Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.05.2021, Az.: 1 KN 87/16

Bebauungsplan; Bebauungsplan vorhabenbezogener; Emissionsbegrenzung; Ermittlungsdefizit; Gewerbebetrieb; Gewerbelärm; Immissionsrichtwert; Mischgebiet; Schutzanspruch; Seniorenresidenz; Seniorenwohnen; Sondergebiet; Trennungsgebot; Verbrauchermarkt; Verwirkung; Verzicht; Wohngebiet, allgemeines; Wohngebiet, Schutzbedürftigkeit des

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.05.2021
Aktenzeichen
1 KN 87/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71193
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts oder des materiellen Abwehrrechts gegen eine die Festsetzungen eines Bebauungsplans ausnutzende Baugenehmigung nimmt einem gegen den Plan gerichteten Normenkontrollantrag nur dann das Rechtsschutzinteresse, wenn sie offensichtlich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.1989 - 4 NB 1.89 -, BRS 49 Nr. 37 = juris Rn. 6).
2. Bei einer unzureichenden Ermittlung der Lärmverträglichkeit einer geplanten Wohnbebauung mit einem bestehenden benachbarten Gewerbebetrieb kann es an der konkreten Möglichkeit eines anderen Abwägungsergebnisses i. S. v. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB fehlen, wenn feststeht, dass das geplante Vorhaben keine weitergehenden Lärmschutzansprüche an den Betrieb stellen kann als die bereits vorhandene Umgebungsbebauung und sich der Betrieb - umgekehrt - bereits heute in einer Situation befindet, in der durch bauaufsichtliches Einschreiten eine auch für das geplante Vorhaben ausreichende Emissionsminderung herbeizuführen ist (hier verneint).

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin am 5. März 2015 als Satzung beschlossene vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 4 „Südlich der Hannoverschen Straße" ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen den vollständig ausgenutzten vorhabenbezogenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 4 „Südlich der Hannoverschen Straße“, weil er befürchtet, die auf seiner Grundlage entstandenen Seniorenwohnungen könnten Lärmschutzansprüche an sein westlich angrenzendes Grundstück H. Straße I. in A-Stadt stellen.

Das seit Ende Januar 2006 im Eigentum des Antragstellers stehende Gelände liegt am Ostrand der hier im Wesentlichen nordsüdlich verlaufenden H. Straße südlich der Stichstraße J.. Es ist straßenseitig mit einem als Verbrauchermarkt genutzten Gebäude bestanden. Dessen Historie stellt sich folgendermaßen dar: Der Landkreis B-Stadt erteilte am 20. August 1982 für das 1966 als Stahlhalle für LKW der Spedition K. errichtete Gebäude eine Nutzungsänderungsgenehmigung für einen L. -Markt nebst Einstellplätzen. 1983 genehmigte er den Anbau eines gesonderten Frischemarkts, zunächst betrieben als „M. ". Unter dem 5. September 1995 genehmigte der Landkreis die Erweiterung des Geschäftshauses und die Erstellung weiterer sechs Einstellplätze. Nach dem Auszug von L. im Jahr 2005 zog 2006 der N. -Markt des Antragstellers in das Geschäftsgebäude ein, der im Wesentlichen osteuropäische sowie Produkte aus Überhängen der in der Region ansässigen Lebensmittelindustrie verkauft.

Der Eingang des Markts ist nach Nordwesten zur H. Straße ausgerichtet. An der Südostecke des Marktgebäudes befindet sich die Anlieferungszone und ein Presscontainer für Verpackungsabfälle. Der Antragsteller ließ zwei Innenwände zwischen den Verkaufsräumen entfernen, wodurch er die beiden Ladenlokale zu einem zusammenlegte. Seinen für die Zusammenlegung nachträglich gestellten Bauantrag vom 24. Oktober 2014 genehmigte der Landkreis B-Stadt am 24. August 2015 unter Auflagen und einem Auflagenvorbehalt. Über den dagegen von der Beigeladenen unter dem 3. August 2016 wegen nicht mehr hinzunehmender Lärmbelästigungen ihrer Seniorenwohnanlage oberhalb von Mischgebietswerten eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden. Der Antragsteller gab Ende September 2018 den Betrieb des Verbrauchermarkts auf; seit dem 1. Juli 2019 führt ihn die Firma „O.“ weiter. Von den Einstellplätzen des Verbrauchermarkts liegen 30 im Nordostknie des Grundstücks auf einem bislang gepflasterten Bereich. 10 weitere sind straßenseitig, die restlichen 12 entlang der Nordseite des Marktgebäudes angelegt. Auf dem Antragstellergrundstück befindet sich außerdem südöstlich des Marktgebäudes ein durch den früheren Eigentümer des Grundstücks, der dort die Spedition betrieben hatte, gemäß Bauschein des Landkreises B-Stadt vom 23. Mai 1973 zur Eigennutzung errichtetes Wohnhaus. Aufgrund eines dinglichen Wohnrechts lebte der frühere Eigentümer dort bis zu seinem Auszug am 1. September 2017. Seitdem steht das Wohnhaus leer.

Nördlich der Stichstraße J. stehen im Geltungsbereich des 1969 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplans der Antragsgegnerin Nr. 7a nordsüdlich parallel aufgestellt in zwei Reihen Mehrparteien- und Einfamilienhäuser, die nach Süden mit einem Riegel von Reihengaragen abgeschlossen werden. Das dem Parkplatz nächstgelegene, südöstlichste Wohnhaus trägt die Anschrift H. Straße P.. Der Bebauungsplan Nr. 7a setzt für die straßenseitige Bebauung ein Mischgebiet und für die straßenabgewandte Bebauung ein allgemeines Wohngebiet fest.

Der angegriffene vorhabenbezogene Bebauungsplan erweitert die bestehende Bebauung in westlicher Richtung in den vormaligen Außenbereich. Er überplant einen nordsüdlich langgestreckten, mittig taillierten Bereich von 1,19 ha südlich der hier in Ost-West-Richtung verlaufenden Hannoverschen Straße. Der Plan grenzt mit seiner Südwestflanke an die Ostgrenze des Antragstellergrundstücks. Er setzt in zwei Teilflächen SO 1 im Norden und SO 2 im Süden das Sondergebiet „Seniorenwohnen“ fest. Zulässig sind dort Wohnformen und Tagesangebote, die der Pflege, Betreuung und dem freien Wohnen von Senioren dienen, sowie zugehörige Versorgungs-, Dienst- und Lagerräume. Im Südteil bestehen vier Baufelder, von denen zwei dem Antragstellergrundstück gegenüberliegen, für Gebäude mit drei Vollgeschossen in offener Bauweise. Dort sollen nach dem Vorhaben- und Erschließungsplan vier barrierefreie Mehrfamilienhäuser mit je acht Wohnungen entstehen. Die drei nordsüdlich orientierten Baufelder sollen mit Gebäuden bebaut werden, die zwei Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss mit einem nach Osten geneigten Pultdach aufweisen (Haus I bis III). Die Wohnräume sollen sich mit Balkonen nach Westen hin zum Marktgebäude des Antragstellers öffnen. Das vierte Gebäude im südöstlichen Planbereich steht um 90° gedreht und weist mit den Balkonen nach Süden (Haus IV). Der Nordteil des Plangebiets soll mit einem Gebäudekomplex bebaut werden, in dem ein Pflegezentrum mit betreutem Wohnen untergebracht wird. Es soll laut Planbegründung aus 28 Wohnungen und 42 Pflegezimmern nebst zugehörigen Versorgungs- und Gemeinschaftsräumen bestehen.

