Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.11.2012, Az.: 19 LD 10/10
Anforderungen an die Begründung eines Wiederaufnahmeantrags für ein Disziplinarverfahren; Geltendmachung neuer Erkenntnisse hinsichtlich der im Ausgangsverfahren nach sachverständiger Begutachtung verneinten Verminderung der Schuldfähigkeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 14.11.2012
- Aktenzeichen
- 19 LD 10/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 29593
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2012:1114.19LD10.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - 28.03.2006 - AZ: 9 A 2/05
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Zu den Anforderungen an die Begründung eines Wiederaufnahmeantrags für ein Disziplinarverfahren bei Geltendmachung neuer Erkenntnisse hinsichtlich der im Ausgangsverfahren nach sachverständiger Begutachtung verneinten Verminderung der Schuldfähigkeit.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt die Wiederaufnahme eines Disziplinarverfahrens, das zu seiner Entfernung aus dem Dienst geführt hat.
Mit Urteil vom 28. März 2006 hat das Verwaltungsgericht ihn wegen einer Vielzahl von Dienstverletzungen im Zeitraum von 19 bis 20 eines Dienstvergehens für schuldig befunden, ihn aus dem Dienst entfernt und ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. des im Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils erdienten Ruhegehalts für die Dauer von 6 Monaten bewilligt. Die hiergegen gerichtete Berufung hat der 20. Senat dieses Gerichts mit Urteil vom 6. März 2008 (- 20 LD 10/06 -) zurückgewiesen. Zur Frage der Schuldfähigkeit des Antragstellers hat er ausgeführt:
"Diese Dienstpflichtverletzungen hat der Beamte schuldhaft im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 NBG begangen. Der Senat schließt sich insoweit den erstinstanzlichen Ausführungen an, wonach die in dem eingeholten Gutachten von Dr. med. F. vom 9. November 2005 unter Einbeziehung des Testpsychologischen Zusatzgutachtens von Dr. G. vom 4. September 2005 enthaltenen Feststellungen und Bewertungen nachvollziehbar sind. Nach ihrer Auffassung könnte bei dem Beamten allenfalls eine leichte bis mittelschwere depressive Symptomatik vorgelegen haben, während Anhaltspunkte für eine (zumindest erheblich verminderte) Schuldunfähigkeit aufgrund einer schweren depressiven Episode im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorliegen. Die Feststellungen und Bewertungen der Sachverständigen werden durch die vorliegenden amtsärztlichen und privatärztlichen Stellungnahmen bestätigt bzw. jedenfalls nicht widerlegt. Letztes gilt insbesondere für die Stellungnahmen des den Beamten behandelnden Arztes Dr. H. vom 30. April 2003 und 7. März 2005 und den Berichten von Dr. I. vom 18. März 2004 und 1. März 2005, die - wie das Verwaltungsgericht eingehend dargelegt hat - nicht geeignet sind, den Ausführungen im Sachverständigengutachten in Bezug auf die Nichtfeststellbarkeit einer schweren depressiven Störung entgegenzutreten.
Auch die im Berufungsverfahren gegen die erstinstanzliche Würdigung des Gutachtens von Dr. med. F. vorgetragenen Einwände des Beamten greifen nicht durch und ziehen ihre Schlussfolgerung seiner Schuldfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht in Zweifel.
Soweit nach Auffassung des Beamten die Gutachterin lediglich die für den streitgegenständlichen Zeitraum vorliegenden Befundunterlagen wiedergegeben habe, ohne eine eigene Bewertung vorzunehmen, ist dieser Einwand in der Sache nicht begründet. Denn die Gutachterin hat auf den Seiten 39 bis 42 ausführlich zur der Frage des Vorliegens einer Schuldunfähigkeit und einer verminderten Schuldfähigkeit in wertender Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der Befundunterlagen Stellung genommen. Sie hat - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat (UA S. 14 oben) - ausgeführt und im Einzelnen begründet, dass aufgrund der damaligen Diagnose und ihrer eigenen Einschätzung der Erkrankung des Beamten aus psychiatrischer Sicht die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit wegen Schwachsinns, einer tiefgreifenden Bewusstseinstörung oder einer krankhaften seelischen Störung ausscheide, zumal keine Hinweise auf eine schwere depressive Störung vorlägen. Auch erfülle die festgestellte psychische Störung nicht die Voraussetzungen für die Einordnung als schwere seelische Abartigkeit. Insgesamt ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Schuldunfähigkeit sowie einer Herabsetzung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aufgrund persönlichkeitsbedingter Auffälligkeiten, die auf eine verminderte Schuldfähigkeit schließen lassen könnten.
Den Feststellungen der Gutachterin kann der Beamte nicht erfolgreich mit der Begründung entgegentreten, dass nach den Ausführungen des Amtsarztes Dr. med. J. vom 4. Dezember 2006 (GA, Bl. 179 ff.) die in dem Testpsychologischen Zusatzgutachten von Dr. G. vom 4. September 2005 durchgeführten psychologischen Testverfahren nicht geeignet seien, direkte Diagnosen aus ihnen abzuleiten. Denn die Gutachterin hat ihre Feststellungen nicht allein auf Grundlage der Ergebnisse der Testverfahren, sondern im Wesentlichen aufgrund der vorliegenden Befundunterlagen und eigener Anschauung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Zusatzgutachten getroffen. Das Zitat der Äußerung des Amtsarztes Dr. med. J. in dessen Stellungnahme vom 4. Dezember 2006 ist aus dem Zusammenhang gerissen. Der Amtsarzt konkretisiert die Aussagekraft der psychologischen Testverfahren nachfolgend dahingehend, dass diese Testverfahren dem Untersucher unter anderem wichtige Hinweise auf bestimmte Richtungen geben, die aber in jedem Fall intensiv mit dem klinischen Eindruck abgeglichen werden müssen. Anhaltspunkte, dass die Sachverständige Dr. med. F. die Ergebnisse der Testverfahren anders behandelt und sie nicht mit den klinischen Befunden abgeglichen hat, sind indes nicht ersichtlich.
Die Schuldfähigkeit des Beamten bei der Verletzung der ihm obliegenden Dienstpflichten ist im Übrigen auch deshalb zu bejahen, weil es sich um Verstöße gegen Kernpflichten eines Lehrers handelt, die leicht einsehbar sind. In einem solchen Fall kann und muss im Hinblick auf die als selbstverständlich zu fordernde und vorauszusetzende korrekte Verhaltensweise von einem Beamten erwartet werden, dass er selbst bei einer erheblich verminderten Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen verbotenes bzw. nicht richtlinienkonformes Verhalten im Dienst aufbietet (BVerwG, Urt. v. 16.3.1993 - 1 D 69.91 -, NJW 1993, 2632; Urt. v. 23.10.1996 - 1 D 55.96 -, DÖD 1997, 159; vgl. auch NDH, Urt. v. 19.7.1999 - 1 NDH L 27/98 -; Nds. OVG, Urt. v. 22.3.2007 - 19 LD 2/06 -). Der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die Schuldfähigkeit des Beamten zur Tatzeit erheblich vermindert war, bedarf es demnach nicht."
