Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.11.2011, Az.: 13 Verg 6/11
Anforderungen an das Vorliegen eines Beurteilungsspielraums für einen Auftraggeber bei Einstufung eines Angebots als ungewöhnlich niedrig im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 17.11.2011
- Aktenzeichen
- 13 Verg 6/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 28461
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:1117.13VERG6.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VK Niedersachsen - 26.08.2011 - AZ: VgK34/2011
Rechtsgrundlagen
- § 16 Abs. 6 S. 1, 2 VOL/A
- § 3 Abs. 1 Nr. 2 NRettDG
- § 5 Abs. 1 NRettDG
Fundstellen
- Gemeindehaushalt 2012, 20-21
- IBR 2012, 102
Amtlicher Leitsatz
- 1)
Dem Auftraggeber steht gem. § 16 Abs. 6 S. 1 VOL/A ein Beurteilungsspielraum zu, ob er ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig einstuft.
- 2)
Zur Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses für die Vergabeentscheidung
- 3)
Vergaberechtsfehler von Amts wegen aufzugreifen, kommt nur dann in Betracht, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen, z.B. weil eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist.
In dem Vergabenachprüfungsverfahren Bietergemeinschaft J. e. V., Regionalverband S., vertreten durch den Regionalvorstand S. B., C., H., und J. gGmbH, vertreten durch den Geschäftsführer T. M. und K. S., K., H., Antragstellerin und Beschwerdeführerin, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Bräutigam D. K. D., U., B., Geschäftszeichen: ..... gegen Stadt H., , An der F., H., Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte K. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, G., M., 1. A. gGmbH, P., H., Beigeladene zu 1, 2. M. gGmbH, Zu den M., H., Beigeladene zu 2, Bietergemeinschaft D. gGmbH, An der B., S., und D. gGmbH, I., A., Beigeladene zu 3, Prozessbevollmächtigte zu 1: Rechtsanwälte S. Dr. S. & Partner, F., H., Prozessbevollmächtigte zu 2: Rechtsanwälte H. K. L. W., G. Straße, D., Geschäftszeichen: ..... hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. K., den Richter am Oberlandesgericht B. und die Richterin am Landgericht Dr. B. auf die mündliche Verhandlung vom 1. November 2011beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - vom 26. August 2011 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin sowie die durch das Verfahren nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB verursachten Kosten zu tragen.
Im Beschwerdeverfahren war es für die Antragsgegnerin notwendig, einen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzuziehen.
Gründe
I.
Mit EU Bekanntmachung vom 22. Februar 2011 schrieb die Antragsgegnerin die Durchführung der ihr gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 NRettDG und in § 5 Abs. 1 NRettDG bestimmten Aufgaben des Rettungsdienstes auf dem Gebiet der Antragsgegnerin bestehend aus Notfallrettung und qualifiziertem Krankentransport für 6 Jahre beginnend mit dem 1. Januar 2012 im offenen Verfahren in zwei Losen aus.
Das hier streitgegenständliche Los Nummer 2 umfasst die Notfallrettung und den qualifizierten Krankentransport im Bereich der Fahrzeugstandorte H., W. und L. Straße sowie die beiden NEF Standorte St. B. Krankenhaus und Klinikum H.
Jeder Bieter durfte maximal auf ein Los bieten. Bietergemeinschaften waren zugelassen.
Den Zuschlag sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot erhalten. Zuschlagskriterien waren mit einem Gewichtungsanteil von je 50% der Preis und eine qualitative Bewertung der vorzulegenden Konzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports.
Bei der Submission stellte die Antragsgegnerin die rechnerisch geprüften Angebotssummen der Antragstellerin mit 9.973.810,63 EUR, der Beigeladenen zu 2 mit 9.158.403,20 EUR, der Beigeladenen zu 3 mit 8.508.680,91 EUR, sowie der Beigeladenen zu 1 mit 7.396.025,80 EUR fest. Im Rahmen der Angebotswertung bat die Antragsgegnerin die Beigeladene zu 1 um Vorlage bestimmter Nachweise und lud sie zu einem Aufklärungsgespräch am 20. April 2011 ein. Nach Wertung der von den Bietern erstellten Konzepte kam die Antragsgegnerin nach dem gemeinsamen Vergabevermerk für beide Lose vom 29. April 2011 zu dem Ergebnis, dass das Angebot der Antragstellerin mit insgesamt 73 Punkten an letzter Stelle lag. Das Angebot der Beigeladenen zu 1 erzielte 91 Punkte und lag an erster Stelle.