Das Planaufstellungsverfahren vollzog sich in folgenden Schritten: Der Rat der Antragsgegnerin beschloss am 8. Oktober 2013 die Aufstellung des Plans sowie die im Parallelverfahren betriebene 41. Änderung des Flächennutzungsplans. Am 7. April 2014 führte die Antragsgegnerin mit dem Antragsteller und der Beigeladenen ein Gespräch, in dem letztere dem Antragsteller das Planungskonzept vorstellte und die Erschließung des Plangebiets sowie Umzugs- und Entwicklungsmöglichkeiten des Verbrauchermarkts thematisiert wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den von der Antragsgegnerin gefertigten Vermerk Bezug genommen. Die frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung fand im Oktober/November 2014 statt. Während der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs vom 29. Dezember 2014 bis zum 30. Januar 2015 erhob der Antragsteller keine Einwendungen. Ein Schallgutachten wurde nicht eingeholt. Am 11. Februar/6. März 2015 schlossen die Antragsgegnerin und die Beigeladene den Durchführungsvertrag. Am 5. März 2015 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan einschließlich des Vorhaben- und Erschließungsplans als Satzung. Am 15. Juli 2015 machte die Antragsgegnerin dies im Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt Nr. 13 bekannt.

Nach Beginn der Tiefbauarbeiten im Plangebiet erkundigte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 23. September 2015 bei der Antragsgegnerin nach der Berücksichtigung des Parkplatzlärms in der Bauleitplanung. Daraufhin fand am 7. Oktober 2015 ein Gespräch in den Räumen der Antragsgegnerin statt, an dem der Antragsteller in Begleitung eines Bauingenieurs, ein Vertreter der Beigeladenen, ein Vertreter des beauftragten Stadtplanungsbüros sowie die damalige allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters teilnahmen. Auf den hierzu von der Antragsgegnerin gefertigten Gesprächsvermerk wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die Beteiligten einigten sich auf die Anpflanzung einer 2 m hohen Hecke als Sichtschutz durch die Beigeladene. Weitergehende Gesprächsinhalte sind streitig.

Unter dem 20. Oktober 2015 erteilte der Landkreis B-Stadt als untere Bauaufsichtsbehörde der Beigeladenen eine Baugenehmigung, die die Planfestsetzungen im Wesentlichen ausnutzt. Die Gebäude sind inzwischen errichtet. Die Baugenehmigung wurde dem Antragsteller nicht von Amts wegen, sondern erst auf Nachfrage am 24. Februar 2016 bekanntgegeben. Aufgrund seines am 1. März 2016 erhobenen Widerspruchs verlangte die Bauaufsichtsbehörde von der Beigeladenen die Vorlage eines Lärmgutachtens zu den durch den Betrieb des Verbrauchermarkts entstehenden Geräuschimmissionen. Das daraufhin erstellte Schallgutachten der Q. GmbH vom 27. Juni 2016 gelangte zu dem Ergebnis, dass an den zum Parkplatz nächstgelegenen Häusern des Plangebiets (Häuser II und III) tagsüber Immissionsdauerschallpegel erreicht werden, die die Orientierungswerte für Misch-/Dorf- und Kerngebiete - 60 dB(A) tags - um 2 bis 5 dB(A) überschreiten. Es folgten weitere ergänzende Stellungnahmen, die auch bei Veränderung der Parameter keine Einhaltung dieses Richtwertes feststellten. Den Widerspruch des Antragstellers wies der Landkreis B-Stadt mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2019 wegen Verwirkung als unzulässig zurück. Das dagegen gerichtete Klageverfahren ist anhängig (Verwaltungsgericht Osnabrück, Az. 2 A 66/19).

Am 1. Juli 2016, der Antragsgegnerin zugestellt am 11. Juli 2016, hat der Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt. Mit Rügeschreiben vom 22. Juni 2016 hat der Antragsteller die fehlende Lärmverträglichkeit beanstandet. Mit Urteil vom 16. August 2018 (n.v.) hat der Senat den Antrag zunächst nach § 47 Abs. 2a VwGO als unzulässig verworfen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sache nach Aufhebung dieses Urteils zurückverwiesen (Urt. v. 25.6.2020 - 4 CN 3.19 -, BauR 2020, 1624 = juris).

Der Antragsteller macht zur Begründung seines Normenkontrollantrags geltend: Der Antrag sei zulässig. Weder scheitere er an § 47 Abs. 2a VwGO noch fehle ihm das Rechtsschutzbedürfnis. Er, der Antragsteller, habe sein Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung vom 20. Oktober 2015 nicht verwirkt. In der Unterredung vom 7. April 2014 habe er auf die Lärmproblematik hingewiesen, was im Gesprächsvermerk der Antragsgegnerin zu Unrecht nicht dokumentiert sei. Unvollständig sei auch der Vermerk zu der Besprechung vom 7. Oktober 2015, da er nicht erwähne, dass die allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters ein Lärmschutzgutachten habe einholen wollen. Ergebnis dieses Gesprächs sei nicht gewesen, dass er sich mit dem Bauvorhaben der Beigeladenen abschließend abgefunden hätte. Die Anpflanzung einer Hecke sei nach seiner Einschätzung nur eine unzureichende Abschirmung. Der Normenkontrollantrag sei begründet. Auch ohne seine Beteiligung im Planaufstellungsverfahren habe sich der Antragsgegnerin aufdrängen müssen, dass namentlich die im Nordosten des Antragstellergrundstücks gelegenen 30 Einstellplätze nachteilige Auswirkungen auf die Situation der Seniorenwohnungen haben würden, wie das Lärmgutachten vom 27. Juni 2016 belege. Die in der ergänzenden Stellungnahme des Lärmgutachters vom 1. August 2016 genannten Maßnahmen zur Verringerung der Lärmimmissionen auf unter 60 dB(A) (Reduktion der Kunden-Pkw auf der nordöstlichen Parkplatzfläche um ca. 50 %, Asphaltierung der Parkplatzoberfläche und - kumulativ - Einhausung der Warenanlieferung) seien ihm nicht zumutbar. Er habe entgegen der nunmehrigen Einschätzung der Antragsgegnerin nicht auf einen Schutzanspruch des Wohnhauses auf seinem Grundstück Rücksicht zu nehmen, da dieses mit dem Gewerbebetrieb eine Schicksalsgemeinschaft bilde und bei der Lärmbetrachtung hinwegzudenken sei. Die nördlich seines Grundstücks befindliche Bebauung, insbesondere das Wohnhaus H. Straße P., sei deutlich weiter entfernt als Häuser II und III des Vorhabens und werde akustisch durch den Markt nicht beeinträchtigt. Auf diese brauche er daher - anders als auf die Seniorenwohnanlage - keine Rücksicht zu nehmen. Diesbezüglich sei auch die Lärmbegutachtung durch das Büro Q. (Stand: 23.9.2016) defizitär, weil darin der Immissionsort IP 7 unzutreffend gewählt worden sei mit der Folge, dass die Immissionssituation überspitzt dargestellt werde. Die ihm, dem Antragsteller, erteilte Genehmigung vom 24. August 2015 enthalte zu seinen Lasten keine lärmreduzierenden Auflagen. Der Antragsgegnerin falle ein gravierender Ermittlungs-, nämlich der Fehler zur Last, die offenkundig lärmempfindliche hinzutretende Nutzung nicht auf ihre Verträglichkeit mit der ebenso offenkundigen, d. h. auch ohne seine Einwendungen zu berücksichtigenden unmittelbar benachbarten gewerblichen Nutzung untersucht zu haben. Die Lösung dieses Konflikts habe die Antragsgegnerin nicht dem Vorhabenzulassungsverfahren überlassen dürfen; hier wäre planerische Konfliktbewältigung zu leisten gewesen.

