Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.09.2022, Az.: 1 LA 12/22
Aufenthalt; Beherbergungsbetrieb; Bindungswirkung; Boxhotel; Dauer; Fenster; Fenster, notwendiges; fensterlos; Nebenbestimmung; Rechtskraft; Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils; Schlafbox; Schlafraum; Streitgegenstand; Übernachtung; Verpflichtungsklage; Verzicht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.09.2022
- Aktenzeichen
- 1 LA 12/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59638
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 15.12.2021 - AZ: 4 A 1173/20
Rechtsgrundlagen
- § 3 BauO ND
- § 43 Abs 3 BauO ND
- § 43 Abs 5 BauO ND
- § 113 V 1 VwGO
- § 121 VwGO
Fundstellen
- BauR 2023, 59-62
- DÖV 2023, 42
- IBR 2022, 652
- NordÖR 2022, 556
- ZfBR 2023, 73
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Verpflichtungsurteils hindert die verpflichtete Behörde nur dann an der Beifügung einer belastenden Nebenbestimmung, wenn deren Ausschluss vom Streitgegenstand des Urteils umfasst ist
2. Ein Vorhaben wird nicht dadurch bauordnungsrechtlich zulässig, dass ein Nutzer auf die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Standards verzichtet.
3. Stellt ein Beherbergungsbetrieb fensterlose Schlafräume zur Verfügung, ist dies nur dann mit den Anforderungen des § 43 Abs. 5 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 NBauO vereinbar, wenn die Dauer des Aufenthalts auf maximal drei aufeinanderfolgende Übernachtungen begrenzt wird (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurt. v. 12.5.2021 - 1 LB 29/20 -, BauR 2021, 1431= NdsVBl 2022, 10 = juris Rn. 30 ff.).
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 4. Kammer - vom 15. Dezember 2021 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung zu einer Baugenehmigung, die die zulässige Aufenthaltsdauer in ihrem „Boxhotel“ auf maximal drei aufeinanderfolgende Nächte begrenzt.
Die Klägerin betreibt auf dem Grundstück {D.} in der Innenstadt der Beklagten ein so genanntes Boxhotel, bestehend aus 104 Schlafboxen mit 208 Betten. Die einzelnen, etwa 4 bis 5 qm großen Schlafboxen verfügen über Lichtöffnungen nur zu den davor verlaufenden Gängen, die ihrerseits ebenfalls nicht durchweg mit Tageslicht versorgt sind. Ausweislich der Betriebsbeschreibung richtet sich das Angebot an Gäste, die eine unkomplizierte, preiswerte Übernachtungsmöglichkeit suchen. Ausgegangen wird „von einer durchschnittlichen Verweildauer der Gäste von nur einer Übernachtung bis maximal zwei Folgenächten“.
Die für das Vorhaben erforderliche Baugenehmigung erteilte die Beklagte unter dem 18. April 2019, nachdem sie vom Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 24. Januar 2019 - 4 A 6166/18 - verpflichtet worden war, „der Klägerin eine Baugenehmigung über die Nutzungsänderung eines medizinischen Labors in eine Beherbergungsstätte zu erteilen.“ Der Genehmigung fügte sie die folgende als Auflage bezeichnete Nebenbestimmung bei:
„Die unterbrechungsfreie Übernachtungsdauer pro Gast ist auf maximal 3 aufeinanderfolgende Nächte begrenzt. Sie darf nicht überschritten werden. Dies ist organisatorisch sicher zu stellen. (…) “
Den gegen diese Nebenbestimmung erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2020 zurück.
Das Verwaltungsgericht Hannover hat die daraufhin erhobene Klage - soweit sie sich gegen die Nebenbestimmung im vorzitierten Umfang gerichtet hat - mit dem angegriffenen Urteil vom 15. Dezember 2021 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf das in einem Parallelverfahren ergangene Senatsurteil vom 12. Mai 2021 - 1 LB 29/20 - Bezug genommen, wonach ein Beherbergungsbetrieb mit fensterlosen Zimmern ohne natürliche Belichtung dann zulässig sein könne, wenn Betriebskonzept und Ausstattung der Zimmer auf einen nur maximal drei Übernachtungen umfassenden Aufenthalt der Gäste ausgerichtet seien.
