zu stellen. Die Räume verfügen (zumeist) über Etagenbetten und teilweise über einen Schreibtisch mit Stuhl, nicht aber über sonstiges Mobiliar. Die sanitären Einrichtungen befinden sich überwiegend in Gemeinschaftsräumen, die über den Flur zugänglich sind.
Die Klägerin beabsichtigt, das Hostel um 13 Mehrbettzimmer sowie Sanitärräume in einem ehemals als Gaststätte genutzten Gebäudeteil zu erweitern. Neun der geplanten Mehrbettzimmer weisen kein Fenster auf. Den entsprechenden Bauantrag, der absprachegemäß ohne Vorlage eines abschließenden Brandschutzkonzepts gestellt worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 2018 und Widerspruchsbescheid vom 14. September 2018 ab. Dabei verwies sie auf § 43 Abs. 3 NBauO, der für Aufenthaltsräume fordere, dass diese über unmittelbar ins Freie führende Fenster verfügen müssten. Eine Ausnahme komme nicht in Betracht; auf eine Belichtung mit natürlichem Tageslicht könne nicht verzichtet werden.
Mit ihrer zunächst auf Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr Betriebskonzept eine Ausstattung der Räume mit Fenstern nicht erfordere. Die Räume seien nur zum Schlafen und nicht zu einem längeren Aufenthalt bestimmt. Der Gast miete bewusst nicht einen Raum, sondern lediglich ein Bett und wolle dort nur übernachten, nicht aber seine Freizeit verbringen. Dies unterscheide das Hostel von einem gewöhnlichen Hotel. Zudem erfolge ein Aufenthalt nur kurzzeitig für wenige Tage. Eine ausreichende Belüftung werde über eine leistungsfähige Lüftungsanlage sichergestellt. Gesundheitsschädlich sei eine Übernachtung in einem fensterlosen Raum nicht. Gäste, die auf ein Fenster wert legten, könnten eines der jetzt 19, zukünftig 23, Zimmer mit Fenstern buchen. Die notwendigen Rettungswege verliefen - nicht anders als in einem Hochhaus - über die Flure. § 43 Abs. 3 NBauO finde auf das Hostel daher keine Anwendung; jedenfalls sei eine Ausnahme nach § 43 Abs. 5 NBauO geboten.
Die Klägerin hat nach Änderung ihres ursprünglichen Klageantrags in der mündlichen Verhandlung beantragt,
einen Bauvorbescheid über die Zulässigkeit des Vorhabens unter Ausklammerung des Brandschutzkonzepts zu erteilen und den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2018 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und die angefochtenen Bescheide verteidigt.
Mit Urteil vom 24. Januar 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Erteilung des Bauvorbescheids im beantragten Umfang verpflichtet. Zwar handele es sich bei den Hostelzimmern um Aufenthaltsräume, für die § 43 Abs. 3 NBauO grundsätzlich eine Ausstattung mit unmittelbar ins Freie führenden Fenstern verlange. Sie dienten allerdings nicht dem Wohnen, sodass § 43 Abs. 5 NBauO eine Ausnahme ermögliche, wenn den gefahrenabwehrrechtlichen Anforderungen des § 3 Abs. 1 NBauO entsprochen und die Rettung von Menschen möglich sei. Beides sei der Fall. Belichtung und Belüftung seien mit Blick auf den auf die Übernachtung begrenzten Nutzungszweck des Zimmers mittels technischer Vorkehrungen zu gewährleisten. Eine Rettung im Brandfall könne über den Flur erfolgen; im Übrigen komme es auf das noch ausstehende Brandschutzkonzept an.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 18. Februar 2020 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass § 43 Abs. 5 NBauO fensterlose Zimmer in Beherbergungsbetrieben nicht gestatte. Der Gesetzgeber habe für Aufenthaltsräume einen Standard vorgegeben, der grundsätzlich Fenster vorsehe. Von diesem wohlbegründeten Standard dürfe das Verwaltungsgericht bei Schlafräumen nicht abweichen. Es sei keineswegs so, dass der Aufenthalt in einem derartigen Zimmer nur freiwillig und in Kenntnis der Situation erfolge; gerade Messebauer und Monteure würden häufig von ihren Arbeitgebern in möglichst günstigen Unterkünften einquartiert. Auch sei nicht sichergestellt, dass der Aufenthalt tatsächlich nur kurzzeitig erfolge. Hinzu komme, dass die Klage aus einem weiteren Grund abzuweisen