Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.05.2021, Az.: 2 LA 212/20
Chancengleichheit; Nachteilsausgleich; Notenschutz; Prüfung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.05.2021
- Aktenzeichen
- 2 LA 212/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 71152
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 04.03.2020 - AZ: 1 A 106/19
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 3 Abs 3 S 2 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Bei einem Wechsel der Prüfungsform im Zuge eines Nachteilsausgleichs ist unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit Zurückhaltung geboten (vgl. Senatsbeschl. v. 21.9.2018 - 2 LA 1750/17 , juris Rn. 15).
2. Ein Wechsel der Prüfungsform als Maßnahme des Nachteilsausgleichs scheidet aus, wenn die an die Stelle der ursprünglichen Prüfungsform tretende andere Prüfungsform nicht geeignet ist, die mit der Prüfung abzufragende Prüfungsleistung des Kandidaten zu dokumentieren. Eine solche Prüfung wäre keine gleichwertige Prüfungsleistung in einer anderen Form mehr, so dass der Grundsatz der Chancengleichheit verletzt würde.
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 4. März 2020 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt, ihm im Wege des Nachteilsausgleichs zu gestatten, im Rahmen der Modulprüfung „Englisch 3“ eine Hausarbeit anstelle einer Klausur anzufertigen.
Der Kläger studiert seit dem Sommersemester 2018 bei der Beklagten den Bachelorstudiengang „Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen“. Er beantragte bei der Beklagten, ihm für das Modul „Englisch 3“ aufgrund einer Legasthenie einen Nachteilsausgleich in Form einer Hausarbeit anstelle der vorgesehen Aufsichtsarbeit zu gewähren und legte hierzu eine Bescheinigung des Duden Instituts für Lerntherapie A-Stadt vom 6. August 2018 vor. Darin heißt es u.a.: „Trotz intensiver Bemühungen gelang es Herrn A. nicht, die Schwierigkeiten vollständig zu überwinden. Nach wie vor zeigten sich enorme Probleme im mündlichen sowie schriftlichen Sprachgebrauch. Aufgrund seiner anhaltenden Schwierigkeiten im Fremdsprachenbereich Englisch kann A. Prüfungsleistungen, insbesondere unter Druck, in diesem Bereich kaum bewältigen. Um den individuellen Einschränkungen Rechnung zu tragen, empfehlen wir für den weiteren Bildungsweg die Gewährung eines Nachteilsausgleichs. Dieser könnte beispielsweise in Form von Hausarbeiten anstelle von Klausuren oder Vortragsleistungen umgesetzt werden.“
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Oktober 2018 ab und verwies darauf, dass es sich bei der Hausarbeit gegenüber der Klausur nicht um eine gleichwertige Prüfungsleistung handle. Die Gewährung dieser Ausgleichsmaßnahme führe zu einer Verletzung der Chancengleichheit und zu einer Überkompensation. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Er fügte seinem Widerspruch u.a. eine Bescheinigung des Beruflichen Schulzentrums für Gastgewerbe A-Stadt bei, nach der der Antragsteller in der Jahrgangsstufe 13, auch in der Abiturprüfung, vom Pflichtunterrichtsfach Englisch befreit worden ist und stattdessen eine besondere Lernleistung (BELL) in Gestalt einer umfangreichen Hausarbeit in deutscher Sprache angefertigt hat. Ferner legte er einen positiv beschiedenen Antrag auf Gewährung eines Nachteilsausgleichs in Gestalt einer Ersatzleistung (Hausarbeit) für die Englischprüfung der Hochschule D. vor, an der der Antragsteller vor Aufnahme seines Studiums bei der Antragsgegnerin studiert hatte.