Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.05.2021, Az.: 2 LB 350/20

Besondere Gefährlichkeit; Schülerbeförderung; Schülerfahrkosten; Schulweg

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.05.2021
Aktenzeichen
2 LB 350/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71175
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 28.11.2019 - AZ: 1 A 162/19

Fundstellen

  • DÖV 2021, 898
  • KommJur 2021, 294-300
  • NordÖR 2022, 51
  • SchuR 2023, 143-144

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Feststellung einer besonderen Gefährlichkeit eines Schulweges setzt eine Abweichung voraus, die die zu beurteilende Situation von gewöhnlichen oder normalen Gegebenheiten erkennbar unterscheidet. Eine ländliche Prägung der Umgebung, die durch eine vergleichsweise schmale Straße ohne abgegrenzten Gehweg, den Verkehr mit schweren landwirtschaftlichen Fahrzeugen und eine dünne Besiedelung gekennzeichnet ist, begründet allein noch nicht die Annahme einer besonderen Wegegefährlichkeit. Es ist vielmehr die Feststellung einer gesteigerten Gefahrenlage im Vergleich zu anderen ähnlich ländlich geprägten Schulwegen erforderlich.

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 1. Kammer - vom 28. November 2019 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Schülerbeförderungskosten für die Beförderung der Tochter der Kläger im Schuljahr 2019/2020.

Die im Dezember 2010 geborene Tochter der Kläger besuchte die Grundschule in A-Stadt. Zunächst wurde sie morgens mit einem Taxi bis zu einer nahegelegenen Bushaltestelle und nach der Schule von der Bushaltestelle zurück zu ihrem Elternhaus befördert. Nachdem sich Nachbarn der Kläger (Kläger im Verfahren 2 LB 352/20) an den Beklagten gewandt hatten, weil sie den Schulweg ihrer Tochter von und zur Bushaltestelle als besonders gefährlich ansahen, ließ der Beklagte am 23. Mai 2019 durch eine Kommission, der u.a. ein Vertreter der Polizeiinspektion G. angehörte, den Schulweg der Tochter der Kläger und der Tochter ihrer Nachbarn in Augenschein nehmen. Nachdem zuvor andere Wegalternativen als besonders gefährlich eingestuft worden waren - auf dieser Grundlage war die Taxibeförderung genehmigt worden -, nahm die Kommission den Schulweg von und zur Bushaltestelle „H.“ in Augenschein. Dieser Schulweg verläuft - insgesamt über eine Distanz von unter 2 Kilometern - vom Wohnhaus der Kläger (I. Nr. …) über den I. bis zur J. Straße. Dieser Straße ist auf einem Fuß- und Radweg in nordöstlicher Richtung über ca. 200 Meter zu folgen. Sie ist anschließend zu queren, um die Bushaltestelle „H.“ (Fahrtrichtung A-Stadt) zu erreichen. Diese Querung sah der Ausschuss als problematisch an, weil die Straße dort in einer Kurve verläuft und abfallend ist. Die Ausstiegsbushaltestelle auf dem Rückweg liegt dagegen an der Einmündung I. /J. Straße auf dem I., so dass eine Überquerung der J. Straße nicht erforderlich ist. Der Ausschuss entschied auf der Grundlage der Begehung des Schulwegs, dass der morgendliche Schulweg vom Wohnhaus der Kläger zur Haltestelle „H.“ für die Schuljahrgänge 1-6 wegen der erforderlichen Überquerung der J. Straße als „besonders gefährlich“ einzustufen sei, der Rückweg von der Haltestelle „H.“ bis zum Wohnhaus der Kläger hingegen nicht.

Den Klägern wurde das Protokoll der Begehung mit E-Mail vom 14. Juni 2019 u.a. mit dem folgenden Hinweis bekannt gegeben: „Daher ist für den morgendlichen Schulweg zur Haltestelle „H.“ die Beförderung im freigestellten Schülerverkehr empfohlen. Für den Rückweg ist die Beförderung mit dem Schulbus empfohlen. Ich werde veranlassen, dass ihre Tochter K. zu Beginn des neuen Schuljahres 2019/2020 morgens mit einem Taxi befördert wird und eine Busfahrkarte für den Rückweg von der Grundschule A-Stadt erhält.“ Die Kläger erklärten sich hiermit nicht einverstanden und baten um Bescheidung.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2019 entschied der Beklagte, dass der Schulweg zur Bushaltestelle „H.“ auf dem Hinweg - wie auch der Schulweg zu zwei als Alternativen in Betracht kommenden Bushaltestellen - besonders gefährlich sei. Der Rückweg von der Haltestelle „H.“ über den I. sei bis zum Wohnhaus der Kläger nicht besonders gefährlich.

Mit ihrer dagegen erhobenen Klage haben die Kläger vorgetragen, der Schulweg ihrer Tochter sei besonders gefährlich, weshalb ein Anspruch auf deren Beförderung im freigestellten Schülerverkehr nicht nur auf dem Hinweg, sondern auch auf dem Rückweg bestehe. Die Straße „I.“ verfüge über keinen Geh- und/oder Radweg. Es fehle somit an einer Trennung zwischen Fahrbahn und Geh- und/oder Radweg, so dass ihre Tochter den Schulweg nicht räumlich getrennt von Kraftfahrzeugen zurücklegen könne. Dies begründe bereits für sich betrachtet besondere, über im Straßenverkehr üblicherweise auftretende hinausgehende Gefahren durch herannahende Fahrzeuge, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass auf dem I. die zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h betrage. Diese Straße werde zudem nicht nur durch Pkw, sondern auch durch größere Fahrzeuge wie etwa Lkw, Mähdrescher und Schlepper frequentiert, da sie entlang von landwirtschaftlich genutzten Flächen verlaufe und sich in der Nähe eine Straßen-und Tiefbaufirma befinde. Außerdem werde die Straße als Abkürzung nach L. genutzt. Stellenweise sei der I. unübersichtlich bzw. nicht einsehbar, da er nicht nur entlang von landwirtschaftlich genutzten Flächen, sondern auch von kleineren Waldstücken, Büschen oder Bäumen verlaufe. Insbesondere erwiesen sich die Einmündungen der „M.“ und der Knick vor der Einmündung „N.“ als problematisch. Die Fahrbahn sei sehr schmal, sodass zwei Fahrzeuge nicht nebeneinander fahren könnten. Wenn sich zwei Fahrzeuge begegneten, hätten die Schüler keine Ausweichmöglichkeiten, da sich streckenweise links und rechts neben der Fahrbahn Bäume, Sträucher oder Gräben befänden.

Eine besondere Gefährlichkeit ergebe sich darüber hinaus wegen der gesteigerten Wahrscheinlichkeit des Eintritts sonstiger Schadensereignisse. Die örtlichen Gegebenheiten seien so beschaffen, dass sich ihre Tochter im Falle eines kriminellen Übergriffs in einer schutzlosen Situation befände. Der I. verlaufe überwiegend entlang von landwirtschaftlich genutzten Flächen und sei unbeleuchtet. Der angrenzende Baum- und Buschbewuchs sowie die vorhandenen Gräben stellten nicht nur geeignete Versteckmöglichkeiten für potentielle Straftäter dar, sondern führten auch dazu, dass ein Ausweichen, um zum Beispiel über ein freies Feld eine naheliegende Wohnbebauung zu erreichen, nicht möglich sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Schüler Schultaschen von einigem Gewicht tragen müssten. Entgegen der Behauptung des Beklagten könne keine Rede davon sein, dass „rufnahe“ Wohnbebauung vorhanden sei.