Im Zusammenhang mit der Erörterung von Milderungsgründen hat er ferner ausgeführt:
"Die Voraussetzungen für den von dem Beamten geltend gemachten Milderungsgrund einer psychischen Beeinträchtigung als Folge einer negativen Lebensphase, die ein Absehen von der Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen könnte, liegen nicht vor. Der Milderungsgrund setzt voraus, dass die Dienstpflichtverletzungen als Entgleisungen während einer negativen Lebensphase anzusehen sind, die der Beamte infolge einer psychischen Erkrankung begangen hat, und zu erwarten ist, dass er zukünftig entsprechende dienstliche Verfehlungen unterlassen wird (vgl.: BVerwG, Urt. v. 10.11.1987 - BVerwG 1 D 24.87 - zitiert nach [...] Langtext, Rn. 17). Letzteres lässt sich jedoch nicht feststellen. Der Senat kann insoweit zu Gunsten des Beamten unterstellen, dass er im Zeitraum der hier abgeurteilten Dienstpflichtverletzungen an einer leichten bis mittelschweren depressiven Symptomatik gelitten hat und sie mitursächlich für die Begehung der Dienstpflichtverletzungen gewesen ist. Die bei dem Beamten festgestellte Symptomatik mag zwar die Erfüllung der - leicht einsehbaren - Kernpflichten eines Studienrats erschwert haben. Dennoch ist dieses nicht mildernd zu berücksichtigen, weil der Beamte bereits seit 1993 in psychiatrischer Behandlung ist und auch nach einem mehrmonatigen stationären Aufenthalt sowie den bereits früher verhängten Disziplinarmaßnahmen nicht in der Lage gewesen ist, sein Verhalten zu ändern und seine Dienstpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Erwartung, er werde zukünftig derartige dienstliche Verfehlungen unterlassen, ist daher nicht begründet. Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem von dem Beamten (ungenau) zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 1978 (- BVerwG 1 D 25.77 -, BVerwGE 63, 11 ff.), da in dem dort zu entscheidenden Fall die Schuldfähigkeit der betroffenen Beamtin als gegeben erachtet und ihre Entfernung aus dem Dienst bestätigt wurde."
Mit seinem am 27. Dezember 20 ... eingegangenen Antrag auf Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens hat der Antragsteller zunächst unter Beantragung der zeugenschaftliche Vernehmung des Herrn Dipl.-Psychologen und psychologischen Psychotherapeuten K. sowie der Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, vor weniger als drei Monaten (§ 66 Abs. 1 Satz 1 NDiszG), nämlich am 27. September 20 bzw. am 6. Oktober 20 , seien Tatsachen bekannt geworden, die zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigten, weil er im Zeitpunkt der Begehung der Dienstvergehen nicht schuldfähig gewesen sei. Am 27. September 20 habe er erstmals tatsächliche Umstände gegenüber Herrn K. offenbart, die bereits seit dem Jahre 19 vorlägen. Herr K. habe am 6. Oktober 20 attestiert, dass die früheren Diagnosen (schwere Depression und narzistische Persönlichkeitsstörung bzw. leichte bis mittelgradige Depression) nicht aufrecht erhalten werden könnten. Der Antragsteller leide an einer besonders schwer zu erkennenden psychischen Störung, die auch in Fachkreisen oft fehlgedeutet werde. Es handele sich um eine dissoziale und schizotype Persönlichkeitsstörung, wie sie bei "Messi-Verhalten" regelmäßig attestiert werde.
Entscheidend sei die Diagnose, dass er schon im Jahr 19 und seitdem fortwährend am Messi-Syndrom gelitten habe. Dies habe er zuvor niemandem mitgeteilt und er sei auch krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, dies zu erkennen und bewusst mitzuteilen. Als Grundlage für die jetzige Diagnose habe er berichtet, dass er im Jahr 19 bereits seit längerer Zeit mit der Führung seines Haushalts derart überfordert gewesen sei, dass die Wohnung zunehmend vermüllt sei. Seit dem Jahr 19 sei er episodenweise nicht fähig gewesen, seine private Post zu öffnen. Seine außerschulischen zwischenmenschlichen Kontakte hätten sich erheblich reduziert. Erst mit Beginn der Therapie bei Herrn K. sei er in der Lage gewesen, das "Messi-Syndrom" anderen Menschen gegenüber einzugestehen. Lediglich wenige Personen hätten seine Wohnung ab 19 betreten.
Diese Tatsachen seien neu. Wären sie schon seinerzeit bekannt gewesen, hätten sie zu einer anderen Entscheidung geführt, nämlich zur Feststellung seiner Schuldunfähigkeit. Der Dienstherr hätte ihn deshalb in den vorzeitigen Ruhestand versetzen oder eine amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Dienstfähigkeit veranlassen müssen. Er habe seinerzeit versäumt, in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht einen Hausbesuch beim Antragsteller vorzunehmen, der das Ausmaß der Probleme offenbart hätte.
Der Befundbericht vom 6. Oktober 20 , den der Antragsteller auf gerichtlichen Hinweis vom 15. Oktober 2012 vorgelegt hat, lautet:
"Der o.g. Patient befindet sich seit dem 27.09.20 in meiner psychotherapeutischen Behandlung.
Herr A. brachte umfangreiche Unterlagen über Vorbehandlungen bei und berichtete u.a. auch, dass er unter dem sog. "Messi-Syndrom" leide. Zwar habe er sich seit 19 mehrfach in psychotherapeutische Behandlung begeben, die Beschwerden hätten gerade in diesem Bereich aber persistiert.
In Würdigung des heutigen Zustandes des Herrn A. kann m.E. retrospektiv nicht an der Diagnose einer schweren Depression und einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung festgehalten werden. Retrospektiv ergibt sich nun eine neue Deutung, weil im Sprechen und Denken des Herrn A. Hinweise auf Sinnverschiebungen zugenommen haben. Er unterlegt teilweise Begriffe mit vom üblichen Alltagsverständnis abweichenden Sinngehalten. Die interpersonale Wahrnehmung unterliegt ebenfalls fortschreitenden Missdeutungen. Insofern stehen auch die ihm zur Last gelegten Verfehlungen im Sinne dieser Entwicklungen in einem neuen Licht.
