Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.04.2010, Az.: 13 Verg 4/10

Voraussetzungen für die Abwicklung einer Fachlosaufteilung bei öffentlicher Ausschreibung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.04.2010
Aktenzeichen
13 Verg 4/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 14767
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0426.13VERG4.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VK Niedersachsen - VgK 07/2010 - - 25.3.2010

Fundstellen

  • BauR 2010, 1282
  • FStBay 2011, 522-525
  • GewArch 2010, 375
  • IBR 2010, 349
  • NZBau 2010, 715-717
  • NordÖR 2011, 20
  • VS 2010, 40
  • Vergabe-News 2010, 66-67
  • VergabeR 2010, 661-665

Amtlicher Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Fachlosaufteilung nach § 97 Abs. 3 GWB im Rahmen eines ÖPP-Projektes.

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Regionsvertretung Lüneburg vom 25. März 2010 (VgK 07/2010) wird abgelehnt.

Die Antragstellerin wird gebeten, dem Senat bis zum 10. Mai 2010 mitzuteilen, ob sie ihre sofortige Beschwerde aufrecht erhalten will.

Gründe

1

I. Der Antragsgegner schrieb am 18. Dezember 2009 im Wege des Verhandlungsverfahrens Beratungsleistungen für die Beschaffung eines Neubaus für das Landeskriminalamt im Modell einer Öffentlich-Rechtlichen Partnerschaft europaweit aus. Darin erklärt er u. a., dass beabsichtigt sei, die wirtschaftliche, technische und juristische Beratung an einen Gesamtberater zu vergeben.

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Einen Tag vor dem in der EU-Bekanntmachung genannten Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge (26. Januar 2010, 12:00 Uhr) rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Gesamtvergabe als mittelstandsfeindlich. Ihrer Auffassung nach sei es möglich, die drei Beratungsleistungen zu trennen und unabhängig voneinander zu beauftragen. Nachdem der Antragsgegner am 26. Januar 2010 schriftlich mitgeteilt hatte, ihrer Rüge nicht abhelfen zu wollen, leitete die Antragstellerin mit einem am 1. Februar 2010 bei der Vergabekammer eingegangenen Schriftsatz ein Nachprüfungsverfahren ein. Unter Hinweis darauf, dass sie als mittelständiges Unternehmen i. S. des § 97 Abs. 3 GWB anzusehen sei, das Rechtsberatung anbiete, führte sie ergänzend aus, dass es sich bei der juristischen Beratungsleistung um ein eigenständiges Fachlos handele.

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Mit Beschluss vom 25. März 2010 hat die Vergabekammer Niedersachsen beim Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen, mit dem die Antragstellerin begehrte, den Antragsgegner zu verpflichten, in dem Vergabeverfahren die Rechtsberatung als Fachlos gesondert auszuschreiben und das bisherige Verfahren insoweit einzustellen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, der zulässige Nachprüfungsantrag sei unbegründet, weil der Antragsgegner nicht gehalten gewesen sei, die Beratungsleistung für die Beschaffung eines Neubaus für das Landeskriminalamt im ÖPP-Modell gemäß § 97 Abs.3 GWB zur Wahrung mittelständischer Interessen getrennt nach Fachlosen, insbesondere für die Rechtsberatung zu vergeben.

4

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 30. März 2010 beim Oberlandesgericht Celle eingegangenen sofortigen Beschwerde. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags beanstandet sie, dass der Antragsgegner die Gesamtvergabe der unterschiedlichen Beratungsleistungen unter Missachtung des § 97 Abs. 3 GWB durchführe. Nach dessen Novellierung habe der öffentliche Auftraggeber nur dann die Möglichkeit, von einer Losaufteilung abzusehen, wenn zwingende Gründe für eine einheitliche Auftragsvergabe sprächen. Dass eine Aufteilung des benötigten Gesamtberatungsbedarfs in Fachlose unproblematisch möglich sei, ergebe sich schon aus dem Vergabevermerk "03 Art und Umfang der Aufgaben", wonach das Gesamtbild der Aufgaben in die Bereiche wirtschaftliche, technische und rechtliche Beratung unterteilt werden könne. Auch ein externes, interdisziplinäres Projektmanagement erfordere keine gemeinsame Vergabe der Fachlose. Bei seiner Entscheidung für eine Gesamtvergabe habe der Antragsgegner zudem die gem. § 97 Abs. 3 GWB zu beachtenden mittelständischen Interessen gänzlich unberücksichtigt gelassen.