Schließlich leuchte nicht ein, dass der Beklagte den Schulweg zu den beiden als Alternativen in Betracht kommenden Bushaltestellen als besonders gefährlich eingestuft habe, den hier in Rede stehenden Schulweg aber nicht. Denn die Einstufung des Schulwegs zu den beiden als Alternativen in Betracht kommenden Bushaltestellen als besonders gefährlich sei mit Blick darauf erfolgt, dass die Straße „O.“ „schmal, ohne Ausweichraum, teils mit Graben und sehr dicht bepflanzt sei“ und „zwei sich entgegenkommende Fahrzeuge keinen Platz hätten, um aneinander vorbeizufahren“. Das treffe aber auf den I. ebenso zu.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20. Juni 2019 zu verpflichten, ihre Tochter im Schuljahr 2019/2020 im freigestellten Schülerverkehr auf dem Rückweg von der Schule zum Wohnhaus zu befördern bzw. ihnen die in der Vergangenheit für die Beförderung ihrer Tochter auf dem Rückweg von der Schule zum Wohnhaus entstandenen Kosten zu erstatten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die Tochter der Kläger werde gegenwärtig morgens durch ein Taxi abgeholt und zur Haltestelle „H.“ gebracht. Von dort aus könne der ÖPNV genutzt werden. Der Schulweg über den I. sei nicht besonders gefährlich. Entlang des I. sei ein ausreichender Grünstreifen und somit Ausweichraum vorhanden. Es handele sich bei dem I. außerdem um eine gerade Straße ohne Kurvenverlauf, sodass Fahrzeuge auch aus weiter Entfernung sichtbar seien und ein Ausweichen problemlos möglich sei. Auch die bestehenden Einmündungen machten den I. nicht unübersichtlich. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der I. typischerweise mit zu hoher Geschwindigkeit befahren oder stark durch Fahrzeuge frequentiert sei. Während der gut eine Stunde dauernden Begutachtung des I. (drei Termine am und in der Nähe des I.) sei in diesem Bereich kein Fahrzeug mit unangemessener Geschwindigkeit gefahren. Zudem hätten während der Begehung kein landwirtschaftliches Fahrzeug und kein Lkw den I. passiert. Lediglich eine geringe Anzahl von Pkw habe zu dieser Zeit den I. befahren. Zwei sich begegnende Fahrzeuge hätten auf dem I. ausreichend Platz, um aneinander vorbeizufahren. Entlang des I. seien lediglich vereinzelt Bäume vorzufinden. Ausweichmöglichkeiten (insbesondere auf den Grünstreifen) seien ausreichend vorhanden. Eine besondere Gefährlichkeit ergebe sich auch nicht aufgrund einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit des Eintritts sonstiger Schadensereignisse. Ein gesteigertes Risiko für kriminelle Übergriffe bestehe in dem fraglichen Gebiet nicht.

Die Straßen „O.“ und „I.“ seien, anders als die Kläger meinten, nicht vergleichbar. Während der Begehung habe die Kommission mit ihrem Fahrzeug die Straße „O.“ ausschließlich allein befahren können, Gegenverkehr hätte nur durch Zurücksetzen eines Fahrzeugs begegnet werden können. Entlang des I. sei der Kommission ein Fahrzeug entgegengekommen. Ein Vorbeifahren sei ungehindert möglich gewesen. Zudem könne entlang des I. im Bedarfsfall auf den Grünstreifen ausgewichen werden.

Die Einzelrichterin des Verwaltungsgerichts hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Weg von der Bushaltestelle „H.“ bis zum Wohnhaus der Kläger in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten der Örtlichkeit wird auf das Sitzungsprotokoll nebst Lichtbildern Bezug genommen. Während der Inaugenscheinnahme haben drei Pkw den Weg passiert. Ein vierter Pkw hat auf einer Hofeinfahrt angehalten. Die mündliche Verhandlung hat von 13:15 Uhr bis 14:31 Uhr gedauert.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit dem angefochtenen Urteil verpflichtet, die Tochter der Kläger im Schuljahr 2019/2020 im freigestellten Schülerverkehr auf dem Rückweg von der Schule bis zum Wohnhaus zu befördern und den Klägern die ihnen in der Vergangenheit für die Beförderung ihrer Tochter auf dem Rückweg von der Schule zum Wohnhaus entstandenen Kosten zu erstatten. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2019 sei insoweit rechtswidrig, als mit ihm eine Beförderung der Tochter der Kläger im freigestellten Schülerverkehr auf dem Rückweg von der Schule zum Wohnhaus der Kläger abgelehnt worden sei. Der Schulweg sei sowohl verkehrlich besonders gefährlich als auch ungeeignet. Diese Gefahr folge aus der Beschaffenheit des Weges und der Art der Verkehrsbelastung. Auf der gesamten ca. 1.800 Meter langen Strecke von der Bushaltestelle „H.“ bis hin zum Wohnhaus der Kläger sei die Fahrbahn nur sehr schmal, so dass dort keine zwei Pkw nebeneinander fahren könnten. Es sei dort weder ein Rad- noch ein Gehweg vorhanden. Auch Beleuchtungseinrichtungen fehlten. Im Bereich von Meter 73 ab der Bushaltestelle bis ca. Meter 155 fehle es zudem mangels eines ausreichend breiten Grünstreifens an Ausweichmöglichkeiten. In diesem Bereich sei der vorhandene Grünstreifen auf beiden Seiten sehr schmal (ca. 1,5 Meter auf der breiteren rechten Seite) und auf beiden Seiten mit Bäumen, Sträuchern und Dornen dicht bewachsen. Hinter dem Bewuchs falle der Grünstreifen rechtsseitig zum Feld hin außerdem deutlich ab. Ab Meter 1.450 bis zum Wohnhaus der Kläger bei Meter 1.789 fehle es ebenfalls an geeigneten Ausweichmöglichkeiten. Hier befinde sich rechtsseitig der Fahrbahn ein nur wenige Zentimeter breiter Grünstreifen, bevor dort ein durchgängiger Bewuchs mit Bäumen und Sträuchern beginne. Linksseitig der Fahrbahn falle der schmale Grünstreifen steil in einen mit Wasser befüllten Graben ab. Begegneten sich in diesen Bereichen zwei Fahrzeuge, so müssten diese auf die schmalen Grünstreifen ausweichen, um überhaupt aneinander vorbeifahren zu können. Für Fußgänger oder Radfahrer bleibe kaum bzw. überhaupt kein Platz. Dies erscheine besonders problematisch angesichts der Art des auf der Straße vermehrt auftretenden Verkehrs. Zwar habe während der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten nicht festgestellt werden können, dass der Weg eine besonders hohe Frequentierung aufweise und dass die Fahrzeuge den Weg mit der dort zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h oder mehr passierten. Allerdings erscheine es naheliegend und überaus wahrscheinlich, dass die Strecke wegen des in der Nähe befindlichen Tiefbauunternehmens von Lkw und wegen der z. T. an beiden Seiten angrenzenden Ackerflächen von großen landwirtschaftlichen Maschinen befahren werde. Für diese Einschätzung sprächen auch der bei der Inaugenscheinnahme festgestellte Erdhaufen linksseitig bei Meter 960 und die Anhäufung von Strohballen rechtsseitig des Weges bei Meter 1070, die dorthin jeweils mit schwerem landwirtschaftlichen Gerät verbracht worden seien und von dort auch wieder abgetragen würden. Überdies belegten auch die zuletzt mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 19. November 2019 übersandten Lichtbilder einen regen Verkehr mit großen und schweren Fahrzeugen. Dass es sich dabei um eine temporäre Erscheinung wegen etwaiger Bauarbeiten an der P. Straße handele, erscheine nach Einschätzung der Einzelrichterin schon deshalb nicht glaubhaft, da auf den Lichtbildern überwiegend landwirtschaftliche Fahrzeuge abgebildet seien, die mit etwaigen Bauarbeiten nicht im Zusammenhang stünden. Begegneten sich aber insbesondere in den oben näher skizzierten Bereichen zwei Lkw und/oder große landwirtschaftliche Maschinen, komme es für einen in diesem Bereich gleichzeitig verkehrenden Fußgänger zu einer Situation, die auch für einen Erwachsenen mit einer erhöhten besonderen Gefahr verbunden sei und ein besonders umsichtiges Verhalten erfordere. Der/die Fußgänger/-in müsse die Gefahr durch die sich aus unterschiedlichen Richtungen nähernden Fahrzeuge erkennen, ihre Geschwindigkeiten richtig einschätzen, um vorauszusehen, in welchem Bereich sie sich begegnen würden, und zugleich für sich nach einer geeigneten Ausweichmöglichkeit Ausschau halten. Dabei sei er/sie für den Führer des Lkw bzw. der landwirtschaftlichen Fahrzeuge allein wegen der Größenverhältnisse sogar bei guten Sichtverhältnissen nur schwer zu sehen. Im Hinblick auf die in einer solchen Situation gesteigerte Wahrscheinlichkeit einer Schädigung an Leib, Leben und körperlicher Unversehrtheit sei diese Einschätzung nach Auffassung des Gerichts einer acht- bzw. neunjährigen Schülerin nicht zuzumuten. Insbesondere könne von einer acht- bzw. neunjährigen Schülerin nicht erwartet werden, dass sie in der Lage sei, im Bereich zwischen Meter 1.450 bis zum Wohnhaus der Kläger bei Meter 1.789 auf die nur wenigen und in einigen Metern Entfernung befindlichen Überwege über den linksseitigen Graben auszuweichen, denn dies würde ein derart vorausschauendes Verhalten erfordern, wie es kaum von einem Erwachsenen, erst recht aber nicht von einem acht- bzw. neunjährigen Kind erwartet werden könne.