Die Antragstellerin rügte die Wertung und die Entscheidung der Antragsgegnerin und stellte einen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer stellte mit Beschluss vom 28. Juni 2011 (VGK21/2011) fest, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt worden sei. Sie verpflichtete die Antragsgegnerin erneut in die Angebotswertung einzutreten, die Bewertung der Konzepte für die Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports zu wiederholen, die Prüfung der Angemessenheit des von der Beigeladenen zu 1 geforderten Angebotspreises auf der Grundlage des Vermerks über das Aufklärungsgespräch vom 20. April 2011 zu wiederholen und Prüfung und Ergebnis in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise zu dokumentieren.
Nach erneuter Wertung legte die Antragsgegnerin ihr Ergebnis im ergänzenden Vergabevermerk für das Los 2 vom 1. Juli 2011 nieder. Sie kam dabei zu demselben Ergebnis. Am 4. Juli 2011 erklärte der Verwaltungsausschuss die Zustimmung zu der beabsichtigten Vergabe der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin die beabsichtigte Vergabe mit Schreiben gemäß § 101 a GWB vom 4. Juli 2011 mit.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2011 rügte die Antragstellerin erneut die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene zu 1. Die Dokumentation sei immer noch nicht ordnungsgemäß. Mit Schreiben vom 7. Juli 2011 wies die Antragsgegnerin diese Rüge zurück, woraufhin die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragte. Unter dem 21. Juli 2011 erhielt die Antragstellerin von der Vergabekammer neuerliche Akteneinsicht in die sie betreffenden Unterlagen.
Mit Beschluss vom 26. August 2011 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei zulässig, jedoch unbegründet. Die von der Antragsgegnerin ausweislich des ergänzenden Vergabevermerks vom 1. Juli 2011 durchgeführte Wiederholung der Angebotswertung unter Beachtung der Vorgaben der Vergabekammer vom 28. Juni 2011 sei nicht zu beanstanden und erfülle die Anforderungen an die Dokumentation des§ 20 VOL/A. Ferner habe die Antragsgegnerin zutreffend das Angebot der Beigeladenen zu 1 nicht wegen eines unangemessenen niedrigen Preises gemäß § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A von der Angebotswertung ausgeschlossen. Schließlich sei auch die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 18 Abs. 1 VOL/A nicht zu beanstanden.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer richtet sich die am 13. September 2011 anhängig gemachte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre im Nachprüfungsverfahren erhobenen Rügen weiter verfolgt.
Zusätzlich erhebt sie erstmals mit Schreiben vom 22. September 2011 die Rüge, die Antragsgegnerin habe das Informationsschreiben gemäß § 101a Abs. 1
Satz 1 GWB auf Grundlage der Entscheidung eines nicht entscheidungsbefugten Auswahlgremiums verschickt. Für eine Vergabeentscheidung sei gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 11 NGO der Rat der Stadt H. zuständig gewesen. Entschieden habe jedoch lediglich der unzuständige Verwaltungsausschuss.
Sie beantragt,
- 1.
die Entscheidung der Vergabekammer Lüneburg vom 26. August 2011 - VgK - 34/2011 - aufzuheben,
- 2.
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den von der Beigeladenen zu 1 geforderten Angebotspreis zu überprüfen, die Angebotswertung unter ermessensfehlerfreier Berücksichtigung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut zu treffen und in einer den Anforderungen des § 20 VOL/A genügenden Weise in der Vergabeakte zu dokumentieren,
- 3.
die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer gemäߧ 128 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären,
- 4.
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur Zweck entsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Ferner hat die Antragstellerin einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- 1.
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
- 2.
der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen,
- 3.
die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.
Die Beigeladenen zu 1, 2 und 3 stellen keinen Antrag.
Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer und führt ergänzend aus, die Antragstellerin sei mit ihrem neuen Vorbringen bereits gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert. Sie habe bereits durch ihre Akteneinsicht erkennen können, dass der Verwaltungsausschuss der Auswahlentscheidung zugestimmt habe. Zudem beruhe das Mitteilungsschreiben gemäß § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB auf einer rechtmäßigen Auswahlentscheidung des zuständigen Verwaltungsausschusses. Der Rat habe bereits mit Aufstellung seines Haushaltsplanes die erforderliche Verfügung über das Gemeindevermögen im Sinne § 40 Abs. 1 Nr. 11 NGO getroffen.
Der Senat hat auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer bis zu Entscheidung über die Beschwerde verlängert.
In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz hat die Antragstellerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, vergaberechtswidrig sei auch, dass die Antragsgegnerin mit der vorgesehenen Konzeptbewertung Eignungs und Zuschlagskriterien vermische.
Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die von ihr erhobenen Rügen (unangemessener Preis der Beigeladenen zu 1, zu schlechte Bewertung des eigenen Konzepts, Vergabeentscheidung durch den unzuständigen Verwaltungsausschuss) sind jedenfalls unbegründet. Soweit sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung beanstandet, die Antragsgegnerin habe in unzulässiger Weise Eignungs und Zuschlagskriterien vermischt, besteht weder Anlass, deshalb die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, noch ist ein diesbezüglicher etwaiger Vergabeverstoß von Amts wegen zu berücksichtigen.
1) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin keine Veranlassung, das Angebot der Beigeladenen zu 1 wegen eines unangemessen niedrigen Preises von der Angebotswertung gemäß § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A (hier gem. § 4 Abs. 4 VgV anwendbar) auszuschließen.
Ein Bieter kann wegen eines unangemessen niedrigen Preises erst ausgeschlossen werden, nachdem ihm der Auftraggeber gem. § 16 Abs. 6 S. 1 VOL/A Gelegenheit zur Aufklärung gegeben hat (Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl., § 16, Rn. 209). Allerdings hat der Auftraggeber nicht in jedem Fall Aufklärung zu verlangen, sondern nur dann, wenn ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Dem Auftraggeber steht gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A ein Beurteilungsspielraum zu, ob er ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig einstuft
(Vavra in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 16 VOL/A Rdn. 8, der auf § 16 VOB/A Rdn. 47 verweist).
Allerdings hat sich eine Rechtssprechung entwickelt, wonach es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn der Auftraggeber erst dann Veranlassung für eine nähere Überprüfung sieht, wenn eine bestimmte Aufgreifschwelle überschritten ist. Damit wird der Abstand des vom Ausschluss betroffenen oder bedrohten Angebots zum nächst höheren Angebot bezeichnet, deren Erreichen der Auftraggeber zum Anlass nehmen muss, die Höhe des Angebotspreises zu überprüfen (Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 16 Rdn. 214). Die Vergabesenate orientieren sich mehrheitlich an einer 20% Schwelle (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30. März 2004 - 11 Verg 4/04, 11 Verg 5/04, zitiert nach [...], Tz. 49, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2005 - VII - Verg 77/04, Verg 77/04, zitiert nach [...], Tz. 84, Thüringer OLG, Beschluss vom 22. Dezember 1999 - 6 Verg 3/99, zitiert nach [...], Tz. 49, für das eine Abweichung von 20% nicht evident genug ist. Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, a.a.O., § 16 VOL/A Rdn. 215. MüllerWrede/Horn in MüllerWrede, VOL/A, 2010, § 19 Abs. 5 E G - VOL/A Rdn. 178. Summa in jurisPKVergR, a.a.O., § 16 VOB/A, 165 Rdn. 365).
Das Gebot der Beigeladenen zu 1 hat einen Abstand zu dem nächsthöheren Gebot der Beigeladenen zu 3 von rund 13%, so dass die Aufgreifschwelle deutlich unterschritten ist.