Nunmehr ist deutlich, dass
der Patient im Affekt inadäquat bzw. eingeschränkt fühlt.
Er zeigt seltsames, exzentrisches und eigentümliches Verhalten.
Verminderung der sozialen Bezüge mit der Tendenz zu sozialem Rückzug.
Noch sehr dezent mitunter auftretendes magisches Denken.
Interpersonales Misstrauen mit noch dezenten paranoiden Projektionen.
Ständiges Grübeln, dem er sich ergibt, mit zunehmend aggressiven Denkinhalten.
Derealisationserleben.
Tendenzen in Denken und Sprache vager zu werden, manchmal gekünstelte Formulierungswahl, manchmal stereotyp und zerfahren.
Dezente quasi psychotische Episoden, wenn er sich in Grübeleien verliert.
Die jetzt zu bilanzierende Störung führt zu der
Diagnose: Schizotype Persönlichkeitsstörung (F21)
Das neu erwähnte "Messi-Syndrom" ist vor dem Hintergrund der oben beschriebenen veränderten Sinngebung zu verstehen.
Eine schizotypische Persönlichkeitsstörung entsteht schleichend und wird häufig insbesondere im Sinne einer schweren depressiven Störung fehlgedeutet, wie es auch im vorliegenden Fall gegeben war.
Die Diagnose führt auch dazu, dass es Herrn A. schon langjährig zurückliegend nicht möglich war, sich im beruflichen Sinne pflichtgemäß zu verhalten.
Er konnte den Beginn der Störung auch nicht selber erkennen und hat anfangs nur von eher "verständlichen" Beschwerden gesprochen, die zur Diagnose einer schweren Depression geführt hatten."
Auf gerichtlichen Hinweis, dass der Befundbericht anders als die Antragsschrift eine dissoziale Persönlichkeitsstörung nicht erwähne, hat der Antragsteller eine ergänzende Stellungnahme des Herrn K. vom 13. November 20 vorgelegt, die lautet:
"... auf Ihre Bitte hin stelle ich klinisch-psychologisch noch einmal das Folgende klar:
Eine dissoziale Persönlichkeitsstörung wirkt sich vor allem - meist im Wege einer Impulskontrollstörung - auf die Kompetenz in den sozialen Interaktionen aus, - im Erscheinungsbild sind so betroffene Menschen meist von ruppiger und rücksichtsloser Wesensart.
Schwerwiegender bzw. anders gelagert ist die von mir bei Herrn A. diagnostizierte schizotype Persönlichkeitsstörung (F21).
Im Alltagsverhalten wirkt sich diese Störung im Sinne fortschreitender Inkompetenz sozialer Bewältigungsanforderungen aus (wie auch von mir in meinem Befundbericht vom 06.10.20 beschrieben).
Diese Störung macht es dem Betroffenen sehr viel schwerer, eigenes inadäquates Verhalten in selbstkritischer Distanz zu erkennen und zu überdenken, weil das Sinngefüge sozialer Wahrnehmungen durcheinander geraten ist. Das "Messie-Syndrom" ist ein Teilaspekt dieser Störung. Charakteristisch ist aber auch ein Verfall zunächst bestanden habender Kompetenzen, von dem auch die soziale Umwelt zunächst nur kleinschrittig Kenntnis nimmt."
Ergänzend führt er aus, ein Befundbericht wie der hier vorgelegte reiche zur Stützung eines Wiederaufnahmeantrags aus. Die eigentlich gebotene Untersuchung könne nur durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen geleistet werden; innerhalb der Dreimonatsfrist des § 66 Abs. 1 NDiszG sei sie ohnehin nicht möglich.
Der Antragsteller beantragt,
- 1.
Das Verfahren zu vertagen, um ihm Gelegenheit zur Beibringung eines ergänzenden Gutachtens zu geben und
- 2.
in der Sache das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. März 2008 - 20 LD 10/06 - aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Wiederaufnahmeantrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt sie vor:
Der Antrag sei nach § 66 Abs. 1 NDiszG (Dreimonatsfrist) bereits unzulässig, weil der Antragsteller nicht gehindert gewesen sei, die ihm bekannten Umstände seiner Krankheit bereits früher vorzutragen. Nur die Diagnose sei neu.
Ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG liege nicht vor. Die neue Diagnose stelle keine neue Tatsache dar. Im Übrigen habe bereits Dr. G. in seinem Gutachten ausgeführt, der Antragsteller könnte dazu neigen, seine Probleme zu verdrängen, was der Antragsteller jetzt als typisches Symptom seiner Erkrankung darstelle. Der Antragsteller habe sich im Jahr 19 mehrere Monate in stationärer Behandlung befunden, bei der Umstände, die jetzt vorgebracht würden, nicht hervorgetreten seien. Ein unangemeldeter Hausbesuch sei seinerzeit auch nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht geboten gewesen. Der Antragsteller selbst habe immer behauptet, gesund zu sein. Gleichwohl sei seine amtsärztliche Untersuchung veranlasst worden, um seine Dienstfähigkeit zu überprüfen. Die Dienstunfähigkeit sei aber gerade nicht festgestellt worden.
Auch wenn man unterstelle, dass der Antragsteller unter einer gemischt dissozialen-schizotypen Persönlichkeitsstörung mit Messi-Syndrom leide, reiche dies für die Annahme der Schuldunfähigkeit nicht aus. Dafür müsse ein bestimmter Ausprägungsgrad erreicht sein. Dieser ergebe sich nicht aus der Klassifikation in ICD-10 und DSM-IV. Angesichts der früheren Gutachten ergebe sich der erforderliche Schweregrad nicht bereits aus der abweichenden Diagnose des jetzt behandelnden Psychologen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Wiederaufnahmeantrag hat keinen Erfolg.