Überdies – und insoweit selbständig tragend – sei der Schulweg der Tochter der Kläger von der Bushaltestelle „H.“ bis zum Wohnhaus der Kläger auch wegen der gesteigerten Wahrscheinlichkeit des Eintritts sonstiger Schadensereignisse besonders gefährlich im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten. Diese Gefährlichkeit werde von einer Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten begründet, insbesondere im Bereich hinter dem sich auf der rechten Seite bei Meter 535 befindlichen Wohnhaus bis hin zum nächsten Wohnhaus auf der linken Seite bei Meter 830 und hinter diesem Wohnhaus bis zum nächsten Wohnhaus bei Meter 1070. Hinter dem Wohnhaus auf der rechten Seite bei Meter 535, das durch eine hohe Hecke von der Straße getrennt und nicht zur Straße ausgerichtet sei, befinde sich nämlich rechtsseitig der Straße über eine Länge von ca. 200 Metern ein mit Bäumen und Sträuchern bewachsener Wall, der nach der Einmündung „M.“ in einen kleineren Wald übergehe. Der Wall sowie die Bäume und Sträucher ermöglichten es, dahinter unentdeckt zu bleiben. Gleiches gelte für die später auf der rechten Seite befindliche Anhäufung von Strohballen und das dahinter, etwas zurück gelegene Wäldchen. Hieran führe der Schulweg der Tochter der Kläger zwingend vorbei. Dieser Bereich sei - wie der gesamte Weg von der Bushaltestelle „H.“ bis zum Wohnhaus der Kläger - nach den Feststellungen der Beklagten und dem Eindruck der Einzelrichterin im Rahmen der Beweisaufnahme nicht stark befahren, so dass die hier streckenweise fehlende Bebauung nicht kompensiert werde. Das Alter der Schülerin, das Geschlecht, die Erkennbarkeit ihres Herannahens - die Straße verlaufe schließlich weitgehend gerade und sei vom Grünstreifen gut einsehbar -, das eher geringe Verkehrsaufkommen und die Möglichkeit hinter dem Wall, den Bäumen und Sträuchern oder den Strohballen unbemerkt zu bleiben sowie sich unbemerkt in den Wald und von dort über die dahinterliegenden Felder zu entfernen, führten im Rahmen der Gesamteinschätzung dazu, den Schulweg der Tochter der Kläger auch aus diesem Grunde für besonders gefährlich und unzumutbar zu erachten. Zumal die Örtlichkeiten im Sommer, wenn die auf der gegenüberliegenden Seite hinter dem Wall und den Wäldern befindlichen Felder mit Mais hoch bewachsen seien, noch mehr Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten böten. Die Tochter der Kläger müsse diese Bereiche passieren und sei auf dem Weg von der Bushaltestelle aus von weitem erkennbar, ohne dass sie ihrerseits eine potentielle Gefahrensituation erkennen und ihr wirksam ausweichen könne. Die räumlichen Gegebenheiten eröffneten damit die Möglichkeit eines sehr raschen Zugriffs und gleichermaßen ein Ausweichen nach einem Übergriff in den rückwärtigen bewaldeten Bereich bzw. über die Felder. An diesen Bereichen könne ein Schulweg für eine Schülerin des Primarbereichs nicht ohne Inkaufnahme besonderer Gefährdung entlangführen.

Mit der zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe mit dem Urteilstenor in unzulässiger Weise in seine Organisationshoheit eingegriffen. Er könne als Träger der Schülerbeförderung nach eigenem Ermessen entscheiden, wie und mit welchen Maßnahmen er seine Selbstverwaltungsaufgaben im Bereich der Schülerbeförderung wahrnehme. Es komme nicht nur der - vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte - freigestellte Schülerverkehr in Betracht, sondern auch eine Beförderung mit dem öffentlichen Personennahverkehr durch die Einrichtung einer zusätzlichen Buslinie. Ein Anspruch auf Beförderung im freigestellten Schülerverkehr könne darüber hinaus allenfalls für den Weg von der Ausstiegshaltestelle bis zum Wohnhaus, nicht aber für den gesamten Rückweg von der Schule bestehen. Das Verwaltungsgericht habe besondere Gefahren nur für den Schulweg von der Bushaltestelle bis zum Wohnhaus festgestellt. Eine Kompensation dieser Gefahr sei auch mit einer Schülerbeförderungsleistung von dieser Haltestelle zum Wohnhaus möglich, was seine Satzung der Schülerbeförderung sowie das niedersächsische Schulgesetz vorsähen.