Der Antragsteller beantragt,

die südliche Hälfte des vom Rat der Antragsgegnerin am 5. März 2015 als Satzung beschlossenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 4 „Südlich der Hannoverschen Straße“ für unwirksam zu erklären,

hilfsweise,

den genannten Plan insgesamt für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie erwidert: Der Antrag sei unzulässig, da ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Planfestsetzungen seien vollständig ausgenutzt, ohne dass der Antragsteller dies rückgängig machen könne. Er habe zwar gegen den Bauschein vom 20. Oktober 2015 Widerspruch erhoben. Dieses Verfahrensrecht sei jedoch offensichtlich verwirkt gewesen, nachdem der Antragsteller ausweislich der den Gesprächsinhalt zutreffend wiedergebenden Vermerke weder in der Besprechung vom 7. April 2014 noch vom 7. Oktober 2015 Bedenken wegen möglicher Lärmkonflikte geäußert habe und im Anschluss an die am 7. Oktober 2015 gefundene Lösung knapp fünf Monate lang untätig geblieben sei. In der Besprechung habe sich der Antragsteller mit der Ausnutzung der Planfestsetzungen abgefunden, und zwar unter anderem deshalb, weil er schon jetzt nicht nur auf das Wohnhaus im Südostwinkel seines Grundstücks, sondern auch auf die beiden Wohnhausreihen nördlich der Stichstraße J. Rücksicht zu nehmen habe. Diese Situation werde durch den angegriffenen Plan nicht verschärft. Wenn der Antragsteller trotz der seinerzeit zumindest konkludent abgegebenen Einverständniserklärung sowie des zwischenzeitlich deutlich zu erkennenden Baufortschritts - mit den Arbeiten sei im Januar 2016 begonnen worden - erst mit Anwaltsschreiben vom 1. März 2016 Widerspruch erhoben habe, sei sein Widerspruchsrecht verwirkt gewesen. Um den Eintritt der Verwirkung zu verhindern, habe sich der Antragsteller die Erhebung eines Nachbarwiderspruchs im Termin am 7. Oktober 2015 vorbehalten müssen. Der Normenkontrollantrag sei unbegründet. Ein Lärmgutachten habe nicht eingeholt werden müssen, denn die Seniorenwohnanlage, die wie ein Mischgebiet zu behandeln sei, schaffe keine zusätzlichen Immissionskonflikte. Der Antragsteller müsse mit dem Verbrauchermarkt seit Erteilung der Baugenehmigung vom 5. September 1995 auf nördlich und südöstlich benachbarte Wohnbebauung Rücksicht nehmen. Das Wohnhaus auf seinem Grundstück könne den Schutzanspruch eines Mischgebiets erheben. Konflikte blieben zudem aus, wenn der Antragsteller die immissionsrechtlichen Verpflichtungen aus der Baugenehmigung vom 24. August 2015 erfülle, indem er bei seinem Betrieb die zulässigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm einhalte, d. h. Mischgebietswerte. Die Zusammenlegung zweier Ladenlokale zu einem durch das Entfernen von Trennwänden wirke sich zwangsläufig auf die Anlieferungen und die Parkplatznutzung aus. Darüber hinaus habe der Antragsteller zeitweise illegale Nutzungen (Verkaufszelt vor dem Markt, nahe gelegenes Zwischenlager) ausgeübt.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie unterstützt das Vorbringen der Antragsgegnerin und hält den Normenkontrollantrag für treuwidrig, weil der Antragsteller den Verbrauchermarkt in einem anderen Umfang als genehmigt betrieben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die beigezogenen Vorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat mit dem umfassenderen Hilfsantrag Erfolg.

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. § 47 Abs. 2a VwGO in der Fassung von Art. 3 Nr. 1 Buchst. b) des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) hindert die Zulässigkeit des Antrags nicht (BVerwG, Urt. v. 25.6.2020 - 4 CN 3.19 -, BauR 2020, 1624 = juris Rn. 9 ff.).

2. Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Vorschrift ist im Normenkontrollverfahren eine Person nur antragsbefugt, wenn sie geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ist ein Antragsteller Eigentümer oder Nutzer von Grundstücken außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans, kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Auf einen solchen Belang kann sich der Antragsteller mit Erfolg berufen. Im Rahmen der Bauleitplanung abwägungserheblich war sein Interesse, den Betrieb entsprechend der bestehenden Baugenehmigung fortführen zu können, ohne dass es zu Immissionskonflikten mit östlich neu entstehender Wohnbebauung kommt. Zumindest zwei der vier im Südteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans festgesetzten Bauteppiche reichen so nahe an die 30 rückwärtigen Einstellplätze des Verbrauchermarkts auf dem Antragstellergrundstück heran, dass sich die Abwägungsfrage nach der Verträglichkeit beider Nutzungen (Parkplatz hier, [mindestens] 2 x 8 seniorengerechte Wohnungen da) stellte. Hinzu kommt, dass der Marktbetrieb selbst mit erheblichen Lärmemissionen insbesondere der Anlieferung, der Kälteanlage und der Abfallpresse verbunden ist. Der Annahme der Antragsgegnerin, Lärmverträglichkeitsfragen seien hier angesichts der umstehenden Nutzungen erst gar nicht aufgeworfen worden, ist der Antragsteller mit einem Vortrag entgegengetreten, dessen Behandlung erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung möglich ist. Gleiches gilt für die Frage, wie weit die Legalisierungswirkung der bestehenden Baugenehmigungen reicht. Es ist nicht nach jeder Denkweise ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin die Lärmproblematik zum Nachteil des Antragstellers unbehandelt gelassen oder unzutreffend bewältigt hat.