II.
Der dagegen gerichtete, auf die Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel, besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten, grundsätzlicher Bedeutung sowie der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind dann dargelegt, wenn es dem Rechtsmittelführer gelingt, wenigstens eine erhebliche Tatsachenfeststellung oder einen tragenden Rechtssatz mit plausiblen Gegenargumenten derart in Frage zu stellen, dass sich dadurch etwas am Entscheidungsergebnis ändern könnte. Überwiegende Erfolgsaussichten sind nicht erforderlich; es genügt, wenn sich diese als offen erweisen. Das darzulegen, ist der Klägerin nicht gelungen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Gemäß § 43 Abs. 3 NBauO müssen Aufenthaltsräume (§ 2 Abs. 8 NBauO) - darunter fallen Hotelzimmer und auch die hier vorliegenden Schlafboxen - unmittelbar ins Freie führende Fenster von solcher Zahl, Größe und Beschaffenheit haben, dass die Räume das erforderliche Tageslicht erhalten und zweckentsprechend gelüftet werden können (notwendige Fenster). Von diesen Anforderungen kann gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 NBauO bei Aufenthaltsräumen, die - wie hier - nicht dem Wohnen dienen, abgesehen werden, soweit durch besondere Maßnahmen oder Einrichtungen sichergestellt wird, dass insbesondere den Anforderungen des § 3 NBauO entsprochen wird. Das ist nach der Rechtsprechung des Senats in Beherbergungsbetrieben, deren Schlafräume für einen reinen Übernachtungsaufenthalt konzipiert sind und nicht über unmittelbar ins Freie führende Fenster verfügen, dann sichergestellt, wenn die ununterbrochene Dauer eines Aufenthalts auf maximal drei Übernachtungen begrenzt ist. Diese Begrenzung trägt der Tatsache Rechnung, dass fensterlose Schlafräume mit Blick auf die Anforderungen des § 3 NBauO nur für kurzfristige Aufenthalte geeignet sind. Je länger ein Aufenthalt andauert, umso eher wird das Bedürfnis entstehen, Räume auch tagsüber zum Rückzug zu nutzen und dort auch zu anderen Zwecken als dem bloßen Schlafen länger zu verweilen. Damit gewinnt das Fehlen der natürlichen Belichtung an Gewicht; eine Kompensation durch Kunstlicht scheidet bei längeren Aufenthalten aus. Vor diesem Hintergrund bedarf es der Begrenzung der Aufenthaltsdauer (Senatsurt. v. 12.5.2021 - 1 LB 29/20 -, BauR 2021, 1431= NdsVBl 2022, 10 = juris Rn. 32). Dem trägt die Beklagte mit der beigefügten Auflage Rechnung (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 36 Abs. 1 VwVfG). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auflage begründet das Zulassungsvorbringen der Klägerin nicht.
Die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht habe die Wertung des § 51 Satz 2 NBauO nicht berücksichtigt. Diese im Zusammenhang mit Satz 1 der Vorschrift zu lesende Bestimmung lautet:
„1An einen Sonderbau nach § 2 Abs. 5 können im Einzelfall besondere Anforderungen gestellt werden, soweit die Vorschriften der §§ 4 bis 50 und der zu ihrer näheren Bestimmung erlassenen Verordnungen nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass der Sonderbau die Anforderungen des § 3 erfüllt. 2Erleichterungen können gestattet werden, soweit es der Einhaltung von Vorschriften und Verordnungen nach Satz 1 wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher Anlagen oder Räume oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf.“