Erforderlich für die Annahme einer besonderen Gefährlichkeit sei eine Abweichung des Sachverhalts, welche die zu beurteilende Situation von gewöhnlichen oder normalen Gegebenheiten erkennbar unterscheide. Die vom Verwaltungsgericht beschriebenen und vor Ort festgestellten Merkmale der schmalen Fahrbahn ohne Rad- und Gehweg und Beleuchtungseinrichtung seien typische Ausprägung der ländlichen Strukturen, wie sie in Niedersachsen in immenser Anzahl vorkämen. Das Haus der Kläger liege an einem hinsichtlich Breite und Ausprägung typischen ländlichen Weg. Der Rückweg von der Bushaltestelle „H.“ zum Haus der Kläger werde von der Tochter der Kläger ausschließlich zur hellen Tageszeit bewältigt. Bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bleibe außerdem unberücksichtigt, dass die Kinder mit den Gegebenheiten vor Ort groß würden, daher mit den Gefahren vertraut seien und diese überdies auch in der Freizeit bewältigen müssten. Allein die ländliche Prägung eines Gebiets mit dünner Besiedlung rechtfertige noch nicht die Übernahme von Schülerbeförderungskosten. Unbeachtet bleibe ferner die Rolle der Eltern, die aus ihrer gesetzlich vorgesehenen Bringschuld verpflichtet seien, den Schulweg mit ihren Kindern einzuüben.

Soweit das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf die fehlenden Ausweichmöglichkeiten für die Tochter der Kläger bei einer Begegnung von zwei Fahrzeugen stütze, bleibe unberücksichtigt, dass auch derartige Situationen mit den Kindern eingeübt werden könnten. An den Stellen, bei denen auf kurzer Distanz keine Ausweichmöglichkeiten bestünden, sei es für die Fußgänger möglich, vorher abzuwarten, bis das Fahrzeug diesen Bereich passiert habe. Wegen der guten Einsehbarkeit, des geraden Verlaufs der Strecke und der Möglichkeit des Abwartens sei die Gefahr bei Begegnungsverkehr nicht als besonders hoch einzustufen. Die Tochter der Kläger könne schon von weitem erkennen, ob Bereiche von wenigen Metern ohne Ausweichmöglichkeit noch bewältigt werden könnten. Weiterhin sei es so, dass aufgrund der guten Einsehbarkeit der Strecke auch die Verkehrsteilnehmer die Tochter der Kläger ihrerseits schon von weitem erkennen könnten. Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass diese nur schwer zu erkennen sei, werde ausdrücklich entgegengetreten. Ferner bleibe bei der Argumentation des Verwaltungsgerichts unberücksichtigt, dass die Höchstgeschwindigkeit der in der Landwirtschaft eingesetzten Fahrzeuge deutlich unter der auf dem Weg zulässigen Höchstgeschwindigkeit liege.

Zur Einschätzung des Verwaltungsgerichts zum Verkehrsaufkommen führt der Beklagte aus, es liege in der Natur der Sache, dass der Weg vom Haus der Kläger bis zur Bushaltestelle von landwirtschaftlichem Verkehr genutzt werde. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass der landwirtschaftliche Verkehr über das für derartige Wege typische Maß hinausgehe, sodass es sich lediglich um im ländlichen Raum durchweg übliche Verkehrsereignisse handele. Gegenüber vergleichbar besiedelten Gebieten sei kein Ausnahmecharakter erkennbar. Dies habe sich auch während der ca. zweistündigen Beweisaufnahme vor Ort bestätigt, während der kein landwirtschaftlicher Verkehr die Anwesenden passiert habe. Abgesehen davon sei die Argumentation des Verwaltungsgerichts widersprüchlich. Denn es führe selbst an zwei Stellen im angegriffenen Urteil aus, dass der gesamte Weg von der Bushaltestelle bis zum Wohnhaus der Kläger nach dem Eindruck in der Beweisaufnahme nicht stark befahren sei.

Die Voraussetzung für die Annahme einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit des Eintritts sonstiger Schadensereignisse lägen nicht vor. Der vom Verwaltungsgericht genannte Wall und der Wald hätten jeweils eine Gesamtlänge von unter 400 Metern. Es handle sich gemessen an der Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht um eine nennenswerte Ausdehnung. Außerdem bleibe unberücksichtigt, dass direkt gegenüber dem Wald ein Wohnhaus liege. Das Verwaltungsgericht habe außerdem temporäre Versteckmöglichkeiten wie Maisfelder oder Strohballen berücksichtigt, die nicht immer am selben Standort zu finden seien. Die Hinzuziehung dieser Aspekte würde es in überwiegend landwirtschaftlich geprägten Landkreisen gerade in den Sommermonaten aufgrund des umfassenden Maisanbaus unmöglich machen, dass Kinder überhaupt noch fußläufig zur Schule oder zu einer Bushaltestelle gelangen könnten. Die gute Einsehbarkeit, die auch seitens des Gerichts anerkannt werde, führe laut Verwaltungsgericht dazu, dass Gewalttäter die Kinder schon von weitem erkennen könnten. Unberücksichtigt bleibe dabei, dass diese weite Einsehbarkeit gleichzeitig auch dazu führe, dass mögliche Übergriffe aus den anliegenden Wohnhäusern oder von anderen Passanten beobachtet werden könnten und diese Umstände eine abschreckende Wirkung für Gewalttäter hätten.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger tragen vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei davon auszugehen, dass die Beförderung im freigestellten Schülerverkehr vom Wohnhaus zur Schule bzw. von der Schule zum Wohnhaus für den Beklagten die einzig in Betracht kommende Maßnahme darstelle.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass der Schulweg aus verkehrlicher Sicht für ihre Tochter aufgrund der Beschaffenheit des Weges und der Art der Verkehrsbelastung als besonders gefährlich anzusehen sei. Dabei habe das Verwaltungsgericht nicht allein aufgrund der ländlichen Prägung, für die eine dünne Besiedlung mit der auf einem längeren Streckenabschnitt fehlenden Straßenbeleuchtung charakteristisch sei, die besondere Gefährlichkeit des Schulwegs angenommen, sondern aufgrund einer Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten (Beschaffenheit des Weges und Art der Verkehrsbelastung).