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2018 zurück. Die hiergegen erhobene Klage mit dem Ziel, ihm im Wege des Nachteilsausgleichs die Ableistung einer Hausarbeit anstelle der vorgesehenen schriftlichen Aufsichtsarbeit zu gestatten, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 4. März 2020 abgewiesen. Dabei hat es unterstellt, dass der Vortrag des Klägers zutreffe, ein Nachteilsausgleich in Gestalt einer Schreibzeitverlängerung sei in seinem Fall ungeeignet. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Nachteilsausgleich in Gestalt einer Hausarbeit hat das Verwaltungsgericht gleichwohl als nicht gegeben angesehen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Leistungserbringung in „anderer bedarfsgerechter Form“ im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 1 Var. 1 des Allgemeinen Teils der Prüfungsordnung der Hochschule C-Stadt (ATPO) in der Fassung vom 1. September 2015, zuletzt geändert durch Änderungsordnung vom 1. März 2019. Wenn dem Kläger der begehrte Nachteilsausgleich gewährt würde, käme es zu einer möglichen Verfälschung des Prüfungsergebnisses. Ein Nachteilsausgleich dürfe nach dem Maßstab der Chancengleichheit nicht eingesetzt werden, um durch Prüfungsvergünstigungen Leistungsschwächen auszugleichen, die für Art und Umfang der Eignung und Befähigung, die mit dem Leistungsnachweis gerade festgestellt werden sollten, von Bedeutung seien. Mit der Möglichkeit, eine Prüfungsleistung in der alternativen Prüfungsform einer Hausarbeit - gleich in welcher Sprache - statt einer Klausur erbringen zu können, gelänge es dem Kläger, den Prüfungsanforderungen auszuweichen, die aktuelles/präsentes Wissen im Rahmen eines eingeschränkten Zeitbudgets abfragten. Dass die Beklagte im Studiengang „Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen“ für das Modul Englisch 3 (Fachsprache Gesundheitsmanagement) eine Sprachprüfung in Form einer schriftlichen Aufsichtsarbeit und einer mündlichen Prüfung vorsehe und sie in einer Hausarbeit keinen gleichwertigen Ersatz sehe, begegne keinen durchgreifenden Zweifeln.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Mit Blick darauf, dass der Kläger inzwischen - abgesehen von der Bachelorarbeit und dem streitigen Modul - sämtliche Prüfungsleistungen im Studiengang „Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen“ erbracht hat, hat er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig im Modul „Englisch 3“ im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen einen Nachteilsausgleich in Form einer Hausarbeit auf Deutsch anstelle der vorgesehenen schriftlichen Aufsichtsarbeit zu gewähren (Verfahren 2 MC 73/21). Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage abgelehnt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, den der Kläger auf die Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 4 und 5 VwGO stützt, ist unbegründet.
1. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Regelung sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 -, juris Rn. 32 und v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543).
Nach diesem Maßstab begründen die Einwände des Klägers, die mit Blick auf das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sowie die zweimonatige Begründungsfrist den Prüfungsumfang des Senats bestimmen (vgl. hierzu Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 184 ff. m.w.N.), keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch darauf hat, dass ihm die Beklagte gestattet, die Klausur im Modul „Englisch 3“ durch Anfertigung einer Hausarbeit zu ersetzen. Das gilt sowohl für die Ableistung einer Hausarbeit in englischer als auch (erst recht) in deutscher Sprache.