Zwar hat die Antragsgegnerin ursprünglich dennoch von der Beigeladenen zu 1 Aufklärung verlangt. Deshalb hat die Vergabekammer in dem ersten Nachprüfungsverfahren auch zu Recht beanstandet, dass diese Prüfung nicht ordnungsgemäß dokumentiert war. Sie hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Auftraggeberin diese Prüfung nicht hätte vornehmen müssen, weil die Aufgreifschwelle nicht überschritten war.
Aus dem ergänzenden Vergabevermerk vom 1. Juli 2011 geht hervor, dass die Antragsgegnerin nunmehr ihren Beurteilungsspielraum dahin ausübt, dass ihr nach ihrer Einschätzung das Angebot der Beigeladenen zu 1 nicht als ungewöhnlich niedrig erscheint und dass deshalb eine weitere Überprüfung nicht erforderlich ist. Zwar hat sie auch in dem ergänzenden Vergabevermerk eine nähere Überprüfung anhand ihrer Musterkalkulation dokumentiert, womit sie der ersten Entscheidung der Vergabekammer entsprochen hat. Sie führt aber auch aus, dass das nächsthöhere Angebot im Vergleich zur Beigeladenen zu 1 um 13,08% höher liege, womit die Aufgreifschwelle von 20% nicht erreicht und damit ein auskömmliches Angebot indiziert sei. Damit hat sie deutlich gemacht, dass sie das Angebot der Beigeladenen zu 1 nicht als "ungewöhnlich niedrig" einschätze und dementsprechend ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung nicht vorliege. Damit hat sie ihren Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Aufgreifschwelle nicht sachwidrig ausgeübt.
2) Die gegen die Konzeptbewertung gerichtete Rüge ist ebenfalls unbegründet.
Wenn die Antragstellerin mit ihrer Rüge nicht durchdringt, die Beigeladene zu 1 habe wegen eines unangemessen niedrigen Preises ausgeschlossen werden müssen, kann auch die die Konzeptbewertung betreffende Rüge keinen Erfolg haben.
Im Hinblick darauf, dass die Beigeladene zu 1 mit 100 Preispunkten nach der Wertungsmatrix der Antragsgegnerin das günstigste Angebot abgegeben hat, hat das Angebot der Antragstellerin selbst unter der Annahme, sie müsse aufgrund ihrer hervorragenden Konzepte die Höchstpunktzahl von 40 (8 Kategorien à 5 Punkten) Punkten erreichen, keine Aussicht auf Erfolg des Nachprüfungsantrages. Dann würde die Antragstellerin eine Gesamtpunktzahl in Höhe von 82,5 Punkten erreichen. Das Angebot der Beigeladenen zu 1 bliebe aber wegen des günstigen Preises mit insgesamt 91 Punkten nach wie vor das Wirtschaftlichste.
3) Auch mit der Rüge, mit dem Verwaltungsausschuss habe das unzuständige Gremium über die Vergabe entschieden, hat die Antragstellerin keinen Erfolg.
a) Es kann dahinstehen, ob diese Rüge deshalb unzulässig ist, weil sie erst im Beschwerdeverfahren, und auch dort erst nach Ablauf der Beschwerdefrist, nachgeschoben wurde.
b) Die Rüge ist jedenfalls deshalb unbegründet, weil der Verwaltungsausschuss nicht unzuständig war.
Nach § 57 Abs. 2 NGO in der seinerzeit maßgeblichen Fassung ist der Verwaltungsausschuss für diejenigen Angelegenheiten zuständig, die nicht der Beschlussfassung des Rates unterliegen. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 11 NGO beschließt der Rat ausschließlich über die Verfügung von Gemeindevermögen. Dazu können auch reine Geldausgaben gehören (Blum in NGO, Stand November 2010, § 40 Rn. 77). Hat der Rat allerdings bereits zuvor dem Grunde und der Höhe nach seine Zustimmung zu einer rechtsgeschäftlichen Verfügung über das Gemeindevermögen erteilt, so dass nur noch der haushaltsmäßige Vollzug der bereits getroffenen Entscheidung (auf Grundlage der mit der Veranschlagung im Haushaltsplan oder der Zustimmung zur über oder außerplanmäßigen Ausgabe erteilten Ermächtigung) verbleibt, so bedarf es keines zusätzlichen Ratsbeschlusses (Blum in NGO, a.a.O., § 40 Rdn. 78). Verfügungen im Sinne von Nr. 11 sind danach nur Rechtsgeschäfte außerhalb des Haushaltsplans (Thiele, NGO, 8. Auflage 2007, § 40 Nr. 11 S. 141).