gewesen sei. Die Klägerin habe einen Bauvorbescheid beantragt, der nur eine einzige bauordnungsrechtliche Fragestellung ausklammere und im Übrigen den Prüfungsumfang einer Baugenehmigung erfordere. Das sei mit § 73 Abs. 1 NBauO, der die bauaufsichtliche Prüfung bei einem Bauvorbescheid auf einzelne Fragen beschränke, unvereinbar. Zudem könnten die zur Prüfung gestellten bauordnungsrechtlichen Fragen nicht ohne Rücksicht auf den Brandschutz geprüft werden. Soweit die Klägerin nunmehr erneut die Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung beantrage, widerspreche sie der Klageänderung; diese sei auch nicht sachdienlich. Die Tragfähigkeit des Brandschutzkonzepts müsse im Verwaltungsverfahren und nicht erstmals im Berufungsverfahren geprüft werden; eine kursorische Durchsicht zeige bereits, dass das Konzept weiterer Anpassung bedürfe.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klägerin in vollem Umfang mit ihrer Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen sowie
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2018 der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
Zur Begründung ihrer erneuten Antragsänderung trägt sie vor, sie habe der Beklagten zwischenzeitlich ein vollständig ausgearbeitetes Brandschutzkonzept vorgelegt. Daher könne sie nunmehr die Baugenehmigung beanspruchen. Auf die zu § 73 Abs. 1 NBauO aufgeworfenen Fragen komme es nicht an. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, bleiben ohne Erfolg.
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids zur Erweiterung ihres Hostels.
1. Rechtsgrundlage für die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids ist § 73 Abs. 1 NBauO. Nach dieser Vorschrift ist für eine Baumaßnahme auf Antrag (Bauvoranfrage) über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Dies gilt auch für die Frage, ob eine Baumaßnahme nach städtebaulichem Planungsrecht zulässig ist. Diesen formellen Anforderungen genügt der von der Klägerin gestellte Bauantrag, den diese im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aufgrund eines noch nicht vorliegenden Brandschutzkonzepts auf eine Bauvoranfrage beschränkt hat. Die Bauvoranfrage ist danach auf eine umfassende Feststellung der baurechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens der Klägerin unter Ausklammerung der bauordnungsrechtlichen Frage eines ausreichenden Brandschutzes gerichtet.
Die so verstandene Fragestellung ist zulässig und hält sich im Rahmen des § 73 Abs. 1 NBauO. Die Vorschrift sieht zwar vor, dass mit der Bauvoranfrage (nur) über "einzelne Fragen" zu entscheiden ist. Dies darf entgegen der Auffassung der Beklagten aber nicht dahin missverstanden werden, dass im Rahmen einer Bauvoranfrage ausschließlich Fragen zu eng begrenzten Themenfeldern, nicht aber komplexe baurechtliche Zusammenhänge zur Prüfung gestellt werden können. Schon § 73 Abs. 1 Satz 2 NBauO zeigt vielmehr, dass auch umfassende Fragestellungen - die Bestimmung nennt exemplarisch die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens - bescheidungsfähig sind. Einen Umkehrschluss dahingehend, dass zwar in umfassender Weise nach der planungsrechtlichen, nicht aber der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens gefragt werden darf, rechtfertigt § 73 Abs. 1 Satz 2 NBauO - anders als die Beklagte meint - nicht. Erstens steht dem schon der Wortlaut mit der Verwendung des Wortes "auch" entgegen; daraus folgt, dass die Frage nach der Vereinbarkeit mit städtebaulichem Planungsrecht eine "einzelne" Frage im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 NBauO darstellt. Zweitens zeigt die Entstehungsgeschichte des § 73 Abs. 1 Satz 2 NBauO, dass die Vorschrift nicht etwa den Fall einer ausnahmsweise zulässigen umfassenden Fragestellung regelt, sondern vielmehr klarstellend benennt, was nach § 73 Abs. 1 Satz 1 NBauO ohnehin gilt (vgl. Senatsurt. v. 26.6.2013 - 1 LB 40/10 -, BauR 2013, 1666 = BRS 81 Nr. 156 = juris Rn. 22 ff. m.w.N.).