1. Mit den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass sich der Wiederaufnahmeantrag insgesamt nach dem Niedersächsischen Disziplinargesetz beurteilt, nicht nach der vorangegangenen Niedersächsischen Disziplinarordnung. Da das Niedersächsische Disziplinargesetz anders als § 85 Abs. 8 BDG keine Übergangsbestimmungen für Wiederaufnahmeverfahren enthält, erfassen die mit ihm verbundenen Rechtsänderungen nach den Grundsätzen des intertemporalen Verfahrensrechts alle bei ihrem Inkrafttreten einschlägigen Fälle, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 28.9.2011 - 3 C 38.10 -, Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 28). Die Übergangsbestimmung des Art. 11 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Niedersächsischen Disziplinarrechts vom 13. Oktober 2005 (GVBl. S. 296), nach der das Urteil vom 6. März 2008 im Ausgangsverfahren noch auf der Grundlage der Niedersächsischen Disziplinarordnung - NDO - ergangen ist, ist für das Wiederaufnahmeverfahren im Ergebnis nicht einschlägig. Das gilt bei dem typischerweise dreistufigen Aufbau von Wiederaufnahmeverfahren auch für die dritte Stufe, d.h. das wiederaufgenommene Verfahren. Zwar wird für verwaltungsprozessuale Wiederaufnahmeverfahren angenommen, dass die alte Sache nur "fortgesetzt" wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.1988 - 9 C 5.88 -, NVwZ 1989, 68; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 153 Rdnr. 26). Das disziplinarrechtliche Wiederaufnahmeverfahren ist indes noch an die strafprozessualen Bestimmungen angelehnt, für die in der Kommentarliteratur hervorgehoben wird, es finde eine "völlig neue Hauptverhandlung" statt (vgl. z.B. Karlsruher Kommentar, Einleitung Rdnr. 178, Vorbemerkungen Rdnr. 7, § 373 Rdnr. 1). Das rechtfertigt es, auch das wiederaufgenommene Disziplinarverfahren dem aktuell geltenden Recht zu unterwerfen.
Eine Anwendung neuen Rechts entspricht auch der im Regierungsentwurf (Landtagsdrucksache 15/1130 vom 16.6.2004) zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers. Auf Seite 84 heißt es in dem Regierungsentwurf:
"Für Wiederaufnahmeverfahren wird abweichend vom Bund keine Übergangsfrist bestimmt, da die Wiederaufnahmeregelungen im neuen Recht für die Beamtin oder den Beamten umfassender sind und somit beim In-Kraft-Treten angewendet werden können."
Das hat trotz des Umstands Gewicht, dass die Begründung insoweit partielle Verschlechterungen der Rechtslage für den Wiederaufnahmeantragsteller nicht in den Blick genommen hat, etwa die Einführung einer Antragsfrist in § 66 Abs. 1 NDiszG. Mangels Rückwirkung solcher Regelungen bedurfte es hierfür aber auch keines besonderen gesetzgeberischen Begründungsaufwands.
2. In der Sache geht der Senat davon aus, dass die Dreimonatsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 NDiszG nicht eingehalten ist - so dass auch dem Vertagungsantrag nicht zu entsprechen war - (a) und dass auch kein Wiederaufnahmegrund vorliegt (b).
a) Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 NDiszG muss der Antrag auf Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen dreier Monate schriftlich oder zur Niederschrift der Urkundsbeamtin oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingereicht werden. Nach Satz 2 beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die oder der Antragsberechtigte von dem Grund für die Wiederaufnahme Kenntnis erhalten hat. Nach Satz 6 ist der Antrag unter Bezeichnung der Beweismittel zu begründen.
Welche inhaltlichen Anforderungen an die Begründung zu stellen sind, ergibt sich zunächst aus der Art des geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes. Geht es - wie hier - um neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG, erfordert das Tatbestandsmerkmal "beigebracht", dass das Vorliegen neuer Tatsachen oder Beweismittel "mit Bestimmtheit behauptet wird" (vgl. Karlsruher Kommentar zur StPO, § 359, Rdnr. 37). Wann sie neu und erheblich sind, ist in § 64 Abs. 2 Satz 1 NDiszG definiert; die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür sind dazulegen. Soweit in Nr. 1 die "Eignung" vorausgesetzt wird, eine andere Entscheidung zu begründen, hat dies zugleich Rückwirkungen auf die Frage, wann die "Bezeichnung" eines Beweismittels im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 6 NDiszG ausreichend ist. Für die vergleichbare Vorschrift des § 366 Abs. 1 StPO ("Angabe" der Beweismittel) ist z.B. anerkannt, dass die bloße Ankündigung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit nicht ausreicht (BGH, Beschl. v. 2.5.1983 - 3 ARs 4/83 -, BGHSt 31, 365 = NStZ 1983, 424), weil sich daraus nicht die Eignung ergibt, die Feststellungen des Urteils zu erschüttern. Auch ein Beweisantrag reicht insoweit nicht; das neue Gutachten muss in der Regel bereits vom Antragsteller selbst vorgelegt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 3.12.1992 - StB 6/92 -, BGHSt 39, 75 = NJW 1993, 1481).
Bezogen auf den vorliegenden Fall kommt hinzu, dass sich der Wiederaufnahmeantrag im Kern auf Darstellungen des Antragsstellers selbst stützt, die im Widerspruch zu eigenen früheren Darstellungen stehen (ähnlich der Fall des Widerrufs eines Geständnisses, vgl. z.B. Meyer-Goßner/Cierniak, StPO, 52. Aufl. 2009, § 359 Rdnr. 46). Während im zivil- und verwaltungsprozessualen Wiederaufnahmeverfahren nach § 581 Abs. 2 ZPO der Beweis von Tatsachen, welche die Restitutionsklage begründen, von vornherein nicht durch den Antrag auf Parteivernehmung geführt werden kann, stellt das strafprozessuale Wiederaufnahmeverfahren in solchen Fällen jedenfalls gesteigerte Darlegungsanforderungen. Beantragt der Antragsteller in diesem Zusammenhang die gerichtliche Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, muss er deshalb zumindest hinreichend substanziieren, welches Ergebnis dieses Gutachten haben wird. Insoweit kann eine Parallele zu den Anforderungen an die Substanziierung eines Sachverständigenbeweisantrags gezogen werden, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand hat (vgl. zu letzterem BVerwG, Urt. v. 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, BVerwGE 129, 251 = NVwZ 2008, 330). Danach ist schon mit dem Wiederaufnahmeantrag innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 NDiszG ein - gewissen Mindestanforderungen genügendes - fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt.
Eine zunächst unvollständige Darstellung der Wiederaufnahmegründe darf vor der Entscheidung zwar noch ergänzt werden (vgl. Karlsruher Kommentar zur StPO, § 366, Rdnr. 2). Die innerhalb der Dreimonatsfrist dargelegten Gründe müssen jedoch für sich genommen schon geeignet sein, dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln, dass das angegriffene Urteil erschüttert ist.
Das ist hier nicht gelungen.