3. Der Antragsteller verfügt über ein Rechtsschutzbedürfnis; der Normenkontrollantrag ist nicht rechtsmissbräuchlich.

a) Die im Laufe des Verfahrens eingetretene Vermietung des Markts an die Firma Eiszeit lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen, da Nutzungsumfang und Nutzungsintensität des Antragstellergrundstücks durch einen Gewerbebetrieb im Wesentlichen gleichgeblieben sind und der Antragsteller als Grundstückseigentümer sowie Vermieter weiterhin ein Interesse an der ordnungsgemäßen Abwägung seiner Interessen hat.

b) Der Antragsteller hat auf sein materielles Abwehrrecht gegen das Vorhaben der Beigeladenen und die prozessuale Geltendmachung dieses Abwehrrechts im Wege des Normenkontrollverfahrens oder der Anfechtung der Baugenehmigung vom 20. Oktober 2015 nicht verzichtet.

Ein ausdrücklicher Verzicht des Antragstellers auf die genannten Rechte liegt nicht vor.

Den Vermerken der Antragsgegnerin über die Besprechungen vom 7. April 2014 und 7. Oktober 2015 lässt sich kein Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorhaben entnehmen. Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, dass die Vermerke den Gesprächsinhalt zutreffend wiedergeben; dies ist streitig.

In der Besprechung vom 7. April 2014 ging es ausweislich des Vermerks allein um Verkehrsfragen, genauer die Frage, ob das Hinzutreten der plangemäßen Nutzung die Nutzungs- und Überquerungsmöglichkeit der H. Straße nachteilig berühren würde. Nur aus diesem Grunde wurde in dieser Unterredung die Frage aufgeworfen, ob sich der Antragsteller einen Umzug seines Verbrauchermarkts vorstellen könnte. Lärmfragen wurden nicht erörtert. Aus dem letzten Satz des ersten Absatzes des Vermerks, der Antragsteller habe „gegen dieses Konzept keinerlei Bedenken“ geäußert, folgt nur, dass er mit der Erschließungsplanung einverstanden war.

Am 7. Oktober 2015 wurde die Lärmproblematik besprochen. In dem Vermerk der Antragsgegnerin heißt es im ersten Absatz, dass sich auf dem Grundstück des Antragstellers bereits ein Wohnhaus befinde, sodass eine „Vorbelastung“ bestehe. Es sei davon auszugehen, dass die geplanten Mehrfamilienhäuser die „daraus bestehenden Schutzansprüche nicht weitergehend einschränken“ würden. Weiter ist festgehalten, dass die Vorhabenträgerin auf dem verrohrten Kolk-Salzbach eine 2 m hohe, immergrüne Hecke pflanzen werde, um „dennoch zumindest einen Sichtschutz zu gewährleisten“. Der Antragsteller sei mit dieser Lösung einverstanden. Unmittelbar entnehmen lässt sich dem Vermerk nur das Einverständnis des Antragstellers mit der Anpflanzung der Sichtschutzhecke. Die Ausführungen zu den Lärmschutzansprüchen geben allein die zudem unpräzise formulierte Einschätzung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wieder. Dass der Antragsteller diese Rechtsauffassung geteilt und von seinen mit Schreiben vom 23. September 2015 erhobenen Einwänden in rechtsverbindlicher Weise Abstand genommen hätte, ist nicht dokumentiert und kann dem Vermerk daher nicht entnommen werden.

Selbst wenn man aus den Formulierungen aber einen Verzicht des Antragstellers auf seine Einwände ableiten wollte, könnten sich Antragsgegnerin und Beigeladene auf diesen Verzicht nicht berufen. Denn ein etwaiges Einverständnis stünde unter dem Vorbehalt der Richtigkeit der Aussage von Antragsgegnerin und Beigeladener. Es wäre treuwidrig, wenn beide einem Einverständnis des damals anwaltlich nicht vertretenen Antragstellers die Bedeutung einer weitreichenden, rechtsverbindlichen Erklärung beimessen dürften, obwohl sie diese durch eine unrichtige Rechtsauskunft selbst veranlasst hätten. Ein solcher Fall läge hier vor. Die Einschätzung, das geplante Vorhaben führe zu keinen weitergehenden Lärmschutzansprüchen gegenüber dem Markt des Antragstellers als das vorhandene Wohnhaus auf seinem Grundstück, trifft nicht zu; der Senat verweist auf seine folgenden Ausführungen im Rahmen der Begründetheitsprüfung.

c) Offensichtlich verwirkt hat der Antragsteller sein materielles Abwehrrecht gegen das Vorhaben der Beigeladenen oder die prozessuale Geltendmachung dieses Abwehrrechts ebenfalls nicht.

Eine Verwirkung des materiellen Abwehrrechts des Antragstellers gegen die Vorhabenplanung und -zulassung kann nicht auf die Äußerungen des Antragstellers in den Besprechungen vom 7. April 2014 und 7. Oktober 2015, wie sie in den vorgenannten Vermerken dokumentiert sind, gestützt werden. Zwar kann das materielle Abwehrrecht auch durch ein Verhalten verwirkt werden, das (ganz oder zum Teil) zeitlich vor der Erteilung einer Baugenehmigung liegt (Senatsbeschl. v. 5.7.2011 - 1 LA 207/08 -, BRS 78 Nr. 191 = juris Rn. 16 m.w.N; BVerwG, Urt. v. 16.5.1991 - 4 C 4.89 -, BRS 52 Nr. 218 = juris Rn. 18) und daher zu einem früheren Zeitpunkt verwirkt sein als entsprechende Verfahrensrechte (BVerwG, Beschl. v. 9.8.1990 - 4 B 95.90 -, BRS 50 Nr. 196 = juris Ls. 1 und Rn. 5 f.). Die Verwirkung eines Rechts setzt außer der Untätigkeit des Berechtigten während eines längeren Zeitraums voraus, dass besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BVerwG, Beschl. v. 11.9.2018 - 4 B 34.18 -, BRS 86 Nr. 184 = juris Rn. 15 m.w.N.). Bei Anknüpfung an ein vor der Erteilung der Baugenehmigung liegendes Verhalten muss der Nachbar zudem von den entscheidungserheblichen Details genaue Kenntnis haben und sich daraufhin unmissverständlich in einer Weise geäußert haben, die beim Bauherrn das berechtigte und sodann auch betätigte Vertrauen hervorrufen durfte, der Nachbar werde sich gegen sein Vorhaben nicht (mehr) zur Wehr setzen, wenn es so ausgestaltet genehmigt werde. Eine Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts oder des materiellen Abwehrrechts gegen eine die Planfestsetzungen ausnutzende Baugenehmigung nimmt dem Normenkontrollantrag schließlich nur dann das Rechtsschutzinteresse, wenn sie offensichtlich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.2.1989 - 4 NB 1.89 -, BRS 49 Nr. 37 = juris Rn. 6; Senatsurt. v. 25.10.2010 - 1 KN 343/07 -, BRS 76 Nr. 65 = juris Rn. 43 ff.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

In der Besprechung vom 7. April 2014 hat sich der Antragsteller weder umfassend mit dem Vorhaben der Beigeladenen einverstanden erklärt (s.o.) noch ist davon auszugehen, dass ihm alle entscheidungserheblichen Details des deutlich später erlassenen Bebauungsplans und der in Ausnutzung dessen noch später erteilten Baugenehmigung genau bekannt waren. Dass der Antragsteller nach dem Inhalt des Vermerks seine Lärmbelange nicht angesprochen hat, genügt mit Blick darauf nicht. Hinzu kommt, dass von einem juristischen Laien nicht erwartet werden kann, dass er in einer ersten Besprechung die tatsächlichen und rechtlichen Probleme des Vorhabens, die zudem weder Antragsgegnerin noch Beigeladene trotz Unterstützung durch ein Planungsbüro zutreffend erkannt hatten, sofort überschaut und unmittelbar äußert. In dieser Erwartung läge eine unzulässige Umkehr der gesetzlich vorgegebenen Verantwortung für eine rechtmäßige Planung.