Begrenzende Wirkung kommt dem Begriff der einzelnen Fragen daher nur insoweit zu, als es dem Antragsteller obliegt, mit einer präzisen Fragestellung den Gegenstand seiner Bauvoranfrage zu definieren. Dabei kann auch eine Vielzahl von Fragen zur Bescheidung gestellt werden (zutreffend Burzynska/Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 73 Rn. 3). Begrenzende Wirkung entfaltet allerdings die Vorgabe, dass nur Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, Gegenstand der Bauvoranfrage sein können; diese Maßgaben schützen die Bauaufsichtsbehörde vor einer für ein späteres Baugenehmigungsverfahren nutzlosen Inanspruchnahme. Grundsätzlich unzulässig ist es schließlich, mit der Bauvoranfrage umfassend nach der baurechtlichen Zulässigkeit eines genau definierten Vorhabens zu fragen. Für eine solche Bauvoranfrage, die den feststellenden Teil einer Baugenehmigung vollständig vorwegnehmen würde, fehlt regelmäßig das Sachbescheidungsinteresse; in diesem Fall ist unmittelbar eine zugleich die Baufreigabe regelnde Baugenehmigung nach § 70 Abs. 1 NBauO zu beantragen. Im Übrigen liegen Auswahl und Zuschnitt der Fragestellung in der Entscheidungsfreiheit des Antragstellers. Die Bauvoranfrage darf sich daher - wie in diesem Fall - auf die umfassende Feststellung der baurechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens abzüglich einer einzigen auszuklammernden Fragestellung richten. Die gegenteilige Auffassung würde dem Zweck des Bauvoranfrageverfahrens nicht gerecht, dem Bauherrn vor der Inauftraggabe kostenintensiver Bauvorlagen zu unproblematischen Fragestellungen Planungssicherheit in dem Umfang zu geben, in denen er sie zu benötigen meint. Auch kann der Bauherr ohnedies zu beliebig vielen Punkten verbindliche Aussagen erhalten, indem er mehrere Bauvoranfragen stellt; ihn auf ein solches Vorgehen zu verweisen, wäre aber eine bloße Förmelei ohne jeden praktischen Nutzen.
Der Senat hat schließlich auch unter Berücksichtigung der Einwände der Beklagten keinen Zweifel, dass die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens unter Ausklammerung des Brandschutzkonzepts selbständig beurteilt werden kann. Die Ausführungen der Beklagten, dass etwa der (ausgeklammerte) bauliche Brandschutz nicht losgelöst von der (zu prüfenden) Standsicherheit beurteilt werden kann, mögen zwar grundsätzlich zutreffen. Auch für den Laien ist nachvollziehbar, dass die konkrete Ausgestaltung des Brandschutzkonzepts - etwa die Führung der Rettungswege - beispielsweise Auswirkungen auf die notwendige Dimensionierung von Wänden, Decken und Türen und damit auf statisch relevante Fragen haben kann. Im Rahmen des nachfolgenden Baugenehmigungsverfahrens kann sich bei Prüfung des Brandschutzkonzepts daher herausstellen, dass das Bauvorhaben gegenüber dem Vorbescheid der Änderungen bedarf. Erreichen diese Änderungen ein Ausmaß, welche eine erneute Prüfung erforderlich machen und die Genehmigungsfrage deshalb neu aufwerfen, wird die Variationsbreite des Bauvorbescheids überschritten; seine Bindungswirkung entfällt. Dieses jedem Bauvorbescheid immanente Risiko trägt die Klägerin, wenn sie einzelne Fragen aus der Prüfung ausklammert. Es stellt indes keinen Grund dar, eine umfassende oder detaillierte Fragestellung generell als unzulässig anzusehen.