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Die Antragstellerin beantragt vorab,

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die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gem. § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern.

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Dem ist der Antragsgegner entgegen getreten und beantragt u. a. unter Hinweis auf die nachteiligen Folgen einer Verlängerung des Suspensiveffektes,

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den Antrag nach § 118 Abs.1 Satz 3 GWB zurückzuweisen.

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II. Der Antrag gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg.

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A. Im vorliegenden Fall ist die begehrte Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

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Zwar neigt der erkennende Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts München zu, wonach ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB solange nicht besteht, wie sich das Vergabeverfahren in einem Stadium befindet, in welchem es nicht oder zumindest auf absehbare Zeit nicht zu einem wirksamem Zuschlag kommen kann (OLG München, Beschluss vom 5. November 2007 - Verg 12/07, zitiert nach juris Tz. 5 ff.. zustimmend:

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Weyand, Vergaberecht 2009 Rdn. 3926. a. A. OLG Naumburg, Beschluss vom 7. März 2008 - 1 Verg 1/08, VergabeR 2008, 710 ff. zitiert nach juris Tz. 18 f.. Hunger in: Kulartz/Kus/Portz (Hrsg.) Kommentar zum GWBVergabeR 2. Aufl.

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§ 118 Rdn. 34). Denn in diesem Fall verlöre das Zuschlagsverbot seinen Sinn. Dass diese Voraussetzungen hier gegeben sind, vermag der Senat aber nicht festzustellen. Dagegen spricht bereits, dass die Antragstellerin sich an dem ausgeschriebenen Vergabeverfahren nicht mit einem Angebot beteiligt hat und daher der Antragsgegner ihr gegenüber zu einer Information nach § 101 a Abs. 1 GWB vor Zuschlagserteilung nicht verpflichtet wäre.

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B. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde war aber abzulehnen, weil die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin keine begründete Aussicht auf Erfolg hat (§ 118 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 GWB).

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Auf das vorliegende Vergabeverfahren findet gem. § 131 Abs. 8 GWB das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der nach Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung Anwendung, da das vorliegende Vergabeverfahren mit Absendung der EUBekanntmachung am 18. Dezember 2009 und mithin nach Inkrafttreten der GWBNovelle zum 24. April 2009 begonnen hat.

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1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig. Insoweit kann zur Begründung auf die Ausführungen der Vergabekammer in dem angefochtenen Beschluss (S. 8 bis 9) verwiesen werden. Ergänzend ist auszuführen, dass eine Rügepräklusion gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB aufgrund der Vorgaben nach den EuGHEntscheidungen vom 28. Januar 2010 (Rs. C406/08, Tz. 39 ff. und Rs.C456/08, Tz. 61, 74 ff.) mangels hinreichender Transparenz des Begriffes "unverzüglich" von vornherein nicht mehr in Betracht kommen dürfte (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 4. März 2010 - 13 Verg 1/10, zitiert nach juris Tz. 26). Eine demnach allenfalls mögliche Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB scheidet deswegen aus, weil die Antragstellerin den aus der Vergabebekanntmachung ersichtlichen Verstoß gegenüber dem Antragsgegner mit Schreiben vom 25. Januar 2010 und mithin fristgerecht einen Tag vor dem angegebenen Fristende für den Eingang der Teilnahmeanträge gerügt hatte.

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2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unbegründet. Durch die Entscheidung des Antragsgegners, Beratungsleistungen für die Beschaffung eines Neubaus für das Landeskriminalamt Niedersachsen im Modell einer öffentlichenprivaten Partnerschaft (ÖPP) als Gesamtauftrag auszuschreiben, wird die Antragstellerin nicht in ihren Rechten gem. den §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt. Der Antragsgegner war vorliegend nicht gem. § 97 Abs. 3 GWB verpflichtet, den Beratungsbedarf getrennt nach Fachlosen und mithin in einer Weise auszuschreiben, dass sich die Antragstellerin als Rechtsanwaltskanzlei auch ohne Eingehung einer Bietergemeinschaft mit technischen und kaufmännischen Beratern am Vergabeverfahren beteiligen kann.