Sind Prüflinge erheblich in ihrer Fähigkeit beeinträchtigt, ihr vorhandenes Leistungsvermögen darzustellen, ist ihnen ein sogenannter Nachteilsausgleich zu gewähren. Diesen Prüflingen steht ein Anspruch auf Änderung der einheitlichen Prüfungsbedingungen im jeweiligen Einzelfall unmittelbar aufgrund des Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG zu. Den Schwierigkeiten des Prüflings, seine vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Geltung der einheitlichen Bedingungen darzustellen, muss durch geeignete Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Der Nachteilsausgleich ist erforderlich, um chancengleiche äußere Bedingungen für die Erfüllung der Leistungsanforderungen herzustellen. Aus diesem Grund muss die Ausgleichsmaßnahme im Einzelfall nach Art und Umfang so bemessen sein, dass der Nachteil nicht „überkompensiert“ wird. Die typische Ausgleichsmaßnahme in schriftlichen Prüfungen ist die Verlängerung der Bearbeitungszeit; in Betracht kommt auch die Benutzung technischer Hilfsmittel. Abzugrenzen ist der Nachteilsausgleich vom sogenannten Notenschutz. Notenschutz trägt dem Umstand Rechnung, dass es Prüflingen subjektiv unmöglich ist, bestimmten Leistungsanforderungen zu genügen. Zu ihren Gunsten wird auf die einheitliche Anwendung des allgemeinen Maßstabs der Leistungsbewertung verzichtet. Entweder werden die subjektiv nicht zu erfüllenden Anforderungen nicht gestellt oder die Nichterfüllung wird nicht bewertet, sodass die Prüflinge insoweit keine Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen müssen. Auch kann der Nichterfüllung bestimmter Anforderungen bei der Leistungsbewertung ein geringeres Gewicht beigemessen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.7.2015 - 6 C 35.14 -, juris Rn. 28). Auf Notenschutz besteht grundsätzlich kein Anspruch (std. Rspr. d. Sen., Beschl. v. 12.3.2018 - 2 ME 1/18 -, juris Rn. 23; v. 10.10.2017 - 2 ME 1547/17, juris Rn. 6; v. 20.2.2017 - 2 PA 46/17 -, juris Rn. 15; v. 10.3.2015 - 2 ME 7/15 -, juris Rn. 9 ff.; u. v. 10.7.2008 - 2 ME 309/08 -, juris Rn. 19; vgl. auch Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 260).
Selbst wenn unterstellt wird, dass es sich bei der begehrten Ersatzleistung einer in englischer Sprache abzufassenden Hausarbeit noch um eine solche des Nachteilsausgleichs handeln sollte, hat das Verwaltungsgericht die Entscheidung der Beklagten, diese Ersatzleistung nicht zu gewähren, zu Recht nicht beanstandet. Dabei hat es zutreffend darauf abgestellt, dass die Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 Satz 1 Var. 1 ATPO nicht vorliegen, weil die Hausarbeit keine gleichwertige Leistung in anderer bedarfsgerechter Form ist. Bei einem Wechsel der Prüfungsform im Zuge eines Nachteilsausgleichs ist unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit Zurückhaltung geboten (vgl. Senatsbeschl. v. 21.9.2018 - 2 LA 1750/17 -, juris Rn. 15). In jedem Fall muss die an die Stelle der ursprünglichen Prüfungsform tretende andere Prüfungsform noch geeignet sein, die mit der Prüfung abzufragende Prüfungsleistung des Kandidaten zu dokumentieren. Ist sie das nicht, scheidet ein Wechsel der Prüfungsform von vornherein aus, weil eine solche Prüfung keine gleichwertige Prüfungsleistung in einer anderen Form wäre, und daher den Grundsatz der Chancengleichheit verletzen würde (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auf. 2018, Rn. 259). Dass die Beklagte bei einer Prüfung, in der spezifische Kenntnisse einer Fremdsprache („Fachenglisch“) abgeprüft werden sollen, eine Hausarbeit im Vergleich zu einer Klausur als nicht gleichwertig einstuft, unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken. Ob das Vokabular einer Fremdsprache hinreichend verstanden und beherrscht wird, wird typischerweise in einer schriftlichen Aufsichtsarbeit oder in einer mündlichen Prüfung, nicht aber in einer Hausarbeit abgeprüft. Das gilt zum einen, weil es bei einer Hausarbeit nicht um die Abfrage erworbenen Wissens geht, sondern um die systematische Erarbeitung einer Aufgabe und die Erstellung eines längeren Textes. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Studierenden bei einer Hausarbeit auf unterschiedlichste Hilfsmittel zurückgreifen können, deren Verwendung jegliche Nachvollziehbarkeit, inwieweit der Text eigenes Wissen wiederspiegelt, nahezu unmöglich machen. Zur Abfrage erworbenen Wissens eignet sich eine Hausarbeit gerade im Fach Englisch vor diesem Hintergrund nicht. Darauf hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung zutreffend hingewiesen. Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass er auch die weiteren Bedenken teilt, die die Beklagte in diesem Zusammenhang äußert, nämlich, dass sich auf der Grundlage der von dem Kläger vorgelegten Unterlagen erhebliche Zweifel ergeben, ob dieser überhaupt dazu in der Lage ist, eigenständig eine Hausarbeit in englischer Sprache zu verfassen. So heißt es in der Stellungnahme der Schulleitung des Beruflichen Schulzentrums für Gastgewerbe A-Stadt vom 13. November 2018: „Es war für A. zu keiner Zeit möglich in Englisch einen Text zu schreiben und zu lesen.“
Erst recht gelten die vorstehenden Erwägungen, soweit der Kläger begehrt, die Klausur im Modul „Englisch 3“ durch Anfertigung einer Hausarbeit in deutscher Sprache zu ersetzen. Jedenfalls insoweit handelt es sich im Übrigen nicht mehr um eine Maßnahme des Nachteilsausgleichs, sondern des Notenschutzes. Auf die Ausführungen des Senats im Beschluss gleichen Rubrums vom heutigen Tage - 2 MC 73/21 - wird verwiesen.
Die Einwände des Klägers in seiner Berufungszulassungsbegründung rechtfertigen keine andere Einschätzung. Soweit er zu Beginn seiner Antragsbegründung den Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die im Modul „Englisch 3“ zusätzlich abzuleistende mündliche Prüfung beanstandet, vermag der Hinweis die oben dargestellte und auch der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrundeliegende rechtliche Bewertung zwar nicht zu stützen, diese aber jedenfalls auch nicht in Frage zu stellen. Die Argumentation des Klägers, mit der er die geringe Bedeutung des Moduls „Englisch 3“ hervorhebt, verfängt ebenfalls nicht. Insoweit wird auf die Ausführungen im Senatsbeschluss gleichen Rubrums vom heutigen Tage - 2 MC 73/21 - verwiesen. Danach kann sich der Kläger nicht darauf berufen, bei der Wahl seines Studiengangs im Unklaren darüber gewesen zu sein, dass es sich bei dem Modul „Englisch 3“ um ein Pflichtmodul handelt, welches er bestehen muss. Ebenso wenig kann der Kläger aus dem Umstand, dass ihm in der Vergangenheit durch andere Bildungseinrichtungen weitgehende Ausgleichsmaßnahmen gewährt worden sind, einen Rechtsanspruch auf Gewährung der hier begehrten Ausgleichsmaßnahme herleiten. Ein solcher Anspruch besteht nur im Rahmen der oben dargestellten rechtlichen Vorgaben. Soweit der Kläger meint, dass die Regelung des § 4a Abs. 1 ATPO leerlaufe, wenn eine Hausarbeit als Prüfungsform nicht an die Stelle einer schriftlichen Aufsichtsarbeit treten könne, trifft diese Kritik schon deshalb nicht zu, weil sein weiterer Schluss, eine mündliche Prüfung werde nach diesen Maßgaben als Ersatzleistung erst recht ausscheiden, nicht zwingend ist. Geht es um die Abfrage präsenten erlernten Wissens, liegt es vielmehr - anders als bei einer Hausarbeit - gerade nicht nahe, eine mündliche Prüfung als alternative geeignete Prüfungsform von vornherein auszuschließen. Ob die Eignung im konkreten Fall besteht, wird von einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen fachlichen Anforderungen abhängen. Schließlich kann der Kläger auch aus der von ihm zitierten Passage des Senatsbeschlusses vom 21. September 2018 - 2 LA 1750/17 - nichts für sich herleiten. Der Senat hatte seinerzeit darüber zu befinden, ob einem Studierenden der Wirtschaftsinformatik in Klausuren eine Schreibzeitverlängerung gewährt wird. Die dortige Beklagte hatte dies mit dem Hinweis verweigert, in dem Beruf des Wirtschaftsinformatikers komme es besonders auf Textbearbeitungsgeschwindigkeit und Textverarbeitungsgeschwindigkeit an. Der Senat hatte allein zu bewerten, ob diese Argumentation stichhaltig war. Diese Frage stellt sich in der Gestalt aber nach den obigen Ausführungen im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht, weil es nicht um die Gewährung einer längeren Bearbeitungszeit, sondern um die Ermöglichung einer (gänzlich) anderen Bearbeitungsweise geht. Dass einige Absolventen des Studiengangs „Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen“ die englische Sprache bei ihrer Berufsausübung möglicherweise in der Praxis nicht nutzen müssen, ist für die hier zu entscheidende Rechtsfrage ohne Belang; aus Sicht des Senats ist plausibel, dass die Beklagte ihren Studiengang mit dieser Anforderung akkreditiert hat.
Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat auf Folgendes hin: Zwar hat das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Entscheidungsfindung als wahr unterstellt, dass die Fremdsprachenlegasthenie des Klägers durch eine Schreibzeitverlängerung für die betreffende Klausur nicht kompensiert werden kann. Die Beklagte dürfte allerdings in ihrer Klageerwiderung zu Recht darauf hingewiesen haben, dass sich das allein auf der Grundlage der bislang von dem - insoweit beibringungspflichtigen - Kläger vorgelegten Bescheinigungen nicht zweifelsfrei feststellen lassen dürfte. Ungeachtet dessen erschließt sich auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes nicht, ob im Fall des Klägers sämtliche in Betracht kommenden Maßnahmen eines Nachteilsausgleichs hinreichend in den Blick genommen worden sind. Zu erwägen wäre neben der Möglichkeit, eine Schreibzeitverlängerung mit anderen Maßnahmen, etwa dem Vorlesen von Aufgaben, zu flankieren, auch, ob ein Abprüfen des in dem Modul „Englisch 3“ zu erwerbenden Wissens ggf. in einer ausschließlich mündlichen Prüfung in Betracht kommt. Dass diese Möglichkeiten ausweislich der Stellungnahme des Beruflichen Schulzentrums für Gastgewerbe A-Stadt vom 13. November 2018 von der Familie und der Fachleiterin als ungeeignet ausgeschlossen worden sind, kann allenfalls ein Indiz dafür sein, dass diese Maßnahmen untauglich sind.
2. Die Divergenzrüge des Klägers nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genügt bereits nicht dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt vor, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz abweicht. Die Darlegung einer Divergenzrüge erfordert danach die klare Bezeichnung, welche inhaltlich bestimmten, divergierenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensätze die angefochtene Entscheidung einerseits, die Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts, von dem abgewichen worden sein soll, andererseits aufgestellt haben und inwiefern die angefochtene Entscheidung auf dem abweichenden Rechts- oder Tatsachensatz beruht (Senat, Beschl. v. 17.11.2011 - 2 LA 333/10 -, NdsVBl. 2012, 72, m. w. N.). Das lässt sich den Ausführungen des Klägers nicht entnehmen. Er rügt vielmehr im Kern lediglich eine die Annahme einer Divergenz nicht rechtfertigende unzutreffende Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts.
3. Schließlich legt der Kläger auch nicht dar, dass die Berufung wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen ist. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich sinngemäß entnehmen, dass er wohl eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung und eine Gehörsverletzung durch die fehlerhafte Ablehnung seiner Beweisanträge rügen will. Seine dazu vorgetragene Begründung setzt sich aber schon nicht im Ansatz mit den Erwägungen auseinander, mit denen das Verwaltungsgericht die Ablehnung der Beweisanträge begründet hat. Insbesondere auf die Frage der Eignung des Sachverständigengutachtens zur Klärung der aufgeworfenen zweiten Beweisfrage geht er nicht ein. Er wiederholt lediglich seine rechtliche Einschätzung, dass das Verwaltungsgericht eine unzutreffende Entscheidung in der Sache getroffen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG. Wie das Verwaltungsgericht hält der Senat den Auffangwert für angemessen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).