Für die Unterredung am 7. Oktober 2015 kann mit der erforderlichen Evidenz ebenfalls weder angenommen werden, dass sich der Antragsteller umfassend mit dem Vorhaben der Beigeladenen einverstanden erklärt hatte (s.o.), noch, dass ihm alle entscheidungserheblichen Details bekannt waren. Zu diesen Details hätte insbesondere eine konkrete Ermittlung der auf die Seniorenwohnanlage einwirkenden Lärmimmissionen gehört; eine solche lag zum Unterredungszeitpunkt aber noch nicht vor. Die vom Planungsbüro beauftragte erste Stellungnahme der Q. GmbH vom 2. Oktober 2015 beschränkte sich auf eine überschlägige Ausbreitungsberechnung allein des Parkplatzlärms.

Es lässt sich des Weiteren nicht - und schon gar nicht mit der für den Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses erforderlichen Eindeutigkeit - belegen, dass der Antragsteller nach Erteilung der Baugenehmigung für das Vorhaben ein Verhalten an den Tag gelegt hat, aus dem die Beigeladene eindeutig hätte schließen können, der Antragsteller finde sich damit ab. Der Bauschein vom 20. Oktober 2015 war dem Antragsteller trotz der Unterredung mit der Antragsgegnerin vom 7. Oktober 2015 zunächst nicht bekanntgegeben worden. Mit den Rohbauarbeiten war im Januar 2016 begonnen worden. Wenn der Antragsteller daher nach Mandatierung seines Verfahrensbevollmächtigten, der die Bekanntgabe des Bescheids an ihn am 24. Februar 2016 veranlasste, am 1. März 2016 Widerspruch erhoben hat, kann von einer Verwirkung des materiellen oder des prozessualen Abwehrrechts durch ein nach Erteilung der Baugenehmigung für das Vorhaben liegendes Verhalten nicht die Rede sein. Durch die umgehende Erhebung des Widerspruchs fehlte es an einer Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts gegen die Baugenehmigung schon deshalb, weil der Antragsteller nicht über längere Zeit untätig war und keinen Vertrauenstatbestand gesetzt hat.

d) Dass der Antragsteller seine Rechtsposition durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan verbessern kann, gilt nicht nur im Hinblick auf das noch nicht bestandskräftig abgeschlossene Widerspruchsverfahren gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, sondern auch im Hinblick auf das Widerspruchsverfahren gegen die Baugenehmigung, die der Antragsteller erhalten hat (BVerwG, Urt. v. 25. Juni 2020 - 4 CN 3.19 -, BauR 2020, 1624 = juris Rn. 17).

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet.

1. Der Plan leidet an einem nach §§ 214, 215 BauGB beachtlichen Abwägungsfehler.

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29; Urt. v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 -, BRS 83 Nr. 8 = juris Rn. 14). Das Abwägungsgebot wird flankiert durch die in § 2 Abs. 3 BauGB normierte Pflicht, die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Zur Unwirksamkeit des Plans führen nur Abwägungsfehler, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB). Maßgebend für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Solch ein Fehler im Abwägungsvorgang liegt hier in Gestalt eines Abwägungsausfalls hinsichtlich der Lärmimmissionen des Markts des Antragstellers vor.

a) Es fehlt bereits an der ordnungsgemäßen Ermittlung des Lärms, der von dem Verbrauchermarkt auf den Südteil des Bebauungsplans - zulässigerweise oder tatsächlich - ausgeht. Bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hat es die Antragsgegnerin versäumt, den Lärmkonflikt zwischen dem Schutzanspruch der Seniorenresidenz und den Nutzungsinteressen des Antragstellers zu ergründen. Der Rat der Antragsgegnerin ließ sich vielmehr von einer Fehlvorstellung leiten, als er annahm, aus immissionsschutzrechtlicher Sicht seien für den Planbereich nur die verkehrlichen Immissionen des Niedersachsenrings und die landwirtschaftlichen Emissionen einer Hofstelle zu betrachten (S. 21 der Planbegründung) bzw. dass Belastungen durch gewerbliche Betriebe im Umfeld des Plangebiets nicht vorhanden seien (S. 8 des mit dem Bebauungsplan gebilligten Umweltberichts).

aa) Der vom Markt des Antragstellers ausgehende Lärm war abwägungserheblich und daher ermittlungsbedürftig. Die Abwägungserheblichkeit folgt daraus, dass die Antragsgegnerin ein dem „Seniorenwohnen“ dienendes Gebiet trotz des Trennungsgebots gemäß § 50 Satz 1 BImSchG unmittelbar neben dem lärmemittierenden Betriebsgrundstück des Antragstellers angesiedelt hat, auf dem dieser einen zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 5. März 2015 im Grundsatz genehmigten Verbrauchermarkt führte. Vor diesem Hintergrund war sie gehalten, einerseits zumutbare Wohnverhältnisse im Plangebiet sicherzustellen, andererseits aber auch zu gewährleisten, dass der bestehende und grundsätzlich rechtmäßig betriebene Markt nicht durch unzumutbare Lärmschutzanforderungen eingeschränkt oder gar zur Betriebsaufgabe genötigt werden würde.

Dem Umstand, dass der Antragsteller die beiden Ladenlokale (zunächst) ohne Genehmigung zusammengelegt und als ein Ladenlokal betrieben hatte, misst der Senat für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung keine entscheidende Bedeutung bei. Dass und inwieweit sich durch die Zusammenlegung der Märkte nicht nur etwas an den Kundenströmen im Markt und gegebenenfalls im Eingangsbereich geändert, sondern sich zugleich die für das Maß der Emissionen bedeutsame Nutzung der Stellplätze, der Anlieferungszone, der Kältemaschine und des Presscontainers in rechtserheblicher Weise intensiviert hätte, ist weder substantiiert dargelegt noch sonst für den Senat ersichtlich. Gleiches gilt für den von der Antragsgegnerin angeführten illegalen Betrieb des Zwischenlagers in einem nicht näher benannten Zeitraum. Der Verkaufspavillon vor dem Markt wurde von der Bauaufsichtsbehörde erst im September 2016, nach dem Satzungsbeschluss, festgestellt; seine Emissionen sind nicht von Belang. Ob die Genehmigungen aus 1982/1995 auch den Betrieb eines Papierpresscontainers umfassten, was nicht eindeutig ist, ist schließlich eine Detailfrage, die für die grundsätzliche Abwägungserheblichkeit der von dem Verbrauchermarkt auf das Vorhabengebiet einwirkenden Geräuschimmissionen keine Bedeutung hat. Alle Abweichungen des Baubestands und der Betriebsführung von den erteilten Baugenehmigungen hätten Gegenstand von Nachtragsbaugenehmigungen sein können. Sie entfalteten kein solches Gewicht, dass von einer insgesamt ungenehmigten Nutzung und damit dem Erfordernis einer gänzlich neuen Baugenehmigung auszugehen war.