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a) Nach der Neufassung des § 97 Abs. 3 GWB sind mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

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aa) Bereits die alte Fassung des § 97 Abs. 3 GWB sah ausdrücklich vor, dass "mittelständische Interessen" vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach und Teillose angemessen zu berücksichtigen waren. Insoweit enthielt § 97 Abs. 3 GWB a. F. keinen unverbindlichen Programmsatz, sondern ein unmittelbares Gebot an den öffentlichen Auftraggeber, das mit einem subjektiven Bieterrecht korrespondierte (OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 688, 689 [OLG Düsseldorf 08.09.2004 - Verg 38/04]. OLG Jena, NZBau 2007, 730, 731 [OLG Jena 06.06.2007 - 9 Verg 3/07]). Eine Gesamt oder zusammenfassende Vergabe kam angesichts des in § 97 Abs. 3 GWB a. F. zum Ausdruck gebrachten Willens des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. November 2009 - VII - Verg 27/09, zitiert nach juris Tz. 52 m. w. N.).

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bb) Mit der Neufassung des § 107 Abs. 3 GWB im Rahmen der GWBNovellierung 2009 bezweckte die Bundesregierung eine Stärkung des Mittelstandschutzes (BTDrucksache 16/10117 S. 15). Diese sollte dadurch verwirklicht werden, dass eine Losvergabe grundsätzlich stattzufinden hatte und nur in begründeten Ausnahmefällen davon abgewichen werden konnte, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erforderten. Sofern öffentliche Auftraggeber danach verfahren, haben sie aktenkundig zu begründen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (BTDrucksache 16/10117, S. 15).

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b) Unabhängig von dem in § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB vorgesehenen Grundsatz der Auftragsteilung steht es im Ausgangspunkt jedoch jeder Vergabestelle frei, die auszuschreibende Leistung nach ihren individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser - den autonom bestimmten Zwecken entsprechenden - Gestalt den Wettbewerb zu eröffnen (OLG Jena, NZBau 2006, 735, 736 [OLG Jena 26.06.2006 - 9 Verg 2/06] Anna Amalia. OLG Jena, NZBau 2007, 730, 731 [OLG Jena 06.06.2007 - 9 Verg 3/07] - PPP - Beratungsleistungen). Daran hat auch die Novellierung des § 97 Abs. 3 GWB nichts geändert (Kus, in: Kulartz/Kus/Portz (Hrsg.), Kommentar zum GWBVergaberecht 2. Aufl., § 97 Rdnr. 81). Vor diesem Hintergrund ist im Rahmen einer zweistufigen Prüfung zunächst festzustellen, ob das der Ausschreibung zugrunde gelegte Leistungsprofil der Gestaltungsfreiheit der Vergabestelle unterfällt oder ob innerhalb dieses Dispositionsrahmens eine weitere Zerlegung in Teil und Fachlose möglich wäre (OLG Jena, aaO.). Maßgeblich dafür sind die mit dem Beschaffungsprojekt verfolgten Ziele und Zwecke im Rahmen einer funktionalen Betrachtung. Ergibt diese, dass die benötigte Leistung auch in Form einer Losvergabe erbracht werden könne, ist auf der folgenden Stufe im Rahmen einer Einzelfallabwägung zu untersuchen, ob die Vergabestelle sich auf besondere Gründe stützen könne, wonach sie zur Vermeidung erheblicher Nachteile von einer losweisen Vergabe absehen durfte (OLG Jena, aaO.).