Als Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG führt der Antragsteller den Umstand an, dass erst bei seiner psychotherapeutischen Untersuchung vom 27. September 20 u.a. das zusätzliche Vorliegen eines "Messi-Syndroms" erkennbar geworden sei, was eine durchgreifende Neubewertung der bei ihm vorliegenden Persönlichkeitsstörung auch für die Vergangenheit zur Folge haben müsse. Auf gerichtliche Nachfrage hat er klargestellt, dass seine Prozessfähigkeit im gegenwärtigen Verfahren dadurch nicht eingeschränkt sei. Da er sich in der mündlichen Verhandlung eloquent, rational und auch in affektiver Hinsicht situationsangemessen geäußert hat, sind Zweifel daran nicht angebracht. Denn auch eine schwere Persönlichkeitsstörung erlangt in Bezug auf die Prozessfähigkeit erst Bedeutung, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Erklärende nicht in der Lage ist, die Bedeutung von ihm abgegebener Erklärungen zu erkennen, wobei Zweifel an der prozessualen Handlungsfähigkeit zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH, Beschl. v. 28.7.2004 - 2 StR 199/04 -, NStZ-RR 2004, 341). Soweit der Befundbericht vom 6. Oktober 20 formuliert, dem Kläger sei schon langjährig zurückliegend nicht möglich gewesen, sich im beruflichen Sinne pflichtgemäß zu verhalten, lässt sich daraus für eine Prozessunfähigkeit nichts herleiten.
Zutreffend ist daran allerdings, dass sich die Frage, ob der Antragsteller verantwortlich handeln kann bzw. konnte, für einen längeren Zeitraum stellt, weil der Antragsteller der Sache nach geltend macht, schon von Beginn seiner Persönlichkeitsstörung an - d.h. seit vielen Jahren - habe er sein "Messi-Syndrom" nicht erkennen bzw. offenbaren können.
Soweit dies auch den Zeitraum des Ausgangsverfahrens umfasst, das wiederaufgenommen werden soll, stellt sich die Frage einer unerkannten Prozessunfähigkeit in diesem Verfahren allerdings nicht (mehr). Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Wiederaufnahmeantrag entsprechend der Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in Betracht (Urt. v. 17.12.2009 - 2 A 2.08 -, Buchholz 235.1 § 71 BDG Nr. 1; anders noch Beschl. des Nds. Disziplinarhofs v. 5.7.1988 - NDH a (2) 14/86 -; Bieler/Lukat, NDiszG, § 64 Rdnr. 4); ein derartiger Antrag ist hier aber innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 NDiszG nicht gestellt worden.
Unbeschadet dessen könnte eine für die Vergangenheit anzunehmende Prozessunfähigkeit zugleich dazu führen, dass dem Antragsteller eigenes Wissen über den Wiederaufnahmegrund nicht zugerechnet werden kann. Soweit ein Betreuter einem Prozessunfähigen unter bestimmten Umständen gleichsteht, hat das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht, dass es für den Fristbeginn insoweit auf die Kenntnis des Betreuers ankommt, nicht auf diejenige des Betreuten (BVerwG, Urt. v. 17.12.2009 - 2 A 2.08 -, Buchholz 235.1 § 71 BDG Nr. 1 für den Fall der Betreuung bei Alkoholsucht; vgl. auch Beschl. v. 31.10.2012 - 2 B 33.12 -). Wäre die Anordnung einer Betreuung für den Antragsteller geboten gewesen, aber zu.U.nrecht unterblieben, dürfte er nicht schlechter gestellt werden als bei tatsächlich erfolgter Betreuung.
Auch unterhalb der Schwelle der Prozessunfähigkeit bietet der Wiederaufnahmeantrag jedoch keine überzeugende Begründung dafür, dass der Antragsteller die Symptome der geltend gemachten Persönlichkeitsstörung - namentlich das "Messi-Syndrom" - selbst nicht habe erkennen oder offenbaren können.
Der Wiederaufnahmeantrag selbst geht zunächst der Sache nach davon aus, dass er - im Verhältnis zwischen den Alternativen "Tatsache" und "Beweismittel" - vorrangig "Anknüpfungstatsachen" betreffe, und begründet die im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 NDiszG mangelnde Kenntnis damit, dass der Antragsteller sein "Messi"-Verhalten gerade krankheitsbedingt vorher nicht habe kommunizieren können.
Dem folgt der Senat insoweit, als tatsächliche Umstände den Ausgangspunkt bilden, nämlich im Wesentlichen die nunmehrige Darstellung des Antragstellers - im Explorationsgespräch am 27. September 20 und in der Antragsschrift -, er sei bereits im Jahr 19 mit der Führung seines Haushalts derart überfordert gewesen, dass die Wohnung zunehmend vermüllt sei. Dies konstituiert einen Wiederaufnahmegrund für sich genommen allerdings noch nicht, weil sich eine Bedeutung dieses Umstands für die Frage der Schuldfähigkeit erst durch eine dem Gericht selbst - mangels Fachkunde (vgl. BGH, Beschl. v. 23.5.2012 - 5 StR 174/12 -, NStZ-RR 2012, 353) - nicht mögliche fachliche Bewertung erschließt. Nur im Zusammenhang mit der auf ihm beruhenden, neuen Diagnose der Persönlichkeitsstörung kann er also überhaupt für das Wiederaufnahmeverfahren Bedeutung erlangen.
Diese Diagnose ist jedenfalls schriftlich erstmals am 6. Oktober 20 gestellt worden, so dass allein darauf bezogen die Antragsschrift die Dreimonatsfrist einhielt. Demgegenüber waren dem Antragsteller selbst seine tatsächlichen Wohnverhältnisse, aus denen das Vorliegen eines "Messi-Syndroms" gefolgert wird, bereits vorher bekannt. Dabei unterstellt der Senat - was auch von dem Psychotherapeuten nicht durch Einnahme eigenen Augenscheins überprüft worden ist -, dass der Zustand der Wohnung des Antragstellers tatsächlich den Schluss auf das Vorliegen eines "Messi-Syndroms" zuließ.
Nicht nachvollziehbar dargetan ist hingegen, dass der Antragssteller - über die "normale" Scham hinaus, sich zu einer "vermüllten" Wohnung zu bekennen - gerade krankheitsbedingt nicht in der Lage war, sein "Messie"-Verhalten bereits vor dem Explorationsgespräch vom 27. September 20 zu erkennen und zu offenbaren.
Innerhalb der Frist des § 66 Abs. 1 NDiszG ist dies zunächst nur unter Beweisangeboten, aber ohne Erhärtung durch den damals bereits vorliegenden Befundbericht vorgetragen worden. Die Antragsschrift ging dabei inhaltlich über die im Befundbericht gestellte Diagnose - schizotype Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F21) - hinaus und machte eine Kombination mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.2) geltend, die nach ergänzender Stellungnahme des Therapeuten vom 13. November 20 jedoch nicht vorliegt.