Dem Verweis auf die Möglichkeit, dass sie den Schulweg mit ihrer Tochter einüben sollten, sei entgegenzuhalten, dass Eltern lediglich verpflichtet seien, den Schulweg hinsichtlich der für die Bewältigung normaler verkehrsspezifischer Hindernisse erforderlichen Fähigkeiten einzuüben. Darum gehe es hier nicht; die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es sich um eine erhöhte besondere Gefahr handele, treffe zu. Es könne nicht erwartet werden, dass Kinder im Alter ihrer Tochter sich derart vorausschauend verhielten, wie es von dem Beklagten gefordert werde. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Erkennbarkeit von Fahrzeugen bzw. ihrer Tochter für die jeweiligen Fahrer bei schlechten Witterungsverhältnissen erheblich eingeschränkt sein könne. Schließlich sei unstreitig, dass die Straße auch von großen landwirtschaftlichen Maschinen und Lkw benutzt werde. Darauf, ob die Nutzung über ein typisches Maß hinausgehe oder die Straße stark befahren werde, komme es nicht an. Es gehe nicht um die Frequentierung der Straße, sondern um die Art der Verkehrsbelastung, worauf auch das Verwaltungsgericht hingewiesen habe. Dies führe dazu, dass sich die Gefahr, die bereits darin bestehe, dass Personen zwei sich entgegenkommenden Pkw nicht ausweichen könnten, signifikant erhöhe.

Das Verwaltungsgericht habe außerdem zutreffend angenommen, dass für ihre Tochter die gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Eintritts sonstiger Schadensereignisse bestehe, wenn sie den Schulweg zu Fuß begehe. Entgegen der Einschätzung des Beklagten sei der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht zu entnehmen, dass Wälder oder dergleichen eine bestimmte Ausdehnung haben müssten. Dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung auch temporäre Erscheinungen wie Maisfelder und Strohballen berücksichtigt habe, sei nicht zu beanstanden. Eine hinreichende soziale Kontrolle durch Wohnbebauung sowie Passanten sei entlang der Strecke nicht gewährleistet. Wohnbebauung fehle streckenweise völlig; Kontakte seien jedenfalls nicht abrufbar oder erreichbar. Da die Straße nicht hoch frequentiert sei, sei auch nicht davon auszugehen, dass mögliche Übergriffe von Passanten beobachtet werden könnten und rechtzeitig Hilfe geleistet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen, weil sie unbegründet ist. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2019 ist rechtmäßig. Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch auf Beförderung ihrer Tochter im Schuljahr 2019/2020 bzw. auf die Erstattung der dafür tatsächlich angefallenen Kosten nicht zu.

Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG hat der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung grundsätzlich die in seinem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Die Schülerbeförderung gehört zum eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte (§ 114 Abs. 1 Satz 3 NSchG), die die weiteren Voraussetzungen der Beförderungs- und Erstattungspflicht, insbesondere auch die Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule, von der an die Beförderungs- oder Erstattungspflicht besteht, unter Berücksichtigung der Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler und der Sicherheit des Schulwegs selbst festlegen können (§ 114 Abs. 2 NSchG).

Gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 a) Nr. 3 der Satzung über die Schülerbeförderung im Landkreis G. vom 15. Oktober 2008 in der Fassung der Änderung vom 1. Juli 2019 (im Folgenden: SBS) besteht ein Anspruch auf Schülerbeförderung im Sinne des § 7 SBS, wenn für den kürzesten Schulweg bei Besuch der 1. bis 4. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen die Mindestentfernung von 2,0 Kilometern überschritten wird. Diese Voraussetzung liegt für den Schulweg der Tochter der Kläger vor. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Mindestentfernung nach § 2 SBS zwischen dem Wohnhaus der Kläger und der von ihrer Tochter in A-Stadt besuchten Grundschule überschritten ist. Dem entsprechend ist der Beklagte im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Schülerbeförderung der Tochter der Kläger von der Bushaltestelle „H.“ bis zur Schule und von der Schule zurück zu dieser Bushaltestelle besteht. Darüber hinaus hat er einen Beförderungsanspruch auch für den morgendlichen Hinweg vom Wohnhaus der Kläger zur Bushaltestelle „H.“ anerkannt. Die Entfernung vom Wohnhaus der Kläger zu dieser Bushaltestelle unterschreitet zwar die Mindestentfernung von 2,0 Kilometern, die gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 SBS auch insoweit maßgeblich ist. Der Beklagte hat diesen Weg aber wegen der notwendigen Überquerung der J. Straße zur Bushaltestelle „H.“ nach objektiven Gegebenheiten als besonders gefährlich eingestuft und übernimmt deshalb unabhängig von der Mindestentfernung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SBS auch insoweit die Schülerbeförderung.

Ein weitergehender Anspruch auf Schülerbeförderung bzw. Kostenerstattung steht den Klägern nicht zu. Dabei geht der Beklagte zu Recht davon aus, dass die durch das Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, die Tochter der Kläger im freigestellten Schülerverkehr auf dem Rückweg von der Schule bis zum Wohnhaus zu befördern, in unzulässiger Weise in seine Organisationshoheit eingreift. Dem Beklagten steht bei der Ausgestaltung seiner Schülerbeförderung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Bei der Schülerbeförderung handelt es sich um eine freiwillige Leistung, die der Gesetzgeber mit Blick auf die damit verbundenen finanziellen Lasten (jedenfalls bei Fortbestand der bisherigen Schuldichte) auch reduzieren oder gänzlich streichen könnte. Er zwingt die Schulkinder nicht, bestimmte Wege zu Fuß zurückzulegen, sondern nimmt den Eltern jenseits bestimmter Schwellenwerte im Ergebnis nur die sie sonst selbst treffenden finanziellen Lasten ab. Wo er für diese finanziellen Leistungen die Grenze zieht bzw. eine Grenzziehung durch die Satzungen der Schulträger zulässt, ist autonome, einer gerichtlichen Überprüfung kaum zugängliche Entscheidung des Gesetzgebers. Die Gerichte haben lediglich darüber zu befinden, ob die Norm als solche fehlerfrei angewandt wird (vgl. Sen., Urt. v. 19.8.2015 - 2 LB 317/14 -, juris Rn. 26 m.w.N.; OVG RP, Urt. v. 18.12.2014 - 2 A 10506/14 -, juris Rn. 29 ff.). § 7 Abs. 1 SBS regelt den Anspruchsinhalt. Danach bestimmt der Beklagte das zu benutzende Verkehrsmittel; grundsätzlich wird der Anspruch auf Schülerbeförderung dadurch erfüllt, dass der Beklagte den berechtigten Schülerinnen und Schülern eine Schülerbeförderungskarte für den Öffentlichen Personennahverkehr zum Schulbeginn zur Verfügung stellt. Dem Beklagten steht es danach frei, seine Beförderungspflicht auf andere Weise als im freigestellten Schülerverkehr zu erfüllen. Es ist weder ersichtlich, dass hier ausnahmsweise nur die Beförderung im freigestellten Schülerverkehr in Betracht gekommen wäre, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine Pflicht zur Schülerbeförderung für die Strecke von der Grundschule bis zur Bushaltestelle „H.“ im Schuljahr 2019/2020 gegenüber der Tochter der Kläger nicht nachgekommen wäre (vgl. in diesem Zusammenhang auch die E-Mail vom 14. Juni 2019).