bb) Zu einer Betrachtung der Lärmfrage war die Antragsgegnerin auch ohne entsprechende Einwendungen des Antragstellers oder Dritter verpflichtet. Die Gemeinde hat das zu ermitteln, was sie an Konflikten sieht oder was sich ihr aufdrängen muss (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.11.1979 - 4 N 1.78 u.a. -, BVerwGE 59, 87 = juris Rn. 52). Zumindest aufdrängen musste sich der Antragsgegnerin der Lärmkonflikt. Offensichtlich stellen sich zwischen einem dem Wohnen dienenden Gebiet und einem benachbarten Verbrauchermarkt Lärmverträglichkeitsfragen. Die räumliche Nähe des Plangebiets zu dem Markt mit seinem großen Kundenparkplatz fällt auf einem Luftbild sofort ins Auge. Die Antragsgegnerin ist zudem ortskundig. Sie wusste schließlich - ohne dass es darauf noch ankommt - von der Zusammenlegung der Verkaufsräume zu einer Ladeneinheit und dem Betrieb des Presscontainers, wie sich aus dem bei ihr eingereichten Bauantrag des Antragstellers vom 24. Oktober 2014 nebst Betriebsbeschreibung ergibt.

b) Der vorstehende Ermittlungs- und Bewertungsfehler, den der Antragsteller innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB gerügt hat, ist gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB beachtlich. Er ist offensichtlich, weil er sich unmittelbar und eindeutig aus der unvollständigen Darstellung in der Planbegründung ergibt. Er ist zudem auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen, weil die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 - 4 CN 1.11 -, BVerwGE 145, 231 = juris Rn 16 m.w.N.).

aa) Die konkrete Möglichkeit eines anderen Abwägungsergebnisses besteht, denn es steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass das geplante Vorhaben keine weitergehenden Lärmschutzansprüche an den Markt stellen kann als die bereits vorhandene Umgebungsbebauung und sich der Markt - umgekehrt - bereits heute in einer Situation befindet, in der durch bauaufsichtliches Einschreiten eine auch für das geplante Vorhaben ausreichende Emissionsminderung herbeizuführen ist.

(1) Das Plangebiet hat den Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets, in dem der maßgebliche Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel 55 dB (A) tags beträgt (vgl. Nr. 6.1 TA Lärm).

Die Schutzwürdigkeit eines Sondergebiets leitet sich grundsätzlich aus den vorgesehenen Nutzungen ab (Senatsurt. v. 26.3.2014 - 1 KN 1/12 -, BImSchG-Rspr § 3 Nr. 164 = juris Rn. 37). Die hier zugelassenen Wohnformen und Tagesangebote, die der Pflege, Betreuung und dem freien Wohnen von Senioren dienen, sowie die zugehörigen Versorgungs-, Dienst- und Lagerräume entsprechen den Nutzungen eines allgemeinen Wohngebiets. Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen (§ 4 Abs. 1 BauNVO), wobei zu den (allgemein) zulässigen Wohngebäuden auch solche gehören, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen (§ 3 Abs. 4 BauNVO). Dass vorliegend auch Tagesangebote als mitprägend zugelassen sind, hindert die Einordnung als reines Wohngebiet.

Die im Gerichtsverfahren vertretene Auffassung der Antragsgegnerin, das Plangebiet habe (nur) den Schutzanspruch eines Mischgebiets, überzeugt nicht. Im überplanten Bereich selbst fehlt die für ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) typische Nutzungsmischung von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben. Eine gemeinsame Betrachtung mit der westlich anschließenden Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 7a oder dem im Umfeld des L. -Markts am R. durch Bebauungsplan Nr. 51 festgesetzten Mischgebiet ist nicht angezeigt, da das Plangebiet mit seiner Größe von 1,19 ha ein erhebliches städtebauliches Eigengewicht hat. Zudem würde eine Gesamtschau mit der westlich angrenzenden Bebauung schon deshalb nicht zwingend zu der Einstufung als Mischgebiet führen, da der Bebauungsplan Nr. 7a für seinen westlichen Teil kein Mischgebiet, sondern ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Ob der Plangeber die Schutzbedürftigkeit eines Sondergebiets durch die Festsetzung von Immissionsrichtwerten definieren darf, wobei auch insoweit die Schutzbedürftigkeit aus den gewünschten Nutzungen abzuleiten wäre, kann dahinstehen (wie Senatsurt. v. 26.3.2014 - 1 KN 1/12 -, BImSchG-Rspr § 3 Nr. 164 = juris Rn. 37 f.). Denn die Antragsgegnerin hat eine solche Festsetzung im verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan nicht getroffen. Namentlich die in der Planbegründung (S. 22) bzw. ihren Anlagen (S. 16 des Geruchsgutachtens des TÜV Nord v. 21.11.2014) im Zusammenhang mit Geruchsimmissionen zur Schutzbedürftigkeit des Plangebiets nebenher getroffenen Aussagen enthalten schon mangels Normcharakters und auch inhaltlich keine derartige Festsetzung.

(2) Der den Seniorenresidenzen zukommende Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets ist nicht erfüllt. Selbst der für ein Mischgebiet geltende Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags ist ausweislich der nach Satzungsbeschluss eingeholten Gutachten im südlichen Planbereich deutlich überschritten. Laut Gutachten der Q. GmbH wachsen die Lärmeinwirkungen an den hier besonders interessierenden Immissionspunkten an den Häusern II und III (Immissionspunkte 2, 3, 4, 5 und 6) tagsüber von 62, 63, und 64 dB(A) im Erdgeschoss auf 64 und 65 dB(A) im zweiten Obergeschoss (Stellungnahme v. 27.6.2016) bzw. von 60, 61, 62 und 63 dB(A) im Erdgeschoss auf 62, 63 und 64 dB(A) im zweiten Obergeschoss (Stellungnahme v. 23.9.2016). Selbst wenn der Lieferverkehr auf dem Antragstellergrundstück von 15 auf 10 Lkw täglich reduziert, im Bereich des Kundenparkplatzes ein schallreduzierter Belag aufgebracht, lärmreduzierte Rollen an den Einkaufswagen verwendet und kumulativ nur noch 60 Paletten und 60 Rollcontainer (statt jeweils 80) täglich entladen würden, würden die Immissionsrichtwerte an den vorgenannten Immissionspunkten mit bis zu 62 dB(A) noch überschritten (Stellungnahme Q. GmbH v. 18.10.2017).

(3) Das Wohnhaus auf dem Antragstellergrundstück schränkt die Lärmemissionsmöglichkeiten des Verbrauchermarkts nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit in einem Maß ein, dass im Plangebiet die Immissionsrichtwerte eines allgemeinen Wohngebiets gewahrt werden.