Das populärwissenschaftlich geläufige "Messi-Syndrom" ist fachlich bislang nicht als eigenständige Persönlichkeitsstörung anerkannt.
Die schizotype Störung wird in der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10, Systematisches Verzeichnis, Version 2013, Stand August 2012, Kapitel V, zitiert nach der Download-Version im Internet-Auftritt des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information - DIMDI -) unter Nr. F21 beschrieben als eine
"Störung mit exzentrischem Verhalten und Anomalien des Denkens und der Stimmung, die schizophren wirken, obwohl nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome aufgetreten sind. Es kommen vor: ein kalter Affekt, Anhedonie und seltsames und exzentrisches Verhalten, Tendenz zu sozialem Rückzug, paranoische oder bizarre Ideen, die aber nicht bis zu eigentlichen Wahnvorstellungen gehen, zwanghaftes Grübeln, Denk- und Wahrnehmungsstörungen, gelegentlich vorübergehende, quasipsychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Ideen, meist ohne äußere Veranlassung. Es lässt sich kein klarer Beginn feststellen; Entwicklung und Verlauf entsprechen gewöhnlich einer Persönlichkeitsstörung."
Im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DMS-IV, zitiert nach http://behavenet.com) werden die diagnostischen Kriterien für eine Schizotypal Personality Disorder unter Nr. 301.22 wie folgt angegeben:
"A. A pervasive pattern of social and interpersonal deficits marked by acute discomfort with, and reduced capacity for, close relationships as well as bycognitive or perceptual distortions and eccentricities of behavior, beginning by early adulthood and present in a variety of contexts, as indicated by five (or more) of the following:
(1) ideas of reference (excluding delusions of reference)
(2) odd beliefs or magical thinking that influences behavior and i.S. inconsistent with subcultural norms (e.g., superstitiousness, belief in clairvoyance, telepathy, or "sixth sense"; in children and adolescents, bizarre fantasies or preoccupations)
(3) unusual perceptual experiences, including bodily illusions
(4) odd thinking and speech (e.g., vague, circumstantial, metaphorical, overelaborate, or stereotyped)
(5) suspiciousness or paranoid ideation
(6) inappropriate or constricted affect
(7) behavior or appearance that i.S. odd, eccentric, or peculiar
(8) lack of close friends or confidants other than first-degree relatives
(9) excessive social anxiety that does not diminish with familiarity and tends to be associated with paranoid fears rather than negative judgments about self"
Diese Beschreibungen enthalten keine spezifischen Aussagen zu Korrelationen dieses Krankheitsbildes mit dem "Messi-Syndrom" oder über krankheitsbedingte Kommunikationsblockaden.
Selbst wenn man jedoch den nachgereichten Befundbericht vom 6. Oktober 20 in die Überprüfung einbezieht, enthält dieser auch vor dem Hintergrund der angeführten Beschreibung keine Aussage dahin, dass der Antragsteller krankheitsbedingt nicht habe über sein "Messi-Syndrom" sprechen können. Er bezeichnet das "Messi-Syndrom" auf Seite 2 zwar als "neu erwähnt ... vor dem Hintergrund der oben beschriebenen veränderten Sinngebung" - was letzteres für sich genommen nicht verständlich ist -, hat zuvor aber auf Seite 1 ausgeführt:
"Herr A. brachte umfangreiche Unterlagen über Vorbehandlungen bei und berichtete u.a. auch, dass er unter dem sog. "Messi-Syndrom" leide. Zwar habe er sich seit 19 mehrfach in psychotherapeutische Behandlung begeben, die Beschwerden hätten gerade in diesem Bereich aber persistiert."
Das lässt ein Verständnis dahingehend zu, dass sich der Antragsteller jedenfalls auch wegen des "Messi-Syndroms" in Behandlung befunden habe. Selbst wenn dies nur missverständlich ausgedrückt ist - wovon der Senat zugunsten des Antragstellers ausgeht -, ist jedenfalls weder hier noch in der Stellungnahme vom 13. November 20 ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Antragsteller nach Ansicht des Psychotherapeuten gerade krankheitsbedingt an der Offenbarung eines "Messi-Syndroms" gehindert gewesen wäre. Allein der Umstand, dass die hier fragliche schizotype Persönlichkeitsstörung "schleichend" eintritt und der Betroffene den Beginn der Störung nicht selber erkennen kann, folgt nicht, dass er in der gesamten Zeitspanne der Erkrankung an der Erkenntnis dieses Symptoms und an einer Offenbarung Dritten gegenüber gehindert gewesen wäre.
Nachvollziehbar ist nach der Schilderung des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung zwar, dass er vor der Untersuchung vom 27. September 20 nicht alle Aspekte seiner Persönlichkeit aus objektivem Blickwinkel betrachtet hat, darunter auch Verhaltensweisen, die als "Messi-Syndrom" bezeichnet werden. Daraus folgt jedoch nicht bereits, dass er das Vorhandensein solcher Verhaltensweisen vorher nicht offenbaren konnte. Dagegen spricht schon, dass er bereits in der Exploration für das nervenärztliche Gutachten vom 9. November 20 Andeutungen darüber gemacht hat. Auf Seite 4 des Gutachtens heißt es unter dem Stichwort "Antrieb":
"Der sei seit 20 vermindert. Er lasse manches in der Wohnung liegen. Manchmal sei ihm die Unordnung unangenehm. ..."
Hinzu kommt, dass der Antragsteller sein "Messi-Verhalten" offenbar ohne größere Probleme hat abstellen können, nachdem die Untersuchung vom 27. September 20 entsprechende Selbsterkenntnis erbracht hatte. Weitere therapeutische Hilfe hat er insoweit nicht in Anspruch genommen, sondern einen Wohnungswechsel vorgenommen und sich bei dieser Gelegenheit von Überflüssigem befreit. Eine krankheitsbedingte Unmöglichkeit, sich insoweit zu offenbaren, ergibt sich daraus nicht.