Danach hat der Rat eine hinreichende Grundsatzentscheidung über die hier in Frage stehenden Haushaltsmittel getroffen. Er hat den Haushaltsplan für das Jahr 2011 unter dem 29. Dezember 2010 beschlossen. Darin wurde unter Produktbereich II, Ziffer 12 Sicherheit und Ordnung, 12.700 Rettungsdienste im Teilergebnishaushalt festgelegt, dass für das Haushaltsjahr 2011 für sonstige ordentliche Aufwendungen 11.357.200 EUR für Rettungsdienstleistungen angesetzt waren. Nach der mittelfristigen Ergebnis und Finanzplanung für die darauf folgenden drei Jahre wurden jährlich durchschnittlich 11.355.566,67 EUR angesetzt. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochen, umfassten diese Summen auch die für den streitgegenständlichen Auftrag anfallenden Beträge. Der Rat hat zudem einen Beschluss gefasst, dass im Haushaltsjahr 2011 ein Verfahren zur Neubeauftragung der Leistungserbringer zum 1. Januar 2012 durchgeführt werden würde (Bl. 450). Berücksichtigt man, dass die mittelfristige Finanzplanung notwendigerweise zeitlich begrenzt ist und dass auszuschließen ist, dass ein neu abzuschließender Vertrag über Rettungsdienstleistungen nur eine Vertragsdauer von drei Jahren haben sollte, für welchen Zeitraum eine mittelfristige Finanzplanung aufgestellt wird, so können keine Zweifel daran bestehen, dass der Rat den durch den jetzt zu vergebenden Auftrag entstehenden Kosten grundsätzlich zugestimmt hat.
4) Der mit nicht nachgelassenem Schriftsatz der Antragstellerin vom 15. November 2011 erhobenen Rüge, die Antragsgegnerin habe in unzulässiger Weise Eignungs und Zuschlagskriterien vermischt, ist nicht nachzugehen.
Das Nachprüfungsverfahren dient nicht der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle (OLG Koblenz, Beschluss vom 4. Februar 2009, 1 Verg 4/08, zit. nach [...], Tz. 37). Es ist als Antragsverfahren ausgestaltet und verlangt grundsätzlich, dass der Antragsteller die Vergabefehler bezeichnet, die er zur Überprüfung stellen will (§ 107 GWB). Vergaberechtsfehler von Amts wegen aufzugreifen, kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann in Betracht, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen, z.B. weil eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist (Senat, Beschluss vom 8. November 2001, 13 Verg 9/01, zit. nach [...], Tz. 84. KG, Beschluss vom 6. Mai 2004, 2 Verg 22/03, unter II 4, zit. nach Veris. Summa in jurisPKVergR, Stand 1. Januar 2011, § 123 GWB, Rn. 6 ff.). Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Das Verfahren kann ohne weiteres in der Weise fortgesetzt werden, dass der Zuschlag erteilt wird.
Die Verhandlung wieder zu eröffnen, um der Antragstellerin Gelegenheit zu geben, die neue Rüge noch in das Verfahren einzuführen, besteht keine Veranlassung.
5) Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 120 Abs. 2, 78 GWB. Weil die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde erfolglos bleibt, muss sie die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten hinsichtlich des Antrags gem. § 118 Abs. 1 S. 3 GWB tragen.
Für die Antragsgegnerin war es auch im Beschwerdeverfahren notwendig, einen Verfahrensbevollmächtigten hinzuzuziehen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen, die in gleicher Weise für das Beschwerdeverfahren gelten.
Den Beigeladenen einen Kostenerstattungsanspruch einzuräumen, bestand kein Anlass, weil sie sich am Verfahren weder durch Anträge noch durch Schriftsätze oder Ausführungen in der mündlichen Verhandlung beteiligt haben.