Für den nach Schulschluss zurückzulegenden Fußweg von der Bushaltestelle „H.“ bis zum Wohnhaus der Kläger liegen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schülerbeförderung nicht vor. Ein Anspruch auf Schülerbeförderung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SBS scheidet aus. Danach übernimmt der Beklagte in besonders begründeten Ausnahmefällen auf Antrag unabhängig von der in Abs. 1 dieser Norm genannten Mindestentfernung die Schülerbeförderung, wenn der Schulweg zu Fuß nach objektiven Gegebenheiten für den Schüler besonders gefährlich oder ungeeignet ist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SBS lösen die im Straßenverkehr üblicherweise auftretenden Gefahren den Ausnahmetatbestand nicht aus.

Der Begriff der besonderen Gefährlichkeit ist - wie auch der Begriff der Ungeeignetheit - ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung vollständiger gerichtlicher Nachprüfung unterliegt, ohne dass dem Träger der Schülerbeförderung bei Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ein eigener, der gerichtlichen Kontrolle nicht mehr zugänglicher Beurteilungsspielraum einzuräumen ist. Danach sind für die Beurteilung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulweges nicht die - unter Umständen noch so verständlichen - subjektiven Befürchtungen und Sorgen von Eltern und Schülern, sondern die "objektiven Gegebenheiten" maßgebend. Der Begriff "Gefahr" bzw. "gefährlich" ist allgemein als Wahrscheinlichkeit der Schädigung von Rechtsgütern wie Leben, Leib und körperlicher sowie persönlicher Unversehrtheit zu verstehen. Das zusätzliche Merkmal "besonders" umschreibt und verlangt die gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Hiermit bringt der Satzungsgeber - wie in § 2 Abs. 3 Satz 2 SBS noch einmal verdeutlicht - zum Ausdruck, dass die üblichen Risiken, denen Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zur Schule, unter anderem im modernen Straßenverkehr, ausgesetzt sind, schülerfahrtkostenrechtlich unbeachtlich sein sollen. Nur wenn konkrete Umstände hinzutreten, die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen, soll unabhängig von der Länge des Schulwegs der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung begründet werden. Die besondere Gefährlichkeit kann sich zum einen aus der Verkehrslage, zum anderen aus sonstigen zu befürchtenden Schadensereignissen ergeben. Abzustellen ist dabei jeweils pauschalierend auf einen normal entwickelten Schüler in der betreffenden Jahrgangsstufe (Sen., Urt. v. 11.9.2013 - 2 LB 165/12 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Beschl. v. 7.10.2012 - 19 A 2625/07 -, juris Rn. 10 ff; Brockmann/Littmann/ Schippmann, NSchG, Stand: Okt. 2020, § 114 Anm. 3.2). Der Schulweg der Tochter der Kläger ist weder unter Berücksichtigung der Verkehrslage noch aus sonstigen Gründen besonders gefährlich oder ungeeignet.

Unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit ist der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 3 Satz 1 SBS nur erfüllt, wenn für den betreffenden Weg eine gesteigerte Gefahrenlage festzustellen ist. Diese kann beispielsweise aus dem Fehlen von Gehwegen oder einer Notwendigkeit der Querung höher frequentierter Straßen ohne Schülerlotsen oder Ampelregelung begründet sein. Auch die auf dem Verkehrsweg zugelassene Höchstgeschwindigkeit, Art und Frequenz der Verkehrsbelastung, die Übersichtlichkeit des fraglichen Straßenbereichs sowie Breite und Beleuchtung der jeweiligen Straße können von Bedeutung sein. Gleichwohl ist es unter Berücksichtigung der mit dem Straßenverkehr verbundenen Gefahren nicht Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 SBS - wie der Wortlaut der Vorschrift verdeutlicht -, jedes theoretisch noch verbleibende Risiko des Schulweges auszuräumen (vgl. Sen., Urt. v. 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, juris Rn. 26).

Bei der Beurteilung der örtlichen Gegebenheiten des Weges von der Bushaltestelle „H.“ bis zum Wohnhaus der Kläger geht der Senat von den tatsächlichen Feststellungen aus, die das Verwaltungsgericht anlässlich der mündlichen Verhandlung vor Ort getroffen und ausführlich in dem Terminsprotokoll und durch Fotografien dokumentiert hat. Außerdem hat der Senat die von den Klägern zur Gerichtsakte gereichten Fotografien berücksichtigt und sich einen Überblick über die örtlichen Gegebenheiten anhand des Routenplaners google-maps verschafft. Von daher war es nicht erforderlich, diesen Bereich des Schulweges der Tochter der Kläger vor Ort in Augenschein zu nehmen.

Das Verwaltungsgericht hat die Annahme, der Fußweg von der Bushaltestelle „H.“ zum Wohnhaus der Kläger sei unter verkehrsspezifischen Gegebenheiten besonders gefährlich und damit zugleich ungeeignet, zusammengefasst vor allem darauf gestützt, dass im Falle eines Begegnungsverkehrs an bestimmten Stellen des Weges Situationen entstünden, in denen die Tochter der Kläger kaum bzw. keine geeigneten Ausweichmöglichkeiten finde. Dabei ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Straße „I.“ von schweren landwirtschaftlichen Fahrzeugen und auch von Lkw des nahen Tiefbauunternehmens befahren, der I. aber insgesamt nicht in einem besonders hohen Maße von Fahrzeugen genutzt werde. Die Fahrbahn sei sehr schmal, so dass dort keine zwei Pkw nebeneinander fahren könnten. Im Bereich von Meter 73 ab der Bushaltestelle bis ca. Meter 155 fehle es zudem mangels eines ausreichend breiten Grünstreifens an Ausweichmöglichkeiten. In diesem Bereich sei der vorhandene Grünstreifen auf beiden Seiten sehr schmal (ca. 1,5 Meter auf der breiteren rechten Seite) und auf beiden Seiten mit Bäumen, Sträuchern und Dornen dicht bewachsen. Hinter dem Bewuchs falle der Grünstreifen rechtsseitig zum Feld hin außerdem deutlich ab. Auch im Bereich von Meter 1450 bis Meter 1789 fehlten Ausweichmöglichkeiten.