Seine eigene Kenntnis der fraglichen Umstände ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil - wie er selbst meint - sein Dienstherr schon früher hätte Nachforschungen anstellen müssen, die das Vorliegen eines "Messi-Syndroms" ergeben hätten. Aus dem Umstand, dass sich ein Teil der Arbeit von Lehrern vielfach in ihrer häuslichen Umgebung vollzieht, folgt nicht, dass sich der Dienstherr aus Gründen der Fürsorge ohne Weiteres durch Hausbesuche ein Bild davon verschaffen dürfte, ob sich der betreffende Lehrer "normal" verhält. Dessen Wohnung ist nach Art. 13 GG geschützt. Dabei kann offen bleiben, ob ein "Hausbesuch" bereits als "Durchsuchung" im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG zu werten wäre (vgl. die Abgrenzung zum "Betreten" in BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006 - 4 B 36.06 -, NJW 2006, 2504). Jedenfalls bedürfte es nach Art. 13 Abs. 7 GG einer gesetzlichen Ermächtigung für solche Hausbesuche (vgl. auch VGH München, Urt. v. 2.10.2012 - 10 BV 09.1860 -, [...]), die jedoch weder vom Antragsteller benannt noch ersichtlich ist.
b) Ein Wiederaufnahmegrund ist auch in der Sache nicht hinreichend geltend gemacht.
Zwar sind "neue" Tatsachen bzw. Beweismittel beigebracht. "Neu" in diesem Sinne sind Tatsachen oder Beweismittel nach § 64 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NDiszG, wenn sie dem Gericht bei seiner Entscheidung im Ausgangsverfahren nicht bekannt gewesen sind. Hier hatte das Gericht von den jetzt geltend gemachten Umständen im Ausgangsverfahren keine Kenntnis.
Neu sind die tatsächlichen Angaben des Antragstellers in der Antragsschrift, daneben aber auch der Befundbericht vom 6. Oktober 20 . Auch wenn dieser bereits als vorbereitendes Attest keine hinreichende Aussagekraft hatte - wie oben ausgeführt -, ist er in dem hier maßgeblichen rechtlichen Zusammenhang zugleich als Beweismittel im Sinne des § 64 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG zu würdigen. Ein "weiteres" Sachverständigengutachten eignet sich hierzu zwar in der Regel nicht (vgl. im einzelnen BGH, Beschl. v. 3.12.1992 - StB 6/92 -, BGHSt 39, 75 = NJW 1993, 1481). Erfolg versprechen kann es allerdings z.B., wenn ihm neue Anknüpfungstatsachen zur Verfügung standen (vgl. Karlsruher Kommentar, StPO, § 359 Rdnr. 27), wie hier geltend gemacht wird.
Hier fehlt es indes an der Erheblichkeit im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NDiszG. Erheblich sind danach Tatsachen oder Beweismittel, wenn sie allein oder in Verbindung mit früher getroffenen Feststellungen geeignet sind, eine andere Entscheidung zu begründen, die Ziel der Wiederaufnahme sein kann. Zur Auslegung dieser Norm kann im Wesentlichen auf die zu § 359 Nr. 5 StPO entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Streitig ist danach in Bezug auf die "Geeignetheit", in welchen Grenzen eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung zulässig ist; nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher sich der Senat anschließt, ist jedenfalls das Beweismittel bereits im Zulässigkeitsverfahren auf seinen Beweiswert zu prüfen (vgl. Karlsruher Kommentar, § 368 Rdnr. 10 ff.).
Da hier bereits im Ausgangsverfahren die Frage von Persönlichkeitsstörungen des Antragstellers eine wichtige Rolle gespielt hatte, können neue Tatsachen oder Beweismittel nur erheblich sein, wenn ihre Berücksichtigung dazu führt, dass seiner Erkrankung ein anderer Stellenwert beizumessen ist und dadurch seine damalige Schuldfähigkeit in Frage gestellt wird.
Zur Bedeutung der Schuldfähigkeit im Disziplinarverfahren geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus (vgl. Urt. v. 28.8.2012 - 19 LD 6/10 -):
"Wegen der von den Bemessungsvorgaben gemäß § 14 Abs. 1 NDiszG geforderten prognostischen Gesamtwürdigung kann die Frage, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von §§ 20, 21 StGB gehandelt hat, nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Vielmehr haben die Verwaltungsgerichte dieser Frage nachzugehen, wenn der Sachverhalt hinreichenden Anlass bietet. Lässt sich nach erschöpfender Sachaufklärung ein Sachverhalt nicht ohne vernünftigen Zweifel ausschließen, dessen rechtliche Würdigung eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beamten ergibt, so ist dieser Gesichtspunkt nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" in die Gesamtwürdigung einzustellen. Dies trägt auch der disziplinarrechtlichen Geltung des Schuldprinzips und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung (BVerfG, Beschl. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 -, NVwZ 2003, 1504).
Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (BGH, Urt. v. 27.11.1959 - 4 StR 394/59 -, BGHSt 14, 30; Urt. v. 21.11.1969 - 3 StR 249/68 -, BGHSt 23, 176). Die an die Feststellung einer Störung im Sinne von § 20 StGB anknüpfende Frage, ob die sich daraus ergebende Verminderung der Schuldfähigkeit "erheblich" war, ist indes eine Rechtsfrage, die die Gerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierfür bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2004 - 1 StR 346/03 -, NStZ 2004, 437; Urt. v. 22.10.2004 - 1 StR 248/04 -, NStZ 2005, 329). Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab. Aufgrund dessen wird sie bei Zugriffsdelikten und diesen gleichgestellten Delikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden. Insbesondere gilt dies dann, wenn es um die Verletzung einer leicht einsehbaren innerdienstlichen Kernpflicht handelt. In einem derartigen Fall muss nämlich von dem Beamten gerade im Hinblick auf die Bedeutung dieser Kernpflicht für das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis erwartet werden, dass er trotz der verminderten Schuldfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen eine Verletzung dieser Pflicht im Dienst aufbringt (BVerwG, Beschl. v. 11.1.2012 - BVerwG 2 B 78.11 -, [...] Langtext Rdnr. 6; Urt. v. 3.5.2007 - BVerwG 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 696 = [...] Langtext Rdnr. 34; Urt. v. 28.5.2008 - BVerwG 2 C 59.07 -, a.a.O.; Beschl. v. 27.10.2008 - 2 B 48.08 -, [...] Langtext Rdnr. 7; Senat, Urt. v. 26.10.2010 - 19 LD 6/09 -; Nds. OVG, Urt. v. 28.4.2009 - 3 LD 4/08 - zu § 13 Abs. 1 BDG; OVG Bremen, Urt. v. 26.5.2010 - DL A 535/08 -, [...] Langtext Rdnr. 69; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.9.2010 - DL 16 S 579/10 -, [...] Rdnr. 70; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: April 2012, § 13 Rdnr. 40). Liegt eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB vor, kommt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.1.2012 - BVerwG 2 B 78.11 -, [...] Langtext Rdnr. 5 m.w.N.; dagegen offenbar Gansen, a.a.O., § 13 BDG Rdnr. 120) die Höchstmaßnahme grundsätzlich nicht mehr in Betracht."