Erhebliches spricht zwar dafür, dass dieses Wohnhaus gegenwärtig den Schutzanspruch eines Mischgebiets beanspruchen kann. Bei dem im Jahr 1973 errichteten Wohnhaus handelt es sich um einen Nachfolgebau eines ursprünglich straßenseitig angesiedelten Wohnhauses, das langjährig in Beziehung zu den auf dem Grundstück zugleich ansässigen Betrieben stand. Dem Wohnhaus vor diesem Hintergrund einer möglichen Zuordnung zu dem heutigen Marktbetrieb nur den Schutzanspruch eines Gewerbegebiets (65 dB (A) tags; Auffassung des Landkreises B-Stadt in einem an den Antragsteller gerichteten Anhörungsschreiben v. 15.12.2016) oder gar nur einen Anspruch auf Schutz vor Gesundheitsgefahren zuzubilligen, wobei allerdings auch diese Schwelle nach den Feststellungen der Q. GmbH (Stellungnahme v. 27.6.2016 und v. 23.9.2016) mit 76 dB (A) überschritten war, kommt wohl nur im Ansatz in Betracht. Für einen höheren Schutzanspruch spricht nämlich, dass der Bauschein vom 23. Mai 1973 die Errichtung des Wohnhauses ohne eine Einschränkung auf betriebsbedingtes Wohnen genehmigte und somit allgemeines Wohnen zuließ. Unter Berücksichtigung der umliegenden Gewerbenutzungen (insbesondere Getränkehandel) und Wohnhäuser könnte dem Wohnhaus auf dem Antragstellergrundstück daher auch der Schutzanspruch eines Mischgebiets (60 dB (A) tags) zukommen. Immissionsrichtwerte für Mischgebiete sollen auch bei der Bildung von Zwischenwerten in Gemengelagen nicht überschritten werden (Nr. 6.7 TA Lärm).

Selbst wenn dem Wohnhaus der Lärmschutzanspruch eines Mischgebiets gegenüber dem Markt zugestanden hätte, führt dies aber nicht dazu, dass daraus auf Dauer eine dem geplanten Vorhaben vergleichbare Notwendigkeit zur Immissionsminderung folgt. Denn bereits zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses stand fest, dass ein Schutzanspruch mittelfristig entfallen, mithin die begrenzende Funktion nicht von Dauer sein würde. Das Wohnhaus H. Straße I. steht seit Ende Januar 2006 im Eigentum des Antragstellers. Es war aufgrund Auflassungsvertrags vom 31. Oktober 2005 mit einem dinglichen, als bedingt und befristet in das Grundbuch eingetragenen persönlichen Wohnrecht zu Gunsten des 1939 geborenen Voreigentümers belastet, das durch Fristablauf nach 25 Jahren, Auszug oder Ableben endete. Aufgrund dieser Vereinbarung war abzusehen, dass der Antragsteller spätestens im Jahr 2030 frei über das Wohnhaus und seine Nutzung würde verfügen können. Diese mit Sicherheit zu erwartende und innerhalb des Prognosezeitraums der auf Langfristigkeit angelegten Bauleitplanung liegende Entwicklung schließt es aus zu unterstellen, der Rat der Antragsgegnerin hätte auch in Kenntnis der Lärmbelastung den Plan unverändert beschlossen. Zwar ist der Verzicht eines Lärmbetroffenen auf den rechtlich gebotenen Schutzstandard grundsätzlich baurechtlich unbeachtlich (BVerwG, Urt. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 25). Vorliegend ist der Antragsteller jedoch Eigentümer des zugleich emittierenden und lärmbetroffenen Grundstücks. Ihm steht es daher frei, auf die Wohnnutzung ganz zu verzichten und an ihrer Stelle beispielsweise eine lärmunempfindliche gewerbliche Nutzung - unter Beachtung der Verfahrenserfordernisse - zu etablieren.

Der Antragsgegnerin gereicht es nicht zum Vorteil, dass der Antragsteller im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nichts zu den rechtlichen Besonderheiten des Wohnhauses vorgetragen hat. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen tatsächlichen Lärmentwicklung des Antragstellerbetriebs wäre es an der Antragsgegnerin gewesen, sich aktiv Gewissheit zu verschaffen, dass eine (dauerhafte) Lärmreduktion aus Rechtsgründen ohnehin erfolgen müsste.

(4) Auch das nördlich des Hauptparkplatzes des Antragstellergrundstücks gelegene Wohnhaus H. Straße P. schränkt die Lärmemissionsmöglichkeiten des Markts nicht bereits soweit ein, dass das Plangebiet keine weitergehenden Lärmschutzansprüche stellen könnte und im Plangebiet die Immissionsrichtwerte eines allgemeinen Wohngebiets gewahrt würden.

Für das nördlich des Kundenparkplatzes gelegene Wohnhaus H. Straße P. gilt im Ausgangspunkt der Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets (55 dB (A) tags), da es in einem entsprechend genutzten und festgesetzten Bereich liegt. Aufgrund der Nähe zum Antragstellergrundstück und der Einstufung des westlichen Gebäuderiegels des Bebauungsplans Nr. 7a kommt allenfalls eine Zwischenwertbildung zu einem Mischgebiet in Betracht.

Laut schalltechnischer Ermittlung der Q. GmbH ist das Wohnhaus H. Straße P. durch den Betrieb des Markts einer Immissionsbelastung von 61 (Stellungnahme v. 27.6.2016) oder 60 dB (A) (Stellungnahme v. 23.9.2016) tags ausgesetzt. Ob die vom Antragsteller dagegen unter Bezugnahme auf die konkrete Bausituation des Wohnhauses erhobenen Einwendungen zutreffen und möglicherweise dazu führen, dass die Immissionsrichtwerte bei einer Zwischenwertbildung eingehalten sind, das Wohnhaus mithin keine emissionsbegrenzende Wirkung für seinen Betrieb hat, kann dahinstehen. Denn unabhängig davon, ob das Wohnhaus gegenüber dem Verbrauchermarkt eine emissionsbegrenzende Wirkung hat, ist diejenige durch die Häuser II und III der geplanten Seniorenresidenz jedenfalls stärker. Dies ergibt sich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Immissionspunkte der Häuser II und III im südlichen Planbereich näher an mehreren relevanten Lärmquellen des Verbrauchermarkts (Kundenparkplatz mit 30 Stellplätzen, Anlieferungszone, Presscontainer, Kältemaschine) liegen und dadurch höheren Lärmfrachten ausgesetzt sind als das Wohnhaus H. Straße P..

(5) Das ehemalige Außenbereichswohnhaus („ehemaliger S.“), das im Zuge der Realisierung des Vorhabens abgerissen wurde, konnte zu keiner den Schutzanspruch der Seniorenresidenz abdeckenden Emissionseinschränkung für den Markt des Antragstellers führen. Es hatte - so man es überhaupt berücksichtigen kann - nur den Schutzanspruch eines Außenbereichsvorhabens. Dieser lag niedriger als der Schutzanspruch der Seniorenresidenz (s.o.). Hinzu kommt, dass das Wohnhaus im vergleichsweise unkritischen Bereich nordöstlich des Markts etwa auf Höhe der Stichstraße J. lag, während die höchste Immissionsbelastung weiter südlich zu verzeichnen ist.