2. Das Vorhaben der Klägerin entspricht den mit der Bauvoranfrage zur Prüfung gestellten baurechtlichen Bestimmungen; insbesondere verstößt es nicht deshalb gegen § 43 Abs. 3 NBauO, weil es Mehrbettzimmer ohne Fenster vorsieht.
§ 43 Abs. 3 NBauO verlangt, dass Aufenthaltsräume unmittelbar ins Freie führende Fenster von solcher Zahl, Größe und Beschaffenheit haben müssen, dass die Räume das erforderliche Tageslicht erhalten und zweckentsprechend gelüftet werden können (notwendige Fenster). Aufenthaltsräume sind nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 8 NBauO solche Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Ein solcher Raum liegt immer dann vor, wenn er subjektiv dazu bestimmt oder bei objektiver Betrachtung nach seiner konkreten Beschaffenheit dazu geeignet ist, dass sich Menschen darin nicht nur gelegentlich über mehrere Stunden täglich aufhalten (vgl. Senatsbeschl. v. 15.10.2020 - 1 LA 114/19 -, BauR 2021, 63 = juris Rn. 7 f.). Gemessen daran handelt es sich bei den Mehrbettzimmern wie auch sonst bei Schlafräumen um Aufenthaltsräume, weil diese auf einen regelmäßigen nächtlichen Aufenthalt über einen Zeitraum von einigen Stunden abzielen.
Das Vorhaben der Klägerin kann sich jedoch - wie das Verwaltungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat - auf § 43 Abs. 5 NBauO stützen. Aufenthaltsräume, die nicht dem Wohnen dienen, brauchen danach insbesondere die Anforderungen des § 43 Abs. 3 NBauO nicht zu erfüllen, soweit durch besondere Maßnahmen oder Einrichtungen sichergestellt wird, dass den Anforderungen des § 3 NBauO entsprochen wird und die Rettung von Menschen möglich ist. Das ist hier der Fall.
Mehrbettzimmer in einem Hostel dienen ebenso wie Hotelzimmer nicht dem Wohnen. Eine Wohnnutzung zeichnet sich nach der zum Planungsrecht ergangenen, aber - auch darin ist dem Verwaltungsgericht zuzustimmen - auf das Bauordnungsrecht übertragbaren einhelligen Rechtsprechung durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthaltes aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 -, NVwZ 1996, 893 = BRS 58 Nr. 56 = juris Rn. 12; Senatsurt. v. 18.9.2014 - 1 KN 123/12 -, BauR 2015, 452 = juris Rn. 22; zur Übertragbarkeit des planungsrechtlichen Begriffs vgl. Große-Suchsdorf/Tepperwien, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 44 Rn. 4). Das setzt bestimmte Ausstattungsmerkmale des Gebäudes voraus. Erforderlich sind insbesondere eine Küche bzw. Kochgelegenheit sowie Toiletten und Waschgelegenheiten, die allerdings auch in Gestalt von Gemeinschaftseinrichtungen zur Verfügung stehen können. Der Begriff des Wohnens verlangt zudem, dass Aufenthalts- und private Rückzugsräume geboten werden, die eine Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises erst ermöglichen (vgl. zusammenfassend Senatsbeschl. v. 11.5.2015 - 1 ME 31/15 -, NdsVBl 2015, 304 = BRS 83 Nr. 101 = juris Rn. 19). Diese Anforderungen sind bei einem Hotelzimmer, und erst recht bei sehr einfach ausgestatteten Hostel-Mehrbettzimmern, wie sie die Klägerin plant, nicht erfüllt.
Bewegt sich die Klägerin damit im Anwendungsbereich des § 43 Abs. 5 NBauO, kann sie auf notwendige Fenster verzichten, wenn den Anforderungen des § 3 NBauO entsprochen wird und die Rettung von Menschen möglich ist. Das ist der Fall.