Soweit der Wiederaufnahmeantrag den oben wiedergegebenen Bewertungen des 20. Senats nunmehr die neue Diagnose einer schizotypen Störung gegenüberstellt, kann diese für den heutigen Zeitpunkt als richtig unterstellt werden. Insoweit bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der - vom Psychotherapeuten zwischenzeitlich explizit verneinten - Frage, ob eine Kombination mit einer dissozialen Persönlichkeitsstörung vorliege. Ebensowenig ist es von eigenständiger Bedeutung, ob das Phänomen des "Messi-Syndroms" zu Recht nicht gesondert in ICD-10 aufgeführt ist, weil der Psychotherapeut die entsprechende Symptomatik als Teil der schizotypen Störung eingeordnet hat.
Es fehlt jedoch an hinreichenden Darlegungen dazu, dass die behauptete Störung im Zeitpunkt der disziplinarrechtlich geahndeten Vorfälle so ausgeprägt war, dass dies die Annahme einer Verminderung der Schuldfähigkeit rechtfertigte. Eine auf der Klassifizierung der ICD-10 beruhende Diagnose hat nicht automatisch zur Folge, dass eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit anzunehmen ist. Das hat der Bundesgerichtshof bereits in einem Beschluss vom 3. Juni 1998 klargestellt (- 2 StR 30/98 -, NStZ-RR 1998, 294), auf den auch der Antragsteller selbst Bezug genommen hat, und der eine "schizotype Persönlichkeit mit paranoiden Zügen" betraf. Noch grundsätzlicher hat sich der Bundesgerichtshof in seinem bereits oben angesprochenen Urteil vom 21. Januar 2004 (- 1 StR 346/03 -, BGHSt 49, 45 = NJW 2004, 1810; daran anknüpfend Beschl. v. 18.1.2005 - 4 StR 532/04 -, NStZ-RR 2005, 137) geäußert (hier zur Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei einer gemischten Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und schizoiden Anteilen). Danach kann eine Persönlichkeitsstörung im Sinne von ICD-10, Kapitel V, eine "andere seelische Abartigkeit" im Sinne des § 20 StGB darstellen; dafür reicht eine entsprechende Klassifizierung allein aber nicht aus. Es kommt vielmehr auf den Ausprägungsgrad der Störung und ihren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit an. Ob eine anzunehmende Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB erheblich war, hat der Tatrichter ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen in eigener Verantwortung zu beantworten. Erfüllt das Störungsbild die Merkmale eines oder mehrerer Muster oder einer Mischform der Klassifikationen in ICD-10 oder DSM-IV, hat dies nur Indizwirkung dafür, dass eine nicht ganz geringfügige Beeinträchtigung vorliegt. Erforderlich für die Bewertung ist eine hinreichend tragfähige Tatsachengrundlage, wofür persönliche Angaben des Betroffenen bei der Exploration nicht ohne Weiteres ausreichen.
Dies vorausgeschickt, gibt es keine "harten" Fakten, welche die Annahme stützen könnten, der Antragsteller sei seinerzeit nur vermindert steuerungsfähig gewesen. Nach außen ist bei den damaligen - teilweise gründlichen und gut dokumentierten - Untersuchungen hierfür nichts hervorgetreten. Insbesondere die im Gutachten vom 9. November 20 enthaltenen Aufzeichnungen der Angaben des Antragstellers sind sehr ausführlich gehalten. In diesem Gutachten wird nach gleichfalls umfassender Diskussion der psychischen Auffälligkeiten einschließlich der bisherigen Diagnosen auf Seite 38 nur eine leicht- bis mittelgradig ausgeprägte kombinierte Persönlichkeitsstörung angenommen (ICD-10: F61, d.h. "Persönlichkeitsstörungen, die häufig zu Beeinträchtigungen führen, aber nicht die spezifischen Symptombilder der in F60.- beschriebenen Störungen aufweisen. Daher sind sie häufig schwieriger als die Störungen in F60.- zu diagnostizieren.", DMS-IV: 301.9). Auf diese Diagnose hat der 20. Senat in seinem Urteil maßgeblich abgestellt. Er hat zwar zugunsten des Antragstellers aufgegriffen, dass "allenfalls" eine leichte bis mittelschwere depressive Symptomatik vorgelegen haben könne, die eigentliche Diagnose aber nicht in Zweifel gezogen.
Diese Diagnose wird durch den nunmehr vorgelegten Befundbericht nicht nachhaltig in Frage gestellt. Das Gutachten vom 9. November 20 hebt selbst hervor, dass es sich um eine schwer diagnostizierbaren Persönlichkeitsstörung handele. Insoweit besteht Übereinstimmung mit dem neuen Befundbericht. Letzterer trägt zu der Diagnose abgesehen von dem neu erwähnten "Messi-Syndrom" - dessen faktisches Vorliegen er offenbar ungeprüft nur den Angaben des Antragstellers entnommen hat - keine neuen Anknüpfungstatsachen bei, sondern referiert im Wesentlichen nur die abstrakten Indikatoren nach DMS IV (Nr. 301.22 - Schizotypal Personality Disorder), ohne diese mit konkreten Beobachtungen zu hinterlegen.
Erst recht wird das Gutachten vom 9. November 20 nicht in Frage gestellt, soweit es sich zum Schweregrad der Störung äußert. Dass diese nur leicht- bis mittelgradig ausgeprägt sei, hat unabhängig davon Aussagewert, ob die Diagnose im Nachhinein in Richtung auf eine schizotype Störung präzisiert werden kann. Feststellungen, die dieser Einschätzung widersprechen, hat der neue Befundbericht nicht getroffen. Warum er meint, dass es dem Antragsteller schon langjährig zurückliegend nicht möglich gewesen sei, sich im beruflichen Sinne pflichtgemäß zu verhalten, begründet er nicht einmal ansatzweise, so wie er auch im Übrigen nur Ergebnisse mitteilt, ohne den Gang der Untersuchung anschaulich zu machen. Die Beschränkung auf die Mitteilung bloßer Ergebnisse mag zwar der begrenzten Umfang des erteilten Untersuchungsauftrags geschuldet sein. Gerade in Fällen, in welchen bereits eine durch Sachverständigengutachten fundierte Beurteilungsgrundlage bestanden hat, reicht es zur Erschütterung dieser Grundlagen aber nicht aus, wenn ein neues Gutachten dem nur ein anderes Ergebnis entgegensetzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 69 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 NDiszG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Urteil ist rechtskräftig (§ 61 Abs. 2 NDiszG).