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In dem noch zur alten Fassung des § 97 Abs. 3 GWB entschiedenen Streitfall, der ebenfalls die Ausschreibung eines ÖPP-Projektes betraf, hat das OLG Jena bereits auf der ersten Prüfungsstufe zwingende Gründe festgestellt, nach denen die Vergabestelle darauf angewiesen war, die ausgeschriebene Dienstleistung als Gesamtpaket zu vergeben. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass sich die Vergabestelle mit der Ausschreibung externen Sachverstand in Form einer Dienstleistung am Markt beschaffen wolle, die auf einer umfassenden Beratung in rechtlicher, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht gründe (NZBau 2007, 730, 732 [OLG Jena 06.06.2007 - 9 Verg 3/07]). Damit bezwecke sie, einen Experten ausfindig zu machen, der aus einem fachübergreifenden Blickwinkel die wesentlichen "Schnittstellen" des beabsichtigten späteren ÖPP-Projektes aufzeige und die unterschiedlichen rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Optionen gerade in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit bewerte und analysiere. Mit der losweisen Ausschreibung einzelner Beratungsdienstleistungen wäre ihr nicht gedient, da sie dann zwangsläufig einen eigenen Projektleiter stellen müsste, der den angesprochenen interdisziplinären Managementaufwand leiste. Dazu sei sie vergaberechtlich nicht verpflichtet. sie sei vielmehr berechtigt, auch und gerade bei komplexen und nach unterschiedlichen Sparten eng verflochtenen Konstellationen, wie bei der Planung und Durchführung eines ÖPP-Projektes, den damit verbundenen Koordinierungsaufwand auf Dritte zu delegieren und sich extern Sachverstand unbeschränkt einzukaufen (OLG Jena, aaO.). Zwar könne der mit einer Fachlos oder Teillosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs, Prüfungs und Koordinierungsmehraufwand sowie ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen das Absehen von einer losweisen Vergabe für sich allein nicht rechtfertigen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2007 - VIIVerg 10/07 zitiert nach juris Tz. 29. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. November 2009 - VIIVerg 27/09, zitiert nach juris, Tz. 54). Etwas anderes gelte jedoch, wenn eine Aufteilung in Lose nicht nur einen quantitativen Mehraufwand auslöse, sondern die Durchführung des Projektes in qualitativer Hinsicht von Managementdienstleistungen abhängig sei (OLG Jena, aaO.).

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c) Auf der Grundlage der danach vorzunehmenden zweistufigen Prüfung ergeben sich bereits auf der ersten Prüfungsstufe zwingende Gründe für eine Gesamtvergabe. Denn der konkrete Beschaffungsgegenstand wird nicht durch das Vergaberecht bestimmt, weshalb von vornherein eine Losaufteilung dort ausscheiden muss, wo sie schlechterdings für das Projekt keinen Sinn mehr macht. So liegt der Fall hier.

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aa) Der vom Antragsgegner mit der Ausschreibung begehrte Sachverstand besteht gerade darin, ihm die wesentlichen Schnittstellen des Projektes aufzuzeigen und die unterschiedlichen rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Optionen in ihrer Abhängigkeit zu bewerten und zu analysieren. Es geht ihm gerade um den interdisziplinären "Managementaufwand". Dem gegenüber setzte eine in Lose unterteilte Vergabe bereits voraus, dass er sich für ein bestimmtes ÖPP-Modell entschieden hätte, weil er nur in diesem Fall einzelne Beratungsleistungen den verschiedenen "Gewerken" zuordnen könnte. Eine solche Festlegung ist vorliegend ausweislich der Vergabeakten indes noch nicht erfolgt. Bei funktionaler Betrachtung würde der Antragsgegner daher bei der getrennten Vergabe von wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Fachlosen eine andere Leistung vergeben, als er vorliegend ausgeschrieben hätte. Er erhielte kein Gesamtkonzept, sondern lediglich Teilleistungen, ohne dass gewährleistet sei, dass diese inhaltlich mit den anderen Teilleistungen zu einem Gesamtkonzept zusammen gefügt werden könnten. Daran würde auch die Vergabe eines weiteren, die Koordinierung betreffenden Fachloses nichts ändern.

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bb) Seine Entscheidung für den konkreten Beschaffungsgegenstand, der aufgrund der dargelegten Umstände des vorliegenden Falls von vornherein eine Losaufteilung ausschließt, weil diese schlechterdings keinen Sinn ergäbe, hat der Antragsgegner auch hinreichend in dem vor der Bekanntmachung der streitgegenständlichen Ausschreibung erstellten Vergabevermerk gem. § 18 VOF vom 7. Dezember 2009 dokumentiert (vgl. dazu Kus, aaO.).

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Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der einleitende Passus unter Ziff. 5 "Vergabeumfang und art"

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"Beratungsbedarf besteht in den Leistungsbereichen der technischen, wirtschaftlichen und juristischen Beratung. Im Vergabeverfahren ist zu entscheiden, ob dem Grundsatz der Bildung von Teillosen gefolgt werden kann oder ob ausnahmsweise eine Vergabe der Teilleistungen in einen Gesamtauftrag zur Umsetzung kommt.