§ 3 Abs. 1 Satz 1 NBauO fordert, dass bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein müssen, dass die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet werden. Ferner müssen bauliche Anlagen den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entsprechen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 NBauO). Vor diesem Hintergrund ist maßgeblich, ob dem vorrangigen Sinn und Zweck des Erfordernisses notwendiger Fenster, nämlich eine ausreichende Belichtung und Belüftung sicherzustellen, dadurch das physische und psychische Wohlbefinden zu erhalten und zugleich im Brandfall als zweiter Rettungsweg zu dienen, anderweitig entsprochen ist. Dabei kommt es auf das konkrete Vorhaben, dessen bauliche Beschaffenheit und dessen vorgesehene Nutzung an. Je mehr die vorgesehene Nutzung insbesondere nach Art und Aufenthaltsdauer dem Wohnen als dem gesetzlichen Prototyp einer besonders schutzbedürftigen Nutzung angenähert ist und je mehr die bauliche Beschaffenheit einer Wohnung ähnelt, umso weniger sind Abstriche hinsichtlich der Erfüllung der mit § 43 Abs. 3 NBauO verfolgten Zwecke möglich. Kompensatorische - in der Regel technische - Lösungen kommen umso weniger in Betracht, je schutzwürdiger sich die Nutzung darstellt. Umgekehrt sind geringere Anforderungen zu stellen, wenn der Aufenthalt keine Züge eines Wohnens trägt, etwa weil die Art der darin ausgeübten Tätigkeit wie etwa bei den in § 47 Abs. 3 der Musterbauordnung genannten Räumen spezifisch begrenzt ist oder sogar eine Ausstattung mit Fenstern verbietet.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Beherbergung von Gästen in einem Beherbergungsbetrieb um eine deutlich wohnähnliche Nutzung, die grundsätzlich strenge Anforderungen gebietet. Im Regelfall eines "normalen" Hotels, das (auch) einen längeren Aufenthalt seiner Gäste ermöglichen will und ihnen auch tagsüber eine Rückzugsmöglichkeit bietet, führt dies dazu, dass jedenfalls auf eine natürliche Belichtung der Räume nicht verzichtet werden kann. Das hier zur Beurteilung stehende Vorhaben ist jedoch von Besonderheiten geprägt, die eine abweichende Einschätzung gestatten (vgl. auch Große-Suchsdorf/Tepperwien, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 43 Rn. 31). Die gemessen an der vorgesehenen Belegung recht kleinen, spartanisch ausgestatteten Zimmer sind nach dem plausibel dargelegten Betriebskonzept der Klägerin auf einen kurzzeitigen Aufenthalt nur zur Übernachtung, nicht aber zu längeren Aufenthalten auch tagsüber ausgerichtet. Demzufolge tritt das Erfordernis natürlicher Belichtung in den Hintergrund; eine solche ist während des Schlafs verzichtbar. Eine ausreichende Belüftung kann durch Klima- und Lüftungsanlagen mindestens in gleicher Weise wie durch ein Öffnen der Fenster erreicht werden. Die Rettung im Brandfall kann schließlich - ebenso wie in Hochhäusern - über zwei getrennte Rettungswege entlang der Flure sichergestellt werden; Details sind im Brandschutzkonzept zu regeln.