(6) Dass die Umgebungsbebauung oder das von der Beigeladenen geplante Vorhaben zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Unterlassung des Betriebs des sehr lauten Presscontainers verlangen konnte, steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest und kann nicht unterstellt werden. Der Landkreis B-Stadt sieht die Benutzung des Presscontainers werktags zwischen 15 und 19 Uhr für jeweils maximal 1,5 Stunden ausweislich der noch nicht bestandskräftigen Baugenehmigung vom 24. August 2015 als genehmigungsfähig an. In den für den Markt in den Jahren 1982 und 1995 erteilten Genehmigungen findet sich keine klare Festsetzung zum Pressen von Pappverpackungsmüll. Lediglich die Aufbewahrung von Verpackungsmüll ist in der Genehmigung vom 20. August 1982 erwähnt; dies zudem mehrdeutig, wenn es auf Blatt 4 der besonderen Bedingungen und Auflagen unter Nr. 2 heißt: „Außerhalb des Gebäudes darf kein Leergut und Verpackungsmaterial gelagert werden“ (BA 009, 2. Reiter, Bl. 11) und auf einer folgenden Seite ohne Kopfzeile zu den Außenanlagen ausgeführt wird „Möglichkeiten zur Stapelung von Leerpaletten, Leergut und verbrauchtem Verpackungsmaterial müssen vorhanden sein“ (BA 009, 2. Reiter, Bl. 12).

(7) Aus der Baugenehmigung vom 24. August 2015, die dem Antragsteller den Umbau des Verbrauchermarkts durch Vereinigung zweier Ladenlokale zu einem einzigen Marktgebäude genehmigt, ergab sich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses schon deshalb keine relevante Lärmbegrenzung, weil sie erst nach dem Ratsbeschluss vom 5. März 2015 erteilt wurde. Darüber hinaus dürfte der darin enthaltene Auflagenvorbehalt:

„Das Bauvorhaben ist so zu gestalten, dass bei dem Betrieb die zulässigen Immissions-Richtwerte der TA-Lärm in der Nachbarschaft nicht überschritten werden.

Der Landkreis B-Stadt behält sich vor, auf Kosten des Betreibers, zur Nachprüfbarkeit der Einhaltung der Lärm-lmmissionsrichtwerte, durch gutachterliche Stellungnahme oder Ermittlung einer anerkannten Stelle eine Geräuschmessung nach Inbetriebnahme durchführen zu lassen.

Bei einer Überschreitung der zulässigen Lärmwerte können dem Betreiber entsprechende Maßnahmen zur Minderung der Lärmimmissionen auferlegt werden. Die Forderung eines ergänzenden, schalltechnischen Gutachtens bei Überschreitung der zulässigen Lärmwerte bleibt vorbehalten.“

zu unbestimmt sein, weil er jedenfalls in östlicher, d. h. der Richtung zum Planbereich, zu der der Antragsteller mehr oder minder ungehemmt hatte emittieren können/dürfen, nicht konkretisiert, welches die „zulässigen Immissions-Richtwerte" sein sollen. Ob und inwieweit die Bauaufsichtsbehörde die ihrer Auffassung nach einschlägigen Immissionsrichtwerte in der Folgezeit konkretisiert hat, bedarf keiner Vertiefung. Jedenfalls hatten Bau- und Immissionsschutzbehörde bis zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses der Antragsgegnerin keine solche Einschränkung des Verbrauchermarkts veranlasst oder festgestellt.

2. Ob der angegriffene Plan zudem an einem Fehler im Abwägungsergebnis leidet, was mit Blick auf die erhebliche Überschreitung der für überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte und eine für den Senat jedenfalls gegenwärtig nicht erkennbare Dringlichkeit, ausgerechnet in eine solchermaßen vorbelastete Lage neue Wohnbebauung hineinzuplanen und deren besonders schutzbedürftige Räume zur Emissionsquelle hin auszurichten, ernstlich in Betracht kommt, lässt der Senat dahinstehen.

3. Der festgestellte Fehler führt nicht entsprechend dem Hauptantrag zur Teilunwirksamkeit des Plans, sondern zu seiner hilfsweise beantragten Vollunwirksamkeit, ohne dass dies mit einer förmlichen Ablehnung des Hauptantrags oder gar einer dem Antragsteller nachteiligen Kostenfolge verbunden wäre (vgl. zum Maßstab zusammenfassend: BVerwG, Urt. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, BVerwGE 131, 100 = juris Rn. 13).

Es ist nach den Unterlagen zum Planaufstellungsverfahren nicht erkennbar, dass der Rat der Antragsgegnerin einen Bebauungsplan nur für den nördlichen Planbereich beschlossen hätte, wenn ihm der für den südlichen Planbereich relevante Abwägungsausfall bewusst gewesen wäre (vgl. zum Maßstab: BVerwG, Urt. v. 11.9.2014 - 4 CN 3.14 -, BRS 82 Nr. 68 = juris Rn. 26 f.; Urt. v. 19.9.2002 - 4 CN 1.02 -, BVerwGE 117, 58 = juris Rn. 12 f.). Der Bebauungsplan dient der Ermöglichung eines konkreten Vorhabens. Die Vorhaben- und die Bauleitplanung beruhen auf einem Gesamtkonzept, verschiedene Wohnformen sowie verschiedene Service- und Pflegeangebote für Senioren im räumlichen Zusammenhang anzubieten. Das Spektrum reicht von altengerechten, barrierefreien Wohnungen ohne externe Betreuung im Südteil über betreute Wohnformen bis hin zu ganztägigen Pflegeinrichtungen im Nordteil. So sollen Umzüge vermieden werden, wenn sich Bedarfe ändern und mehr Service oder Pflege benötigt wird (Planbegründung, S. 4, 11 und 12 sowie 32 unten). Dieses Konzept steht und fällt mit der Bebauung auch des südlichen Planbereichs.

Die einheitliche Planungskonzeption spiegelt sich zudem in der Lösung der Entwässerungsfrage wider. Wegen des hohen Grundwasserstands im Plangebiet sind Maßnahmen zur Regenwasserrückhaltung erforderlich. Der Rat der Antragsgegnerin hat sich diesbezüglich für die Schaffung eines Kanalstauraums entlang der Westgrenze des Plangebiets entschieden, der mit 195 m Länge nahezu das gesamte Plangebiet durchzieht. Das darin aus beiden Planbereichen einsickernde Oberflächen- /Regenwasser soll im Süden des Plangeländes gedrosselt an den Kolk-Salzbach abgegeben werden (S. 24 der Planbegründung). Es ist nicht gesichert, dass der Plangeber die Entwässerungsproblematik bei Hinwegdenken der Südbebauung gleichermaßen gelöst hätte. Ob die auf ein Niederschlagsereignis mit einer statistischen fünfjährigen Wiederkehrhäufigkeit ausgelegte Dimensionierung der Regenwasserableitung angesichts der in der Planbegründung (Seite 29 unten) zugleich erwähnten Zunahme von Starkregenereignissen schlüssig ist, lässt der Senat dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 analog, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.