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(...)"

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nicht dahingehend zu verstehen, dass der Antragsgegner selbst von einer möglichen Unterteilung der vom ihm konkret benötigten Dienstleistung in verschiedene Bereiche ausgegangen sei und die anschließenden Ausführungen nur zur Begründung der zweiten Stufe, d. h. dem Absehen von einer losweisen Vergabe, dienen sollten. Ein solches Verständnis ließe den weiteren Inhalt der nachfolgenden Ausführungen unberücksichtigt, in denen der Antragsgegner die von ihm ausgeschriebene Beratungsleistung - soweit möglich - näher umschreibt. Daher dient der einleitende Satz lediglich der pauschalen Aufzählung der durch die ausgeschriebene Leistung berührten Leistungsbereiche, ohne diese trennscharf abzugrenzen. Mit dem zweiten Satz wird allein der nach § 97 Abs.3 GWB prägende Gedanke der Vergabe von Fach und Teillosen wiedergegeben, ohne dass damit festgestellt würde, dass eine Aufteilung in Fachlose bei der nachgefragten konkreten Dienstleistung überhaupt ohne Veränderung ihres qualitativen Leistungscharakters möglich wäre. Insoweit belegen die anschließenden Erwägungen den unter aa) dargestellten Schluss, dass der Antragsgegner, der die ÖPP-Beschaffungsvariante erstmalig anwendet, vorliegend gerade nicht die Abforderungen einzelner Beratungsleistungen begehrt, die isoliert nach Sparten nebeneinander erbracht worden können, sondern es ihm vielmehr um die Erbringung einer komplexen fachübergreifenden Managementleistung geht, bei der sich die Gesamtleistung nicht in der Addition der Einzelleistungen erschöpft. Das wird deutlich in dem Satz "Das Gesamtergebnis der Beratung soll mehr sein als die Summe der Einzelergebnisse der Beratung in den Aufgabenfeldern." Da die konkrete Ausgestaltung des ÖPP-Projektes derzeit noch überhaupt nicht feststeht, wäre es dem Antragsgegner auch - wie von ihm im Vergabevermerk betont - selbst im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens nicht möglich, Fachlose auszuschreiben.

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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den im Vergabevermerk abschließend in Bezug genommenen Seiten der beigefügten Protokolle von verschiedenen Sitzungen der Projekt bzw. Lenkungsgruppe. Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf einige Protokollauszüge argumentiert, aus ihnen ergebe sich, dass eine Aufteilung des Gesamtberatungsbedarfs in einzelne Fachlose unproblematisch möglich sei, verkennt sie, dass im Rahmen der Sitzungen der Lenkungs und der Projektgruppe zunächst verschiedene Dienstleistungsmöglichkeiten diskutiert wurden. So hat die Lenkungsgruppe ausweislich ihres Vermerks vom 3. Dezember "01Gesamtberater versus Aufteilung der Beratungsleistung" (Bl. 21 f.) das Für und Wider beider Alternativen diskutiert (Ziffer 1.1. und 1.2.) und unter Ziff. 2 "Stand im Projekt" ausgeführt, dass sich die PG in ihrer 19. Sitzung deutlich für eine Vergabe zumindest der wirtschaftlichen und der technischen Beratung zusammen an einen Berater ausgesprochen habe. Dem entsprechend ist dem Protokoll der Sitzung der Lenkungsgruppe vom 7. Dezember 2009 (Bl. 18 ff. d. A.) unter Ziff. 3 a Gesamtberater zu entnehmen, dass die Vergabe aller Beratungsleistungen an einen Gesamtberater befürwortet und eine Trennung der Beratungsleistungen in wirtschaftliche, technische und juristische Beratung nicht für zweckdienlich erachtet wird. Da diese internen Erwägungen des Antragsgegners nur der Ermittlung des konkreten Beschaffungsbedarfs (1. Stufe) dienten und nach dessen Feststellung schon aufgrund der Natur der konkret nachgefragten Leistung bereits eine Losaufteilung nicht möglich war, ist es unerheblich, was sich daraus für eine erst auf zweiter Stufe vorzunehmende Interessenabwägung herleiten lässt.

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III. Eine Kostenentscheidung ist im Eilverfahren nicht veranlasst.