Mit dieser Vorschrift steht die Nebenbestimmung in Einklang. Wie der Wortlaut des § 51 Satz 1 NBauO zeigt und was überdies auch die Systematik der Niedersächsischen Bauordnung deutlich macht, muss jede bauliche Anlage den Anforderungen des § 3 NBauO genügen. Bauliche Anlagen müssen insbesondere den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entsprechen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 NBauO); dem dient die Forderung nach einer natürlichen Belichtung von Aufenthaltsräumen. In welchem Umfang der Aufenthalt in fensterlosen Schlafräumen zulässig ist, ohne dass gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 NBauO verstoßen wird, hat der Senat in seiner oben zitierten Entscheidung geklärt. Abstriche hinsichtlich der Anforderungen des § 3 NBauO erlaubt auch § 51 Satz 2 NBauO nicht.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt darin nicht. Fensterlose Schlafräume unterscheiden sich von Schlafräumen, die über die notwendigen Fenster verfügen, in rechtlich relevanter Weise, sodass eine daran anknüpfende Differenzierung zulässig ist. Fensterlosen Schlafräumen ist hingegen gemein, dass sie nur zu einem reinen Schlafaufenthalt und nicht zu weiteren Aufenthaltszwecken taugen und das Bedürfnis zu einem Aufenthalt aus anderen Zwecken umso mehr zunimmt, je länger dieser dauert. Das rechtfertigt es, die Aufenthaltsdauer unterschiedslos zu begrenzen, und gilt auch mit Blick darauf, dass in diesem Fall nicht ein Bett in einem Mehrbettzimmer, sondern eine individuelle Schlafbox zur Verfügung gestellt wird. Das zunehmende Bedürfnis nach einem Rückzugsort stellt sich unabhängig davon ein, ob sich der Schlafraum dafür mehr oder - wie die Klägerin mit Blick auf die Schlafbox meint - weniger eignet. Soweit andernorts - die Klägerin nennt Göttingen und Hamburg als Beispiele - Boxhotels bzw. Cabin Hotels ohne Begrenzung der Zahl zulässiger Übernachtungen genehmigt worden sind, folgt daraus ebenfalls kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Rechtlich relevant ist eine Ungleichbehandlung nur dann, wenn sie durch denselben Hoheitsträger in seinem eigenen Kompetenzbereich erfolgt (Epping, Grundrechte, 9. Aufl. 2021, Rn. 793).
Soweit die Klägerin meint, es bedürfe einer Einzelfallbetrachtung, wird schon nicht deutlich, welche Besonderheiten des Einzelfalls hier Berücksichtigung finden könnten. Dass sich ihre Gäste „wissentlich und v.a. willentlich auf das Erlebnis einer Übernachtung in einer Schlafbox ‚einlassen‘“, ist keine baurechtlich relevante Besonderheit. Im Baurecht gilt vielmehr, dass eine bauliche Anlage nur dann genehmigungsfähig ist, wenn sie den rechtlichen Anforderungen entspricht. Dass sich auch für bauliche Anlagen, die dem geltenden Recht nicht entsprechen, regelmäßig Nutzer finden, ändert daran nichts; die baurechtlichen Schutzvorschriften sind anlagenbezogen und insofern nicht disponibel (vgl. zum Bauplanungsrecht BVerwG, Urt. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 314 = BRS 62 Nr. 86 = juris Rn. 29). Zudem trifft es nicht zu, dass alle Gäste aus freien Stücken eine Übernachtung in einer Schlafbox wählen. Sehr preiswerte Unterkünfte werden vielfach von Arbeitgebern für ihre Mitarbeiter, etwa für die von der Klägerin explizit in den Blick genommenen Monteure, gebucht, die häufig über kein Mitspracherecht bei der Wahl des Übernachtungsortes verfügen.
Fehl geht der Einwand, das Verwaltungsgericht habe nicht Beweis geführt, dass eine längere Aufenthaltsdauer als drei aufeinanderfolgende Übernachtungen zu gesundheitlichen Schäden führen könne. Mit § 43 Abs. 3 NBauO hat der Gesetzgeber selbst eine zulässige Wertung getroffen, welche Mindestanforderungen zur Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse bestehen. Sobald sich daher ein Übernachtungsaufenthalt aufgrund des mit zunehmender Dauer typischerweise steigenden Bedürfnisses, sich auch tagsüber in dem Zimmer aufzuhalten, einem Wohnaufenthalt annähert, greift die gesetzgeberische Wertung durch.