Der Senat vermag die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass aus diesen Gegebenheiten eine besondere Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit des Weges folge, nicht zu teilen. Die Würdigung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulweges erfordert eine Gesamtbetrachtung, die sich nicht in der Einschätzung einzelner Aspekte erschöpfen darf. Erforderlich ist eine Abweichung des Sachverhalts, die die zu beurteilende Situation von gewöhnlichen oder normalen Gegebenheiten erkennbar unterscheidet. Eine wie - wie hier - ländliche Prägung der Umgebung, die durch eine vergleichsweise schmale Straße ohne abgegrenzten Gehweg und durch den Verkehr mit schweren landwirtschaftlichen Fahrzeugen gekennzeichnet ist, begründet allein noch nicht die Annahme einer besonderen Wegegefährlichkeit. Es ist vielmehr die Feststellung einer gesteigerten Gefahrenlage im Vergleich zu anderen ähnlich ländlich geprägten Schulwegen erforderlich. Wäre dies anders, hätte der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung gegenüber Schülerinnen und Schülern, die einen Schulweg außerhalb einer geschlossenen Bebauung nutzen müssen, stets eine wohnortunabhängige Schülerbeförderungspflicht, die angesichts des erkennbaren Ausnahmecharakters von § 2 Abs. 3 Satz 1 SBS nicht begründet sein kann (Sen., Urt. v. 5.1.2011 - 2 LB 318/09 -, juris Rn. 30; v. 19.8.2015 - 2 LB 317/14 -, juris Rn. 37; u. v. 29.3.2017 - 2 LA 241/16 -, juris Rn. 9; vgl. auch OVG RP, Beschl. v. 24.5.2019 - 2 A 10610/19 -, juris Rdn. 7)

Gemessen daran weist der Schulweg, den die Tochter der Kläger zurückzulegen hat, hinsichtlich der verkehrsspezifischen Gegebenheiten im Vergleich mit anderen Schulwegen in ländlichen Gebieten keine Besonderheiten auf, die über das normale Maß von Wegegefahren hinausgehen. Bei dem I. handelt es sich um eine Straße im ländlichen Bereich, die landwirtschaftliche Flächen und anliegende Wohnhäuser bzw. Höfe erschließt. Der I. unterscheidet sich im Hinblick auf die Beschaffenheit der Straße und der Randstreifen, den Bewuchs abseits der Straße, die angrenzende Bebauung sowie den Verkehr durch Anwohner und landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge nicht von der ganz überwiegenden Zahl in vergleichbaren Gebieten gelegener Straßen. Eine besondere Gefährlichkeit lässt sich insbesondere nicht aus der fehlenden Geschwindigkeitsbeschränkung und der Notwendigkeit herleiten, (auch schweren) Fahrzeugen ggf. unter Inanspruchnahme des Randstreifens ausweichen zu müssen, weil diese Gegebenheiten auch vergleichbar gelegene Straßen üblicherweise kennzeichnen.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass auf dem I. Lkw des nahegelegenen Tiefbauunternehmens verkehren. Insoweit liegt zwar - und das mag den I. von einer Vielzahl vergleichbarer ländlicher Straßen in landwirtschaftlich geprägten Gebieten unterscheiden - eine Verkehrsbelastung mit Lkw vor, wobei die Feststellungen des von dem Beklagten gebildeten Ausschusses im Termin vom 23. Mai 2019 und des Verwaltungsgerichts im Termin der mündlichen Verhandlung den Rückschluss auf eine hohe Verkehrsbelastung mit Lkw nicht zulassen. Aus dieser verkehrlichen Besonderheit erwächst aber keine besondere Gefährlichkeit des über den I. verlaufenden Schulweges. Aufgrund des geraden Verlaufs des I. ist gewährleistet, dass sich Verkehrsteilnehmer gegenseitig auch aus größerer Entfernung gegenseitig erkennen können. Die Verkehrsteilnehmer können sich damit hinreichend auf eine Begegnung einstellen. Das gilt auch bzw. gerade für Fahrzeugführer von Lkw (oder landwirtschaftlichen Fahrzeugen), da diese eine gegenüber dem Straßenniveau erhöhte Position einnehmen. Um eine solche Erkennbarkeit auch bei schlechten Witterungsverhältnissen zu gewährleisten, ist es der Tochter der Klägerin zumutbar, entsprechende angepasste Kleidung zu tragen. Ein Fußgänger ist aufgrund des geraden Verlaufs des I. ebenfalls in der Lage, Fahrzeuge schon in weiter Entfernung wahrzunehmen und sich auf eine Begegnung einzustellen. Er kann sich damit auch darauf einstellen, bei großen Fahrzeugen ggf. auf eine geeignete Stelle auf dem Randstreifen auszuweichen. Ganz überwiegend bestehen an den Seitenrändern des I. für einen Fußgänger großräumige Möglichkeiten, dem nahenden und passierenden Verkehr auszuweichen. Aufgrund ungünstiger Witterungsbedingungen zerfahrene Randstreifen müssen bei dieser Betrachtung unberücksichtigt bleiben, weil sie nicht den üblichen Zustand des Weges wiederspiegeln. Ein solches Erkennen und Einschätzen eines herannahenden Verkehrs ist auch einem Schulkind im Alter der Tochter der Kläger zuzutrauen, ebenso die darauf gebotene Reaktion eines etwaigen Ausweichens auf den Randstreifen. Dabei ist nicht nur die nicht starke Frequentierung des I. in Rechnung zu stellen, sondern auch zu berücksichtigen, dass die Tochter der Kläger am I. wohnt und mit dem dortigen Verkehrsaufkommen und den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut ist. Von den Klägern ist überdies zu erwarten, dass sie mit ihrer Tochter einüben, wie sie mit den verschiedenen Situationen umgehen kann, in denen sie auf ihrem Schulweg von Fahrzeugen passiert wird.

Der Senat legt seiner Betrachtung außerdem zugrunde, dass die - vom Verwaltungsgericht in das Zentrum seiner Argumentation gerückte - Situation des Begegnungsverkehrs zweier Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe eines Fußgängers, eher unwahrscheinlich ist. Das gilt schon aufgrund der nicht besonders hohen Frequentierung des I.. Aufgrund der weiträumigen Erkennbarkeit von Gegenverkehr wird eine solche Situation außerdem von verständigen Fahrzeugführern vermieden werden. Sollte es gleichwohl zu einer solchen Situation kommen, wird die Begegnung schon aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur mit stark verminderter Geschwindigkeit erfolgen, so dass die Tochter der Kläger ausweichen kann.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht hinsichtlich der von dem Verwaltungsgericht als besonders kritisch hervorgehobenen Passagen des I. im Bereich von Meter 73 bis ca. Meter 155 sowie von Meter 1450 bis Meter 1789 gerechtfertigt. Der Senat teilt hier schon nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es sei „sehr wahrscheinlich“, dass sich gerade in dem Bereich, in dem es kaum eine bzw. keine Ausweichmöglichkeit für Fußgänger gesehen hat, zwei Lkw und/oder große landwirtschaftliche Maschinen begegnen. Es ist vielmehr eher unwahrscheinlich, dass die Fahrzeugbegegnungen gerade auf diesen noch nicht einmal einhundert bzw. rund dreihundertvierzig Meter langen Abschnitten des I. stattfinden. Noch unwahrscheinlicher ist es, dass die Fahrzeugbegegnung gerade an einem Punkt stattfindet, an dem die Fahrzeuge gleichzeitig einen Fußgänger passieren. Der Schulweg der Tochter der Kläger ist also keineswegs durch die Gefahr eines solchen Begegnungsverkehrs an einer derart neuralgischen Stelle geprägt. Unabhängig davon lassen die Fotografien der entsprechenden Passagen nicht den Schluss zu, dass in einem solchen Fall für einen Fußgänger kein Raum zum Ausweichen bliebe. Hinsichtlich der Passage von Meter 73 bis ca. Meter 155 ist deutlich erkennbar, dass der Grünstreifen zwar in ein Feld abfällt, dieser Übergang aber nicht besonders steil, sondern (so auch im Terminsprotokoll festgehalten) nur „etwas“ abfällt. Insofern besteht hier - sollte es im Einzelfall tatsächlich erforderlich sein - durchaus die Möglichkeit auszuweichen. Gleiches gilt für die Passage von Meter 1450 bis Meter 1789. Die Fotografien veranschaulichen, dass der vom Verwaltungsgericht erwähnte Graben linksseitig der Straße (auf das Wohnhaus der Kläger zugehend) nicht so steil abfällt, dass keinerlei Ausweichen auf den Randstreifen möglich wäre. Vor allem ist der Graben aber - wie auch eine Betrachtung in google maps bestätigt - an mehreren Stellen unterbrochen, weil sich dort Überwege zum Feld befinden. Ein Ausweichen auf diese Überwege ist aber ohne Weiteres möglich. Nach den Angaben im angefochtenen Urteil sind diese Überwege „in einigen Metern Entfernung befindlich“; tatsächlich befinden sich in der Passage, was auf den Fotografien und auch in google maps deutlich erkennbar ist, jedenfalls so viele Überwege, dass ein Fußgänger keine nennenswerte Strecke zu überbrücken hat, müsste er tatsächlich dorthin ausweichen. Angesichts der nicht besonders hohen Frequentierung des I., des geraden Streckenverlaufs und des Umstands, dass die Tochter der Kläger dort wohnhaft ist, wäre ein solches Ausweichen auch dieser zumutbar. Insofern sieht der Senat den Weg von der Bushaltestelle bis zum Wohnhaus der Kläger allein aufgrund der Verkehrssituation nicht als besonders gefährlich oder ungeeignet an.