3. Das verwaltungsgerichtliche Urteil ist in seinem Tenor allerdings um die - angesichts des von der Klägerin bereits gegenüber dem Verwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 14. Januar 2019 eingängig dargelegten Betriebskonzept nur klarstellende - Maßgabe zu ergänzen, dass der zu erteilende Bauvorbescheid mit einer Begrenzung der ununterbrochenen Dauer eines Aufenthalts auf maximal drei Übernachtungen zu versehen ist. Diese Begrenzung trägt der Tatsache Rechnung, dass fensterlose Schlafräume mit Blick auf die Anforderungen des § 3 NBauO nur für kurzfristige Aufenthalte geeignet sind. Je länger ein Aufenthalt andauert, umso eher wird das Bedürfnis entstehen, Räume auch tagsüber zum Rückzug zu nutzen und dort auch zu anderen Zwecken als dem bloßen Schlafen länger zu verweilen. Damit gewinnt das Fehlen der natürlichen Belichtung, auf deren Bedeutung die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, an Gewicht; eine Kompensation durch Kunstlicht scheidet bei längeren Aufenthalten aus. Vor diesem Hintergrund bedarf es der klarstellenden Begrenzung der Aufenthaltsdauer, die nach den Ausführungen der Klägerin in erster Instanz in ihrem Betriebskonzept ohnehin angelegt ist. Diese Begrenzung veranschlagt der Senat auf den Zeitraum eines verlängerten Wochenendes mit drei Übernachtungen als maximal zulässiger Aufenthaltsdauer.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin ist unzulässig.
1. Die Klägerin hat ihre vor dem Verwaltungsgericht erfolgreiche Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheids im Berufungsverfahren erneut geändert; sie begehrt nunmehr wiederum die Erteilung einer Baugenehmigung. Eine solche Klageänderung kann die in erster Instanz obsiegende Partei nur im Wege der Anschlussberufung nach § 127 VwGO verfolgen. Die Anschließung nach § 127 VwGO beseitigt die Beschränkung des Rechtsmittelgerichts gemäß § 128 VwGO und lässt die Bindung des Gerichts an den Antrag des Berufungsführers (§ 129 VwGO) entfallen; das Rechtsmittelgericht wird vom Verbot der reformatio in peius freigestellt. Alleiniges Ziel der Anschließung ist, den Berufungsantrag "aufzubrechen", also über dessen Gegenstand hinauszugehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.9.2010 - 7 C 20.09 -, DVBl. 2010, 1508 = juris Rn. 15 f.); andernfalls wäre eine Klageänderung nicht mehr möglich.
2. Die demzufolge in Orientierung an § 88 VwGO als Anschlussberufung auszulegende erneute Klageänderung scheitert nicht an der Fristbestimmung des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Danach ist die Anschlussberufung zwar nur zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift; diese Zeitspanne war hier bei Einlegung verstrichen. Der Senat hat es indes versäumt, die Berufungsbegründungsschrift förmlich zuzustellen, sodass die Frist nicht in Lauf gesetzt worden ist.
3. Die Anschlussberufung ist jedoch unzulässig, weil die damit verfolgte Klageänderung, die das bislang verfolgte Rechtsschutzziel und den sachlichen Streitstoff wesentlich erweitert, ihrerseits gemäß § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig ist.
Die Beklagte hat der neuerlichen Klageänderung mit Schriftsatz vom 23. September 2020 widersprochen. Der Senat hält die Änderung in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens auch nicht für sachdienlich, weil sie zu einer wesentlichen, das Verfahren deutlich hinauszögernden Erweiterung des Streitstoffs führen würde. Erstmals zu prüfen wäre im Rahmen einer auf Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Klage das erst im zweitinstanzlichen Verfahren fertiggestellte Brandschutzkonzept, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte selbst noch keine Prüfung vorgenommen hat. Nur wenn sich dieses Konzept als tragfähig erweisen würde, könnte die mit der Baufreigabe verbundene und deshalb über einen Bauvorbescheid auch hinsichtlich ihrer Regelungswirkung deutlich hinausgehende Baugenehmigung erteilt werden. Eine solche Prüfung wäre dem Senat bei Entscheidungsreife der Sache im Übrigen nur mit sachverständiger Hilfe und unter Inkaufnahme einer deutlichen Verzögerung des Verfahrens möglich. Die damit verbundenen Nachteile überwiegen die Vorzüge deutlich. Nur ergänzend und ohne dass es für die Ermessensbetätigung des Senats darauf ankommt, ist zudem anzumerken, dass das neue Brandschutzkonzept nicht vorliegt; die Klägerin hat darauf verzichtet, dieses dem Senat mit ihrer Klageänderung zugänglich zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.