Die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 24. Januar 2019 steht der angegriffenen Entscheidung nicht entgegen. Die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils reicht gemäß § 121 VwGO nur insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, der durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck gebrachte Rechtsfolge sowie durch den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist. Die gerichtliche Entscheidung ist demgemäß die im Entscheidungssatz des Urteils sich verkörpernde Rechtsfolge als Ergebnis der Subsumtion des Sachverhalts unter das Gesetz, also der konkrete Rechtsschluss vom Klagegrund auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der begehrten Rechtsfolge anhand des die Entscheidung unmittelbar tragenden Rechtssatzes. Auf diesen unmittelbaren Gegenstand des Urteils ist die Rechtskraft beschränkt (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.2011 - 8 C 15.10 -, BVerwGE 140, 290 = juris Rn. 20). Ob die Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts die Behörde hindert, dem Verwaltungsakt belastende Nebenbestimmungen beizufügen, hängt von der Reichweite der Rechtskraft des Urteils im Einzelfall ab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.3.2014 - 4 B 3.14 -, BauR 2014, 1129 = BRS 82 Nr. 105 = juris Rn. 16).
Gemessen daran folgt aus dem Urteil vom 24. Januar 2019 nicht, dass die Baugenehmigung ohne Begrenzung der zulässigen Anzahl aufeinanderfolgender Übernachtungen zu erteilen war. Der Tenor des Urteils beschränkt sich auf den Ausspruch, die Baugenehmigung zu erteilen. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich weiter, dass das beantragte Vorhaben zu genehmigen ist. Beantragt war eine Nutzung als Übernachtungsmöglichkeit bei einer „durchschnittlichen Verweildauer der Gäste von nur einer Übernachtung bis maximal zwei Folgenächten.“ Das ist auch für das Verwaltungsgericht von tragender Bedeutung; die Genehmigungsfähigkeit folgt für das Gericht auch daraus, dass nur ein kurzfristiger Aufenthalt von wenigen Tagen erfolgen soll.
Das zugrunde gelegt lässt der Senat offen, ob nicht schon die dem Bauantrag beigefügte Betriebsbeschreibung, hinsichtlich derer Unklarheiten grundsätzlich zu Lasten des Bauherrn gehen, eine Begrenzung der Übernachtungsdauer auf maximal drei aufeinanderfolgende Übernachtungen enthält. In diesem Fall hätte die Klägerin einen weitergehenden Bauantrag nicht gestellt; der Auflage käme eine nur klarstellende bzw. den Vollzug erleichternde Bedeutung zu. Selbst wenn der Bauantrag aber unbegrenzt gestellt gewesen sein sollte, wäre die Rechtslage im Ergebnis nicht anders. Denn der Verpflichtungsausspruch beschränkt sich nach den obigen Ausführungen auch unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe darauf, das Vorhaben dem Grunde nach und ohne eine prinzipiell unbegrenzte Übernachtungsdauer für genehmigungsfähig zu erklären; konkrete Anhaltspunkte für ein gegenteiliges Verständnis trägt auch die Klägerin nicht vor. Vor diesem Hintergrund erstreckt sich die Rechtskraftbindung auf die Erteilung der Genehmigung als solche, ohne eine nähere Ausgestaltung der Modalitäten namentlich auch mit Blick auf die Anzahl zulässiger Übernachtungen durch eine Beifügung von Nebenbestimmungen auszuschließen. Auch vor diesem Hintergrund erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts demzufolge als richtig.
Dass schließlich eine weitergehende Abweichung gemäß § 66 NBauO zu erteilen gewesen wäre, macht die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 2. September 2022 und damit weit nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend. Der Vortrag muss daher außer Betracht bleiben. Nur ergänzend merkt der Senat daher an, dass eine Abweichung von den Anforderungen des § 3 NBauO nicht erteilt werden darf (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 NBauO).
Ebenfalls erstmals nach Ablauf der Begründungsfrist trägt die Klägerin vor, die Nebenbestimmung verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil ein wirtschaftlicher Nachteil daraus folge, dass sie die Drei-Tages-Begrenzung auf ihrer Homepage offenlegen müsse. Ungeachtet der Verfristung des Einwands ist der Eingriff mit Blick auf das mit der Begrenzung verfolgte hochwertige Ziel des Schutzes der Gesundheit und der Individualsphäre jedenfalls gerechtfertigt.
2.