Eine besondere Gefährlichkeit des Schulweges folgt auch nicht aus einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit des Eintritts sonstiger Schadensereignisse. Eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit von Gewaltstraftaten ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der betreffende Schüler oder die betreffende Schülerin aufgrund des Alters oder des Geschlechts zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und wenn er/sie sich auf dem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, insbesondere, weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist. Als Kriterien der Beurteilung können insoweit etwa dienen, ob der betreffende Schüler im Falle einer Gefahr seitlich ausweichen und eine etwaige naheliegende Wohnbebauung erreichen kann, ob die Wegstrecke, namentlich Anfang oder Ende eines Waldstücks, gut einzusehen ist, ob Unterholz in nennenswerter Ausdehnung vorhanden ist, das potenziellen Gewalttätern ein geeignetes Versteck bieten könnte, und ob während der dunklen Tages- oder Jahreszeit Straßenlaternen eine ausreichende Beleuchtung gewährleisten. Die Würdigung der besonderen Gefährlichkeit des Schulwegs erfordert wiederum eine Gesamtbetrachtung, die sich nicht in der Einschätzung eines einzelnen Aspekts erschöpfen darf. Erforderlich ist auch bezogen auf diese Gefährlichkeitsbeurteilung eine Abweichung des Sachverhalts, die die zu beurteilende Situation von gewöhnlichen oder normalen Gegebenheiten erkennbar unterscheidet (Sen., Urt. v. 11.9.2013 - 2 LC 101/11 -, juris Rn. 34; Beschl. v. 12.8.2011 - 2 LA 283/10 -, juris Rn. 19). Auch insoweit ist zu beachten, dass Umstände, die allein auf der ländlichen Prägung eines Gebiets bzw. der dünnen Besiedelung beruhen, noch nicht geeignet sind, eine besondere Gefährlichkeit zu begründen (Sen., Urt. v. 19.8.2015 - 2 LB 317/14 -, juris Rn. 37).

Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SBS nicht erfüllt. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die 2010 geborene Tochter der Kläger in dem streitbefangenen Schuljahr 2019/2020 zu einem Personenkreis gezählt werden konnte, der dem gesteigerten Risiko von kriminellen Übergriffen ausgesetzt sein kann (vgl. hierzu Sen., Urt. v. 11.9.2013 - 2 LC 101/11 -, juris Rn. 35). Die Örtlichkeiten des Streckenabschnitts von der Bushaltestelle „H.“ bis zu ihrem Wohnhaus sind jedoch nicht so beschaffen, dass die Annahme gerechtfertigt wäre, eine diesen Weg zurücklegende Schülerin befinde sich in einer schutzlosen Situation. Der gesamte Streckenverlauf ist gut einsehbar, und es befinden sich in einer vergleichsweise geringen Entfernung von 200 bis 300 Metern - mit nur einer Ausnahme, nämlich auf der letzten Passage des Weges (dort sind es knapp 600 Meter) - Wohngebäude. Diese Einsehbarkeit und die Nähe von Wohngebäuden wird potentielle Straftäter eher abschrecken. Gleiches gilt mit Blick auf den durchaus stattfindenden Straßenverkehr. Zwar ist der I. nicht stark befahren, er kann aber jedenfalls nicht als einsam bezeichnet werden. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts bieten die Örtlichkeiten im Vergleich zu anderen ländlich gelegenen Straßen jedenfalls keine besonderen Versteck- oder Rückzugsmöglichkeiten für potentielle Straftäter. Das gilt zunächst für den vom Verwaltungsgericht ausdrücklich benannten Wall ab Meter 535 sowie für das Wäldchen bei Meter 740 bis Meter 910. Der Wall beginnt unmittelbar in der Nähe eines Wohnhauses und ist von der Straße zurückgesetzt. Er erreicht weder eine nennenswerte Länge noch verfügt er über sonstige Eigenschaften, die ihn als Versteck für potentielle Gewalttäter besonders attraktiv machen und ihn von den üblichen Randbepflanzungen an ländlichen Straßen unterscheiden würden. Schon die bloße Nähe zu dem Wohnhaus dürfte zudem auf potentielle Straftäter eher abschreckend wirken. Der Wald erreicht ebenfalls keine besonders nennenswerte Ausdehnung, außerdem befindet sich unmittelbar gegenüber dem Wald an der anderen Straßenseite ein Wohnhaus. Die weiteren vom Verwaltungsgericht benannten Aspekte (Maisfelder, Erdanhäufungen und gelagerte Strohballen) sind - unbeschadet der Frage, inwieweit auf derartige saisonale Umstände abgestellt werden kann - typisch für ein landwirtschaftlich geprägtes ländliches Gebiet und vermögen keine besondere Gefährlichkeit in Bezug auf die Gefahr von Übergriffen zu begründen. Dass der Abstand der Wohnhäuser auf der letzten Passage des Fußweges unmittelbar bis zum Wohnhaus der Kläger größer ist, rechtfertigt ohne ein Hinzutreten weiterer Besonderheiten - an denen es mangelt - keine andere Beurteilung. Abschließend ist zu berücksichtigen, dass die Tochter der Kläger den Weg ausschließlich nach der Schule und damit bei Tageslicht zurücklegen muss.

Anhaltspunkte dafür, dass der Weg von der Bushaltestelle „H.“ zu dem Wohnhaus der Kläger aus weiteren Gründen für deren Tochter besonders gefährlich oder ungeeignet sein könnte, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.