Besondere rechtliche Schwierigkeiten bzw. eine grundsätzliche Bedeutung weist nach Auffassung der Klägerin erstens die Frage auf, ob „die für den dauerhaften Aufenthalt in Aufenthaltsräumen entwickelten Grundsätze für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse i.S.d. § 3 NBauO, wonach Fenster neben technischen und biologischen v.a. die psychophysische Funktion erfüllen, dem Menschen gerade von seinem privaten Hauptlebensraum aus die ;visuelle Partizipation’ an seiner natürlichen und sozialen Umwelt zu ermöglichen, auch für Sonderbauten“ gelten oder ob „hier im Einzelfall andere Maßgaben gelten“ können. Diese Frage ist in der oben zitierten Rechtsprechung des Senats dahingehend geklärt, dass den Anforderungen des § 3 NBauO bei fensterlosen Schlafstätten genügt ist, wenn der Aufenthalt nur kurzzeitig, d.h. für maximal drei aufeinanderfolgende Nächte erfolgt und sich auf die Übernachtung als solche beschränkt. Der vorliegende Einzelfall weist insofern weder besondere Schwierigkeiten noch weitergehenden Klärungsbedarf auf.
Die weitere Frage, ob „infolge des Senatsurteils vom 12.05.2021 (Az.: 1 LB 29/20) zum Zwecke der Gewährleistung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse i.S.d. § 3 NBauO bei fensterlosen Beherbergungsbetrieben die ununterbrochene Aufenthaltsdauer pauschal/allgemeingültig auf drei Übernachtungen zu begrenzen“ ist, ist in der Senatsrechtsprechung ebenfalls geklärt und ohne Schwierigkeiten auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Auf die obigen Ausführungen nimmt der Senat Bezug. Wie dargelegt, unterscheidet sich die Schlafbox auch nicht in baurechtlich relevanter Weise von einem Bett in einem fensterlosen Mehrbettzimmer. Sie eignet sich - wie die Klägerin selbst zu Recht ausführt - in keiner Weise für ein längeres Verweisen; genau das ist der Grund für die von der Beklagten verfügte Begrenzung. Die Nutzung ist schon deshalb wohnähnlich, weil eine Übernachtung erfolgt; dass sie nicht alle Anforderungen an ein Wohnen im Rechtssinne erfüllt, ist unbestritten.
Ebenso geklärt und nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, dass „der Wille des Beherbergungsgastes, sich bewusst auf eine besondere Übernachtungsmöglichkeit, wie die Übernachtung in einer Schlafbox, einem Weinfass, einer Innenkabine eines Kreuzfahrtschiffs, einem Strandkorb etc. einzulassen, bei der Anwendung der Grund-sätze für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse i.S.d. § 3 NBauO keine Rolle“ spielt. Wie oben ausgeführt stellt das öffentliche Baurecht objektive Anforderungen an die Beschaffenheit der baulichen Anlage; es wirkt demzufolge anlagen- und nicht nutzerbezogen. Zudem würde sich die Frage in einem Berufungsverfahren nicht stellen, weil - wie oben ausgeführt - auch mit unfreiwilligen Aufenthalten zu rechnen ist.
3.
Soweit die Klägerin schließlich mit der Divergenzrüge geltend macht, das Verwaltungsgericht Hannover sei vom Senatsurteil vom 12. Mai 2021 - 1 LB 29/20 - abgewichen, unterliegt sie einem Missverständnis. Der Senat hat - wie oben ausgeführt - entschieden, dass eine Übernachtungsmöglichkeit in fensterlosen Schlafräumen nur kurzzeitig, d.h. bis zu drei Übernachtungen in Folge, mit den Anforderungen des § 3 NBauO in Einklang steht. In der Entscheidung heißt es (juris Rn. 30):
„Diese Begrenzung trägt der Tatsache Rechnung, dass fensterlose Schlafräume mit Blick auf die Anforderungen des § 3 NBauO nur für kurzfristige Aufenthalte geeignet sind. […] Diese Begrenzung veranschlagt der Senat auf den Zeitraum eines verlängerten Wochenendes mit drei Übernachtungen als maximal zulässiger Aufenthaltsdauer.“
Eine weitergehende Einzelfallbetrachtung ist nach der Senatsrechtsprechung nicht erforderlich; das Verwaltungsgericht hat eine solche zu Recht unterlassen.
4.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).